Deutscher Bundestag Erhebung einer einmaligen, europaweiten Vermögensabgabe auf Grundlage europäischen Rechts Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 2 Erhebung einer einmaligen, europaweiten Vermögensabgabe auf Grundlage europäischen Rechts Aktenzeichen: WD 11 - 3000 - 105/12 Abschluss der Arbeit: 14.06.2012 Fachbereiche: WD 11: Europa, Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Option 1: Einführung einer Vermögensabgabe auf Grundlage des EU-Rechts 4 2.1. Einführung einer von Organen der EU erhobenen Vermögensabgabe auf Grundlage des bestehenden Primärrechts 4 2.2. Die Erforderlichkeit von Änderungen des Primärrechts bei der Einführung einer neuen Eigenmittelquelle der Europäischen Union 6 2.2.1. Einschlägiges Primärrecht 6 2.2.2. Das besondere Gesetzgebungsverfahren nach Art. 311 Absatz 3 Satz 3 AEUV 7 2.3. Begründung einer neuen Eigenmittelquelle 8 2.4. Die rechtliche Zulässigkeit der Einführung einer EU-Steuer/Abgabe 9 3. Option 2: Einführung einer Vermögensabgabe auf Grundlage des Rechts der Mitgliedstaaten der EU 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 4 1. Einleitung Es soll zur Europarechtskonformität einer einmaligen Vermögensabgabe Stellung bezogen werden. Der Aufgabenstellung liegen folgende Vorgaben zugrunde. Die Vermögensabgabe soll europaweit erhoben werden. Zur Vermeidung von Kapitalflucht soll sie zu einem in der Vergangenheit liegenden Stichtag erhoben werden. Als Freibetrag ist eine Millionen Euro vorgesehen, jener für Betriebsvermögen soll zwei Millionen Euro betragen. Der Abgabensatz soll progressiv von 20% bis 80% gestaffelt sein. Als Aufkommensziel wird 50% des Gesamtvermögens des Vermögensbestandes oberhalb der Freigrenze genannt. Der Besteuerung unterliegen sollen sowohl Geld- als auch Sachvermögen. 2. Option 1: Einführung einer Vermögensabgabe auf Grundlage des EU-Rechts 2.1. Einführung einer von Organen der EU erhobenen Vermögensabgabe auf Grundlage des bestehenden Primärrechts Als erste Option soll die Einführung einer Vermögensabgabe auf Grundlage des EU-Rechts erörtert werden. Hierzu wird um Auskunft gebeten, welche Änderungen bestehenden europäischen Rechts erforderlich wären um eine derartige Abgabe erheben zu können. Zunächst soll dargestellt werden, welche Möglichkeiten das Recht der Europäischen Union (EU) zur Einführung steuerrechtlicher Regelungen, insb. einer Vermögensabgabe, eröffnet. Erst von dieser Bestandsaufnahme aus ließe sich ein über die bereits bestehenden Gestaltungsoptionen hinausgehender Änderungsbedarf im EU-Recht ausmachen. Die Einführung einer EU-Steuer wird kontrovers diskutiert. Die Ansicht, der EU stehe eine eigene Steuerkompetenz bereits nach dem geltenden Primärrecht zu, wird vor dem Hintergrund des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung1 kaum noch vertreten.2 Verbreitet ist dagegen die Auffassung, der EU könne die Kompetenz zur Erhebung einer eigenen Steuer im Wege eines Eigenmittelbeschlusses übertragen werden.3 Unterschiedlich bewertet wird dabei, welchen Umfang die Übertragung der Steuerkompetenz haben sollte. In der juristischen Diskussion wird die Einführung einer EU-Steuer in der Regel in einem differenzierteren Sinne verstanden. Unterschieden wird dabei zwischen der Übertragung einer eigenständigen Steuerkompetenz auf die EU4 – dies entspräche der Konzeption in der 1 Art. 5 Abs. 1 AEUV 2 S. unten die Erläuterungen unter 2.3 3 S. unten unter 2.3; Frenz, Walter / Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 246 ff. 4 In diesem engeren Sinne benutzt Waldhoff den Terminus „eigene Steuern der EU“, Waldhoff, Christian, in: Konrad, Kai A. / Lohse, Tim (Hrsg.), Einnahmen und Steuerpolitik in Europa: Herausforderungen und Chancen, 2009, S. 48. