© 2015 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 178/14 Fragen zu den Bereichen des Tier-, Pflanzen- und Verbraucherschutzes im Rahmen des Comprehensive Economic and Trade Agreements (CETA) Sachstand Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 178/14 Seite 2 Fragen zu den Bereichen des Tier-, Pflanzen- und Verbraucherschutzes im Rahmen des Comprehensive Economic and Trade Agreements (CETA) Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 178/14 Abschluss der Arbeit: 10. Oktober 2014 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 178/14 Seite 3 1. Einleitung Der Sachstand erläutert den aktuellen Verhandlungsstand des Comprehensive Economic and Trade Agreements (im Folgenden: CETA)1 zwischen der Europäischen Union (EU) und Kanada in den Bereichen des Tier-, Pflanzen- und Verbraucherschutzes im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen auf Bienenvölkern und Honig. 2. Rechtlicher Rahmen 2.1. Unionsrecht Für die EU finden sich die wesentlichen Regelungen betreffend Honig in der Richtlinie 2001/110/EG2 des Rates vom 20. Dezember 2001 über Honig. Anhang I Ziff. 1 der Richtlinie definiert hierzu Honig als den natursüßen Stoff, der von Bienen der Art Apis mellifera erzeugt wird, indem die Bienen Nektar von Pflanzen oder Absonderungen lebender Pflanzenteile oder sich auf den lebenden Pflanzenteilen befindliche Sekrete von an Pflanzen saugenden Insekten aufnehmen, durch Kombination mit eigenen spezifischen Stoffen umwandeln, einlagern, dehydrieren und in den Waben des Bienenstockes speichern und reifen lassen. In Anhang II Abs. 1 bis 3 der Richtlinie wird weiter ausgeführt, dass Honig im Wesentlichen aus verschiedenen Zuckerarten besteht, insbesondere aus Fructose und Glucose sowie aus organischen Säuren, Fermenten und beim Honigsammeln aufgenommenen festen Partikeln. Dem Honig dürfen weder Lebensmittelzutaten noch Lebensmittelzusatzstoffe noch andere Stoffe als Honig beigegeben worden sein, soll er als Honig in Verkehr gebracht oder in einem für den menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnis verwendet werden. Der Honig muss, soweit möglich, frei von organischen und anorganischen Fremdstoffen sein. Im Hinblick auf die Produktion und den Vertrieb von Honig ist die Frage der Kennzeichnungspflicht von Honig, der gentechnisch veränderte Pollen enthält, von besonderer Bedeutung. Hierzu hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2011 entschieden, dass Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen als Zutat von Honig zu verstehen ist und folglich der Kennzeichnungspflicht unterliegt.3 Honig mit Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen unterliegt der Zulassungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel.4 Darüber hinaus ist nach demselben Urteil 1 Europäische Kommission, CETA Consolidated text (1. August 2014), Rats-Dok. 259/14, Eingang Deutscher Bundestag : 8. August 2014, abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/september/tradoc _152806.pdf. 2 ABl. L 10/47, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32001L0110&qid=1413040469537&from=DE. 3 EuGH, Rs. C-442/09 (Bablok). 4 EuGH, Rs. C-442/09 (Bablok). Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 178/14 Seite 4 Pollen in Honig als Zutat anzusehen. Zulassungen gentechnisch veränderter Pflanzen zur Verwendung als Lebensmittel, die ohne Einschränkung erteilt wurden, umfassen auch Pollen dieser Pflanzen. Das Urteil ist vor dem Hintergrund zu bewerten, dass gentechnisch veränderte Organismen in der EU im Laufe der Jahre auf der Grundlage fortentwickelter rechtlicher Rahmenbedingungen und in unterschiedlichem Umfang als Lebensmittel zugelassen wurden.5 Mit der letzten Änderung der Honigrichtlinie 20146 wurde klargestellt, dass der Pollen ein natürlicher Bestandteil des Honigs und keine Zutat ist. Damit soll die gegenwärtige Praxis in den EU- Mitgliedstaaten sichergestellt werden, wonach Pollen nicht als Zutat zu kennzeichnen sind und Honig somit auch künftig weder ein Zutatenverzeichnis, noch eine Nährwertkennzeichnung benötigt . 