© 2018 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 147/18 Sonderwirtschaftszonen und EU-Beihilferecht Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 2 Sonderwirtschaftszonen und EU-Beihilferecht Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 147/18 Abschluss der Arbeit: 12. November 2018 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Überblick über das EU-Beihilferecht 4 2.1. Materielles EU-Beihilferecht 4 2.2. EU-Beihilfeverfahren 5 2.2.1. Vorabnotifizierung und Beihilfeverfahren 5 2.2.2. Freistellung von der Notifizierung und ex-post-Kontrolle 6 3. Beihilferechtliche Relevanz von Sonderwirtschaftszonen 7 3.1. Zum Beihilfetatbestand im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV 7 3.1.1. Unternehmen bzw. wirtschaftliche Tätigkeit 7 3.1.2. Finanzierung aus staatlichen Mittel 8 3.1.3. Begünstigung 8 3.1.4. Selektivität 9 3.1.5. Auswirkungen auf Handel und Wettbewerbsbeschränkung 10 3.1.6. Zwischenergebnis 10 3.2. Zur Rechtfertigung etwaiger Beihilfen im Zusammenhang mit Sonderwirtschaftszonen 11 3.2.1. Regionalbeihilfeleitlinien 11 3.2.2. Freistellung von Regionalbeihilfen nach der AGVO 13 3.2.3. Fazit 13 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung Im Zuge der Überlegungen über einen möglichen Kohleausstieg und der Debatte um den damit einhergehenden Strukturwandel in den betroffenen Regionen wird etwa für die Lausitz die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone diskutiert, in der Unternehmensansiedlungen und gewerbliche Tätigkeiten beispielsweise durch Steuervergünstigungen gefördert werden könnten. Der Fachbereich Europa wird in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der Frage ersucht, unter welchen europarechtlichen Voraussetzungen dies möglich wäre. Die als Prüfungsmaßstab einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen hängen entscheidend von der nationalen Ausgestaltung der Sonderwirtschaftszone ab. Mangels konkreter Vorgaben zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich der unionsrechtliche Prüfungsmaßstab somit nicht abschließend bestimmen. Mit Blick auf die Idee einer Einräumung von Steuervergünstigungen wäre allerdings in jedem Fall an die Beachtung des EU-Beihilferechts zu denken (Art. 107 bis 109 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV). Hierauf werden sich weiteren Ausführungen beschränken. Im Folgenden wird zunächst ein kurzer Überblick über das EU-Beihilferecht gegeben (2.), bevor dann auf die Beihilferelevanz von Sonderwirtschaftszonen unter besonderer Berücksichtigung steuerlicher Vergünstigungen eingegangen wird (3.). 2. Überblick über das EU-Beihilferecht Das EU-Beihilferecht lässt sich in materielle (2.1.) und formal-verfahrensrechtliche Bestimmungen (2.2.) aufteilen. 2.1. Materielles EU-Beihilferecht Den materiellen Kern des EU-Beihilferechts bildet das an die Mitgliedstaaten gerichtete grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen. Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen . Diesem Normtext werden mehrere Merkmale entnommen, die kumulativ erfüllt sein müssen, um von dem Vorliegen einer Beihilfe ausgehen zu können: Neben der aus staatlichen Mitteln gewährten Begünstigung an Unternehmen gehören hierzu die Selektivität (Begünstigung nur bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige), die Wettbewerbsverfälschung und die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels.1 Fehlt es nur an einem der Merkmale, so liegt 1 Siehe zu den einzelnen Merkmalen und der dazu ergangenen Rechtsprechung die sog. Beihilfemitteilung der Kommission: Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl.EU 2016 Nr. C 262/1 (letztmaliger Abruf unter 12.11.18). In dieser Mitteilung erläutert die Kommission unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH die einzelnen Merkmale des Beihilfetatbestandes. