Deutscher Bundestag Elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten in den Parlamenten innerhalb der Europäischen Union - Endfassung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 11 – 3000 – 189/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 2 Elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten in den Parlamenten innerhalb der Europäischen Union - Endfassung Aktenzeichen: WD 11 – 3000 – 189/11 Abschluss der Arbeit: 20. Dezember 2011 Fachbereich: WD 11: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 3 1. Einleitung 4 1.1. Allgemeines 4 1.2. Der Fragebogen im Wortlaut 4 2. Situation in Deutschland 5 2.1. Deutscher Bundestag 5 2.2. Bundesrat 6 3. Die Situation in den nationalen Parlamenten der Europäischen Union 6 3.1. Belgien 6 3.1.1. Repräsentantenhaus (Chambre des Représentants) 6 3.1.2. Senat (Sénat) 7 3.2. Dänemark (Folketinget) 7 3.3. Estland (Riigikogu) 8 3.4. Finnland (Eduskunta) 8 3.5. Griechenland (Vouli ton Ellinon) 9 3.6. Großbritannien 9 3.6.1. House of Commons 9 3.6.2. House of Lords 9 3.7. Italien (Camera dei Deputati) 10 3.8. Lettland (Saeima) 10 3.9. Litauen (Seimas) 11 3.10. Niederlande (Tweede Kamer der Staten-Generaal) 11 3.11. Österreich 11 3.11.1. Nationalrat und Bundesrat 11 3.11.2. Landtag Steiermark – Stand 2009 12 3.12. Polen 13 3.12.1. Parlament (Sejm) 13 3.12.2. Senat 14 3.13. Portugal (Assembleia da República) 14 3.14. Rumänien (Senatul) 14 3.15. Schweden (Riksdag) 15 3.16. Slowakei (Národná Rada Slovenskej Republiky – Nationalrat) 15 3.17. Slowenien (Drzavni svet – Nationalrat) 16 3.18. Spanien 16 3.18.1. Parlament (Congreso de los Diputados) 16 3.18.2. Senat 16 3.19. Tschechische Republik 17 3.19.1. Parlament (Poslanecká Sněmovna) 17 3.19.2. Senat 17 3.20. Ungarn (Az Ország Háza) 17 4. Das Europäische Parlament 18 5. Zusammenfassende Bewertung 19 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 4 1. Einleitung 1.1. Allgemeines Die vorliegende Ausarbeitung stellt die Ergebnisse einer Umfrage des Deutschen Bundestages vor, die in dem Zeitraum November/Dezember 2011 über das Europäische Zentrum für Parlamentarische Dokumentation und Information (EZPWD)1 bei den nationalen Parlamenten der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union einschließlich dem Europäischen Parlament durchgeführt wurde. Die Parlamentsverwaltungen wurden im Rahmen der Umfrage jeweils um Auskunft darüber gebeten, ob in den jeweiligen nationalen Parlamenten Dokumente – insbesondere Vorlagen wie Gesetzentwürfe und Anträge – in elektronischer Form eingebracht und verteilt werden („papierloses Parlament“). Bis zum 20. Dezember 2011 lagen dem EZPWD-Korrespondenten des Deutschen Bundestages Rückmeldungen aus folgenden Parlamenten bzw. Parlamentskammern vor: Belgien (Chambre des Représentants und Sénat), Dänemark (Folketinget), Estland (Riigikogu), Finnland (Eduskunta), Griechenland (Vouli ton Ellinon), Großbritannien (House of Commons und House of Lords), Italien (Camera dei Deputati), Lettland (Latvijas Republikas Saeima), Litauen (Seimas), Niederlande (Tweede Kamer der Staten-Generaal), Österreich (Nationalrat und Bundesrat ), Polen (Sejm und Senat), Portugal (Assembleia da República), Rumänien (Senat), Schweden (Riksdag), Slowakei (Nationalrat), Slowenien (Drzavni Svet - Nationalrat), Spanien (Congreso de los Diputados und Senat), Tschechische Republik (Poslanecká Sněmovna und Senat) und Ungarn (Az Ország Háza). Zudem hat die Verwaltung des Bundesrates auf die Anfrage geantwortet. 1.2. Der Fragebogen im Wortlaut Die an die Parlamente übermittelten Fragen lauteten: 1) Werden in Ihrem Parlament die Dokumente - insbesondere Vorlagen wie Gesetzentwürfe und Anträge - in elektronischer Form eingebracht und verteilt (Stichwort „Papierloses Parlament“)? Wenn ja: 1a) Ist die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten bei Ihnen gesetzlich geregelt bzw. in der Geschäftsordnung ihres Parlamentes verankert? 1b) Wie funktioniert die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten in ihrem Parlament genau? 1c) Werden die elektronische Dokumente bei Ihnen mit einer elektronischen Signatur versehen? 1 Das EZPWD ist das Netzwerk der Wissenschaftlichen Dienste der Parlamente aller Mitgliedstaaten des Europarats und der Europäischen Union. Das Netzwerk dient der Intensivierung des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten in allen Bereichen der parlamentarischen Arbeit. Die hier durchgeführte EZPWD-Umfrage-Nr. 1860 soll die Umfrageresultate der EZPWD-Umfrage-Nr. 1128 aktualisieren . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 5 1d) Ist neben der elektronischen Einbringung von Dokumenten auch weiterhin die Einbringung von Dokumenten in gedruckte Form in Ihrem Parlament erlaubt? 1e) Gilt die elektronische Einbringung von Dokumenten insbesondere für Vorlagen wie Gesetzentwürfe und Anträge oder generell für alle Dokumente ihres Parlamentes (zum Beispiel auch für Ausschussprotokolle und sonstige Materialien der Ausschüsse, Stellungnahmen von Sachverständigen , Eingaben von Verbänden und vergleichbare Unterlagen)? 2) Gibt es Überlegungen bei Ihnen, dass zukünftig in Ihrem Parlament Dokumente in elektronischer Form eingebracht und verteilt werden können? 