© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 129/16 Verbilligte Veräußerung von Konversionsgrundstücken und EU-Beihilferecht Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 2 Verbilligte Veräußerung von Konversionsgrundstücken und EU-Beihilferecht Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 129/16 Abschluss der Arbeit: 10. Oktober 2016 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Überblick über das EU-Beihilferecht 4 2.1. Materielles EU-Beihilferecht 4 2.2. EU-Beihilfeverfahren 5 2.2.1. Vorabnotifizierung und Beihilfeverfahren 5 2.2.2. Gruppenfreistellungsverordnungen und ex-post-Kontrolle 7 3. Zweckgebundene Veräußerung von Grundstücken durch die öffentlich Hand und EU-Beihilferecht 8 3.1. Verbilligungsrichtlinie 8 3.2. Einschlägigkeit des EU-Beihilferechts und beihilferechtliche Bewertung 9 3.2.1. Unternehmen 9 3.2.2. Gewährung aus staatlichen Mitteln 10 3.2.3. Begünstigung 10 3.2.3.1. Grundstücksmitteilung 11 3.2.3.1.1. Verfahren zur Bestimmung der Angemessenheit des Kaufpreises 11 3.2.3.1.2. Anwendung auf die Verbilligungsrichtlinie 12 3.2.3.2. DAWI-Beschluss 12 3.2.3.2.1. Freistellungsvorgaben 13 3.2.3.2.2. Anwendung auf die Verbilligungsrichtlinie 14 3.2.3.3. Zum Begriff der Quersubventionierung 14 4. Ergebnis 15 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 4 1. Einleitung Die verbilligte Veräußerung von Konversionsgrundstücken des Bundes ist u. a. in der vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages gebilligten Richtlinie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zur verbilligten Abgabe von Grundstücken (im Folgenden: Verbilligungsrichtlinie oder VerbR) geregelt.1 Danach kommt eine verbilligte Veräußerung u. a. für Zwecke des sozialen Wohnungsbaus in Betracht.2 Bei dieser Zweckbindung dürfen darüber hinaus auch sonstige entbehrliche Grundstücke des Bundes verbilligt abgegeben werden.3 Der Fachbereich wird in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der Frage ersucht, ob und inwieweit das EU-Beihilferecht hierbei zu beachten ist. Geklärt werden soll ferner, ob es zutreffend sei, dass eine verbilligte Veräußerung von Liegenschaften weder zu einer Überkompensation noch zu einer Quersubventionierung führen dürfe. Im Folgenden wird zunächst ein kurzer Überblick über das EU-Beihilferecht gegeben (2.). Anschließend ist auf die Einschlägigkeit dieses Rechtsgebietes für die zweckgebundene verbilligte Veräußerung von Konversionsgrundstücken einzugehen (3.). Dabei werden auch die Begriffe der Überkompensation und Quersubventionierung erörtert. 2. Überblick über das EU-Beihilferecht Das EU-Beihilferecht lässt sich in materielle (2.1.) und formal-verfahrensrechtliche Bestimmungen (2.2.) aufteilen. 2.1. Materielles EU-Beihilferecht Den materiellen Kern des EU-Beihilferechts bildet das an die Mitgliedstaaten gerichtete grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen. Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen . Diesem Normtext werden mehrere Merkmale entnommen, die kumulativ erfüllt sein müssen, um von dem Vorliegen einer Beihilfe ausgehen zu können: Neben der aus staatlichen Mitteln gewährten Begünstigung, gehört hierzu die Selektivität (Begünstigung bestimmter Unternehmen 1 Siehe hierzu die BT-Drs. 18/1919 mit dem Richtlinienentwurf von Seiten des BImA sowie den Beschluss des Haushaltsauschusses hierzu in BT-Drs. 18/1942. Die im Folgenden verwendete aktuelle Fassung der Verbilligungsrichtlinie findet sich auf den Internetseiten der BImA und ist abrufbar unter https://www.bundesimmobilien .de/7948394/verbilligung (letztmaliger Abruf am 10.10.16). Siehe dazu auch die Ausarbeitung von WD 4 – 3000 – 104/16 vom 7.10.2016 „Verbilligte Abgabe von Bundesliegenschaften für den sozialen Wohnungsbau“. 2 Vgl. II. 4. C) VerbR (Fn. 1). 3 Vgl. I. Abs. 3 VerbR (Fn. 1). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 5 oder Produktionszweige), die Wettbewerbsverfälschung und die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels.4 Fehlt es nur an einem der Merkmale, so liegt keine Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV vor und das EU-Beihilferecht findet keine Anwendung.5 Sind die Merkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV hingegen erfüllt, so ist dies nicht gleichbedeutend mit einer Unionsrechtswidrigkeit der betreffenden nationalen Maßnahme. Denn das darin geregelte Beihilfeverbot gilt nicht absolut, sondern nur insoweit, als in den Verträgen nichts anderes bestimmt ist. Zu diesen „anderen Bestimmungen“ zählt vor allem Art. 107 Abs. 3 AEUV.6 Danach können Beihilfen unter bestimmten Voraussetzungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden (Ermessensausnahme). 