Deutscher Bundestag Finanzdienstleistungen im europäischen Sekundärrecht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 11 – 3000 –219/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 2 Finanzdienstleistungen im europäischen Sekundärrecht Aktenzeichen: WD 11 – 3000 –219/10 Abschluss der Arbeit: 15.10.2010 Fachbereich: WD 11: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Die Entwicklung des Rechtsrahmens eines europäischen Kapitalmarktes 5 2. Die einschlägigen EU-Richtlinien im Bereich der Finanzdienstleistungen 6 2.1. Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts - und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (85/611/EWG) 6 2.2. Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2004/39/EG und 2009/…/EG (AFIM) 7 2.3. RICHTLINIE 2004/39/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (MIFID) 8 2.4. Richtlinie 2003/71/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG 9 2.5. RICHTLINIE 2004/109/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG 9 2.6. Richtlinie 2007/14/EG DER KOMMISSION vom 8. März 2007 mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind 10 2.7. Richtlinie 2003/6/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) 10 2.8. Richtlinie 2004/72/EG der Kommission vom 29. April 2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 10 2.9. Richtlinie 2003/124/EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 4 2.10. Richtlinie 2003/125/EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten 11 2.11. RICHTLINIE 2002/65/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. September2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG 11 2.12. Initiative der EU-Kommission Anlageprodukte für Kleinanlager (Packed Retailed Investment Products - PRIPs) 12 2.13. RICHTLINIE 2004/25/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES 2004/25/EG vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote 12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 5 1. Die Entwicklung des Rechtsrahmens eines europäischen Kapitalmarktes Ausgangspunkt eines europäischen Kapitalmarktrechts war ein Bericht aus dem Jahre 1966 der von der Kommission eingesetzten Sachverständigengruppe zum Aufbau eines Europäischen Kapitalmarkts 1. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass nationale Kapitalmärkte die Nachfrage nach Finanzkapital nicht mehr befriedigen konnten, was zu einem Hemmnis der wirtschaftlichen Entwicklung der Mitgliedstaaten führe. Von einem integrierten europäischen Kapitalmarkt versprach man sich mehr Liquidität und Transparenz als Grundvoraussetzung für einen verbesserten Zugang auch von kleinen und Mittleren Unternehmen zu Kapital. Zu weiteren Fortschritten zur Schaffung eines europäischen Kapitalmarkts sollten die Angleichung von regional unterschiedlichen Finanzierungsbedingungen und niedrigere Kapitalbeschaffungskosten führen. Das ursprüngliche Ziel, die Schaffung eines europäischen Kapitalmarktes mit einer zentralen Börse und einer europäischen Kapitalmarktaufsicht, wurde nicht verwirklicht. Die europäische Rechtsetzung beschränkte sich auf die Sicherstellung eines freien Kapitalverkehrs, auf die Angleichung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Mitgliedstaaten und auf die Schaffung einheitlicher Standards für den Anlegerschutz und die Markttransparenz. Wichtige Regelwerke waren in diesem Zusammenhang die Börsenzulassungsrichtlinie 79/279/EWG2 aus dem Jahre 1979 und die Börsenzulassungsprospektrichtlinie 80/390/EWG3 aus dem Jahre 1980. Weitere Bausteine zur Weiterentwicklung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen waren die Transparenz-Richtlinie 88/627/EWG4, die Wertpapierverkaufsprospekt- Richtlinie 89/298/EWG5, die Insiderrichtlinie 89/592/EWG6 und die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG7. Eine weitere Phase der Rechtsangleichung im Bereich der Finanzdienstleistungen leitete der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen der Kommission (Financial Services Action Plan, FSAP)8 ein. 1 Sog. Segré-Bericht; EWG Kommission, Der Aufbau eines Europäischen Kapitalmarkts, Bericht einer von der