2. Situation in Deutschland 2.1. Deutscher Bundestag Für die Einbringung von Gesetzentwürfen, Anträgen, Beschlussempfehlungen und sonstigen Vorlagen galten im Deutschen Bundestag geschäftsordnungsrechtlich ausschließlich die Schriftform und ein Unterschriftenerfordernis. Mit Beschluss des Ältestenrates vom 16. Dezember 2004 sollten die elektronische Einbringung und Verteilung von Drucksachen erprobt werden. Dabei sollte die bisherige schriftliche Einbringung weiterhin zulässig bleiben. Ebenso sollte die bisherige Form der Verteilung in die Fächer der Abgeordneten während der Erprobung beibehalten werden . Um eine elektronische Einbringung ebenso wirksam sein zu lassen wie die bisherige schriftliche Form, wurde die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages durch einen neuen § 122a ergänzt. Dieser lautet: „§ 122a (1) Soweit für die Einbringung von Vorlagen Schriftform vorgesehen ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn dieses für die weitere Bearbeitung geeignet ist. (2) Das Dokument muss mit einer elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz * versehen sein. Das Nähere regeln Ausführungsbestimmungen, die vom Ältestenrat zu erlassen sind.“ (* Das Signaturgesetz regelt den rechtlichen Rahmen der Anwendung elektronischer Signaturen in Deutschland.) Im Jahr 2011 hat der Deutsche Bundestag die Erprobungsphase abgeschlossen. Gegenwärtig sind beide Formen der Einbringung und Verteilung von Dokumenten – elektronisch oder Papierform – möglich. Für die Wahrung von Fristen ist jedoch weiterhin die Papierform vorgeschrieben. Die Einbringung von Dokumenten und Vorlagen durch die Fraktionen erfolgt in der Regel elektronisch . Für die kommende 18. Legislaturperiode ist geplant, dass die Einbringung und Verteilung von Dokumenten in Papierform zur Ausnahme und der Gebrauch von elektronischen Dokumenten Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 6 zum Standard wird. Für die Einhaltung von Fristen soll dann die Einstellung der Bundestagsdrucksachen auf einen Server durch das Parlamentssekretariat maßgeblich sein. Der Deutsche Bundestag verfügt daneben über die Datenbank „Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge“ (DIP 21), in der sowohl über das Intranet als auch über das Internet der Stand der parlamentarischen Beratungen (z.B. Gesetze, Anträge) im Deutschen Bundestag und im Bundesrat sowie die parlamentarischen Aktivitäten der Abgeordneten und Regierungsmitglieder recherchiert werden können. Gleichzeitig erlaubt die Datenbank einen Zugriff auf die Volltexte der veröffentlichten Drucksachen und Plenarprotokolle von Bundestag und Bundesrat. Im Dokumentations- und Informationssystem für die Vorgänge in den Parlamentarischen Ausschüssen (DIA) – Bestandteil des Intranets des Deutschen Bundestages – können unter anderem Ausschussdokumente und Materialien zu Ausschusssitzungen online recherchiert und heruntergeladen werden. 2.2. Bundesrat Die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten ist für den Bundesrat weder gesetzlich geregelt noch in dessen Geschäftsordnung festgelegt. In der Praxis werden alle Vorlagen und Anträge in Papierform verteilt. Parallel dazu stehen sie aber auch über einen Server und das Internetangebot des Bundesrates elektronisch zur Verfügung . Elektronische Zustellungen von Vorlagen können parallel zu der Papierzustellung erfolgen; sie ersetzen jedoch nicht das Schriftformerfordernis und haben auch keine elektronische Signatur . Vorlagenbezogene unselbständige Plenaranträge der Länder und ausschussinterne Anträge zu Vorlagen an den Bundesrat werden im Regelfall ausschließlich elektronisch eingebracht. Die elektronische Einbringung von Dokumenten erfolgt stets via Email an die Antragsannahmestelle des Bundesrates. Änderungen dieser Zustellungsarten sind in absehbarer Zukunft nicht vorgesehen.2 3. Die Situation in den nationalen Parlamenten der Europäischen Union 3.1. Belgien 3.1.1. Repräsentantenhaus (Chambre des Représentants) Nach der Auskunft des belgischen Repräsentantenhauses bleiben die Informationen, welche Anfang 2009 im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128 übermittelt wurden, weiterhin gültig. Demnach erfolgt die Einbringung und Verteilung von Dokumenten in Papierform, wobei die Vorlagen mit Unterschrift versehen sein müssen. Allerdings werden die Initianten der Vorlagen von 2 Antwort des Bundesrats vom 8. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 7 Seiten der Parlamentsverwaltung zur Beschleunigung des Druckprozesses auch um die Übermittlung von elektronischen Versionen ihrer Dokumente gebeten. Eine Datenbank mit den Parlamentsdokumenten in digitalisierter Fassung ist vorhanden.3 3.1.2. Senat (Sénat) Die Situation des belgischen Senats entspricht im Wesentlichen derjenigen des Repräsentantenhauses . Auch hier erfolgt die Einbringung und Verteilung der meisten Dokumenten in Papierform . Hierzu gehören insbesondere Gesetzentwürfe, Änderungsanträge sowie schriftliche Anfragen des Senats. Sämtliche dieser Dokumente müssen zudem bei ihrer Einbringung mit einer handschriftlichen Unterschrift versehen sein. Parallel zur Papierform wird in der Praxis aber ebenso mit elektronischen Dokumenten gearbeitet . Anders als im Jahr 2009, werden mittlerweile auch die Tagesordnungen der Plenarsitzungen und der Ausschüsse sowie die Mitteilungen über die Arbeit der Ausschüsse per Email an die Mitglieder des Senats, an die Verwaltung und andere Personenkreise verteilt. In Kürze ist für diese Art von Dokumenten beabsichtigt, auf die Nutzung von Papierversionen vollständig zu verzichten . Der Senat arbeitet aufgrund der weiterhin mehrheitlichen Nutzung der Papierform nicht mit elektronischen Signaturen. Für die Zukunft (Stand 2009)4 Änderungen geplant. Insbesondere geht es darum, möglichst den doppelten Umlauf von Dokumenten (Papierform und elektronische Version) zu vermeiden.5 3.2. Dänemark (Folketinget) Die Abgeordneten des dänischen Parlaments können wählen, ob sie sich alle relevanten Parlamentsdokumente (Anträge, Gesetzesvorlagen, etc.) in Papierform oder in elektronischer Form zuschicken lassen. Für den elektronischen Versand steht den Abgeordneten sowohl ein Email- Zugang als auch ein abonnierbares elektronisches Postfach, sog. e-box, zur Verfügung. Insbesondere durch das e-box-Modell konnte der Papierverbrauch im Parlament um 75 Prozent reduziert werden. Alle elektronischen Dokumente im Parlament enthalten eine Signatur. Diese weist jedoch nicht auf den unmittelbaren Urheber hin, sondern ordnet auf organisatorischer Ebene ein Dokument dem Parlament zu (das Parlament und jedes Ministerium haben eine eigene Signatur). 3 Antwort des belgischen Repräsentantenhauses vom 21. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860 mit Verweis auf die Antwort im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128. 4 Der belgische Senat verwies bei der Beantwortung der EZPWD-Umfrage-Nr. 1860 überwiegend seine Auskunft im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128; die Übersetzung der Antwort ins Deutsche wurde durch den Sprachendienst des Bundestages gefertigt. 5 Antwort des belgischen Senats vom 5. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 8 Daneben wurden im Hinblick auf die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten in die Geschäftsordnung des dänischen Parlaments zwei Änderungen eingefügt. Die Änderungen sehen zum einen vor, dass das dänische Amtsblatt nur noch auf elektronischem Wege herausgegeben wird. Zum anderen wurde die digitale Signatur rechtlich der handschriftlichen Unterschrift des Ministers gleichgestellt. Ab dem 1. Januar 2012 werden an all Parlamentsabgeordnete Tablet-PCs (IPads) verteilt, welche mit einer speziellen Anwendung ausgestattet werden sollen, über die alle für eine spezielle Sitzung erforderlichen Dokumente gesammelt werden können (sog. meeting-app).6 3.3. Estland (Riigikogu) Die Einbringung und Verteilung von sämtlichen Parlamentsdokumenten erfolgt überwiegend auf elektronischem Wege, die Papierform ist jedoch parallel dazu zulässig. Parlamentsinterne Dokumente werden in Papierform und/oder elektronisch eingebracht und verteilt. Die Regierung versendet ihre Dokumente über ein Dokumentenverwaltungssystem und via Email. Den elektronischen Dokumenten ist eine elektronische Signatur angefügt, soweit die Art des Dokuments dies erfordert. Regelungen zum elektronischen Dokumentenmanagement finden sich in der Regierungsverordnung „Uniform Bases for Document Management Procedures“.7 3.4. Finnland (Eduskunta) Amtlich unterzeichnete Gesetzentwürfe der Regierung werden stets in Papierform in das Parlament eingebracht. Eine Papierversion der Entwürfe wird auch an die Mitglieder des Parlaments für die Plenardebatten verteilt. Zugleich werden die Gesetzentwürfe der Regierung dem Parlament auch elektronisch zugesandt. Nach einer Änderung der Geschäftsordnung des Parlaments im Jahr 2011 ist nunmehr die Einbringung von parlamentarischen Anträgen und weiteren Vorschlägen auch elektronisch möglich. Gegenwärtige Praxis ist jedoch bislang die Einbringung von Anträgen in Papierform, wobei nach einer Empfehlung des Parlamentspräsidiums der Antrag ebenso in elektronischer Form der Parlamentskanzlei übermittelt werden muss, um ihn im Intranet und auf der Homepage des Parlament zu veröffentlichen. Derzeit wird im Rahmen eines Projektes auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung (data system project) daran gearbeitet, dass Anträge von Angeordneten direkt elektronisch eingebracht werden können. Die elektronischen Dokumente enthalten keine digitale Signatur, geplant ist vielmehr die Einführung von sicheren Benutzer-Authentifizierungsverfahren.8 6 Antwort des dänischen Parlaments vom 18. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 7 Antwort des estnischen Parlaments vom 23. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 8 Antwort des finnischen Parlaments vom 24. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 9 3.5. Griechenland (Vouli ton Ellinon) Das griechische Parlament hat bislang noch nicht die Möglichkeit, Parlamentsdokumente elektronisch einzubringen und zu verteilen. Ein Pilotprojekt beschäftigt sich derzeit mit der elektronischen Dokumentenverteilung. Im Augenblick ist jedoch nicht absehbar, wann dieses abgeschlossen sein wird.9 3.6. Großbritannien 3.6.1. House of Commons Im Regelfall ist für die Einbringung und Verteilung von Dokumenten die Papierform erforderlich. Dieser Umstand gilt etwa für Gesetzentwürfe und deren Begleitdokumente (gem. einer Anordnung des Hauses) sowie für parlamentarische Anträge. Fragen einzelner Abgeordneter an die Regierung dürfen dagegen auch auf elektronischem Wege gestellt werden. Die Veröffentlichung und Einbringung von Stellungnahmen von Experten in Ausschusssitzungen erfolgt dagegen überwiegend auf elektronischem Wege. Eine digitale Signatur ist für die elektronischen Dokumente des House of Commons nicht vorgesehen. Gegenwärtig existieren eine Reihe von Initiativen, die auf eine Erhöhung der elektronischen Einbringung und Verteilung von Dokumenten abzielen.10 3.6.2. House of Lords Nahezu alle Dokumente des House of Lords, wie etwa Gesetzentwürfe und parlamentarische