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 5 finanzwissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Debatte – und der Beibehaltung des derzeitigen Eigenmittelsystems bei Einführung eines neuen Eigenmittels in Form einer Steuer oder Abgabe, deren direkter Gläubiger die EU wäre.5 Im Rahmen der zweiten Alternative würde allein die Steuerertragskompetenz auf die EU übertragen, während die Festsetzung der genauen Modalitäten und Steuersätze durch die Mitgliedstaaten im Eigenmittelbeschlussverfahren erfolgen würde. Die Übertragung einer eigenständigen Steuererhebungskompetenz auf die EU wird von rechtswissenschaftlicher Seite überwiegend abgelehnt.6 Als Begründung werden häufig die auf europäischer Ebene nach Meinung der Autoren noch bestehenden demokratischen Defizite angeführt.7 Eine eigene EU-Steuerkompetenz wird regelmäßig mit der Forderung verbunden, dass dem EP ein den nationalen Parlamenten vergleichbarer Einfluss in der Haushaltspolitik eingeräumt wird. Insbesondere sei die verfahrensmäßige Trennung zwischen obligatorischen und nicht-obligatorischen Ausgaben8 zugunsten einer umfassenden Mitverantwortung des EP für alle Ausgabekategorien aufzuheben.9 Peffekoven beispielsweise sieht das uneingeschränkte Haushaltsrecht des EP als Voraussetzung für die Einführung einer europäischen Steuerkompetenz an.10 Von rechtswissenschaftlicher Seite wird hierüber hinausgehend argumentiert, dass eine vollständige Umstellung des Finanzierungsmodus von der Eigenmittelfinanzierung auf die Finanzierung durch eigene Steuern das Integrationsmodell sprengen und die EU auf eine andere Ebene heben würde.11 Nach den „Maastricht-Restriktionen“12 des Bundesverfassungsgerichts sei 5 Frenz, Walter / Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 246 ff. 6 Vgl. etwa Frenz, Walter / Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 248. 7 Waldhoff, Christian, in: Konrad, Kai A. / Lohse, Tim (Hrsg.), Einnahmen und Steuerpolitik in Europa: Herausforderungen und Chancen, 2009, S. 61. 8 Durch den Vertrag von Lissabon wurde die Unterscheidung zwischen obligatorischen und nicht obligatorischen Ausgaben nun aufgehoben. 9 Vgl. Heinemann, Friedrich, EU-Finanzreform 1999, 1998, S. 54, online abrufbar unter http://www.bertelsmannstiftung .de/bst/en/media/Fischer_HeinemannFinanz1999.pdf (Stand: 19.10.10). 10 Peffekoven, Rolf, Die Finanzen der Europäischen Union, 1994, S. 114. 11 Waldhoff, Christian, in: Konrad, Kai A. / Lohse, Tim (Hrsg.), Einnahmen und Steuerpolitik in Europa: Herausforderungen und Chancen, 2009, S. 61 12 Das Bundesverfassungsgericht verneint in seinem Urteil vom 12. Oktober 1993 die Frage, ob Art. F Abs. 3 EUV aF (“Die Union stattet sich mit den Mitteln aus, die zum Erreichen ihrer Ziele und zur Durchführung ihrer Politiken erforderlich sind.“, jetzt fast identisch in Art. 311 Abs. 1 AEUV) eine finanzielle Kompetenz- Kompetenz zugunsten der EG zu entnehmen ist: Die Norm ermächtige die Union nicht, „sich aus eigener Macht die Finanzmittel (…) zu verschaffen, die sie zur Erfüllung ihrer Zwecke für erforderlich erachtet; vielmehr wird in Art. F Abs. 3 EUV (aF) lediglich die politisch-programmatische Absicht bekundet, dass die (…) Mitgliedstaaten (…) die Union mit hinreichenden Mitteln ausstatten wollen.“, BVerfGE 89, 155 vom 12. Oktober 1993, Az: 2 BvR 2134, 2159/92, S. 194 ff.; vgl. hierzu Hölscheidt, Sven / Baldus, Christian, Bestandsaufnahme und Perspektiven der europäischen Finanzordnung, in: Die öffentliche Verwaltung, 1997, S. 867 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 6 dies in der geltenden Legalitätsordnung nicht möglich.13 Eine Steuererhebung durch Unionsorgane ohne verfahrensmäßige Einbindung der nationalen Parlamente, wie sie im Rahmen der Eigenmittelbeschlüsse gewährleistet ist, wird auch nach dem Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts14 erst im Falle