© 2015 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 146/14 Unionsrechtliche Fragen zur Dauer der Facharztausbildung bei Teilzeitausbildung Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 146/14 Seite 2 Unionsrechtliche Fragen zur Dauer der Facharztausbildung bei Teilzeitausbildung Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 146/14 Abschluss der Arbeit: 11. September 2014 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 146/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Unionsrechtliche Regelungen über die Facharztausbildung 4 2.1. Richtlinie 2005/36/EG 4 2.2. Normzweck der Richtlinie 2005/36/EG 5 2.3. Regelungen der Richtlinie 2005/36/EG zur Teilzeitausbildung 6 2.4. Auslegung des Begriffs der Gesamtdauer in Teilzeitausbildung 7 3. Zusammenfassung 9 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 146/14 Seite 4 1. Fragestellung Die Ausbildung zum Arzt endet mit der Erteilung der Approbation. Die Approbation ist die staatliche Erlaubnis zur Ausübung eines akademischen Heilberufs. Mit der Erteilung der Approbation besteht die Berechtigung, eigenverantwortlich Patienten zu behandeln und sich in freier Praxis niederzulassen. Die Facharztausbildung betrifft demgegenüber das Recht der ärztlichen Weiterbildung. Die Facharztausbildung ist die berufsbegleitende Phase der ärztlichen Weiterbildung im Anschluss an die Approbation, schließt mit der Anerkennung einer Facharztbezeichnung ab und liegt an der Schnittstelle zwischen dem Berufszugangsrecht des Arztes und der Berufsausübung. Die Ausbildung zum Facharzt ist je nach Fachrichtung mit einer gewissen Dauer festgelegt. Ein Internist braucht beispielsweise für seine Ausbildung sechs Jahre. Wird diese Ausbildung in Teilzeit absolviert , verlängert sich die Ausbildungszeit entsprechend. Wer die Ausbildung zum Internisten halbtags absolviert, braucht entsprechend zwölf Jahre. Vor diesem Hintergrund wird gefordert, die Länge der Ausbildung von verschiedenen Lernzielen abhängig zu machen und nicht nur auf die reine Dauer der Ausbildung abzustellen.1 Die Ausarbeitung setzt sich mit den Fragen auseinander, ob es mit dem Unionsrecht vereinbar ist, die Dauer der Facharztausbildung bei Teilzeitausbildung zu verkürzen und welche Voraussetzungen in diesem Fall erfüllt sein müssten. 2. Unionsrechtliche Regelungen über die Facharztausbildung 2.1. Richtlinie 2005/36/EG Für die Reglementierung der Facharztausbildung auf europäischer Ebene ist die Richtlinie 2005/36/EG2 von zentraler Bedeutung, die sich auf die Art. 40, Art. 47 Abs. 1, 47 Abs. 2 S. 1 und 3, Art. 55 EGV (nunmehr: Art. 46, 53 Abs. 1, 62 AEUV) stützt. Die Bestimmungen der Richtlinie erfordern eine Umsetzung in das nationale Recht. Für die richtlinienumsetzenden landes- und bundesgesetzlichen Regelungen der ärztlichen Grund- und Weiterbildung 3 normiert die Richtlinie 2005/36/EG Mindestanforderungen u.a. an die ärztliche 1 Vgl. Bundesärztekammer, Beschlussprotokoll des 116. Deutschen Ärztetages 2013, TOP IV, abrufbar unter http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/116DAETBeschlussprotokollfinal20130604LZ.pdf. 2 Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. L 255/22, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02005L0036-20120801&qid=1410449885112&from=DE. 3 Die ärztliche Weiterbildung fällt als Teil der Berufsausübung in die Kompetenz des Landesgesetzgebers, während die Ausbildung und damit das Berufszugangsrecht gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG in die Regelungskompetenz des Bundes fällt, vgl. BVerfGE 33, 125 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 146/14 Seite 5 Grundausbildung (Art. 24)4 sowie an die fachärztliche Weiterbildung (Art. 25)5. Bei der Erfüllung der für die Anerkennung normierten Kriterien hat eine gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen zu erfolgen, um so die unionsrechtliche Dienstleistungs- sowie Niederlassungsfreiheit zu gewährleisten . Voraussetzung einer automatischen Anerkennung der Qualifikation als Facharzt ist dementsprechend der Erwerb eines Ausbildungsnachweises gem. Art. 21 RL 2005/36/EG, der den Mindestanforderungen der RL 2005/36/EG über Dauer und Inhalt der Weiterbildung entspricht. 