Die Transparenzinitiative der Kommission unter datenschutzrechtlichen Gesichtpunkten - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WD 11 - 290/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Die Transparenzinitiative der Kommission unter datenschutzrechtlichen Gesichtpunkten Ausarbeitung WD 11 - 290/06 Abschluss der Arbeit: 16.10.2006 Fachbereich WD 11: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 4 1.1. Grünbuch Transparenzinitiative 4 1.2. Umsetzung der Transparenzinitiative 5 2. Die zurzeit beratenen Verordnungen 6 2.1. Verordnung zu Änderung der Haushaltsordnung 6 2.2. Verordnung zur Durchführung der EU-Strukturfonds 7 2.3. ELER-Durchführungsverordnung 8 3. Datenschutzrechtliche Gesichtpunkte der Verordnungsvorschläge 9 3.1. Natürliche Personen 9 3.2. Juristische Personen 14 - 4 - 1. Einleitung 1.1. Grünbuch Transparenzinitiative Am 9. November 2005 brachte die Europäische Kommission die Europäische Transparenzinitiative auf den Weg. Zentrales Element diese Initiative ist das „Grünbuch Transparenzinitiative“1, welche die Kommission am 3. Mai 2006 veröffentlichte. Das Grünbuch behandelt im Wesentlichen die Aspekte Lobbyarbeit, Mindeststandards im Konsultationsverfahren und die Veröffentlichung der Empfänger von EU-Beihilfen. Der zu diesen Aspekten eröffnete öffentliche Konsultationsprozess endete am 31. August 2006. Der Bericht der Kommission zu den umfangreichen Konsultationsergebnissen steht noch aus.2 Die Bundesregierung beteiligte sich zwar nicht am Konsultationsprozess zum Grünbuch , machte aber – neben Äußerungen von Kabinettsmitgliedern in der Tagespresse – unter anderem in einem Schreiben des Bundesministers des Auswärtigen Steinmeier vom September 2006 an das zuständige Kommissionsmitglied Kallas ihre Position deutlich .3 Der Außenminister sprach sich darin ausdrücklich für die von der Kommission initiierte Transparenzinitiative und auch für die Veröffentlichung der Beihilfe- Empfänger aus (Einzelfallpublizität). Er vertrat weiterhin die Ansicht, dass diese Veröffentlichung einheitlich und durch die Kommission selbst und nicht durch die Mitgliedstaaten erfolgen solle. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat eine Stellungnahme zu dem im Grünbuch aufgeworfenen Aspekt der Veröffentlichung der Empfänger von EU-Strukturbeihilfen abgegeben.4 Der Datenschutzbeauftragte sprach sich ausdrücklich für eine namentliche Veröffentlichung der Empfänger aus, um „politische Mitgestaltung und bürgerschaftliches Engagement“ zu ermöglichen. Die Offenlegung einer anonymisierten Statistik o. ä. könne dieser Aufgabe nicht gerecht werden. Der Datenschutzbeauftragte sah in der geplanten Veröffentlichungspflicht auch keine Verletzung datenschutzrechtlichen Bestimmungen.5 Der Bundesrat sprach sich in einer Stellungnahme6 grundsätzlich für die von der Kommission verfolgte Stärkung der Transparenz der EU Politik aus, äußerte sich bezüglich der Veröffentlichung der Beihilfeempfänger jedoch eher zurückhaltend. Im Be- 1 KOM (2006) 194 endgültig. 2 Siehe unter http://ec.europa.eu/comm/eti/index_de.htm [Stand: 13.10.2006]. 3 Auskunft des BMF, Fachbereich E A 1. 4 Abzurufen unter [Stand: 13.10.2006]. 5 Dazu näher unter 3. 6 BR Drucksache 349/06 (Beschluss) vom 7. Juli 2006. - 5 - reich der Agrarpolitik sei „prinzipiell hinreichende Transparenz gewährleistet“. Zur Verbesserung der Transparenz sei eine Veröffentlichung in „anonymisierter und aggregierter Form (…) ausreichend“ außerdem solle die Kommission die Veröffentlichung übernehmen. 1.2. Umsetzung der Transparenzinitiative Um die Transparenzinitiative umzusetzen, veröffentlicht die Europäische Kommission selbst bereits seit dem 10. Oktober 2006 im Internet alle Empfänger von Beihilfen, die aus der zentralen Mittelverwaltung stammen und somit der alleinigen Kontrolle durch die Kommission unterliegen, z. B. im Bereich Forschung.7 Gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Grünbuches legte die Kommission zudem Verordnungsentwürfe vor, welche unter anderem die Frage der Veröffentlichung von Beihilfeempfängern näher ausgestalten. Die folgende Bearbeitung beschränkt sich auf die drei im Auftrag genannten Verordnungsentwürfe. Der Erlass weiterer Rechtsakte, deren genauer Inhalt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehbar ist, ist allerdings geplant. Sämtliche in Rede stehenden Rechtsakte sind noch nicht endgültig verabschiedet , z. T. sind selbst grundlegende Formulierungen noch umstritten. Die folgende Darstellung kann daher den Sachstand nur auf der Basis der den