© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 – 3000 – 121/13 Tierkörperbeseitigung und EU-Beihilfenrecht Entsorgung gefallener Tiere durch Kommunen nach dem Entwurf der Agrar-Freistellungsverordnung Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 2 Tierkörperbeseitigung und EU-Beihilfenrecht Entsorgung gefallener Tiere durch Kommunen nach dem Entwurf der Agrar- Freistellungsverordnung Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 121/13 Abschluss der Arbeit: 06.12.2013 Fachbereich: PE 6: Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Überblick über das EU-Beihilfenrecht 5 3. Rechtlicher Rahmen und die in Deutschland bestehende Organisation der Entsorgung gefallener Tiere 7 4. Umlage als Beihilfe an Landwirte 10 4.1. Art. 27 Abs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO 10 4.2. Pflicht zur Ausschreibung (zu Frage 1) 11 4.3. Wahrnehmung der Tierkörperentsorgung als kommunale Aufgabe (zu Frage 2) 12 4.4. Beteiligung kommunaler Zweckverbände an Ausschreibung (zu Frage 3) 12 4.5. Zur Unionsrechtmäßigkeit des Art. 27 Abs. 3 Entwurf Agrar- FreistellungsVO 13 4.5.1. Befugnis der Kommission zur Statuierung einer Ausschreibepflicht 14 4.5.2. Unzulässiger Ausschluss sog. interkommunaler Zusammenarbeit? 16 5. Umlage als Beihilfe an Zweckverbände? 18 6. Zusammenfassung 20 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 4 1. Einleitung Im Oktober 2013 hat die Kommission einen Entwurf für eine neue Freistellungsverordnung im Bereich des Agrar- und Forstsektors vorgelegt.1 Die zukünftige Verordnung (EU) der Kommission zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union […] (im Folgenden: Entwurf Agrar- FreistellungsVO) wurde den Mitgliedstaaten anschließend zu Konsultationen übermittelt. In der 47. Kalenderwoche fanden hierzu erste Gespräche auf Arbeitsebene zwischen den verantwortlichen Kommissionsstellen und den zuständigen nationalen Ministerien (für Deutschland: BMLEV) in Brüssel statt. Nach Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens soll dieser Rechtsakt die bisherige Freistellungsregelung für den Agrarsektor aus dem Jahre 2006 (im Folgenden: Agrar- FreistellungsVO 2006)2 ersetzen. Der noch geltende wie auch der zukünftige Rechtsakt regelt die Voraussetzungen, unter denen Beihilfen der Mitgliedstaaten im Bereich der Land- und Forstwirtschaft mit Unionsrecht vereinbar sind und unter Freistellung von der vorherigen Anmeldepflicht bei der Kommission (vgl. Art. 108 Abs. 3 AEUV) an Landwirte gewährt werden können. Unter die erfassten Beihilfekonstellationen fallen auch Maßnahmen zur Unterstützung des Tierhaltungssektors . Hierzu gehören unter anderem Beihilfen an die Landwirte für die Entfernung und Beseitigung von Falltieren bzw. ihren Tierkörpern.3 In Abweichung zur noch geltenden Rechtslage sieht der Entwurf der Agrar-FreistellungsVO in Art. 27 Abs. 3 UAbs. 3 vor, dass die mit der Entfernung und Beseitigung von Falltieren befassten Einrichtungen im Wege einer Ausschreibung ermittelt werden sollen. Vor diesem Hintergrund wird der Fachbereich um die Beantwortung folgender Fragen ersucht: 1. Ist die Auffassung der Bundesregierung zutreffend, wonach nach dem derzeitigen Entwurf der Agrar-FreistellungsVO die Entsorgung gefallener Tiere europaweit ausgeschrieben werden muss? 2. Besteht nach dem Entwurf der Agrar-FreistellungsVO die Möglichkeit, dass Kommunen die Entsorgung gefallener Tiere weiterhin als eigene Aufgabe wahrnehmen können? 1 Die Entwurfsfassung in deutscher Sprache wurde dem Verfasser von Seiten des BMLEV auf elektronischem Wege zur Verfügung gestellt. Soweit ersichtlich, ist der Entwurf bisher nicht öffentlich zugänglich. 2 Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 der Kommission vom 15.12.2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EG) 70/2001, ABl.EU 2006 Nr. L 358/3, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:358:0003:0021:de:PDF (letztmaliger Abruf am 15.02.16). 3 Vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. d) bis f) Agrar-FreistellungsVO 2006 bzw. Art. 27 Abs. 1 lit. c) bis e) Entwurf Agrar- FreistellungsVO. Zu den Begrifflichkeiten siehe unten unter 3. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 5 3. Für den Fall, dass die Kommunen ausschreiben müssen, können sich kommunale Zweckverbände an der Ausschreibung beteiligen? Zur Beantwortung dieser Fragen wird zunächst ein Überblick über das EU-Beihilfenrecht gegeben , welches für die mit diesem Thema verbundenen rechtlichen Probleme von besonderer Bedeutung ist (siehe unter 2.). Sodann wird der rechtliche Rahmen und die in Deutschland bestehende Organisation der Entsorgung gefallener Tiere kurz dargestellt (siehe unter 3.). Die dem Fachbereich gestellten Fragen werden im Anschluss unter der Überschrift „Umlage als Beihilfe an Landwirte“ erörtert (siehe unter 4.). Zur Vervollständigung des Themas enthält die Ausarbeitung abschließend noch Ausführungen zu einem weiteren EU-beihilferechtlichen Sachverhalt im Zusammenhang mit der Entsorgung gefallener Tiere. Auf dem Prüfstand des Unionsrechts stehen zur Zeit auch staatliche Beihilfen an öffentliche Einrichtungen, die in diesem Bereich Dienstleistungen gegenüber tierhaltenden Landwirten erbringen. Aktueller Ausfluss der damit verbundenen Problematik ist der laufende Rechtsstreit um den Zweckverband Tierkörperbeseitigung Rheinland-Pfalz (siehe hierzu unter der Überschrift „Umlage als Beihilfe an Zweckverbände?“ unter 5.). 2. Überblick über das EU-Beihilfenrecht Den materiellen Kern des EU-Beihilfenrechts bildet das grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen . Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Dieses Verbot gilt allerdings nicht absolut, sondern nur insoweit, als in den Verträgen nichts anderes bestimmt ist. Zu diesen „anderen Bestimmungen“ zählen vor allem die Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV4, wonach Beihilfen unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Binnenmarkt als vereinbar anzusehen sind (Abs. 2: Legalausnahmen) oder angesehen werden können (Abs. 3: Ermessensausnahmen). Der Vollzug des EU-Beihilfenrechts obliegt auf Grundlage von Art. 108 AEUV sowie seiner sekundärrechtlichen Konkretisierung in Gestalt der Beihilfenverfahrensordnung5 vor allem der Kommission.6 Verfahrensrechtlicher Ausgangspunkt ist hierbei die Pflicht der Mitgliedstaaten, 4 Weitere Vorschriften in diesem Zusammenhang sind der hier nicht relevante Art. 93 AEUV für den Verkehrsbereich sowie Art. 106 Abs. 2 AEUV für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben. 5 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, ABl.EU 1999 Nr. L 83/1 (online abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:1999R0659:20070101:DE:PDF (letztmaliger Abruf am 15.02.16). 