© 2015 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 120/15 EU-Sanktionen gegenüber Russland Konsequenzen für den Asset-Tausch von Gazprom und Wintershall Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 2 EU-Sanktionen gegenüber Russland Konsequenzen für Asset-Tausch von Gazprom und Wintershall Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 120/15 Abschluss der Arbeit: 18.9.2015 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Überblick – die Sanktionen der EU 4 3. Übernahme von Wingas und WIEH durch Gazprom 6 3.1. Individualsanktionen 6 3.2. Sperrung des Zugangs zu den Kapitalmärkten 7 4. Beteiligung von Gazprom an Wintershall Nordzee und Wintershall Services 7 4.1. Sperrung des Zugangs zu den Kapitelmärkten 7 4.2. Sanktionen im Bereich der Erdölindustrie 8 5. Beteiligung von Wintershall an der Achimov-Formation 8 5.1. Sperrung des Zugangs zu den Kapitalmärkten 8 5.2. Sanktionen im Bereich der Erdölindustrie 9 6. Fazit 10 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 4 1. Fragestellung Nach verschiedenen Zeitungsberichten und Informationen auf den Internetseiten der betroffenen Unternehmen soll der ursprünglich für 2014 geplante (und dann ausgesetzte) Asset-Deal der Unternehmen Gazprom und Wintershall Ende 2015 erfolgen. Gazprom soll bis Ende 2015 die Anteile von Wintershall an den bisherigen Joint-Ventures Wingas und WIEH sowie die Anteile an der Speichergesellschaft astora GmbH & Co KG und an deutschen Erdgasspeichern übernehmen. Außerdem wird sich Gazprom zu 50 Prozent an der Wintershall Nordzee B.V. (WINZ) und der Wintershall Services B.V. beteiligen. WINZ sucht und fördert in der südlichen Nordsee Erdöl und Erdgas. Wintershall Services stellt Mitarbeiter und Dienstleistungen für WINZ zur Verfügung .1 Im Gegenzug bekommt Wintershall stärkeren Zugang zur Gasförderung in Sibirien. Das Joint-Venture Achimgaz, das die beiden Unternehmen in Westsibirien betreiben, wird ausgeweitet , und Wintershall erhält den wirtschaftlichen Gegenwert von 25-Prozent plus eine Aktie an den Blöcken IV und V der Achimov-Formation, einem Erdgasfeld in Westsibirien.2 Die vorliegende Ausarbeitung untersucht, ob dieser Asset-Tausch unter die Sanktionen der Europäischen Union (EU) fällt, welche aufgrund der Lage in der Ukraine gegen Russland verhängt worden sind, wobei zunächst ein kurzer Überblick über diese Sanktionen gegeben wird. 2. Überblick – die Sanktionen der EU Die Sanktionen, welche von der EU gegen Russland verhängt worden sind, lassen sich in drei Gruppen einteilen. Die erste Gruppe sind die Individualsanktionen, die bereits im März 2014 mit der Verordnung (EU) Nr. 269/20143 gegen Einzelpersonen, welche für „Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen “, verantwortlich sind, verhängt wurden. Diese Verordnung wurde durch weitere Verordnungen und insbesondere mehrere Durchführungsverordnungen ergänzt und die Sanktionen in Gestalt von Reisebeschränkungen und „Vermögenseinfrierungen“ auf weitere Personen und verschiedene Einrichtungen ausgeweitet. Die zweite Gruppe von Sanktionen umfasst das Embargo im Hinblick auf die Krim und Sewastopol . Mit der Verordnung (EU) Nr. 692/20144 wurde die Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der 1 EU Kommission, 3.12.2013, COMP/M.6910 - Gazprom / Wintershall / Target Companies, abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/mergers/cases/decisions/m6910_20131203_20310_3618213_EN.pdf. 2 Pressemitteilung, BASF und Gazprom vereinbaren Vollzug des Asset-Tauschs, 4.9.2015, abrufbar unter http://www.wintershall.com/presse-news/detail/news/basf-und-gazprom-vereinbaren-vollzug-des-assettauschs .html. 3 Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen , die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen , ABl. 2014 L, 78/6, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=OJ:L:2014:078:0006:0015:DE:PDF. 4 Verordnung (EU) Nr. 692/2014 des Rates vom 23. Juni 2014 über restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die rechtswidrige Eingliederung der Krim und Sewastopols durch Annexion, ABl. 2014 L, 183/9, konsolidierte Fassung abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02014R0692- 20141220&from=EN. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 5 Krim oder in Sewastopol in die EU verboten. Auch diese Verordnung wurde durch weitere Verordnungen ergänzt. Die Verordnung (EU) Nr. 825/20145 ergänzte ein Verbot von neuen Investitionen in die Infrastruktur in den Verkehrs-, Telekommunikations- oder Energiesektoren und der Nutzung natürlicher Ressourcen auf der Krim und in Sewastopol sowie ein Ausfuhrverbot für wesentliche Ausrüstungen und Technologien für diese Sektoren. Die Verordnung (EU) Nr. 1351/20146 enthält ein Verbot aller ausländischen Investitionen auf der Krim oder in Sewastopol . Zudem werden alle Dienstleistungen verboten, die direkt mit dem Investitionsverbot in Zusammenhang stehen, sowie Dienstleistungen, die in Zusammenhang mit Tourismusaktivitäten und in den Sektoren Verkehr, Telekommunikation, Energie und Ausbeutung von Erdöl-, Erdgasund Mineralreserven auf der Krim oder in Sewastopol erbracht werden. Die dritte Gruppe von Sanktionen, die für die folgende Ausarbeitung von Bedeutung ist, sind die sektoralen Sanktionen, welche durch die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 erlassen7 und durch die Verordnungen (EU) Nr. 960/20148 und (EU) Nr. 1290/20149 ergänzt worden sind. Die sektoralen Sanktionen umfassen ein Waffenembargo, Handelsbeschränkungen für Dual-Use-Güter und Genehmigungsvorbehalte für Technologien zur Ölexploration, das Verbot von bestimmten Dienstleistungen im Zusammenhang mit Rüstungsgütern und Kapitalmarktsperren für verschiedene Unternehmen des russischen Banken-, Verteidigungs- und Energiesektors. 5 Verordnung (EU) Nr. 825/2014 des Rates vom 30. Juli 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 692/2014 über Beschränkungen für die Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der Krim oder in Sewastopol in die Union als Reaktion auf die rechtswidrige Eingliederung der Krim und Sewastopols durch Annexion, ABl. 2014 L, 226/2, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0825&from=DE. 6 Verordnung (EU) Nr. 1351/2014 des Rates vom 18. Dezember 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 692/2014 über restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die rechtswidrige Eingliederung der Krim und Sewastopols durch Annexion, ABl. 2014 L, 365/46, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R1351&from=DE. 7 Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, ABl. 2014 L, 229/1, abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0833&from=DE. 8 Verordnung (EU) Nr. 960/2014 des Rates vom 8. September 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren , ABl. 2014 L, 271/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0960&from=DE. 9 Verordnung (EU) Nr. 1290/2014 des Rates vom 4. Dezember 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 960/2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, ABl. 2014 L, 349/20, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R1290&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 6 3. Übernahme von Wingas und WIEH durch Gazprom 3.1. Individualsanktionen Die Übernahme von den Anteilen an Gemeinschaftsunternehmen wie Wingas und WIEH, die bisher Wintershall gehalten hat, durch Gazprom stellt keinen Verstoß gegen die (individuellen) Finanzsanktionen der EU dar. Mit Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 269/201410 hat die EU das Vermögen der im Anhang 1 der Verordnung aufgezählten natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen eingefroren. Nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung ist es verboten, den in Anhang 1 aufgeführten Personen, Einrichtungen oder Organisationen