Bearbeitern aktuell zur Verfügung stehenden Dokumente bzw. Auskünfte wiedergeben. Teilweise konnte dabei nur die vertrauliche, mündliche Auskunft der beteiligten Bundesministerien über einen bestimmten Verhandlungsstand als Bearbeitungsgrundlage dienen. Da auch die Mehrzahl der schriftlichen Materialien, auf die sich die Ausarbeitung stützt, von Rat oder Kommission als vertraulich („limite“) eingestuft wurden, wird davon ausgegangen, dass die Ausarbeitung nicht weitergegeben wird. Die nachfolgenden Erörterungen können sinnvoll nur Hinweise darauf ergeben, welche datenschutzrechtlichen Aspekte für eine Beurteilung von entscheidender Bedeutung sind. Eine abschließende gutachtliche Beurteilung ist angesichts des Fehlens eines präzisen Untersuchungsgegenstandes zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Dies gilt insbesondere für Direktzahlungen im Agrarbereich, da insoweit noch kein Entwurf für Durchführungsvorschriften vorliegt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass lediglich Aspekte des europäischen Datenschutzrechts untersucht werden sollen. Da das deutsche Datenschutzrecht – aufgrund des Anwendungsvorrangs des europäischen Rechts – aber mit den entsprechenden europäischen Vorschriften in Einklang stehen muss, in deren 7 Unter und . Vgl. Agence Europe, Bulletin Quotidien Europe 9283 – vom 11.10.2006, Nr. 19. - 6 - Umsetzung es in weiten Teilen auch ergangen ist, dürften sich hier ohnehin keine wesentlichen Abweichungen ergeben. Zur Information wird aber jeweils kurz auf die entsprechenden Vorschriften des deutschen Rechts hingewiesen. 2. Die zurzeit beratenen Verordnungen 2.1. Verordnung zu Änderung der Haushaltsordnung Der zentrale Rechtsakt zur Umsetzung der Transparenzinitiative ist die Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften.8 Der geänderte Verordnungsvorschlag wird zurzeit im Rat beraten. Zugrunde gelegt wurde insofern die Version des Rats.-Dok. 13709/06 vom 10. Oktober 2006 (mit Corrigendum vom 11. Oktober 2006). Das Dokument enthält an zwei Stellen entscheidende Aussagen zur Veröffentlichung von Beihilfenempfängern. In Art. 30 der Haushaltsordnung, der Transparenzfragen betrifft , soll ein neuer Abs. 3 eingefügt werden, der die Anforderungen an die Kommission betrifft, wenn diese Beihilfenempfänger veröffentlich. Insoweit ist in der aktuellsten (nur in englischer Sprache vorliegenden) Fassung des Rates die Verpflichtung geregelt, bei der Veröffentlichung von Informationen die Anforderungen der Vertraulichkeit, insbesondere den Schutz persönlicher Daten wie er in der Richtlinie 45/46/EG und der Verordnung (EG) 45/2001 geregelt ist, sowie Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen.9 Frankreich, Luxemburg und die Kommission haben allerdings noch Vorbehalte gegen diese Formulierung eingelegt. Entscheidend ist nunmehr aber, dass in der vorgeschlagenen Fassung des Art. 53b Abs. 2 lit. d der Haushaltsordnung, der die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten bei geteilter Mittelverwaltung regelt, für die dort normierte Pflicht der Mitgliedstaaten zur Veröffentlichung der Empfängerdaten auf die Anforderungen des Art. 30 Abs. 3 ver- 8 KOM(2006) 213 endgültig, Interinstitutionelles Dossier 2005/0090 (CNS). 9 Im Wortlaut: (16) In Article 30, the following paragraph 3 is added: "3. The Commission shall make available, in the appropriate manner, the information on the beneficiaries of funds deriving from the budget held by it when the budget is implemented on a centralised basis and directly by its departments , and the information on the beneficiaries of funds as provided by the entities to which budget implementation tasks are delegated under other modes of management. This information shall be made available with due observance of the requirements of confidentiality, in particular the protection of personal data as laid down in Directive 95/46/EC on the protection of individuals with regard to the processing of personal data and on the free movement of such data(*) and Regulation (EC) No. 45/2001 on the protection of individuals with regard to the processing of personal data by the Community institutions and bodies and on the free movement of such data(**), and of the requirements of security, taking into account the specificities of each management mode referred to in Article 53 and where applicable in conformity with the relevant sector-specific rules." - 7 - weist. Nach Art. 53b Abs. 2 sind die Mitgliedstaten danach verpflichtet, alle Rechtsund Verwaltungsvorschriften zu