© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 132/14 Unionsrechtliche Fragen zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 2 Unionsrechtliche Fragen zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 132/14 Abschluss der Arbeit: 25. August 2014 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Hintergründe 4 3. Vereinbarkeit von § 29 StAG n.F. mit dem Unionsrecht 6 3.1. Vorbemerkung zum Prüfungsmaßstab 6 3.2. Freizügigkeit der Unionsbürger 7 3.2.1. Schutzbereich 7 3.2.2. Eingriff in die Freizügigkeit 9 3.2.3. Rechtfertigung einer Beschränkung der Freizügigkeit 10 3.2.3.1. Rechtfertigungsgründe 11 3.2.3.1.1. Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG 11 3.2.3.1.2. Erfordernis einer hinreichend engen Bindung 11 3.2.3.2. Verhältnismäßigkeit 13 3.2.3.2.1. Geeignetheit 13 3.2.3.2.2. Erforderlichkeit 14 3.2.3.2.3. Angemessenheit 14 4. Zusammenfassung 16 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 4 1. Fragestellung Der Fachbereich wird um Antwort auf die Frage gebeten, ob die die Neuregelung in § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der am 3. Juli 2014 vom Bundestag verabschiedeten Fassung1 unionsrechtlichen Bedenken insbesondere in Hinblick auf die Unionsbürgerschaft (Art. 20 AEUV), die Freizügigkeit der Unionsbürger (Art. 21 AEUV) und die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV) begegnet. In dem dieser Ausarbeitung zugrundeliegenden Auftrag wird darauf hingewiesen, dass sich Bedenken insbesondere aus drei Gesichtspunkten ergeben könnten: Die Neuregelung stelle den Aufenthalt, Schulbesuch, Schulabschlüsse und berufliche Ausbildungen in einem anderen EU-Mitgliedstaat nicht Aufenthalten, Schulbesuchen, Schulabschlüssen und beruflichen Ausbildungen im Inland gleich. Dies mache die Wahrnehmung unionsrechtlicher Grundfreiheiten weniger attraktiv und stelle daher eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Grundfreiheiten dar im Sinne der Rechtssache EuGH C-33/74 (van Binsbergen). Zudem enthalte die Neuregelung zwar in § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. eine Härteklausel. Jedoch blieben die Betroffenen zunächst im Unsicheren darüber, ob und ggf. unter welchen Bedingungen sie auch und insbesondere in Fallkonstellationen mit Bezug zur EU von der Härteklausel erfasst werden. Die Bundesregierung verweise insofern auf die Einzelfallprüfung durch die Verwaltungsbehörden (BT-Drs. 18/1369, S. 6). Härteklauseln sollten in der Regel aber nur Sachverhalte erfassen, die für den Gesetzgeber nicht vorhersehbar sind. Schließlich knüpfe die Neuregelung im Gegensatz zu dem der Rechtssache EuGH, C-135/08 (Rottmann ) zugrundeliegenden Sachverhalt den etwaigen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit und somit der Unionsbürgerschaft nicht an ein nach allgemeinen Rechtsprinzipien zu missbilligendes Verhalten des Betroffenen an, sondern an die Ausübung unionsrechtlicher Grundfreiheiten durch den Betroffenen. Daher könne es möglicherweise an einem Rechtfertigungsgrund für die Beschränkung unionsrechtlicher Rechtspositionen und/oder an der Verhältnismäßigkeit dieser Beschränkung fehlen. 2. Hintergründe Das frühere deutsche Staatsangehörigkeitsrecht knüpfte den Erwerb der Staatsangehörigkeit an die Abstammung (ius sanguinis). Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 1999 wurde das Abstammungsprinzip um Elemente des Geburtsortsprinzips (ius soli) für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern erweitert.2 Danach erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland, wenn u.a. 1 Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, BT-Drs. 18/1312, vgl. hierzu die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, BT-Drs. 18/1955, den Bericht des Innenausschusses, BT-Drs 18/2005 sowie die 3. Beratung und Schlussabstimmung in BT-PlPr 18/46 , S. 4194C - 4194D. 2 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) vom 22. Juli 1913 (RGBl. I S. 583) in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999, BGBl. I S. 1618. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 5 ein Elternteil seit acht Jahren seinen rechtmäßigen3 und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§§ 4 Abs. 3 Nr. 1, 29 Abs. 1 StAG). Sofern das Kind aufgrund des Abstammungsprinzips eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt, war der ius soli-Erwerb mit der Verpflichtung verbunden, dass sich das Kind nach Erreichen der Volljährigkeit erklären muss, ob es die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will, sofern nicht ein Fall der gem. § 12 StAG zulässigen Mehrstaatigkeit greift. Nach der nunmehr verabschiedeten Fassung des StAG (im Folgenden: StAG n.F.) wird die Optionspflicht dahingehend modifiziert, dass sich eine Person, die nach dem ius sanguinis-Prinzip eine ausländische Staatsangehörigkeit und nach dem ius soli-Prinzip die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, nach Vollendung des 21. Lebensjahres erklären muss, ob sie die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will. Dabei setzt der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach dem ius-soli-Prinzip weiterhin voraus, dass ein Elternteil seit acht Jahren seinen rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§ 4 Abs. 3 StAG n.F.). Die Optionspflicht besteht gem. § 29 Abs. 1 StAG n.F. dann, wenn die Person „1.die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Absatz 3 oder § 40b erworben hat, 2. nicht nach Absatz 1a im Inland aufgewachsen ist, 3. eine andere ausländische Staatsangehörigkeit als die eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt und 4. innerhalb eines Jahres nach Vollendung seines 21. Lebensjahres einen Hinweis nach Absatz 5 Satz 5 über seine Erklärungspflicht erhalten hat.