6 Zu den wenigen, zum Teil auf Ausnahmesituationen beschränkten Kompetenzen des Rates im EU- Beihilfenrecht nach Art. 107 Abs. 3 lit. e, Art. 108 Abs. 2 UAbs. 3 sowie Art. 109 AEUV, vgl. allgemeinFrenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 1224 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 6 Beihilfen vor ihrer Einführung bei der Kommission anzumelden (vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV; auch: „Notifikation“). Diese prüft sodann, ob eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt und ob sie ggf. nach Art. 107 Abs. 2 oder Abs. 3 AEUV gerechtfertigt werden kann. Erst im Anschluss hieran darf der betreffende Mitgliedstaat die Beihilfe gewähren (vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV). Der Überprüfung unterliegen auch nicht notifizierte und damit formell rechtswidrige Beihilfen, soweit die Kommission von ihnen Kenntnis erlangt und ein Verfahren einleitet.7 Stellen sich bereits gewährte Maßnahmen als mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 2 oder Abs. 3 AEUV unvereinbar heraus, so wird der betreffende Mitgliedstaat durch die Kommission zur Rückforderung der Beihilfe verpflichtet (vgl. Art. 108 Abs. 2 UAbs. 1 AEUV). Geprägt ist das EU-Beihilferecht sodann durch zahlreiche Sekundärrechtsakte. In diesen hat vor allem die Kommission ihre Verfahrens(-ermessens-)praxis und die beihilferechtliche Rechtsprechung der Unionsgerichte verschriftlicht, um die Rechtssicherheit (Vorhersehbarkeit) und Transparenz ihres Entscheidungsprozesses zu erhöhen.8 Hierzu gehören verschiedene, rechtlich nicht verbindliche Leitlinien, Gemeinschaftsrahmen und Mitteilungen.9 Von Bedeutung sind sodann die rechtlich verbindlichen Maßnahmen. Zu diesen zählen die sog. De-Minimis-Verordnungen der Kommission, die sekundärrechtliche Ausnahmen vom Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV für kleinere Beihilfebeträge enthalten.10 Eine große Praxisrelevanz weisen schließlich sog. Freistellungsverordnungen auf. Auf ihrer Grundlage werden Beihilfen bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen von der vorherigen Anmeldepflicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV ausgenommen.11 Dieser Ansatz ermöglich den Mitgliedstaaten eine bessere Planung und Durchführung von Beihilfevorhaben, da bei Ausrichtung auf die im Rechtsakt beschriebenen Voraussetzungen ein gesondertes und zeitlich aufwendiges Beihilfeverfahren nicht mehr erfolgen muss. Freistellungsverordnungen (und auch solche über De-Minimis-Beihilfen) werden von der Kommission auf Grundlage von Art. 108 Abs. 4 AEUV 7 Siehe allgemein zum Beihilfenverfahren die Kommentierung in: Montag/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) - Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht 2011, zu Art. 108 AEUV sowie zur Beihilfenverfahrensordnung. 8 Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011,, Art. 107 AEUV, Rn. 4. 9 Ein Gesamtüberblick über die verschiedenen Rechtsakte findet sich auf den Seiten der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/compilation/index_de.html (Stand vom 20.08.2013). Zur Frage der Rechtsverbindlichkeit der ermessenskonkretisierenden Kommissionsakte , vgl. Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, , Rn. 747 ff. 10 Vgl. etwa die allgemein anwendbare Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen, ABl.EU 2006 Nr. L379/5 (online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:379:0005:0010:de:PDF – zuletzt abgerufen am 15.02.16). 11 Vgl. etwa die Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG- Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung), ABl.EU 2008 Nr. L 214/3 (online abrufbar unter . http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:214:0003:0047:DE:PDF – letztmalig abgerufen am 15.02.16). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 7 und Art. 109 AEUV in Verbindung mit dem entsprechenden, die eigentliche Ermächtigung enthaltenen Rechtsakt des Rates erlassen. Zur Zeit handelt es sich um dabei um die Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 07.05.1998 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft [heute Art. 107 und 108 AEUV] auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen.12 Dessen Art. 1 enthält die Ermächtigung zum Erlass von Gruppenfreistellungsverordnungen. Zu den hierauf gestützten Freistellungsverordnungen der Kommission gehört sowohl die geltende Agrar-Freistellungsverordnung als auch der Entwurf der neuen Agrar-Freistellungsverordnung. 3. Rechtlicher Rahmen und die in Deutschland bestehende Organisation der Entsorgung gefallener Tiere Den rechtlichen Rahmen für die Entsorgung gefallener Tiere bilden EU-Vorschriften. Hierbei ist zwischen dem EU-Lebensmittel- und dem Beihilfenrecht zu unterscheiden. Der Begriff „Falltiere“ ist dem EU-Beihilfenrecht entnommen und erfasst nach der Legaldefinition sowohl der geltenden Agrar-FreistellungsVO 2006 als auch des Entwurfs Agrar- FreistellungsVO „Tiere, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb, auf einem Betriebsgelände oder während des Transports durch Euthanasie mit oder ohne endgültige Diagnose getötet wurden oder verendet sind (einschließlich Totgeburten oder ungeborener Tiere); nicht jedoch Tiere, die für den Verzehr geschlachtet wurden“.13 Die fehlende Bestimmung dieser Tiere für den menschlichen Verzehr verbindet die beihilfenrechtliche Definition mit der EU-lebensmittelrechtlichen Begriffsbestimmung. In deren Zentrum stehen sog. tierische Nebenprodukte. Nach der einschlägigen Verordnung über tierische Nebenprodukte sind das ganze „Tierkörper oder Teile von Tieren oder Erzeugnisse tierischen Ursprungs beziehungsweise andere von Tieren gewonnene Erzeugnisse, die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sind […]“.14 Tierische Nebenprodukte entstehen nicht nur – wenngleich hauptsächlich – während der Schlachtung von Tieren, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, sondern auch bei der Beseitigung toter Tiere und im Zuge der Seuchenbekämpfung.15 Nur die beiden letzt genannten Fälle umfassen „Falltiere“ im Sinne der genannten beihilfenrechtlichen Freistellungsvorschriften . 12 ABl.EG 1998 Nr. L 142/1, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:1998:142:0001:0004:DE:PDF (letztmaliger Abruf am 15.02.16). 13 Art. 2 Nr. 14 Agrar-FreistellungsVO 2006, Art. 2 Nr. 27 Entwurf Agrar-FreistellungsVO. 14 Art. 3 Nr. 1 Verordnung (EG) Nr. 1069 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.10.2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte), ABl.EU 2009 Nr. L 300/1, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:300:0001:0033:DE:PDF (letztmaliger Abruf am 15.02.16). 15 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 2 der Verordnung über tierische Nebenprodukte (Fn. 14). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 8 Für diese wie für die übrigen tierischen Nebenprodukte regelt die Verordnung über tierische Nebenprodukte deren Abholung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung , um zu verhindern, dass diese Produkte eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Tiere darstellen.16 Ziel dieser Vorschriften ist unter anderem auch, dass Ausbrüche von spongiformer Rinderenzephalopathie (TSE) und anderer übertragbarer Tierseuchen wie klassische Schweinepest (KSP) oder Maul- und Klauenseuche (MKS) verhindert werden.17 Für tierische Nebenprodukte mit beträchtlichen oder erheblichen Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier18 schreibt die Verordnung über tierische Nebenprodukte u.a. vor, dass diese grundsätzlich zu beseitigen sind19 und, dass Einrichtungen zur entsprechenden Entsorgung einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde bedürfen.20 Die Verordnung über tierische Nebenprodukte enthält darüber hinaus keine Vorgaben für die wirtschaftliche Organisation der Beseitigung derartiger tierischer Nebenprodukte.21 Dieser Gesichtspunkt fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die hierbei jedoch unionsrechtliche Grenzen – wie etwa aus dem EU-Beihilfenrecht – zu beachten haben. Rechtsgrundlage für die Organisation der nach dieser EU-Verordnung erforderlichen Entsorgung tierischer Nebenprodukte und damit auch der Falltiere im Sinne des EU-Beihilfenrechts ist in Deutschland das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (TierNebG)22. Nach § 3 Abs. 1 TierNebG sind die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (regelmäßig Landkreise und kreisfreie Städte als sog. Beseitungspflichtige) verpflichtet, die Entfernung und Beseitigung von Risikomaterial tierischer Nebenprodukte durchzuführen. Zur Erfüllung ihrer Pflichten können sie sich Dritter bedienen. Nach § 3 Abs. 2 TierNebG besteht alternativ die Möglichkeit, dass die zuständigen (Landes-)Behörden diese Tätigkeiten nach Anhörung der Beseitigungspflichtigen auch auf Private übertragen. Soweit die Entfernung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte und damit auch gefallener Tiere nach TierNebG nicht auf private Unternehmen übertragen werden, nehmen Beseitigungspflichtige diese Aufgaben zum Teil nicht unmittelbar selbst bzw. alleine wahr, sondern durch 16 Vgl. Art. 1 sowie Erwägungsgrund Nr. 1 der Verordnung über tierische Nebenprodukte (Fn. 14). 17 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 1 der Verordnung über tierische Nebenprodukte (Fn. 14). 18 Sog. Material der Kategorien 1 und 2, vgl. Art. 8 und 9 der Verordnung über tierische Nebenprodukte (Fn. 14). 19 Vgl. Art. 12, 13 Verordnung über tierische Nebenprodukte (Fn. 14). 20 Vgl. Art. 23 f. Verordnung über tierische Nebenprodukte (Fn. 14). 21 Siehe Beschluss der Kommission vom 25.04.2012 über die staatliche Beihilfe SA.25051 (C 19/2010), die Deutschland zugunsten des Zweckverbands Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau -Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg gewährt hat, Erwägungsgrund Nr. 10, online abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/237074/237074_1323832_303_2.pdf (letztmaliger Abruf am 15.02.16). 22 Online abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/tiernebg/gesamt.pdf (letztmaliger Abruf am 15.02.16). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 9 eigens dafür errichtete Zweckverbände.23 Derartige Zweckverbände bestehen etwa in Baden- Württemberg oder Rheinland Pfalz. Bei Zweckverbänden handelt es sich um Zusammenschlüsse mehrerer Gebietskörperschaften in Gestalt von Körperschaften öffentlichen Rechts zur Erledigung bestimmter öffentlicher Aufgaben24. Der Zusammenschluss erfolgt – je nach landesrechtlicher Ausgestaltung – durch Gesetz, öffentlich-rechtlichen Vertrag oder Aufstellung einer Verbandssatzung .25 Die für die Entfernung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte entstehenden Kosten haben – zumindest nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) – grundsätzlich die tierhaltenden Landwirte zu tragen.26 Die Kostenlast sieht er in dem Umstand begründet, dass es sich dabei um einen Kostenpunkt handele, der mit der wirtschaftlichen Tätigkeit von Viehzüchtern zwangsläufig verbunden sei. Denn bei dieser Tätigkeit entstünden nicht verwertbare und vor allem umweltschädlichen Produkte und Rückstände, für deren Beseitigung die tierhaltenden Landwirte als Verursacher verantwortlich seien.27 Da die tierhaltenden Landwirte die Entsorgung gefallener Tiere nicht selber vornehmen (dürfen), sondern entsprechende Dienstleistungen der nach deutschem Recht Beseitigungspflichtigen bzw. ihrer Einrichtungen oder Einrichtungen der damit betrauten Privaten in Anspruch nehmen (müssen ), trifft sie insoweit eine Vergütungspflicht. Um die damit verbundenen Kosten für die betroffenen Landwirte zu mildern, insbesondere in Fällen von Tierseuchen, besteht auf nationaler Ebene ein Interesse an finanziellen Kompensationen . Ausdruck der unionsrechtlichen Anerkennung dieses Interesses ist die Berücksichtigung von staatlichen Beihilfen an die Landwirte für die Entfernung und Beseitigung von Falltieren bzw. ihren Tierkörpern in der noch geltenden Agrar-FreistellungsVO 2006 sowie im Entwurf Agrar-FreistellungsVO.28 Im Hinblick auf die Abwicklung dieser Beihilfen sieht der geltende wie auch der zukünftige Rechtsakt vor, dass die Beihilfen nicht direkt an die betroffenen Landwirte fließen, sondern an 23 Vgl. hierzu Heimes, Damoklesschwert "Rückzahlung" über dem Zweckverband Tierkörperbeseitigung, Der Landkreis 2012, 574, 547. 24 Vgl. etwa für das Land Brandenburg §§ 1 Abs. 1 u. 2, 4 ff. Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg , online abrufbar unter http://www.bravors.brandenburg.de/sixcms/detail.php?gsid=land_bb_bravors_01.c.47179.de (letztmaliger Abruf am 15.02.16). 25 Vgl. Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 2481 f. 26 Vgl. EuGH, Rs. C-126/01 (GEMO), Slg. 2003, I-13769, Rn. 31 f. Alle Entscheidungen unionaler Gerichte sind online abrufbar unter der Angabe der Rs.-Nr unter http://curia.europa.eu/juris/recherche.jsf?language=de. 27 Vgl. EuGH, Rs. C-126/01 (GEMO), Slg. 2003, I-13769, Rn. 32. 28 Vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. d) bis f) Agrar-FreistellungsVO 2006 bzw. Art. 27 Abs. 1 lit. c) bis e) Entwurf Agrar- FreistellungsVO. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 10 die bei der Entsorgung tätigen Unternehmen gezahlt werden.29 Erfolgt die Entfernung und Beseitigung gefallener Tiere durch Zweckverbände, so erfolgen die Zahlungen an diese in Form von Umlagen von den beseitigungspflichtigen Verbandsmitgliedern des jeweiligen Zweckverbandes. Für die Landwirte stellt sich die Beihilfe daher als sog. bezuschusste Dienstleistung dar30, die sie nicht oder nur teilweise bezahlen müssen.31 In der Konsequenz fallen der Begünstige der Beihilfe (Landwirte) und der Zahlungsempfänger (die beseitigenden Einrichtungen) auseinander. 4. Umlage als Beihilfe an Landwirte Im Folgenden soll zunächst der Wortlaut des Art. 27 Abs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO vorgestellt werden (siehe unter 4.1.). Anschließend wird den einzelnen Fragen nachgegangen (siehe unter 4.2. bis 4.4.). Abschließend soll die Unionsrechtmäßigkeit der neuen Regelung im Entwurf der Agrar-FreistellungsVO erörtert werden (siehe unter 4.5.). In EU-beihilfenrechtlicher Hinsicht ist von Bedeutung, dass sowohl die geltende Agrar- FreistellungsVO 2006 als auch der Entwurf Agrar-FreistellungsVO davon ausgehen, dass der Beihilftatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV im Hinblick auf die hier in Rede stehende Begünstigung der Landwirte erfüllt ist. Regelungsziel beider Rechtsakte ist insoweit lediglich, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen diese Art der Beihilfe unionsrechtsmäßig gewährt werden kann, ohne sie vorher bei der Kommission anmelden zu müssen. 4.1. Art. 27 Abs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO Der Wortlaut von Art. 27 Abs. 3 Entwurf-FreistellungsVO lautet: Die Beihilfe darf keine direkten Geldzahlungen an im Tierhaltungssektor tätige Unternehmen umfassen. Die Beihilfen [für die Entfernung und Beseitigung gefallener Tiere]32 werden an Wirtschaftsteilnehmer gezahlt, die auf einer den im Tierhaltungssektor tätigen Unternehmen nachgelagerten Stufe Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Entfernung und Beseitigung von Falltieren erbringen. 29 Vgl. Art. 16 Abs. 2 S. 2 Agrar-FreistellungsVO 2006, der diese Art der Abwicklung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in das Ermessen des Mitgliedstaates stellt. Art. 27 Abs. 3. Entwurf Agrar-FreistellungsVO hingegen sieht eine derartige Abwicklung als zwingend vor. 30 So die Begrifflichkeit in Anhang III, Teil 2 des Entwurfs Agrar-FreistellungsVO auf S. 85 des Dokuments (Fn. 1). 31 Je nach Finanzierung der Beihilfen sehen die Agrar-FreistellungsVO 2006 sowie der Entwurf FreistellungsVO vor, dass die maximale Beihilfehöhe zwischen 75 % bis 100% variiert, vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. d) und e) Agrar- FreistellungsVO 2006, bzw. Art. 27 Abs. 1 lit. c) und d) Entwurf Agrar-FreistellungsVO 32 Änderung durch Verfasser zwecks Vereinfachung. Im Original lautet diese Stelle „gemäß Artikel 1 Buchstaben c bis e“. Dieser Verweis bezieht sich nicht auf verschiedene Beihilfen für die Beseitigung und Entsorgung gefallener Tiere (vgl. Buchstaben c) bis e)). Aufgelistet werden diese allerdings nicht in „Artikel 1“, sondern in „Absatz 1“ des Art. 27 Entwurf Agrar-FreistellungsVO Hierbei dürfte es sich um ein Redaktionsversehen handeln. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 11 Die Anbieter der Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Entfernung und Beseitigung von Falltieren werden anhand von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen ausgewählt. Das Auswahlverfahren muss öffentlichem Recht unterliegen und sowohl öffentlichen als auch privaten Einrichtungen offenstehen . Es muss objektiv sein und den Ausschluss von Bewerbern mit Interessenkonflikten vorsehen. 4.2. Pflicht zur Ausschreibung (zu Frage 1) Eine Pflicht zur Ausschreibung enthält Art. 27 Abs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO in seinem Unterabsatz (UAbs.) 3. Vor allem in diesem Punkt weicht der Entwurf von der bisher geltenden Regelung in Art. 16 Abs. 2 Agrar-FreistellungsVO ab.33 Ausdifferenzierte Verfahrensanforderungen enthält UAbs. 3 nicht. Gefordert wird lediglich, dass dem Zuschlag eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen vorangehen muss und sowohl öffentliche als auch private Einrichtungen zu deren Einreichung berechtigt sein sollen. Ferner muss das Verfahren öffentlichen Recht unterliegen. Darin ist wohl ein Verweis auf nationale Vergabevorschriften zu sehen, welches in großem Umfang durch unionsrechtliche Rechtsakte und auch die EU-Grundfreiheiten geprägt ist (siehe auch unter 4.5.).34 Schließlich muss dass Verfahren objektiv sein und den Ausschluss von Bewerbern mit Interessenskonflikten vorsehen. Eine ausdrückliche Verpflichtung zur europaweiten Ausschreibung enthält UAbs. 3 nicht. Allerdings würde eine nur nationale Ausschreibung in der Regel (zumindest) gegen das in der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 f. Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV) verankerte Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verstoßen .35 Im Ergebnis besteht somit eine weitgehende Pflicht zur europaweiten Ausschreibung. Diese Ausschreibungspflicht besteht allerdings nur insoweit, als es sich dabei um eine Voraussetzung für die Freistellung dieser Beihilfen handelt. Die beseitigungspflichtigen Landkreise sind somit nicht absolut zur Ausschreibung verpflichtet, sondern nur dann, wenn die von ihnen als Umlage an die Zweckverbände gezahlten Beihilfen an die Landwirte von der Anmeldung bei der Kommission nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV freigestellt sein sollen. 33 Art. 16 Abs. 2 Agrar-FreistellungsVO lautet: Die Freistellung nach Absatz 1 Buchstaben d, e, f und g gilt nur, wenn es in dem Mitgliedstaat ein konsequentes Programm zur Überwachung und sicheren Beseitigung aller Falltiere gibt. Zur Vereinfachung der Verwaltung können diese staatlichen Beihilfen an Marktteilnehmer, die auf den den Landwirten nachgelagerten Stufen Dienstleistungen in Zusammenhang mit der Entfernung und/oder Beseitigung der Falltiere erbringen, gezahlt werden, sofern ordnungsgemäß nachgewiesen werden kann, dass der gezahlte Betrag in vollem Umfang an den Landwirt weitergegeben wird. 34 Vgl. allgemein zum unionalen Vergaberecht Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 1695 ff. 35 Vgl. etwa EuGH, Rs. C-231/03, Slg. 2005, I-7282, Rn. 17 – Coname. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 12 4.3. Wahrnehmung der Tierkörperentsorgung als kommunale Aufgabe (zu Frage 2) Dieser Umstand ist zugleich entscheidend für die Beantwortung der zweiten Frage, ob die beseitigungspflichtigen Kommunen die Entsorgung gefallener Tiere weiterhin noch als eigene Aufgabe wahrnehmen können. Die Wahrnehmung dieser Tätigkeit als eigene Aufgabe setzt – wie sich aus § 3 Abs. 1 TierNB ergibt – nicht voraus, dass die Kommune diese Tätigkeit alleine und selbst ausführt. Sie kann sich auch dritter Personen wie der Zweckverbände bedienen. Beide Formen der Ausführung dieser Aufgabe werden durch § 27 Abs. 3 UAbs. 3 Entwurf Agrar- FreistellungsVO und die darin geregelte Ausschreibungspflicht jedoch nicht per se untersagt. Denn wie oben unter 4.2. ausgeführt, ist die Durchführung einer Ausschreibung (nur) eine Voraussetzung für die Freistellung der Beihilfen an Landwirte für die Entfernung und Beseitigung gefallener Tiere. Im Ergebnis werden die nach deutschem Recht zuständigen Kommunen hierdurch aber vor eine Wahl gestellt: entweder sie führen die Aufgabe der Tierkörperentsorgung wie zum Teil bisher alleine oder v.a. über Zweckverbände ohne Ausschreibung durch und verlieren hierdurch die Möglichkeit der Freistellung ihrer Beihilfen an Landwirte für diese Dienstleistungen oder sie ermitteln die mit der Entsorgung befassten Einrichtungen durch Ausschreibung und können die Beihilfen an die Landwirte weiterhin ohne Anmeldung bei der Kommission gewähren. Welche Bedeutung diese Wahl für den Fortbestand des staatlichen Unterstützung für Landwirte im Zusammenhang mit der Entsorgung gefallener Tiere hat, wird deutlich, wenn der Frage nachgegangen wird, ob derartige Beihilfen nicht auch auf andere Art unionrechtsmäßig gewährt werden könnten. Lässt sich das Instrument der Freistellung mangels Einhaltung der daran geknüpften Voraussetzungen nicht nutzen, so steht der reguläre Verfahrensweg offen. Über die Bundesrepublik Deutschland können diese Beihilfen bei der Kommission nach Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV angemeldet werden. Die Kommission hat dann in einem (verwaltungsrechtlichen) Beihilfeverfahren zu prüfen, ob – ausgehend von dem hier unstreitigen Vorliegen der Beihilfequalität nach Art. 107 Abs. 1 AEUV – die Beihilfen gerechtfertigt sind und gewährt werden können (vgl. oben unter 2.). Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Kommission in einem regulären Verfahren die gleichen Voraussetzungen anlegen würde, wie sie sich auch im Entwurf der Agrar- FreistellungsVO in Art. 27 Abs. 3 UAbs. 3 finden. Hieraus folgt, dass sich die Wahl der Kommunen letztlich darauf beschränkt, entweder Beihilfen weiterhin unionsrechtsgemäß gewähren zu können, hierfür aber Ausschreibungen durchführen zu müssen oder auf Ausschreibungen zu verzichten und Beihilfen nicht mehr gewähren zu können. Die Wahrnehmung der Entsorgung gefallener Tiere als eigene Aufgabe selbst oder durch Zweckverbände ohne vorherige Ausschreibung führt somit faktisch dazu, dass Beihilfen an Landwirte für diese Dienstleistungen nicht mehr gewährt werden können. 4.4. Beteiligung kommunaler Zweckverbände an Ausschreibung (zu Frage 3) Vor diesem Hintergrund erschließt sich die Bedeutung der dritten Frage, ob sich kommunale Zweckverbände an Ausschreibungen beteiligen können. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 13 Art. 27 Abs. 3 UAbs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO sieht diesbezüglich zunächst ausdrücklich vor, dass sich auch öffentliche Einrichtungen am Auswahlverfahren bewerben können. Damit steht jedenfalls die Organisationsform der Zweckverbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts einer Beteiligung an der Ausschreibung nicht entgegen. Problematisch ist deren Beteiligung hingegen im Lichte der Vorgabe, wonach Bewerber mit Interessenskonflikten auszuschließen sind. Der Begriff des Interessenskonfliktes wird in diesem Zusammenhang nicht definiert. Blickt man jedoch auf den vergaberechtlich Kontext seiner Verwendung , so geht es dabei vor allem um personale oder rechtliche Verflechtungen oder Verbindungen zwischen dem ausschreibenden Auftraggeber und dem (zukünftigen) Auftragnehmer, die einer objektiven und alle Bieter gleich behandelnden Ausschreibung entgegen stehen könnten.36 Derartige Verflechtungen oder Verbindungen sind im Verhältnis zwischen den beseitigungspflichtigen Kommunen als ausschreibenden Auftraggebern einerseits und den von ihnen gegründeten Zweckverbänden als möglichen Auftragnehmern andererseits durchaus möglich. Vor diesem Hintergrund würde sich die Beteiligung von Zweckverbänden an Ausschreibungen ihrer eigenen Verbandsmitglieder (=Kommunen) jedenfalls als diffizil erweisen. Ob und auf welchem Wege in personeller und/oder organisationsrechtlicher Hinsicht derartigen Interessenskonflikten vorgebeugt werden könnte, bedürfte einer eingehenden vergaberechtlichen Untersuchung und ist im Übrigen stark einzelfallabhängig. An dieser Stelle sei lediglich darauf hingewiesen, dass nach § 16 Abs. 1 Vergabeverordnung personale Verflechtungen zwischen Auftraggeber und potentiellen Auftragnehmern nicht per se zu einem Ausschluss der letztgenannten als Bieter oder Bewerber an der Ausschreibung führen. Ein Ausschluss ist nach dieser Vorschrift ungeachtet der Verflechtungen nicht geboten, wenn „dadurch für die Personen kein Interessenskonflikt besteht oder sich die Tätigkeiten nicht auf die Entscheidung in dem Vergabeverfahren auswirken“. Die Beweislast für die Einhaltung dieser Anforderungen obliegt dabei dem Auftraggeber.37 Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Teilnahme kommunaler Zweckverbände an Ausschreibungen ihrer kommunalen Verbandsmitglieder nicht ausgeschlossen ist. Allerdings muss gewährleistet sein, dass im Einzelfall keine Interessenskonflikte vorliegen, die zu einem Ausschluss des betreffenden Zweckverbandes führen müssen. 4.5. Zur Unionsrechtmäßigkeit des Art. 27 Abs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO Art. 27 Abs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO wirft im Hinblick auf die in UAbs. 3 geregelte (faktische ) Verpflichtung zur Durchführung einer Ausschreibung Zweifel an seiner Unionsrechtmäßigkeit auf. Diese beziehen sich zum einen auf die Befugnis der Kommission, eine solche Voraussetzung in diesem Zusammenhang statuieren zu dürfen (siehe unter 4.5.1.). Zum anderen begegnet der mit der Ausschreibung einhergehende Ausschluss interkommunaler Zusammenarbeit , die als vergaberechtsfrei angesehen wird, Bedenken (siehe unter 4.5.2.). 36 Vgl. Ehrike, in: Montag/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) - Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht 2011, § 97 GWB, Rn. 48. 37 Siehe hierzu Reider, in: Montag/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) - Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht 2011, § 16 VgV, Rn. 10. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 14 Bevor auf die rechtlichen Zweifel nachfolgend eingegangen wird, ist darauf hinzuweisen, dass Unionsrechtsakten grundsätzlich die Vermutung der Rechtmäßigkeit anhaftet.38 Solange sie nicht durch Urteil des Gerichtshofs der EU aufgehoben werden, bleiben sie ungeachtet bestehender Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit gültig.39 4.5.1. Befugnis der Kommission zur Statuierung einer Ausschreibepflicht Wie oben unter 2. dargestellt, kann die Kommission Freistellungsverordnungen nur auf Grundlage eines Rechtsaktes des Rates erlassen, vgl. Art. 108 Abs. 4 AEUV. Gestützt ist der Entwurf der Agrar-FreistellungsVO auf die Verordnung der Rates Nr. 994/98.40 Art. 1 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung regeln, was in den Freistellungsverordnungen der Kommission festzulegen ist (Abs. 2) bzw. geregelt werden kann (Abs. 3). Eine Ausschreibungspflicht wie in Art. 27 Abs. 3 UAbs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO könnte danach allenfalls auf Art. 1 Abs. 3 lit. c) der Verordnung gestützt werden. Darin ist vorgesehen, dass in Freistellungsverordnungen insbesondere auch „zusätzliche Bedingungen für die Vereinbarkeit der nach solchen Verordnungen freigestellten Beihilfen vorgesehen werden“ können. Ob zu solchen „zusätzlichen Bedingungen“ die Pflicht zu Ausschreibungen gezählt werden kann, erscheint jedoch zweifelhaft. Nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, wonach die Union nur innerhalb der Grenzen der ihr von den Mitgliedstaaten übertragenen Zuständigkeiten tätig wird (Art. 5 Abs. 2 EUV) und ihre Organe nur nach Maßgabe der ihnen vertraglich zugewiesenen Befugnisse handeln (vgl. Art. 13 Abs. 2 EUV), bedarf die Union nicht nur eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für sekundäre Rechtssetzung. Notwendig ist auch die Wahl der richtigen Rechtsgrundlage.41 Nur auf diese Weise ist gewährleistet, dass die jeweils ausdrücklich vorgesehenen Zuständigkeiten von den dazu befugten Organen in den dafür vorgesehenen Verfahren und Handlungsformen wahrgenommen werden.42 Betrachtet man das bisherige sekundärrechtliche EU-Vergaberecht, so sind diese Maßnahmen bisher ausnahmslos auf die binnenmarktrechtlichen Rechtsetzungsgrundlagen der Art. 53, 62 38 Vgl. Pechstein, EU-Prozessrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 342, 379. Eine Ausnahme besteht nur bei sog. Nicht-Akten, die mit offensichtlichen Rechtsfehlern behaftet sind. Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen. 39 Vgl. Pechstein, EU-Prozessrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 342, 379. 40 Vgl. Einleitung des Entwurfs (Fn. 1). Zur Verordnung siehe Fn. 12. 41 Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 5 EUV, Rn. 9; Streinz, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 5 EUV, Rn. 9. 42 Vgl. Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 5 EUV, Rn. 9; Streinz, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 5 EUV, Rn. 9. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 15 und 114 AEUV [ex. 47, 55 und 95 EG-Vertrag] gestützt.43 Grund für diese kompetentielle Zuordnung ist, dass das sekundäre EU-Vergaberecht auf eine effektive Verwirklichung der EU- Grundfreiheiten, insbesondere der Warenverkehrs- , der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit , zielt44, die den Kern des Binnenmarktes ausmachen (vgl. Art. 26 Abs. 2 AEUV). All diese Rechtsgrundlagen sehen sodann das ordentliche Gesetzgebungsverfahren vor, in welchem Rat und Parlament als Gesetzgeber tätig werden (vgl. Art. 289 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 294 AEUV). Die Kommission ist insoweit auf die Initiierung des Gesetzgebungsverfahrens durch den Erlass eines Vorschlags beschränkt. Rechtssetzungsbefugnisse stehen ihr in diesem Zusammenhang lediglich bei der sog. delegierten Rechtssetzung nach Art. 290 AEUV oder der Durchführungsrechtssetzung nach Art. 291 Abs. 2 AEUV zu. Im ersten Fall darf sie dabei nur Ergänzungen oder Änderungen nicht wesentlicher Vorschriften von Gesetzgebungsakten regeln (Art. 290 Abs. 1 UAbs. 1 AEUV). Die wesentlichen Aspekte eines Bereichs sind dagegen dem Gesetzgebungsakt und damit der Entscheidung des Parlaments und des Rates überlassen (vgl. Art. 290 Abs. 1 UAbs. 2 AEUV). Die Durchführungsrechtssetzung nach Art. 291 Abs. 2 AEUV hat sich hingegen auf einheitliche Bedingung für die Durchführung verbindlicher Unionsrechtsakte zu beschränken. Vor diesem Hintergrund weckt die Regelung einer auch faktischen Ausschreibungspflicht in einer (tertiären) Freistellungsverordnung, die auf einem Ermächtigungsrechtsakt des Rates beruht und außerhalb des Gesetzgebungsverfahren, der delegierten und der Durchführungsrechtssetzungen erlassen würde, erhebliche rechtliche Bedenken. Diese betreffen zunächst die Wahl der Rechtsgrundlage in kompententieller Hinsicht. Art. 108 Abs. 4 AEUV in Verbindung mit der Ratsverordnung sind Teil des EU-Beihilfen- und damit des Wettbewerbsrechts der Union. Auch dieser Politikbereich wird zwar zum Binnenmarkt gerechnet, allerdings nur ergänzend im Vergleich zu den Grundfreiheiten45. Dies spricht dafür, dass die Statuierung einer Ausschreibungspflicht – wie bisher – auf die Art. 53, 62 und 114 AEUV zu stützen gewesen wäre. Hierfür streitet auch, dass eine derartige Pflicht inhaltlich betrachtet einen wesentlichen Aspekt darstellt, dessen Regelung einem einschlägigen Gesetzgebungsakt vorbehalten wäre (vgl. Art. 290 Abs. 1 UAbs. 2 AEUV) und nicht im Wege tertiären Rechtssetzung auf die Kommission übertragen werden kann. Auch handelt es sich dabei um keinen Fall der Regelung „einheitlicher Bedingungen für die Durchführung verbindlicher Rechtsakte“ im Sinne des Art. 291 AEUV. Auf den beiden letztgenannten Punkten beruhen schließlich auch die das Verhältnis der EU-Organe untereinan- 43 Vgl. jeweils die Einleitung der beiden sog. Vergaberichtlinien, der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl.EU 2004 Nr. L 134/1, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:134:0001:0113:DE:PDF (letztmaliger Abruf am 15.02.16); sowie der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ABl.EU 2004 Nr. L 134/114, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:134:0114:0240:de:PDF (letztmaliger Abruf am 15.02.16). 44 Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 1699. Vgl. aus der Rechtsprechung EuGH, Rs. 199/85, Slg. 1987, 1039, Rn. 12 – Kommission/Italien. 45 Siehe etwa Kahl, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 26 AEUV, Rn. 14. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 16 der betreffenden rechtlichen Zweifel. Zuständig zur Regelung wären im Lichte der vorstehenden Ausführungen Rat und Parlament, nicht hingegen die Kommission selbst. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Statuierung der Ausschreibungspflicht durch die Kommission in Art. 27 Abs. 3 UAbs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 5 Abs. 2 EUV und Art. 13 Abs. 2 EUV aufwirft. 