erlassen, die erforderlich sind, um die finanziellen Interessen der Gemeinschaft zu schützen. Zu diesem Zweck sollen sie insbesondere (lit. d) durch relevante sektorspezifische Vorschriften und in Übereinstimmung mit Art. 30 Abs. 3 jedes Jahr eine angemessene nachträgliche Veröffentlichung der Informationen über die Empfänger von Haushaltsmitteln sicherstellen.10 Auch hier haben Frankreich und Luxemburg noch Vorbehalte gegen die Formulierung eingelegt. Da das Beschlussfassungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, sind hinsichtlich der Transparenzanforderungen noch Änderungen denkbar. Es scheint jedoch unwahrscheinlich, dass die Grundentscheidung zur generellen Veröffentlichungspflicht bezüglich der Empfänger von Strukturbeihilfen noch einmal in Frage gestellt wird. Sollte es bei der nunmehr angedachten Fassung bleiben, ist immerhin geklärt, dass die Veröffentlichung nur im von den gemeinschaftsrechtlichen Datenschutzvorschriften gesetzten Rahmen erfolgen kann. Die aktuelle Fassung dürfte den Mitgliedstaaten allerdings noch Spielräume für die konkrete Ausgestaltung der Veröffentlichung geben, da zum einen in Art. 30 Abs. 3 allgemein auf Vertraulichkeitserfordernisse wie „insbesondere“ die Datenschutzvorschriften verwiesen wird und zum anderen in Art. 53b eine „angemessene“ Veröffentlichung vorgeschrieben wird. Insofern ist allerdings der genaue Wortlaut der auf europäischer Ebene ergehenden, spezifischen Durchführungsvorschriften von Bedeutung, der für eine abschließende Auslegung abzuwarten bleibt. 2.2. Verordnung zur Durchführung der EU-Strukturfonds Ein Vorschlag für eine Verordnung der Kommission regelt die konkrete Durchführung der EU-Strukturfonds. In diesem Rechtsakt werden für die Vergabe der Finanzmittel aus den vier Strukturfonds (EFRE, ESF, EVTZ, Kohäsionsfonds) beispielsweise Maßnahmen der Information und Kommunikation, die Kontrollmechanismen und Finanzinstrumente , die Behandlung von Regelwidrigkeiten und Bestimmungen für finanzielle Korrekturen normiert.11 In Art. 7 S. 2 lit. d des Verordnungsentwurfes ist die Pflicht der Mitgliedstaaten festgelegt , elektronisch oder auf anderem Wege einen Liste aller Förderungsempfänger (beneficiaries ), die Namen der konkreten Projekte (operations) und den Förderungsbetrag 10 Im Wortlaut: „Without prejudice to complementary provisions included in relevant sector-specific regulations, and in order to ensure in shared management that the funds are used in accordance with the applicable rules and principles, the Member States shall take all the legislative, regulatory and administrative or other measures necessary for protecting the Communities' financial interests. To this effect they shall in particular: […] (d) ensure, by means of relevant sector-specific regulations and in conformity with Article 30(3), adequate annual ex post publication of beneficiaries of funds deriving from the budget.” 11 Sämtliche folgenden Informationen: tel. Auskunft des BMWi, Fachbereich E A 4. - 8 - für das Projekt zu veröffentlichen. Eine Ausnahme besteht insofern aber für die individuellen Teilnehmer eines im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Projekts – sie werden nicht namentlich genannt. Nach Art. 6 des Verordnungsentwurfes müssen die Mitgliedstaaten die Förderungsempfänger darüber informieren, dass ihre Zustimmung zur Annahme der Förderung auch die Zustimmung zur Veröffentlichung auf der Liste nach Art. 7 einschließt. Dieser Verordnungsvorschlag wurde nach Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft in der englischen Sprachfassung kürzlich im zuständigen Komitologie- Ausschuss12 angenommen. Auf Kommissionsebene bedarf es zwar noch einer förmlichen Abstimmung über sämtliche Sprachfassungen, es kann jedoch angenommen werden , dass der Verordnungsvorschlag im Wesentlichen bestehen bleiben wird. 2.3. ELER-Durchführungsverordnung Ein weiterer Verordnungsvorschlag normiert die Durchführung des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER).13 Der Verordnungsentwurf sieht in der letzten uns zugänglichen Fassung eine weitgehend der oben diskutierten entsprechende Veröffentlichungspflicht der betroffenen nationalen Verwaltungsbehörden vor:14 „Die Verwaltungsbehörde soll (elektronisch oder auf andere Weise) die Liste der Empfänger von Unterstützungszahlungen aus Programmen zur Förderung der ländlichen Entwicklung, die Bezeichnung der Maßnahmen und die Höhe der Zuwendung für diese Maßnahmen veröffentlichen. Jegliche persönliche Daten sollen in Übereinstimmung mit der Richtlinie 