2.2. EU-Beihilfeverfahren Der Vollzug des EU-Beihilferechts obliegt auf Grundlage von Art. 108 AEUV vor allem der Kommission .7 In verfahrenstechnischer Hinsicht sind dabei zwei Ansätze zu unterscheiden: eine primärrechtlich angelegte ex-ante-Prüfung (siehe unter 2.2.1.) und eine sekundärrechtlich geprägte ex-post-Kontrolle (siehe unter 2.2.2.). 2.2.1. Vorabnotifizierung und Beihilfeverfahren Nach Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV sowie der sekundärrechtlichen Konkretisierung in Gestalt der Beihilfenverfahrensordnung (Beihilfe-VerfO)8 können mitgliedstaatliche Vorhaben zum einen vorab (präventiv) überprüft werden. Verfahrensrechtlicher Ausgangspunkt ist hierbei die Pflicht der Mitgliedstaaten, Beihilfen vor ihrer Einführung bei der Kommission anzumelden (Notifizierungspflicht , vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Beihilfe-VerfO). Diese prüft sodann, ob 4 Siehe zu den einzelnen Merkmalen und der dazu ergangenen Rechtsprechung die sog. Beihilfemitteilung der Kommission: Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl.EU 2016 Nr. C 262/1, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52016XC0719(05)&from=DE (letztmaliger Abruf unter 10.10.16). In dieser Mitteilung erläutert die Kommission unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH die einzelnen Merkmale des Beihilfetatbestandes. 5 Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 24.07.2003, Rs. C-280/00 (Altmark Trans), Rn. 74, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 6 Weitere primärrechtliche Vorschriften in diesem Zusammenhang sind Art. 107 Abs. 2 AEUV (zwingende Legalausnahmen ), Art. 93 AEUV für den Verkehrsbereich und Art. 106 Abs. 2 AEUV für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben. 7 Zu den wenigen, zum Teil auf Ausnahmesituationen beschränkten Kompetenzen des Rates im EU-Beihilfenrecht nach Art. 107 Abs. 3 lit. e, Art. 108 Abs. 2 UAbs. 3 sowie Art. 109 AEUV, vgl. allgemein, Frenz, Handbuch Europarecht, Band 3: Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 1224 ff. 8 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, ABl.EU 1999 Nr. L 83/1 (konsolidierte Fassung online abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1417182877791&uri=CELEX:01999R0659-20130820 (letztmaliger Abruf am 10.10.16). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 6 eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt und – wenn das der Fall ist – ob sie insbesondere nach Art. 107 Abs. 3 AEUV gerechtfertigt werden kann (vgl. auch Art. 4, 6, 7 Beihilfe- VerfO). Erst im Anschluss hieran darf der betreffende Mitgliedstaat die Beihilfe gewähren (sog. Durchführungsverbot, vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV, Art. 3 Beihilfe-VerfO). Von hoher praktischer Bedeutung sind an dieser Stelle zahlreiche Sekundärrechtsakte, in denen die Kommission einerseits ihre Ermessenspraxis u. a. zur Auslegung des Art. 107 Abs. 3 AEUV und andererseits die beihilferechtliche Rechtsprechung der Unionsgerichte zum Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV verschriftlicht hat, um die Rechtssicherheit (Vorhersehbarkeit) und Transparenz ihres Entscheidungsprozesses zu erhöhen.9 Zu diesen Rechtsakten gehören sowohl rechtlich verbindliche als auch nicht verbindliche Maßnahmen, wobei letztere – ähnlich wie nationale Verwaltungsvorschriften – zumindest eine Selbstbindung der Kommission begründen .10 Zur Gruppe der erstgenannten Akte zählt etwa die sog. De-Minimis-Verordnung, in der festgelegt wird, ab welchen Schwellenwerten der staatlichen Förderung das EU-Beihilferecht überhaupt zur Anwendung gelangt.11 Nicht verbindliche Vorschriften werden in Form sog. (zum Teil bereichsspezifischer) Leitlinien, Unionsrahmen und Mitteilungen12 erlassen. Soweit sie sich auf die Rechtfertigungstatbestände des Art. 107 Abs. 3 AEUV beziehen, gewährleistet die Einhaltung der darin enthaltenen Vorgaben in der Regel einen positiven Ausgang des Beihilfeverfahrens. Vorliegend ist zum einen in allgemeiner Hinsicht die kürzlich erlassene sog. Beihilfemitteilung zu erwähnen, in welcher die Kommission den Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV anhand der bisherigen Rechtsprechung erläutert.13 Zum anderen ist hier die bereits 1997 erlassene 9 Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 107 AEUV, Rn. 4. 