© 2015 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 109/13 Förderung der Betriebsmehrkosten der Halter von Schienengüterwagen mit nachgerüsteten Verbundstoffbremssohlen Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 109/13 Seite 2 Förderung der Betriebsmehrkosten der Halter von Schienengüterwagen mit nachgerüsteten Verbundstoffbremssohlen Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 109/13 Abschluss der Arbeit: 8.11.2013 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 109/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Maßnahmen zur Lärmreduzierung im Schienengüterverkehr in Deutschland 4 3. Vorschlag des VDV und VPI 5 4. Vereinbarkeit des Vorschlages mit europäischem Beihilfenrecht 5 4.1. Tatbestandliche Voraussetzungen 6 4.2. Rechtfertigung als Umweltbeihilfe 6 4.3. Verhältnismäßigkeit 8 5. Ergebnis 9 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 109/13 Seite 4 1. Einleitung Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die Vereinigung der Privatgüterwagen- Interessenten (VPI) haben in einem gemeinsamen Positionspapier1 vorgeschlagen, betriebliche Mehrkosten der Halter von Schienengüterwagen, die durch eine Umrüstung von herkömmlichen Graugussbremssohlen auf sogenannte Flüsterbremsen entstehen, öffentlich fördern zu lassen. Die vorliegende Ausarbeitung prüft, inwieweit eine entsprechende Förderung als Umweltbeihilfe mit europäischem Beihilfenrecht vereinbar wäre. 2. Maßnahmen zur Lärmreduzierung im Schienengüterverkehr in Deutschland Maßnahmen zur Lärmreduzierung im Schienengüterverkehr werden in jüngerer Vergangenheit in Deutschland vermehrt durch öffentliche Fördermittel des Bundes unterstützt. Dabei liegt der Fokus vor allem auf solche Maßnahmen, die an der Quelle der Lärmemissionen selbst ansetzen, nämlich an den Fahrwegen und insbesondere an den Fahrzeugen. Im Rahmen des Pilotprojekts „Leiser Rhein“ wurde zunächst die Umrüstung von rund 1500 Güterwagen von herkömmlichen Graugussbremssohlen auf Verbundstoffbremssohlen bzw. sogenannte Flüsterbremsen (K- oder LL-Sohlen2) mit einem Volumen von 8,6 Mio. EUR gefördert. Das Projekt endete 2012.3 Seit Dezember 2012 fördert der Bund Maßnahmen zur Lärmminderung an Bestandsgüterwagen vor allem im Rahmen eines lärmabhängigen Trassenpreissystems. Dabei wird zum einen ein laufleistungsabhängiger Bonus direkt an die Wagenhalter für jeden gelaufenen Achskilometer eines umgerüsteten Güterwagens gezahlt, zum anderen erhalten Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) einen ebenfalls laufleistungsabhängigen Bonus, wenn sie leise Güterwagen einsetzen. Für die direkten Bonuszahlungen an die Wagenhalter stehen bis 2020 insgesamt 152 Mio. EUR öffentlicher Fördermittel zur Verfügung. Der Bonus an die EVU wird dagegen über einen Malus auf das Trassenentgelt gegenfinanziert, den diejenigen EVU zahlen müssen, die keine leisen Güterwagen einsetzen.4 Der Anreiz für die Wagenhalter, ihre Bestandsgüterwagen umzurüsten, soll vor allem durch die Trassenpreise marktkonform verstärkt werden, da die EVU auf Grund 1 Online abrufbar unter http://www.vdv.de/positionensuche.aspx?id=8809ed36-9001-4bc8-b336- 161ec53fa3af&mode=detail, zuletzt aufgerufen am 5.11.13. 2 K bedeutet Komposit-Bremssohle; LL steht für low noise and low friction, also für wenig Lärm und niedrigen Abrieb. 3 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Lärmschutz im Schienenverkehr, online abrufbar unter http://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Publikationen/VerkehrUndMobilitaet/Schiene/laermschutz-imschienenverkehr -broschuere.html, zuletzt aufgerufen am 5.11.13. 