© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 – 3000 – 165/14 Staatliche Förderung der Instandhaltung neuer Bremstechniken im Schienengüterverkehr und EU-Beihilferecht Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – XXX/14 Seite 2 Staatliche Förderung der Instandhaltung neuer Bremstechniken im Schienengüterverkehr und EU-Beihilferecht Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 165/14 Abschluss der Arbeit: Datum Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – XXX/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung und Einleitung 4 2. Vereinbarkeit der Förderung von Instandhaltungs- /Betriebskosten mit dem Binnenmarkt bzw. den Verträgen 5 2.1. Nach Maßgabe der Eisenbahnleitlinien 5 2.2. Nach Maßgabe der Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien 6 3. Beihilfeverfahrensrechtliche Anforderungen 6 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – XXX/14 Seite 4 1. Fragestellung und Einleitung Im Zusammenhang mit der finanziellen Förderung der Umrüstung von Bestandsgüterwagen auf eine Lärm mindernde Technik auf Grundlage der Förderrichtlinie IaTPS1 wird der Fachbereich um die Beantwortung der Frage ersucht, ob „eine temporäre Förderung, ebenfalls mit letztmaliger Auszahlung 2021, also analog zur aktuellen Förderrichtlinie IaTPS, zur Finanzierung der Instandhaltungs -/Betriebskosten sowohl der Güterwagen, die bereits im Rahmen der Förderrichtlinie IaTPS umgerüstet wurden als auch derjenigen, die bis zu einem noch festzulegenden Stichtag umgerüstet werden, EU-beihilferechtlich vereinbar [wäre]?“ Dem Auftraggeber wurde bereits vorab eine für dieses Thema relevante Ausarbeitung des Fachbereichs vom 25.05.2012 zum Thema „Staatliche Förderung der Instandhaltung neuer Bremstechniken im Schienengüterverkehr und EU-Beihilferecht“ zur Verfügung gestellt. Darin wird – neben einer allgemeinen Darstellung der Grundzüge des EU-Beihilferechts – zum einen der Beihilfecharakter der auf die Umrüstung bezogenen Fördermaßnahmen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV erörtert und zum anderen die Möglichkeit einer ausnahmsweisen Zulässigkeit der grundsätzlich verbotenen Beihilfemaßnahmen im Lichte der Art. 107 Abs. 2 und 3 sowie Art. 93 AEUV betrachtet. Mit Beschluss vom 19.12.2012 genehmigte die Kommission die von Seiten Deutschlands nach Art. 108 Abs. 3 AEUV als staatliche Beihilfe angemeldete Förderrichtlinie IaTPS auf Grundlage von Art. 93 AEUV (im Folgenden: Kommissionsbeschluss). 2 Die Förderrichtlinie sieht die Förderung der Umrüstung bestehender Güterwagen auf geräuschärmere Verbundstoffbremsen in Gestalt nicht rückzahlbarer Zuschüsse für Halter von Güterwagen vor. Die vorliegende Ausarbeitung baut zum einen auf den allgemeinen Ausführungen der Ausarbeitung vom 25.05.2012 auf und stützt sich zum anderen auf die Erwägungen des Kommissionsbeschlusses . Danach ist im Folgenden davon auszugehen, dass auch die die temporäre (staatliche) Finanzierung der Instandhaltungs-/Betriebskosten umgerüsteter oder noch umzurüstender Güterwagen eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt. Eine solche kann in Beantwortung der dem Fachbereich gestellten Frage nur dann gewährt werden kann, wenn sie aufgrund einer vertraglichen Ausnahmevorschrift als mit dem Binnenmarkt bzw. den Verträgen vereinbar anzusehen ist (siehe dazu unter 2.) und die beihilfeverfahrensrechtlichen Anforderungen nach Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV eingehalten werden (siehe dazu unter 3.). 1 Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen der Lärmminderung an Bestandsgüterwagen im Rahmen der Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems auf Schienenwegen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes, online abrufbar unter http://www.eba.bund.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Finanzierung /laTPS/rl_latps.html;jsessionid=6565C780C54730662D8C4A0C0C3EA69A.live2053?nn=639068 - letztmaliger Abruf am 15.02.16. 2 Kommission C(2012) 9476 – Staatliche Beihilfe SA.34156 (2012/N), online abrufbar unter http://ec.europa .eu/competition/elojade/isef/case_details.cfm?proc_code=3_SA_34156 – letztmaliger Abruf am 15.02.16. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – XXX/14 Seite 5 2. Vereinbarkeit der Förderung von Instandhaltungs-/Betriebskosten mit dem Binnenmarkt bzw. den Verträgen Da die Umrüstung auf geräuschärmere Verbundstoffbremsen an sich von der Kommission in ihrem Beschluss als beihilfefähig angesehen wird3, ist hinsichtlich der Vereinbarkeit einer Förderung der Instandhaltungs-/Betriebskosten umgerüsteter oder noch umzurüstender Güterwagen (im Folgenden: Investitionsbetriebskosten) mit EU-Beihilferecht lediglich zu klären, ob auch solche Kosten beihilfefähig und damit ebenfalls als mit den Verträgen (Art. 93 AEUV) oder dem Binnenmarkt (Art. 107 Abs. 3 AEUV) vereinbar angesehen werden können. In Anknüpfung an den Kommissionsbeschluss ist dieser Frage zunächst auf Grundlage der Gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen an Eisenbahnunternehmen4 (im Folgenden: Eisenbahnleitlinien) nachzugehen (siehe unter 2.1.). Diese Leitlinien enthalten von der Kommission erlassene Regeln zur Auslegung des Art. 93 AEUV.5 Auf Grundlage dieser Regeln und – soweit diese nicht anwendbar waren – unmittelbar des Art. 93 AEUV genehmigte die Kommission die Förderrichtlinie IaTPS.6 Soweit eine Förderung der Investitionsbetriebskosten danach nicht möglich erscheint oder zumindest nicht sicher ist, werden anschließend die neuen Leitlinien der Kommission für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-20207 (im Folgenden: Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien ) betrachtet (siehe unter 2.2.). 