unmittelbar oder mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Im Ergebnis führt diese Sanktion dazu, dass fast jede wirtschaftliche Tätigkeit mit den gelisteten Einheiten verboten ist.11 Indem Wintershall Gazprom seine Gesellschaftsanteile überträgt, stellt es Gazprom wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung. Der Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 ist seit dem ursprünglichen Erlass im März 2014 erweitert worden. Durch den Erlass verschiedener Durchführungsverordnungen ist der Anhang 1 der Verordnung stetig ergänzt worden.12 Momentan sind über hundert Personen und mehr als dreißig Einrichtungen im Anhang gelistet.13 Weder der Gazprom-Konzern noch einzelne seiner Gesellschaften sind im Anhang 1 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 aufgezählt. Folglich dürfen Gesellschaften des Gazprom-Konzerns wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Der Asset-Tausch von Gazprom und Wintershall fällt nicht in den Bereich der Individualsanktionen. 10 Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen , die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen , ABl. 2014 L, 78/6, konsolidierte Fassung abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02014R0269-20150315&from=EN. 11 Schwendinger/Trennt, Die Russland-Embargo-Verordnung: Wirtschaftssanktionen der EU in der Ukraine-Krise, EuZW 2015, S. 93 (99). 12 Durchführungsverordnung (EU) 2015/1514 des Rates vom 14. September 2015 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, ABl. 2015 L, 239/30, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:JOL_2015_239_R_0002&from=DE. 13 Eine Liste aller in Anhang 1 aufgezählten Personen und Einrichtungen ist abrufbar unter http://www.consilium .europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/EN/foraff/145571.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 7 3.2. Sperrung des Zugangs zu den Kapitalmärkten Die sektoralen Sanktionen der Verordnung (EU) Nr. 833/201414 beschränken u.a. den Zugang zum europäischen Kapitalmarkt für bestimmte russische Staatsbanken. Nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 ist es verboten, Wertpapiere und Geldmarktinstrumente, die von einer der fünf im Anhang III der Verordnung gelisteten russischen Staatsbanken ausgestellt worden sind, zu kaufen oder zu verkaufen. Gemäß Art. 5 Abs. 3 ist es zudem untersagt, an die im Anhang der Verordnung aufgelisteten Einheiten Darlehen oder Kredite zu vergeben. Mit der Verordnung (EU) Nr. 960/2014 wurden die Verbote bezüglich des Zugangs zum Kapitalmarkt auf sechs Unternehmen der russischen Rüstungs- und Ölindustrie ausgedehnt.15 Zu den sanktionierten Banken zählt die Gazprom Bank. Im Ölbereich wird das Unternehmen Gazprom Neft im Anhang VI der Verordnung aufgelistet. Der Verkauf von Gesellschaftsanteilen von Wintershall an Gazprom stellt keinen Verkauf von Wertpapieren dar, welche durch die Gazprom Bank bzw. Gazprom Neft ausgegeben worden sind. Zu den Wertpapieren zählen nach Art. 1 lit. f) der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 zwar Zahlungsinstrumente wie Aktien und andere Anteile an Gesellschaften, Personengesellschaften oder anderen Rechtspersönlichkeiten gleichzustellende Wertpapiere sowie Aktienzertifikate. Der Verkauf bzw. Tausch der Gesellschaftsanteile fällt aber nicht in den Bereich der Kapitalmarktsperren, da die Anteile an der Wingas-GmbH, der WIEH GmbH & Co KG und der astora GmbH & Co KG nicht durch die Gazprom Bank oder Gazprom Neft ausgegeben worden sind. Es handelt sich um Gesellschaftsanteile an (Gemeinschafts-)Unternehmen, die von Wintershall an Gazprom abgegeben werden . Ziel der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 ist ausweislich ihres Erwägungsgrundes 5 den Zugang bestimmter Finanzinstitute zum Kapitelmarkt zu beschränken. Indem Wintershall seine Gesellschaftsanteile an Gazprom überträgt, erhält weder die Gazprom Bank noch Gazprom Neft Zugang zum Kapitalmarkt. 