4.5.2. Unzulässiger Ausschluss sog. interkommunaler Zusammenarbeit? Das (unionale) Vergaberecht unterwirft die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand (sog. öffentliche Aufträge, vgl. § 99 Abs. 1 GWB) auf dem Markt einem ausdifferenzierten Rechtsregime. Kennzeichnend für dieses ist, dass die Beschaffung im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren zu erfolgen hat (vgl. § 98 Abs. 1 GWB). Dies gilt allerdings nur insoweit, als nicht die öffentliche Hand die erforderlichen Waren oder Dienstleistungen mit eigenen Mitteln erbringt – die staatliche Eigenversorgung ist vergaberechtsfrei.46 Denn der Staat lässt insoweit keine Nachfragetätigkeit auf dem Markt entstehen47. Gleiches wird im Schrifttum für die sog. interkommunale Zusammenarbeit in Gestalt von Zweckverbänden angenommen.48 Durch die Gründung eines Zweckverbandes erfolge lediglich eine vollständige Aufgaben- und Kompetenzübertragung von den einzelnen Mitgliedskommunen auf den Verband, so dass es sich um einen reinen administrativen Organisationsakt handele.49 Es fehle daher sowohl an einem vertraglichen Austauschverhältnis als auch an einem Beschaffungsakt , die für öffentliche Aufträge typisch seien.50 Bei einer derartigen Aufgabenverlagerung finde das Vergaberecht keine Anwendung.51 Der Rechtsprechung des EuGH zum unionalen Vergaberecht lässt sich diese Feststellung zwar nicht ausdrücklich entnehmen. Für eine Freistellung der interkommunalen Zusammenarbeit finden sich aber indirekte Hinweise. Diese lassen sich vor allem den anerkannten Grundsätzen der sog. In-House-Geschäfte entnehmen. Danach unterliegt die Versorgung öffentlicher Stellen 46 Siehe Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 2004 ff. 47 Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 2005. 48 Vgl. Säcker/Wolff, in: Montag/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) - Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht 2011, § 99 GWB, Rn. 99; Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 2531 f.; Schröder, Die vergaberechtliche Problematik der interkommunalen Zusammenarbeit am Beispiel der Bildung von Zweckverbänden - Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des öffentlichen Auftrags i.S. des § 99 GWB, NVwZ 2005, 25, 27 ff. 49 Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 2531. 50 Schröder, Die vergaberechtliche Problematik der interkommunalen Zusammenarbeit am Beispiel der Bildung von Zweckverbänden - Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des öffentlichen Auftrags i.S. des § 99 GWB, NVwZ 2005, 25, 29. 51 Aus der Rechtsprechung nationaler Gerichte, siehe OLG Düsseldorf, VII Verg 17/06, NZBau 2006, 662 – Leitsatz 2. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 17 mit Waren und Dienstleistungen durch organisatorisch und rechtlich selbständige Einrichtungen nicht dem Vergaberecht, wenn die öffentliche Stelle über diese Untergliederung eine mit der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen vergleichbare Steuerung ausübt und die Einrichtung ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die öffentliche Stelle verrichtet.52 Es ist nicht ersichtlich, warum diese Wertung, die auf das Verhältnis einer öffentliche Stelle zu einer ihrer Kontrolle unterfallenden selbständigen Einrichtung bezogen ist, nicht auch auf die interkommunale Zusammenarbeit in Gestalt von Zweckverbänden übertragen werden könnte. Gründen mehrere Kommunen einen Zweckverband für eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung, die dieser (nur) für seine Gründungsmitglieder ausübt, so liegt ebenfalls faktisch ein Fall der Eigenversorgung vor, der sich von der kommunalen Eigenvornahme – ebenso wie das In-house-Geschäft – nur durch die rechtliche Konstruktion unterscheidet. Der Umstand, dass im Falle des Zweckverbandes nur alle beteiligten Kommunen gemeinsam, nicht aber alleine eine gegenüber ihren Dienststellen vergleichbare Kontrolle des Zweckverbandes ausüben können, kann demgegenüber nicht schädlich sein, da die Kontrolle als solche öffentlichen Stellen vorbehalten bleibt.53 Weitere Hinweise darauf, dass im Fall der Übertragung von hoheitlicher Aufgabendurchführung das Vergaberecht nicht anzuwenden ist, ergeben sich auch aus dem Urteil des EuGH in der Rs. Lottomatica.54 Hier hat der Gerichtshof zwar im Ergebnis einen vergaberechtsfreien Vorgang abgelehnt . Dies begründete er allerdings mit dem Hinweis, dass auf die von den öffentlichen Stellen zu unterscheidenden Einrichtungen nur „Leistungen technischer Art“ übertragen wurden, nicht aber solche Tätigkeiten, die dem Begriff der Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne der Bereichsausnahme des Art. 51 Abs. 1 AEUV unterfallen.55 Daraus wird im Schrifttum in einem Umkehrschluss gefolgert, dass bei einer Übertragung von hoheitlicher Aufgabendurchführung das Vergaberecht nicht zur Anwendung gelangen dürfte.56 Geht man vor diesem Hintergrund davon aus, dass das EU-Vergaberecht auch die interkommunale Zusammenarbeit durch Zweckverbände grundsätzlich nicht seiner Anwendung unterwirft, so stünde die Ausschreibungspflicht in Art. 27 Abs. 3 UAbs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO hierzu im Widerspruch. Und zwar ungeachtet der Tatsache, dass sie vor allem faktisch wirkt (siehe oben unter 4.3). Bedenkt man ferner, dass der unstreitige Ausschluss der nach hiesiger Auffassung wertungsgleich zu behandelnden sog. In-house-Geschäfte sowohl für den Bereich der 52 Erstmals EuGH, Rs. C-107/98, Slg. 1999, I-8121, Rn. 50 – Teckal, und seit dem ständige Rechtsprechung, vgl. Nachweise bei Säcker/Wolff, in: Montag/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) - Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht 2011,§ 99 GWB, Rn. 47, Fn. 74. Einzelheiten siehe Rn. 47 ff. 53 Vgl. Schröder, Die vergaberechtliche Problematik der interkommunalen Zusammenarbeit am Beispiel der Bildung von Zweckverbänden - Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des öffentlichen Auftrags i.S. des § 99 GWB, NVwZ 2005, 25, 29. 54 EuGH, Rs. C-272/91, Slg. 1994, I-1409, Rn. 3-13 – Lottomatica. 55 EuGH, aaO. (Fn. 54), Rn. 12 f. 56 Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 2493. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 18 Vergaberichtlinien57 gilt als auch primärrechtlich anerkannt ist58, wäre Art. 27 Abs. 3 UAbs. 3 Entwurf Agrar-FreistellungsVO als mit höherrangigem Unionsrecht unvereinbar anzusehen. 