Anträge , werden zwar auf der Homepage des Hauses veröffentlicht. Jedoch werden sie nicht auf elektronischem Wege an einzelne Empfänger verteilt. Die meisten Unterlagen des House of Lords existieren auch in gedruckter Form. Wenn Dokumente der Regierung formal in das House of Lords eingebracht werden, muss dies mittels der Druckversion erfolgen. Demgegenüber werden spezielle Arten von Unterlagen im Rahmen von Ausschusssitzungen , z. B. Stellungnahmen von Experten oder Nichtregierungsorganisationen, nur noch elektronisch veröffentlicht. Die in das House of Lords eingebrachten und verteilten Dokumente enthalten keine digitale Signatur . Für die Zukunft ist auch im House of Lords vorgesehen, die Möglichkeiten zur Veröffentlichung von Dokumenten auf elektronischem Wege weiter auszubauen.11 9 Antwort des griechischen Parlaments vom 22. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 10 Antwort des House of Commons vom 12. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860 11 Antwort des House of Lords vom 24. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 10 3.7. Italien (Camera dei Deputati) Die neue Art der elektronischen Einbringung und Verteilung von Dokumenten ist allgemein anerkannte Praxis. Die Geschäftsordnung des italienischen Parlaments trifft jedoch keine Aussagen über die Form (gedruckt oder elektronisch) und die Erforderlichkeit von Signaturen bei Dokumenten . Im Einzelnen steht die elektronische Einbringung von Dokumenten jeder Art – insbesondere von Gesetzentwürfen und parlamentarischen Anträgen – der Papierform gleichwertig gegenüber. Parlamentsmitteilungen zu Plenar- und Ausschusssitzungen werden bereits seit einigen Jahren an die Abgeordneten per Email versandt. Gesetzentwürfe, Anträge und Berichte werden zudem auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht. Zur Verbesserung des elektronischen Workflows im Parlament dient der hauseigene IT-Dienst „CameraDoc“. CameraDoc ermöglicht das Hochladen und die Erzeugung von digitalen Dokumenten , um diese einem breiteren Benutzerkreis bereitzustellen. Jedem Abgeordneten wird von CameraDoc zudem auf Wunsch eine digitale Signatur zur Unterzeichnung elektronscher Dokumente zugewiesen. Gesetzentwürfe, parlamentarische Anträge und Fragen sowie weitere Grundlagendokumente auf elektronischer Basis müssen mit einer solchen Signatur versehen sein.12 3.8. Lettland (Saeima) In das lettische Parlament können Anträge und Gesetzentwürfe sowohl elektronisch, als auch in Papierform eingebracht werden. Die elektronischen Dokumente werden zudem in das html- Format konvertiert und im Intranet sowie auf der Homepage der Saeima veröffentlicht. Die Dokumente weisen zum Teil elektronische Signaturen auf. Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Parlaments soll die Regierung Gesetzentwürfe samt Gesetzesbegründung in elektronischer Form einbringen. Der elektronische Dokumentenaustausch ist ferner Gegenstand einer Rechtsverordnung. Die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten erfolgt über ein „elektronisches Dokumenteninformationssystem“ (ELDIS), an das sämtliche Informationssysteme der Saeima angeschlossen sind. Gegenwärtig haben 53 von 100 Parlamentsmitgliedern zugestimmt, alle notwendigen Unterlagen nur noch auf elektronischem Wege zugesandt zu bekommen.13 12 Antwort des italienischen Parlaments vom 1. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 13 Antwort des lettischen Parlaments vom 2. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 11 3.9. Litauen (Seimas) Nach Auskunft des litauischen Parlaments bleiben die Informationen, welche Anfang 2009 im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128 übermittelt wurden, weiterhin gültig. Demnach werden Dokumente in das Parlament sowohl elektronisch als auch in gedruckter Form eingebracht. Die Einbringung der Dokumente in gedruckter Fassung ist bislang auch wegen der benötigten Unterschrift im Original notwendig. Eine Datenbank mit den Parlamentsdokumenten in digitalisierter Fassung ist vorhanden.14 3.10. Niederlande (Tweede Kamer der Staten-Generaal) Die Einbringung und Verteilung aller Parlamentsdokumente erfolgt ausschließlich auf dem elektronischen Wege über ein Workflow-System ohne die Verwendung von digitalen Signaturen. Gesetzlich bzw. in der Geschäftsordnung des Parlaments ist dieses Verfahren nicht geregelt. Die Einbringung und Verteilung von Vorlagen in Papierform ist nicht erlaubt, jedoch werden alle Dokumente in Druckform archiviert.15 3.11. Österreich Nach der Auskunft des litauischen Parlaments bleiben die Informationen, welche Anfang 2009 im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128 übermittelt wurden, weiterhin gültig. 3.11.1. Nationalrat und Bundesrat Das österreichische Parlament ist zwar kein papierloses Parlament, allerdings wurde bereits vor einigen Jahren ein umfassender elektronischer Workflow-Prozess, an dem auch die österreichische Bundesregierung beteiligt ist, aufgebaut. Hierzu teilte das österreichische Parlament in seiner EZPWD-Antwort aus dem Jahr 2009 mit: „Mangels einer gesetzlichen Grundlage für eine authentische elektronische Einbringung erfolgt die Einbringung der Vorlagen formell in Papierform. Dessen ungeachtet wurde seit 2001 ein elektronischer Workflow-Prozess (Projekt eRecht) aufgebaut , in dem die Dokumente aller Regierungsvorlagen (Gesetze, Staatsverträge, Vereinbarungen Bund-Länder) erstellt und finalisiert werden. Das Projekt wurde mehrfach internatonal ausgezeichnet . Die Dokumente werden in diesem Workflow beginnend in den Ministerien über sichere Schnittstellen in das Bundeskanzleramt, von dort durch beide Kammern des Parlaments und wieder 14 Antwort des litauischen Parlaments vom 2. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860 mit Verweis auf die Antwort im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128. 15 Antwort des niederländischen Parlaments vom 5. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 12 zurück zum Bundeskanzleramt jeweils weitergegeben. Die zusätzlich übergebenen authentischen Papierfassungen stellen jeweils nur einen unterschriebenen Ausdruck der weitergeleiteten elektronischen Fassung dar. Am Schluss dieses Workflow erfolgt die Kundmachung durch das Bundeskanzleramt im Internet. Der eRecht-Workflow bildet den gesamten Weg der Bundesgesetzgebung in Österreich ab. Die Kundmachung des Bundesgesetzblattes erfolgt dank einer Änderung der Bundesverfassung bereits seit 01.01.2004 ausschließlich authentisch im Internet (mit Signatur), die Papierversion ist nicht mehr authentisch. Im eRecht können alle erforderlichen Formatierungen der Texte durch den/die zuständigen Ausschussreferenten /innen im Parlament über Buttons am Bildschirm vorgenommen werden, sodass eine Zwischenschaltung der Staatsdruckerei nicht mehr erforderlich ist. Regierungsvorlagen, Ausschussberichte und Gesetzesbeschlüsse können dadurch grundsätzlich innerhalb von 24 Stunden ins Internet gestellt werden. Die ins Internet gestellten Dokumente werden derzeit nicht signiert. Die Verteilung authentischer Papierkopien wurde auf ein Minimum beschränkt. Parlamentarische Anfragen und Gesetzesanträge von Abgeordneten werden eingescannt, textinterpretiert und ebenfalls im Internet veröffentlicht. Aber auch hier erfolgt die authentische Einbringung in Papierform. Durch die Reduktion der Papierkopien und der Ausschaltung der Staatsdruckerei konnte nicht nur viel Zeit gespart werden, sondern im Parlament auch 60 Tonnen Papier und rund 1 Million Euro. Die Dokumente im eRecht-Workflow sind nicht nur für die authentische Kundmachung am Schluss des Prozesses als Bundesgesetzblatt optimiert, sondern wäre auch eine authentische elektronische Verteilung bei jedem Schritt im Parlament (Regierungsvorlagen, Ausschussberichte, Gesetzesbeschlüsse) möglich. Es fehlt aber bisher eine entsprechende Anpassung der Geschäftsordnung (Verhandlungen laufen gerade). 3.11.2. Landtag Steiermark Innerhalb der Republik Österreich ist der Landtag Steiermark nach eigener Darstellung das erste Parlament (mit Gesetzesfunktion) im europäischen Raum, welches im Rahmen des Projektes „PALLAST – Papierloser Landtag Steiermark“ den gesamten Gesetzgebungsprozess einschließlich der Protokollierung aller Sitzungen papierlos gestaltet und durchgängig elektronisch abbildet . Alle Landtagsabgeordneten verfügen über ein vom Landtag zur Verfügung gestelltes Notebook . Mit Hilfe einer persönlichen digitalen Signaturkarte können die Abgeordneten von jedem beliebigen Internetanschluss auf das System und auf die gewünschten Daten zugreifen. Die Daten sind auf dem österreichischen Katastrophenschutz-Server gespeichert. Alle Daten werden ausnahmslos verschlüsselt über das Internet übertragen. Auf seiner Homepage gibt der Landtag hierzu folgende Auskunft: „Der Schriftverkehr im Landtag Steiermark erfolgt seit Beginn der XV. Legislaturperiode (25.Oktober 2005) ausschließlich in elektronischer Form. Das Landesparlament der Steiermark Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 13 ist damit führend in einer Entwicklung, welcher andere Institutionen in den nächsten Jahren folgen werden. Als erster Landtag im deutschsprachigen Raum und erstes Parlament (mit Gesetzesfunktion) im europäischen Raum hat der Landtag Steiermark den gesamten Prozess der Gesetzgebung einschließlich der Protokollierung aller Sitzungen und einer digitalen Signatur „papierlos" gemacht und durchgängig elektronisch abgebildet. Das System ist einfach, von überall online und sicher zu bedienen. Es soll damit der Gang des parlamentarischen Procederes von Ort und Präsenz der Abgeordneten am Sitz des Parlaments – soweit es sich nicht um mündliche Verhandlungen handelt – unabhängig gemacht werden. Sämtliche parlamentarischen Materialien werden den Abgeordneten mittels e-mail auf deren Notebooks zur Verfügung gestellt. Unabhängig von Plenarsitzungen hat der Präsident nunmehr in Permanenz den Einlauf (zum Beispiel Regierungsvorlagen, Anträge von Abgeordneten, etc.) entgegenzunehmen. Schriftliche Anträge werden von den Abgeordneten mit einer elektronischen Signatur unterzeichnet. Die Verkündung und Zuweisung an den jeweils zuständigen Ausschuss erfolgt durch elektronische Veröffentlichung im Internet.“16 3.12. Polen 3.12.1. Parlament (Sejm) Im polnische Sejm liegt jedes Dokument, das sich auf ein Gesetzgebungsverfahren, auf Aktivitäten der Parlamentsorgane oder auf Tätigkeiten der Abgeordneten bezieht, in elektronischer Form vor und ist im hauseigenen Informationssystem abgelegt. Ein Teil dieser Dokumente, deren Ursprungsform nicht elektronisch ist, vgl. etwa die mit Originalunterschriften versehenen Teilnehmerverzeichnisse bei Ausschusssitzungen, werden zu diesem Zweck eingescannt und in eine PDF-Datei umgewandelt. Die Papierform existiert im Allgemeinen neben der elektronischen Form. Die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten (Abgeordnete oder Beamte) entscheiden darüber, welche Form sie nutzen wollen. Nach polnischen Recht sind die elektronische Dokumentenversion und die Papierversion eines Dokuments nicht gleichwertig. Offiziell gültig ist nur die Papierform - die elektronische Form fungiert dagegen bislang noch als Behelfsform. Daneben ist gesetzlich geregelt, dass Gesetzesvorhaben zum Zwecke der Veröffentlichung im Amtsblatt in elektronischer Form samt digitaler Signatur an das für die Veröffentlichung zuständige Amt gesendet werden sollen.17 16 Antwort des Österreichischen Parlaments vom 12. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860 mit Verweis auf die Antwort im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128. Die Informationsseite des Landtags Steiermark zum Thema „papierloses Parlament“ kann online abgerufen werden unter http://www.landtag.steiermark.at/cms/beitrag/10256628/9151669 (Stand: 20.12.2011). 17 Antwort des polnischen Parlaments vom 12. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860; die Übersetzung der Antwort ins Deutsche wurde durch das Bundessprachenamt gefertigt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 14 3.12.2. Senat Alle Dokumente, welche in die Senatsdebatten eingebracht werden sollen, müssen dem Senatspräsidenten (Marshall of the Senate) in Papierform mit handschriftlicher Signatur des Autors vorgelegt werden. Die elektronische noch veränderbare Form des Dokuments wird hierbei jedoch dem Dokument in Papierform beigefügt. Die Dokumente (Senate papers) werden in der Folge vom Senatspräsidenten an die einzelnen Senatoren verteilt. Das Verteilungsverfahren gestaltet sich nach einer Resolution des Senatspräsidiums wie folgt: Das Dokument ist den Senatoren zugestellt, indem es auf der Homepage des Senats veröffentlicht wird und den Senatoren zugleich eine Email über die Veröffentlichung auf der Homepage des Senats zugeht. Daneben müssen die in den Senat eingebrachten Dokumente in Papierform an die Kanzlei des Senats übermittelt werden. Eine digitale Signatur kommt bei der Einbringung und Verteilung von elektronischen Dokumenten im Grundsatz nicht zur Anwendung. Vom Senat angenommene Resolutionen, die im polnischen Amtsblatt zu veröffentlichen sind, müssen jedoch in elektronischer Form mit einer elektronischen Signatur versehen an die zuständige Stelle zur Veröffentlichung gesandt werden.18 3.13. Portugal (Assembleia da República) Das jährliche Gesetzgebungsverfahren zur Annahme des Staatshaushalts wird im portugiesischen Parlament nur unter Verwendung von elektronischen Dokumenten durchgeführt. Zur Durchführung dieses Verfahrens wurde eine eigene Software entwickelt, mit der der Ablauf der Verhandlungen über den Haushalt in Echtzeit auf der Homepage des Parlaments verfolgt werden kann. Gesetzentwürfe werden in das Parlament auf elektronischem Wege eingebracht und verteilt. Das Verfahren zur Einbringung von parlamentarischen Anträgen und Fragen an die Regierung läuft ebenso elektronisch ab, wobei die elektronischen Antragsdokumente eine digitale Signatur enthalten müssen. Die Einbringung von Anträgen und Fragen in Papierform ist ab Januar 2012 nicht mehr zulässig. Die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten ist weder gesetzlich noch in der Geschäftsordnung des Parlaments geregelt: Sie hat sich jedoch als gängige Praxis etabliert und wurde in einem (rechtlich unverbindlichen) „Guide to Good Practice“ mit Bezug zu Anfragen und Fragen der Abgeordneten festgeschrieben.19 3.14. Rumänien (Senatul) Gesetzgeberische Initiativen, Anträge und Begleitdokumente werden im rumänischen Senat in elektronischer Form verteilt, indem sie auf der Homepage des Senats veröffentlicht oder an das elektronische Postfach eines Senators zugestellt werden. Zuvor werden die Ausgangsdokumente eingescannt und in eine elektronische Datenbank übertragen. 18 Antwort des polnischen Senats vom 7. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 19 Antwort des portugiesischen Parlaments vom 7. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 15 Eine elektronische Signatur wird bei elektronischen Niederschriften von Senatssitzungen sowie bei gemeinsamen Sitzungen beider Parlamentskammern verwendet, die im Amtsblatt veröffentlicht werden sollen. Die Geschäftsordnung des rumänischen Senats enthält unter anderem Regelungen über die Veröffentlichung von Gesetzentwürfen und Gesetzgebungsvorschlägen auf der Homepage des Senats. Vereinzelt werden elektronisch verteilte Parlamentsdokumente zugleich in Papierform ausgegeben . Hierbei handelt es um für die Fraktionen bestimmte Unterlagen sowie Eilfälle, die das sofortiges Versenden spezifischer Dokumente an das Plenum des Senats erfordern.20 3.15. Schweden (Riksdag) Gesetzlich ist nicht vorgeschrieben, dass die Einbringung und Verteilung von Dokumenten in das schwedische Parlament ausschließlich in Papierform erfolgen muss. Dennoch erlaubt das gegenwärtige Verfahren im Parlament nicht die elektronische Einbringung von Vorlagen. Für die Zukunft wird jedoch erwogen, die Einbringung und Verteilung von Vorlagen in das Parlament auch in elektronischer Form zu ermöglichen. Parlamentarische Anfragen an die Ministerien werden über das Parlamentssekretariat elektronisch an die Ministerien übermittelt. Das Parlamentsgesetz (Riksdag Act) wurde im Jahr 2009 geändert, um das Verfahren bezüglich der elektronischen Einbringung von Anfragen zu vereinfachen . Die meisten Ausschusssekretariate senden unter anderem die Tagesordnungen für kommende Sitzungen, Sitzungsprotokolle