10 Vgl. bspw. EuGH, Urt. v. 5.10.2000, Rs. C-288/96 (Deutschland/Deutschland), Rn. 62; EuGH, Urt. v. 7.03.2002, Rs. C-310/99 (Italien/Kommission), Rn. 52. 11 Vgl. aktuelle die Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Art. 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen, ABl.EU 2013 Nr. L 352/1, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013R1407&qid=1417597248357&from=DE – letztmaliger Abruf am 10.10.16. 12 Ein Gesamtüberblick über die verschiedenen Rechtsakte findet sich auf den Seiten der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/compilation/index_de.html (Stand vom 15.04.2014). Zur Frage der Rechtsverbindlichkeit der ermessenskonkretisierenden Kommissionsakte , vgl. Frenz (Fn. 7), Rn. 747 ff. 13 Siehe oben Fn. 4. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 7 und ebenfalls nicht rechtsverbindliche „Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand“ (im Folgenden : Grundstücksmitteilung) von Bedeutung.14 2.2.2. Gruppenfreistellungsverordnungen und ex-post-Kontrolle Neben der primärrechtlich vorgegebenen (präventiven) ex-ante Kontrolle eröffnet das Primärrecht die Möglichkeit, Beihilfen auch ohne vorherige Anmeldung und Kommissionsüberprüfung zu gewähren, soweit bestimmte vorab bekannte materielle und formale Anforderungen eingehalten werden.15 Diese Anforderungen ergeben sich aus sog. Freistellungsverordnungen, die die Kommission u. a. auf Grundlage von Art. 108 Abs. 4 AEUV in Verbindung mit einer sie dazu ermächtigenden Verordnung des Rates im Sinne des Art. 109 AEUV erlassen kann.16 Bei Einhaltung der jeweiligen Vorgaben werden die Mitgliedstaaten von der Pflicht zur (vorherigen) Notifizierung des Beihilfevorhabens und seiner Vorab-Kontrolle nach Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV freigestellt. Die Kommission kann die gleichwohl zu meldende Gewährung solcher Beihilfen jedoch nachträglich kontrollieren. Derzeit maßgeblich ist in allgemeiner Hinsicht die im Juni 2014 neu erlassene sog. allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung17 (im Folgenden: AGVO). Das darauf beruhende Kommissionsmonitoring ist in den Art. 10 ff. AGVO geregelt. Für die hier relevante Konstellation der zweckgebundenen verbilligten Veräußerung öffentlicher Grundstücke ist hingegen der sog. DAWI-Beschluss von Bedeutung.18 Die Abkürzung „DAWI“ steht für „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“. Für Unternehmen, die mit derartigen Dienstleistungen vom Staat betraut sind, enthält Art. 106 Abs. 2 AEUV eine besondere Regelung zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts, zu dem auch das Beihilferecht der 14 Veröffentlicht im ABl.EG 1997 Nr. C 209/3, online abrufbar (ab S. 3 des Dokuments) unter http://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:C:1997:209:FULL&from=DE (letztmaliger Abruf am 10.10.16). 15 Dieser Bereich des Beihilferechts wurde im Zuge der 2014 durchgeführten Beihilferechtsreform („State Aid Modernisation “) ausgebaut, vgl. Soltész, Das neue europäische Beihilferecht, NJW 2014, S. 3128 (3130). 16 Bei der Verordnung des Rates auf Grundlage von Art. 109 AEUV handelt es sich um die Verordnung (EG) Nr. 994/98 vom 7. Mai 1998 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfe, ABl.EG 1998 Nr. L 142/1, konsolidierte Fassung online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:01998R0994- 20130820&qid=1430746279772&from=DE – letztmaliger Abruf am 10.10.16. 17 Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV, ABl.EU 2014 Nr. L 187/1 (online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0651&qid=1417702206558&from=DE – letztmalig Abruf am 10.10.16). 18 Beschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, ABl.EU 2012 Nr. L 7/3, online abrufbar unter http://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32012D0021&qid=1475593888880&from=DE (letztmaliger Abruf am 10.10.16) Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 8 Art. 107 ff. AEUV gehört. Auf Grundlage der einschlägigen Rechtsetzungskompetenz in Art. 106 Abs. 3 AEUV hat die Kommission den o. g. Beschluss erlassen, der ebenfalls eine Freistellung von der Notifizierung und Vorabkontrolle nach Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV vorsieht, soweit die im Beschluss enthaltenen Anforderungen von den Mitgliedstaaten beachtet werden. 