EWG- Kommission eingesetzten Sachverständigengruppe, 1966 2 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31979L0279:DE:HTML 3 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31980L0390:DE:NOT 4 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31988L0627:DE:HTML 5 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31989L0298:DE:HTML 6 http://eurlex .europa.eu/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexplus!prod!DocNumber&lg=de&type_doc=Directive&an_doc=198 9&nu_doc=592 7 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31993L0022:DE:HTML 8 Kom (1999)232 vom 11. Mai 1999; http://ec.europa.eu/internal_market/finances/policy/index_de.htm#Financial_Services_Action_Plan Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 6 2. Die einschlägigen EU-Richtlinien im Bereich der Finanzdienstleistungen9 EU-Richtlinien zum Finanzdienstleistungsrecht erfüllen im Wesentlichen folgende Funktionen: Sie normieren die Finanzdienstleistungsaufsicht im Binnenmarkt, das Unternehmensrecht der Finanzdienstleister und harmonisieren das Privatrecht der Finanzdienstleistungen10. Aus der kaum noch überschaubaren Vielzahl sekundärrechtlicher Regelungen zu Finanzdienstleistungen werden nachfolgend solche ausgewählt, die die Emission von Wertpapieren und den Wertpapierhandel regeln. 2.1. Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts - und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (85/611/EWG)11 Diese Richtlinie soll dazu dienen, die Bedingungen für die Zulassung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) anzugleichen und auf diese Weise durch einen wirksameren Schutz der Anleger den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr zu fördern. Angestrebt wird die Angleichung der Bedingungen für das Auflegen von OGAW in Fondsform (Investmentfonds ) und für das Ausüben der Tätigkeit einer OGAW-Verwaltungsgesellschaft. Damit wird das Ziel verfolgt, Investmentfonds außerhalb des Mitgliedstaates zu vermarkten, in dem sie ursprünglich zugelassen wurden. Gleichzeitig soll ein hohes Niveau des Anlegerschutzes gewährleistet werden. Als OWAG gelten Unternehmen, deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Anlageprinzip der Risikostreuung in Wertpapieren oder in andere liquide Finanzanlagen anzulegen. Deren Anteile werden auf Verlangen der Anteilseigner zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen bzw. ausgezahlt12. Die OWAG können je nach Ausgestaltung im Recht der Mitgliedstaaten die Form eines von einer Verwaltungsgesellschaft verwalteten Investmentfonds, eines Trusts oder einer Investmentgesellschaft haben13. Nicht in den Anwendungsbereich der OWAG-Richtlinie fallen geschlossene Fonds und OWAG als Kapitalsammelstellen, die ihre Anteile nicht beim Publikum in der EU vertreiben14. Als Wertpapiere gelten Aktien und andere, den Aktien gleichwertige Wertpapiere, Schuldverschreibungen und sonstige verbriefte Schuldtitel, im Übrigen alle anderen marktfähigen Wertpapiere, die zum Erwerb derartiger Wertpapiere durch Zeichnung oder Austausch berechtigen 15. Seit dem Jahre 2004 ist der Geltungsbereich der bestehenden OGAW-Richtlinie ausgeweitet worden. Sie gilt seither auch für weitere Anlageobjekte und Fondsprodukte. Dem An- 9 Die nachfolgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; aufgrund der Vielzahl der Richtlinien zu Finanzdienstleistungen musste eine Auswahl getroffen werden. Eine Übersicht zu den sehr zahlreichen sekundärrechtlichen Regelungen findet sich bei Jung, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht 2010, S. 880 10 Dazu der Überblick bei Jung, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht 2010, S. 916 ff. 11 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:302:0032:0096:de:PDF 12 Jung, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht 2010, S. 920 13 Art. 1 Abs. 3 OGAW-RL 14 Art. 2 Abs. 1 OGAW-RL mit weiteren Bereichsausnahmen 15 Art. 1 Abs. 8 OGAW-RL Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 7 wendungsbereich der OWAG-Richtlinie unterliegen auch Anteile, Derivate, kurzfristige Bankeinlagen und Geldmarktinstrumente16. Art. 