“ Die Optionspflicht für Kinder, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit nach dem ius soli-Prinzip erworben haben, entfällt somit gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 StAG n.F., wenn sie im Inland aufgewachsen sind. Das ist gem. § 29 Abs. 1a StAG n.F. der Fall, „[…] wenn er bis zur Vollendung seines 21. Lebensjahres 1. sich acht Jahre gewöhnlich im Inland aufgehalten hat, 2. sechs Jahre im Inland eine Schule besucht hat oder 3. über einen im Inland erworbenen Schulabschluss oder eine im Inland abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. 3 Vgl. zum Begriff des „rechtmäßigen und gewöhnlichen“ Aufenthalts die Nummern 4.3.1.2, 5.1.2, 8.1.2.3, 9.1.2.1 und 10.1.1 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren zum Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 158), abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/MigrationIntegration /Staatsangehoerigkeit/Anwendungshinweise_05_2009.pdf?__blob=publicationFile. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 6 Als im Inland aufgewachsen nach Satz 1 gilt auch, wer im Einzelfall einen vergleichbar engen Bezug zu Deutschland hat und für den die Optionspflicht nach den Umständen des Falles eine besondere Härte bedeuten würde.“ 3. Vereinbarkeit von § 29 StAG n.F. mit dem Unionsrecht Nach der Neufassung des § 29 StAG betrifft die Optionspflicht somit insbesondere solche Personen , die weder gem. § 29 Abs. 1a StAG n.F. im Inland aufgewachsen sind noch die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaates oder der Schweiz besitzen. Zur Klarstellung4 gehen die folgenden Ausführungen zur Prüfung der Unionsrechtskonformität des § 29 StAG n.F. von folgendem Grundfall aus: Zwei kanadische Staatsbürger haben ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in Aachen gem. § 4 Abs. 3 StAG n.F. und werden dort Eltern eines Kindes. Das Kind erwirbt die kanadische Staatsbürgerschaft durch Abstammung und die deutsche Staatsbürgerschaft auf Grundlage des Geburtsortsprinzips. Die Eltern ziehen mit ihrem Kind in dessen fünften Lebensjahr nach Maastricht, wo das Kind bis zur Vollendung seines 21. Lebensjahres seinen regelmäßigen Aufenthalt hat und einen Schulabschluss macht. Die mehrstaatige Person möchte nach Vollendung des 21. Lebensjahres die kanadische und die deutsche Staatsbürgerschaft behalten. Entsprechend den Regeln des § 29 StAG n.F. unterfiele die Person somit der Optionspflicht hinsichtlich der Beibehaltung oder des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Bedingungen des § 29 StAG n.F. für das Entfallen bzw. Bestehen einer Optionspflicht mit den Grundsätzen Unionsbürgerschaft und insbesondere der Freizügigkeit der Unionsbürger gem. Art. 2 Abs. 2 lit. a, 21 AEUV sowie mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinbar sind. 3.1. Vorbemerkung zum Prüfungsmaßstab Zu dem Prüfungsmaßstab, der den folgenden Ausführungen zugrunde liegt, ist vorab anzumerken , dass die Freizügigkeit tatbestandlich an die Unionsbürgerschaft anknüpft. Insofern ist zwischen dem subjektiven Recht der Unionsbürgerschaft und dem subjektiven Recht der Freizügigkeit zu differenzieren. Die Frage nach der Unionsrechtskonformität der Optionspflicht gem. § 29 StAG n.F. bewegt sich dabei auf der Grenze der beiden subjektiven Rechte, indem die Optionspflicht zunächst als eine Frage der potenziellen Beschränkung des Freizügigkeitsrechts gem. Art. 21 AEUV darstellt, während der drohende oder tatsächliche Wegfall der Unionsbürgerschaft das subjektive Recht aus Art. 20 AEUV betrifft.5 Da die hierbei relevanten Fragen – insbesondere der Schutz des Kernbestands der Rechte aus dem Unionsbürgerstatus – im Wesentlichen auch 4 Spezifische Fallkonstellationen, die sich beispielsweise aus der Anwendung von Assoziierungsabkommen oder Fragen des Familiennachzugs ergeben bleiben bei der folgenden Darstellung außer Betracht. Für die Gewährleistung des Schutzes des Familienlebens der Unionsbürger und die Beseitigung von Hindernissen bei der Ausübung der primärrechtlichen Freiheiten vgl. bspw. EuGH, verb. Rs. C-482/01 und C-493/01 (Orfanopoulos und Oliveri), Rn. 98. 5 Für das Konkurrenzverhältnis von Unionsbürgerschaft und Unionsbürgerrechten vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein , Europarecht, 9. Auflage 2014, Rn. 761. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 7 von dem insoweit weiteren Schutzbereich des Art. 21 AEUV mit erfasst werden, stellt die folgende Prüfung auf das Freizügigkeitsrecht der Unionsbürger ab. Die Ergebnisse der Prüfung finden entsprechend Anwendung auf das speziellere Recht der Arbeitnehmerfreizügigkeit. 