© 2018 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 166/18 Zur Frage der Haftung der Mitgliedstaaten bei den Europäischen Finanzstabilisierungsinstrumenten EFSF, EFSM, ESM sowie nach dem Vorschlag für einen Europäischen Währungsfonds Sachstand Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 166/18 Seite 2 Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Zur Haftung im ESM 6 4. Zum Entwurf für einen Europäischen Währungsfonds 7 4.1. Zur Frage der Haftung im EWF 8 5. Fazit 9 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 166/18 Seite 4 1. Fragestellung Mit dem vorliegenden Sachstand wird die Frage erörtert, ob und in welchem Umfang im Rahmen der Europäischen Finanzstabilisierungsinstrumente Europäische Finanzstabilisierungsfazilität, Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus und Europäischer Stabilitätsmechanismus sowie eines künftigen Europäischen Währungsfonds die daran beteiligten Staaten gegenseitig haften . 2. Die Instrumente des temporären Euro-Schutzschirms Vor dem Hintergrund der sich im Jahr 2010 verschärfenden krisenhaften Situation der Haushalte einiger Mitgliedstaaten des Euro-Währungsraums, die durch Finanzmarktaktivitäten zusätzlich unter erheblichen Druck gerieten, entschieden sich die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsraums und die Europäische Union (EU) zu einem entschlossenen Vorgehen: Zunächst vereinbarten die Finanzminister der Eurogruppe am 11. April 20101 ein insgesamt 110 Milliarden Euro umfassendes Unterstützungspaket zur Konsolidierung des griechischen Staatshaushaltes auf der Basis bilateraler Darlehen für Griechenland und unter Mitfinanzierung durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) mit einem Anteil von 30 Milliarden Euro.2 In einem weiteren Schritt wurde am 9. Mai 2010 ein sog. temporärer Euro-Schutzschirm mit einem Gesamtvolumen von 750 Milliarden Euro aufgespannt,3 an dessen Finanzierung sich der IWF zu einem Drittel beteiligte. Dieser Schutzschirm setzte sich aus der als privatrechtliche Kapitalgesellschaft ausgestalteten Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)4 einerseits und dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM),5 einem vollständig aus dem Unionshaushalt finanzierten Gemeinschaftsinstrument , andererseits zusammen. Der EFSM zielte darauf, den Ausbruch vergleichbarer Haushaltskrisen in anderen Mitgliedstaaten zu verhindern.6 Der Bundestag stimmte am 21. Mai 2010 dem Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (StabMechG) zu und sicherte damit zu- 1 Erklärung der Finanzminister der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vom 11. April 2010 über die inhaltliche Ausgestaltung und konkreten Umsetzung des Unterstützungsmechanismus zugunsten Griechenlands. KOM, Pressemitteilung vom 21. April 2010. 2 Zum Unterstützungspaket vgl. Rohleder/Zehnpfund/Sinn, Bilaterale Finanzhilfen für Griechenland – Vereinbarkeit mit Art. 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Info-Brief WD 11 - 3000 - 103/10, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, 3. Mai 2010. 3 Schlussfolgerungen des Rates (Wirtschaft und Finanzen) vom 9. Mai 2010, Ratsdok. 9602/10. 4 Die nach luxemburgischem Recht geschaffene Kapitalgesellschaft verfügte über ein Ausleihvolumen von 440 Mrd. Euro, für das die Mitgliedstaaten anteilig Garantien im Höchstumfang von 780 Mrd. Euro bereitstellten. Dem deutschen Kapitalanteil an der Europäischen Zentralbank(27,15 Prozent) entsprechend umfasste der maximale Garantieanteil Deutschlands 211 Mrd. Euro. 5 Das Gemeinschaftsinstrument des EFSM wurde durch Erlass der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 auf der Grundlage von Art. 122 AEUV mit einem Volumen von 60 Mrd. Euro geschaffen; dem Anteil an der EU-Haushaltsfinanzierung entsprechend entfiel auf Deutschland an Finanzierungsanteil von 20 Prozent. 