3. Zweckgebundene Veräußerung von Grundstücken durch die öffentliche Hand und EU-Beihilferecht Im Folgenden wird zunächst kurz der hier relevante Inhalt der Verbilligungsrichtlinie beschrieben (3.1.). Im Anschluss erfolgt die Prüfung der Beihilferelevanz (3.2.). 3.1. Verbilligungsrichtlinie Die Verbilligungsrichtlinie sieht die verbilligte Abgabe von Konversionsgrundstücken u. a. zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus vor. Danach darf die BImA entsprechende Liegenschaften an Gebietskörperschaften sowie privatrechtliche Gesellschaften/Unternehmen, Stiftungen und Anstalten, an denen die Gebietskörperschaft mehrheitlich beteiligt ist, im Rahmen des Erstzugriffs (ohne Bieterverfahren) unterhalb des Verkehrswertes abgeben.19 Der Verkehrswert der betroffenen Grundstücke wird durch unabhängige Sachverständige der BImA ermittelt. In diesem Zusammenhang findet sich der Hinweis, dass dies den Anforderungen der Grundstücksmitteilung an die Wertermittlung entspricht.20 Die Verbilligung wird durch einen Kaufpreisabschlag erreicht. Im dem hier relevanten Kontext wird „die Höhe des Kaufpreisabschlags für die verbilligte Abgabe von Liegenschaften für die Zwecke des sozialen Wohnungsbaus im Geschosswohnungsbau mit mindestens acht Wohneinheiten […] auf 25.000 € pro neu geschaffene Wohneinheit festgesetzt. Die Verbilligung ist pro Kaufvertrag auf 80% des Kaufpreises begrenzt.“21 An mehreren Stellen der Verbilligungsrichtlinie finden sich ausdrückliche Bezugnahmen auf das EU- bzw. EU-Beihilferecht. Neben der Inbezugnahme der Grundstücksmitteilung wird die Gewährung von Kaufpreisabschlägen allgemein unter den Vorbehalt der EU-Konformität gestellt.22 Kaufpreisabschläge im Zusammenhang mit sozialem Wohnungsbau unterwirft die Verbilligungsrichtlinie dem Vorbehalt einer EU-beihilferechtlichen Einzelfallprüfung – allerdings zunächst durch sich selbst.23 Der ebenfalls ausdrücklich erwähnte Vorbehalt der Durchführung eines nach EU-Recht vorgesehenen Genehmigungs-/Anzeigeverfahrens besteht nur „ggf.“ – gegebenenfalls.24 19 Vgl. I., zweiter Absatz, sowie II. 2., 4. C) VerbR (Fn. 1). 20 Vgl. II. 5. VerbR (Fn. 1). Siehe dazu auch unten unter 3.2.3.1.1. und 3.2.3.1.2., S. 11 f. 21 Vgl. II. 8. c) VerbR (Fn. 1). 22 Vgl. II. 10 VerbR (Fn. 1). 23 Vgl. II. 4. C., Absatz 3 VerbR (Fn. 1). 24 Vgl. II. 4. C., Absatz 3 VerbR (Fn. 1). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 9 3.2. Einschlägigkeit des EU-Beihilferechts Eine EU-Beihilferelevanz von Grundstücksveräußerungen durch die öffentliche Hand besteht dann, wenn – wie hier – Liegenschaften zu Preisen verkauft werden, die unterhalb des Marktwertes liegen. Vorbehaltlich besonderer Umstände sind in einem solchen Fall jedenfalls die Beihilfemerkmale der Begünstigung und der Gewährung aus staatlichen Mitteln erfüllt. Handelt es sich bei dem Erwerber des Grundstücks um ein Unternehmen im Sinne des EU-Beihilfenrechts, so liegt auch das Merkmal der Selektivität vor. An die beiden übrigen Merkmale, die Wettbewerbsverfälschung und die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels, werden – jedenfalls ab einem bestimmten Geldwert der Begünstigung25 – keine hohen Anforderungen gestellt.26 Erfolgt die verbilligte Veräußerung hingegen zu einem bestimmten Zweck, an den der Erwerber gebunden ist, etwa wie hier für den sozialen Wohnungsbau, so könnte ein Fall der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) vorliegen und unter bestimmten Umständen eine Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs.1 AEUV im Ergebnis ausgeschlossen sein.27 Zu beiden Konstellationen hat die Kommission Vorschriften erlassen, auf die oben bereits hingewiesen wurde: zum einen die unverbindliche Grundstücksmitteilung und zum anderen den (verbindlichen ) sog. DAWI-Beschluss.28 Beide Kommissionsakte betreffen im Wesentlichen das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Im Folgenden werden die Merkmale des Unternehmens (3.1.), der Gewährung aus staatlichen Mitteln (3.2.) und v. a. der Begünstigung (3.3.) gesondert erörtert, letzteres unter Berücksichtigung der Grundstücksmitteilung sowie des DAWI-Beschlusses. Hierbei wird auch auf die Begriffe der Überkompensation und der Quersubventionierung eingegangen. 