© 2015 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 104/15 Regulatorische Kooperation in CETA Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 2 Regulatorische Kooperation in CETA Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 104/15 Abschluss der Arbeit: 15.9.2015 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Die regulatorische Kooperation im CETA-Abkommen 4 2.1. Vorgaben zur regulatorischen Kooperation 4 2.1.1. Harmonisierung 5 2.1.2. Gegenseitige Anerkennung 5 2.1.3. Zwischenergebnis 5 2.2. Gremien 6 3. Die regulatorische Kooperation in anderen Abkommen 7 3.1. Regulatorische Kooperation in mehrseitigen Abkommen 7 3.1.1. WTO-Abkommen 7 3.1.2. EU-Verträge 8 3.2. Regulatorische Kooperation in bilateralen Abkommen 8 3.2.1. Südafrika 9 3.2.2. Mexiko 9 3.2.3. Chile 9 3.2.4. Südkorea 10 3.2.5. Peru und Kolumbien 11 3.2.6. Zentralamerika 12 3.2.7. Singapur 12 4. Vergleich: CETA und andere Abkommen 13 4.1. Vergleichbarkeit der regulatorischen Kooperation 13 4.1.1. Harmonisierung 13 4.1.2. Gegenseitige Anerkennung 14 4.2. Vergleichbarkeit der Gremien 14 4.2.1. Gremien in mehrseitigen Abkommen 14 4.2.2. Gremien in bilateralen Abkommen 15 4.2.2.1. Südafrika 15 4.2.2.2. Mexiko 16 4.2.2.3. Chile 16 4.2.2.4. Südkorea 17 4.2.2.5. Peru und Kolumbien 17 4.2.2.6. Zentralamerika 18 4.2.2.7. Singapur 19 4.3. Zwischenergebnis 19 5. Bindung an die Beschlüsse des CETA Joint Committee 19 5.1. Umfang der Entscheidungsbefugnis 20 5.2. Rechtswirkung der Entscheidungen 21 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 4 1. Fragestellung Die vorliegende Ausarbeitung befasst sich mit der „Regulatorischen Kooperation“, die in Kapitel 26 des Vertragsentwurfes des CETA-Abkommens (Comprehensive Economic and Trade Agreement )1 geregelt wird. Zu Beginn erfolgt ein Überblick über die Vorgaben des CETA-Abkommens zur regulatorischen Kooperation (2.), bevor anschließend untersucht wird, ob die regulatorische Zusammenarbeit, wie sie das CETA-Abkommen vorsieht, bereits in anderen internationalen Handelsabkommen auf vergleichbare Weise geregelt worden ist (3.). Diesbezüglich ist insbesondere auch zu klären, wie weitreichend die Kompetenzen sind, die in anderen Abkommen auf (regulatorische ) Gremien übertragen worden sind und ob sie mit denen des CETA Joint Committee vergleichbar sind (4.). Abschließend wird geprüft, ob die Beschlüsse des CETA Joint Committee für die Vertragsparteien bindend sind und ob sie unmittelbar wirken oder eines weiteren Umsetzungsaktes bedürfen (5.). Als Anhang 1 ist eine Ausarbeitung des Fachbereichs WD 3 mit einem Überblick über die wissenschaftliche Debatte zu der Vereinbarkeit der regulatorischen Kooperation mit dem Grundgesetz angehängt und Anhang 2 erhält einen ergänzenden Sachstand des Fachbereichs WD 2 zur regulatorischen Kooperation. 2. Die regulatorische Kooperation im CETA-Abkommen Die „Regulatorischen Kooperation“ im CETA-Abkommen beinhaltet im Wesentlichen Kooperationsansätze zwischen Kanada und der Europäischen Union (EU), die dem Ziel der Harmonisierung zukünftiger Handelsregulierungen dienen. Die Regulierungszusammenarbeit wird nicht nur in Kapitel 26 des CETA-Abkommens geregelt. Wichtige Vorgaben für diesen Bereich finden sich laut Art. X.1 des 26. Kapitels zudem in den Kapiteln über die Zusammenarbeit in den speziellen Bereichen der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS), im Bereich der technischen Handelshemmnisse (TBT), im Kapitel zum grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr und in den Abschnitten zu Umwelt, Arbeit und nachhaltiger Entwicklung . Die regulatorische Kooperation betrifft alle Bereiche, in denen eine Harmonisierung der europäischen und kanadischen Regelungen und Standards angestrebt wird. 2.1. Vorgaben zur regulatorischen Kooperation Eine regulatorische Kooperation ist auf verschiedene Weise möglich. Eine wichtige Unterscheidung besteht zwischen der Möglichkeit, gemeinsame Regeln zu entwickeln bzw. bestehende Regeln einander inhaltlich anzunähern (harmonization), und der Möglichkeit der gegenseitigen Anerkennung verschiedener nationaler Regeln als gleichwertig (mutual recognition).2 1 Konsolidierter CETA Text (auf Englisch), abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/september /tradoc_152806.pdf. 2 Ausführlich zu den verschiedenen Koordinierungsformen: Maur/Shepherd, Product Standards, S. 197 (203 ff.), in: Chauffour/Maur, Preferential Trade Agreement Policies for Development, 2011. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 5 2.1.1. Harmonisierung Art. X.4 des 26. Kapitels des CETA-Vertragsentwurfs benennt die Aktivitäten der Vertragsparteien , die zur Weiterentwicklung der regulatorischen Zusammenarbeit dienen sollen. Die Aktivitäten werden den Vertragsstaaten nicht verpflichtend auferlegt, sie werden nur dazu verpflichtet, für die Erreichung der Ziele der regulatorischen Zusammenarbeit Sorge zu tragen („The Parties endeavour to fulfill the objectives set out in Article X.3 by undertaking regulatory co-operation activities. These activities may include […]“). Regelungen und Standards werden nach dem CETA-Abkommen weiterhin durch die nationalen Gesetzgeber gesetzt. Kanada und die EU tauschen sich jedoch stärker als bisher über die Rechtsetzung in Bereichen, die den Handel betreffen , aus. Eine Harmonisierung soll u.a. durch die Teilnahme an laufenden bilateralen Diskussionen , Beratungsgesprächen sowie einen Informationsaustausch im Rahmen der regulatorischen Entwicklungsprozesse, den Austausch nichtöffentlicher Informationen, die Prüfung von Chancen zur Minimierung unnötiger Abweichungen zwischen den nationalen Vorschriften, die Prüfung einer gemeinsamen Datensammlung über Probleme, die potenziell regulatorische Maßnahmen erfordern und einen Austausch zu der Überprüfung von Vorschriften und Richtlinien nach deren Umsetzung gefördert werden. Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt auf einem unverbindlichen Informationsaustausch der Vertragsparteien. Es fällt auf, dass viele Regelungen im Kapitel zur regulatorischen Kooperation wie auch in den Kapiteln zu TBT- oder SPS-Maßnahmen keine Verpflichtungen der Vertragsparteien zu konkreten Maßnahmen enthalten. Stattdessen finden sich Formulierungen wie „The Parties shall strengthen their cooperation […] This may include promoting and encouraging […]“ (Art. 3 des TBT-Kapitels) oder „The Parties will endeavour to exchange information on other relevant issues“ (Art. 12 Abs. 2 des SPS-Kapitels) oder „The Parties endeavour to fulfill the objectives set out in Article X.3 by undertaking regulatory co-operation activities. These activities may include […]” (Art. X.4 des Kapitels zur regulatorischen Kooperation ). 2.1.2. Gegenseitige Anerkennung Die gegenseitige Anerkennung von Standards der Vertragsgegenseite als gleichwertig mit den eigenen Standards wird im Kapitel zur regulatorischen Kooperation in Art. 4 Abs. 7 lit. c) als eine Möglichkeit zur Minimierung unnötiger Abweichungen zwischen den Vorschriften erwähnt. Art. 7 Abs. 1 des SPS-Kapitels regelt diese Kooperationsmöglichkeit für den Bereich der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen. Art. 4 Abs. 2 des TBT-Kapitels benennt die Möglichkeiten der Vertragsstaaten gegenseitig eine Anerkennung ihrer technischen Regulierungen zu beantragen. Nur in Art. 7 Abs. 1 des SPS-Kapitels ist die gegenseitige Anerkennung verpflichtend vorgegeben („The importing Party shall accept the SPS measures of the exporting Party as equivalent to its own“). Sie steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Vorschriften des exportierenden Staates dem Schutzniveau des importierenden Staates entsprechen („if the exporting Party objectively demonstrates to the importing Party that its measure achieves the importing Party’s appropriate level of protection.”). 2.1.3. Zwischenergebnis Die Normen zur regulatorischen Kooperation im CETA-Abkommen schreiben in der Regel keine gemeinsame Rechtsetzung oder die Anerkennung unterschiedlicher Standards durch die Vertragspartner vor, sie enthalten stattdessen Verfahrensvorschriften, die zu einer Harmonisierungs- Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 6 entwicklung beitragen sollen, ohne diese verpflichtend vorzugeben. Nach Art. X.2 des 26. Kapitels des CETA-Vertragsentwurfs verpflichten sich Kanada und die EU, ihre Zusammenarbeit im Bereich der Handelsregulierung weiterzuentwickeln, ohne dabei aber die Fähigkeit einer jeden Vertragspartei, ihre regulatorischen, legislativen und politischen Aktivitäten durchzuführen, einzuschränken . Ob und inwieweit eine Pflicht der Vertragsparteien besteht, in Regulierungsfragenzusammenzuarbeiten , kann aufgrund der weichen Vertragsformulierungen nicht abschließend beantwortet werden. Einerseits besagt der CETA-Entwurf ausdrücklich in Art. X.2 Abs. 5 des Kapitels zur regulatorischen Kooperation, dass keine Vertragspartei verpflichtet sei, irgendwelche bestimmten regulatorischen Kooperationsaktivitäten einzugehen. Andererseits muss der Vertragsstaat bei einer Verweigerung der Zusammenarbeit aber der anderen Vertragspartei eine Begründung dafür geben. In einem Gutachten zum CETA-Abkommen von Stoll/Holterhus/Gött ist deswegen ein „politischer Rechtfertigungsdruck“ festgestellt worden.3 2.2. Gremien Zur Umsetzung des CETA-Abkommens soll die Einrichtung des sog. CETA Joint Committee dienen , welches nach Art. X.01 des 30. Kapitels des CETA Vertragsentwurfs für alle Fragen, welche die Umsetzung und Anwendung des CETA-Abkommens betreffen, darunter die verbindliche Interpretation des Vertragswerks, verantwortlich ist. Das CETA Joint Committee ist gemäß Art. X.03 des 30. Kapitels berechtigt, Entscheidungen in allen Bereichen des CETA-Abkommens zu treffen. Diese Entscheidungen sind für die Vertragsparteien verbindlich und müssen von ihnen umgesetzt werden (ausführlich dazu unter 5.). Das CETA Joint Committee ist nicht gesondert für den Bereich der regulatorischen Kooperation verantwortlich. In den Bereich seiner Kompetenzen fällt allerdings auch die Möglichkeit, Vorschläge für eine Expansion des Handels und der Investitionen zwischen den Vertragsparteien, wie sie das CETA-Abkommen vorsieht, auszuarbeiten. Dies müsste nach hiesiger Ansicht auch die Möglichkeit, Vorschläge im Bereich der regulatorischen Kooperation zu erarbeiten, umfassen. Grundsätzlich werden für die einzelnen Sachgebiete des CETA-Abkommens sog. Unterausschüsse gebildet. Im Fall der regulatorischen Kooperation ist dieser Unterausschuss das Regulatorische Kooperationsforum (Regulatory Cooperation Forum), welches gemäß Art. X.6 des 26. Kapitels die regulatorische Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien erleichtern und fördern soll. Das Regulatorische Kooperationsforum hat keine Entscheidungskompetenzen. Gemäß Art. X.6 Abs. 2 hat es die Funktion, ein Diskussionsforum für die Vertragsparteien bereitzustellen , Regulierungsbehörden zu unterstützen, regulatorische Initiativen zu unterstützen und bilaterale Kooperationsaktivitäten zu fördern. 3 Stoll/Holterhus/Gött, Die geplante Regulierungszusammenarbeit zwischen der EU und Kanada sowie den USA nach den Entwürfen von CETA und TTIP, - Rechtsgutachten, S. 6, abrufbar unter http://media.arbeiterkammer .at/wien/PDF/studien/Regulierungszusammenarbeit_ttip_ceta.