6 Zum Mechanismus vgl. Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus, in: Bericht aus Brüssel Nr. 08/2010, S. 2 f., Referat PA 1, 17. Mai 2010;, Maßnahmen zur Wahrung der Finanzstabilität in der Europäischen Union - Vereinbarkeit mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Ausarbeitung WD 11 – 3000 - 125/10, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, 18. Mai 2010. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 166/18 Seite 5 nächst Kreditgarantien in Höhe von 123 Mrd. Euro. Nach den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone vom 11. März und 21. Juli 2011 beschloss der Bundestag am 29. September 2011 die Aufstockung der deutschen Kreditgarantien für die EFSF auf den Maximalbetrag von 211 Mrd. Euro. Der temporäre EURO-Schutzschirm wurde Mitte 2013 durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) als dauerhafter Stabilisierungsmechanismus abgelöst (vgl. Tz. 3). Die EFSF-Programme sind planmäßig beendet bzw. ausgelaufen. Weitere Auszahlungen werden von der EFSF nicht geleistet, neue EFSF-Programme werden nicht aufgelegt. Der EFSM ist 2012 ersatzlos weggefallen . 2.1. Zur Haftung in der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität Das Finanzierungsinstrumentarium der EFSF wurde abgesichert durch unwiderrufliche und unbedingte Bürgschaften der Euro-Staaten als Sicherungsgeber. Sie garantieren als Sicherungsgeber die rechtzeitige Zahlung gemäß Zahlungsplan von Zinsen und Tilgung der von der EFSF ausgegebenen Finanzierungsinstrumente. Der Umfang der Bürgschaften für einzelne von der EFSF emittierte oder übernommene Finanzierungsinstrumente richtet sich grundsätzlich nach der Höhe des Kapitalanteils des jeweiligen Mitgliedstaates am gezeichneten Kapital der Europäischen Zentralbank (EZB).7 Die Höchstgrenze für Bürgschaften der Sicherungsgeber am gesamten Bürgschaftsrahmen richtet sich nach den Sicherungszusagen in Anlage 1 zum EFSF-Rahmenvertrag (Art. 1 Abs. 1 EFSF-Rahmenvertrag ). Gerät ein Sicherungsgeber in eine Lage, in der er seinen Pflichten gegenüber der EFSF nicht mehr erfüllen kann, kann der betreffende Staat bei anderen Sicherungsgebern die Aussetzung seiner Zusage beantragen (Guarantor Step-Out), weitere Bürgschaften im Rahmen der EFSF zu übernehmen (Art. 8 Abs. 2 EFSF-Rahmenvertrag).8 Stimmen die verbleibenden Sicherungsgeber dem Antrag durch einstimmigen Beschluss zu, verändert sich der Beitragsschlüssel für die übrigen Sicherungsgeber. Durch das Ausscheiden eines Sicherungsgebers wird der Anteil des Stepping-Out Guarantors am Beitragsschlüssel auf Null gesetzt und entsprechend proportional werden im gleichen Schritt die Anteile der übrigen Sicherungsgeber hochgesetzt, um wieder eine volle Besicherung der Finanzierungsinstrumente zu erzielen.9 Die relative Erhöhung des Beitragsschlüssels führt jedoch nicht dazu , dass ein Sicherungsgeber zur Übernahme von Bürgschaften verpflichtet wird, die dem nominalen Umfang nach höher sind als die in Anlage 1 jeweils vermerkte Sicherungszusage (Art. 2 Abs. 3 S. 7, Abs. 5 lit. d, Abs. 6 EFSF-Rahmenvertrag). Von diesem Guarantor Step-Out bleibt die Haftung des ausfallenden Sicherungsgebers für bereits übernommene Bürgschaften unberührt und zeitigt keine Auswirkungen für die übrigen Siche- 7 Art. 2 Abs. 2 EFSF_Rahmenvertrag, wobei entsprechend dem ErwGr. 4 des EFSF-Rahmenvertrages solche Euro- Staaten nicht als Sicherungsgeber zählen, die zeitlich vor der Emission bzw. Übernahme von Finanzierungsinstrumenten als Bürge ausfallen oder ausgefallen sind und damit als „Stepping Out Guarantor“ gelten. 8 Stepping-Out Guarantors sind in Art. 8 Abs. 2 S. 4 EFSF-Rahmenvertrag definiert. Vgl.: Zur Funktionsweise der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) nach dem reformierten EFSF-Rahmenvertrag, Ausarbeitung WD 11 – 3000 – 85/11. 