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 5 keine Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV vor und das EU-Beihilferecht findet keine Anwendung .2 Sind die Merkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV hingegen erfüllt, so ist dies nicht gleichbedeutend mit einer Unionsrechtswidrigkeit der betreffenden nationalen Maßnahme. Denn das in dieser Vertragsvorschrift geregelte Beihilfeverbot gilt nicht absolut, sondern nur insoweit, als in den Verträgen nichts anderes bestimmt ist. Zu diesen „anderen Bestimmungen“ zählt vor allem Art. 107 Abs. 3 AEUV und die dort aufgeführten Fallgruppen.3 Danach können Beihilfen unter bestimmten Voraussetzungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar und insoweit gerechtfertigt bzw. als unionsrechtlich zulässig angesehen werden. 2.2. EU-Beihilfeverfahren Der Vollzug des EU-Beihilferechts obliegt auf Grundlage von Art. 108 AEUV vor allem der Kommission .4 In verfahrenstechnischer Hinsicht sind dabei zwei Ansätze zu unterscheiden: eine primärrechtlich vorgesehene ex-ante-Prüfung (siehe unter 2.2.1.) und eine sekundärrechtlich geprägte ex-post-Kontrolle (siehe unter 2.2.2.). 2.2.1. Vorabnotifizierung und Beihilfeverfahren Nach Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV sowie der sekundärrechtlichen Konkretisierung dieser Bestimmungen in Gestalt der Beihilfenverfahrensordnung (Beihilfe-VerfO)5 können mitgliedstaatliche Vorhaben zum einen vorab (präventiv) überprüft werden. Verfahrensrechtlicher Ausgangspunkt ist hierbei die Pflicht der Mitgliedstaaten, Beihilfen vor ihrer Einführung bei der Kommission anzumelden (Notifizierungspflicht, vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV6). Diese prüft sodann, ob eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt und – wenn das der Fall ist – ob sie insbesondere nach Art. 107 Abs. 3 AEUV gerechtfertigt werden kann.7 Erst im Anschluss hieran darf 2 Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 24.07.2003, Rs. C-280/00 (Altmark Trans), Rn. 74, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 3 Weitere primärrechtliche Vorschriften in diesem Zusammenhang sind Art. 107 Abs. 2 AEUV (zwingende Legalausnahmen ) oder Art. 106 Abs. 2 AEUV für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben. 4 Zu den wenigen, zum Teil auf Ausnahmesituationen beschränkten Kompetenzen des Rates im EU-Beihilfenrecht nach Art. 107 Abs. 3 lit. e, Art. 108 Abs. 2 UAbs. 3 sowie Art. 109 AEUV, vgl. allgemein, Frenz, Handbuch Europarecht, Band 3: Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 1224 ff. 5 Verordnung (EU) Nr. 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV, ABl.EU 2015 Nr. L 248/9 (letztmaliger Abruf am 12.11.18). 6 Vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Beihilfe-VerfO (Fn. 5). 7 Vgl. auch Art. 4, 6, 7 Beihilfe-VerfO (Fn. 5). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 6 der betreffende Mitgliedstaat die Beihilfe gewähren (sog. Durchführungsverbot, vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV8). Von hoher praktischer Bedeutung sind an dieser Stelle zahlreiche Sekundärrechtsakte, in denen die Kommission einerseits ihre Ermessenspraxis u. a. zur Auslegung des Art. 107 Abs. 3 AEUV und andererseits die beihilferechtliche Rechtsprechung der Unionsgerichte zum Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV verschriftlicht hat, um die Rechtssicherheit (Vorhersehbarkeit) und Transparenz ihres Entscheidungsprozesses zu erhöhen.9 Zu diesen Rechtsakten gehören überwiegend nicht verbindliche Maßnahmen, die – ähnlich wie nationale Verwaltungsvorschriften – zumindest eine Selbstbindung der Kommission begründen.10 