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 7 3. Die regulatorische Kooperation in anderen Abkommen Sowohl in großen mehrseitigen Freihandelsabkommen, wie insbesondere dem im Rahmen der WTO geschlossenen Abkommen über technische Handelshemmnisse (TBT-Abkommen)4, als auch in bilateralen Freihandelsabkommen finden sich Vorgaben zur regulatorischen Kooperation. 3.1. Regulatorische Kooperation in mehrseitigen Abkommen 3.1.1. WTO-Abkommen Das TBT-Abkommen der WTO enthält in Art. 2 Vorgaben für einen Informationsaustausch der Mitglieder hinsichtlich der Entwicklung neuer Regelungen und Standards. Art. 2.9.1 des TBT- Abkommens bestimmt, dass die WTO-Mitglieder die beabsichtigte Einführung einer bestimmten technischen Vorschrift zu einem angemessenen frühen Zeitpunkt in einem Publikationsorgan bekannt machen müssen, wenn keine einschlägige internationale Norm vorliegt, der technische Inhalt der Vorschrift wesentlich vom technischen Inhalt einschlägiger internationaler Normen abweicht und die Vorschrift eine erhebliche Auswirkung auf den Handel anderer Mitglieder haben kann. Neben dieser Informationspflicht regelt Art. 2.9.4, dass das Mitglied, welches eine solche Vorschrift erlassen will, anderen Mitgliedern ohne Diskriminierung eine angemessene Frist für schriftliche Bemerkungen einräumen muss, diese Bemerkungen auf Ersuchen erörtern sowie die schriftlichen Bemerkungen und die Ergebnisse der Erörterungen in Betracht ziehen muss. Die Art. 5 ff. des TBT-Abkommens befassen sich mit Konformitätsbewertungsverfahren. Nach Art. 6.1 des TBT-Abkommens stellen die WTO-Mitglieder sicher, dass die Ergebnisse von Konformitätsbewertungsverfahren anderer Mitglieder anerkannt werden, und zwar auch dann, wenn diese Verfahren von ihren eigenen Verfahren abweichen, sofern sie sich davon überzeugt haben, dass diese Verfahren ein ihren eigenen Verfahren gleichwertiges Vertrauen in die Übereinstimmung mit den geltenden technischen Vorschriften und Normen erlauben. In dem Bereich der sanitären und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen, der vom sog. SPS-Abkommen der WTO geregelt wird,5 finden sich ebenfalls Vorgaben, die der regulatorischen Kooperation dienen sollen. Das SPS-Abkommen legt Grundlagen für die Risikobewertung und Voraussetzungen für den Erlass von Risikomanagementmaßnahmen fest, welche die Vertragsstaaten beim Erlass sog. SPS-Maßnahmen (Verboten aufgrund gesundheitlicher Bedenken etc.) zu beachten haben. Diese Vorgaben dienen einer Harmonisierung der nationalen SPS-Maßnahmen. Art. 4 des SPS-Abkommens der WTO sieht überdies eine gegenseitige Anerkennung der gesundheitspolizeilichen oder pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen vor, wenn das Waren ausführende Mit- 4 Die multilaterale Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986- 1994), Anhang 1A - Übereinkommen über technische Handelshemmnisse, ABl. 1994, L 336/86, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:1994:336:FULL&from=DE. 5 Die multilaterale Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986- 1994), Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen, ABl. 1994, L 336/40, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:1994:336:FULL&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 8 glied dem Einfuhrmitglied objektiv nachweist, dass seine Maßnahmen das von dem Einfuhrmitglied als angemessen betrachtete gesundheitspolizeiliche oder pflanzenschutzrechtliche Schutzniveau erreichen. Die Vorgaben der WTO-Abkommen zur regulatorischen Kooperation in den Bereichen der technischen Handelshemmnisse und der gesundheitspolizeilichen bzw. pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen sind rechtlich bindend, sie enthalten aber nur wenige direkte Vorgaben. Insbesondere die Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung von Standards und Maßnahmen lassen den Vertragsstaaten bei der Umsetzung Spielraum.6 3.1.2. EU-Verträge Auch die Harmonisierungsmaßnahmen und Vorschriften zur gegenseitigen Anerkennung im Rahmen der EU stellen klassische Formen der regulatorischen Kooperation dar und dienen dem Abbau technischer Handelshemmnisse.7 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Cassis de Dijon sind Waren, die in einem Mitgliedstaat hergestellt wurden, in der EU grundsätzlich frei handelbar und als gleichwertig mit den nationalen Produkten der anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen. Hemmnisse für den Handel in der EU, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen ergeben, müssen nur hingenommen werden, „soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden“.8 Über diese warenbezogene Anerkennung von Gleichwertigkeit hinaus bestehen in der EU zahlreiche weitere Unionsregeln zur gegenseitigen Anerkennung mitgliedstaatlicher Entscheidungen sowie EU-weit harmonisierte Mindeststandards und den Handel betreffende Regelungen. 3.2. Regulatorische Kooperation in bilateralen Abkommen Seit der Gründung der EWG im Jahre 1958 sind keine Freihandelsabkommen mehr von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen worden, weil die Zuständigkeit für die (Gemeinsame) Handelspolitik auf die EWG (heute EU) übergegangen ist. Die von der EU abgeschlossenen Handelsabkommen werden nicht nur durch die EU, sondern auch durch die Mitgliedstaaten umgesetzt .9 Die EU hat mit über 30 Staaten Freihandelsabkommen, Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und Assoziationsabkommen abgeschlossen.10 Eine vollständige Untersuchung sämtlicher Abkommen ist aufgrund des Umfangs nicht möglich. Die folgende Darstellung beschränkt sich 6 Gerstetter, Regulatory cooperation under TTIP – a risk for democracy and national regulation?, S. 15, abrufbar unter https://www.boell.de/sites/default/files/ttip_study_regulatory_cooperation_under_ttip_1.pdf. 7 Piermartini/Budetta, A mapping of regional rules on technical barriers to trade, in: Estevadeordal/Suominen /Teh, Regional rules in the global trading system, S. 250 (255). 