5. Umlage als Beihilfe an Zweckverbände? EU-Beihilferechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Organisation der Tierkörperentsorgung durch Zweckverbände können sich ferner dann ergeben, wenn die Umlagen der kommunalen Verbandsmitglieder höher sind, als zur Deckung der an die tierhaltenden Landwirte erbrachten Dienstleistungen der Entfernung und Beseitigung erforderlich. In diesen Fällen ließe sich der Unterschiedsbetrag – bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV – als Beihilfe an die Zweckverbände ansehen. Voraussetzung hierfür sind insbesondere zwei Umstände: Der erste betrifft das Element der Begünstigung als Grundvoraussetzung des Beihilfetatbestandes in Art. 107 Abs. 1 AEUV. Eine solche Begünstigung wäre in der hier angesprochenen Konstellation anzunehmen, wenn der Umlage als wirtschaftlichem Vorteil für die Zweckverbände keine durch sie erbrachte marktgerechte Gegenleistung gegenüberstehen würde. Der zweite Umstand bezieht sich auf die Voraussetzung einer durch die Begünstigung verursachten Wettbewerbsverfälschung. Deren Eintreten setzt bisher voraus, dass im Hinblick auf die Tätigkeit des Zweckverbandes ein Markt eröffnet ist, der dem Wettbewerb unterliegt. Das Vorliegen dieser Umstände im Einzelfall ist zur Zeit Gegenstand zweier bei Gericht des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuG) anhängigen Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Zweckverband Tierkörperbeseitung und der Kommission59 einerseits sowie zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kommission andererseits.60 Beide Rechtstreitigkeiten beziehen sich auf einen Beschluss der Kommission vom 25.04.2012 zu Beihilfen an den Zweckverband Tierkörperbeseitigung.61 In ihrem Beschluss hat die Kommission die Umlagezahlungen der kommunalen Verbandsmitglieder an den Zweckverband Tierkörperbeseitigung, die über die Beihilfen an Landwirte für die Entfernung und Beseitigung gefallener Tiere hinausgehen, als Beihilfen im Sinne des Art. 107 57 EuGH, Rs. C-107/98, Slg. 1999, I-8121, Rn. 50 – Teckal. 58 EuGH, Rs. C-458/03, Slg. 2005, I-8612, Rn. 60 – Parking Brixen; vgl. zur primärrechtlichen Verankerung auch Kühling/Huerkamp, in: Montag/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) - Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht 2011,vor §§ 97 GWB, Rn. 54. 59 Anhängig beim EuG als Rs. T-309/12 – die bisher vorliegenden Dokumente hierzu können abgerufen werden unter Angabe der Rs.Nr. unter http://curia.europa.eu/juris/recherche.jsf?language=de. 60 Anhängig beim EuG als Rs. T-295/12 (vgl. Fn. 59). 61 Siehe Fn. 21. Zu diesem Rechtsstreit siehe ausführlich Heimes, Damoklesschwert "Rückzahlung" über dem Zweckverband Tierkörperbeseitigung, Der Landkreis 2012, 574 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 19 Abs. 1 AEUV qualifiziert, die nicht gerechtfertigt werden können und daher zurückgefordert werden müssen.62 Bereits im Zuge des vorangehenden Beihilfeverfahrens war zwischen den Beteiligten insbesondere umstritten, ob diesen Umlagezahlungen eine marktgerechte Gegenleistung gegenübersteht, so dass (k)ein wirtschaftlicher Vorteil bei dem Zweckverband entstanden ist. Der Zweckverband Tierkörperbeseitigung und die Bundesrepublik Deutschland verwiesen darauf, dass die Umlagezahlungen die Kosten für die Vorhaltung einer Seuchenreserve ausgleichen sollen, welche eine Dienstleistung von allgemeinen wirtschaftlichen Interesse sei, die den beseitigungspflichtigen kommunalen Mitgliedern und damit letztlich auch ihrem Zweckverband obliege. Die Kommission war dagegen der Ansicht, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse insoweit nicht gegeben sei, sondern die Kosten hierfür von den Landwirten getragen werden müssten. Die streitigen Umlagezahlungen können daher nicht als Ausgleichszahlungen im Sinne der sog. Altmark-Trans-Rechtsprechung angesehen werden. Nach dieser Rechtsprechung sind Ausgleichszahlung an Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, wie etwa dem öffentlichen Personennahverkehr, unter bestimmten Voraussetzungen keine Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV.63 Eine weitere Besonderheit dieser Rechtstreitigkeiten liegt in tatsächlicher Hinsicht darin, dass der Zweckverband Tierkörperbeseitigung nicht nur für seine Verbandsmitglieder tätig geworden ist, sondern sich in einer Ausschreibung in ein em anderen Bundesland erfolgreich gegen private Wettbewerber durchgesetzt hatte und dort tätig geworden ist.64 Auch auf diesen Umstand hat die Kommission in ihrem Beschluss die rechtliche Feststellung gestützt, wonach die streitigen Umlagezahlungen an den Zweckverband Tierkörperbeseitigung den Wettbewerb verfälschen.65 Ob eine Wettbewerbsverfälschung auch dann angenommen werden kann, wenn sich die Tätigkeit eines Zweckverbandes auf das Gebiet seiner Verbandsmitglieder beschränkt, ist in der Rechtsprechung der Unionsgerichte – soweit ersichtlich – bisher nicht geklärt. Sollte auch in solchen Fällen von dem Vorliegen eines Marktes (und damit potentiell möglicher Wettbewerbsverfälschungen ) auszugehen sein66, würden derartige Konstruktionen im Hinblick auf Mitteltransfers zwischen Kommunen und ihren Zweckverbänden grundsätzlich dem EU-Beihilfenrecht unterfallen.67 In prozessualer Hinsicht sei an dieser Stelle angemerkt, dass derzeit nicht gesagt werden kann, wann die erstinstanzlichen Urteile des EuG in diesen Rechtsstreitigkeiten zu erwarten sind. Im 62 Vgl. Art. 1 und 2 des Beschlusses (Fn. 21). 63 EuGH, Rs. C-280/00, Slg. 2003, I-7747, Rn. 88 ff. – Altmark Trans. 64 Vgl. Rn. 21 des Beschlusses (Fn. 21). 65 Vgl. Rn. 147 des Beschlusses (Fn. 21). 66 So aber wohl die Kommission im Verfahren, vgl. Rn. 146 ff. des Beschlusses (Fn. 21). 67 Vgl. hierzu in kritischer Hinsicht Heimes, Damoklesschwert "Rückzahlung" über dem Zweckverband Tierkörperbeseitigung, Der Landkreis 2012, 574, 576 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 121/13 Seite 20 Übrigen dürfen die beteiligten Parteien in beiden Fällen Rechtsmittel zum EuGH einlegen, so dass sich die Verfahren bis zu ihrem endgültigen Abschluss noch über mehrere Jahre hinziehen könnten. 6. Zusammenfassung Auf die dem Fachbereich gestellten Fragen zu Art. 27 Abs. 3 UAbs. 3 Entwurf Agrar- FeststellungsVO (vgl. oben unter 1.) ist wie folgt zu antworten: Eine Pflicht zur europaweiten Ausschreibung der Dienstleistung der Entsorgung gefallener Tiere besteht nach dem Entwurf nur insoweit, als Beihilfen an Landwirte für die Entfernung und Beseitigung solcher Tiere weiterhin von der Anmeldung bei der Kommission nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV freigestellt bleiben sollen. Die Kommunen können die Entsorgung gefallener Tiere nach dem Entwurf weiterhin als eigene Aufgabe durch Zweckverbände ohne vorherige Ausschreibung wahrnehmen. Allerdings führt dies faktisch dazu, dass Beihilfen an Landwirte für die Entfernung und Beseitigung gefallener Tiere nicht mehr gewährt werden können. Kommunale Zweckverbände können sich nach dem Entwurf an Ausschreibungen ihrer kommunalen Verbandsmitglieder beteiligen, sofern im Einzelfall sichergestellt ist, dass keine Interessenskonflikte vorliegen, die zum Ausschluss des betreffenden Zweckverbandes führen müssen. - Fachbereich Europa -