eines institutionell-demokratischen Umbaus der Union als zulässig angesehen.15 Im Ergebnis würde dies zu einem europäischen Bundesstaat führen, dessen Begründung einer Volksabstimmung bedürfe.16 Die rechtswissenschaftliche Debatte bezieht sich vor diesem Hintergrund mehr auf die Einführung einer EU-Steuer, deren Modalitäten vorab im Wege des Eigenmittelbeschlusses von den nationalen Parlamenten mit beschlossen werden. Frenz beispielsweise sieht im Eigenmittelbeschluss „einen Typus von Unionsrechtsakt mit ausreichender demokratischer Legitimation“17, um eine solche EU-Steuer als neues Eigenmittel im Rahmen der bestehenden institutionellen Struktur einzuführen. Die Einführung einer „neuen“ Steuer, die sich nicht an bereits erhobene Steuern der Mitgliedstaaten anlehnt, umginge durch die Wahl eines noch nicht besteuerten Besteuerungsgutes das Problem der Doppelbesteuerung. Dies träfe auf eine Vermögenssteuer oder Vermögensabgabe nur zu, soweit eine ähnliche Steuer/Abgabe in den EU-Mitgliedstaaten nicht bestünde. Da auf staatlicher Ebene die potentiellen Besteuerungsgüter bereits in umfassender Weise erfasst sind, wird die Möglichkeit der Erhebung einer Ertrag versprechenden und gleichzeitig praktikablen „neuen“ Steuer in Zweifel gezogen.18 2.2. Die Erforderlichkeit von Änderungen des Primärrechts bei der Einführung einer neuen Eigenmittelquelle der Europäischen Union 2.2.1. Einschlägiges Primärrecht Das Primärrecht der EU trifft mit Art. 311 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) Regelungen zur näheren Ausgestaltung des Eigenmittelsystems der EU. Nach Art. 311 Abs. 1 AEUV stattet sich die EU mit den erforderlichen Mitteln aus, um ihre Ziele zu erreichen und ihre Politik durchführen zu können. Trotz der missverständlich anmutenden 13 Vgl. Waldhoff, Christian, in: Konrad, Kai A. / Lohse, Tim (Hrsg.), Einnahmen und Steuerpolitik in Europa: Herausforderungen und Chancen, 2009, S. 61. 14 Lissabon-Urteil vom 30.06.2009, BVerfGE 123, 267, Az.: 2 BvE 2/08. 15 Vgl. Frenz, Walter / Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 248. 16 Lissabon-Urteil vom 30.06.2009, BVerfGE 123, 267, Az.: 2 BvE 2/08. 17 Frenz, Walter/ Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 248. 18 Vgl. Bleckmann, Albert/ Hölscheidt, Sven, Gedanken zur Finanzierung der EG, in: Die Öffentliche Verwaltung, 1990, S. 857; Hölscheidt, Sven/Baldus, Christian, Bestandsaufnahme und Perspektiven der europäischen Finanzordnung, in: Die öffentliche Verwaltung, 1997, S. 866. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 7 Formulierung „stattet sich (…) aus“ kommt der EU nach Abs. 1 jedoch keine Befugnis zu, autonom ihre Kompetenzen bei der Auswahl der Eigenmittel festzulegen (sog. Kompetenz- Kompetenz). Vielmehr soll unter Beachtung des Art. 5 Abs. 2 AEUV, dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, mit der Wortwahl des Abs. 1 die besondere politische Absicht der Mitgliedstaaten betont werden, der EU die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Finanzausstattung zu sichern.19 Art. 311 Abs. 3 AEUV bestimmt, dass das System über die Eigenmittel,20 auf dessen Basis die EU ihren Haushalt bestreitet, durch einen einstimmigen Beschluss des Rates – sog. Eigenmittelbeschluss – festgelegt wird.21 In dem Eigenmittelbeschluss legt der Rat jeweils die Kategorien der EU-Eigenmittel nach dem besonderen Gesetzgebungsverfahren des Art. 311 Abs. 3 S. 3 AEUV verbindlich fest. Klarstellend heißt es zudem in Art. 311 Abs. 2 S. 2 AEUV, dass in dem Eigenmittelbeschluss neue Kategorien von Eigenmitteln eingeführt oder bestehende Kategorien abgeschafft werden können.22 2.2.2. Das besondere Gesetzgebungsverfahren nach Art. 311 Absatz 3 Satz 3 AEUV Damit ein Eigenmittelbeschluss in Kraft treten kann, ist das in Art. 311 Abs. 3 S. 3 AEUV beschriebene