4 Richtlinie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur Förderung von Maßnahmen der Lärmminderung an Bestandsgüterwagen im Rahmen der Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems auf Schienenwegen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes (Förderrichtlinie laTPS), online abrufbar unter http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/97592/publicationFile/71114/foerderrichtlinietrassenpreissystem .pdf, zuletzt aufgerufen am 5.11.13. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 109/13 Seite 5 des Bonus bzw. Malus auf das von ihnen zu entrichtende Trassenentgelt zunehmend leise Güterwagen bei den Wagenhaltern nachfragen würden.5 3. Vorschlag des VDV und VPI Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die Vereinigung der Privatgüterwagen- Interessenten (VPI) schlagen nunmehr in ihrem gemeinsamen Positionspapier vom 10.10.2013 „Lärmminderung beschleunigen – Der Vorschlag des deutschen Schienengüterverkehrssektors“6 eine darüber hinausgehende öffentliche Förderung der Mehrkosten vor, die durch den Betrieb von umgerüsteten Güterwagen mit LL-Sohlen entstehen. Die höheren Betriebskosten der Güterwagen mit LL-Sohlen gegenüber denen mit herkömmlichen Graugussbremssohlen seien vor allem den häufigeren Inspektionen und Reprofilierungen sowie den deutlich teureren LL-Sohlen geschuldet. Die Betriebsmehrkosten für die wagenhaltenden Unternehmen beliefen sich dabei auf 0,7 Eurocent/Achskilometer bzw., umgerechnet auf die gesamte Flotte und deren Laufleistung, bis zum Jahr 2020 auf 700 bis 800 Mio. Euro. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) schätze die betrieblichen Mehrkosten für diesen Zeitraum mit 445 Mio. EUR dagegen zu gering ein. VDV und VPI schlagen vor, die betrieblichen Mehrkosten der wagenhaltenden Unternehmen über 5 Jahre, höchstens aber bis Ende 2020, mit 0,42 Eurocent/Achskilometer zu bezuschussen. Eine solche Förderung würde zu einer deutlich schnelleren Umrüstung der Güterwagen mit Flüsterbremsen führen, da die wagenhaltenden Unternehmen derzeit durch die Betriebsmehrkosten wesentlich stärker belastetet seien, als durch die einmalig anfallenden Umrüstkosten. Bis 2018 könnten so 70,6 Prozent, bis 2020 98,5 Prozent der Güterwagenflotte umgerüstet werden, obwohl die wagenhaltenden Unternehmen trotz dieser Förderung weiterhin mit Betriebsmehrkosten von mindestens 430 Mio. EUR belastet seien. Ein entsprechendes Förderprogramm halten VDV und VPI für mit dem europäischen Beihilfenrecht vereinbar. 4. Vereinbarkeit des Vorschlages mit europäischem Beihilfenrecht Die Beihilfenaufsicht obliegt grundsätzlich gemäß Art. 108 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) der Europäischen Kommission, die in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten fortlaufend bestehende nationale Beihilferegelungen überprüft. Gemäß Art. 108 Abs. 3 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig zu unterrichten, dass diese sich dazu äußern kann (sogenanntes Notifizierungsverfahren). 5 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Lärmschutz im Schienenverkehr, S. 47, online abrufbar unter http://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Publikationen/VerkehrUndMobilitaet/Schiene/laermschutz-imschienenverkehr -broschuere.html, zuletzt aufgerufen am 5.11.13. 6 Online abrufbar unter http://www.vdv.de/positionensuche.aspx?id=8809ed36-9001-4bc8-b336- 161ec53fa3af&mode=detail, zuletzt aufgerufen am 5.11.13. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 109/13 Seite 6 4.1. Tatbestandliche Voraussetzungen Die Kommission wird in einem ersten Schritt prüfen, inwieweit die in Rede stehende Maßnahme überhaupt eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt. Dazu muss es sich (a) um eine Maßnahme aus staatlichen Mitteln handeln, die (b) einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil beinhaltet und (c) geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzungen dürften im Fall des VDV/VPI-Vorschlages erfüllt sein. Die geplante Förderung soll aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Sie verschafft den Haltern von Güterwagen einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil, indem sie diese Unternehmen von einem Teil ihrer Betriebskosten entlastet, die sie bei einer Umrüstung der Güterwagen normalerweise selbst zu tragen hätten. Sie ist auch geeignet, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, denn wie die Kommission bereits in ihren Entscheidungen zum Pilotprojekt „Leiser Rhein“7 und zum lärmabhängigen Trassenpreissystem8 festgestellt hat, ist nach der Richtlinie zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft9 der grenzüberschreitende Schienengüterverkehr seit dem 1. Januar 2006 liberalisiert, wobei die Liberalisierung für alle Arten von Schienenfrachtdiensten seit dem 1. Januar 2007 gilt. Somit stehen auch die wagenhaltenden Unternehmen in einem unionsweiten Wettbewerb, der durch die vorgeschlagene Förderung zumindest potenziell verfälscht werden kann und damit geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die Kommission die vorgeschlagene Förderung als Beihilfe gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV qualifizieren wird. 4.2. Rechtfertigung als Umweltbeihilfe In einem zweiten Schritt bliebe ihr dann zu prüfen, ob diese Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann oder ob sie unvereinbar und damit verboten ist. Vereinbar ist eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt immer dann, wenn sie unter einer der im AEUV kodifizierten Ausnahmen vom grundsätzlichen Beihilfenverbot fällt. Im vorliegenden Fall könnte sich diese Ausnahme unter anderem aus Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV ergeben. Gemäß Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV können Beihilfen mit dem Binnenmarkt als vereinbar angesehen werden, wenn sie die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete fördern, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. 7 ABl. C 299 vom 9.12.2009, S. 5. 8 ABl. C 43 vom 15.2.2013, S. 14. 9 Richtlinie 2004/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 109/13 Seite 7 Die Kommission hat den ihr hier eingeräumten Ermessensspielraum durch verschiedene Mitteilungen konkretisiert und so versucht, ihr Vorgehen für die Mitgliedstaaten vorhersehbar zu machen. Unter anderem hat sie in ihren „Leitlinien für Umweltschutzbeihilfen10“ (nachfolgend Umweltschutzleitlinie) erklärt, dass bestimmte staatliche Beihilfen als sogenannte Umweltschutzbeihilfen unter die Ausnahmeregelung des Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV fallen können und erläutert, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen. In den Anwendungsbereich dieser Leitlinie eingeschlossen ist ausdrücklich der Verkehrssektor (Ziffer 2.1. Rdnr. 59). Gemäß der Umweltschutzleitlinie können Mitgliedstaaten individuelle Anreize (auf der Ebene eines Unternehmens) schaffen, um gemessen an den Umweltnormen der EU, Verbesserungen im Umweltschutz zu erzielen (Ziffer 1.3.2. Rdnr. 22). Für den Bereich des Schienengüterverkehrs hat die Kommission in ihrer Mitteilung „Lärmschutzmaßnahmen am aktuellen Schienenfahrzeugbestand11“ festgestellt, dass die Eisenbahn generell als einer der umweltfreundlichsten Verkehrsträger anzusehen ist. Dennoch könne die mit ihr verbundene, zum Teil gesundheitsschädigende