95/46/EG (Europäische Datenschutzrichtlinie) verarbeitet werden. Die Verwaltungsbehörde soll sicherstellen, dass die Empfänger darüber informiert werden, dass die Zustimmung zur Förderung auch eine Zustimmung ist, in einer Liste der Emp- 12 Zum Komitologieverfahren (Ausschusswesen) vgl. einführend die Informationen aus dem EU- Glossar, : „Nach Artikel 202 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) ist die Durchführung der Rechtsvorschriften auf Gemeinschaftsebene Aufgabe der Kommission. In jedem Rechtsakt ist der Umfang der Durchführungsbefugnisse festgelegt, die der Kommission vom Rat der Europäischen Union übertragen werden. In diesem Zusammenhang sieht der Vertrag vor, dass die Kommission nach einem so genannten Komitologie-Verfahren von einem Ausschuss unterstützt wird. Diese Ausschüsse sind Diskussionsforen und setzen sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammen; sie tagen unter dem Vorsitz der Kommission. Sie ermöglichen es der Kommission, vor der Annahme von Durchführungsmaßnahmen einen Dialog mit den einzelstaatlichen Behörden herzustellen. Auf diese Weise vergewissert sich die Kommission, dass diese Maßnahmen den Gegebenheiten in den betreffenden Ländern entsprechen. […].“ Näheres ebd. 13 Dieser ist in der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), ABl. Nr. L 277 vom 21.10.2005, geregelt. 14 Sämtliche Informationen beruhen auf tel. Auskünften des BMELV, Referat 615. - 9 - fänger enthalten zu sein, die in Übereinstimmung mit dem o.g. Paragraphen veröffentlicht wird.“ Wichtig ist hier wiederum der Hinweis auf die Datenveröffentlichung nur im Rahmen des europäischen Datenschutzrechts und auf das Zustimmungserfordernis der Förderungsempfänger . Dieser Verordnungsentwurf wird nach Auskunft des Landwirtschaftsministeriums derzeit im Koordinierungsausschuss der Kommission beraten. Inwieweit sich der Vorschlag noch verändern wird, sei derzeit noch nicht absehbar. 3. Datenschutzrechtliche Gesichtpunkte der Verordnungsvorschläge Das „Grünbuch Transparenzinitiative“ selbst hat keinen rechtsverbindlichen Charakter. Es stellt lediglich eine Mitteilung der Kommission mit dem Ziel dar, einen Konsultationsprozess zu dem vorgegebenen Thema anzuregen. Gegen das Grünbuch bzw. gegen „die Transparenzinitiative“ sind somit datenschutzrechtliche Einwände nicht denkbar. Datenschutzrechtlich relevant könnten allein die konkreten Regelungen der oben dargestellten Verordnungen sein, die den Mitgliedstaaten – bzw. ihren Behörden – Veröffentlichungspflichten auferlegen. Da diese drei Rechtsakte noch nicht verabschiedet wurden, stützten sich die folgenden Hinweise nur auf den momentanen Verhandlungsstand des jeweiligen Dokumentes und können somit – wie oben ausgeführt – keine endgültige Bewertung darstellen. Da auf Gemeinschaftsebene – wie auch im deutschen Recht –beim Datenschutz zwischen den Daten natürlicher und solchen juristischer Personen unterschieden wird, soll für die Gliederung im Folgenden auch diese Unterscheidung zugrunde gelegt werden. Die Darstellung erfolgt deshalb auch anhand dieser beiden Kategorien. Als Hintergrund ist dabei wichtig zu beachten, dass EU-Strukturbeihilfen, anders als die Direktzahlungen , in großem Umfang an nicht an Einzelpersonen sondern an Unternehmen oder andere juristische Personen ausgezahlt werden. 3.1. Natürliche Personen Im Hinblick auf natürliche Personen – eingeschlossen also etwa auch BGB- Gesellschaften – werden die grundlegenden Bestimmungen des Datenschutzes in der Richtlinie 95/46/EG15 (Datenschutzrichtlinie) geregelt. In diesem Rechtsakt wird ins- 15 Richtlinie 96/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr; ABl. Nr. L 281 vom 21.11.1995, S. 31-50. - 10 - besondere normiert, unter welchen Voraussetzungen die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig ist. Bezüglich datenschutzrechtlich relevanten Handelns der Gemeinschaftsorgane ist die Verordnung (EG) 45/200116 einschlägig. Dieser Rechtsakt erfüllt den Ausgestaltungsauftrag des Art. 286 Abs. 2 EG-Vertrag (EG)17 und ist im Hinblick auf die Verarbeitung von Daten mit der Datenschutzrichtlinie inhaltlich deckungsgleich. Für einige spezielle Bereiche bestehen auf Gemeinschaftsebene ergänzende Regelungen , die hier jedoch schon ihrem Anwendungsbereich nach nicht einschlägig sind.18 Da entsprechend dem Auftrag nicht die Veröffentlichung durch Gemeinschaftsorgane, sondern die Veröffentlichungsverpflichtungen der Mitgliedstaaten untersucht werden sollen, ist entscheidender Maßstab vorliegend die Datenschutzrichtlinie. Wie