besondere Gesetzgebungsverfahren einzuhalten. Die Verfahrensregelungen des Art. 311 AEUV sind wegen seiner hohen finanz- und allgemeinpolitischen Bedeutung über die Art und den Umfang der Finanzausstattung der EU in besonders souveränitätsschonender Weise ausgestattet worden:23 In einem ersten Schritt bedarf es nach der Anhörung des Europäischen Parlaments eines einstimmigen Ratsbeschlusses. Ferner bedarf der Beschluss gem. Art. 311 Abs. 3 S. 3 AEUV der Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften. In Deutschland hat die Ratifikation des Eigenmittelbeschlusses durch Bundesgesetz nach Artikel 23 Abs. 1 S. 2, 59 Abs. 2 GG zu erfolgen. Das Bundesverfassungsgericht fordert in diesem 19 Seit dem Maastricht-Urteil, BVerfGE 89, 194ff., wohl unstr., siehe auch Khan, Daniel-Erasmus in: Geiger, Rudolf / Khan, Daniel-Erasmus / Kotzur, Markus, EUV-AEUV Kommentar, 5. Auflage 2010, Art. 311, Rn. 1. 20 Zu den bestehenden Eigenmitteln im Einzelnen siehe oben unter 1. 21 Die Eigenmittel21, aus denen die EU derzeit ihren Haushalt bestreitet, sind in dem sechsten Eigenmittelbeschluss des Rates vom 7. Juni 2007 aufgezählt: 2007/436/EG, Euratom: Beschluss des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften, ABl. L 163 vom 23.6.2007, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:163:0017:0021:DE:PDF (Stand: 19.10.10). 22 Die Vorgängernorm des Art 311 AEUV (ex-Art. 269 EGV) enthielt keine vergleichbare Wortpassage. Aus der Rechtsnatur des Eigenmittelbeschlusses als konstitutiver Haushaltsrechtsakt war sie jedoch schon in gleicher Weise auszulegen. 23 Khan, Daniel-Erasmus in: Geiger, Rudolf / Khan, Daniel-Erasmus / Kotzur, Markus, EUV-AEUV Kommentar, 5. Auflage 2010, Art. 311, Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 8 Rahmen explizit ein Zustimmungsgesetz, wie bei einer Vertragsänderung.24 Aufgrund dieses besonderen Zustimmungsverfahrens der Mitgliedstaaten wird der Eigenmittelbeschluss zum Teil als ein de facto dem Primärrecht gleichstehender Rechtsakt angesehen.25 2.3. Begründung einer neuen Eigenmittelquelle Um eine neue Eigenmittelquelle für den EU-Haushalt zu erschaffen ist die Herbeiführung eines entsprechenden Eigenmittelbeschlusses erforderlich, in dem Art und Umfang des neuen Eigenmittels festgelegt sind. Damit der neue Eigenmittelbeschluss in Kraft treten kann, muss dieser das unter Art. 311 Abs. 3 S. 3 AEUV angeführte besondere Gesetzgebungsverfahrens durchlaufen. Bei der Begründung einer neuen Eigenmittelquelle ist stets das in Art. 5 Abs. 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) festgeschriebene Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (PbE) zu beachten, welches auch für die in den Artikeln 310-319 AEUV konkretisierte Finanzgewalt der EU gilt. Nach dem PbE wird die EU nur innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben.26 Alle der EU nicht zugewiesenen Aufgaben verbleiben – wie Art. 4 Abs. 1 EUV ausdrücklich klarstellt – bei den Mitgliedstaaten. Der EU wurde von den Mitgliedstaaten keine primärrechtliche Kompetenz übertragen, sich aus eigener Kraft neue Geldquellen zu erschließen:27 Die steuerrechtlichen Vorschriften des AEUV (Artikel 110-113 AEUV) räumen der EU keine Kompetenzen bei der Steuererhebung ein, sondern normieren Diskriminierungsverbote und Harmonisierungsgebote hinsichtlich der nationalen Steuern.28 Auch aus der sog. Flexibilitätsklausel des Art. 352 AEUV lässt sich eine solche Kompetenz der EU nicht herleiten, da Art. 352 AEUV keine neuen Kompetenzen schaffen, sondern bereits vorhandene Kompetenzen ergänzen soll.29 Daher darf sich der aus dem 24 BVerfG, Urteil vom 30.06.2009, 2 BvE 2/08, Rn. 412; Frenz, Walter/ Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 249. 