PE 6 - 3000 - 119/20 (4.1.2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Der Fachbereich soll zu der Frage Stellung beziehen, ob es rechtlich möglich sei, dass die Deutsche Bahn AG einen Antrag auf Notifizierung einer Beihilfe stellt, die ihr - wie im Fall der Eigenkapitalerhöhungen wegen Corona oder dem Klimapaket - vom Bund gewährt werden soll. Unterstellt, bei dieser Eigenkapitalerhöhung handelte es sich um eine neue Beihilfe1, bestünde hierfür eine Notifizierungspflicht, soweit das Unionsrecht hiervon keine Freistellung vorsieht. 2 Nach Art. 108 Abs. 3 AEUV wird die Kommission […] von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Nach Art. 2 Verordnung Nr. 2015/15893 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission ihre Vorhaben zur Gewährung neuer Beihilfen rechtzeitig mitzuteilen, soweit auf Grundlage des Art. 109 AEUV erlassene Verordnungen4 nichts anderes vorsehen. Besteht hiernach eine Notifizierungspflicht, sind die Mitgliedstaaten zur Unterrichtung der Kommission verpflichtet. Weder untergeordnete staatliche Stellen, Bundesländer oder Gebietskörperschaften , selbst wenn diese nach der nationalen Rechtsordnung eines Mitgliedstaates für das mit 1 Vgl. dazu Fachbereich Europa, Ausarbeitung vom 28.7.2020, Beihilfenrechtliche Bewertung der Eigenkapitalerhöhung des Bundes bei der Deutschen Bahn AG in der Covid-19-Pandemie, abrufbar unter: https://www.bundestag .de/resource/blob/791848/41c040c993611045353e6637493068a7/PE-6-062-20-pdf-data.pdf. 2 Das Unionsrecht stellt die Beihilfe von der Verpflichtung vorheriger Anmeldung auf Grundlage von Freistellungsverordnungen frei. Nicht der Notifizierungspflicht unterliegen auch De-minimis-Beihilfen nach Art. 3 Abs. 2 Verordnung 1407/2013. 3 Verordnung (EU) Nr. 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV, ABl. 2015 Nr. L 248/9. 4 Vgl. Fn. 2. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Kurzinformation Zur Zuständigkeit für die Notifizierung einer Beihilfe nach Art. 108 Abs. 3 AEUV Kurzinformation Zur Zuständigkeit für die Notifizierung einer Beihilfe nach Art. 108 Abs. 3 AEUV Fachbereich Europa (PE 6) Seite 2 einer Beihilfe geförderte Sachgebiet Zuständigkeiten haben, noch der jeweilige Beihilfeempfänger können eine Beihilfe bei der Kommission anmelden.5 Dies stellte der EuGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 zu einer spanischen Beihilferegelung zugunsten eines spanischen Schifffahrtsunternehmens klar: Aus dem System des Artikels 88 Absatz 3 EG [die inhaltsgleiche Vorgängerregelung zu Art. 108 Abs. 3 AEUV]6, der ein zweiseitiges Verhältnis zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat begründet, ergibt sich nämlich bereits, dass die Anmeldepflicht nur die Mitgliedstaaten trifft. Dieser Pflicht kann daher nicht durch eine Anmeldung genügt werden , die das Unternehmen vornimmt, das die Beihilfe erhält. Beihilfeempfänger können allerdings eine Selbstanzeige bei der Kommission als Beschwerde einreichen 7 und sind gem. Art. 1 lit. h) Verordnung Nr. 2015/1589 Beteiligte des Beihilfeverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV. Gegenüber den Mitgliedstaaten nehmen diese eine untergeordnete Verfahrensstellung ein. Das Verwaltungsverfahren in Beihilfesachen wird aber nur gegen den betroffenen Mitgliedstaat eingeleitet. Die durch Beihilfen begünstigten Unternehmen und die die Beihilfen gewährenden, unterhalb der staatlichen Ebene angesiedelten Gebietskörperschaften, wie die Kläger, sowie die Wettbewerber der Beihilfeempfänger gelten in diesem Verfahren nur als „Beteiligte".8 […] Diese Rechtsprechung weist den Beteiligten im Wesentlichen die Rolle von Informationsquellen für die Kommission im Rahmen des nach Artikel 88 Absatz 2 EG eingeleiteten Verwaltungsverfahrens zu. Daraus folgt, dass die Beteiligten einen Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist, keineswegs geltend machen können, sondern lediglich über das Recht verfügen , am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden.9 5 EuGH, Urt. v. 1.06.2006, Rs. C-442/03 P und C-471/03 P Rn. 104; Rusche in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht , 5. Auflage 2016, Ziffer 1 zu Art. 2 Verordnung Nr. 2015/1589. 6 Einschub Verfasser. 7 Rusche in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2016, Ziffer 1 zu Art. 2 Verordnung Nr. 2015/1589. 8 EuG, Urt. v. 6.03.2003, Rs. T-228/99 und T-233/99 Rn. 122. 9 EuG, Urt. v. 6.03.2003, Rs. T-228/99 und T-233/99 Rn. 125. Kurzinformation Zur Zuständigkeit für die Notifizierung einer Beihilfe nach Art. 108 Abs. 3 AEUV Fachbereich Europa (PE 6) Seite 3 In Deutschland erfolgt die Unterrichtung der Kommission - auch soweit diese Beihilfen der Bundesländer oder Kommunen betrifft - stets über die Bundesregierung. Diese Zuständigkeit übt für die Bundesregierung im Regelfall das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aus. Für den Transportsektor nimmt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und für den Bereich Landwirtschaft das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft diese Zuständigkeit wahr.10 – Fachbereich Europa – 10 Von Wallenberg/Schütte in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, AEUV Art. 108 Rn. 17.