sich schon aus dem Titel ergibt, hat der Rechtsakt eine duale Zielsetzung, er bezweckt einerseits den Schutz natürlicher Personen, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden und andererseits den freien Verkehr eben dieser Daten.19 In Bezug auf den Datenschutz zielt die Richtlinie auf die Wahrung und Achtung der Grundrechte und -freiheiten der Unionsbürger , insbesondere auch deren Privatsphäre ab.20 Der EuGH hat entschieden, dass der Datenschutz einen in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten anerkannten allgemeinen Grundsatz darstellt, der in die Datenschutzrichtlinie übernommen wurde21. Die Datenschutzrichtlinie konkretisiert also praktisch die in den Grundrechten der Unionsbürger relativ abstrakt niedergelegten Gewährleistungen: Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK), zu deren Achtung die EU gemäß Art. 6 Abs. 2 EUV verpflichtet ist,22 schützt in Art. 8 explizit das Recht auf informationelle 16 Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr; ABl. Nr. L 8 vom 12.01.2001, S. 1-22. 17 Herrmann in Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, (1. Auflage, 2003), Art. 286 EGV, Rn. 1. 18 Für den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation ist nunmehr die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation einschlägig (Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation; Abl. Nr. L 201 vom 31.7.2002, S. 37-47) welche die Richtlinie 97/66/EG ersetzt. Im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen gibt es ebenfalls spezielle Datenschutzregelungen. Vgl. etwa den Vorschlag vom 4. Oktober 2005 für einen Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden (KOM (2005) 475 endgültig). Vgl. dazu auch Herrmann in Streinz (Hrsg.), Art. 286 EGV, Rn. 1. 19 Vgl. Ehmann/Helfrich, EG-Datenschutzrichtlinie: Kurzkommentar (1. Auflage, 1999), Einleitung, Rn. 4. 20 Siehe Erwägungsgrund 1, 2 und Art. 1 Abs. 1 Datenschutzrichtlinie. Vgl. auch Brühann in Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union (Stand Dezember 2005), A 30, Rn. 19 ff; Dammann/Simitris, EG-Datenschutzrichtlinie: Kommentar, Art. 1, Rn. 3. 21 EuGH, Rs. 369/98, TR and P Fisher“, Slg. 2000, I-6751, Rn. 34. 22 Vgl. Brühann in Grabitz/Hilf (Hrsg.), A 30, Rn. 7; Pechstein in Streinz (Hrsg.), Art. 6 EUV, Rn. 11. - 11 - Selbstbestimmung.23 Auch die noch nicht rechtsverbindliche EU-Grundrechtecharta gewährleistet den Datenschutz.24 Fraglich ist, wie die in den vorgelegten Verordnungsentwürfen normierte Veröffentlichung der Beihilfeempfänger im Hinblick auf die Datenschutzrichtlinie zu beurteilen ist. Die in ihrem Anwendungsbereich gemäß Art. 3 ausgesprochen weit gefasste Richtlinie ist für die hier maßgeblichen Bestimmungen der vorgeschlagenen Rechtsakte einschlägig . Die Datenschutzbestimmungen richten sich, wie jede Richtlinie, an die Mitgliedstaaten und knüpfen an die Verarbeitung personenbezogener Daten an. Die Information , in welchem Umfang eine bestimmte (natürliche) Person Haushaltsmittel aus einem EU-Strukturfonds erhält, fällt unter den Begriff der „personenbezogenen Daten“, denn dieser Terminus bezieht sich umfassend auf alle Informationen, die mit einer natürlichen Person in Verbindung gebracht werden können.25 Außerdem umfasst der Begriff der Verarbeitung von Daten auch ihre Veröffentlichung (Art. 2 lit. b). Die Einschlägigkeit der Richtlinienbestimmungen für die betreffenden Veröffentlichungspflichten wird zudem bereits daraus deutlich, dass zumindest zwei der Verordnungen ausdrücklich auf die Richtlinie Bezug nehmen. Ausgangspunkt der Betrachtung muss daher die Überlegung sein, dass sowohl nach den Vorschlägen für eine Änderung der Haushaltsordnung, als auch für die Durchführung der Strukturfonds eine Veröffentlichung ausdrücklich mit den Bestimmungen der Richtlinie übereinstimmen muss. Bei der ELER-Durchführungsverordnung liegt es zumindest nahe, dass Entsprechendes zu gelten hat. Einen echten Konflikt zwischen den Bestimmungen kann es daher rechtstechnisch an sich nicht geben. Fraglich ist insoweit also nur, welchen Rahmen das Datenschutzrecht der Veröffentlichungspflicht setzt. Nach Art. 7 lit. a der Datenschutzrichtlinie ist die Veröffentlichung personenbezogener Daten nur dann zulässig, wenn die betroffene Person „ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben hat“. Gemäß Art. 2 lit. h Datenschutzrichtlinie liegt eine taugliche Einwilligung nur dann vor, wenn die Willensbekundung „ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt […]“. Dies wird überwiegend so ausgelegt, dass die notwendige Einwilligung, grundsätzlich26 nicht ausdrücklich erfolgen muss 23 Siehe auch Erwägungsgrund 10 Datenschutzrichtlinie. 