25 So Europäische Kommission in: Die Finanzverfassung der Europäischen Union, 4. Ausgabe 2009, S. 138; (Der Eigenmittelbeschluss ist zwischen Primär- und Sekundärrecht anzusiedeln) Häde, Ulrich, Finanzausgleich, Die Verteilung der Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen im Recht der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, 1996, S.431; (Der Eigenmittelbeschluss ist seinem Wesen nach ein Sekundärrechtsakt) Wilms, Günter, Die Reform des EU-Haushaltes im Lichte der Finanziellen Vorausschau 2007-2013 und des Vertrages von Lissabon - neue Perspektiven für die Europäische Union?, in: EuR 2007, S. 707-743, 709; Ingelrahm, Jan in: Lenz, Carl Otto / Borchardt, Klaus-Dieter, EU-Verträge, Kommentar nach dem Vertrag von Lissabon, Art. 311 AEUV, Rn. 4. 26 Haratsch, Andreas / Koenig, Christian / Pechstein, Matthias, Europarecht, 7. Auflage 2010, Rn. 157. 27 Nettesheim, Martin in: Oppermann, Thomas/Classen, Claus Dieter/Nettesheim, Martin, Europarecht, 2009, § 9 Rn. 2; zur rechtlichen Möglichkeit einer solchen Kompetenzübertragung siehe S. 11f. der Ausarbeitung. Auch aus der sog. Flexibilitätsklausel des Art. 352 AEUV lässt sich eine solche Kompetenz nicht herleiten, da Art. 352 AEUV keine neuen Kompetenzen schaffen, sondern bereits vorhandene Kompetenzen ergänzen soll, 28 Frenz, Walter / Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 248 29 Vgl. Haratsch, Andreas / Koenig, Christian / Pechstein, Matthias, Europarecht, 7. Auflage 2010, Rn. 163. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 9 Primärrecht abgeleitete Eigenmittelbeschluss bei seiner inhaltlichen Ausgestaltung nicht darauf beschränken, der EU eine Gesetzgebungskompetenz für ein neues Eigenmittel zu übertragen. Vielmehr muss der Beschluss hinreichend konkrete Vorgaben zu der Ausgestaltung des Eigenmittels machen.30 2.4. Die rechtliche Zulässigkeit der Einführung einer EU-Steuer/Abgabe An Aktualität gewonnen hat seit den letzten Jahren die Diskussion um die Einführung einer originären EU-Steuer als weitere Einnahmequelle.31 Bereits 1983 schlug die Kommission vor, eine Steuer auf Nichtbutterfette einzuführen, konnte aber ihr Vorhaben nicht durchsetzen.32 Im Jahr 2004 sprach sich die Kommission erneut für die Erhebung einer EU-Steuer aus.33 Weitere Überlegungen unterbreitete die Kommission zuletzt in ihrer Mitteilung zur Überprüfung des Haushalts vom 19. Oktober 2010:34 Darin berichtet die Kommission über Verbesserungsbedarf bei der Gestaltung des aktuellen EU-Finanzsystems und schlägt die Einführung neuer steuerbasierter Eigenmittel vor.35 Erwogen werden etwa (die Aufzählung ist nach Ansicht der Kommission offen für Ergänzungen) die Einführung einer EU-Steuer auf den Finanzsektor, EU-Einkünfte aus dem Emissionshandel, eine EU-Luftverkehrsabgabe, eine EU-Energiesteuer, sowie einer EU- Körperschaftssteuer. Konkretere Vorschläge will die Kommission im Rahmen ihrer Mitteilung über den nächsten Mehrjahresfinanzrahmen machen.36 Bei der Frage nach der unionsrechtlichen Zulässigkeit der Einführung einer EU-Steuer gilt das unter 2.3-Ausgeführte entsprechend: Sowohl die Einführung einer eigenen der EU direkt zufließenden Steuer als Eigenmittelquelle, als auch die Schaffung einer von nationalen Steuern abgeleiteten neuen Eigenmittelquelle erscheint ohne Änderung des EU-Primärrechts möglich.37 30 Vgl. Frenz, Walter / Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 249; im Einzelnen vgl. dazu unten unter 4. 31 Siehe dazu im Einzelnen oben unter 2; eine originäre Steuer wird von der EU gegenwärtig auf Basis der Verordnung 260/68/EWG nur auf die Gehälter, Löhne und andere Bezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der EU erhoben. 32 KOM(1983) 502 endg. 33 Bericht der Kommission vom 6. September 2004, KOM (2004) 505 endg./2, S. 12, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2004:0505:FIN:DE:PDF (Stand: 19.10.10); siehe auch oben unter 2.3. 