Diese nichtverbindlichen Maßnahmen werden in Form von (zum Teil bereichsspezifischen) Leitlinien, Unionsrahmen und Mitteilungen11 erlassen. Beziehen sich die unverbindlichen Vorschriften auf die Rechtfertigungstatbestände etwa des Art. 107 Abs. 3 AEUV, gewährleistet die Einhaltung der in den Vorschriften enthaltenen Vorgaben in der Regel einen positiven Ausgang des Beihilfeverfahrens. Zu erwähnen ist für die tatbestandliche Seite des Art. 107 Abs. 1 AEUV zum einen die 2016 erlassene sog. Beihilfemitteilung, in welcher die Kommission den Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV anhand der bisherigen Rechtsprechung erläutert.12 Im Hinblick auf die Rechtfertigungsebene ist im vorliegenden Kontext auf die Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 bis 202013 (im Folgenden: Regionalbeihilfeleitlinien; dazu unten mehr) zu verweisen . 2.2.2. Freistellung von der Notifizierung und ex-post-Kontrolle Neben der primärrechtlich vorgegebenen (präventiven) ex-ante Kontrolle eröffnet das Primärrecht die Möglichkeit, Beihilfen auch ohne vorherige Anmeldung und Kommissionsüberprüfung zu gewähren, soweit bestimmte vorab bekannte materielle und formale Anforderungen eingehalten werden.14 Diese Anforderungen ergeben sich v. a. aus sog. Freistellungsverordnungen, die die 8 Vgl. auch Art. 3 Beihilfe-VerfO (Fn. 5). 9 Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 107 AEUV, Rn. 4. 10 Vgl. bspw. EuGH, Urt. v. 5.10.2000, Rs. C-288/96 (Deutschland/Deutschland), Rn. 62; EuGH, Urt. v. 7.03.2002, Rs. C-310/99 (Italien/Kommission), Rn. 52. 11 Ein Gesamtüberblick über die verschiedenen Rechtsakte findet sich auf den Seiten der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission (Stand vom 15.04.2014, letztmaliger Abruf am 12.11.18). Zur Frage der Rechtsverbindlichkeit der ermessenskonkretisierenden Kommissionsakte, vgl. Frenz (Fn. 4), Rn. 747 ff. 12 Siehe oben Fn. 1. 13 Kommission, Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014-2020, ABl.EU 2013 Nr. C 209/1 (letztmaliger Abruf am 12.11.18). 14 Dieser Bereich des Beihilferechts wurde im Zuge der 2014 durchgeführten Beihilferechtsreform („State Aid Modernisation “) ausgebaut, vgl. Soltész, Das neue europäische Beihilferecht, NJW 2014, S. 3128 (3130). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 7 Kommission u. a. auf Grundlage von Art. 108 Abs. 4 AEUV in Verbindung mit einer sie dazu ermächtigenden Verordnung des Rates im Sinne des Art. 109 AEUV erlassen kann.15 Bei Einhaltung der jeweiligen Vorgaben werden die Mitgliedstaaten von der Pflicht zur (vorherigen) Notifizierung des Beihilfevorhabens und seiner Vorab-Kontrolle nach Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV freigestellt . Die Kommission kann die ihr gleichwohl anzuzeigende Gewährung solcher Beihilfen jedoch nachträglich kontrollieren. Zu erwähnen ist vorliegend die allgemeine Freistellungsverordnung (im Folgenden: AGVO),16 die in Art. 13 ff. auch Vorgaben zur Freistellung von Regionalbeihilfen enthält. 3. Beihilferechtliche Relevanz von Sonderwirtschaftszonen Im Zusammenhang mit der Beihilferelevanz von Sonderwirtschaftszonen ist – wie in allen Beihilfefällen – zwischen dem Beihilfetatbestand (3.1.) und der Rechtfertigung etwaiger Beihilfen (3.2.) zu differenzieren. 3.1. Zum Beihilfetatbestand im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV Eine Sonderwirtschaftszone ist nicht per se von beihilferechtlicher Relevanz, sondern nur dann, wenn die damit zusammenhängenden bzw. darauf bezogenen staatlichen Maßnahmen zu Gunsten der dort tätigen Unternehmen den Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen. Bei der Einräumung von Steuervergünstigungen ist das in der Regel der Fall und wird sogleich dargestellt. Dabei sollen die einzelnen Merkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV auch in allgemeiner Hinsicht kurz dargestellt werden (3.1.1. bis 3.1.6.). 