© 2018 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 163/18 Auswahl der Generalanwälte des Gerichtshofes der Europäischen Union Unionsrechtsrahmen und Bestimmungen des deutschen Rechts Sachstand Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 163/18 Seite 2 Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Auswahl der Generalanwälte des Gerichtshofes der Europäischen Union Unionsrechtsrahmen und Bestimmungen des deutschen Rechts Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 163/18 Abschluss der Arbeit: 12. November 2018 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 163/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Bestimmungen des EU-Primärrechts 4 3. Zum Verfahren der Auswahl der Generalanwälte in Deutschland 5 4. Die Besoldung der Generalanwälte 5 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 163/18 Seite 4 1. Fragestellung Der Fachbereich ist beauftragt worden, Informationen zum Verfahren für die Auswahl der Generalanwälte des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zusammenzustellen. Hierbei sollen das Auswahlverfahren, die Amtszeit, die Möglichkeit der Wiederernennung und die Besoldung der Generalanwälte betrachtet werden. 2. Bestimmungen des EU-Primärrechts Nach Art. 252 Abs. 1 S. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)1 wird der EuGH von acht Generalanwälten unterstützt. Eine Erhöhung dieser Zahl ist gemäß Art. 252 Abs. 1 S. 2 AEUV durch einstimmigen Beschluss des Rates auf Antrag des EuGH möglich . Mit entsprechendem Beschluss vom 25. Juni 2013 hat der Rat die Zahl der Generalanwälte beim EuGH auf elf erhöht.2 Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Polen und das Vereinigte Königreich stellen nach politischer Absprache jeweils einen der elf Generalanwälte, während die übrigen Generalanwälte von den anderen Mitgliedstaaten in alphabethischer Reihenfolge vorgeschlagen werden.3 Die Auswahl der Generalanwälte des EuGH richtet sich im Wesentlichen nach Art. 253 AEUV. Gemäß Art. 253 Abs. 1 Hs. 1 AEUV sind zu Generalanwälten des EuGH Persönlichkeiten auszuwählen , die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten (vgl. auch Art. 19 Abs. 2 UAbs. 3 S. 1 des Vertrages über die Europäische Union [EUV]4) und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung sind. Die Generalanwälte werden nach Art. 253 Abs. 1 Hs. 2 AEUV von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen ernannt (vgl. auch Art. 19 Abs. 2 UAbs. 3 S. 2 EUV),5 nachdem der in Art. 255 AEUV vorgesehene Ausschuss zur Beurteilung der Bewerber gemäß Art. 255 Abs. 1 AEUV eine Stellungnahme zur Eignung der Bewerber für die Ausübung des Amts eines Generalanwalts beim EuGH abgegeben hat. Darüber hinaus stellt das 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Konsolidierte Fassung), ABl. C 202 vom 26. Oktober 2012, S. 47. 2 Beschluss des Rates (2013/336/EU) v. 25.6.2013, ABl. L 179/92. 3 38. Erklärung zu Artikel 252 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zur Zahl der Generalanwälte des Gerichtshofs v. 7.6.2016, ABl. 2016 C 202/350; 2. Gemeinsame Erklärung zu Artikel 157 Absatz 4 der Beitrittsakte v. 24.6.1994, ABl. 1994 C 241/381. 4 Vertrag über die Europäische Union (Konsolidierte Fassung), ABl. C 202 vom 7. Juni 2016, S. 13. 5 Die Ernennung der Generalanwälte im Rat erfolgt durch einen sog. uneigentlichen Ratsbeschluss im Konsens der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, vgl. Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV-AEUV, 5. Auflage, München, 2016, Art. 253 AEUV, Rn. 2; Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 64. EL, 2018, Art. 253 AEUV, Rn. 8. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 163/18 Seite 5 Primärrecht keine Anforderungen an die in alleiniger Verantwortung der Mitgliedstaaten durchzuführenden nationalen Auswahlverfahren; vielmehr sind die Mitgliedstaaten im Übrigen frei in ihrer Auswahlentscheidung.6 Die Amtszeit der Generalanwälte beträgt nach Art. 19 Abs. 2 UAbs. 3 S. 2 EUV und Art. 253 Abs. 1 Hs. 2 AEUV sechs Jahre. Nach Art. 19 Abs. 2 UAbs. 3 S. 3 EUV und Art. 253 Abs. 4 AEUV ist die Wiederernennung von Generalanwälten zulässig. Nach Maßgabe der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union findet gemäß Art. 253 Abs. 2 AEUV alle drei Jahre eine teilweise Neubesetzung statt. 