9 Zum Verfahren vgl. Rohleder, Fn. 8. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 166/18 Seite 6 rungsgeber. Künftige von der EFSF zu übernehmende Bürgschaften oder als Sicherungsgeber einzugehende neue Verbindlichkeiten müssen von den verbleibenden Sicherungsgebern getragen werden (Art. 8 Abs. 2 S. 2 Hs. 3 EFSF-Rahmenvertrag). Aus einer Änderung des Beitragsschlüssels bei Ausfall eines Sicherungsgebers folgt somit zwar eine erhöhte Haftung innerhalb und gegenüber der EFSF. Dies bedeutet jedoch keine Haftung zwischen den Vertragsstaaten und insbesondere für deren Schulden. Insbesondere bedeutet die relative „Übernahme“ von Haftungsanteilen des ausfallenden Sicherungsgebers durch die verbleibenden Sicherungsgeber keine Schuldübernahme für diesen Staat, sondern die Erfüllung einer eigenen Pflicht gegenüber der EFSF. 2.2. Zur Haftung im Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus Im Rahmen des EFSM hatten sich – da es sich um ein vollständig aus dem EU-Haushalt finanziertes Stabilisierungsinstrument handelte – keinerlei Haftungsansprüche bzw. -verpflichtungen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten der EU ergeben. Die Mitgliedstaaten sind zu einem jeweils bestimmten Anteil an der Gesamtfinanzierung des Haushalts beteiligt, dessen Ausgestaltung und Durchführung in vollem Umfang den Entscheidungen und der Letztverantwortung des Haushaltsgesetzgebers der Union obliegt. 3. Der Europäische Stabilitätsmechanismus Nachdem sich der Europäische Rat im Oktober 2010 auf die Schaffung eines permanenten Krisenbewältigungsmechanismus verständigte,10 unterzeichneten die Mitgliedstaaten der Eurozone am 2. Februar 2012 den intergouvernementalen Vertrag über die Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Mit Inkrafttreten des Vertrags am 27. September 2012 nahm der ESM zum 8. Oktober 2012 als dauerhafter Schutz- und Nothilfemechanismus seine Arbeit auf.11 Der ESM kann seinen Mitgliedern, die schwerwiegende Finanzierungsprobleme haben oder erwarten , Stabilitätshilfen gewähren, soweit dies für die Wahrung der Finanzstabilität des Euro- Währungsgebiets insgesamt und die seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist; diese Hilfen werden an strenge Auflagen gebunden. Hierzu verfügt der Mechanismus über 705 Mrd. Euro Stammkapital , das sich aus Bareinlagen i.H.v. 81 Mrd. Euro und „abrufbaren Anteilen“ i.H.v. 624 Mrd. Euro zusammensetzt. Der deutsche Anteil von rund 27% entspricht dem nationalen Anteil am Kapital der EZB und umfasst insgesamt ca. 190 Mrd. Euro (22 Mrd. Euro Bareinlagen und 168 Mrd. Euro abrufbares Kapital). 3.1. Zur Haftung im ESM Der ESM-Vertrag beschränkt die Haftung eines jeden ESM-Mitglieds „unter allen Umständen auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs“ (Art. 8 Abs. 5 S. 1 ESM-Vertrag). 10 Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (28.-29. Oktober 2010), EUCO 25/1/10 REV 1. 11 Hierfür war zuvor die Ergänzung der Bestimmungen des Art. 136 AEUV um Vorschriften erforderlich, die die Befugnis der Mitgliedstaaten der Eurozone die Einrichtung eines permanenten Stabilitätsmechanismus unter der Bedingung bekräftigen, dass dieser für die Erhaltung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt unabdingbar ist. Ausgangspunkt der Vertragsänderung bildete der Beschluss des Europäischen Rats (EUCO 11/1/11 REV 1) vom 24. März 2011 über die Änderung von Art. 136 AEUV. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 166/18 Seite 7 Eine Haftung der ESM-Vertragsstaaten besteht auf Grundlage des ESM-Vertrages nur gegenüber dem ESM und dies auch nur im Umfang des jeweiligen Anteils am genehmigten Stammkapital, nicht aber unmittelbar für die Schulden der übrigen ESM-Mitglieder. Den Mechanismen der EFSF bei Ausfall eines Sicherungsgebers entsprechend führt der Haftungsausfall eines ESM-Sicherungsgebers insbesondere bei Abruf des genehmigten und nicht eingezahlten ESM-Kapitals zu einem erhöhten Kapitalabruf bzw. einer höheren Einzahlungspflicht der übrigen ESM-Mitglieder. Dies soll sicherstellen, dass der ESM die Kapitaleinzahlung in der vollen , zugesicherten Höhe erhält (Art. 9 Abs. 2 und 3, Art. 25 Abs. 2 ESM-Vertrag). Auch hierbei bleibt die Haftung in jedem Fall auf den jeweiligen Anteil am genehmigten und gezeichneten Stammkapital zum Emissionskurs beschränkt. Die Abgrenzung der Haftungssphären zwischen den Vertragsstaaten bleibt von einem eventuellen weiteren Kapitalabruf unberührt und die Vertragsstaaten können sich nicht gegenseitig in Regress nehmen. Die Nichteinzahlung des ausfallenden Sicherungsgebers führt indes nicht zu einem Eintritt der übrigen Vertragsstaaten in dessen Pflicht, sondern aktiviert weitergehende eigene vertragliche Pflichten der verbliebenen Sicherungsgeber . 4. Zum Entwurf für einen Europäischen Währungsfonds Am 6. Dezember 2017 legte die Europäische Kommission (KOM) einen Verordnungsvorschlag zur Einführung eines Europäischen Währungsfonds (EWF)12 vor, der dem 2012 gegründeten ESM nachfolgen soll. Im Gegensatz zum ESM, der durch völkerrechtlichen Vertrag der Euro-Mitgliedstaaten gegründet wurde, soll der EWF dem Vorschlag zufolge auf unionsrechtlicher Grundlage errichtet werden. Im Unterschied zum ESM-Vertrag, der eine Stabilitätshilfe ermöglicht, „wenn dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist“ (Art. 3 S. 1 ESM-Vertrag), soll der ESM eine Stabilitätshilfe leisten können, „wenn dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt oder seiner Mitglieder unabdingbar ist“ (Art. 3 Abs. 2 lit. a EWF-Satzungsentwurf). Dem EWF-Vorschlag der KOM zufolge soll die Bedingung entfallen, dass die Finanzkrise eines Mitgliedstaates die Finanzstabilität der gesamten Eurozone in Frage stellt. Vielmehr würde bereits die Gefährdung der Finanzstabilität einzelner Mitgliedstaaten die Voraussetzung für eine Hilfeleistung des EWF erfüllen. Der EWF-Vorschlag der KOM enthält eine Reihe von – im Vergleich zum ESM – neuen Instrumenten . Hierzu gehört der Vorschlag, die Letztsicherung für den beim Europäischen Abwicklungsausschuss (SRB) angesiedelten Europäischen Abwicklungsfonds (SRF) beim EWF einzurichten . Zum Zwecke dieser Letztsicherung soll der EWF „Kreditlinien bereitstellen oder Garantien festsetzen, um den (…) SRB bei jeder etwaigen ihm zugewiesenen Aufgabe zu unterstützen“ (Art. 3 Abs. 2 lit. b EWF-Satzungsentwurf). Dabei wird nicht allein die Funktion der Letztsicherung des SRF, sondern auch die Aufgaben erfasst, „die der SRB in Bezug auf Kreditinstitute in der Bankenunion (…) [in Zukunft] wahrnehmen wird“ (ErwGr 28 EWF-VO-Vorschlag). Im Vorschlag der KOM finden sich darüber hinaus Verweise auf die Option, dem EWF in Zukunft auch die Entwicklung neuer Finanzinstrumente zu übertragen (ErwGr 71 EWF-VO-Vorschlag). Hierzu 12 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Einrichtung des Europäischen Währungsfonds [KOM(2017) 827]. Zugleich präsentierte die KOM den Entwurf für eine Satzung des einzuführenden EWF [KOM(2017) 827 final ANNEX]. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 166/18 Seite 8 dürfte die breit diskutierte Stabilisierungsfunktion für das Euro-Währungsgebiet gehören, mit deren Hilfe die Auswirkungen großer asymmetrischer Schocks abgefedert werden sollen, sofern im Voraus festgelegte Kriterien erfüllt sind. Dem Verordnungsvorschlag zufolge könnte der EWF die Umsetzung einer solchen Stabilisierungsfunktion durch die Bereitstellung der hierfür notwendigen Finanzierung in Form von auflagenbefreiten Darlehen unterstützen (ErwGr 72 EWF-VO-Vorschlag ). Die KOM weist in ihrem Vorschlag ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, dem EWF nach Errichtung auf unionsrechtlicher Grundlage weitere Aufgaben in Anwendung von Art. 352 AEUV zu übertragen. Über den Verordnungsvorschlag wird derzeit in den Gremien des Rates13 und des Europäischen Parlaments14 beraten. So einigten sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Eurozone bei der Tagung der Euro-Gruppe am 19. Februar 2018 darauf, in einem ersten Schritt die konkreten inhaltlichen Aufgaben eines reformierten ESM/EWF zu bestimmen, bevor dessen institutionellrechtliche Struktur bzw. seine von der KOM vorgeschlagene unionsrechtliche Verankerung erörtert würde. In weiteren Beratungen der Euro-Gruppe am 24. Mai und 21. Juni 2018 stand die Frage der Ansiedlung der Letztsicherung beim ESM und eine mögliche Weiterentwicklung des Instrumentenkastens einschließlich der vorsorglichen Kreditlinie des ESM im Mittelpunkt. Konsens wurde über eine stärkere Rolle des ESM beim Design und der Überwachung von Anpassungsprogrammen erzielt. Beim Euro-Gipfel am 29. Juni 2018 einigten sich die Mitgliedstaaten der Eurozone darauf, dass der ESM in Zukunft die gemeinsame Letztsicherung (Common Backstop ) für den einheitlichen Abwicklungsfonds bereitstellen wird. Die Finanzminister wurden beauftragt , im Rahmen der Euro-Gruppe bis Dezember 2018 die genauen Vorgaben für einen reformierten ESM auszuarbeiten. 4.1. Zur Frage der Haftung im EWF Da die Verhandlungen über den Verordnungsvorschlag andauern und insbesondere auch mit konzeptionellen und kompetenziellen Änderungen des Kommissionsvorschlags zu rechnen ist, soll hier auf eine Analyse des Verordnungsvorschlags durch den Bundesrechnungshofs (BRH) verwiesen werden. Dieser hatte sich in einem Bericht nach § 99 der Bundeshaushaltsordnung über die mit der Einrichtung eines EWF verbundenen Risiken für den Bundeshaushalt15 auch mit Fragen des Umfangs der Haftung des Bundeshaushalts auseinandergesetzt. Der BRH warnt in seinem Bericht vor einer Ausdehnung des Haftungsumfangs des Bundeshaushalts durch Funktionszuwächse des EWF.16 Dabei ist jedoch derzeit nicht zu erkennen, dass sich durch die Konstruktion des EWF im Vergleich zur Konstruktion des ESM andere als die unter Tz. 3.1 beschriebenen Haftungsbeziehungen der Mitgliedstaaten ergeben. Der Bericht ist hier angefügt als Anlage. 13 Vgl. Heusmann/Zick: Reformüberlegungen zur Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion (Aktualisierung August 2018), Sachstand PE 2, PE-Dok 219/2018 sowie Verfahrensinformationen der EURLEX-Datenbank zum Verordnungsvorschlag KOM(2017)827. 14 Vgl. Procedure File des Europäischen Parlaments. 15 Vgl. BT-Drs. 19/5330. 16 Vgl. Nullziffern 0.1 und 0.2 sowie die Ausführungen der Nummern 5 und 6 des BRH-Berichts nach § 99 BHO. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 166/18 Seite 9 5. Fazit Nach den unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Maßgaben aus den intergouvernementalen Verpflichtungen im Rahmen der EFSF und des ESM resultieren keine unmittelbaren gegenseitigen Haftungsansprüche der jeweiligen Vertragsstaaten hatten. Die Vertragsstaaten haften im Rahmen beider Rettungsmechanismen im Umfang ihrer (völker-)vertraglich radizierten Pflichten nur gegenüber den Finanzstabilisierungsinstrumenten. Hieraus resultiert keine unmittelbare Haftung für die Schulden eines anderen Vertragsstaates, die dieser zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem jeweiligen Finanzstabilisierungsinstrument eingegangen ist. Da es sich beim EFSM um ein vollständig aus dem EU-Haushalt finanziertes Stabilisierungsinstrument gehandelt hat, hatten sich innerhalb seines Rahmens keine Haftungsansprüche bzw. - verpflichtungen im Verhältnis der einzelnen Mitgliedstaaten der EU zueinander ergeben. – Fachbereich Europa –