24 Vgl. Artikel II-68 des Vertrags über eine Verfassung für Europa: „Schutz personenbezogener Daten. (1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten. (2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken. (3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.“ 25 Vgl. Ehmann/Helfrich, Art. 2, Rn. 17. 26 Das heißt soweit keine besonders sensitiven Daten gemäß Art. 8 Datenschutzrichtlinie betroffen sind. Dies betrifft aber nur Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Mei- - 12 - sondern auch konkludent erklärt werden kann.27 Diese Auslegung lässt sich darauf stützen , dass in der ursprünglichen Richtlinienfassung eine ausdrückliche Einwilligung enthalten war, von dieser Formulierung jedoch nachträglich bewusst abgesehen wurde.28 Exkurs: Deutsches Datenschutzrecht29 trifft insoweit z. B. im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), das in seiner aktuellen Fassung einer Umsetzung der Datenschutzrichtlinie dient, übereinstimmende Regelungen. Nach dem BDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten gemäß § 4 Abs. 1 BDSG unter anderem nur dann zulässig, wenn der Betroffene einwilligt. Diese Einwilligung ist nach § 4a BDSG nur wirksam, wenn sie auf einer freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Die aktuelle Formulierung des BDSG greift die Richtlinienvorgabe auf, wonach die Einwilligung „ohne Zwang“ erfolgen muss30 und es bestehen keine Anzeichen dafür, dass dem deutschen Datenschutzrecht ein engeres Begriffsverständnis zugrunde liegt. Der Verordnungsvorschlag zur Haushaltsordnung nimmt in seiner aktuell diskutierten Fassung ausdrücklich auf die Datenschutzrichtlinie Bezug. Da demnach die Veröffentlichung der Beihilfeempfänger nur in dem Umfang möglich ist, wie sie die Datenschutzrichtlinie zulässt, bedarf es zur Veröffentlichung der fraglichen Daten einer wirksamen Einwilligung des Betroffenen im Sinne der Datenschutzrichtlinie. Dies ist in den vorgeschlagenen Durchführungsverordnungen zu den EU- Strukturfonds und zur ELER-Verordnung noch näher geregelt. Die Empfänger der Strukturbeihilfen müssen danach ausdrücklich darüber informiert werden, dass sie mit ihrer Zustimmung zur Annahme der Finanzhilfe gleichzeitig auch die Zustimmung zur Veröffentlichung ihrer Daten auf der Liste erteilen. Diese hiernach zu erteilende Zustimmung zu der Veröffentlichung der Daten dürfte zumindest einer konkludenten Einwilligung im Sinne der Datenschutzrichtlinie entsprechen. Selbst wenn man die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Zustimmung der Beihilfeempfänger zu Veröffentlinungen , religiöse oder philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen , sowie Daten über Gesundheit oder Sexualleben (vgl. Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie). 27 Dammann/Simitris, Art. 2, Rn. 22 (m. w. N.). A.A. Ehmann/Helfrich, Art. 7. Rn. 14. 28 Vgl. Ehmann/Helfrich, Art. 2, Rn. 67 f. 29 Für den Datenschutz ist die Gesetzgebungskompetenz im Grundgesetz nicht ausdrücklich geregelt sondern lässt sich nur aus dem Regelungszusammenhang herleiten (Simitis in Simitis (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz (6. Auflage, 2006), § 1, Rn. 1). Deshalb bestehen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene datenschutzrechtliche Normierungen. Ob bundesrechtliche oder landesrechtliche Regelungen einschlägig sind, richtet sich in erster Linie danach, von welcher Stelle die fraglichen Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Vgl. § 1 Abs. 2 BDSG). Da bislang nicht absehbar ist, ob öffentliche Stellen des Bundes oder der Länder die fraglichen Daten veröffentlichen werden und da die Landesdatenschutzgesetze in Bezug auf die maßgebliche Einwilligung des Betroffenen in die Veröffentlichung entweder mit dem BDSG übereinstimmen oder geringere Anforderungen an die Willensäußerung stellen (Vgl. Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz (8. Auflage, 2005), § 4a, Rn. 22), soll nur auf die Vereinbarkeit mit dem BDSG eingegangen werden. 