3. Zum Verfahren der Auswahl der Generalanwälte in Deutschland In der rechtswissenschaftlichen Lehre wird das bis auf die o. g. Anforderungen der Gestaltungshoheit der Mitgliedstaaten unterliegende Auswahlverfahren der Generalanwälte überwiegend als intransparent und informell beschrieben; dies gilt auch für das deutsche Auswahlverfahren.7 Das mit der Begleitgesetzgebung zum Vertrag von Lissabon geänderte Richterwahlgesetz (RiWG)8 sieht in § 1 Abs. 3 RiWG vor, dass die Benennung der von der Bundesregierung zur Ernennung zu Generalanwälten vorzuschlagenden Personen im Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss erfolgt. Sowohl die Mitglieder des Richterwahlausschusses als auch der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz haben gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 RiWG ein Vorschlagsrecht. Nach § 12 Abs. 1 RiWG entscheidet der Richterwahlausschuss über die Zustimmung zu einem Personalvorschlag in geheimer Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. 4. Die Besoldung der Generalanwälte Die Generalanwälte haben soweit sie nach dem 4. März 2016 ernannt oder wiederernannt wurden , gemäß Art. 2 Verordnung (EU) Nr. 2016/3009 vom Zeitpunkt der Aufnahme ihrer Amtstätigkeit bis zum Ende des Monats, in welchem sie aus dem Amt ausscheiden, Anspruch auf ein 6 Thiele, Europäisches Prozessrecht, 2. Auflage, München, 2014, § 2, Rn. 39. 7 Vgl. Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV-AEUV, 5. Auflage, München, 2016, Art. 253 AEUV, Rn. 1; Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 64. EL, 2018, Art. 253 AEUV, Rn. 13; Huber, in: Streinz, EUV/AEUV, 3. Auflage, München, 2018, Art. 253 AEUV, Rn. 2. 8 Richterwahlgesetz, zul. geä. durch Art. 133 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474). 9 Verordnung (EU) Nr. 2016/300 des Rates vom 29. Februar 2016 über die Regelung der Amtsbezüge für hochrangige Amtsträger in der EU, ABl. L 58 vom 4.3.2016, S. 1. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 163/18 Seite 6 Grundgehalt in Höhe von 112,5 Prozent des Monatsgrundgehalts eines Beamten der Europäischen Gemeinschaften der Besoldungsstufe 16, dritte Dienstaltersstufe. Gemäß Art. 66 Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG)10 beträgt dieses 19.881,81 Euro. Ein Anspruch auf Familienzulagen kann sich gemäß Art. 6 Verordnung (EU) Nr. 2016/300 aus sinngemäßer Anwendung des Art. 67 Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) sowie der Art. 1, 2 und 3 des Anhangs VII dieser Verordnung ergeben. Die Generalanwälte erhalten ferner nach Art. 5 Verordnung (EU) Nr. 2016/300 eine Residenzzulage in Höhe von 15 Prozent ihres Grundgehalts. Des Weiteren erhalten sie nach Art. 7 Verordnung (EU) Nr. 2016/300 monatlich noch eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 607,71 Euro. Zusätzlich dazu erhält der Erste Generalanwalt monatlich eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 810,74 Euro. Die Verordnung (EU) Nr. 2016/300 ersetzt die Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/EU- RATOM11 (vgl. hierzu Erwägungsgrund Nr. 3 Verordnung (EU) Nr. 2016/300). Nach Art. 25 Abs. 1 lit. a Verordnung (EU) Nr. 2016/300 gilt diese Verordnung aus dem Jahr 1967 aber noch für diejenigen Generalanwälte (und anderen Personen), deren Amtszeit zum 4.3.2016 noch lief, und solche , deren Amtszeit vor dem 4.3.2016 abgelaufen ist. Aus den Art. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2, Art. 3, Art. 4 Abs. 1 und 3 Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/EURATOM ergeben sich für diese Personen unter denselben Voraussetzungen die gleichen Ansprüche auf Grundgehalt, Familienzulagen , Residenzzulage, Aufwands- und Dienstaufwandsentschädigung in gleicher Höhe. – Fachbereich Europa – 10 Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) über das Statut der Beamten und über die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft , ABl. 45 vom 14.6.1962, S. 1385, konsolidierte Fassung. 11 Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/EURATOM des Rates vom 25. Juli 1967 über die Regelung der Amtsbezüge für den Präsidenten und die Mitglieder der Kommission sowie für den Präsidenten, die Richter, die Generalanwälte und den Kanzler des Gerichtshofes und für den Präsidenten, die Mitglieder und den Kanzler des Gerichts sowie für den Präsidenten, die Mitglieder und den Kanzler des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union, ABl. L 187 vom 8.8.1967, S. 1, letzte konsolidierte Fassung von 2012.