3.2. Freizügigkeit der Unionsbürger 3.2.1. Schutzbereich Die Zuständigkeit zur Regelung von Frage der Staatsangehörigkeit liegt grundsätzlich bei den Mitgliedstaaten. Insoweit hat EuGH wiederholt bekräftigt, dass die Festlegung der Voraussetzungen für den Erwerb und den Verlust der Staatsangehörigkeit nach dem Völkerrecht in die ausschließliche Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten fällt.6 Jedoch müssen die Mitgliedstaaten auch im Bereich ihrer ausschließlichen Zuständigkeiten von ihren Befugnissen unter Beachtung und Wahrung des Unionsrechts Gebrauch machen, sofern eine Situation vom sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts erfasst wird.7 Insoweit sind vorliegend insbesondere die Gewährleistungen der Freizügigkeit der Unionsbürger gem. Art. 21 AEUV von Bedeutung, die wiederum auf dem Status der Unionsbürgerschaft beruht. Die Unionsbürgerschaft setzt die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats voraus, stellt jedoch auch ein im Verhältnis zu dem der Staatsangehörigkeit autonomes rechtliches und politisches Konzept dar.8 Die Unionsbürgerschaft soll der grundsätzliche Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten sein, wenn sie ihr Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt in der Union wahrnehmen.9 Vor diesem Hintergrund vermittelt die Unionsbürgerschaft den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten das elementare und persönliche Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der im Primär- und Sekundärrecht vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Zum Schutz dieser Freiheit steht Art. 21 AEUV nationalen Maßnahmen entgegen, die bewirken, dass den Unionsbürgern der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, vorenthalten wird.10 Darüber hinaus verbietet Art. 21 AEUV solche Bestimmung, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats daran hindern oder davon abhalten , sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen .11 Dementsprechend folgt aus dem in Art. 21 AEUV verankerten Recht, sich im Hoheitsge- 6 EuGH, Rs. C-369/90 (Micheletti), Rn. 10; EuGH, Rs. C-179/98 (Mesbah), Rn. 29; EuGH, Rs. C-192/99 (Kaur), Rn. 24; EuGH, Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 39. 7 EuGH, Rs. C-148/02 (Garcia Avello), Rn. 25 f.; EuGH, Rs. C-353/06 (Grunkin und Paul), Rn. 16; EuGH, Rs. C-208/09 (Sayn-Wittgenstein), Rn. 38 f. 8 GA Maduro, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 23. 9 EuGH, Rs. C-184/99 (Grzelczyk), Rn. 31; EuGH, Rs. C-413/99 (Baumbast), 82. 10 Vgl. EuGH, Rs. C-34/09 (Zambrano), Rn. 42. 11 EuGH, Rs. C-385/00 (de Groot), Rn. 78; EuGH, Rs. C-240/10 (Schulz-Delzers), Rn. 78. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 8 biet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, nicht nur der Anspruch auf beschränkungs - und diskriminierungsfreien12 Zugang und Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Es erfordert zugleich eine beschränkungsfreie Wegzugsmöglichkeit als notwendige Voraussetzung für die Wahrnehmung der Aufenthaltsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat. Dementsprechend umfasst das Recht auf Freizügigkeit für die Unionsbürger sowohl das Recht, sich in einen anderen Mitgliedstaat als ihren Herkunftsmitgliedstaat zu begeben, als auch das entsprechende Recht, ihren Herkunftsmitgliedstaat zu verlassen.13 Auf die vorstehend genannten, mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte können sich Unionsbürger gem. Art. 20 Abs. 1 AEUV auch gegenüber ihrem Herkunftsmitgliedstaat berufen.14 Vor diesem Hintergrund fallen solche Situationen in den Anwendungsbereich des Unionsrechts, die sich auf die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Freiheiten und insbesondere das aus der Unionsbürgerschaft folgende und durch Art. 21 AEUV konkretisierte Recht beziehen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.15 Infolgedessen haben die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit im Bereich der Staatsangehörigkeit das Unionsrecht und insbesondere die aus der Unionsbürgerschaft folgenden Rechte zu beachten.16 Vorliegend ergibt sich der sachliche Zusammenhang zu den Freizügigkeitsrechten daraus, dass die Optionspflichtigkeit gem. § 29 Abs. 1 StAG n.F. auf die Ausübung einer Unionsbürgerfreiheit zurückgeführt werden kann. Wüchse eine Person von Geburt an bis zur Vollendung ihres 21 Lebensjahres im Sinne des § 29 Abs. 1a StAG n.F. im Inland auf, so entfiele gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 StAG n.F. die Optionspflicht. Ein entsprechender Zusammenhang lässt sich auch im Hinblick auf die Kriterien in § 29 Abs. 1a Nr. 2 und 3 StAG n.F. begründen. Auch ein Angehöriger eines Mitgliedstaats , der sich zum Schulbesuch in einen anderen Mitgliedstaat begibt, macht von der 12 Zu dem insoweit einschlägigen Art. 18 AEUV vgl. EuGH, Rs. C-148/02 (Garcia Avello), Rn. 24; EuGH, Rs. C-209/03 (Bidar), Rn. 32 f.; EuGH, Rs. C-158/07 (Förster), Rn. 36 f.; EuGH, Rs. C-147/03 (Kommission/Österreich ), Rn. 32. Vgl. zu dem Recht auf Gleichbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat vgl. Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ABl. L 158/77, berichtigt in ABl. 2004, L 229/35, und ABl. 2007, L 204/28, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal -content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02004L0038-20110616&qid=1408544333933&from=DE. 13 Vgl. EuGH, Rs. C-33/07 (Jipa), Rn. 18; EuGH, Rs. C-434/10 (Aladzhov), Rn. 25. 14 EuGH, Rs. C-224/98 (D’Hoop), Rn. 29; EuGH, Rs. C-192/05 (Tas-Hagen und Tas), Rn. 19; EuGH, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06 (Morgan und Bucher), Rn. 22; EuGH, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11 (Prinz und Seeberger ), Rn. 23. 15 EuGH, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06 (Morgan und Bucher), Rn. 23; EuGH, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11 (Prinz und Seeberger), Rn. 25; EuGH, Rs. C-220/12 (Meneses), Rn. 20. 