34 Communication from the Commission tot he European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee, the Committee of the Regions and the National Parliaments vom 19. Oktober 2010, COM(2010) 700. 35 COM(2010) 700, S. 27. 36 COM(2010) 700, S. 28. 37 So auch Europäischer Konvent, Abschlussbericht des Arbeitskreises „Eigenmittel“ vom 8. Mai 2003, S. 7, CONV 730/03: „Der Arbeitskreis stellt abschließend fest, dass die derzeitige Rechtsgrundlage die Einführung neuer Eigenmittel, auch aus Steuern, gestattet.“ Zum Teil wurde von einigen Vertretern des Konvents aber gefordert, dass eine primärrechtlich ausdrücklich die Möglichkeit festgeschrieben werden sollte, Eigenmittel aus Steuern Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 10 Jedoch müssen diese Einnahmequellen im Rahmen der nach Art. 5 Abs. 2 EUV vorgegebenen Grenzen in einem neuen Eigenmittelbeschluss festgelegt werden. Weiterhin muss ein solcher Eigenmittelbeschluss durch die Mitgliedstaaten nach dem besonderen Gesetzgebungsverfahren des Art. 311 Abs. 3 S. 3 AEUV ratifiziert werden. Wegen der Maßgabe des PbE kann in einem Eigenmittelbeschluss nur die Ertragshoheit bei einer EU-Steuer auf die EU übertragen werden. Das Steuerfindungsrecht und die Steuergesetzgebungskompetenzen verbleiben dagegen bei den Mitgliedstaaten.38 Sollte beabsichtigt sein, der EU eine eigene Steuererhebungskompetenz zu übertragen, ist eine Änderung des Primärrechts nach dem ordentlichen Vertragsänderungsverfahrens gem. Art. 48 Abs. 2 EUV erforderlich.39 3. Option 2: Einführung einer Vermögensabgabe auf Grundlage des Rechts der Mitgliedstaaten der EU Auch unter dieser Fragestellung ist eine Bestandsaufnahme des geltenden EU-Rechts erforderlich, um Änderungsbedarf im europäischen Recht auszumachen. Weder im Vertrag über die Europäische Union (EUV), im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) noch auf sekundärrechtlicher Ebene existiert ein vollständiges Steuerkonzept. Es besteht keine Kompetenz der EU zur generellen Harmonisierung des Steuerrechts.40 Im AEUV wird insofern eine Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Steuern vorgenommen. Indirekte Steuern knüpfen nur mittelbar an die Leistungsfähigkeit des Steuerbürgers an, sondern haben einen starken Produkt- oder Konsumausgabenbezug (z. B. Umsatz- oder Verbrauchssteuer).41 Direkte Steuern belasten den Vermögenszuwachs und die Vermögensbestände natürlicher Personen und von Institutionen unter Berücksichtigung der einzuführen, um Unsicherheiten zu vermeiden, vgl. Europäischer Konvent, Abschlussbericht des Arbeitskreises „Eigenmittel“ vom 8. Mai 2003, S. 6, CONV 730/03. 38 Fugmann, Friedrich in: Dauses, Manfred A., EU-Wirtschaftsrecht, 26. EL 2010, A. III., Rn 20; Frenz, Walter/ Distelrath, Anna, Eigene Unionssteuern nach dem Lissabon-Vertrag?, in: DStZ 2010, Nr. 7, S. 249.;Callies/Ruffert, EUV/AEUV : das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta, 4. Auflage 2011; Art. 311 AEUV Rdnr. 16 39 Hölscheidt /Baldus weisen bei der Generierung einer EU-Steuererhebungskompetenz darauf hin, dass das Primärrecht dann nicht nur um kompetenzbegründende, sondern auch –abgrenzende Regelungen sowie Verteilungs- und Ausgleichsregelungen ergänzt werden müsste, um ein ausgewogenes Steuererhebungs- und – verteilungssystem zu schaffen, s. Hölscheidt, Sven / Baldus, Christian, Bestandsaufnahme und Perspektiven der europäischen Finanzordnung, DöV 1997, S. 866ff. (867, 868). 40 Weber-Grellet, Neu-Justierung der EuGH-Rechtsprechung, Deutsches Steuerrecht (DStR) 2009, S. 1229. 