3.2.1. Unternehmen Das EU-Beihilferecht erfasst nur solche Begünstigungen, die Unternehmen gewährt werden. Nach ständiger Rechtsprechung ist Unternehmen jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit , unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung.29 Unter wirtschaftlicher 25 Als Orientierung mag die Schwelle nach der sog. De-minimis-Verordnung (o. Fn. 11) gelten, die bei 200.000 € für einen Zeitraum von drei Steuerjahren liegt, vgl. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1407/2013. Diese Bestimmung dürfte allerdings keine direkte Anwendung finden, da es sich bei begünstigten Grundstücksveräußerungen in der Regel nicht um sog. transparente Beihilfen im Sinne des Art. 4 VO 1407/2013 handeln wird. 26 Siehe hierzu Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 10. Aufl. 2016, Rn. 1237 u. 1238. Vgl. auch Beihilfemitteilung (Fn. 4), Tz. 185 ff., mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 27 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 24.07.2003, Rs. C-280/00 (Altmark Trans), Rn. 87 ff. 28 Siehe oben Fn. 14 bzw. Fn. 18. 29 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn. 4), Tz. 7, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 10 Tätigkeit ist jede Tätigkeit zu verstehen, die im Anbieten von Waren und Dienstleistungen auf einem Markt besteht.30 Vorliegend sieht die Verbilligungsrichtlinie vor, dass Gebietskörperschaften sowie privatrechtliche Gesellschaften/Unternehmen, Stiftungen und Anstalten, an denen die Gebietskörperschaft mehrheitlich beteiligt ist, berechtigt sind, verbilligt Grundstücke zu erwerben. Damit nimmt die Verbilligungsrichtlinie zum Teil ausdrücklich auf Unternehmen Bezug. Daneben können auch Stiftungen, Anstalten und sogar Gebietskörperschaften Unternehmen sein, wenn sie im Einzelfall (auch) eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.31 Die verbilligte Veräußerung von Grundstücken nach der Verbilligungsrichtlinie kann somit auch an Unternehmen im Sinne des Art. 107 AEUV erfolgen. 3.2.2. Gewährung aus staatlichen Mitteln Geht man von einer Veräußerung des Grundstücks unterhalb des Marktpreises aus, dann verzichtet die öffentliche Hand in diesem Umfang auf Einnahmen und begründet durch diesen Verzicht eine Gewährung der Begünstigung aus staatlichen Mitteln.32 3.2.3. Begünstigung Unter einer Begünstigung versteht man jeden wirtschaftlichen Vorteil, den ein Unternehmen unter normalen Marktbedingungen, d. h. ohne Eingreifen des Staates, nicht erhalten hätte.33 Entscheidend ist dabei allein die Wirkung der betreffenden Maßnahme, der Grund oder das Ziel des staatlichen Eingreifens sind dabei nicht von Bedeutung.34 Eine Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV kann nicht nur durch Gewährung positiver wirtschaftlicher Leistungen wie Zuschüssen oder Darlehen erfolgen, sondern auch durch Minderung von Lasten, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat.35 Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn die öffentliche Hand ein Grundstück veräußert und der von dem erwerbenden Unternehmen gezahlte Kaufpreis keine angemessene Gegenleistung darstellt, also unter dem eigentlichen Marktpreis liegt. Für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der gezahlte Kaufpreis (aus Kommissionssicht ) als angemessen angesehen werden kann, erscheint zunächst die Grundstücksmitteilung das 30 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn. 4), Tz. 12, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 31 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn. 4), Tz. 9, 10, 17, 18 ff., mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 32 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn. 4), Tz. 51, 52, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 33 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn. 4), Tz. 66, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 34 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn. 4), Tz. 67, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 35 Vgl. Beihilfemitteilung (Fn. 4), Tz. 68, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 11 einschlägige Instrument zu sein (3.2.3.1.). Eine telefonische Nachfrage bei der BImA hat indes ergeben , dass die verbilligte Veräußerung zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus auf Grundlage des DAWI-Beschlusses erfolgt (3.2.3.2.). Der Begriff der Quersubventionierung wird gesondert erörtert (3.2.3.3.). 