30 Simitris in Simitris (Hrsg.), § 4a, Rn. 62. - 13 - chung ihrer Daten annähme, dürften die Verordnungsentwürfe mit der Datenschutzrichtlinie nicht im Widerspruch stehen. Die beiden Vorschläge treffen nämlich keine detaillierten Regelungen dazu, wie das konkrete Verfahren zwischen den jeweiligen Stellen des Mitgliedstaats und dem Beihilfeempfänger ausgestaltet ist. Hier könnte dann ohne weiteres eine ausdrücklich zu erklärende Zustimmung des Begünstigten zu der Veröffentlichung geregelt werden. Aufgrund des in allen Fällen geplanten Erfordernisses vorheriger Einwilligung des betreffenden Förderungsempfängers können an sich keine datenschutzrechtlichen Probleme auftreten. Ansatzpunkt für eine datenschutzrechtlich begründete Kritik am umfassenden Veröffentlichungserfordernis könnte daher allenfalls die notwendige Freiwilligkeit der Einwilligung sein. Denn auch wenn kein unmittelbarer Zwang ausgeübt wird, kann die Freiheit der Entscheidung in einem Abhängigkeitsverhältnis so stark eingeschränkt sein, dass die Zustimmung nicht mehr als freiwillig angesehen werden kann.31 Im Zusammenhang mit Beihilfen könnte ein solches Abhängigkeitsverhältnis dann gesehen werden, wenn es für den Betroffenen wirtschaftlich zwingend erforderlich ist, die Beihilfe anzunehmen. Fraglich ist jedoch, ob eine rein wirtschaftliche Abhängigkeit ausreichend ist, um von einer unfreiwilligen Zustimmung auszugehen. Dagegen würde sprechen, dass solche wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisse innerhalb des Binnenmarktes weit verbreitet sind, ohne dass in diesen Situationen – etwa bei Vertragsabschlüssen – jeweils eine Einschränkung der Willensfreiheit angenommen würde. Im Bereich der bereits vorgelegten Durchführungsverordnungen erscheint es angesichts der Förderungsziele der betroffenen Fonds eher fern liegend anzunehmen, dass es sich bei den potenziellen Förderungsempfängern um natürliche Personen handeln wird, die auf den Erhalt der Leistungen so existenziell angewiesen sind, dass man von einer die Freiwilligkeit ausschließenden Zwangslage ausgehen könnte. Eine solche existenzielle Abhängigkeit könnte allerdings bei einigen Empfängern von Agrar-Direktbeihilfen anzunehmen sein, bei denen die Förderbeträge lt. Angaben des zuständigen Bundesministeriums gerade in schwierigen Übergangsperioden häufig allein das Überleben einer Landwirtschaft sichern.32 Hier könnte insofern für bestimmte Fälle eine abweichende Betrachtung der Freiwilligkeit angezeigt sein. Letztlich hängt aber alles von der konkreten Ausgestaltung der Veröffentlichungspflicht im Bereich der Agrar-Direktzahlungen ab, die zurzeit – wie dargelegt – mangels Vorlage eines Entwurfs für eine entsprechende Durchführungsverordnung oder der nationalen Durchführungsvorschriften noch nicht abzusehen ist und daher auch nicht datenschutzrechtlich gewürdigt werden kann. 31 Dammann/Simitris, Art. 2 Rn. 23 (m.w.N.). 32 Tel. Auskunft BMELV, Referat 615. - 14 - Der deutsche Datenschutzbeauftragte sieht in seiner Stellungnahme zum Grünbuch für eine kritische Betrachtung der Veröffentlichungspflicht allerdings keine Anhaltspunkte . Er verweist darauf, dass Subventionen dazu dienen sollen, öffentlich erwünschte Güter zu produzieren, wenn der Markt allein dies nicht vermag. Ihre Empfänger müssten sich in dem Maße, in dem sie davon profitieren, auch der Öffentlichkeit stellen. Dem Datenschutz dürften in der Tat auch andere gewichtige Erwägungen gegenüberstehen , die in eine Auslegung mit einzubeziehen wären: so haben die Unionsbürger ein berechtigtes Interesse daran, die Verwendung ihrer Steuergelder verfolgen zu können. 3.2. Juristische Personen Die Datenschutzrichtlinie ist gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 2 lit. a ausdrücklich nicht auf juristische Personen anwendbar.33 Den Mitgliedstaaten ist es jedoch freigestellt, im Rahmen der Richtlinienumsetzung auch juristische Personen in den Datenschutz mit einzubeziehen34. Dies ergibt sich auch aus dem Erwägungsgrund 24, wonach „Rechtsvorschriften zum Schutz von juristischen Personen bei der Verarbeitung von Daten“ von der Richtlinie nicht berührt werden. Der deutsche Gesetzgeber hat in seiner Umsetzung der Richtlinie durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.35 Auch die Verordnung 45/2001 ist ausdrücklich nur auf natürliche Personen anwendbar. Soweit juristische Personen die EU-Beihilfen empfangen, kommt eine Beeinträchtigung des Datenschutzrechts somit von vorneherein nicht in Betracht. Denkbar ist dann allenfalls eine Verletzung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses .36 Obwohl die Frage nach einer Beeinträchtigung des Betriebs- und Geschäftsge- 33 Vgl. auch Ehmann/Helfrich, Einleitung, Rn. 10; Art. 22, Rn. 12; Dammann/Simitis, Art. 1, Rn. 4; Art. 2 Rn. 1. Diese Entscheidung wird auch in Erwägungsgrund 13 der RL 97/66 erneut bestätigt. Die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation gilt zwar auch für juristische Personen, die dort getroffenen Regelungen sind jedoch für das vorliegende Gutachten nicht einschlägig. 