2.2. Normzweck der Richtlinie 2005/36/EG Die RL 2005/36/EG dient der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarkts und insbesondere der Erleichterung des grenzüberschreitenden Marktzuganges in der EU im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von Befähigungs- und Berufsqualifikationsnachweisen bei den sog. reglementierten Berufen.6 Hierunter fallen solche Berufe, bei denen der Zugang zur Tätigkeit rechtlich das Vorliegen berufsqualifizierender Anforderungen erfordert.7 Hintergrund der Richtlinie ist, dass die Mitgliedstaaten einerseits für die Regelungen betreffend den Zugang und die Ausübung von Berufen grundsätzlich zuständig, andererseits aber auch zur Verwirklichung der europäischen Grundfreiheiten mittels Anerkennung von Berufsqualifikationen verpflichtet sind. Diesbezüglich bleiben Hindernisse, soweit mitgliedstaatliche Regelungen wie beispielsweise ein nationales Prüfungserfordernis zum Nachweis entsprechender Fähigkeiten , die die Ausübung der Grundfreiheiten behindern können, durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (u.a. öffentliche Ordnung oder Gesundheitsschutz) gerechtfertigt sind. Dementsprechend verfolgt die RL 2005/36/EG das Ziel, dass die Freiheitsverwirklichung der Grundfreiheitsberechtigten nicht bloß durch die allgemeinen Gewährleistungen der Grundfreiheiten, sondern auch durch die konkreten Bestimmungen der Richtlinie gestärkt wird. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Verwirklichung einer Grundfreiheit regelmäßig erst durch Angleichung von schutzsichernder Regulierung in den Mitgliedstaaten im Interesse zwingender Allgemeinin- 4 Vgl. zur nationalen Rechtslage die bundesweit einheitliche Regelung über die Approbation zum Arzt in der Bundesärzteordnung (Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1301)) und der Approbationsordnung (Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 2. August 2013 (BGBl. I S. 3005)). 5 Die Bestimmungen über die ärztliche Weiterbildung sind in den Ländergesetzen und autonomen Satzungen der Landesärztekammern enthalten, vgl. hierzu die (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer, abrufbar unter http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/20130628-MWBO_V6.pdf sowie http://www.bundesaerztekammer .de/page.asp?his=0.8.5585. 6 Vgl. hierzu Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission vom 2. Oktober 2013 an das Europäische Parlament , den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, Bewertung der nationalen Reglementierungen des Berufszugangs, KOM(2013) 676 endg., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52013DC0676&from=DE; European Observatory on Health Systems and Policies, Health professional mobility in a changing Europe, World Health Organization 2014, S. 95 ff., abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0006/248343/Health-Professional-Mobility-in-a-Changing-Europe .pdf?ua=1 sowie http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0017/152324/e95812.pdf. 7 Vgl. EuGH, Rs. C-39/07 (Kommission/Spanien), Rn. 33. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 146/14 Seite 6 teressen erreicht werden kann. Diese Ratio verfolgt die Richtlinie durch Anknüpfung an das Herkunftslandprinzip , wonach der in einem Mitgliedstaat erworbene Qualifikationsnachweis für eine reglementierte Tätigkeit auch zur funktional entsprechenden Tätigkeit in jedem anderen Mitgliedstaat berechtigen soll.8 Die hierin zum Ausdruck kommende gegenseitige Anerkennung der Qualifikationsnachweise – d.h. die rechtliche Gleichstellung von Qualifikationsnachweisen, die in anderen Mitgliedstaaten erworben wurden, und der damit korrespondierende Verzicht auf eine erneute fachliche Prüfung – ist Ausdruck des wechselseitigen Vertrauens in die Gleichwertigkeit der Qualifikationen und erfordert damit eine funktional begründete Gleichwertigkeit, die in den Mindestanforderungen der Richtlinie zum Ausdruck kommt.9 2.3. Regelungen der Richtlinie 2005/36/EG zur Teilzeitausbildung Mit Blick auf ihren Regelungszweck, die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen zu ermöglichen bzw. zu vereinfachen, normiert die RL 2005/36/EG Mindestanforderungen an die ärztliche Grund- und Fortbildung, die von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen sind. Nach Art. 25 Abs. 2 RL 2005/36/EG umfasst die Weiterbildung zum Facharzt eine theoretische und praktische Ausbildung an behördlich anerkannten Weiterbildungsstellen. Die Mitgliedstaaten – bzw. in Deutschland die für die Regelung der Berufsausübung zuständigen Bundesländer – tragen dafür Sorge, dass die in Anhang V Nr. 5.1.3. für die verschiedenen Fachgebiete vorgegebene Mindestdauer der Facharztausbildung eingehalten wird. Dabei sind die Facharztausbildung und die entsprechende Mindestdauer grundsätzlich auf eine Vollzeittätigkeit bezogen. Nach Art. 25 Abs. 3 S. 2 RL 2005/36/EG setzt die Vollzeitweiterbildung voraus, „dass der in der Weiterbildung befindliche Arzt während der gesamten Dauer der Arbeitswoche und während des gesamten Jahres … seine volle berufliche Tätigkeit dieser praktischen und theoretischen Weiterbildung widmet.“ Das grundsätzliche Erfordernis einer Ausbildung in Vollzeit soll der sachorientierten Erwägungen Rechnung tragen, dass sich Lernerfolge erst nach einer Einarbeitungsphase einstellen und die Assistenten mehrfach längere Krankheitsverläufe beobachten sollen.10 8 Müller-Graff, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Auflage, 2012, Art. 53 AEUV, Rn. 4 f.; Kluth, Die neue EU-Berufsanerkennungsrichtlinie – Regelungsgehalt und Auswirkungen für Berufsangehörige und Berufsorganisationen, EuZW 2005, 486 ff. 9 Müller-Graff, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Auflage, 2012, Art. 53 AEUV, Rn. 8 f. 10 Vgl. EuGH, Rs. C-25/02 (Rinke), Rn. 38 ff. sowie BVerfG, Urteil v. 18. Februar 1999, 1 BvR 1036/99, Rn. 20 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 146/14 Seite 7 Im Hinblick auf die Weiterbildung zum Facharzt können die Mitgliedstaaten jedoch gem. Art. 22 lit. a RL 2005/36/EG gestatten, dass die Ausbildung unter bestimmten, fachbehördlich genehmigten Voraussetzungen auf Teilzeitbasis erfolgt.11 Gem. Art. 22 lit. a RL 2005/36/EG müssen die Behörden sicherstellen, dass bei einer Teilzeitweiterbildung die Gesamtdauer, das Niveau und die Qualität dieser Ausbildung nicht geringer sind als bei einer Vollzeitausbildung.12 2.4. Auslegung des Begriffs der Gesamtdauer in Teilzeitausbildung Vor dem Hintergrund des Erfordernis einer bestimmten Mindestdauer einerseits und der Vorgabe , dass bei einer Teilzeitweiterbildung die Gesamtdauer der Ausbildung gegenüber einer Vollzeitausbildung nicht geringer sein darf, bleibt auch bei einer Facharztausbildung in Teilzeit die in Art. 25 Abs. 2 S. 2 und im Anhang V Nr. 5.1.3 der RL 2005/36/EG vorgegebene, fachgebietsbezogene Mindestdauer der Weiterbildung maßgeblich und die Dauer der Weiterbildung verlängert sich bei einer Teilzeitausbildung entsprechend.13 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine nationale Bestimmung mit den Vorgaben der Richtlinie vereinbar wäre, die bei gleichwertigen Ausbildungsinhalten eine Verkürzung der Ausbildungsdauer bei einer Teilzeitausbildung vorsähe. Gegen die Vereinbarkeit einer