2.1. Nach Maßgabe der Eisenbahnleitlinien Betrachtet man die Eisenbahnleitlinien, so finden sich zu den beihilfefähigen Kosten lediglich die nachfolgend zitierten Vorgaben: „Im Fall von Beihilfen zur Förderung der Interoperabilität fallen unter die beihilfefähigen Kosten, sofern sie zu dem Ziel der Koordinierung des Verkehrs beitragen, […] strecken- und fahrzeugseitige Investitionen zur Verringerung der Lärmemissionen .“8 Allein nach dem Wortlaut erscheinen somit lediglich die Kosten der reinen Investition beihilfefähig , nicht aber die damit zusammenhängenden Investitionsbetriebskosten. 3 Vgl. insbesondere Rn. 35 ff. des Kommissionsbeschlusses (Fn. 2). 4 ABl.EU 2008 Nr. C 184/13, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv :OJ.C_.2008.184.01.0013.01.DEU – letztmaliger Abruf am 15.02.16. 5 Vgl. Kommissionsbeschluss (Fn. 2), Rn. 33; Eisenbahnleitlinien (Fn. 4), Rn. 20 f. 6 Kommissionsbeschluss (Fn. 2), Rn. 34. 7 ABl.EU 2014 Nr. C 200/1, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/?uri=CELEX%3A52014XC0628%2801%29 – letztmaliger Abruf am 15.02.16. 8 Eisenbahnleitlinien (Fn. 4), Rn. 106 – Hervorhebung durch Verfasser. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – XXX/14 Seite 6 Für ein solches Verständnis lässt sich auch die Beurteilung der Kommission in ihrem Beschluss anführen. Darin stellt die Kommission fest, dass die „beihilfefähigen Kosten im Rahmen dieser Maßnahme […] somit auf die Mehrkosten beschränkt [sind], d.h. auf die Umrüstungskosten, die zur Erreichung der Lärmminderung der Fahrzeuge nötig sind.“9 Einschränkend und für ein nicht so enges Verständnis lässt sich auf der anderen Seite anführen, dass der Kommission in diesem Fall eben nur solche Kosten zur Prüfung vorgelegen haben und sie zu anderen, darüber hinausgehenden Beihilfen daher nicht Stellung nehmen musste. Für eine Einbeziehung auch der Investitionsbetriebskosten könnte sprechen, dass die Kommission die Anreizwirkung von Beihilfen im Zusammenhang mit dem Prüfungsmerkmal der Notwendigkeit betont. So führte sie in ihrem Beschluss aus, dass ohne die Beihilfe für die Umrüstung seitens der Wagenhalter kein Anreiz bestehen würde, um Geräuschemissionswerte einzuhalten , die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind.10 Unterstellte man, dass – aufgrund der hohen Investitionsbetriebskosten – allein die Investitionskosten für die bloße Umrüstung ebenfalls nicht genügen, lege es nahe, den Investitionsbegriff in der Eisenbahnrichtlinie aus Gründen der Effektivität weit auszulegen. Eine verbindliche Antwort hierauf kann an dieser Stelle jedoch nicht gegeben werden, zumal diese Frage – soweit ersichtlich – auch weder in der Rechtsprechung noch im beihilferechtlichen Schrifttum erörtert wird. Zudem gilt es zu bedenken, dass die Kommission bei der Anwendung der Ausnahmetatbestände über ein weites Ermessen verfügt … 2.2. Nach Maßgabe der Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien 3. Beihilfeverfahrensrechtliche Anforderungen Die Förderung der Investitionsbetriebskosten ist von der Förderrichtlinie IATPS nicht erfasst und würde insoweit eine neue Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen. Neue Beihilfen unterliegen der Notifizierungspflicht nach Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV. Sie dürfen gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV vor der Genehmigung durch die Kommission nicht durchgeführt werden . Dies bedeutet, dass diesbezüglich ein Beihilfeverfahren bei der Kommission durchgeführt werden müsste, bevor eine Förderung hinsichtlich der Investitionsbetriebskosten durch den Bund erfolgen kann. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf den Umstand, dass der hier zitierte Kommissionbeschluss nur die ersten fünf Jahre des in der Förderrichtlinie IATPS vorgesehenen achtjährigen Förderzeitraums bis Dezember 2020 abdeckt.11 Von der Genehmigungswirkung wird somit nur der Zeitraum von Dezember 2012 bis Dezember 2017 erfasst (mit Zahlungen im Zeitraum 2013 9 Kommissionsbeschluss (Fn. 2), Rn. 41. 10 Kommissionsbeschluss (Fn. 2), Rn. 43. 11 Kommissionsbeschluss (Fn. 2), Rn. 12. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – XXX/14 Seite 7 bis 2018). Nach den Angaben im Kommissionsbeschluss beabsichtigt Deutschland, die Maßnahme zu einem späteren Zeitpunkt erneut anzumelden, um sie für den verbleibenden Zeitraum von drei Jahren zu verlängern.12 - Fachbereich Europa - 12 Vgl. Kommissionsbeschluss (Fn. 2), aaO.