und Berichte den Abgeordneten sowohl in Papierform, als auch per Email. An stellvertretende Ausschussmitglieder werden die relevanten Unterlagen in der Regel nur elektronisch zugestellt.21 3.16. Slowakei (Národná Rada Slovenskej Republiky – Nationalrat) Im slowakischen Nationalrat werden seit dem 1. Januar 2009 Gesetzentwürfe nahezu ausschließlich in elektronischer Form eingebracht und verteilt. Dabei müssen die Urheber einer Initiative ihr Dokument mittels Email, CD oder DVD der zuständigen Stelle in der Parlamentsverwaltung übermitteln. Innerhalb von 24 Stunden wird das Dokument sodann auf die Homepage des Parlamentes gestellt. Dabei ist für jedes Dokument eine vorgeschriebene Form einzuhalten. Bisher existiert für dieses Verfahren noch keine elektronische Signatur. Vorgeschrieben sind aber bei allen Dokumenten fünf unterschriebene Kopien. Verfahrensregelungen für die Registrierung und Archivierung der elektronischen Vorlagen wurden vom Kanzler des Nationalrates herausgegeben.22 20 Antwort des rumänischen Senats vom 13. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 21 Antwort des schwedischen Parlaments vom 23. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 22 Antwort des slowakischen Nationalrats vom 9. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 16 3.17. Slowenien (Drzavni svet – Nationalrat) Dokumente werden in den slowenischen Nationalrat in elektronischer Form eingebracht und verteilt. Regelungen zu diesem Verfahren finden sich in der Geschäftsordnung des Nationalrates. Die Dokumente (Benachrichtigungen über die Einberufung von Parlamentssitzungen, sitzungsbegleitende Vorlagen, etc.) werden den Abgeordneten via Email zugesandt. Die Einbringung von Dokumenten in Papierform ist formal weiterhin zulässig, wird aber in der Regel vermieden. Lediglich Dokumente, die einer Geheimschutzstufe unterliegen, dürfen den Parlamentsmitgliedern nur in Papierform in einem versiegelten Umschlag durch eine hierfür speziell autorisierte Person überreicht werden. Dokumente, die einer Fristbindung von weniger als 48 Stunden unterliegen, werden den Abgeordneten per Email zugestellt, zugleich wird der/die Abgeordnete über SMS auf dem Mobiltelefon über den Eingang der Dokumente benachrichtigt.23 3.18. Spanien 3.18.1. Parlament (Congreso de los Diputados) Im Jahr 2008 wurde im spanischen Kongress eine elektronische Annahmestelle geschaffen, die für den Empfang und die Verteilung von elektronischen Dokumenten im Parlament zuständig ist. Ein Mitglied des Kongresses hat über das Intranet Zugriff auf ein elektronisches Informationssystem , in dem alle für die parlamentarischen Abläufe relevanten Dokumente abgelegt sind. Elektronische Anfragen und Mitteilungen müssen, um wirksam in den Kongress eingebracht zu werden, eine digitale Signatur enthalten. Die Einbringung und Verteilung von Dokumenten in Papierform bleibt daneben ebenso möglich. Regelungen zur elektronischen Einbringung und Verteilung von Dokumenten finden sich in der Geschäftsordnung des Parlaments.24 3.18.2. Senat Seit dem 1. Januar 2011 werden amtliche Bekanntmachungen insbesondere von Gesetzentwürfen , Anträgen elektronisch in Dateiform veröffentlicht. Darin enthalten ist eine Zusammenfassung der jeweiligen Vorlage sowie das Dokument selbst im pdf-Format. Die Senatsmitglieder werden über jede Veröffentlichung per Email und SMS in Kenntnis gesetzt. Die in der o. g. Form veröffentlichten Dokumente enthalten eine elektronische Signatur.25 23 Antwort des slowenischen Nationalrats vom 1. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 24 Antwort des spanischen Kongresses vom 2. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 25 Antwort des spanischen Senats vom 28. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 17 3.19. Tschechische Republik 3.19.1. Parlament (Poslanecká Sněmovna) Regelungen zu dem elektronischen Verfahren zur Einbringung und Verteilung von Dokumenten finden sich in der Geschäftsordnung des tschechischen Parlaments. Alle Dokumente des tschechischen Parlaments können über das Intranet oder elektronische Datenträger in elektronischer Form eingebracht und verteilt werden. In der Praxis hat die elektronische Verteilung von Dokumenten seit dem 1. Dezember 2011 begonnen. Die Einbringung und Verteilung von Dokumenten in Papierform ist jedoch weiterhin möglich. Gesetzentwürfe, parlamentarische Anfragen und vergleichbare Dokumente werden im Internet veröffentlicht.26 3.19.2. Senat Regelungen über die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten in den tschechischen Senat finden sich im Senatsbeschluss Nr. 378 vom 13. Oktober 2011: Demnach erfolgt die Zustellung von Drucksachen des Senats – mit Ausnahme von Gesetzentwürfen – an die Senatoren und die Fraktionen des Senats durch Veröffentlichung in elektronischer Form mit der Möglichkeit des Fernzugriffs. Eine Zustellung von Drucksachen des Senats ist im Hinblick auf etwaige Fristen dann wirksam, wenn die jeweilige Senatsbüros per Email über die Veröffentlichung informiert worden sind. Drucksachen des Senats, die Gesetzentwürfe, Entwürfe des Senats für Gesetzentwürfe und Entwürfe für gesetzliche Maßnahmen des Senats betreffen, werden in Papierform zugestellt.27 3.20. Ungarn (Az Ország Háza) Nach der Auskunft des ungarischen Parlaments bleiben die Informationen, welche Anfang 2009 im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128 übermittelt wurden, weiterhin gültig. Demnach müssen Gesetzentwürfe und Anträge weiterhin in Papierform in das Parlament eingebracht werden. Die reine Dokumentenverteilung kann dagegen sowohl elektronisch, als auch in Papierform erfolgen. Elektronische Dokumente enthalten keine digitalen Signaturen, dieser Umstand soll jedoch geändert werden (Stand 2009). Nach Art. 11 des 15. Gesetzes über die Freiheit der elektronischen Information müssen zahlreiche Dokumente, die im Zusammenhang mit einem spezifischen Gesetzgebungsverfahren stehen 26 Antwort des tschechischen Parlaments vom 5. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860. 27 Antwort des tschechischen Senats vom 8. Dezember 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860; die Übersetzung der Antwort ins Deutsche wurde durch das Bundessprachenamt gefertigt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 18 (z.B. Gesetzentwürfe, Plenardebatten, Sitzungsprotokolle von öffentlichen Ausschusssitzungen), auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht werden.28 4. Das Europäische Parlament Das Europäische Parlament hat zur Aktualisierung der EZPWD-Umfrage Nr. 1128 folgende Angaben übermittelt: Rechtsgrundlage für die Verteilung von Dokumenten im Europäischen Parlament (EP) ist Art. 148 der Geschäftsordnung. „Artikel 148 : Verteilung der Dokumente Dokumente, die den Beratungen und Beschlüssen des Parlaments zugrunde liegen, werden vervielfältigt und an die Mitglieder verteilt. Ein Verzeichnis dieser Dokumente wird im Sitzungsprotokoll veröffentlicht. Unbeschadet der Anwendung von Absatz 1 haben die Mitglieder und die Fraktionen unmittelbaren Zugang zum internen EDV-System des Parlaments zwecks Konsultation jedes nicht vertraulichen vorbereitenden Dokuments (Berichtsentwurf, Entwurf einer Empfehlung, Entwurf einer Stellungnahme, Arbeitsdokument, im Ausschuss eingereichte Änderungsanträge).“ Das Präsidium des EP hat am 24. März 2010 eine „mittel- und langfristige Strategie für die Informations - und Kommunikationstechnologie des Europäischen Parlaments“29 (IKT-Strategie) beschlossen , in der folgende Aspekte behandelt werden: Ein sog. e-Parlament-Programm soll dazu beitragen, dass die Handhabung von Gesetzgebungsverfahren über die elektronischen Informationssysteme des EP vereinfacht wird. Hierzu gehört die Einführung von elektronischen Anwendungen, mit denen (mit einer digitalen Signatur versehene ) Änderungsvorschläge für Ausschuss- bzw. Plenarsitzungen eingebracht werden können. Das e-Parlament-Programm soll zudem durch eine verbesserte Dokumentenverwaltung die gesetzgeberischen Aktivitäten des EP gegenüber den EU-Bürgern transparenter gestalten. Schließlich soll die Entwicklung eines neuen Intranets insbesondere die Weitergabe von Informationen aus Bereich der Verwaltung und der Gesetzgebung an die Mitglieder des EP verbessern. 28 Antwort des ungarischen Parlaments vom 29. November 2011 auf die EZPWD-Umfrage Nr. 1860 mit Verweis auf die Antwort im Rahmen der EZPWD-Umfrage Nr. 1128. 29 Vgl. das Sitzungsprotokoll des EP-Präsidiums vom 24. März 2010, online abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/RegData/organes/bureau/proces_verbal/2010/03-24/BUR_PV(2010)03- 24_DE.pdf (Stand: 20.12.2011). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 189/11 Seite 19 5. Zusammenfassende Bewertung Die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten in die Parlamente der EU- Mitgliedstaten hat im Vergleich zum Jahr 2009 (vgl. EZPWD-Umfrage-Nr. 1128) erkennbar zugenommen . In gegenwärtig mindestens elf Parlamentskammern30 (Dänemark, Estland, Italien, Lettland , Niederlande, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien (Senat),tschechische Republik (Parlament)) erfolgt die Handhabung sämtlicher Parlamentsdokumente nahezu ausschließlich auf elektronischem Wege. Nur im griechischen Parlament ist die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten bislang überhaupt nicht möglich. Bei den übrigen untersuchten Parlamenten werden die Dokumente – insbesondere wenn es sich um Gesetzentwürfe oder parlamentarische Anträge handelt – überwiegend in Papierform inklusive der eigenhändigen Unterschrift des oder der Initianten eingebracht, wobei in der parlamentarischen Praxis neben der Papierform eines Dokumentes oft gleichzeitig per E-Mail eine elektronische Version des Textes an die entsprechende Stelle innerhalb der Parlamentsverwaltung verschickt wird. Die Verteilung der Dokumente erfolgt mit wenigen Ausnahmen (bspw. Niederlande), in den Parlamenten sowohl in gedruckter als auch in elektronischer Form, wobei es sich hierbei häufig um die Einbindung eines Textes in entsprechende Datenbanken des Parlamentes handelt. Eine elektronische Signatur im Zusammenhang mit elektronischen Dokumenten – wie sie zum Beispiel im Deutschen Bundestag vorgesehen ist – wird weiterhin nur in wenigen Parlamenten genutzt. Für die Zukunft ist mit Blick auf die Ankündigungen verschiedener Parlamentskammern zu erwarten , dass die elektronische Einbringung und Verteilung von Dokumenten weiter zunehmen wird. Die Papierform dürfte aber aufgrund des hohen Geltungsranges der handgeschriebenen Unterschrift bei der Einbringung von Gesetzentwürfen und Anträgen auch weiterhin in einigen Parlamenten genutzt werden. 30 Die Anzahl von elf Mitgliedstaaten bezieht sich nur auf die im Rahmen der EZPWD-Umfrage-Nr. 1860 erhaltenen Antworten. Zu der Art der Dokumentenverwaltung von Parlamenten, die auf die Umfrage nicht geantwortet haben, können leider keine Aussagen getroffen werden.