solchen Regelung spricht zunächst der Wortlaut der Richtlinie. Danach ist eine feste Mindestdauer für die jeweilige fachärztliche Weiterbildung vorgesehen, ohne dass begrifflich zwischen Teilzeit- und Vollzeitausbildung unterschieden wird. Zudem widerspräche eine solche Regelung auch dem Normzweck. Die Richtlinie regelt die Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und Weiterbildungen und die dafür erforderliche Mindestharmonisierung. Der Erwerb der entsprechenden Qualifikationen im rein innerstaatlichen Bereich ist grundsätzlich nicht davon betroffen. Den Mitgliedstaaten bleibt es auf Grund ihrer fortbestehenden Kompetenz im Bereich der Berufszugangs- und ausübungsregeln für Ärzte zwar unbenommen, rein interne Sachverhalte anders zu regeln, als dies von der gem. Art. 53 AEUV erlassenen Koordinierungsregel gefordert wird. So können beispielsweise für bestimmte Facharztausbildung eine längere oder kürzere Ausbildungszeit vorgesehen werden. Jedoch widerspräche ein Unterschreiten der Mindestanforderung dem Normzweck, eine gegenseitige und automatische Anerkennung der jeweiligen Qualifikation zwischen den Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Auf Grundlage der RL 2005/36/EG ist der Weiterbildungsstand als gleichwertig anzusehen bzw. anzuerkennen, wenn die Weiterbildung des Antragstellers keine wesentlichen 11 Einen Sonderfall hinsichtlich der Möglichkeit einer Teilzeitausbildung bildet dabei die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin gem. Art. 28 RL 2005/36/EG, wonach bestimmte Ausbildungsabschnitte in Vollzeit abzuleisten sind. Zu der Rechtfertigung der zwingenden Vollzeittätigkeit im Kontext einer potenziellen mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts vgl. EuGH, Rs. C-25/02 (Rinke), Rn. 38 ff. 12 Vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 20. Mai 2014 – 3 A 145/12 –, Rn. 57 f., juris; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes , Urteil vom 04. November 2011 – 3 A 163/10 –, Rn. 58 ff., juris. 13 Für die Umsetzung dieser Vorgabe für die Dauer der Weiterbildung in nationales Recht vgl. § 4 Abs. 6 der (Muster -)Weiterbildungsordnung (s.o. Fn. 5), wonach eine Weiterbildung in Teilzeit hinsichtlich Gesamtdauer, Niveau und Qualität den Anforderungen an eine ganztägige Weiterbildung entsprechen muss. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Teilzeittätigkeit mindestens die Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit beträgt. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 146/14 Seite 8 Unterschiede gegenüber der Weiterbildung nach dieser Weiterbildungsordnung aufweist, was jedoch bei einer divergierenden Ausbildungszeit nicht sichergestellt sein könnte.14 Darüber hinaus erscheint eine solche Regelung auch nicht mit der Systematik der Richtlinie vereinbar . Die automatische Anerkennung von inländischen Weiterbildungen umfasst sowohl die Kriterien der Weiterbildungsdauer als auch den Weiterbildungsinhalt. Dabei wird die notwendige Mindestdauer der Facharztausbildung in Jahren ausgedrückt. Die notwendige Dauer der ärztlichen Grundausbildung wird in Art. 24 Abs. 2 RL 2005/36/EG hingegen in Jahren oder Ausbildungsstunden angegeben – wobei sich die Frage stellt, ob die Mindestdauer der Grundausbildung für Ärzte in Jahren oder Ausbildungsstunden anzugeben ist und ob beide Kriterien zwei Optionen darstellen oder kumulativ zu sehen sind.15 Jedenfalls findet sich eine solche Differenzierung nicht für die fachärztliche Weiterbildung. Dies lässt darauf schließen, dass sich ein davon abweichendes Zeitmodell – beispielsweise auf Grundlage von Ausbildungsstunden – nicht auf die Richtlinie RL 2005/36/EG stützen ließe. Diese Erwägung wird bekräftigt durch Art. 25 Abs. 5 der RL 2005/36/EG, wonach die Kommission damit beauftragt wird, die in Anhang V Nummer 5.1.3 aufgeführte