2.2. Behandlung von Fragen betreffend Honig im CETA Soweit ersichtlich, wurden im Rahmen der Verhandlungen für den Abschluss des CETA nicht ausdrücklich Fragen betreffend die Produktion, den Vertrieb und insbesondere die Kennzeichnung von Honig thematisiert. Relevant für oben angesprochene Frage der Kennzeichnungspflicht von Honig, der gentechnisch veränderte Pollen enthält, sind somit die allgemeinen Bestimmungen des CETA. Im Hinblick auf den Bereich Trade and Environment stellt das CETA im 25. Kapitel das fortbestehende Regulierungsrecht der Vertragsparteien und dementsprechend die Vereinbarkeit von Regelungen zum besonderen Schutz von Menschen, Tieren, Pflanzen oder der Gesundheit mit dem CETA fest: [Article X.1: Context and Objectives] The Parties recognize that the environment is a fundamental pillar of sustainable development and the contribution that trade could make to sustainable development. They stress that enhanced cooperation between the Parties to protect and conserve the environment brings benefits which will promote sustainable development , strengthen the environmental governance of the Parties, build on international environmental agreements to which they are party and complement the objectives of the CETA. [Article X.4: Right to regulate and levels of protection] Recognizing the right of each Party to set its own environmental priorities, to establish its own domestic levels of environmental protection, and to adopt or modify its relevant laws and policies accordingly in a manner 5 Vgl. hierzu Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Guideline on sampling and analysis for the detection of pollen from genetically modified plants in honey, 14. November 2011, abrufbar unter http://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/06_Gentechnik/Fachmeldungen/Leitfaden_Probenahme_Pollen _Gen-Honig.pdf;jsessionid=A893D7690E5245604CABB395C1375566.2_cid332?__blob=publicationFile&v=3 sowie allgemein den Überblick über die in der Europäischen Union zur Verwendung als Lebensmittel zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen nach VO (EG) Nr. 1829/2003, http://www.bvl.bund.de/Shared- Docs/Downloads/06_Gentechnik/Fachmeldungen/Lebensmittel_zugelassene_GVO.pdf;jsessionid =A893D7690E5245604CABB395C1375566.2_cid332?__blob=publicationFile&v=13. 6 Richtlinie 2014/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Änderung der Richtlinie 2001/110/EG des Rates über Honig, ABl. L 164/1, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /AUTO/?uri=CELEX:32014L0063&qid=1413042598388&rid=1. Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 178/14 Seite 5 consistent with the multilateral environmental agreements to which they are a party and with this Agreement, each Party shall seek to ensure that those laws and policies provide for and encourage high levels of environmental protection and shall strive to continue to improve those laws and policies and their underlying levels of protection. [Article X.5: Upholding levels of protection] (1) The Parties recognize that it is inappropriate to encourage trade or investment by weakening or reducing the levels of protection afforded in domestic environmental laws. (2) A Party shall not, through a sustained or recurring course of action or inaction, fail to effectively enforce its environmental laws as an encouragement for trade or investment. (3) A Party shall not waive or otherwise derogate from, or offer to waive or otherwise derogate from, its environmental laws, as an encouragement for trade or the establishment, acquisition, expansion or retention of an investment of an investor in its territory. Im 7. Kapitel über Sanitary and Phytosanitary Measures (SPS) bekräftigen die Vertragspartein ihre Rechte und Verpflichtungen aus dem WTO SPS Agreement7. In Article 8 [Trade Conditions] wird folgendes vereinbart: 1. The importing Party shall make available its general sanitary and phytosanitary import requirements for all commodities. For a specific commodity jointly identified as a priority by the Parties, the importing Party shall establish specific import requirements, unless the Parties jointly decide otherwise. In identifying which commodities are priorities, the Parties shall cooperate to ensure the efficient management of their available resources. The specific import requirements should be applicable to the total territory of the exporting Party. 