16 EuGH, Rs. C-369/90 (Micheletti), Rn. 10; EuGH, Rs. C-179/98 (Mesbah), Rn. 29; EuGH, Rs. C-192/99 (Kaur), Rn. 24; EuGH, Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 39. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 9 durch Art. 21 AEUV garantierten Freiheit Gebrauch17 – was zugleich dem durch Art. 6 lit. e AEUV und Art. 165 Abs. 2 AEUV verfolgten Ziel entspricht, im Bereich der Bildung die Mobilität von Lernenden und Lehrenden zu fördern.18 Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass sich die Ausübung des Rechts, sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates frei zu bewegen und aufzuhalten , auf die Bedingungen des Personenstandes der Person auswirken kann.19 Erst durch einen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat mit der Folge, dass die Person die Bedingungen des § 29 Abs. 1a StAG nicht (mehr) erfüllen kann, entsteht die Optionspflicht gem. § 29 Abs. 1 StAG. 3.2.2. Eingriff in die Freizügigkeit Die Regelungen zur Optionspflicht könnten in die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte eingreifen. Im Hinblick auf einen potenziellen Eingriff in die aus der Unionsbürgerschaft folgenden Rechte hat der EuGH wiederholt festgestellt, dass diese Rechte nicht ihre volle Wirkung entfalten könnten , wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats von ihrer Wahrnehmung durch nationale Regelungen abgehalten wird, die ihn aufgrund der Ausübung seiner Rechte ungünstiger behandeln .20 Danach kann es eine Beschränkung der Freiheit gem. Art. 21 Abs. 1 AEUV darstellen, wenn der Mitgliedstaat bestimmte eigene Staatsangehörige deshalb weniger günstig behandelt, weil sie von ihren Freizügigkeitsrechten, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten, Gebrauch gemacht haben.21 Dabei stellen jedenfalls solche Eingriffe als Beschränkungen der durch Art. 21 AEUV verliehenen Freiheit dar, wenn den Betroffenen daraus „schwerwiegende Nachteile“ administrativer, beruflicher und privater Art erwachsen können.22 Vor diesem Hintergrund kommt es somit darauf an, ob die Ausgestaltung der Optionspflicht gem. § 29 StAG n.F. einen Unionsbürger davon abhalten könnte, das Freizügigkeitsrecht gem. Art. 21 17 EuGH, Rs. C-224/98 (D’Hoop), Rn.31; EuGH, Rs. C-147/03 (Kommission/Österreich), Rn. 44; EuGH, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06 (Morgan und Bucher), Rn. 27; EuGH, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11 (Prinz und Seeberger ), Rn. 29. 18 EuGH, Rs. C-224/98 (D’Hoop), Rn. 29 ff.; EuGH, Rs. C-209/03 (Bidar), Rn. 35. 19 Vgl. GA Maduro, Schlussanträge zu Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 13. 20 EuGH, Rs. C-224/98 (D’Hoop), Rn.31; EuGH, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06 (Morgan und Bucher), Rn. 26; EuGH, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11 (Prinz und Seeberger), Rn. 28. 21 St. Rspr., vgl. EuGH, Rs. C-224/98 (D’Hoop), Rn. 30; EuGH, Rs. C-406/04 (De Cuyper), Rn. 39; EuGH, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06 (Morgan und Bucher), Rn. 25; EuGH, Rs. C-353/06 (Grunkin und Paul), Rn. 21; EuGH, Rs. C-208/09 (Sayn-Wittgenstein), Rn. 53; EuGH, Rs. C-391/09 (Runevič-Vardyn), Rn. 68 ff.; EuGH, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11 (Prinz und Seeberger), Rn. 27. 22 EuGH, Rs. C-148/02 (Garcia Avello), Rn. 36; EuGH, Rs. C-353/06 (Grunkin und Paul), Rn. 23 ff.; EuGH, Rs. C-208/09 (Sayn-Wittgenstein), Rn. 67 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 10 AEUV wahrzunehmen, und damit eine Beschränkung dieses Rechts im Sinne eines „schwerwiegenden Nachteils“ darstellt.23 Anhand der vorstehenden Maßstäbe könnten die mit der Optionspflicht verbundenen Anforderungen gem. § 29 Abs. 1a StAG n.F. eine Beschränkung im Sinne von Art. 21 AEUV darstellen, wenn sie durch die drohende Optionspflichtigkeit dazu geeignet sind, Unionsbürger von der Ausübung dieser Freiheit abzuhalten. Eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen ungünstigere Stellung könnte daraus resultieren, dass die Ausübung der Freizügigkeit zur Folge haben kann, dass sich der betroffene Staatsangehörige im Rahmen der Optionspflicht für oder gegen seine deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden muss, soweit keine anderen Gründe für eine zulässige Mehrstaatigkeit vorliegen. Insoweit könnten insbesondere die Erfordernisse eines achtjährigen gewöhnlichen Wohnsitzes24 bzw. eines sechsjährigen Schulbesuchs im Inland eine Beschränkung des nach Art. 21 AEUV allen Unionsbürgern zustehenden Rechts auf Freizügigkeit und Aufenthalt darstellen. Die Frage der Optionspflichtigkeit steht auch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Fortbestand oder dem Verlust der Staatsangehörigkeit, welche die Grundlage der rechtlichen und politischen Stellung der Angehörigen eines Staates innerhalb eines politischen Gemeinwesens bildet.25 Zudem entscheidet sich mit dem Erhalt oder dem Verlust der Staatsangehörigkeit auch das Fortbestehen der Unionsbürgerschaft als ein aus der Staatsangehörigkeit abgeleiteter Status, sofern die andere Staatsangehörigkeit nicht die eines anderen EU-Mitgliedstaates ist. Dementsprechend erscheinen die aus der drohenden Optionspflichtigkeit gem. § 1 Abs. 1 StAG n.F. folgende Beschränkung auch nicht als zu ungewiss oder zu unbedeutend, um eine Beschränkung der Freizügigkeit und des Rechts auf Aufenthalt darstellen zu können.26 3.2.3. Rechtfertigung einer Beschränkung der Freizügigkeit Der Eingriff in die Freizügigkeit der Unionsbürger müsste gerechtfertigt sein. Da die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates den Zugang zur Unionsbürgerschaft bedingt, dürfen die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte und Pflichten durch die Bedingungen der Staatsbürgerschaft nicht in ungerechtfertigter Weise beschränkt werden.27 Dürfen somit auch Vorschriften auf dem Gebiet des Staatsangehörigkeitsrechts nicht ohne Rechtfertigung die Ausübung der aus dem Unionsbürgerstatus fließenden Rechte und Freiheiten beschränken , so lässt sich eine Beschränkung dann rechtfertigen, wenn sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen des Allgemeininteresses beruht 23 EuGH, Rs. C-391/09 (Runevič-Vardyn), Rn. 70. 