PE 6 - 3000 - 144/18 (14. Dezember 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. 1. Fragestellung und Vorbemerkung Der Fachbereich ist um Informationen zu der Frage ersucht worden, ob die Europäische Union (EU) im Verhältnis zu Drittstaaten - etwa im Zuge von Handelsabkommen oder zur Bewilligung von Förderungen, Investitionsauflagen oder anderen Mechanismen gleicher Wirkung oder Intention – darauf hinwirkt, staatliche Anteile des jeweiligen Drittstaates an Joint Ventures zu begrenzen oder zu reduzieren. Zutreffendenfalls wird nach Beispielen gefragt, an denen Form und Ausgestaltung solcher Auflagen oder Mechanismen aktuell und in der jüngeren Vergangenheit zu erkennen ist. Die Fragestellung ist dahingehend präzisiert worden, dass sie auf Bemühungen der EU zielt, gegen Vorschriften in bestimmten (weniger marktwirtschaftlich verfassten) Staaten wie China, die OPEC-Mitglieder und einer Reihe afrikanischer Staaten vorzugehen, nach denen der Staat oder staatliche Unternehmen mit bestimmten Mindestanteilen in diesen Joint Ventures vertreten sein muss bzw. müssen (sog. foreign equity caps - Beschränkungen ausländischer Beteiligungen). Bei seiner Recherche zu dieser Fragestellung wurde der Fachbereich durch das Verbindungsbüro des Deutschen Bundestages bei der Europäischen Union (Referat PE 4) unterstützt, das direkten Kontakt mit den zuständigen Dienststellen der Europäischen Kommission (KOM) aufgenommen hat. In der vorliegenden Kurzinformation werden die dabei erteilten Auskünfte der KOM zusammengefasst . 2. Zum Ziel der Reduzierung von Beschränkungen durch sog. foreign equity caps Nach Auskunft der KOM ist die EU sowohl auf multilateraler Ebene im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) als auch auf bilateraler Ebene im Rahmen von Freihandels-und Investitionsabkommen darum bemüht, dass europäische Investoren in Drittländern Investitionen tätigen können und die Bedingungen für diese Investitionen so ausgestaltet sind, dass ein Investor die Kontrolle über seine Investition behalten kann. Bei den sog. foreign equity caps handele es sich um von Drittstaaten ergriffene Maßnahmen, die Hindernisse für europäische Investoren darstellen und die die EU bestrebt sei zu reduzieren. Im Zusammenhang mit Joint-Venture-Projekten seien z. B. auch bestimmte rechtliche Vorschriften zur Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Kurzinformation Bemühungen der Europäischen Union zur Begrenzung staatlicher Anteile in Joint Ventures im Rahmen von Handelsabkommen Kurzinformation Bemühungen der Europäischen Union zur Begrenzung staatlicher Anteile in Joint Ventures im Rahmen von Handelsabkommen Fachbereich Europa (PE 6) Seite 2 Gründung von Joint-Venture Projekten oder zur Besetzung des Aufsichtsrates als Hindernisse für Investoren zu nennen. Hinsichtlich der Restriktionen durch sog. foreign equity caps merkt die KOM an, dass hierbei nicht relevant sei, ob die nationalen Vorschriften eines Drittstaates eine Mehrheit der Anteile für den Drittstaat bzw. staatliche Unternehmen des Drittstaates oder für im Drittstaat ansässige private Unternehmen vorschreiben. Vielmehr ziele das Bemühen um eine Abschaffung bzw. eine Reduzierung einer „foreign equity cap“ darauf, die möglichen Anteile eines ausländischen Investors an einem Joint-Venture Projekt zu erhöhen. In diesem Zusammenhang bestehe keine Verpflichtung bzw. Druck für einen Drittstaat, staatliche Unternehmen zu privatisieren. Der erste Ansatzpunkt für die EU, Fragen der Marktöffnung mit einem Drittstaat zu verhandeln, finde auf multilateraler Ebene im Rahmen des Beitrittsprozesses eines Mitgliedstaates zur WTO statt. Ausganspunkt multilateraler Verhandlungen seien dabei die Grundprinzipien der WTO: - Meistbegünstigenklausel (Most favored nation treatment), wonach Handelsvorteile, die einem Vertragspartner gewährt werden, im Zuge der Gleichberechtigung allen Vertragspartnern gewährt werden müssen, sowie - das Prinzip der Inländerbehandlung (national treatment), wonach ausländische und inländische Anbieter grundsätzlich gleich behandelt werden müssen. Die Verpflichtungen, die ein WTO-Mitglied eingeht, würden in sog. „schedules“ festgehalten. Dazu gehörten auch die Ausnahmen, die ein Land hinsichtlich des Marktzugangs und der o. g. Prinzipen ausgehandelt hat. Das WTO-Beitrittsprotokoll1 Chinas enthalte zahlreiche Ausnahmen; so werde China z. B. zugestanden , dass in bestimmten Wirtschaftssektoren die Anteile ausländischer Investoren auf 49 % zu begrenzen. Diese seien z. T. aber auch als Übergangsregeln ausgehandelt worden, die schrittwiese abgeschafft werden sollen.2 Über die Verhandlungen im Rahmen der WTO hinaus führe die EU auch zahlreiche bilaterale Verhandlungen über Freihandels- und Investitionsabkommen mit dem Ziel, die im Rahmen der WTO eingegangenen Verpflichtungen zu erweitern und auszubauen. So verhandele die EU derzeit beispielsweise ein Investitionsabkommen mit China.3 Diese Verhandlungen zielten u. a. darauf ab, die Investitionshindernisse zwischen China und der EU abzubauen, Marktzugangsmöglichkeiten in größtmöglichem Umfang zu gewährleisten und bestehende Beschränkungen der Inländerbehandlung zu erörtern. Zu den beschränkenden Maßnahmen Chinas, die die EU bestrebt ist zu verändern, fallen auch sog. foreign equtiy caps (in dem oben beschriebenen Kontext). - Fachbereich Europa - 1 Protocol on the Accession oft he People’s Republic of China vom 23. November 2001, online abrufbar unter: https://www.wto.org/english/thewto_e/acc_e/completeacc_e.htm, dort: WT/L/432 abrufen 2 Vgl. bspw. Annex 9 People’s Republic of China Schedule of Specific Commitments on Services List of Article II Excemptions, S. 12 und 17, online abrufbar unter https://www.wto.org/english/thewto_e/acc_e/completeacc_e.htm, dort: WT/ACC/CHN/49/Add.2 abrufen. 3 Vgl. KOM, Website der GD Trade, Handelsbeziehungen zu China.