5 ff. RL 2009/65/EG sehen für OWAG in Form eines Investmentfonds (Trusts) oder einer Investmentgesellschaft detaillierte Zulassungs- und Aufsichtserfordernisse vor. Einbezogen in dieses Aufsichts- und Zulassungsregime sind die getrennt von einer OWAG mit der Verwaltung bzw. Verwahrung eines Sondervermögens betraute Verwaltungsgesellschaften und Verwahrstellen. Für OWAG gelten besondere Anforderungen an die Anlagepolitik 17 und an die Prospekt- und Berichtspflichten der Verwaltungsgesellschaft18. Die EU- Kommission hat weitere Regelungen – insb. im Bereich der OWAG - zum Schutz von Kleinanlegern angekündigt19. 2.2. Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2004/39/EG und 2009/…/EG (AFIM)20 Dieses von der EU-Kommission am 30. April 2009 vorgeschlagene Regelwerk zur Regulierung der Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) ergänzt die OGAW-RL, indem dieses nur für Organismen für gemeinsame Anlagen Anwendung finden soll, die nicht Art. 5 OGAW-RL 2009/65/EG unterfallen. Außerdem soll dieses nur für solche Organismen gelten, die investierte Mittel im Grundsatz nur an professionelle Anleger vertreiben. AIFM sollen einer EWR-weiten Aufsicht nach den allgemeinen Regeln21 unterstellt werden. Diese soll die Funktion der Gewährleistung eines angemessenen Liquiditäts- und Risikomanagements22 und der Vermeidung von Interessenkonflikten dienen. Es werden für AIFM detaillierte Aufsichtspflichten23 normiert. Für Betreiber von Fonds wie insb. bei Hedge-Fonds, die im erheblichen Umfang mit Hebeleffekten arbeiten24 bzw. ein größeres Unternehmen beherrschen25, sind zusätzliche Pflichten vorgesehen. AFIM mit Sitz in Drittstaaten dürfen im EWR nur vertrieben werden, wenn der jeweilige Staat den Informationsaustausch in Steuerfragen nach OECD-Standard garantiert und die Gegenseitigkeit gewahrt ist26. 16 Art. 50 Abs. 1 RL 2009/65/EG 17 Art. 50 ff. RL 2009/65/EG 18 Art. 68 ff. RL 2009/65/EG 19 Mitteilung KOM (2009) 204 vom 30.04.2009 Anlageprodukte für Kleinanleger 20 Mitteilung KOM (2009) 207 vom 30.04.2009 http://ec.europa.eu/internal_market/investment/docs/alternative_investments/fund_managers_proposal_de.pdf 21 Art. 2 Abs. 2 AFIM-RL 22 Art. 11, 12 AFIM-RL 23 Art. 20 AFIM-RL 24 Art. 22 ff. AFIM-RL 25 Art. 26 ff. AFIM-RL 26 Art. 35, 39 AFIM-RL Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 8 2.3. RICHTLINIE 2004/39/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (MIFID)27 Die als Rahmenrichtlinie konzipierte MIFID dient dem Anlegerschutz und der Marktintegrität und umfasst eine Vielzahl von Regelungen zum Verhalten von Unternehmen bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen. Ihr Anwendungsfeld bezieht sich auf Wertpapierfirmen und auf geregelte Märkte28. Das sind u.a. Börsen, Banken, Vermögensverwaltungsfirmen, Broker, Wertpapierhauser. Die MIFID findet Anwendung für folgende Handelsplattformen: geregelte Märkte, multilaterale Handelssysteme und für systemische Internalisierer. Ein geregelter Markt ist ein multilaterales Handelssystem, das von einem Marktbetreiber betrieben wird und die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten zusammenführt oder das Zusammenführen fördert29. Eine multilaterale Handelssystem ist ein von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betriebenes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten zusammenführt30. Ein systematischer Internalisierer ist eine Wertpapierfirma, die in organisierter und systematischer Weise regelmäßig Handel für eigne Rechnung außerhalb eines geregelten Marktes oder einer MTF ausführt31. Ausgenommen aus dem Geltungsbereich dieser Richtlinie sind Personen, die ihr eigenes Vermögen verwalten sowie Unternehmen, die nur Handel für eigene Rechnung vornehmen, Versicherungsunternehmen , Pensionsfonds, Kapitalanlagegesellschaften und Investmentaktiengesellschaften , die in der Verwaltung von Investmentfonds tätig sind32. Die Regelungen der MiFID gelten für folgende Finanzinstrumente: Übertragbare Wertpapiere, z.B. Aktien, Schuldverschreibungen , Anleihen, Zertifikate, Geldmarktinstrumente, Anteile an Organismen für gemeinsamen Anlagen , derivative Finanzinstrumente sowie finanzielle Differenzgeschäfte. Nicht betroffen durch die Regelungen sind Versicherungsprodukte, Bausparverträge oder geschlossene Fondsprodukte. Gegenüber der Wertpapierrichtlinie wird der Anwendungsbereich der MiFID durch die Einbeziehung der Anlageberatung, der Finanzanalyse und der Warenderivate erweitert33. 