3.1.1. Unternehmen bzw. wirtschaftliche Tätigkeit Unproblematisch ist zunächst das Merkmal des Unternehmens bzw. der wirtschaftlichen Tätigkeit , auf die sich die Beihilfe beziehen muss. Unternehmen im Sinne des EU-Beihilferechts ist jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von der Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung.17 Unter wirtschaftlicher Tätigkeit ist jede Tätigkeit zu verstehen, die im 15 Bei der Verordnung des Rates auf Grundlage von Art. 109 AEUV handelt es sich um die Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates vom 13. Juli 2015 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen, ABl.EU 2015 Nr. L 248/1, (letztmaliger Abruf am 12.11.18). 16 Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl.EU 2014 Nr. L 187/1 (letztmaliger Abruf am 12.11.18). Eine konsolidierte Fassung mit nachträglichen Änderungen liegt ebenfalls vor (letztmaliger Abruf am 12.11.18). 17 Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 7. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 8 Anbieten von Waren und Dienstleistungen auf einen Markt besteht.18 Abzugrenzen ist diese von nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten, v. a. der Ausübung hoheitlicher Befugnisse.19 Die hier in Betracht kommenden Steuervergünstigungen dürften sich an Unternehmen im Sinne dieser Definition richten, so dass dieses Merkmal des Beihilfetatbestandes in jedem Fall erfüllt sein würde. 3.1.2. Finanzierung aus staatlichen Mittel Ähnlich unproblematisch verhält es sich in diesem Kontext mit dem Merkmal der Finanzierung der in Frage stehenden Maßnahme aus staatlichen Mitteln. Hierbei werden zwei Voraussetzungen unterschieden, die kumulativ vorliegen müssen: die staatliche Zurechenbarkeit der Entscheidung über die Gewährung von Mitteln an Unternehmen und die Qualifizierung dieser Mittel als staatliche.20 Steuervergünstigungen erfüllen beide Voraussetzungen. Sie beruhen auf gesetzlicher Anordnung und sind daher dem Staat zuzurechnen, ungeachtet der dafür innerstaatlich zuständigen Ebene. Zudem stellt der damit für den Staat einhergehende Einnahmeverzicht unstreitig eine Übertragung staatlicher Mittel an die begünstigten Unternehmen dar.21 3.1.3. Begünstigung Eine Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV – von der Kommission auch als Vorteil bezeichnet – ist jede wirtschaftliche Vergünstigung, die ein Unternehmen unter normalen Marktbedingungen , d. h. ohne Eingreifen des Staates, nicht erhalten könnte.22 Dabei sind weder der Grund noch das Ziel des staatlichen Eingreifens von Bedeutung, entscheidend ist allein die Auswirkung der betreffenden staatlichen Maßnahme auf das Unternehmen im Sinne einer Verbesserung seiner finanziellen Lage.23 Steuervergünstigungen stellen einen klassischen Fall beihilferechtlicher Begünstigungen dar: Die wirtschaftliche Vergünstigung resultiert hier aus der Befreiung von wirtschaftlichen Lasten, die ein Unternehmen normalerweise (hier: Steuern, ggf. in einer bestimmten Höhe) zu tragen hat.24 18 Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 12. 19 Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 17 ff. 20 Siehe hierzu allgemein Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 38 ff. 21 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 39 f. bzw. Rn. 51. 22 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 66. 23 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 67. 24 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 68, siehe dort insb. Fn. 105. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 9 3.1.4. Selektivität Eine aus staatlichen Mitteln an Unternehmen fließende Begünstigung ist nur dann beihilferelevant , wenn sie „an bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ fließt und damit selektiven Charakter aufweist. Anhand dieses Merkmals wurden in der Regel allgemein wirtschaftspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten aus dem Beihilfetatbestand ausgenommen, die, wie etwa Straßenbau etc., (ggf. auch) allen Unternehmen bzw. der gesamten Wirtschaft zugutekommen.25 Mittlerweile sind zumindest nach der Kommissionspraxis auch solch allgemein angelegte Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht prima facie der Anwendung des Beihilferechts entzogen.26 Dem Merkmal der Selektivität kommt sowohl für Steuervergünstigungen an sich als auch in Bezug auf die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen eine besondere Bedeutung zu. Im Hinblick auf steuerliche Maßnahmen im Besonderen und Maßnahmen zur Verringerung der normalen Belastungen von Unternehmen im Allgemeinen wurde in der Rechtsprechung des EuGH eine dreistufige Prüfung entwickelt, um zu bestimmen, ob es sich dabei um allgemeine oder selektive Maßnahmen handelt.27 Auf der ersten Stufe ist das Bezugssystem zu ermitteln, das für die Beurteilung der Maßnahme und ihrer etwaigen Selektivität anzuwenden ist.28 Steht dieses fest, ist auf der zweiten Stufe zu fragen, ob die betreffende Maßnahme eine Abweichung von diesem System darstellt oder ob sie systemkonform ist.29 Nur wenn eine Abweichung anzunehmen ist, kann eine Selektivität vorliegen, soweit nicht – auf der dritten Stufe – eine Rechtfertigung dieser Abweichung durch die Natur oder den inneren Aufbau des Bezugssystems in Betracht kommt.30 Im Fall der Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone, auf deren räumliches Gebiet die in Frage stehenden Steuervergünstigungen beschränkt sind, dürfte die steuerliche Selektivitätsprüfung durch die sog. regionale Selektivität überlagert werden.31 Da bereits eine räumliche Beschränkung einer Begünstigung dem Grunde nach dazu führt, dass eine Maßnahme nicht mehr allen Unternehmen zugutekommt, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen vor diesem Hintergrund eine Selektivität anzunehmen ist. Hierbei unterscheidet die Kommission auf Grundlage der Rechtsprechung drei Szenarien, in denen es letztlich darum geht, zu bestimmen, ob die regionale Beschränkung eine selektive Abweichung oder eine systemkonforme Ausgestaltung darstellt . Ergeben sich die regionalen Unterschiede – hier hinsichtlich der Steuervergünstigungen – 25 Vgl. etwa Koenig/Haratsch/Pechstein; Europarecht, 11. Aufl. 2018, Rn. 1272; siehe ferner Beihilfemitteilung (Fn. 1), Rn. 118. 26 Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 118. 27 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 126 ff. 28 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 132 ff. 29 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 135 ff. 30 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 138 ff. 31 Vgl. zur regionalen Selektivität Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 142 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 10 aus der innerstaatlichen Verteilung der Steuerhoheit auf verschiedene Ebenen (Bund, Land, Kommunen; bspw. bezüglich der Gewerbesteuer und des kommunalen Spielraums bei den Hebesätzen ), sind regionale Unterschiede in der Höhe der betreffenden Steuer nicht selektiv, sondern systemkonforme Folge der innerstaatlich unterschiedlich verteilten Steuerbefugnisse.32 Anders verhält es sich hingegen, wenn für eine bestimmte Region zentral festgelegt wird, dass dort niedrigere Steuern erhoben werden als im übrigen Staatsgebiet.33 Letzteres dürfte auch im Fall einer bundes- und/oder landesrechtlich zentral eingerichteten Sonderwirtschaftszone in der Lausitz gelten, da die dort in Betracht gezogenen Steuervergünstigungen wohl nicht auf der innerstaatlich unterschiedlichen Verteilung von Steuerbefugnissen beruhen würden. 