jeweilige Mindestdauer der Weiterbildung anzupassen, um dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt Rechnung zu tragen. Somit soll es gerade nicht den Mitgliedstaaten obliegen, eine autonome Anpassung der Ausbildungsdauer vorzunehmen. Schließlich deutet auch die Entstehungsgeschichte der Regelungen zur Mindestdauer der Weiterbildung darauf hin, dass eine Verkürzung der Ausbildungsdauer bei einer Teilzeitausbildung im Widerspruch zu den Vorgaben der RL 2005/36/EG stünde. Nach den für die ärztliche Weiterbildung maßgeblichen Regelungen in den Richtlinien 75/363/EWG16 und 86/457/EWG17 war eine Fortbildung in Teilzeit zwar grundsätzlich möglich, sofern das Niveau der Weiterbildung nicht beeinträchtigt wird. Die nachfolgende Richtlinie 93/16/EWG18 zur Erleichterung der Freizügigkeit 14 Vgl. hierzu die Umsetzung in § 18 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 (Muster-)Weiterbildungsordnung (s.o. Fn. 5), wonach ein wesentlicher Unterschied insbesondere dann vorliegt, wenn die nachgewiesene Weiterbildungsdauer mindestens ein Jahr unter der durch diese Weiterbildungsordnung festgelegten Weiterbildungsdauer liegt. 15 Europäische Kommission, Zusammenfassung der Folgenabschätzung zu KOM(2011) 883 endg., SEK(2011) 1559 endg., S. 4, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52011SC1559&from=DE. 16 Richtlinie 75/363/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeiten des Arztes, ABl. L 167/14, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31975L0363&qid=1410447425015&from=DE. 17 Richtlinie 86/457/EWG des Rates vom 15. September 1986 über eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin , ABl. L 267/26, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31986L0457&qid=1410447242624&from=DE. 18 Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, ABl. L 165/1, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:01993L0016- 20071020&qid=1410447960851&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 146/14 Seite 9 für Ärzte, die in der nunmehr geltenden RL 2005/36/EG aufgegangen ist, entsprach im Wesentlichen den Vorgaben der Vorgängerrichtlinien. Auch im Rahmen der Reform der RL 2005/36/EG durch die Richtlinie 2013/55/EU19 erfolgten keine Modifikationen im Hinblick auf eine potenzielle Verkürzung der Dauer der ärztlichen Weiterbildung bei einer Weiterbildung in Teilzeit. Auf Grundlage des Vorschlags KOM(2011) 883 endg. wurde lediglich die Möglichkeit einer Befreiung von bestimmten Teilleistungen der Weiterbildung eingeführt, sofern diese bereits in einer früheren bzw. parallelen Ausbildung erbracht worden sind. 3. Zusammenfassung Die Auslegung des Begriffs der Mindestdauer der Weiterbildung der RL 2005/36/EG lässt darauf schließen, dass auch bei einer Weiterbildung in Teilzeit die in Art. 25 Abs. 2 S. 2 und im Anhang V Nr. 5.1.3 der RL 2005/36/EG vorgegebene, fachgebietsbezogene Mindestdauer der Weiterbildung maßgeblich bleibt und sich die Dauer der Weiterbildung bei einer Teilzeitausbildung entsprechend dem Teilzeitmodell verlängert. Dementsprechend stünde eine die Mindestausbildungsdauer unterscheitende mitgliedstaatliche Regelung im Widerspruch zu den Vorgaben der Richtlinie zur Facharztausbildung. Zwar spricht der Regelungszweck der RL 2005/36/EG dafür, dass ein solcher Widerspruch bei rein innerstaatlichen Sachverhalten keine Auswirkung auf die innerstaatliche Anerkennung einer Facharztqualifikation hätte. Jedoch hätte eine die Mindestdauer unterschreitende Weiterbildung zur Folge, dass der jeweilige Abschluss potenziell nur zu entsprechenden Tätigkeiten im Inland, nicht aber auch in anderen Mitgliedstaaten berechtigen würde. 19 Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems ( „IMI- Verordnung“ ), ABl. L 354/132, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013L0055&from=DE.