27 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:145:0001:0044:DE:PDF 28 Dazu näher Fleischer, BKR 2006, S. 389 (392) 29 Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MiFID 30 Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 MiFID 31 Art. 4 Abs. 1 Nr. 7 MiFID 32 Art. 2 MiFID 33 dazu näher Fleischer, BKR 2006, S. 389 (392) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 9 2.4. Richtlinie 2003/71/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG34 Mit der Prospekt-RL 2003/71/EG wurde das frühere Nebeneinander von Börsenzulassungsprospekten und Verkaufsprospekten für öffentliche Angebote aufgehoben. An ihre Stelle trat eine einheitliche Prospektpflicht35. Öffentliche Angebote von Wertpapieren und der Handel mit Wertpapieren an einem geregelten Markt bedürfen der behördlichen Zulassung und der Veröffentlichung des Prospektes. Aus Gründen des Anlegerschutzes und der EU-weiten Anerkennung legt die RL Mindestanforderungen an den Prospektinhalt fest36. Der veröffentlichte Prospekt besteht wahlweise aus drei Teilen: Registrierungsformular mit emittentenbezogenen Angaben, Wertpapierbeschreibung , einer Zusammenfassung von i.d.R. nicht mehr als 2500 Worten oder aus einem Text mit einer Zusammenfassung. Die Durchführungs-Verordnung (EG) Nr. 809/2004 enthält detaillierte Vorgaben zur Gestaltung und zur Veröffentlichung des Prospekts. Die Angaben sollen vollständig, wahr, klar, kontinuierlich, international und sachdienlich sein37. Die im Prospekt explizit zu benennenden Prospektverantwortlichen sollen einer Prospekthaftung unterliegen38. 2.5. RICHTLINIE 2004/109/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG39 Die Transparenz-RL II 2004/109/EG findet Anwendung für Emittenten, deren Wertpapiere bereits zum Handel zugelassen sind für die Dauer der Zulassung. Diese sind verpflichtet zu periodischen Berichten (Jahres-, Halbjahresfinanzbericht für alle Emittenten sowie Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung von Aktienemittenten in der ersten und zweiten Hälfte des Geschäftsjahres). Außerdem eine Beteiligungspublizität zu gewährleisten. Ein Aktionär muss einem Emittenten und der zuständigen Aufsichtsbehörde bei Erreichung bestimmter Schwellenwerten durch Kauf oder –Verkauf von an einem geregelten Markt gehandelten Aktien mit Stimmrechten mitteilen, welchen Anteil an dem Stimmrechten des Emittenten er hält40. Die RL sieht umfangreiche Veröffentlichungs - und Informationspflichten für Emittenten vor41. 34 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:345:0064:0089:DE:PDF 35 Jung, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht 2010, S. 954 36 Art. 5, 7 RL 2003/71/EG 37 Art. 11 RL 2003/71/EG 38 Jung, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht 2010, S. 955 39 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:390:0038:0057:DE:PDF 40 Art. 9 ff. RL 2004/109/EG 41 Art. 14/16/17 RL 2004/109/EG Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 10 2.6. Richtlinie 2007/14/EG DER KOMMISSION vom 8. März 2007 mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind42 Die RL 2007/14/EG soll ein hohes Maß an Anlegerschutz gewährleisten, für leistungsfähigere Märkte und eine einheitliche Anwendung der RL 2004/109/EG sorgen. Die RL konkretisiert die Vorgaben der Richtlinie 2004/109/EG im Hinblick auf die Offenlegung bedeutender Beteiligungen durch Investoren, die Mindestnormen für die europaweite öffentliche Verbreitung vorgeschriebener Informationen, die Offenlegung von Finanzdaten in Halbjahresberichten der Emittenten und die Mindestanforderungen für die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Drittstaatenvorschriften . 