24 Zum Begriff des gewöhnlichen Wohnsitzes vgl. oben Fn. 3. 25 Vgl. GA Maduro, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 16. 26 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06 (Morgan und Bucher), Rn. 32. 27 EuGH, Rs. C-33/07 (Jipa), Rn. 21. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 11 und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck steht.28 Hierbei ist eine Maßnahme dann verhältnismäßig, wenn sie geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.29 3.2.3.1. Rechtfertigungsgründe 3.2.3.1.1. Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG Beschränkungen und Bedingungen könnten sich zunächst aus Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG ergeben, wonach die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit der Unionsbürger oder ihrer Familienangehörigen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken dürfen. Dabei können die Mitgliedstaaten grundsätzlich selbst bestimmen, was die öffentliche Ordnung und Sicherheit erfordern, müssen hierbei jedoch beachten, dass diese Anforderungen im Kontext der Union, insbesondere wenn sie eine Ausnahme von dem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit der Personen rechtfertigen sollen, eng zu verstehen sind.30 Jedoch berühren Fragen der Staatsangehörigkeit die von Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG angesprochenen Bereiche nur mittelbar, so dass sie sich vorliegend nicht als Rechtfertigungsgrund für Beschränkungen der Freizügigkeit eignen. 3.2.3.1.2. Erfordernis einer hinreichend engen Bindung Eine Rechtfertigung könnte darauf gestützt werden, dass die (faktischen) Aufenthaltserfordernisse gem. § 29 Abs. 1a Nr. 1 und 2 StAG n.F. den Nachweis der Entwicklung einer hinreichend engen Bindung an Deutschland implizieren, so dass angesichts des dadurch vermuteten Hineinwachsens der Person in die deutschen Lebensverhältnisse der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit zurücktritt.31 Dieser Rechtfertigungsgrund entspricht dem Grunde nach der ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedsaaten für den Erwerb und den Verlust der eigenen Staatsangehörigkeit und damit der Bestimmung des für die souveräne Staatlichkeit konstitutiven Staatsvolks.32 In diesem Kontext könnte der Eingriff durch das legitime Interesse des Staates gerechtfertigt sein, dass er sich mit 28 EuGH, Rs. C-353/06 (Grunkin und Paul), Rn. 29; EuGH, Rs. C-208/09 (Sayn-Wittgenstein), Rn. 81; EuGH, Rs. C-192/05 (Tas-Hagen und Tas), Rn. 33; EuGH, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06 (Morgan und Bucher), Rn. 33. 29 EuGH, Rs. C-527/06 (Renneberg), Rn. 81; EuGH, verb. Rs. C-171/07 und C-172/07 (Apothekerkammer des Saarlandes u. a.), Rn. 25; EuGH, verb. Rs. C-11/06 und C-12/06 (Morgan und Bucher), Rn. 33. 30 EuGH, Rs. C-33/07 (Jipa), Rn. 23; EuGH, Rs. C-430/10 (Gaydarov), Rn. 32. 31 Vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung in BT-Drs. 18/1312, S. 8. 32 Vgl. hierzu BVerfGE 83, 37 (60) sowie beispielhaft und ergänzend zur Diskussion: Bremische Bürgerschaft, Bericht und Antrag des nichtständigen Ausschusses „Ausweitung des Wahlrechts“, Drs. 18/731, abrufbar unter http://www.bremische-buergerschaft.de/fileadmin/volltext.php?buergerschaftart =1&dn=D18L0731.DAT&lp=18&format=pdf und das Urteil des Staatsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen vom 31. Januar 204, St 1/13, abrufbar unter http://www.staatsgerichtshof.bremen.de/sixcms/media .php/13/Urteil_St%201-13_Internet.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 12 Blick auf das durch die Staatsangehörigkeit begründete öffentlich-rechtliche Verhältnis eines Menschen zu einem bestimmten Staat und die aus der Staatsangehörigkeit folgenden Rechte und Pflichten einer hinreichenden Verbundenheit mit dem die Staatsangehörigkeit verleihenden Gemeinwesen versichern will.33 Dementsprechend hat der EuGH in einem Fall betreffend den Entzug der Staatsangehörigkeit festgestellt, dass es legitim sei, „dass ein Mitgliedstaat das zwischen ihm und seinen Staatsbürgern bestehende Verhältnis besonderer Verbundenheit und Loyalität sowie die Gegenseitigkeit der Rechte und Pflichten, die dem Staatsangehörigkeitsband zugrunde liegen, schützen will.