© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 151/16 Wirkungen des EuGH-Urteils in der Rs. C-148/15 (Deutsche Parkinson ) Sachstand Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 151/16 Seite 2 Wirkungen des EuGH-Urteils in der Rs. C-148/15 (Deutsche Parkinson) Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 151/16 Abschluss der Arbeit: 27. Oktober 2016 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 151/16 Seite 3 Die Rolle des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV besteht darin, das Unionsrecht auszulegen oder über seine Gültigkeit zu entscheiden. Die Anwendung des Unionsrechts auf den dem Ausgangsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalt ist hingegen Sache des nationalen Gerichts. Der Gerichtshof entscheidet insbesondere nicht über etwaige Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Auslegung oder Anwendung des nationalen Rechts. Vielmehr muss das vorlegende Gericht die konkreten Konsequenzen aus der Antwort des EuGH ziehen, indem es gegebenenfalls die fragliche nationale Bestimmung nicht anwendet. Dementsprechend erläutert das Urteil in der Rs. C-148/15 (Deutsche Parkinson) die Auslegung insbesondere von Art. 36 AEUV mit ex-tunc-Wirkung1 und das vorlegende OLG Düsseldorf muss nunmehr über die – für die Dauer des Vorabentscheidungsverfahrens ausgesetzte – Berufung der DPV entscheiden, wobei es in seiner Entscheidung aufgrund der jedenfalls inter partes2 bindenden Wirkung des EuGH-Urteils (Art. 91 VerfO EuGH) nicht von der Antwort des EuGH abweichen darf. Demnach muss das OLG insbesondere berücksichtigen, dass die Preisbindung für RX- Arzneimittel im Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit und mithin bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mangels Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht nicht anwendbar ist. Dies folgt aus dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber nationalem Recht, der keinen Geltungsvorrang umfasst. Danach ist mitgliedstaatliches, dem Unionsrecht widersprechendes Recht der Mitgliedstaaten nicht nichtig, sondern im Anwendungsbereich des Unionsrechts unanwendbar .3 Dementsprechend betrifft das EuGH-Urteil über die Auslegung insbesondere von Art. 36 AEUV nicht die Gültigkeit der gesetzlichen Festlegung eines einheitlichen Apothekenabgabepreises für RX-Arzneimittel in § 78 Abs. 1 S. 4 AMG, §§ 1 und 3 AMPreisV. Somit bleiben die in Deutschland ansässigen (Versand-)Apotheken an die für sie weiterhin geltenden Vorschriften gebunden. Da das Verbot des Art. 34 AEUV nur einfuhrbehindernde Maßnahmen betrifft, kann es somit durch die Nichtanwendbarkeit der Festpreisregelung nur auf EU-ausländische Marktteilnehmer zu einer Benachteiligung inländischer Marktteilnehmer kommen (sog. Inländerdiskriminierung ).4 Darüber hinaus hat das Urteil keine Auswirkungen auf andere nationale Maßnahmen , im Kontext des Vertriebs von Arzneimitteln den Zielen gemäß Art. 36 AEUV dienen.5 - Fachbereich Europa - 1 Vgl. EUGH, verb. Rs. C-10/97 bis C-22/97 (IN.CO.GE.'90 u.a.), ECLI:EU:C:1998:498, Rn. 23; Kokott/Henze, Die Beschränkung der zeitlichen Wirkung von EuGH-Urteilen in Steuersachen, NJW 2006, S. 177 ff. 2 Zu einer Bindungswirkung erga omnes vgl. Gaitanides, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Auflage 2015, Art. 267 AEUV, Rn. 90 ff. 3 EuGH, Rs. 6/64 (Costa/ENEL), ECLI:EU:C:1964:66, S. 1269 f.; EuGH, verb. Rs. C-10/97 bis C-22/97 (IN.CO.GE.), ECLI:EU:C:1998:498, Rn. 21; vgl. auch BVerfG, Urteil v. 21. Juni 2016, 2 BvR 2728/13, Rn. 117 ff. 4 Vgl. Müller-Graff, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Auflage 2015, Art. 34 AEUV, Rn. 319 ff. 5 Beispielsweise betreffend die Anforderungen an den Besitz und den Betrieb von Apotheken (sog. Fremdbesitzverbot , vgl. EuGH, verb. Rs. C-171/07 und C-172/07 (Apothekenkammer des Saarlandes u.a.), E- CLI:EU:C:2007:311) oder die Anforderungen an einen Versandhandel mit Arzneimitteln (vgl. EuGH, Rs. C-322/01 (Deutscher Apothekerverband), ECLI:EU:C:2003:664), vgl. Müller-Graff, in: von der Groeben /Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Auflage 2015, Art. 34 AEUV, Rn. 174.