© 2018 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 150/18 Auswahl der Richter des Gerichtshofes der Europäischen Union Unionsrechtsrahmen und Bestimmungen des deutschen Rechts Sachstand Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 150/18 Seite 2 Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Auswahl der Richter des Gerichtshofes der Europäischen Union Unionsrechtsrahmen und Bestimmungen des deutschen Rechts Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 150/18 Abschluss der Arbeit: 11. Oktober 2018 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 150/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung und Vorbemerkung 4 2. Bestimmungen des EU-Primärrechts 4 3. Zum Verfahren der Richterauswahl in Deutschland 5 4. Die Besoldung der Richter des Gerichtshofes und des Gerichts 6 5. Die Mitglieder des Gerichtshofes und des Gerichts 6 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 150/18 Seite 4 1. Fragestellung und Vorbemerkung Der Fachbereich ist beauftragt worden, Informationen zum Verfahren für die Auswahl der Richter am Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zusammenzustellen. Hierbei sollen das Auswahlverfahren , die Amtszeit, die Möglichkeit der Wiederernennung, die Zahl der Richter, die Namen der amtierenden Richter und das Gehalt der Richter betrachtet werden. Das Organ EuGH setzt sich gemäß Art. 19 Abs. 1 des Vertrages über die Europäische Union1 (EUV) aus dem Gerichtshof, dem Gericht sowie den Fachgerichten2 zusammen und ist damit – zumindest nach den primärrechtlichen Vorkehrungen – dreigliedrig aufgebaut. 2. Bestimmungen des EU-Primärrechts Art. 19 Abs. 2 EUV bestimmt die Zusammensetzung des Gerichtshofes. Danach besteht dieser aus einem Richter je Mitgliedstaat. Für das Gericht bestimmt die Vorschrift eine Mindestzahl von einem Richter je Mitgliedstaat. Die Festlegung der genauen Zahl der Richter des Gerichts behält Art. 254 UAbs. 1 S. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union3 (AEUV) dem 2015 neugefassten4 Art. 48 der Satzung des EuGH5 vor. Dieser bestimmt eine schrittweise Anhebung der Zahl der Richter des Gerichts von ursprünglich 27 auf 40 ab dem 25. Dezember 2015 und auf 47 Richter ab dem 1. September 2016. In einem letzten Erhöhungsschritt sollen dem Gericht ab dem 1. Oktober 2019 schließlich zwei Richter je Mitgliedstaat angehören. Art. 19 Abs. 2 S. 4 EUV formuliert grundlegende Anforderungen an die Persönlichkeiten, die von den Mitgliedstaaten für das Richteramt ausgewählt werden. Hierzu verweist die Vorschrift auf die Art. 253 und 254 AEUV. Danach sind als Richter des Gerichtshofes Persönlichkeiten auszuwählen , die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung sind. Die Anforderungen an die als Richter des Gerichts in Frage kommenden Personen sind weniger hoch; sie müssen jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und über die Befähigung zur Ausübung hoher richterlicher Tätigkeiten verfügen. Darüber hinaus treffen die Unionsverträge keine Festlegungen zur Ausgestaltung der in ausschließlicher Verantwortung der Mitgliedstaaten durchzuführenden nationalen Auswahlverfahren; die Mitgliedstaaten sind im Übrigen völlig frei in ihrer Auswahlentscheidung.6 1 Vertrag über die Europäische Union (Konsolidierte Fassung), ABl. C 202, S. 13 vom 7. Juni 2016. 2 Parlament und Rat können gemäß Art. 257 AEUV Fachgerichte für bestimmte Klagekategorien in besonderen Sachgebieten bilden, die dem Gericht beigeordnet werden. Das bislang einzige Fachgericht, das 2004 gebildete Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (EuGöD), wurde zum 1. September 2016 aufgelöst, nachdem der Unionsgesetzgeber 2015 beschlossen hatte, die Zahl der Richter am Gericht der EU schrittweise auf 56 zu erhöhen und die Zuständigkeiten des Gerichts für den öffentlichen Dienst auf das Gericht der EU zu übertragen. Mit der Bildung weiterer Fachgerichte in anderen Bereichen wird nach dieser Entscheidung nicht mehr gerechnet. Vgl. Wegener , in: Calliess/Ruffert, EUV-AEUV, 5. Auflage, München, 2016, Art. 19 EUV, Rn. 7 sowie Art. 257 Rn. 3 f.. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Konsolidierte Fassung), ABl. C 202, S. 47 vom 7. Juni 2016. 4 Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EU, Euratom) 2015/2422 vom 16. Dezember 2015 zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Union. 5 Protokoll Nr. 3 über die Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Union, ABl. C 202, S. 210 vom 7. Juni 2016. 6 Thiele, Europäisches Prozessrecht, 2. Auflage, München, 2014, § 2, Rn. 39. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 150/18 Seite 5 Gemäß Art. 253 AUEV werden die Richter des Gerichtshofes von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen7 nach Anhörung des in Art. 255 AEUV vorgesehenen Ausschusses8 ernannt. Dies gilt ebenso für die Richter des Gerichts (Art. 254 AEUV). Die Amtszeit der Richter des Gerichtshofes und des Gerichts beträgt sechs Jahre (Art. 253 S. 1 und 254 S. 4 AEUV). Die Wiederernennung ausscheidender Richter ist zulässig (Art. 253 S. 5 und Art. 254 S. 6 AEUV). Alle drei Jahre werden die Stellen der Richter des Gerichtshofes und des Gerichts nach Maßgabe der Satzung des EuGH9 teilweise neu besetzt. 3. Zum Verfahren der Richterauswahl in Deutschland Das – bis auf die Formulierung grundlegender ethischer und fachlicher Anforderungen – der Gestaltungshoheit der Mitgliedstaaten überlassene Verfahren der Richterauswahl wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur für die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten als informell und intransparent charakterisiert; Deutschland wird hierbei ausdrücklich eingeschlossen.10 Als einziges hinreichend transparentes Verfahren hervorgehoben wird das verfassungsrechtlich geregelte Verfahren Österreichs, das die Einvernehmensherstellung der Regierung mit dem Hauptausschuss des Parlaments vorsieht.11 Die Bestimmungen des mit der Begleitgesetzgebung12 zum Vertrag von Lissabon geänderten Richterwahlgesetzes sehen in § 1 Abs. 3 RiWG13 die Benennung der zur Ernennung zu Richtern des Gerichtshofes und des Gerichts vorzuschlagenden Persönlichkeiten im Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss vor. Ein Vorschlagsrecht haben sowohl der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz als auch die Mitglieder des Richterwahlausschusses (Art. 10 Abs. 1. S. 2 RiWG). Die Entscheidung über die Einvernehmensherstellung, sprich die Zustimmungsentscheidung zu einem Personalvorschlag, trifft der Richterwahlausschuss in geheimer Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 12 Abs. 1 RiWG). 7 Die Ernennung der Richter erfolgt intergouvernemental durch die im Rat vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten durch sog. uneigentlichen Ratsbeschluss. Vgl. Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV-AEUV, 5. Auflage, München, 2016, Art. 253 AEUV, Rn. 2; Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 50. EL, 2013, Art. 253 AEUV, Rn. 10. 8 Der in Art. 255 AEUV vorgesehene besondere Ausschuss gibt vor einer Richterernennung nach den Art. 253 und 254 AEUV eine Stellungnahme zur Eignung der Bewerber für die Ausübung des Amts eines Richters beim Gerichtshof oder beim Gericht ab. Der Ausschuss setzt sich aus sieben Persönlichkeiten zusammen, die aus dem Kreis ehemaliger Mitglieder des Gerichtshofes und des Gerichts, der Mitglieder der höchsten einzelstaatlichen Gerichte und der Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung mit Ratsbeschluss ausgewählt werden. 