3.1.5. Auswirkungen auf Handel und Wettbewerbsbeschränkung Den beiden letzten Kriterien des Art. 107 Abs. 1 AEUV – den Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und der Wettbewerbsbeschränkung – kommt generell und fallunabhängig eine nur geringe Bedeutung zu.34 Insbesondere bei größeren Beihilfevolumina dürften sie in der Regel als erfüllt angesehen werden. Vor allem können – bei Vorliegen der übrigen Merkmale – die Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nur in besonderen Konstellationen und lediglich bei nahezu ausschließlich lokalem Bezug ausgeschlossen werden.35 Im Hinblick auf die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone in der Lausitz und damit unmittelbar an der deutsch-polnischen Grenze wäre jedenfalls letzteres nicht möglich. Auch Wettbewerbsverfälschungen dürften in Folge der Steuervergünstigungen anzunehmen sein, da diese die Wettbewerbspositionen der empfangenden Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten verbessern und bereits hierdurch in den Wettbewerb eingreifen.36 3.1.6. Zwischenergebnis Soweit das charakteristische Merkmal einer Sonderwirtschaftszone in der Einräumung von Steuervergünstigungen besteht, dürften alle Merkmale des Beihilfetatbestandes nach Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegen und sich die Frage nach der (unionsrechtlichen) Rechtfertigung ihrer Einrichtung stellen. Eine abschließende Beurteilung des Beihilfetatbestandes kann an dieser Stelle jedoch nicht vorgenommen werden, da über die Ausgestaltung einer in der Lausitz ggf. anzusiedelnden Sonderwirtschaftszone keine konkreten Angaben vorliegen. 32 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 144, siehe v. a. Pkt. (2) und (3). 33 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 144, Pkt (1). 34 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 185 ff., insb. 187, 190, 192. 35 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 196 f. 36 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn 1), Rn. 187. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 11 3.2. Zur Rechtfertigung etwaiger Beihilfen im Zusammenhang mit Sonderwirtschaftszonen Ist nach den obigen Ausführungen somit grundsätzlich von einer Beihilferelevanz einer auf Steuervergünstigungen basierenden Sonderwirtschaftszone auszugehen, so stellt sich die Frage nach der materiellen Rechtfertigung und den dafür bestehenden Verfahrensanforderungen. Soweit ersichtlich, bestehen keine speziell auf Sonderwirtschaftszonen bezogenen Kommissionsakte , die in materieller Hinsicht Vorgaben für die beihilferechtliche Zulässigkeit derartiger Vorhaben enthalten. Aufgrund des lokalen Charakters einer Sonderwirtschaftszone dürfte die Zulässigkeit einer solchen Maßnahme im Lichte der Bestimmungen zu Regionalbeihilfen beurteilt werden .37 Verfahrenstechnisch aber auch hinsichtlich des Spielraums bei der Ausgestaltung einer Sonderwirtschaftszone ist im Folgenden zwischen den Regionalbeihilfeleitlinien (3.2.1.) und der Freistellungsmöglichkeit für Regionalbeihilfen nach der sog. AGVO38 (3.2.2.) zu unterscheiden. 