© 2021 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 118/20 Zur Möglichkeit menschenrechtlich motivierter Importverbote einzelner Mitgliedstaaten Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 118/20 Seite 2 Zur Möglichkeit menschenrechtlich motivierter Importverbote einzelner Mitgliedstaaten Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 118/20 Abschluss der Arbeit: 8. Januar 2021 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 118/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Maßgebliches Unionsrecht 4 3. Zusammenfassung 5 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 118/20 Seite 4 1. Einleitung Es wurde um die Beurteilung folgenden Sachverhalts gebeten: Sind menschenrechtlich motivierte Handels- und Importverbote der EU mit den Regeln der Weltund Handelsorganisation, insbesondere mit dem Zoll- und Handelsabkommen GATT, in folgendem Szenario vereinbar? In der EU wirtschaftlich tätigen Unternehmen wird untersagt, Produkte aus Quellen zu beziehen, die sich nachweislich nicht an im Gesetz näher definierten menschenrechtlichen Standards nach internationalen Rahmenwerken halten (z.B. den Leitprinzipien für Menschenrechte der Vereinten Nationen). Dies gilt für alle Produkte und Quellen gleichermaßen, unabhängig davon, welchem Ursprungsland sie zugeordnet werden können. Der Nachweis, ob menschenrechtliche Standards eingehalten werden, wird transparent in einem Register dokumentiert und fortlaufend überprüft. Was gilt, wenn nicht die EU, sondern ein einzelner EU-Mitgliedstaat ein solches Verbot erlässt (nach WTO-Regelung und im Unionsrecht)? Die vorliegende Ausarbeitung beschränkt sich auf eine unionsrechtliche Beurteilung eines entsprechenden Verbots durch einen Mitgliedstaat. Die weitere Bearbeitung erfolgt durch WD 2. 2. Maßgebliches Unionsrecht Für die gemeinsame Handelspolitik (Art. 206, 207 AEUV) inklusive deren autonomer unionaler Ausgestaltung besteht eine ausschließliche unionale Kompetenz gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV.1 Alle entsprechenden Maßnahmen sind dabei unter Berücksichtigung der allgemeinen Ziele des Art. 21 EUV, der in seinem Abs. 1 auch die „universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte“ nennt, durchzuführen (vgl. Art. 205 AEUV). Die Mitgliedstaaten verfügen in diesem Bereich über keine eigenen Zuständigkeiten mehr. Etwas anderes würde nur gelten, wenn einzelne oder alle Mitgliedstaaten von der EU ausdrücklich gemäß Art. 2 Abs. 1 AEUV zu einem Tätigwerden ermächtigt werden.2 1 Vgl. auch Bungenberg, in: Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, 1. Auflage 2017, Art. 206 AEUV, Rn. 5. 2 Vgl. auch Bungenberg, in: Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, 1. Auflage 2017, Art. 207 AEUV, Rn. 5. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 118/20 Seite 5 Die Einfuhr-Verordnung3 ist die Grundverordnung für Einfuhren von Waren aus Drittländern in die EU.4 Daneben existieren verschiedene sektorspezifische Einfuhrregelungen.5 Für ein Importverbot gegenüber Drittstaaten fehlt den einzelnen Mitgliedstaaten die Regelungskompetenz.6 Die Zulassung nationaler Importverbote wäre ohne eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen nicht umsetzbar und dürfte daher unionsrechtlich kaum zugelassen werden.7 3. Zusammenfassung Die einzelnen Mitgliedstaaten verfügen über keine entsprechende eigene Zuständigkeit, um ein solches Verbot erlassen zu können. - Fachbereich Europa - 3 Verordnung (EU) 2015/478 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Einfuhrregelung. 4 Vgl. Dalkilic/Terhechte, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Werkstand: 16. EL Oktober 2020, Einfuhr-VO vor Art. 1, Rn. 1. 5 Vgl. Verordnung (EU) 2010/995 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen; Verordnung (EU) 2017/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten; Verordnung (EU) 2015/936 des Europäischen Parlament s und des Rates vom 9. Juni 2015 über die gemeinsame Regelung der Einfuhren von Textilwaren aus bestimmten Drittländern , die nicht unter bilaterale Abkommen, Protokolle, andere Vereinbarungen oder eine spezifische Einfuhrregelung der Union fallen. 6 Dalkilic/Terhechte, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Werkstand: 16. EL Oktober 2020, Einfuhr-VO vor Art. 1, Rn. 1. 7 Vgl. becklink 2001510: EU-Parlament lehnt Zulassung nationaler Importverbote für genetisch veränderte Lebens - und Futtermittel ab.