8 EuGH, Urt. v. 20.2.1979, Rs. 120/78 - Cassis de Dijon, Rn. 8. 9 Weiß, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, 56. EGL 2015, Art. 207 AEUV, Rn. 88. 10 BMEL, Übersicht zum aktuellen Stand der weltweiten Verhandlungen vom 4.3.2015, abrufbar unter https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Markt-Handel-Export/_Texte/UebersichtStandDerVerhandlungen .html. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 9 daher im Wesentlichen auf jüngere Abkommen, die Vorschriften zur regulatorischen Kooperation beinhalten, insbesondere Freihandelsabkommen. 3.2.1. Südafrika In Art. 47 gibt das Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der EU und Südafrika vor, dass die Vertragsparteien in den Bereichen Normung, Metrologie, Zertifizierung und Qualitätssicherung zusammenarbeiten, um die zwischen den Vertragsparteien bestehenden Unterschiede zu verringern, technische Hemmnisse zu beseitigen und den bilateralen Handel zu erleichtern.11 Die Zusammenarbeit in diesem Bereich umfasst u.a. Maßnahmen nach dem TBT-Übereinkommen der WTO und die Ausarbeitung von Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsprüfungen. Das Abkommen enthält keine Vorgaben für eine Harmonisierung der SPS-Maßnahmen und auch die Ausführungen zur Zusammenarbeit im TBT-Bereich beschränken sich auf den Art. 47 des Abkommens. 3.2.2. Mexiko Das Abkommen der EU mit Mexiko umfasst mehrere Dokumente. Grundlage ist das Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten mexikanischen Staaten andererseits.12 In Art. 18 des Abkommens verpflichten sich die Vertragsparteien im Bereich der technischen Vorschriften und der Konformitätsbewertung zusammenzuarbeiten. Bisher ist es in diesem Bereich aber noch zu keiner weitgehenden Harmonisierung gekommen, diese wird mit einer Aktualisierung des Abkommens angestrebt.13 3.2.3. Chile Art. 18 des Assoziationsabkommens der EU mit Chile benennt die Zusammenarbeit in den Bereichen Normen, technische Vorschriften und Konformitätsbewertung als ein wichtiges Ziel.14 Diese wird in Abschnitt 4 des Abkommens gesondert geregelt. Mit der Zusammenarbeit der Vertragsparteien soll die Zusammenarbeit in Regelungsfragen, die Kompatibilität der technischen Vorschriften auf der Grundlage der internationalen und europäischen Normen und der Aufbau eines 11 Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits, ABl. 1999 L, 311/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:1d719de9-66c3-4906-b67d-73be31e50fda.0004.04/DOC_1&format =PDF. 12 Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten mexikanischen Staaten andererseits, ABl. 2000 L, 276/45, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:0e630e4b- 281e-46a4-a07c-0f852a40c2e4.0016.02/DOC_1&format=PDF. 13 Walter, EU und Mexiko wollen mehr Freihandel, Artikel vom 12.5.2015, abrufbar unter http://www.dw.com/de/eu-und-mexiko-wollen-mehr-freihandel/a-18444951. 14 Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, ABl. 2002 L, 352/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa .eu/resource.html?uri=cellar:1f641ed4-e709-43cc-a112-d75455ab3ecb.0014.02/DOC_1&format=PDF. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 10 Netzes von Konformitätsbewertungsstellen ohne Diskriminierung gefördert werden. Gemäß Art. 87 intensivieren die Vertragsparteien ihre bilaterale Zusammenarbeit. In Art. 88 des Abkommens wird die Einsetzung eines Ausschusses für Normen, technische Vorschriften und Konformitätsbewertung festgelegt. Der Ausschuss hat vor allem die Aufgabe, ein Forum zum Austausch und zur wechselseitigen Information der Vertragsparteien über ihre technischen Regulierungen, Standards und Konformitätsbewertungsverfahren zu bieten und die Kooperation der Vertragsparteien im Hinblick auf Standardisierungen zu fördern. Neben dem Abschnitt 4 enthält das Abkommen keine speziellen Artikel zu SPS-Maßnahmen oder zu TBT-Vorschriften. 3.2.4. Südkorea Das Freihandelsabkommen der EU mit Korea enthält kein eigenes Kapitel für den Bereich der regulatorischen Kooperation. 15 Das Abkommen umfasst jedoch ein Kapitel für den Bereich der SPS-Maßnahmen und ein Kapitel zu technischen Handelshemmnissen. Nach Art. 4.3 Abs. 1 des Kapitels zu technischen Handelshemmnissen intensivieren die Vertragsparteien ihre Zusammenarbeit im Bereich Normen, technische Vorschriften und Konformitätsbewertungsverfahren , um das gegenseitige Verständnis der jeweiligen Systeme zu verbessern und den Zugang zu den jeweiligen Märkten zu erleichtern.16 Die dafür vorgesehenen Mittel, welche die Vertragsparteien verfolgen können, umfassen nach Art. 4.3 Abs. 2 die Vertiefung der Zusammenarbeit in Regulierungsfragen beispielsweise durch den Austausch von Informationen sowie durch wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit, gegebenenfalls die Vereinfachung von technischen Vorschriften, Normen und Konformitätsbewertungsverfahren, die Vermeidung unnötiger Unterschiede bei der Regulierung und Hinarbeit auf konvergierende oder aufeinander abgestimmte technische Anforderungen sowie die Förderung und Unterstützung der bilateralen Zusammenarbeit zwischen den Organisationen, die für Messwesen, Normung, Prüfung, Zertifizierung und Akkreditierung zuständig sind. Darüber hinaus wird mit Art. 4.6 eine Annäherung der Vertragsparteien im Hinblick auf die gegenseitige Anerkennung der Ergebnisse von Konformitätsbewertungsverfahren