3.2.1. Regionalbeihilfeleitlinien Regionalhilfeleitlinien als Prüfungsmaßstab für staatliche Beihilfen kommen im Rahmen der ex-ante Beihilfeprüfung zur Anwendung, wenn mitgliedstaatliche Maßnahmen zunächst der Kommission nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV notifiziert und in einem förmlichen Verfahren auf ihre Unionsrechtskonformität untersucht werden sollen. Erst nach positivem Ausgang des Verfahrens dürfen sie gewährt werden. Mit den Regionalbeihilfenleitlinien werden die Rechtfertigungstatbestände des Art. 107 Abs. 3 Buchst. a und c AEUV konkretisiert, wonach „Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht […]“ (Buchst. a), oder „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser […] Wirtschaftsgebiete […]“ (Bucht. c) als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können.39 Das übergeordnete Ziel dieser Art von Beihilfen liegt nach den Regionalbeihilfeleitlinien darin, „das Entwicklungsgefälle zwischen den verschiedenen Gebieten in der Europäischen Union zu verringern.“40 Grundvoraussetzung für die Gewährung von Regionalbeihilfen ist daher, dass die betreffenden Gebiete solche im Sinne des Art. 107 Abs. 3 Buchst. a oder c AEUV sind – die Kommission 37 So auch im Fall einer polnischen Sonderwirtschaftszone und einer an ein dortiges Unternehmen gewährten, gesondert nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV zu notifizierenden Beihilfemaßnahme, vgl. Entscheidung der Kommission vom 10. Dezember 2008 über die von Polen geplante staatliche Beihilfe C 11/08 (ex N 908/06) zugunsten der BVG Medien Beteiligungs GmbH, ABl. EU 2009 Nr. L 301/26 (letztmaliger Abruf am 12.11.18), vgl. Erwägungsgründe Nr. 1, 13, 79, 80. 38 Siehe oben Fn. 16. 39 Vgl. Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 1 ff. 40 Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 30. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 12 spricht insoweit von benachteiligten Gebieten.41 Kriterien zu deren Festlegung sind in den Regionalbeihilfeleitlinien enthalten.42 Auf dieser Grundlage können die Mitgliedstaaten die entsprechenden A- und C-Fördergebiete anhand von Fördergebietskarten bestimmen, die der Kommission anzumelden und von ihr zu genehmigen sind.43 Nach der geltenden Förderkarte für den laufenden Zeitraum der Regionalbeihilfeleitlinien 2014 bis 2020 liegt die Lausitz in einem sog. prädefinierten C-Fördergebiet,44 in welchem dem Grunde nach – zum jetzigen Zeitpunkt – gefördert werden dürfte. Welche Vorgaben hierfür im Rahmen der kommenden Förderperiode, die parallel zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 verlaufen dürfte, bestehen werden und ob das Gebiet der Lausitz dann weiterhin als förderfähiges Gebiet im Sinne der Regionalbeihilfen gelten wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden.45 Geht man von der jetzigen Rechtslage aus, wäre eine Förderung im Grundsatz möglich. Zu beachten wären dann die übrigen formellen und materiellen Vorgaben der Regionalbeihilfeleitlinien.46 Diese unterscheiden hinsichtlich der Beihilfearten grundsätzlich zwischen Beihilfen für sog. Erstinvestitionen einerseits und Betriebsbeihilfen andererseits.47 Zulässig sind vor allem die erstgenannten , während letztere nur in sehr beschränktem Umfang möglich sind.48 Hinsichtlich der weiteren Vorgaben, etwa zu den Beihilfeintensitäten usw., wird auf die Leitlinien verwiesen. Zu der Form, in welcher Regionalbeihilfen gewährt werden, finden sich dort zwar lediglich allgemeine Vorhaben. Diese sind allerdings für die Frage von Bedeutung, ob und unter welchen Bedingungen es sich dabei auch um Steuervergünstigungen handeln kann: „Regionalbeihilfen können in unterschiedlicher Form gewährt werden. Der Mitgliedstaat sollte jedoch sicherstellen, dass die Beihilfeform gewählt wird, von der die geringsten Beeinträchtigungen von Handel und Wettbewerb zu erwarten sind. Wenn die Beihilfe in einer Form gewährt wird, die dem Begünstigten einen direkten finanziellen Vorteil verschafft (zum Beispiel Direktzuschüsse, Befreiungen oder Ermäßigungen von Steuern oder Sozial- oder sonstigen Pflichtabgaben, Bereitstellung von Grundstücken, Gütern oder Dienstleistungen zu Vorzugsbedingungen), muss der Mitgliedstaat nach- 41 Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 1 f. 42 Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 145 ff. Vgl. auch Anhang I. 43 Vgl. Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 145. 44 Online auf den Seiten des BMWi abrufbar (letztmaliger Abruf am 12.11.18). 45 Siehe zu den Verhandlungen zum MFR 2021-2027 den Sachstand von PE 2 vom 15.10.2018 „Der Mehrjährige Finanzrahmen für den Zeitraum 2021 bis 2027“, PE-Dok 304/2018 (letztmaliger Abruf am 12.11.18). 46 Vgl. Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 25 ff. 47 Siehe zu den Definitionen Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 20, Buchst. h und i sowie Buchst. q. 48 Vgl. Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 31 ff., 40 ff. einerseits und Rn. 43 ff. andererseits. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 147/18 Seite 13 weisen, dass andere, möglicherweise mit geringeren Verfälschungen verbundene Beihilfeformen (zum Beispiel rückzahlbare Zuschüsse), oder auf Schuld- oder Eigenkapitalinstrumenten basierende Beihilfeformen (zum Beispiel zinsgünstige Darlehen oder Zinszuschüsse, staatliche Garantien, Erwerb von Beteiligungen oder eine anderweitige Bereitstellung von Kapital zu Vorzugsbedingungen) nicht geeignet sind.“49 Hieraus folgt, dass Regionalbeihilfen zwar auch in Form von Steuervergünstigungen gewährt werden können. Allerding müssen die Mitgliedstaaten den Nachweis erbringen, dass andere Beihilfeformen , die zu geringeren Wettbewerbsverfälschungen führen, hierfür nicht geeignet wären. 3.2.2. Freistellung von Regionalbeihilfen nach der AGVO Eine andere verfahrensrechtliche Option bietet die AGVO und die dort geregelten Vorgaben zu Regionalbeihilfen in Art. 13 bis 15 AGVO. Werden die materiellen Anforderungen, die dort für regionale Investitions- oder Betriebsbeihilfen aufgestellt sind, eingehalten, dann sind die entsprechenden staatlichen Maßnahmen von der Notifizierungspflicht freigestellt (vgl. Art. 14 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 2 AGVO) und können sofort gewährt werden, unterliegen aber der nachträglichen (ex-post) Kontrolle der Kommission. Inhaltlich beruhen sie auf den gleichen Grundsätzen wie die Regionalbeihilfeleitlinien. Im Unterschied zu den dortigen Vorgaben weisen die Art. 13 ff. AGVO allerdings einen geringeren Anwendungsbereich auf und enthalten viel konkretere Vorgaben zu den zulässigen Beihilfen, so dass den Mitgliedstaaten ein deutlich geringerer Ausgestaltungsspielraum zukommt als dies bei den Regionalbeihilfeleitlinien der Fall ist, die als Grundlage für eine individuelle Kommissionsprüfung vor Gewährung der Beihilfemaßnahme konzipiert sind. 3.2.3. Fazit Eine auf Steuervergünstigungen beruhende Sonderwirtschaftszone dürfte den Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen und bedürfte daher der beihilferechtlichen Rechtfertigung. Vorgaben hierzu ergeben sich aus den Bestimmungen der Kommission zu Regionalbeihilfen. Je nach in Betracht kommenden Verfahrensansatz wären im Fall einer Notfizierung des Vorhabens bei der Kommission nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV (ex-ante-Prüfung) die Regionalbeihilfeleitlinien zu beachten. Ließe sich die gewünschte Ausgestaltung der Steuervergünstigungen in der Sonderwirtschaftszone mit den Vorgaben der AGVO zu Regionalbeihilfen vereinbaren, könnte der darin liegende Weg der Freistellung von der Notifizierungspflicht gewählt werden. Die Beihilfen könnten dann gewährt werden, ohne dass eine vorherige Kommissionsprüfung erforderlich wäre. Die Einhaltung der AGVO-Vorgaben wäre dann einer nachträglichen Kommissionsprüfung zugänglich (ex-post-Kontrolle). – Fachbereich Europa – 49 Regionalbeihilfeleitlinien (Fn. 13), Rn. 57 (Hervorhebung durch Verfasser).