“34 Im Kontext der Gewährung von Ausbildungsförderungen bzw. sozialen Leistungen hat der EuGH anerkannt, dass sowohl ein hinreichendes Band der Integration in Deutschland als auch das Bestehen einer gewissen Verbindung zwischen der Gesellschaft des betroffenen Mitgliedstaats und der betroffenen Person objektive Erwägungen des Allgemeininteresses darzustellen vermögen, die es rechtfertigen können, dass die Freizügigkeit der Unionsbürger möglicherweise durch bestimmte Voraussetzungen berührt wird.35 Aus dieser Rechtsprechung lässt sich folgern: Wenn eine hinreichende Bindung die Gewährung einer sozialen Leistung zu rechtfertigen vermag, so kann dies a minori ad maius erst Recht für die Rechtfertigung von Bedingungen des Staatsangehörigkeitsrechts gelten. Der Umstand, dass sich der Nachweis einer hinreichenden Verbindung zum Herkunftsstaat grundsätzlich als legitimer Rechtfertigungsgrund für Beschränkungen der Unionsfreiheiten eignet , wird gestützt durch das Europäische Abkommen über die Staatsangehörigkeit36. Das Übereinkommen bekräftigt das Recht der Vertragsstaaten, in ihrem innerstaatlichen Recht zu bestimmen, ob ihre Staatsangehörigen, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erwerben oder besitzen , ihre Staatsangehörigkeit behalten oder verlieren bzw. ob der Erwerb oder die Beibehaltung ihrer Staatsangehörigkeit von der Aufgabe oder dem Verlust einer anderen Staatsangehörigkeit abhängt.37 Ein Vertragsstaat kann in seinem innerstaatlichen Recht den Verlust der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes oder auf seine Veranlassung beim Fehlen einer echten Bindung zwischen dem Vertragsstaat und einem Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland vorsehen .38 Hierbei ist anzumerken, dass Deutschland mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde 33 Vgl. GA Maduro, Schlussanträge zu Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 33: „Seine Loyalität dem Staat gegenüber unter Beweis zu stellen, dem man angehört, ist eine der Pflichten, die den Status begründen, den der Einzelne in seiner Eigenschaft als Angehöriger dieses Staates genießt, und diese Pflicht beginnt bereits mit dem Erwerb der Staatsangehörigkeit“. 34 EuGH, Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 51. 35 EuGH, Rs. C-192/05 (Tas-Hagen und Tas), Rn. 35; EuGH, Rs. C-499/06 (Nerkowska), Rn. 37; EuGH, Rs. C-103/08 (Gottwald), Rn. 32; EuGH, Rs. C-220/12 (Meneses), Rn. 33 ff.. 36 Europäischen Übereinkommens vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit, in Kraft getreten für die Bundesrepublik Deutschland am 1. September 2005, BGBl. 2004 II S. 578. Zur Wirkung des Abkommens in der Unionsrechtsordnung als Auslegungshilfe vgl. EuGH, Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 52. 37 Art. 15 des Europäischen Übereinkommens vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit, in Kraft getreten für die Bundesrepublik Deutschland am 1. September 2005, BGBl. 2004 II S. 578. 38 Art. 15 des Europäischen Übereinkommens Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 13 am 11. Mai 2005 einen Vorbehalt zu Art. 7 des Abkommens angebracht und erklärt hat, dass ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes im Rahmen der Optionsregelung des § 29 Staatsangehörigkeitsgesetz (Wahl zwischen deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit bei Volljährigkeit) bei einer Person eintreten kann, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland (ius soli) neben einer ausländischen Staatsangehörigkeit erworben hat.39 Zusammenfassend erscheint das der Optionspflicht zugrundeliegende Ziel, einen hinreichend engen Bezug zum deutschen Gemeinwesen nachzuweisen,40 grundsätzlich als legitimes Ziel, dass Beschränkungen der Unionsbürgerfreizügigkeit zu rechtfertigen vermag. 3.2.3.2. Verhältnismäßigkeit Sofern man den Nachweis einer hinreichenden Verbindung zum jeweiligen Staat im Rahmen des Staatsangehörigkeitsrechts als legitimen Grund des Allgemeininteresses betrachtet, so müssen die damit einhergehenden Beschränkungen der sich aus der Unionsbürgerschaft ergebenden Freiheiten verhältnismäßig sein. Konkret bedeutet dies, dass die Entscheidung über den Entzug der Staatsbürgerschaft auch unter Berücksichtigung des Unionsbürgerstatus den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren muss.41 Dementsprechend müssen die Vorgaben des § 29 StAG n.F. zur Optionspflicht geeignet sein, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist. 3.2.3.2.1. Geeignetheit Bei der Festlegung der Kriterien zur Bestimmung des Grades der Verbundenheit haben die Mitgliedstaaten – auch im Hinblick auf ihre ausschließliche Zuständigkeit in Fragen Staatsangehörigkeit – ein weites Ermessen.42 Vor dem Hintergrund des weiten gesetzgeberischen Ermessens scheint die Optionspflicht auch grundsätzlich geeignet, das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen. 39 Dieser Vorbehalt wird wie folgt begründet: Die Regelungen des neuen § 29 Abs. 2 und 3 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), die den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit für Erklärungspflichtige vorsehen, die die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 3 StAG erworben haben, machen einen Vorbehalt erforderlich. Denn die Bestimmung des Artikels 7 des Europäischen Übereinkommens vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit sieht vor, dass ein Vertragsstaat in seinem innerstaatlichen Recht nur in den dort bestimmten Fällen den Verlust der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes oder auf Veranlassung eines Vertragsstaates vorsehen darf. Keiner der in Art. 7 abschließend aufgezählten Fälle für den Verlust der Staatsangehörigkeit stimmt jedoch mit den Verlustregelungen des § 29 Abs. 2 und 3 StAG überein. Der insofern erforderliche Vorbehalt ist mit Gegenstand und Ziel des Übereinkommens vom 6. November 1997 vereinbar. Gleiches gilt für Personen, die nach § 40b StAG privilegiert eingebürgert werden können. Sie sind nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls erklärungspflichtig mit der Folge eines möglichen Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 29 Abs. 2 und 3 StAG. 40 BT-Drs. 18/1312, S. 8. 