9 Art. 9 Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Union, Fn. 5. 10 Vgl. Wegener, Fn. 7, Art. 253 AEUV Rn. 1; Karpenstein, Fn. 7, Art. 253 AEUV, Rn. 10 u. 13; Thiele, Fn. 6, § 2, Rn. 39 f. 11 Karpenstein, Fn.7, Art. 253 AEUV, Rn. 7 mwN. 12 Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 22. September 2009, BGBl. I S. 3022 (Nr. 60). 13 Richterwahlgesetz, zul. geä. durch Art. 133 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 150/18 Seite 6 4. Die Besoldung der Richter des Gerichtshofes und des Gerichts Die Richter des Gerichtshofes haben soweit sie nach dem 4. März 2016 ernannt oder wiederernannt wurden, gemäß Art. 2 Verordnung (EU) Nr. 2016/30014 vom Zeitpunkt der Aufnahme ihrer Amtstätigkeit bis zum Ende des Monats, in welchem sie aus dem Amt ausscheiden, Anspruch auf ein Grundgehalt in Höhe von 112,5 Prozent des Monatsgrundgehalts eines Beamten der Europäischen Gemeinschaften der Besoldungsstufe 16, dritte Dienstaltersstufe. Gemäß Art. 66 Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG)15 beträgt dieses 19.881,81 Euro. Ein Anspruch auf Familienzulagen kann sich gemäß Art. 6 Verordnung (EU) Nr. 2016/300 aus sinngemäßer Anwendung des Art. 67 Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) sowie der Art. 1, 2 und 3 des Anhangs VII dieser Verordnung ergeben. Die Richter des Gerichtshofes erhalten ferner nach Art. 5 Verordnung (EU) Nr. 2016/300 eine Residenzzulage in Höhe von 15 Prozent ihres Grundgehalts. Des Weiteren erhalten sie nach Art. 7 Verordnung (EU) Nr. 2016/300 monatlich noch eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 607,71 Euro. Die Verordnung (EU) Nr. 2016/300 ersetzt die Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/EU- RATOM16 (vgl. hierzu Erwägungsgrund Nr. 3 Verordnung (EU) Nr. 2016/300). Nach Art. 25 Abs. 1 lit. a Verordnung (EU) Nr. 2016/300 gilt diese Verordnung aus dem Jahr 1967 aber noch für diejenigen Richter des Gerichtshofes (und anderen Personen), deren Amtszeit zum 4.3.2016 noch lief, und solche, deren Amtszeit vor dem 4.3.2016 abgelaufen ist. Aus den Art. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2, Art. 3, Art. 4 Abs. 1 und 3 Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/EURATOM ergeben sich für diese Personen unter denselben Voraussetzungen die gleichen Ansprüche auf Grundgehalt, Familienzulagen , Residenzzulage, Aufwands- und Dienstaufwandsentschädigung in gleicher Höhe. 5. Die Mitglieder des Gerichtshofes und des Gerichts Aktuelle Übersichten der Mitglieder des Gerichtshofes und des Gerichts sind hier beigefügt als Anlagen 1 und 2.17 14 Verordnung (EU) Nr. 2016/300 des Rates vom 29. Februar 2016 über die Regelung der Amtsbezüge für hochrangige Amtsträger in der EU, ABl. L 58 vom 4.3.2016, S. 1. 15 Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) über das Statut der Beamten und über die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft, ABl. 45 vom 14.6.1962, S. 1385, konsolidierte Fassung. 16 Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/EURATOM des Rates vom 25. Juli 1967 über die Regelung der Amtsbezüge für den Präsidenten und die Mitglieder der Kommission sowie für den Präsidenten, die Richter, die Generalanwälte und den Kanzler des Gerichtshofes und für den Präsidenten, die Mitglieder und den Kanzler des Gerichts sowie für den Präsidenten, die Mitglieder und den Kanzler des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union, ABl. L 187 vom 8.8.1967, S. 1, letzte konsolidierte Fassung von 2012. 17 Quelle: Website des EuGH, Präsentationen des Gerichtshofes und des Gerichts, zuletzt abgerufen am 8. Oktober 2018. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 150/18 Seite 7 Fachbereich Europa