angestrebt. Art. 4.6 Abs. 2 schreibt diesbezüglich aber nur einen Informationsaustausch verpflichtend vor, um die Anerkennung von Konformitätsmechanismen zu erleichtern , und keine Anerkennungsmechanismen. Auch das SPS-Kapitel zielt primär auf Transparenz und einen Informationsaustausch der Vertragsparteien ab. Nach Art. 5.5 gewährleisten die Vertragsparteien Transparenz bei gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen im Handelsverkehr, tauschen Informationen über Angelegenheiten aus, die die Entwicklung und Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen betreffen, welche sich auf den Handel zwischen den Vertragsparteien auswirken oder auswirken können und teilen auf Ersuchen einer Vertragspartei 15 Chase/Pelkmans, This time it’s different: Turbo-charging regulatory cooperation in TTIP - Paper No. 7 in the CEPS-CTR project ‘TTIP in the Balance’ and CEPS Special Report No. 110 / June 2015, S. 21, abrufbar unter http://transatlanticrelations.org/sites/default/files/SR110%20Regulatory%20Cooperation %20in%20TTIP%20(2).pdf. 16 Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits, ABl. 2011 L, 127/6, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2011:127:FULL&from=EN. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 11 mit, welche Bedingungen für die Einfuhr bestimmter Waren gelten. Eine gegenseitige Anerkennung von SPS-Maßnahmen wird im Abkommen nicht geregelt. In dem Kapitel Transparenz finden sich einige Ausführungen, die möglicherweise auch für den Bereich der regulatorischen Kooperation herangezogen werden können. So werden in Art. 12.3 und 12.4 sowie 12.7 Veröffentlichungs- und Informationspflichten über Gesetzgebungsvorhaben festgehalten, die den Vertragspflichten aus dem Kapitel der Regulatorischen Kooperation im CETA-Vertragsentwurf entsprechen. 3.2.5. Peru und Kolumbien Das Handelsabkommen der EU mit Peru und Kolumbien enthält ein TBT- und ein SPS-Kapitel. Die Art. 71 ff. des TBT-Kapitels enthalten Vorgaben für eine Annäherung der technischen Standards und anderer Handelsregulierungen der Vertragsparteien, insbesondere durch intensivierte Zusammenarbeit und handelserleichternde Initiativen.17 Als handelserleichternde Initiativen können die Vertragsparteien nach Art. 75 Abs. 1 lit. b) Informationen austauschen, Zertifizierungsverfahren vereinfachen etc. Auch die Methode der gegenseitigen Anerkennung als ein Weg zum Abbau von Handelshemmnissen wird in diesem Handelsabkommen propagiert. Sie wird jedoch nicht direkt vorgegeben, stattdessen werden Wege zu einer gegenseitigen Anerkennung aufgezeigt . Gemäß Art. 78 Abs. 2 lit. c) ist von den Vertragsstaaten die Einleitung von Verhandlungen zu erwägen, die in Vereinbarungen münden, welche die Anerkennung der Konformitätsbewertungsergebnisse , die von Stellen im Gebiet einer anderen Vertragspartei erzielt wurden, im eigenen Gebiet erleichtern. Es wird ausdrücklich in Art. 75 Abs. 1 lit. b) iii) festgehalten, dass die Gleichwertigkeit von technischen Vorschriften und Konformitätsbewertungsverfahren keine Verpflichtungen für die Vertragsparteien beinhaltet, es sei denn, dies wurde ausdrücklich vereinbart. Das Handelsabkommen enthält auch ein Kapitel zu SPS-Maßnahmen. Art. 96 Abs. 1 gibt vor, dass die Vertragsparteien Transparenz bei SPS-Maßnahmen im Handelsverkehr gewährleisten, das gegenseitige Verständnis ihrer SPS-Maßnahmen und von deren Anwendung vertiefen, Informationen austauschen, welche die Ausarbeitung und Anwendung von SPS-Maßnahmen betreffen , welche sich auf den Handel zwischen den Vertragsparteien auswirken oder auswirken können und auf Ersuchen einer Vertragspartei binnen 15 Arbeitstagen nach Stellung dieses Ersuchens mitteilen, welche Bedingungen für die Einfuhr bestimmter Erzeugnisse gelten und ob eine Risikobewertung erforderlich ist. Die Gleichwertigkeit von SPS-Maßnahmen wird im Abkommen nicht vorgegeben. Nach Art. 95 kann der SPS-Unterausschuss Bestimmungen zur Gleichwertigkeit erarbeiten und dem Handelsausschuss entsprechende Empfehlungen vorlegen. 17 Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Kolumbien und Peru andererseits, ABl. 2012 L, 354/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2012:354:FULL&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 12 3.2.6. Zentralamerika Das Assoziierungsabkommen der EU mit Zentralamerika enthält ein eigenes Kapitel zu dem Bereich der technischen Handelshemmnisse.18 Nach Art. 129 kommen die Vertragsparteien überein, Instrumente zu schaffen, mit denen die Wirtschaftsbeteiligten der anderen Vertragspartei besser über technische Vorschriften informiert werden und der anderen Vertragspartei oder deren Wirtschaftsbeteiligten auf deren Ersuchen unverzüglich Informationen und, soweit angebracht, schriftliche Leitlinien bezüglich der Einhaltung ihrer technischen Vorschriften zur Verfügung zu stellen. In Art. 135 werden Transparenzvorgaben und der Informationsaustausch zu Gesetzesvorhaben in Anlehnung an das TBT-Abkommen der WTO geregelt. Das Abkommen enthält auch ein SPS-Kapitel. Ziel der Regelungen ist u.a. eine Stärkung der Zusammenarbeit der Vertragsparteien in diesem Bereich, um auf diesem Weg den Marktzugang zu verbessern. Gemäß Art. 151 gewährleisten die Vertragsparteien dafür Transparenz bei gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen im Handelsverkehr, vertiefen das gegenseitige Verständnis der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen und ihrer Anwendung, tauschen Informationen über Angelegenheiten aus, die die Entwicklung und Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen betreffen , welche sich auf den Handel zwischen den Vertragsparteien auswirken oder auswirken können und teilen auf Ersuchen einer Vertragspartei mit, welche Bedingungen für die Einfuhr bestimmter Erzeugnisse gelten. Die gegenseitige Anerkennung von Maßnahmen wird nicht vorgegeben , nach Art. 150 kann der Unterausschuss „Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Fragen“ aber Bestimmungen zur Gleichwertigkeit erarbeiten und diesbezüglich Empfehlungen aussprechen. 