41 Wolffgang, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU-Verträge, Kommentar, 2010, Vorb. Art. 110-113, Rdnr. 12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 11 Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners (z. B. Einkommen-, Körperschaft, Vermögen- oder Ertragsteuer).42 Art. 113 AEUV enthält ein Steuerharmonisierungsgebot für indirekte Steuern. Auf der Grundlage des Art. 113 AEUV sind verschiedene Richtlinien erlassen worden.43 Eine Harmonisierung der direkten Steuern kann allein auf die allgemeinen Harmonisierungskompetenzen der Artikel 115, 116 oder 352 AEUV gestützt werden, wobei Art. 115 AEUV eine zentrale Rolle einnimmt.44 Nach Art. 115 AEUV dürfen Richtlinien zur Steuerharmonisierung aber nur nach einstimmiger Beschlussfassung im Rat erlassen werden, wenn die unterschiedlichen steuerlichen Belastungen durch die nationalen Steuerordnungen den gemeinsamen Binnenmarkt unmittelbar behindern.45 Dementsprechend ist es bislang nur zu einer partiellen Harmonisierung der direkten Steuern gekommen, die hauptsächlich die Unternehmensbesteuerung betrifft.46 Beispiele für Harmonisierungsmaßnahmen in diesem Bereich sind die sog. Fusions-Richtlinie47, die grenzüberschreitende unternehmerische Umstrukturierungen ermöglicht, und die sog. Mutter-Tochter-Richtlinie48, die der Vermeidung von Doppelbesteuerungen im Falle grenzüberschreitender Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften im Sitzstaat der Tochtergesellschaft dient.49 Neben der Unternehmensbesteuerung ist mit der sog. Zinsrichtlinie50 auch die Besteuerung von Zinserträgen einer harmonisierten Regelung unterworfen worden. Die Zinsrichtlinie verfolgt das Ziel, Erträge aus grenzüberschreitenden Zinszahlungen an natürliche Personen einer effektiven Besteuerung zu unterwerfen (Erwägungsgrund 8). Das Instrument zur Erreichung dieser Richtlinie ist im Grundsatz die behördliche Weitergabe von Informationen über Zinsen an das 42 Wolffgang, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU-Verträge, Kommentar, 2010, Vorb. Art. 110-113, Rdnr. 12. 43 Vgl. für die Zusammenstellung bei Thiele, Das Europäische Steuerrecht – Eine Herausforderung für den nationalen Gesetzgeber, ZEuS 2006, S. 41 (50 ff.). 44 Wolffgang, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU-Verträge, Kommentar, 2010, Vorb. Art. 110-113, Rdnr. 14; Thiele, Das Europäische Steuerrecht – Eine Herausforderung für den nationalen Gesetzgeber, ZEuS 2006, S. 41 (49). 45 Wolffgang, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU-Verträge, Kommentar, 2010, Vorb. Art. 110-113, Rdnr. 14. 46 Thiele, Das Europäische Steuerrecht – Eine Herausforderung für den nationalen Gesetzgeber, ZEuS 2006, S. 41 (57); Wolffgang, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU-Verträge, Kommentar 2010, Vorb. Art. 110-113, Rdnr. 15. 47 Richtlinie 90/434/EWG des Rates über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABl. L 225 S. 1. 48 Richtlinie 90/435/EWG des Rates über das gemeinsame System der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. L 225 S. 6 49 Vgl. zu diesen und weiteren Richtlinien ausführlich: Haase, Internationales und Europäisches Steuerrecht, 2009, S. 346 ff. 50 Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, ABl. L 157 S. 38. Die Richtlinie wurde durch die Zinsinformationsverordnung (ZIV) auf Grundlage des § 45e Einkommensteuergesetz (EStG) umgesetzt, BGBl. I 2004 S. 128 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 12 Wohnsitzfinanzamt des Zinsempfängers. Die innerstaatlichen Regelungen über die Besteuerung von Zinserträgen bleiben jedoch davon unberührt.51 Der Bereich der direkten Besteuerung natürlicher Personen ist damit nur partiell sekundärrechtlich geregelt. Auch in diesen Bereichen ist der nationale Steuergesetzgeber jedoch nicht mehr frei, sondern muss aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts die primärrechtlichen Regelungen zur Verwirklichung des Binnenmarktes beachten.52 Nur wenige Normen des primären Unionsrechts befassen sich ausdrücklich