4. Beteiligung von Gazprom an Wintershall Nordzee und Wintershall Services 4.1. Sperrung des Zugangs zu den Kapitelmärkten Die Wintershall Nordzee B.V. und Wintershall Services B.V. sind niederländische Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die Anteile an diesen Gesellschaften, welche Gazprom im Rahmen des Asset-Deals von Wintershall übertragen werden, sind keine Wertpapiere, welche von Gazprom Neft oder Gazprom Bank ausgegeben worden sind. Folglich stellt ihre Übertragung keinen Verstoß gegen die Sanktion des Art. 5 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 dar. 14 Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, ABl. 2014 L, 229/1, abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0833&from=DE. 15 Verordnung (EU) Nr. 960/2014 des Rates vom 8. September 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren , ABl. 2014 L, 271/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0960&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 8 4.2. Sanktionen im Bereich der Erdölindustrie Neben den Kapitalmarktsperren hat die EU mit der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 und den nachfolgenden Verordnungen (EU) Nr. 960/2014 und (EU) Nr. 1290/201416 auch Beschränkungen im Erdölsektor angeordnet. Die Ausfuhr bestimmter energiebezogener Ausrüstung und Technologie nach Russland unterliegt gemäß Art. 3 der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 der vorherigen Genehmigung durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Ausfuhrlizenzen werden gemäß Art. 3 Abs. 5 der Verordnung verweigert, wenn die Technologien für die Exploration und Herstellung von Produkten aus Tiefsee-Öl, Arktis-Öl oder Schieferöl in Russland bestimmt sind. Auch Dienstleistungen, die für die Exploration und Herstellung von Tiefsee-Öl, Arktis-Öl oder Schieferöl in Russland notwendig sind, z.B. Bohrungen, Bohrlochtests oder Protokollierungsdienste, dürfen nach Art. 3a der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 nicht getätigt werden. Der Erwerb bzw. die Übertragung von Anteilen an einem Unternehmen, welches Erdgas in der Nordsee fördert, stellt bereits keinen Technologieexport bzw. keine Erbringung von Dienstleistungen dar. Zudem ist WINZ allein auf die Förderung von Erdgas, nicht von Erdöl ausgerichtet und insbesondere nicht im Bereich Tiefsee-Öl, Arktis-Öl oder Schieferöl tätig. Der Erwerb von Anteilen an WINZ und Wintershall Services durch Gazprom stellt keinen Verstoß gegen die EU- Sanktionen im Bereich Erdöl dar. 5. Beteiligung von Wintershall an der Achimov-Formation Für die Übertragung der Gesellschaftsanteile erhält Wintershall im Gegenzug Anteile an den Gasfeldern der Achimov-Formation, wo das Joint Venture Achimgaz Erdgas fördert bzw. fördern soll. 5.1. Sperrung des Zugangs zu den Kapitalmärkten Gemäß Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 ist es verboten, Wertpapiere und Geldmarktinstrumente , die von einer der fünf im Anhang der Verordnung gelisteten russischen Staatsbanken (u.a. der Gazprom Bank) nach dem 1. August bzw. dem 12. September 2014 mit einer Laufzeit von mehr als 90 bzw. 30 Tagen ausgegeben worden sind, zu kaufen oder zu verkaufen. Mit der Verordnung (EU) Nr. 960/2014 wurden die Verbote auf sechs Unternehmen der russischen Rüstungs - und Ölindustrie ausgedehnt,17 darunter das Unternehmen Gazprom Neft. Um Umgehungen zu vermeiden ist es nach Art. 5 Abs. 1 lit. b) und c) sowie Abs. 2 lit. c) und d) der Verordnung (EU) Nr. 883/2004 zudem verboten, Wertpapiere von Einrichtungen zu kaufen oder verkaufen , welche entweder zu über 50% von einem der im Anhang gelisteten Unternehmen gehalten 16 Verordnung (EU) Nr. 1290/2014 des Rates vom 4. Dezember 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 960/2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, ABl. 2014 L, 349/20, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R1290&from=DE. 