© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 197/14 Voraussetzungen für eine Verwendung von Finanzmitteln des Europäischen Stabilitätsmechanismus für ein europäisches Investitionsprogramm Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 197/14 Seite 2 Voraussetzungen für eine Verwendung von Finanzmitteln des Europäischen Stabilitätsmechanismus für ein europäisches Investitionsprogramm Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 197/14 Abschluss der Arbeit: 7. November 2014 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 197/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Aufgaben und Instrumente des ESM 4 3. Erweiterung der Aufgaben des ESM 5 3.1. Beschluss gemäß Art. 19 ESMV 5 3.1.1. Finanzhilfen für Mitgliedstaaten 5 3.1.2. Finanzhilfen zur Wahrung der Finanzstabilität 7 3.1.3. Ergebnis 7 3.2. Änderung des ESMV 7 3.2.1. Völkerrechtliche Bedingungen 7 3.2.2. Unionsrechtliche Grenzen 8 4. Ergebnis 9 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 197/14 Seite 4 1. Fragestellung Der Ausarbeitung geht auf die Frage ein, ob ungenutzte Mittel des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) für ein Konjunkturprogramm bzw. ein europaweites Investitionsprogramm genutzt werden können. Diesbezüglich wird insbesondere die Frage diskutiert, ob aus Mitteln des ESM zusätzliche Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) abgesichert werden könnten, indem der ESM der EIB Garantien zur Verfügung stellt oder Geld leiht.1 Vor diesem Hintergrund geht die Ausarbeitung auf die Frage ein, welche Normen und/oder Verträge dafür von welchen Institutionen geändert und/oder geschaffen werden müssten und welche Mehrheitserfordernisse insoweit bestehen. 2. Aufgaben und Instrumente des ESM Gemäß Art. 3 S. 1 und Art. 12 Abs. 1 ESMV2 dient der ESM dem Zweck, Finanzmittel zu mobilisieren und den ESM-Mitgliedern mit Finanzierungsproblemen unter strengen, dem gewählten Finanzhilfeinstitut angemessenen Auflagen eine Stabilitätshilfe bereitzustellen, wenn dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist. Zur Verfolgung dieses Zwecks sieht der ESMV gegenwärtig fünf Finanzhilfeinstrumente vor, die in den jeweiligen ESM-Leitlinien3 weiter konkretisiert werden: Vorsorgliche Finanzhilfen an Mitgliedstaaten in Form einer vorsorglich bedingten Kreditlinie oder in Form einer Kreditlinie mit erweiterten Bedingungen (Art. 14 ESMV), Finanzhilfen an Mitgliedstaaten mittels Darlehen speziell zum Zwecke der Rekapitalisierung von Finanzinstituten dieses Mitglieds (Art. 15 ESMV), Darlehen an Mitgliedstaaten (Art. 16 ESMV), Ankauf von Anleihen eines Mitgliedstaates am Primärmarkt (Art. 17 ESMV) und Ankauf von sich bereits im Umlauf befindlichen Anleihen eines Mitgliedstaates (Art. 18 ESMV). Gemäß Art. 12 Abs. 1 ESMV kann der ESM nur einem ESM-Mitglied Stabilitätshilfen zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets und unter strengen Auflagen gewähren. ESM-Mitglieder sind gemäß Art. 1 Abs. 2 ESMV die Vertragsparteien des ESMV. Die ESM-Mitgliedschaft steht gemäß Art. 2 ESMV allen EU-Mitgliedstaaten offen, deren Währung der Euro ist. Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass Dritte - wie beispielsweise die EIB - nicht Mitglied des ESM sein bzw. werden können und damit auch nicht zu dem im ESMV vorgesehenen Kreis der Empfänger von Leistungen des ESM gehören können. 1 http://www.spiegel.de/wirtschaft/juncker-cdu-und-spd-uneins-ueber-esm-mittel-als-sicherheit-fuer-kredite-a- 995297.html. 2 Vgl. Gesetz zu dem Vertrag vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus vom 13. September 2012, BGBl. II S. 981. 