41 EuGH, Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 55. 42 Vgl. EuGH, Rs. C-103/08 (Gottwald), Rn.34. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 14 3.2.3.2.2. Erforderlichkeit Jedoch könnte die Erforderlichkeit der konkreten Ausgestaltung der Optionspflicht fraglich sein. Das Erfordernis des „im Inland aufgewachsen“ gem. § 29 Abs. 1a StAG n.F. beruht auf dem regelmäßigen Aufenthalt in Deutschland für einen bestimmten Zeitraum, einem Schulbesuch oder einer im Inland erworbenen Schul- bzw. Ausbildungsleistung.43 Sofern nicht die Ausnahmeregelung des § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. vorliegen – also im Einzelfall ein mit den Kriterien des § 29 Abs. 1a S. 1 StAG n.F. vergleichbarer enger Bezug zu Deutschland besteht oder wenn die Optionspflicht nach den Umständen des Falles eine besondere Härte bedeuten würde – so greift automatisch die Optionspflicht. Mit Blick auf die potenzielle Beschränkung der Unionsbürgerfreiheiten hat der EuGH festgestellt, dass der von einem Mitgliedstaat verlangte Nachweis für die Geltendmachung des Bestehens eines tatsächlichen Bandes der Integration keinen zu einseitigen Charakter haben darf, indem er einem Gesichtspunkt, der nicht zwangsläufig für den tatsächlichen und effektiven Grad der Verbundenheit des Antragstellers mit dem Mitgliedstaat repräsentativ ist, unangemessen hohe Bedeutung beimisst und jeden anderen Gesichtspunkt ausschließt.44 Insofern könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass die Systematik des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 1a StAG n.F. mit einer Regeloptionspflicht bei Nichtvorliegen der Kriterien des § 29 Abs. 1a S. 1 StAG n.F. und einem ausnahmsweisen Entfallen der Optionspflicht gem. § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. auch vor dem Hintergrund des mit der Regelung verfolgten Ziels die persönlichen Umstände im Einzelfall nicht angemessen berücksichtigt.45 So unterwirft die Regelung auch solche Personen deutscher Staatsangehörigkeit der Optionspflicht, die gleichwohl eine ausreichende Verbundenheit zur deutschen Gesellschaft aufweisen aufgrund anderer Faktoren wie beispielsweise der Familie, Sprachkenntnisse oder durch das Vorliegen sonstiger sozialer Bindungen.46 Darüber hinaus erscheint der Antrag auf bzw. die Erteilung einer Beibehaltungsgenehmigung gem. § 29 Abs. 4 StAG n.F. nicht als milderes Mittel. Denn die Beibehaltungsgenehmigung soll gemäß § 29 Absatz 4 StAG n.F. erteilt werden, wenn die Aufgabe oder der Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht möglich oder zumutbar ist oder Gründe des § 12 StAG vorliegen. 3.2.3.2.3. Angemessenheit Im Hinblick auf die Angemessenheit der Regelung ist anzumerken, dass nach der Systematik des StAG nur Personen mit Eltern aus Drittländern von der Optionspflicht betroffen sein können (vgl. 43 Zur den Kriterien des Schulbesuchs bzw. Schulabschlusses vgl. BT-Drs. 18/1369, S. 5 f. 44 EuGH, Rs. C-224/98 (D’Hoop), Rn.39; EuGH, Rs. C-503/09 (Stewart), Rn. 95; EuGH, Rs. C-75/11 (Kommission /Österreich), Rn. 62; EuGH, Rs. C-20/12 (Giersch), Rn. 76; EuGH, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11 (Prinz und Seeberger), Rn. 37. 45 Für Regelentscheidungen im Rahmen von Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG vgl. EuGH, Rs. C-348/96 (Calfa), Rn. 27 f.; EuGH, Rs. C-434/10 (Aladzhov), Rn. 43. 46 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-523/11 und C-585/11 (Prinz und Seeberger), Rn. 38. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 15 §§ 12 Abs. 2, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG n.F.). Bei Schweizern und Unionsbürgern hat der Gesetzgeber bereits nach der alten Rechtslage ein öffentliches Interesse an der Vermeidung von Mehrstaatigkeit verneint.47 Der Gesetzgeber wollte hiermit im Hinblick auf das Ziel der europäischen Integration den Anreiz zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit verstärken.48 Unterliegen Personen der Optionspflicht, die, wie im Beispielsfall, neben der deutschen die Staatsangehörigkeit eines Drittstaates haben, so führte eine Entscheidung gegen die deutsche Staatsangehörigkeit zugleich zu einem Verlust der Unionsbürgerschaft. Dementsprechend müssten bei der Anwendung der Kriterien nach § 29 Abs. 1a S. 1 StAG n.F. unter Berücksichtigung des Rechtfertigungsgrundes insbesondere die Folgen berücksichtigt werden, die diese Entscheidung für den Betroffenen und gegebenenfalls für die Familienangehörigen in Bezug auf den Verlust der Rechte, die jeder Unionsbürger genießt, mit sich bringt.49 Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass mit der Optionspflicht eine tatsächliche bzw. rechtliche Entwertung der Unionsbürgerschaft und damit eine Statusbeeinträchtigung in Gestalt eines Eingriffs in den Kernbestand der Unionsbürgerrechte einhergehen können.50 Vor diesem Hintergrund lässt sich vertreten, dass das aus dem Unionsbürgerstatus gem. Art. 20 Abs. 1 AEUV folgenden subjektive Recht im Rahmen der Ausgestaltung und Anwendung der Optionspflicht gem. § 29 StAG n.F. Berücksichtigung finden könnte.51 Diese unionsrechtlichen Fragen an die Verhältnismäßigkeit der Ausgestaltung der Optionspflicht 52 könnten jedoch in einer entsprechenden Auslegung der Ausnahmeklausel des § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. berücksichtigt werden. § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. könnte dahingehend unionsrechtskonform ausgelegt werden, dass beispielsweise EU-ausländische Schulbesuche bzw. Schulabschlüsse unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände einen „vergleichbar engen Bezug“ bewirken.53 Dementsprechend könnte beispielsweise in einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Auslegung das zweite Kriterium der Ausnahmeklausel des § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F., das Vorliegen einer besonderen Härte im Einzelfall, bei einer im Übrigen bestehenden engen Bindung zurücktreten, um so der Sicherung der vollen Wirksamkeit der Normen des Unionsrechts Rechnung zu tragen. 