Lärmbelastung und der öffentliche Widerstand dagegen dazu führen, dass insbesondere der Güterverkehr von der Schiene auf die Straße verlegt werden müsse. Dies habe wiederum gravierende negative Umweltauswirkungen, da die Umweltbilanz des Straßengüterverkehrs deutlich schlechter sei. Insofern trüge eine Verringerung der Lärmbelastung durch den Schienengüterverkehr auch regelmäßig zum Umweltschutz bei. Die Umrüstung der aktuellen Güterwagenflotte mit Verbundstoffbremssohlen ist dabei nach Auffassung der Kommission die wirksamste technische Maßnahme zur Verringerung der Lärmbelastung. In der Umweltschutzleitlinie benennt die Kommission weiter gewisse Arten von Umweltbeihilfen, die als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. Dazu gehören unter anderem solche Beihilfen, die Unternehmen dazu bewegen, beim Umweltschutz über das hinauszugehen, was durch Gemeinschaftsnormen ohnehin gefordert wird bzw. beim Fehlen solcher Normen, den Umweltschutz allgemein zu verbessern. Beihilfen dieser Art müssen also immer einen individuellen Anreiz für Unternehmen schaffen, mehr für den Umweltschutz zu tun, als sie bislang bereits verpflichtet sind (Ziffer 3.1.1. Rdnr. 74). Im konkreten Fall sind die Grenzwerte für Lärmemissionen von Schienengüterwagen unionsrechtlich in der Tabelle 1 der TSI „Fahrzeuge-Lärm“12 festgelegt. Diese gelten verbindlich ausschließlich für neue, erneuerte und umgerüstete Wagen. Es gibt somit keine Verpflichtung der Wagenhalter zur Umrüstung ihres Wagenbestandes auf Flüsterbremsen. Deutschland müsste für eine Rechtfertigung der Beihilfe der Kommission daher nachvollziehbar darlegen, dass es weitere 10 Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen, ABl. C 82 vom 1.4.2008, S. 1. 11 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Lärmschutzmaßnahmen am aktuellen Schienenfahrzeugbestand, KOM(2008) 432 endgültig. 12 Beschluss der Kommission 2011/229/EU vom 4. April 2011 über die Technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem „Fahrzeuge – Lärm“ des konventionellen transeuropäischen Bahnsystems, ABl. L 99 vom 13.4.2011, S. 1. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 109/13 Seite 8 staatlicher Zuschüsse an die Wagenhalter bedarf, um sie zu einer Umrüstung zu ermutigen und damit die Lärmemissionen auf dem deutschen Schienennetz zu verringern. Gemäß der Umweltschutzleitlinie sind als beihilfefähigen Kosten, im Falle einer Nachrüstung von Fahrzeugen im Verkehrssektor zu Umweltschutzzwecken, die gesamten zusätzlichen Nettokosten anzusehen, wenn die vorhandenen Fahrzeuge so nachgerüstet werden, dass sie den Umweltnormen entsprechen, die zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme noch nicht in Kraft waren, oder wenn für diese Fahrzeuge keine Umweltnormen gelten (Ziffer 3.1.2. Rdnr. 86). Demzufolge können unter diesen Voraussetzungen ausnahmsweise auch Betriebsmehrkosten einer Umrüstmaßnahme beihilfefähig sein, ansonsten dürfen nur Investitionsmehrkosten gefördert werden (Ziffer 3.1.1. Rdnr. 73). Die Mehrkosten sind dabei nur der Anteil der umweltschutzbezogenen Kosten an den Gesamtkosten (Ziffer 3.1.1. Rdnr. 80 ff.), im vorliegenden Fall also bspw. die Wartungsmehrkosten der LL-Sohlen gegenüber den herkömmlichen Graugussbremssohlen. Die Beihilfeintensität darf grundsätzlich 50 Prozent der Mehrkosten nicht überschreiten (Ziffer 3.1.1. Rdnr. 76). Die Intensität kann im Falle eines Öko-Innovationsprojekts um 10 Prozentpunkte erhöht werden (Ziffer 3.1.1. Rdnr. 76). Eine Öko-Innovation ist jede Form der Innovation, die eine deutliche Verbesserung des Umweltschutzes bewirkt oder zum Ziel hat (Ziffer 2.2. Rdnr. 70). Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die vom VDV und VPI vorgeschlagene Fördermaßnahme, soweit sie bereits konkretisiert ist, den Anforderungen der Umweltschutzleitlinie entspricht, die Ausgestaltung der Beihilfe also nicht gegen eine Notifizierung spricht. 4.3. Verhältnismäßigkeit Soweit eine in Rede stehende Maßnahme die Voraussetzungen der Umweltleitlinie erfüllt, wird die Kommission letztlich noch die Verhältnismäßigkeit der Beihilfe prüfen. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob eine staatliche Beihilfe das geeignete politische Instrument ist, ein Ziel von gemeinsamen Interesse (also die Verbesserung des Umweltschutzes) zu erreichen. Außerdem darf dasselbe Ergebnis nicht auch mit einer geringeren Beihilfe erreicht werden können. Letztlich wird die Kommission abwägen, ob der positive Beitrag der Beihilfe zur Verwirklichung des Ziels von gemeinsamen Interesse angemessen ist gegenüber den möglichen negativen Begleiterscheinungen wie die Verfälschung des Handels und des Wettbewerbs im Binnenmarkt. Zu welchem Ergebnis die Kommission bei dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung im vorliegenden Fall kommen wird, ist schwierig vorherzusagen. Vermutlich wird sie weitere Studien und Analysen verlangen, die darlegen, wie die Differenz zwischen den vom BMVBS ursprünglich bis 2020 kalkulierten betrieblichen Mehrkosten für Wagen mit Flüsterbremsen in Höhe von 445 Mio. EUR und den nunmehr von den Wagenhaltern berechneten 700 bis 800 Mio. EUR entsteht. In diesem Zusammenhang wird dann die Frage zu erörtern sein, warum die bereits existierenden Fördermaßnahmen, insbesondere das neu eingeführte lärmabhängige Trassenpreissystem, nicht hinreichend sind, zumal dessen Notifizierung bei der Kommission mit ähnlichen Argumenten begründet wurde. Dabei wird zu diskutieren sein, ob sich die betrieblichen Mehrkosten nicht doch ganz oder zumindest teilweise nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen umwälzen lassen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit des Eisenbahngüterverkehrs gefährlich einzuschränken. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 109/13 Seite 9 Ebenso wird die Kommission vermutlich prüfen, ob nicht eine Änderung des bereits genehmigten lärmabhängigen Trassenpreissystems als ein milderes Mittel, mit weniger finanziellem Aufwand, in Frage kommt. Dies wird wahrscheinlich allein schon deshalb diskutiert werden, weil das lärmabhängige Trassenpreissystem weniger selektiv ist und stärker marktwirtschaftlichen Prinzipien folgt, als eine neue eigens nur für Wagenhalter eingerichtete Beihilfe. Ein für die Verhältnismäßigkeit relevanter Gesichtspunkt wäre, die Beihilfe laufleistungsabhängig zu gestalten. 5. Ergebnis Die vom VDV und VPI vorgeschlagene Förderung der betrieblichen Mehrkosten für Halter von Güterwagen mit sogenannten Flüsterbremsen würde eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen. Die vorgeschlagene Ausgestaltung dieser Förderung ließe grundsätzlich eine Notifizierung bei der Kommission zu, da sie im Wesentlichen die Voraussetzungen erfüllt, die die Kommission in ihren Umweltleitlinien für Beihilfen an Unternehmen, die über die Gemeinschaftsnormen hinaus den Umweltschutz verbessern, aufgestellt hat. Ob die Kommission die Fördermaßnahme jedoch tatsächlich als Umweltbeihilfe nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV genehmigen würde, hinge vermutlich wesentlich davon ab, ob sie sie als verhältnismäßig erachtet. Gegen die Verhältnismäßigkeit könnten vor allem die bereits vorhandenen und von der Kommission genehmigten Fördersysteme wie das lärmabhängige Trassenpreissystem sprechen.