3.2.3.1. Grundstücksmitteilung In der Grundstücksmitteilung beschreibt die Kommission v. a., welche Möglichkeiten es für die Mitgliedstaaten gibt, um Immobilienveräußerungen „in einer Weise abzuwickeln, dass staatliche Beihilfen grundsätzlich ausgeschlossen wären“.36 Angesprochen werden damit Verfahren, deren Einhaltung eine Angemessenheit der Gegenleistung gewährleistet (3.2.3.1.1.). Auf eines dieser Verfahren nimmt die Verbilligungsrichtlinie Bezug (3.2.3.1.2.). 3.2.3.1.1. Verfahren zur Bestimmung der Angemessenheit des Kaufpreises Die Grundstücksmitteilung unterscheidet insoweit zwischen einem Verkauf durch ein bedingungsfreies Bieterverfahren und einem Verkauf ohne bedingungsfreies Bieterverfahren. Die Einhaltung des erstgenannten und eine darauf beruhende Veräußerung stellen „grundsätzlich einen Verkauf zum Marktwert dar und [enthalten] damit keine staatliche Beihilfe“.37 In diesem Fall sieht die Grundstücksmitteilung auch nicht vor, dass die Transaktion bei der Kommission nach Art. 108 Abs. 3 AEUV anzumelden ist.38 Die Verneinung einer Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV ist auch beim Verkauf ohne bedingungsfreies Bieterverfahren möglich. Dahinter verbirgt sich die Ermittlung des Marktwertes durch eine unabhängige Bewertung eines unabhängigen Sachverständigen für Wertermittlungen.39 Erfolgt in diesem Fall allerdings eine Veräußerung unterhalb des so festgelegten Marktwertes, muss die Transaktion bei der Kommission angemeldet werden.40 Eine solche Konstellation kann sich etwa ergeben, wenn mit dem Grundstück besondere Verpflichtungen verbunden sind.41 Solche besonderen Verpflichtungen können nach der Grundstücksmitteilung an den Verkauf geknüpft werden, wenn sie nicht mit dem Käufer oder seiner Wirtschaftstätigkeit verbunden sind, solange sie im öffentlichen Interesse erfolgen und sie jeder potentielle Käufer sie zu erfüllen hätte und grundsätzlich erfüllen könnte, unabhängig davon ob und in welcher 36 Vgl. Grundstücksmitteilung (Fn. 14), I. Einführung, erster Spiegelstrich. Siehe dazu auch Arhold, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht, Band 3: Beihilfe- und Vergaberecht, 2011, Art. 107 AEUV, Rn. 207. 37 Vgl. Grundstücksmitteilung (Fn. 14), II. 1. Erster Absatz. 38 Vgl. Grundstücksmitteilung (Fn. 14), II. 3 Buchst. a). 39 Vgl. Grundstücksmitteilung (Fn. 14), II. 2. a). 40 Vgl. Grundstücksmitteilung (Fn. 14), II. 3 Buchst. b). 41 Vgl. hierzu und den nachfolgenden Sätzen Grundstücksmitteilung (Fn. 14), II. 2 c). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 12 Branche er gewerblich tätig ist. Die Grundstücksmitteilung sieht vor, dass die mit solchen besonderen Verpflichtungen verbundenen wirtschaftlichen Nachteile getrennt bewertet werden sollten und mit dem Kaufpreis verrechnet werden können. Bei der Bewertung sind wiederum solche Verpflichtungen zu berücksichtigen, die ein Unternehmen auch im eigenen Interesse übernimmt (etwa Werbung, Sponsoring, Image, Verbesserung des eigenen Umfelds). Nicht vom Kaufpreis abzuziehen sind wirtschaftliche Belastungen, die an Verpflichtungen geknüpft sind, die nach allgemeinen Regeln jeden Grundstückseigentümer treffen (bspw. Entrichtung von Steuern und sonstigen Abgaben ). Diese Vorgaben der Kommission zur Berücksichtigung und insbesondere Verrechnung besonderer Verpflichtungen stellen sich in beihilferechtlicher Hinsicht als Konkretisierung der Angemessenheit der Gegenleistung dar. Werden sie beachtet, so kann davon ausgegangen werden, dass die Kommission trotz der Verbilligung von dem Fehlen einer Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV ausgeht und eine Anwendung des Beihilferechts verneint. Problematisch erscheint insoweit allein die Frage, wie die wirtschaftlichen Nachteile aus solchen Verpflichtungen im Einzelnen zu bewerten sind. Hierzu enthält die Grundstücksmitteilung keine Hinweise. Ob die Verrechnung beihilfekonform erfolgt, ist somit eine Frage des Einzelfalls. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch der (deklaratorische) Hinweis auf die Anmeldepflicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, an die sich ein Beihilfeprüfverfahren anschließt.42 3.2.3.1.2. Anwendung auf die Verbilligungsrichtlinie Die Verbilligungsrichtlinie nimmt auf die Grundstücksmitteilung nur insoweit ausdrücklich Bezug , als es um das Verfahren zur Ermittlung des Marktwerts der zu veräußernden Grundstücke geht. Die Wertermittlung erfolgt nach der Verbilligungsrichtlinie nämlich durch unabhängige Gutachter im Sinne der Mitteilung.43 Die verbilligte Veräußerung zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus könnte sodann als Konkretisierung der Mitteilungsvorgaben zu den besonderen Verpflichtungen und deren Verrechnung mit dem Kaufpreis angesehen werden. Nach der Grundstücksmitteilung würde dies alleine aber nicht genügen, um die Transaktionen durchführen zu dürfen. Denn gerade in diesen Fällen ist – wie eben beschrieben – von einer fortbestehenden Anmeldepflicht und damit von einer vorgelagerten (ex-ante) Kommissionsprüfung anzugehen.44 3.2.3.2. DAWI-Beschluss Ob das BImA (auch) aus diesem Grund die verbilligte Veräußerung von Grundstücken zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus auf den DAWI-Beschluss stützt, lässt sich an dieser Stelle nicht beantworten. Jedenfalls besteht der verfahrensrechtliche Vorteil dieses Rechtsaktes darin, dass die Einhaltung der in ihm enthaltenen Vorgaben von der Anmeldung bei der Kommission und 42 Vgl. Grundstücksmitteilung (Fn. 14), II. 3 Buchst. b). 43 Vgl. II. 5. VerbR (Fn. 1). 44 Siehe Grundstücksmitteilung (Fn. 14), II. 3 Buchst. b). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 13 der vorherigen Durchführung eines Beihilfeverfahrens freistellt.45 Es bestehen lediglich Verpflichtungen im Bereich von Transparenz, Verfügbarkeit von Informationen und Berichten,46 die der Kommission eine nachgelagerte Kontrolle der Beihilfekonformität ermöglichen. Im Folgenden werden die Freistellungsvorgaben kurz dargestellt (3.2.3.2.1.) und in deren Lichte sodann die Verbilligungsrichtlinie betrachtet (3.2.3.2.2.). 3.2.3.2.1. Freistellungsvorgaben Der DAWI-Beschluss beruht inhaltlich auf dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Altmark Trans.47 Darin hat der Gerichtshof den Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV und insbesondere das Merkmal der Begünstigung erstmals im Hinblick auf staatliche Ausgleichsleistungen für Dienstleistungen konkretisiert, die Unternehmen im Auftrag des Staates im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse erbringen. Die Freistellungsvorgaben des DAWI-Beschlusses greifen die Urteilsvorgaben auf und gestalten sie für den in diesem Rechtsakt näher spezifizierten Anwendungsbereich aus. Dieser umfasst u. a. Ausgleichsleistungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die „zur Deckung des sozialen Bedarfs im Hinblick auf […] den sozialen Wohnungsbau “ bestimmt sind.48 Derartige Ausgleichsleistungen sind nach dem DAWI-Beschluss unter zwei Voraussetzungen zulässig . Erstens müssen die Unternehmen, die Ausgleichsleistungen erhalten, mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistungen betraut worden sein.49 Zweitens darf die Höhe der Ausgleichsleistungen unter Berücksichtigung eines angemessenen Gewinns nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursachten Nettokosten abzudecken.50 Zu beiden Voraussetzungen enthält der DAWI-Beschluss im Einzelnen Vorgaben. So müssen im Betrauungsakt u. a. eine Beschreibung des Ausgleichsmechanismus und Parameter für die Berechnung , Überwachung und Änderung der Ausgleichsleistung festgelegt sowie Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung von Überkompensationszahlungen vorgesehen sein.51 Im Zu- 45 Vgl. Art. 3 DAWI-Beschluss (Fn. 18). 46 Vgl. Art. 7, 8, 9 DAWI-Beschluss (Fn. 18). 47 EuGH, Urt. v. 24.07.2003, Rs. C-280/00 (Altmark Trans). Vgl. insoweit auch Erwägungsgrund Nr. 4 des DAWI- Beschlusses (Fn. 18). 48 Vgl. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c) DAWI-Beschluss (Fn. 18). 49 Siehe Art. 4 DAWI-Beschluss (Fn. 18). 50 Siehe Art. 5 DAWI-Beschluss (Fn. 18). 51 Siehe Art. 4 Buchst. d) und e) DAWI-Beschluss (Fn. 18). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 14 sammenhang mit den Vorgaben zur Ausgleichsleistung ist geregelt, dass die betrauten Unternehmen von den Mitgliedstaaten aufzufordern sind, eine etwaige Überkompensation zurückzuerstatten .52 Der Fall einer Überkompensation bezeichnet die Gewährung zu hoch berechneter Ausgleichsleistungen und ist – in der Logik des EuGH-Urteils in der Rechtssache Altmark Trans – gleichbedeutend mit dem Vorliegen einer Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV.53 3.2.3.2.2. Anwendung auf die Verbilligungsrichtlinie Da die BImA die verbilligte Veräußerung von Konversions- und sonstigen Bundesgrundstücken nach der Verbilligungsrichtlinie beihilferechtlich auf den DAWI-Beschluss