mit dem Themenkomplex „Steuern“:53 Im AEUV existiert zwar ein Kapitel „Steuerliche Vorschriften“, das die Artikel 110 bis 113 AEUV umfasst. Es beinhaltet Diskriminierungsverbote, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sind.54 Sie bezwecken die Verhinderung einer steuerlichen Diskriminierung im Bereich des Binnenmarktes, um auf diese Weise einen möglichst unverfälschten Wettbewerb zu ermöglichen. Eine unionsweit in gleicher Weise in allen Mitgliedstaaten einzuführenden Vermögensabgabe würde diese Vorgaben beachten. Auf Grundlage des europäischen Primärrechts besteht derzeit nur die Ermächtigungskompetenz der EU, Regelungen zur Harmonisierung der indirekten Steuern zu erlassen (Art. 113 AEUV). Die allgemeine Harmonisierungskompetenz nach Art. 114 AEUV findet auf Steuern keine Anwendung (Art. 114 Abs. 2 AEUV). Allenfalls ließe sich eine Harmonierung direkter Steuern bzw. damit vergleichbarer Abgaben auf Art. 115 AEUV stützen, wenn und soweit sich diese sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken. Dies wäre allerdings für die Einführung einer Vermögensabgabe eine sehr hohe Hürde. Dies zeigt: de lege lata ist nach derzeitigem Stand des europäischen Primärrechts im Kern die Rechtsetzung zur direkten Besteuerung im Wesentlichen den EU-Mitgliedstaaten vorbehalten.55 Eine Übertragung einer weitreichenden Kompetenz der EU für direkte Steuern und Abgaben, insb. die Schaffung einer Harmonisierungskompetenz zur Einführung einer Vermögensabgabe durch die EU-Mitgliedstaaten, erforderte eine Änderung des Primärrechts nach dem ordentlichen Vertragsänderungsverfahren gem. Art. 48 Abs. 2 EUV. Die Schaffung einer Kompetenz, die Mitgliedstaaten zur Einführung einer Vermögensabgabe zu verpflichten mit exakten, unionsweit 51 Vgl. zur Zinsrichtlinie ausführlich: Haase, Internationales und Europäisches Steuerrecht, 2009, S. 350 ff. 52 Thiele, Das Europäische Steuerrecht – Eine Herausforderung für den nationalen Gesetzgeber, ZEuS 2006, S 41 (59). 53 Thiele, Das Europäische Steuerrecht – Eine Herausforderung für den nationalen Gesetzgeber, Zeitschrift für Europäische Studien (ZEuS) 2006, S. 41 (42). Aufzählung bei Berberich, Europarechtliche Kapitalverkehrsfreiheit und deutsches Erbschaftsteuerrecht, 2008, S. 7. 54 Verbot einer im Verhältnis zu gleichartigen inländischen Waren höheren Abgabenerhebung auf aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Waren (Art. 110 Abs. 1 AEUV), 2) Verbot einer aus protektionistischen Gründen veranlassten Abgabenerhebung auf aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Waren (Art. 110 Abs. 2 AEUV), Verbot der überhöhten Rückvergütung inländischer Abgaben bei Ausfuhren in andere Mitgliedstaaten (Art. 111 AEUV) und 4) grundsätzliches Verbot eines Grenzausgleichs für direkte Steuern (Art. 112 AEUV). 55 Seiler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 113 AEUV Rdnr. 54 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 11 - 3000 - 105/12 Seite 13 geltenden Vorgaben, erforderte eine qualitativ intensivere Verlagerung der nationalen Steuerkompetenzen als die bestehende Regelung in Art. 113 AEUV im Bereich der indirekten Steuern bereits vorsieht, da die bereits im Bereich der indirekten Steuern bestehende Harmonisierungskompetenz den EU-Gesetzgeber nur zu Harmonierungsregelungen berechtigt, soweit die Steuerharmonierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist. Für ein Vorhaben, eine Harmonisierungskompetenz für Steuern und Abgaben im europäischen Primärrecht auch für andere Zielsetzungen zu schaffen, dürften nicht unerhebliche Hürden im jeweiligen nationalen Verfassungsrecht bestehen, da ein solches Vorhaben eine weitreichendere Verlagerung nationaler Steuerkompetenzen auf die EU erforderte als im geltenden EU-Recht vorgesehen ist. - Fachbereich Europa -