3 Abrufbar unter http://www.esm.europa.eu/about/legal-documents/index.htm, vgl. auch den Überblick bei Bark/Gilles, Der ESM in der Praxis: Rechtsgrundlagen und Funktionsweise, EuZW 2013, 367. Zur Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten um das Instrument der direkten Bankenrekapitalisierung vgl. BT-Drs. 18/2580. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 197/14 Seite 5 Mit Blick auf den begrenzten Handlungszweck des ESM und den ebenso begrenzten Teilnehmerkreis besteht im Rahmen des gegenwärtigen ESMV keine Grundlage für Leistungen des ESM an die EIB. 3. Erweiterung der Aufgaben des ESM Aus der Begrenzung des Handlungsrahmens des ESM folgt jedoch nicht, dass die Regelung weiterer Finanzhilfeinstrumente generell ausgeschlossen wäre. Vielmehr stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Handlungsmöglichkeiten des ESM erweitert werden könnten. 3.1. Beschluss gemäß Art. 19 ESMV Eine Möglichkeit könnte sich aus Art. 19 ESMV ergeben. Diese Bestimmung sieht vor, dass der Gouverneursrat die in den Art. 14 bis 18 vorgesehene Liste der Finanzhilfeinstrumente überprüfen und aufgrund einvernehmlicher Entscheidung nach Art. 5 Abs. 6 lit. i) ESMV beschließen kann, diese zu ändern.4 Fraglich ist, ob der Gouverneursrat im Rahmen des Art. 19 ESMV auch eine Grundlage dafür schaffen könnte, dass der ESM der EIB Finanzmittel zur Verfügung stellen kann. Hierbei ist zunächst entscheidend, dass sich ein Beschluss des Gouverneursrates nach Art. 19 ESMV innerhalb der vom ESMV selbst gesetzten Grenzen bewegen muss. Art. 19 ESMV zielt nur auf eine Änderung der Finanzhilfeinstrumente gemäß Art. 14 bis 18 ESMV, nicht aber auf eine Änderung oder Ergänzung anderer Vertragsklauseln ab. Dementsprechend sind die Änderungsmöglichkeiten des Gouverneursrates auf die Finanzhilfeinstrumente beschränkt, und er muss hierbei die übrigen Regelungen des ESMV achten. Dies betrifft insbesondere die Regelungen in Bezug auf den Zweck des Vertrages sowie die Grundsätze und das Verfahren der Gewährung von Finanzhilfen gemäß Art. 3, 12 und 13 ESMV. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es aus (völkervertrags-)rechtlicher Sicht möglich ist, den ESMV auf Grundlage von Art. 19 ESMV um ein Handlungsinstrument zu ergänzen, das Leistungen an eine Entität gewähren soll, die nicht Vertragspartei des ESMV ist und dies – mit Blick auf ein Investitions- bzw. Konjunkturprogramm – auch nicht (primär) für den Zweck, die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt und seiner Mitgliedstaaten zu wahren. 3.1.1. Finanzhilfen für Mitgliedstaaten Gemäß Art. 3 S. 1 und Art. 12 Abs. 1 ESMV kann der ESM seinen Mitgliedern Stabilitätshilfen gewähren.5 Die Bereitstellung bzw. Gewährung an Dritte wie beispielsweise die EIB ist dem 4 Gemäß Art. 2 Abs. 2 ESMV-Ratifizierungsgesetz ist vor dem Beschluss des ESM-Gouverneursrats nach Art. 19 ESMV eine Ermächtigung des deutschen Vertreters durch ein vom Bundestag zu beschließendes Gesetz erforderlich . 5 In der genauso wie die deutsche Fassung verbindlichen (vgl. Art. 48 Abs. 3 UAbs. 2 ESM-Vertrag) englischen Sprachfassung heißt es sowohl in Art. 3 als auch in Art. 12 ESMV „provide stability support“. Während es in Art. 3„to the benefit of an ESM-member“ heißt, ist in Art. 12 von „to an ESM-member“ die Rede. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 197/14 Seite 6 Wortlaut der Vorschriften nach nicht vorgesehen. Es kommt also darauf an, wie diese Vorschriften auszulegen sind und ob es über den Wortlaut hinaus möglich ist, Leistungen an Dritte zu gewähren . Da es sich bei dem ESMV um einen multilateralen völkerrechtlichen Vertrag und trotz seiner sachlichen Nähe zum Recht der EU nicht um Unionsrecht im engeren Sinn handelt,6 ist für seine Auslegung grundsätzlich das gemeinsame Verständnis der Vertragsstaaten von vorrangiger Bedeutung . Insofern ist entscheidend, dass dem ESM eine Entscheidung des Europäischen Rates zugrunde liegt, wonach ein ständiger Krisenmechanismus zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt errichtet werden soll.7 Die Einrichtung des ESM wurde ergänzt durch die Einfügung von Art. 136 Abs. 3 AEUV, wonach die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, einen Stabilitätsmechanismus einrichten können, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebietes zu wahren.8 Das in diesen Entscheidungen zum Ausdruck kommende enge Verständnis über einen begrenzten Zweck und Empfängerkreis schlägt sich in den Bestimmungen der Art. 3 S. 1 und 12 Abs. 1 ESMV nieder. Dieses enge Verständnis von Zweck und Berechtigtenkreis des ESM hat sich zuletzt bei den Diskussionen um die Einführung des Instruments der direkten Bankenrekapitalisierung aktualisiert.9 Ausweislich des Vorschlags für eine Leitlinie für Finanzhilfe zur direkten Rekapitalisierung von Instituten10 haben die ESM-Mitglieder insofern ein gemeinsames Verständnis, als geplant ist, eine direkte Rekapitalisierung durch den ESM nur zu ermöglichen, wenn „die Bereitstellung von Finanzhilfen für das antragstellende ESM-Mitglied unverzichtbar [ist], um die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes als Ganzes oder seiner Mitgliedstaaten zu wahren“. Ebenso ist geplant, den Einsatz des neuen Finanzhilfeinstruments „im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 ESM-Vertrag […] an eine angemessene Konditionalität zu knüpfen“, zu der neben institutsspezifischen Bedingungen auch Auflagen in Bezug auf die allgemeine Wirtschaftspolitik des betroffenen ESM-Mitgliedes gehören können. Diese Auflagen sollen in dem mit der Finanzhilfe verknüpften Memorandum of Understanding (MoU) festgelegt werden. Danach soll durch das neue Instrument also ermöglicht werden, dass nicht nur dem begünstigten Kreditinstitut, sondern auch dem beantragenden ESM-Mitglied Auflagen gemacht werden. Indem auch das jeweilige ESM-Mitglied durch die 6 Vgl. hierzu Lorz/Sauer, Ersatzunionsrecht und Grundgesetz, DÖV 2012, S. 573 ff. 7 Europäischer Rat, Schlussfolgerungen vom 28./29. Oktober, EUCO 25/1/10 REV 1, S. 2. 8 Beschluss 2011/199/EU des Europäischen Rates vom 25. März 2011 zur Änderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, ABl. L 91/1; vgl. hierzu Rathke, Von der Stabilitäts- zur Stabilisierungsunion: Der neue Art. 136 Abs. 3AEUV, DÖV 2011, 753 (754). 9 Vgl. hierzu den Überblick unter Referat PE 2, EU Sachstand „Direkte Bankenrekapitalisierung durch den ESM“ vom 20. März 2014. 10 Vgl. hierzu die Pläne zur Einführung des Instruments einer direkten Bankenrekapitalisierung, in denen festgelegt wird, dass auch bei der direkten Bankenrekapitalisierung der betroffene ESM-Mitgliedstaat die Stabilitätshilfe zur Rekapitalisierung eines Finanzinstituts erhält („…financial assistance to the benefit of the ESM Member .“), BT-Drs. 18/2577, S. 11 sowie das Übermittlungsschreiben des BMF vom 25. September 2014: Durchführungsbestimmungen zum Instrument der direkten Bankenrekapitalisierung durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM); Beteiligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages gemäß ESMFinG, EUFIN 279/2014, sowie die Anlagen hierzu. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 197/14 Seite 7 Antragstellung und die Vereinbarung von Auflagen in einem MoU an den Vereinbarungen zur Gewährung der Stabilitätshilfe beteiligt werden soll, zielen die Pläne für eine direkte Bankenrekapitalisierung auf eine Kohärenz mit den Bestimmungen der Art. 3 und Art. 12 ESMV ab. Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass das Verständnis der Vertragsstaaten über den Zweck und die Handlungsbefugnisse des ESM darauf schließen lässt, dass nur ESM-Vertragsstaaten Berechtigte aus dem ESMV sein sollen und somit Dritten ohne eine entsprechende Verbindung zu dem antragsstellenden ESM-Mitglied keine ESM-Leistungen gewährt werden dürfen. 3.1.2. Finanzhilfen zur Wahrung der Finanzstabilität Vor dem Hintergrund, dass der ESM gemäß Art. 3 S. 1 und Art. 12 Abs. 1 ESMV nur dann leistend tätig werden soll, wenn dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist, erfordert auch ein neues, auf Grundlage von Art. 19 ESMV beschlossenes ESM-Handlungsinstrument eine entsprechende Zielsetzung. Mit der ihm zugrunde liegenden Rettungslogik soll der ESM Mitgliedstaaten mit schwerwiegenden Finanzierungsproblemen unter strengen Auflagen Hilfe leisten. Ein Handlungsinstrument zur allgemeinen Förderung der Konjunktur im Euro-Währungsgebiet überschritte hingegen den vertraglich festgelegten Handlungszweck des ESM. 3.1.3. Ergebnis Ein Beschluss gemäß Art. 19 ESMV mit dem Ziel, die Handlungsmöglichkeiten des ESM dahingehend zu ändern, dass er auch Leistungen an die EIB zur Förderung von Investitions- und Konjunkturprogrammen gewähren könnte, würde die in den Art. 3, 12 und 13 ESMV vertraglich vereinbarten Grenzen des ESM im Hinblick auf den begrenzten Zweck und den Empfängerkreis überschreiten. Dementsprechend können die Handlungsmöglichkeiten des ESM nicht auf Grundlage von Art. 19 ESMV dahingehend erweitert werden, dass auch die EIB Empfängerin von Leistungen des ESM sein kann. 3.2. Änderung des ESMV Da die Einführung einer Handlungsmöglichkeit des ESM zur Gewährung von Leistungen an die EIB nicht auf die vertragsinterne Änderungsmöglichkeit gestützt werden kann, setzte eine entsprechende Regelung die Änderung des ESMV im Rahmen der Möglichkeiten des allgemeinen Völkerrechts und in den Grenzen des Unionsrechts voraus. 3.2.1. Völkerrechtliche Bedingungen Der ESMV enthält lediglich Bestimmungen zur Änderung des Mitgliederbestandes (Art. 2 ESMV), jedoch keine ausdrücklichen Regelungen im Hinblick auf materielle Vertragsänderungen. In seiner Eigenschaft als multilateraler völkerrechtlicher Vertrag richten sich Änderungen des ESMV Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 197/14 Seite 8 dementsprechend nach den allgemeinen völkervertraglichen Regeln und insbesondere dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge11 (WVK).12 Art. 39 WVK sieht vor, dass ein Vertrag durch Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien geändert werden kann. Im Falle der Einführung einer Bestimmung zur Gewährung von Leistungen des ESM an die EIB setzte dies mit Blick auf die Kapitalstruktur des ESM (Art. 8 ff. ESMV) ein Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien voraus. Eine Änderung erforderte zudem eine völkerrechtliche Ratifikation der entsprechenden Einigung sowie eine innerstaatliche Zustimmung entsprechend den jeweiligen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen. Für die Bundesrepublik Deutschland erforderte eine Änderung des ESMV sowohl eine parlamentarische Zustimmung ggf. im Rahmen der ebenfalls notwendigen Änderung des ESM-Vertragsgesetztes13 als auch eine Änderung des ESMFinG14. 