2. For a commodity identified as a priority pursuant to paragraph 1, the importing Party shall undertake, without undue delay, the necessary process for establishing specific import requirements for that commodity. Once these specific import requirements have been established, the importing Party shall take the necessary steps, without undue delay, to allow trade on the basis of these import requirements. 3. In order to establish the specific import requirements, the exporting Party shall, upon request of the importing Party: a) provide all relevant information required by the importing Party; and b) give reasonable access to the importing Party for inspection, testing, audit and other relevant procedures. 4. For the import of commodities where establishments or facilities are required to be included on a list by the importing Party, the importing Party shall approve establishments or facilities which are situated on the territory of the exporting Party without prior inspection of individual establishments if: a) the exporting Party has requested such an approval for a given establishment or facility, accompanied by the appropriate guarantees, and b) the conditions and procedures set out in Annex VI are fulfilled. 7 Vgl. hierzu http://www.wto.org/english/tratop_e/sps_e/spsagr_e.htm. Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 178/14 Seite 6 The importing Party shall make its lists publicly available. 5. Consignments of regulated commodities shall be normally accepted without pre-clearance of the commodity on a consignment basis, unless the Parties agree otherwise. 6. The importing Party may require that the relevant competent authority of the exporting Party objectively demonstrate, to the satisfaction of the importing Party, that the import requirements may be fulfilled or are fulfilled. 7. Annex VII sets out procedures that the Parties should follow related to specific import requirements for plant health. Bei den Wirkungen dieser Bestimmungen auf die Produktion und den Vertrieb von Honig dürften mit Blick auf die explizit vereinbarte Achtung der Rechte und Pflichten aus dem WTO SPS Agreement die dortigen Feststellungen zur Behandlung von Honig maßgeblich sein. Sowohl im SPS-Komitee8 als auch im TBT-Komitee9 wurde u.a. erörtert, dass insbesondere Maßnahmen auf Grundlage der oben genannten Entscheidung des EuGH nicht über Gebühr handelsverzerrend sein dürften. Zudem wurde auf Handelswirkungen sowie den Codex Alimentarius-Standard für Honig10 hingewiesen, der Honig als Monoprodukt und damit die Pollen als natürliche Bestandteile des Honigs einstuft. Danach dürfen dem Honig weder Lebensmittelzutaten noch andere Stoffe außer Honig zugeführt werden. Ein Handelshemmnis kann insbesondere bei solchen Regelungen gegeben sein, die geeignet sind, Importe mit Regelungen zu belasten, die von international vereinbarten Standards abweichen. Jedoch können solche Regelungen auch gerechtfertigt sein, wenn beispielsweise ein Land für den Schutz der Verbrauchergesundheit ein höheres Schutzniveau vorsieht, als dies international der Fall ist. Vor diesem Hintergrund bleibt die Geltung der EU-Regelungen zur Kennzeichnungspflicht von GVO in Lebensmitteln unberührt. Im Hinblick auf die Anerkennung, dass es sich bei Pollen nicht um eine (GVO-)Zutat handele, sowie die daraus folgenden Vorgaben für eine Kennzeichnung entsprechen die in der Richtlinie 2014/63/EU getroffenen Vorgaben den völkervertraglichen Pflichten . 8 Committee on Sanitary and Phytosanitary Measures - Summary of the meeting of 27 - 28 June 2013 - Note by the Secretariat, Nr. 4.2.8., abrufbar unter https://docs.wto.org/dol2fe/Pages/FE_Search/FE_S_S009- Html.aspx?Id=118962&BoxNumber=3&DocumentPartNumber=1&Language=E&Window=L&PreviewContext =DP&FullTextSearch=#KV_GENERATED_FILE_000053.htm. 9 Committee on Technical Barriers to Trade - Minutes of the meeting of 10 - 11 November 2011 - Note by the Secretariat , Rn. 18 ff., abrufbar unter https://docs.wto.org/dol2fe/Pages/FE_Search/FE_S_S006.aspx?Query=(%20@Symbol=%20g/tbt/m/*%20)&Language =ENGLISH&Context=FomerScriptedSearch&languageUIChanged=true#. 10 http://www.codexalimentarius.org/download/standards/310/cxs_012e.pdf.