17 Verordnung (EU) Nr. 960/2014 des Rates vom 8. September 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren , ABl. 2014 L, 271/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0960&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 9 werden oder welche im Namen oder auf Anweisung der im Anhang gelisteten Unternehmen handeln . Achimgaz AO ist wie auch die Gazprom Bank und Gazprom Neft eine Tochtergesellschaft der Gazprom Konzernmutter. Achimgaz wurde als eine geschlossene Aktiengesellschaft von der Gazprom Tochtergesellschaft Gazprom Dobycha Urengoy unter Beteiligung von Wintershall gegründet .18 Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Anteile an Achimgaz bzw. der Achimov Formation Wertpapiere darstellen, die von der Gazprom Bank oder Gazprom Neft ausgegeben werden oder dass die beiden Unternehmen Anteile von mehr als 50% an Gazprom Dobycha Urengoy bzw. Achimgaz halten. Gazprom Dobycha Urengoy und Achimgaz sind beide nicht als Tochtergesellschaften von Gazprom Neft oder der Gazprom Bank auf deren Internetseiten aufgezählt.19 Es ist allerdings nur schwer möglich die genaue Struktur des Gazprom-Konzerns zu überblicken. Zu bedenken ist jedoch, dass nicht der gesamte Gazprom-Konzern, sondern nur zwei seiner Gesellschaften , die in den Bereichen Bankwesen bzw. Erdöl aktiv sind (Gazprom Bank und Gazprom Neft), den Sanktionen der EU unterliegen. Ihre Auflistung im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 bedeutet gerade nicht eine Sanktionierung des gesamten Gazprom-Konzerns, sondern nur der Gesellschaften der Sparten Bankwesen und Erdöl. Achimgaz ist in der Erdgasförderung aktiv. Vorbehaltlich im Rahmen der Ausarbeitung nicht entdeckter Anteilseignerpositionen con der Gazprom Bank oder Gazprom Neft ist nach hiesiger Ansicht davon auszugehen, dass der Erwerb von Anteilen an Achimgaz bzw. der Achimov-Formation durch Wintershall kein Verstoß gegen die EU-Sanktionen darstellt. 5.2. Sanktionen im Bereich der Erdölindustrie Art. 3 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 verbietet die Lieferung bzw. den Verkauf von Technologien , die im Rahmen von Projekten zur Ölexploration und -förderung in der Tiefsee oder der Arktis oder im Rahmen von Schieferölprojekten in Russland eingesetzt werden soll. Art. 3a der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 verbietet die Erbringung der dazu erforderlichen Dienstleistungen. Der Erwerb von Anteilen an russischen Erdgasfeldern stellt bereits keinen Technologieexport bzw. keine Erbringung von Dienstleistungen dar. Wenn es zu Technologieexporten (von im Anhang II der Verordnung gelisteten Güter) von Wintershall kommen sollte, bedürften diese nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 einer Genehmigung. Da es sich bei Achimgaz aber um ein Unternehmen der Erdgas-, nicht der Erdöl-Industrie handelt, welches nicht im Bereich Tiefsee-Öl, Arktis-Öl oder Schieferöl tätig ist, dürfte eine solche Genehmigung voraussichtlich erteilt werden. Der Erwerb von Anteilen an russischen Erdgasfeldern und eine entsprechende Geschäftsbeteiligung an Achimgaz stellt jedenfalls keinen Verstoß gegen die EU-Sanktionen im Bereich Erdöl dar. 18 http://www.gazprom.de/development/innovations/. 19 http://www.gazprom-neft.com/company/subsidiaries/#full-list und http://www.gazprombank .ru/eng/group/company/. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 120/15 Seite 10 6. Fazit Zwar sind die Formulierungen in den verschiedenen Sanktions-Verordnungen der EU relativ unbestimmt und lassen in einigen Fällen eine weite Auslegung zu.20 Nach hiesiger Ansicht fällt der Asset-Tausch zwischen Wintershall und Gazprom (nach den diesbezüglich zugänglichen Informationen ) jedoch nicht unter die Sanktionen der EU. - Fachbereich Europa - 20 Schwendinger/Trennt, Die Russland-Embargo-Verordnung: Wirtschaftssanktionen der EU in der Ukraine-Krise, EuZW 2015, S. 93 (99).