3.2.2. Unionsrechtliche Grenzen Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, sind unter Berücksichtigung der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und der EU (Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 EUV) befugt, im Bereich der Koordinierung der Wirtschaftspolitik (Art. 2 Abs. 3, Art. 5 Abs.1 AEUV) untereinander eine Übereinkunft über die Einrichtung eines Stabilitätsmechanismus zu treffen und dementsprechend auch einen bestehenden Mechanismus zu ändern.15 Sowohl bei der Einrichtung als auch bei einer späteren Änderung dürfen sich die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Befugnisse nicht über die Beachtung des Unionsrechts hinwegsetzten.16 Eine völkervertragliche Änderung des ESMV müsste insbesondere die unionsrechtlichen Regeln über die EIB berücksichtigen und dürfte ihre Funktionsweise nicht beeinträchtigen (Art. 4 Abs. 3 EUV, Art. 3 Abs. 2 AEUV). Insoweit entspräche eine Absicherung von EIB-Krediten durch Mittel des ESM im Rahmen eines Investitions- oder Konjunkturprogramms dem grundsätzlichen Zweck der EBI, zur Entwicklung des Binnenmarktes im Interesse der Union beizutragen (Art. 309 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AEUV). Aus der Fragestellung, die dieser Ausarbeitung zugrunde liegt, geht jedoch nicht eindeutig hervor, in welcher Form und wem gegenüber beispielsweise Garantien gewährt werden sollen. Dies ist einerseits denkbar gegenüber Schuldnern der EIB zur Absicherung der ihnen von der EIB gemäß Art. 16 EIB-Satzung17 gewährten Darlehen und Bürgschaften. Andererseits könnte dies in Form einer Bereitstellung von Finanzmitteln oder von Garantien des ESM für 11 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, BGBL. 1985 II S. 926. 12 Vgl. BVerfG, Urteil vom 12. September 2012, 2 BvR 1390/12, Rn. 215. 13 Gesetz zu dem Vertrag vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus vom 13. September 2012, BGBl. II S. 981. 14 Gesetz zur finanziellen Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Finanzierungsgesetz - ESM- FinG) vom 13. September 2012, BGBl. I S. 1918. 15 Vgl. EuGH, Rs. C-370/12 (Pringle), Rn. 68. 16 EuGH, Rs. C-370/12 (Pringle), Rn. 69 mit Verweis auf EuGH, Rs. C-55/00 (Gottardo), Rn. 32. 17 Abrufbar unter http://www.eib.org/attachments/general/statute/eib_statute_2013_07_01_de.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 197/14 Seite 9 die EIB für deren Mittebeschaffung am Kapitalmarkt (Art. 309 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 AEUV) erfolgen. In diesem Fall wäre zu berücksichtigen, dass die EIB zur Mittelbeschaffung am Kapitalmarkt auf die ihr verfügbaren Mittel beschränkt ist, die sie nicht unmittelbar zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen benötigt (Art. 21 Abs. 1 EIB-Satzung). Zudem wäre im Hinblick auf den Effekt von Leistungen des ESM an die EIB auf eine erweiterte Darlehens- oder Bürgschaftsvergabe der EIB im Rahmen eines Investitionsprogramms zu berücksichtigen, dass die ausstehenden Darlehen und Bürgschaften der EIB gemäß Art. 16 Abs. 5 EIB-Satzung 250 % u.a. des gezeichneten Kapitals (Art. 5 Abs. 1 EIB-Satzung) nicht überschreiten dürfen. 4. Ergebnis Eine Erweiterung des Handlungsrahmens des ESM um die Möglichkeit, der EIB Finanzmittel bzw. Garantien im Rahmen eines Investitions- und Konjunkturprogramms bereitzustellen, erfordert eine völkervertragliche Änderung des ESMV. Sie kann nicht auf den vertragsinternen Änderungsmechanismus des Art. 19 ESMV gestützt werden. Eine völkervertragliche Änderung des ESMV erforderte ein Einvernehmen zwischen den ESM-Vertragsparteien, eine völkerrechtliche Ratifikation der Einigung sowie eine innerstaatliche Zustimmung entsprechend den jeweiligen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen. Schließlich dürfte die konkrete Ausgestaltung eines solchen Handlungsinstruments das Unionsrecht nicht beeinträchtigen und müsste insbesondere mit den unionsrechtlichen Bestimmungen über die EIB vereinbar sein. - Fachbereich Europa -