2.7. Richtlinie 2003/6/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch)43 Die Marktmissbrauchs-RL normiert für Emittenten eine Verpflichtung zur sog. AD-hoc- Publizität44 als Präventivmaßnahme für Insidergeschäfte45. Sie findet Anwendung für alle Geschäfte mit zugelassenen Finanzinstrumenten, unabhängig davon, ob diese auf einem geregelten Markt erfolgen. Jeder Mitgliedstaat ist zur Benennung einer einzigen Regulierungs- und Aufsichtsbehörde verpflichtet. Diese muss bestimmte Mindestaufgaben bei der Bekämpfung von Insider -Geschäften und Marktmanipulation erhalten. Das Verbot der Marktmanipulation und der Nutzung von Insider-Informationen zum eigenen Vorteil muss sowohl für natürliche als auch für juristische Personen gelten. Die Mitgliedstaaten müssen auch sicherstellen, dass alle Verstöße gegen die im Richtlinienvorschlag enthaltenen Verbote oder Gebote unverzüglich und wirksam geahndet werden. 2.8. Richtlinie 2004/72/EG der Kommission vom 29. April 2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates46 In dieser Richtlinie wird festgelegt, welche Kriterien bei der Bewertung von Marktpraktiken nach Artikel 6 Absatz 10 der Richtlinie 2003/6/EG anzulegen sind. Zur Wahrung der Marktintegrität müssen die Geschäfte der Markteilnehmer fair und effizient sein. Diese dürfen die Integrität verbundener Märkte der Europäischen Union nicht beeinträchtigen. Die zuständigen Behörden müssen die Zulässigkeit dieser Praktiken in Abstimmung mit anderen zuständigen Behörden, Marktteilnehmern und Endnutzern bewerten. Emittenten und zuständige Behörden müssen feststellen können, zu welchen Informationen ein Insider zu welchem Zeitpunkt Zugang hatte. Bei der Meldung verdächtiger Transaktionen sind den zuständigen Behörden hinreichende Indizien für das Vorliegen von Marktmissbrauch vorzulegen. 42 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:069:0027:0036:DE:PDF 43 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:096:0016:0016:DE:PDF 44 Art. 6 Abs. 1 RL 2003/6/EG 45 weitere Details sind in der Durchführungs-RL 2003/124/EG geregelt. 46 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:162:0070:0075:DE:PDF Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 11 2.9. Richtlinie 2003/124/EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation47 In dieser Richtlinie werden die Kriterien dafür festgelegt, ob Informationen als ausreichende präzise und zur Beeinflussung der Kurse geeignet anzusehen sind. Sie legt die Prüfungskriterien dafür fest, ob ein gegebenes Verhalten eine Marktmanipulation darstellt. Für die Emittenten regelt die Richtlinie die Mittel und Fristen für die Veröffentlichung von Insider-Informationen, und außerdem, in welchen Fällen die Emittenten befugt sind, diese Veröffentlichung zum Schutz ihrer berechtigten Interessen zu verzögern. 2.10. Richtlinie 2003/125/EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten48 In dieser Richtlinie werden Standards für die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und für die Offenlegung von Interessenkonflikten festgelegt. Es wird zwischen Personen, die Anlageempfehlungen erstellen, und Personen, die von Dritten erstellte Empfehlungen verbreiten, unterschieden. In Übereinstimmung mit Artikel 6 der Richtlinie über den Marktmissbrauch berücksichtigt diese zweite Durchführungsrichtlinie die Regelungen, einschließlich der Selbstkontrolle , denen der Berufsstand der Journalisten unterliegt. 2.11. Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG49 Diese Richtlinie stellt Marktverhaltensregeln auf, die im Wesentlichen denjenigen der allgemeinen Fernabsatzrichtlinie entsprechen. Die Richtlinie gilt für privatkundenorientierte Finanzdienstleistungen, die im Fernabsatz - z. B. per Telefon, Telefax oder Internet - vertrieben werden. Die Richtlinie räumt dem Verbraucher eine Bedenkzeit ein, bevor dieser einen Vertrag mit dem Anbieter abschließt. Der Anbieter ist verpflichtet, dem Verbraucher schriftlich oder auf einem dauerhaften Datenträger einen Vertragsentwurf zuzustellen, der alle Vertragsbedingungen enthält. Die Bedenkzeit beträgt 14 Tage. Während dieser Zeit behalten die Vertragsbedingungen Gültigkeit. Die Parteien können jedoch eine längere Frist