47 Vgl. BT-Drs. 16/13321, S. 3. 48 Vgl. BT-Drs. 16/13321, S. 3 mit Verweis auf BT-Drs. 14/533, S. 19. 49 EuGH, Rs. C-135/08 (Rottmann), Rn. 55. 50 Vgl. hierzu jeweils in dem Kontext der Notwendigkeit einer ausreichenden rechtlichen, finanziellen oder affektiven Sorge von Drittstaatsangehörigen über ihre familienangehörigen Unionsbürger EuGH, Rs. C- 34/09 (Zambrano), Rn. 42 ff.; EuGH, Rs. C-256/11 (Dereci), Rn. 64 ff.; EuGH, Rs. C-87/12 (Ymerga), Rn. 36 ff. 51 Vgl. hierzu beispielsweise die Konstellation in EuGH, Rs. C-256/11 (Dereci), Rn. 66. 52 Hierbei könnte auch die verfassungsrechtliche Erwägung zu berücksichtigen sein, dass auch die mitgliedstaatliche Verpflichtung auf die europäische Integration gem. Art. 23 GG und die Zustimmung des Integrationsgesetzgebers zum Integrationsprogramm im Rahmen der Ausnahmeregelung des § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. berücksichtigt werden müsste. Dieses Integrationsprogramm umfasst – in den Grenzen der integrationsfesten Verfassungsidentität – auch die Errichtung einer Unionsbürgerschaft und die damit verbundenen Freiheiten, vgl. BVerfGE 123, 267 (404 ff.). 53 Zur Auslegung von § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. vgl. BT-Drs. 18/1369, S. 6. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 132/14 Seite 16 Im Hinblick auf eine unionsrechtskonforme Auslegung von § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. könnten sich jedoch Fragen hinsichtlich des Grundsatzes der Rechtssicherheit als Element des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit ergeben. Dieses Prinzip gehört zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten zugrunde liegen und bindet in seinem unionsrechtlichen Verständnis auch die Mitgliedstaaten bei einem Handeln im Anwendungsbereich des Unionsrechts,54 wovon im Hinblick auf die Betroffenheit der Unionsbürgerfreizügigkeit vorliegend ausgegangen werden könnte. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass eine Regelung den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen damit auferlegten Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können und dass die Bestimmung infolge einer unbestimmten Formulierung den zuständigen Behörde keine weitreichenden Möglichkeiten für die Anwendung im Einzelfall gibt.55 Jedoch ist die erforderliche Klarheit eines Gesetzes nicht nur anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung, sondern auch anhand der Präzisierungen durch die Rechtsprechung zu beurteilen und auch der Umstand, dass ein Gesetz ein Ermessen verleiht, verletzt als solche nicht das Erfordernis der Vorhersehbarkeit, sofern der Umfang und die Modalitäten der Ausübung eines solchen Ermessens im Hinblick auf das in Rede stehende legitime Ziel hinreichend deutlich festgelegt sind, um dem Einzelnen angemessenen Schutz vor Willkür zu bieten.56 Vor diesem Hintergrund scheint jedenfalls eine unionsrechtskonforme Auslegung der Ausnahmebestimmung des § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. im Rahmen der entsprechenden rechtsstaatlichen Anforderungen möglich, so dass die Bestimmung in dieser Hinsicht mit dem Unionsrecht grundsätzlich vereinbar sein könnte. 4. Zusammenfassung Die Optionspflicht des § 29 StAG n.F. ist geeignet, in das subjektive Recht der unionsbürgerlichen Freizügigkeit gem. Art. 21 AEUV einzugreifen. Vorbehaltlich der Eröffnung des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs gilt dies auch für die Arbeitnehmerfreizügigkeit gem. Art. 45 AEUV. Der Eingriff könnte jedoch grundsätzlich durch das legitime Ziel einer hinreichend engen Bindung zwischen dem Staatsangehörigen und dem jeweiligen Staat gerechtfertigt sein. Die Optionspflicht müsste jedoch auch verhältnismäßig ausgestaltet sein. Insofern erscheint fraglich, ob hierbei in hinreichendem Maße die insbesondere aus dem Unionsbürgerstatus resultierenden Rechte Berücksichtigung finden können. Hierfür böte sich eine unionsrechtskonforme Auslegung der Ausnahmeklausel des § 29 Abs. 1a S. 2 StAG n.F. an, die dabei den rechtstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit genügen müsste. - Fachbereich Europa - 54 Vgl. EuGH, Rs. 169/80 (Gondrand), Rn. 17; EuGH, verb. Rs. C-74/95 und C-129/95 (Strafverfahren gegen X), Rn. 25. 55 EuGH, Rs. C-345/06 (Heinrich), Rn. 44; EuG, Rs. T-43/02 (Jungbunzlauer), Rn. 50; EuG, Rs. T-400/09 (Ecka Granulate ). 56 EuGH, Rs. C-501/11 P (Schindler), Rn. 57; für den Grundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege certa vgl. EuGH, Rs. C-303/05 (Advocaten voor de Wereld), Rn. 50; EuGH, Rs. C-266/06 P (Evonik Degussa/Kommission), Rn. 50; EuGH, Rs. C-308/06 (Intertanko), Rn. 40; EuGH, Rs. C-413/08 P (Lafarge/Kommission), Rn. 94.