stützt, ist der Verweis auf den Umstand, dass es insoweit nicht zu Überkompensationen kommen darf, konsequent. Letztlich wird damit beihilferechtlich zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass die Verbilligung die aus der Zweckbindung resultierenden Kosten auf Seiten des erwerbenden Unternehmens nicht übersteigen darf. Wäre das der Fall, wäre von einer Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV auszugehen und der Beihilfetatbestand in der Regel erfüllt. Eine andere Frage ist, ob und auf welche Weise die Vorgaben des DAWI-Beschlusses in der Veräußerungspraxis eingehalten werden. Nach Auskünften des BImA erfolgt die Betrauung aus kompetentiellen Gründen nicht durch die BImA selbst, sondern in der Regel durch einen weiteren Vertrag zwischen der jeweiligen Gebietskörperschaft, die für den sozialen Wohnungsbau zuständig ist, und dem die Liegenschaft erwerbenden (bspw. kommunalen) Wohnungsunternehmen o. ä., das die Sozialwohnung dann neu errichtet. Der von Seiten der BImA vorgenommene und auf 25.000 € pro neuer Wohneinheit festgelegte Kaufpreisabschlag auf den Marktwert der Liegenschaft stellt sodann die Ausgleichsleistung dar. Ob ein solches Modell den Anforderungen des DAWI-Beschlusses zu Ausgleichsleistungen genügt, ist hier nicht weiter zu prüfen. 3.2.3.3. Zum Begriff der Quersubventionierung Anders als der Begriff der Überkompensation findet sich der Terminus der Quersubventionierung nicht im DAWI-Beschluss. Dessen ungeachtet werden mit ihm Vorgänge bezeichnet, die eine Beihilferelevanz aufweisen und auch mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Zusammenhang stehen können. In der Sache geht es um Konstellationen , in denen Unternehmen für eine bestimmte Tätigkeit in unionsrechtskonformer Weise finanzielle Unterstützung erhalten (etwa in Form von Ausgleichsleistungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse), mit diesen aber verbotenerweise andere wirtschaftlichen Tätigkeiten, denen sie nachgehen, „subventionieren“.54 In den Kontext der Verbilligungsrichtlinie übertragen, könnte es darum gehen, dass der Kaufpreisabschlag nicht so bemessen sein darf, dass die erwerbenden Unternehmen die sich daraus 52 Siehe Art. 5 Abs. 10 DAWI-Beschluss (Fn. 18). 53 Vgl. EuGH, Urt. v. 24.07.2003, Rs. C-280/00 (Altmark Trans), Rn. 92. 54 Siehe dazu Frenz (Fn. 7), Rn. 217. Vgl. zu diesem Problemkreis etwa im Bereich der Krankenhausfinanzierung, Koenig/Paul, Die Krankenhausfinanzierung im Kreuzfeuer der EG-Beihilfekontrolle, EuZW 2008, S. 359 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 129/16 Seite 15 ergebenden finanziellen Vorteile für Tätigkeiten verwenden, die keinen Bezug zum sozialen Wohnungsbau aufweisen. 4. Ergebnis Bei der verbilligten Veräußerung von Konversions- und sonstigen Bundesgrundstücken zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus nach der Verbilligungsrichtlinie ist das EU-Beihilferecht zu beachten . Erfolgt die Veräußerung von Grundstücken durch die öffentliche Hand unterhalb des Marktwertes an Unternehmen im Sinne des Beihilferechts, so kann darin eine Vergünstigung nach Art. 107 Abs. 1 AEUV liegen. Entscheidend hierfür ist v. a., ob der gezahlte Kaufpreis eine angemessene (Markt-)Gegenleistungen für den Grundstückserwerb darstellt. Konkretisierungen dieser beihilferechtlichen Anforderung finden sich in dem hier relevanten Kontext in zwei Rechtsakten der Kommission: zum einen in der sog. Grundstücksmitteilung und zum anderen im sog. DAWI-Beschluss. Die BImA stützt die verbilligte Veräußerung von Konversions- und sonstigen Bundesgrundstücken zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus auf dem zweitgenannten Rechtsakt. Sie sieht die Verbilligung, die durch einen Kaufpreisabschlag erfolgt, als (beihilfekonformen ) Ausgleich für die Erbringung von Leistungen des sozialen Wohnungsbaus. Bei diesen handelt es sich um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des DAWI-Beschlusses. Die nach diesem Rechtsakt hierfür zulässigen Ausgleichsleistungen dürfen allerdings nicht so bemessen sein, dass sie die damit verbundenen Kosten inklusive eines angemessenen Gewinns übersteigen und eine Überkompensation begründen. Ebenso ist es beihilferechtlich unzulässig, wenn Ausgleichsleistungen von dem Unternehmen für andere wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden und es auf diese Weise zu ihrer Quersubventionierung kommt. – Fachbereich Europa –