vereinbaren oder andere Bedingungen festlegen. Der Verbraucher kann den Vertrag in folgenden Fällen innerhalb von 14 Tagen - bzw. 30 Tagen bei Lebensversicherungen und Individualpensionsgeschäften - widerrufen: 47 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:339:0070:0072:DE:PDF 48 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:339:0073:0073:DE:PDF 49 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2002:271:0016:0024:DE:PDF Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 12 wenn der Vertrag unterzeichnet wurde, ohne dass dem Verbraucher zuvor die Vertragsbedingungen übermittelt wurden (z. B. bei einem Versicherungsvertrag, wenn der Verbraucher eine unmittelbare Deckung erreichen wollte); wenn der Verbraucher, obwohl er die Vertragsbedingungen erhalten hat, auf unlautere Weise dazu verleitet wurde, während der Bedenkzeit einen Vertrag abzuschließen. Bestimmte Finanzdienstleistungen, wie insbesondere Termindienstleistungen (beispielsweise ein von einem Verbraucher erteilter Auftrag, bestimmte Aktien zu einem bestimmten Preis zu kaufen ), können sich bei der Ausführung eines Vertrags als ganz oder teilweise nicht verfügbar erweisen . In diesem Fall hat der Verbraucher Anspruch auf Rückzahlung der für den Erwerb dieser Dienstleistungen geleisteten Zahlung. 2.12. Initiative der EU-Kommission Anlageprodukte für Kleinanlager (Packed Retailed Investment Products - PRIPs)50 Hiermit strebt die EU-Kommission einen sektorübergreifenden Anlegerschutz an. Ziel ist die Schaffung eines konsistenten, hohen Schutzstandards im Bereich der Anlegerinformationen und im Bereich der Vertriebsregeln für an Endanleger gerichtete Investmentprodukte. Erfasst werden sollen Fonds, strukturierte Wertpapiere und andere strukturierte Retailprodukte. Dieses noch zu schaffende Regelwerk soll auch für Lebensversicherungsprodukte gelten. Hintergrund dieses Vorhabens ist der derzeit aus Sicht der Kommission unübersichtliche und lückenhafte Rechtsrahmen für Finanzdienstleistungen, der insb. für Kleinanleger nur schwer zu durchschauen ist. Mit dieser Initiative soll für die bestehenden Probleme bei den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen über grundlegende Anlegerinformationen und bei den bestehenden Schwachstellen bei der Regulierung der Vertriebspraktiken Abhilfe geschaffen werden. Insgesamt soll das aus sektoralen Vorschriften zu Informationspflichten und zu den Vertriebspraktiken bestehende Flickwerk durch einen horizontalen Ansatz ersetzt werden, der unabhängig von der Rechtsform des Produkts oder des jeweiligen Vertriebswegs zu kohärenten Ergebnissen führt51. 2.13. RICHTLINIE 2004/25/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES 2004/25/EG vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote52 Mit dieser RL werden die Regelungen für Übernahmeangebote für Wertpapieren mit Stimmrechten einer dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegenden Gesellschaft harmonisiert. Anwendung findet diese Regelung nur für Wertpapiere, die alle oder teilweise zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. Die RL dient dem Schutz der Wertpapierinhaber und der Schaffung eines effizienten und transparenten Angebotsverfahrens. - Fachbereich Europa - 50 http://ec.europa.eu/internal_market/finservicesretail /docs/investment_products/29042009_communication_de.pdf 51 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat. Anlageprodukte für Kleinanleger, 30.04.2009 KOM(2009)204 endg. S. 10; http://ec.europa.eu/internal_market/finservicesretail /docs/investment_products/29042009_communication_de.pdf 52 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:142:0012:0023:DE:PDF Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 13 Anhang: Initiativen zur Reform der Finanzdienstleistungen53 53 Quelle: Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und die Europäische Zentralbank. Regulierung der Finanzdienstleistungen für nachhaltiges Wachstum, 2.06.2010, KOM(2010) 301 endg.; http://ec.europa.eu/internal_market/finances/docs/general/com2010_de.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 –219/10 Seite 16