34 Dammann/Simitis, Art. 1, Rn. 4. 35 Vgl. näher für das BDSG Simitris in Simitris (Hrsg.), § 3, Rn. 17. 36 Unter einem Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis wird z. B. im Wettbewerbsrecht „jede im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehende, nicht offenkundige, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannte Tatsache [verstanden], an deren Geheimhaltung der Unternehmensinhaber ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat und die nach seinem bekundeten oder doch erkennbaren Willen auch geheim bleiben soll. […] Geschäftsgeheimnisse beziehen sich auf den kaufmännischen Geschäftsverkehr […], Betriebsgeheimnisse auf den technischen Betriebsablauf […]“, Köhler , in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Auflage 2006, Rn 4 zu § 17 UWG. Grundrechtlich wird es im deutschen Recht in Art. 12 GG (Berufsfreiheit) und ggf. Art. 14 GG verankert . Auch auf europäischer Ebene sind in der EMRK, in der Rechtsprechung des EuGH (und auch in der EU-Grundrechtecharta) entsprechende Gewährleistungen enthalten. Da für eine Abweichung des grundrechtlichen Schutzniveaus in diesem Bereich keine Anhaltspunkte bestehen, gelten die Überlegungen dabei für alle Ebenen gleichermaßen. - 15 - heimnisses nicht Gegenstand des vorliegenden Auftrags war, sollen kurze Hinweise zu in dieser Hinsicht bestehenden Problemen gegeben werden. Der Bundesdatenschutzbeauftragte argumentiert in seiner Stellungnahme zum Grünbuch ,37 dass die Tatsache, in welcher Höhe ein Unternehmen Finanzhilfen aus dem EU- Haushalt erhalten hat, schon überhaupt nicht in den Schutzbereich des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses fällt: „Die Arbeitsgemeinschaft der Informationsfreiheitsbeauftragen Deutschlands sieht jedoch in der Tatsache, dass bzw. in welcher Höhe Steuergelder in private Untenehmen fließen, grundsätzlich keine schutzbedürftigen Daten im Sinne des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses . Der freie Wettbewerb würde durch eine größere Transparenz auf diesem Gebiet nicht eingeschränkt. Bei den Fördermitteln handelt es sich um Ausgaben der Europäischen Union, die letztlich durch die Steuern sämtlicher Unionsbürger finanziert wurden. Das Recht auf die Verwendung von Steuergeldern sollte daher unionsweit einheitlich geregelt werden. Die Berücksichtigung der Veröffentlichungskultur von Mitgliedstaaten würde nur bedeuten, manchen Unionsbürgern den Anspruch, in Erfahrung zubringen, was mit ihren Steuern geschieht, zu erschweren.“ Selbst wenn man den Schutzbereich des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses so weit fassen würde, dass grundsätzlich auch die fraglichen Informationen über die Strukturbeihilfen geschützt wären, müsste man insofern parallel zum Datenschutzrecht argumentieren : Mit der freiwilligen Einwilligung des Unternehmens in die Veröffentlichung der Information wäre kein Betriebsgeheimnis mehr anzunehmen. Hier würde sich dann die Frage nach der Freiwilligkeit ebenso stellen wie bei den natürlichen Personen im Rahmen der Datenschutzrichtlinie. Argumentativ dürfte es aber noch schwerer sein, zu begründen, warum eine wirtschaftliche Abhängigkeit (die zwischen Unternehmen im Markt häufig anzunehmen ist) hier eine Freiwilligkeit der Einwilligung in die Veröffentlichung ausschließen sollte. Auch bei der Frage nach einem Eingriff in das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, das ja nicht uneingeschränkt gewährleistet ist, muss – wie in der Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten angedeutet – natürlich das gegenläufige, erhebliche Interesse der Unionsbürger beachtet werden, über die Verwendung ihrer Steuermittel informiert zu werden. Bedenken über Wettbewerbsnachteile, die von Interessenvertretungen der Industrie und des Handwerks geäußert werden, werden im Übrigen dadurch relativiert, dass diese Verpflichtung ja für alle Empfänger von EU-Beihilfen gleichermaßen gilt. Soweit weiter befürchtet wird, dass eine Veröffentlichungspflicht viele Unternehmen davon abhalten könnte, Förderungen in Anspruch zu nehmen, und Investoren abschre- 37 Abrufbar unter [Stand:13.10.2006]. - 16 - cken könnte, dürfte eher die Frage nach der politischen Wünschbarkeit einer solchen Lösung gestellt sein – die selbstverständlich völlig offen ist –, nicht nach aber der rechtlichen Möglichkeit, eine solche Pflicht gesetzlich zu regeln. - Fachbereich Europa -