3.2.7. Singapur Die Verhandlungen über den Vertragstext des Freihandelsabkommens der EU mit Singapur sind bereits abgeschlossen, das Abkommen ist aber noch nicht unterzeichnet. Es enthält wie das CETA-Abkommen einzelne Kapitel für die Bereiche der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS) und der technischen Handelshemmnisse (TBT), aber kein eigenes Kapitel für den Bereich der regulatorischen Kooperation.19 Im TBT-Bereich sieht der Vertragsentwurf in Art. 4.4 eine Kooperation der Vertragsparteien dergestalt vor, dass sie Informationen austauschen, sich gegenseitig über relevante Gesetzesentwürfe informieren und Kooperationen in dem Bereich der technischen Standards und Regularien anstreben. Art. 4.7 befasst sich mit den Möglichkeiten einer Konformitätsbewertung und benennt in Abs. 4 die Möglichkeit von Verhandlungen der Vertragsparteien zu gegenseitigen Anerkennungen. Im Bereich der SPS-Maßnahmen sieht der Abkommensentwurf in Art. 5.11 einen Informationsaustausch der Vertragsparteien und in Art. 5.14.1 die Möglichkeit einer gegenseitigen Anerkennung von SPS-Maßnahmen vor. 18 Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Zentralamerika andererseits, ABl. 2012 L, 346/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2012:346:FULL&from=DE. 19 EU-Singapore, Free Trade Agreement, Stand Mai 2015, abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index .cfm?id=961. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 13 4. Vergleich: CETA und andere Abkommen 4.1. Vergleichbarkeit der regulatorischen Kooperation Die Vorgaben zur regulatorischen Kooperation im CETA-Vertragsentwurf sind umfassender als die Vorgaben der meisten anderen Abkommen in diesem Bereich. Insbesondere die älteren Abkommen der EU mit Südafrika, Mexiko und Chile enthalten diesbezüglich kaum Vorgaben. Die jüngeren Abkommen mit Korea, Zentralamerika, Kolumbien und Peru sowie Singapur enthalten hingegen Kapitel zur Harmonisierung von Vorschriften, die technische Handelshemmnissen darstellen (TBT) und von Maßnahmen im Bereich des Gesundheits- und Pflanzenschutz (SPS). Da die Normen zur regulatorischen Kooperation in Kapitel 16 des CETA-Abkommens keine Harmonisierung durch gemeinsame Normsetzung oder die gegenseitige Anerkennung von Handelsregulierungen verpflichtend vorschreiben, sondern diese nur anregen, geht der CETA-Entwurf nicht deutlich über die bisherigen Abkommen hinaus. 4.1.1. Harmonisierung In Bezug auf den Informationsaustausch zu nationalen Gesetzesvorhaben, welche Auswirkungen auf den Handel haben können, ist der Austausch zwischen den Vertragsstaaten im CETA-Abkommen detaillierter und umfassender geregelt als in den anderen bilateralen Abkommen. So sollen die Vertragsparteien gemäß Art. X.7 des Kapitels zur regulatorischen Kooperation im CETA-Abkommen regelmäßig Informationen über laufende oder geplante regulatorische Projekte in ihren Verantwortungsbereichen austauschen. Die anderen Abkommen, wie z.B. das Abkommen mit Korea in Art. 4.3 des TBT-Kapitels und Art. 75 Abs. 1 lit. b) des Abkommens mit Peru und Kolumbien bzw. Art. 134 lit. b) des Abkommens mit Zentralamerika sehen zwar auch einen Informationsaustausch vor. Es wird aber nicht vorgegeben, dass dieser Informationsaustausch regelmäßig zu erfolgen hat. Auch der Austausch nichtöffentlicher Informationen wird allein im CETA- Abkommen vorgesehen. Die verschiedenen Maßnahmen bzw. Kooperationsaktivitäten, die zu einer Harmonisierung führen sollen, unterscheiden sich also zwischen den Abkommen. Grundsätzlich enthalten aber alle Abkommen, auch CETA, keine diesbezüglichen Handlungspflichten der Vertragsparteien, sondern nur beispielhafte Aufzählungen von Kooperationsaktivitäten. Die Vertragsparteien verpflichten sich, das Vertragsziel einer Harmonisierung zu fördern, es wird aber nicht konkret festgelegt , welche Maßnahmen in welchem Umfang und Zeitraum zu ergreifen sind. Stattdessen werden die Vertragsparteien verpflichtet „handelserleichternde Initiativen auszumachen, zu entwickeln und zu fördern“ wie „unter anderem“ durch den Austausch von Informationen. Nach Art. X.2 Abs. 6 des 26. Kapitels des CETA-Vertragsentwurfs sollen konkrete Vorhaben in der Regulierungszusammenarbeit nur auf freiwilliger Basis stattfinden. Ähnliches gilt für die Vorgaben zur regulatorischen Kooperation in den bereits ratifizierten Freihandelsabkommen der EU. Aufgrund dieser Unverbindlichkeit der Vertragsvorgaben sind die einzelnen Unterschiede zwischen den in den Verträgen benannten Kooperationsaktivitäten nach hiesiger Ansicht von geringer Bedeutung . Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 14 4.1.2. Gegenseitige Anerkennung Die Vorgaben zur gegenseitigen Anerkennung in Art. 7 Abs. 1 des SPS-Kapitels im CETA-Abkommen gehen über die Vorgaben der meisten anderen bilateralen Handelsabkommen hinaus. Die Abkommen mit Südafrika, Mexiko und Chile enthalten diesbezüglich keine Vorgaben. Die Abkommen mit Korea, Peru und Kolumbien sowie Zentralamerika sehen hingegen Maßnahmen vor, die zu einer gegenseitigen Anerkennung führen sollen. Diese Maßnahmen, wie z.B. ein Informationsaustausch über Konformitätsbewertungsverfahren (Art. 4.6 Abs. 2 des TBT-Kapitels im Abkommen mit Südkorea) oder die Erarbeitung diesbezüglicher Vorschläge der durch das Abkommen geschaffenen Gremien (Art. 95 des SPS-Kapitels im Abkommen mit Peru und Kolumbien und Art. 150 des Abkommens mit Zentralamerika), sind aber weniger weitgehend als die Vorgaben des CETA-Abkommens. Art. 7 Abs. 1 des SPS-Kapitels im CETA-Abkommen gibt vor, dass die Vertragsparteien Standards der Gegenseite als gleichwertig anerkennen, wenn diese ihrem Schutzniveau entsprechen. Insoweit reicht das CETA-Abkommen einen Schritt weiter als die anderen bilateralen Abkommen, welche Vorstufen auf dem Weg zu einer gegenseitigen Anerkennung sind, anstatt die Möglichkeit der Anerkennung selbst zu regeln. Allein der Entwurf für ein Freihandelsabkommen mit Singapur enthält in Art. 5.14 Abs. 5 des SPS Kapitels ähnliche Vorgaben wie das CETA-Kapitel zu SPS-Maßnahmen in Art. 7. Während es im CETA-Abkommen heißt: „The importing Party shall accept the SPS measures of the exporting Party as equivalent“, steht im Abkommen mit Singapur nur: „The Parties may recognise equivalence of an individual measure and/or groups of measures and/or system.“ Damit entspricht Art. 7 Abs. 1 des CETA-Abkommens dem Art. 4 Abs. 1 des SPS-Abkommens der WTO („Members shall accept the sanitary or phytosanitary measures of other Members as equivalent.“). Weder das CETA-Abkommen noch das Freihandelsabkommen mit Singapur gibt die Anerkennung abschließend vor. Die Entscheidung über die Anerkennung verbleibt bei den Vertragsstaaten, die auch nach den Vorgaben des CETA-Abkommens eine Anerkennung verweigern können, wenn die Regelung des Exportstaates ihrem Schutzniveau nicht entspricht. 4.2. Vergleichbarkeit der Gremien 4.2.1. Gremien in mehrseitigen Abkommen Das TBT- wie auch das SPS-Abkommen der WTO umfassen die Schaffung eines Ausschusses. Nach Art. 12 des SPS-Abkommens der WTO soll der Ausschuss für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen die zur Durchführung des Abkommens oder die zur Förderung seiner Ziele notwendigen Aufgaben, insbesondere im Bereich der Harmonisierung, erfüllen .20 Nach Art. 12.7. prüft der Ausschuss die Handhabung und Durchführung des SPS-Abkommens drei Jahre nach dem Inkrafttreten des WTO-Abkommens und sodann bei Bedarf. Er kann 20 Die multilaterale Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986- 1994), Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen, ABl. 1994, L 336/40, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:1994:336:FULL&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 15 aufgrund dieser Prüfungen dem Rat für Warenverkehr, Änderungen des Wortlauts des SPS-Abkommens vorschlagen. Der Rat für Warenverkehr ist wie die anderen WTO-Organe in dem Übereinkommen zur Errichtung der WTO21 geregelt worden. Art. 13 des TBT-Abkommens der WTO gibt die Einsetzung eines Ausschusses „Technische Handelshemmnisse “ vor.22 Der Ausschuss tagt bei Bedarf, mindestens aber einmal im Jahr, um den Mitgliedern die Möglichkeit zu bieten, sich über alle Angelegenheiten, die die Durchführung des TBT-Abkommens oder die Förderung seiner Ziele betreffen, zu beraten. Der Ausschuss erfüllt ferner die Aufgaben, die ihm nach dem Übereinkommen oder von den Mitgliedern zugewiesen werden . Die Ausschüsse dienen dem gegenseitigen Austausch der WTO-Mitglieder und zur Diskussion von SPS- und TBT-Maßnahmen. Sie fördern die Anwendung internationaler Normen, Richtlinien oder Empfehlungen durch alle Mitglieder und betreuen technische Konsultationen und Studien mit dem Ziel einer zunehmenden Koordinierung und Integration.23 4.2.2. Gremien in bilateralen Abkommen 4.2.2.1. Südafrika Nach Art. 97 des Abkommens wird von den Vertragsparteien ein sog. Kooperationsrat eingesetzt .24 Seine Aufgaben umfassen gemäß Art. 97 Abs. 1 u.a. die Gewährleistung des ordnungsgemäßen Funktionierens und der Durchführung des Abkommens und des Dialogs zwischen den Vertragsparteien, die Beobachtung der Entwicklung des Handels und der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien, die Suche nach geeigneten Methoden, um Problemen vorzubeugen, den Meinungsaustausch und Vorschläge zu allen den Handel und die Zusammenarbeit betreffenden Fragen. Gemäß Art. 97 Abs. 3 ist der Kooperationsrat befugt, Beschlüsse zu allen unter das Abkommen fallenden Angelegenheiten zu fassen. Ausführungen zu der Verbindlichkeit der Beschlüsse enthält das Abkommen nicht. 21 Die multilaterale Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986- 1994), Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO), ABl. 1994, L 336/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:1994:336:FULL&from=DE. 22 Die multilaterale Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986- 1994), Übereinkommen über technische Handelshemmnisse , ABl. 1994, L 336/86, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:1994:336:FULL&from=DE. 23 Gerstetter, Regulatory cooperation under TTIP – a risk for democracy and national regulation?, S. 15, abrufbar unter https://www.boell.de/sites/default/files/ttip_study_regulatory_cooperation_under_ttip_1.pdf. 24 Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits, ABl. 1999 L, 311/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:1d719de9-66c3-4906-b67d-73be31e50fda.0004.04/DOC_1&format =PDF. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 16 4.2.2.2. Mexiko Nach Art. 45 des Abkommens mit Mexiko wird ein Gemischter Rat eingesetzt, der die Durchführung des Abkommens überwacht.25 Zur Erreichung der Ziele des Abkommens und in den darin vorgesehenen Fällen ist der Gemischte Rat nach Art. 47 befugt, Beschlüsse zu fassen. Die Beschlüsse sind für die Vertragsparteien verbindlich. Diese treffen die erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Durchführung. Nach Art. 49 des Abkommens kann der Rat die Einsetzung weiterer Organe beschließen, die ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen. Mit Art. 20 Abs. 2 des Beschlusses Nr. 2/2000 hat der Rat einen Besonderen Ausschuss für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen eingesetzt.26 4.2.2.3. Chile Art. 3 des Assoziationsabkommens mit Chile sieht die Einrichtung eines sog. Assoziationsrates vor. Dieser ist nach Art. 5 Abs. 1 ermächtigt, in den Fällen, die das Abkommen vorsieht, Entscheidungen zu erlassen. Gemäß Art. 5 Abs. 2 sind diese Entscheidungen für die Vertragsparteien verbindlich. Diese sollen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Entscheidungen umzusetzen . Gemäß Art. 6 wird der Assoziationsrat bei der Erfüllung seiner Aufgaben von einem Assoziationsausschuss unterstützt. Die in Art. 193 aufgezählten Aufgaben des Assoziationsausschusses ähneln in vielen Bereichen wiederum den Aufgaben des CETA Joint Committee. In dem Abkommen mit Chile wird in Art. 88 zudem die Einrichtung eines sog. Ausschusses für technische Vorschriften, Normen und Konformitätsbewertung geregelt. 27 Dieses Gremium, welches aus Vertretern der Vertragsparteien besteht, ist für alle Fragen der technischen Regulierung und Vereinheitlichung, insbesondere für die Überwachung der Umsetzung und Anwendung der Abschnitte des Abkommens zur regulatorischen Kooperation, zuständig. In diesem Zusammenhang ist der Ausschuss befugt, die Durchführung und Anwendung des Abschnitts zu technischen Handelshemmnissen zu überwachen und zu überprüfen. Er arbeitet ein Arbeitsprogramm für die Verwirklichung der Ziele des Abschnitts aus, bietet ein Forum für Beratungen, Konsultationen und für einen Informationsaustausch der Vertragsparteien zu technischen Vorschriften, Normen und Konformitätsbewertungsverfahren und fördert die Zusammenarbeit zwischen ihnen. Dieser Ausschuss ähnelt dem regulatorischen Kooperationsforum im Rahmen von CETA. 25 Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten mexikanischen Staaten andererseits, ABl. 2000 L, 276/45, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:0e630e4b- 281e-46a4-a07c-0f852a40c2e4.0016.02/DOC_1&format=PDF. 26 Beschluss Nr. 2/2000 des gemischten Rates EG-Mexiko vom 23. März 2000, 2000/415/EG, ABl. 2000 L, 157/10, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:a024c280-a801-4dcd-bc46- a3afdd86c3ba.0003.02/DOC_1&format=PDF. 27 Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, ABl. 2002 L, 352/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa .eu/resource.html?uri=cellar:1f641ed4-e709-43cc-a112-d75455ab3ecb.0014.02/DOC_1&format=PDF. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 17 4.2.2.4. Südkorea Nach Art. 15.1 des Freihandelsabkommens mit Korea setzen die Vertragsparteien einen Handelsausschuss ein. 28 Die Kompetenzen dieses Handelsausschusses, welche in Art. 15.1 Abs. 3 und 4 des Freihandelsabkommens aufgelistet werden, ähneln den Kompetenzen des Joint Committee aus dem CETA-Vertragsentwurf. Der Handelsausschuss gewährleistet das ordnungsgemäße Funktionieren des Abkommens, indem er u.a. die Durchführung und Anwendung des Abkommens überwacht und unterstützt und prüft, auf welche Weise die Handelsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien intensiviert werden können. Er kann zudem beschließen, Sonderausschüsse oder andere Gremien einzusetzen und ihnen Zuständigkeiten zu übertragen, alle interessierten Parteien kontaktieren, in Fällen, die in dem Abkommen ausdrücklich vorgesehen sind, Änderungen zu dem Abkommen prüfen oder Bestimmungen des Abkommens ändern, die Bestimmungen des Abkommens auslegen, nach Maßgabe des Abkommens Empfehlungen aussprechen oder Beschlüsse fassen und andere, von den Vertragsparteien vereinbarte Maßnahmen ergreifen. Nach Art. 15.4 ist der Handelsausschuss befugt, in allen in dem Abkommen vorgesehenen Fällen Beschlüsse zu fassen. Diese Beschlüsse sind gemäß Art. 15.4 Abs. 2 für die Vertragsparteien verbindlich . Die Vertragsparteien treffen die für die Umsetzung der Beschlüsse erforderlichen Maßnahmen , wobei der Handelsausschuss zweckdienliche Empfehlungen aussprechen kann. Sonderausschüsse, deren Schaffung von Art. 15.2 des Freihandelsabkommens ausdrücklich vorgegeben wird, sind der Ausschuss für den Warenhandel, der Ausschuss für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen, der Zollausschuss, der Ausschuss für Dienstleistungshandel , Niederlassung und elektronischen Geschäftsverkehr sowie der Ausschuss Handel und nachhaltige Entwicklung und der Ausschuss Passivveredelungszonen auf der koreanischen Halbinsel. Ein Gremium speziell für die regulatorische Kooperation wird von dem Abkommen mithin nicht vorgegeben, gemäß Art. 15.2 Abs. 2 kann der Handelsausschuss aber beschließen, weitere Sonderausschüsse einzusetzen, die ihn bei seiner Arbeit unterstützen. Der SPS-Ausschuss ist nach Art. 5.10 Abs. 1 zuständig für die Überwachung der Umsetzung des SPS-Kapitels und soll den Vertragsparteien als Forum dienen. 4.2.2.5. Peru und Kolumbien Das Abkommen der EU mit Peru und Kolumbien sieht einen Handelsausschuss vor. 29 Der Handelsausschuss kann gemäß Art. 14 Abs. 2 Entscheidungen mit Bindungswirkung für die Vertragsstaaten erlassen. Er soll gemäß Art. 13 des Abkommens u.a. die Durchführung und Anwendung des Abkommens überwachen und kann die Auslegung von Bestimmungen des Übereinkommens beschließen. Nach Art. 326 Abs. 2 des Abkommens mit Peru und Kolumbien verfolgt der Handelsausschuss die wichtigsten Aspekte der Zusammenarbeit im Rahmen der in Art. 324 Abs. 1 und 2 genannten Ziele und gibt gegebenenfalls Impulse und Orientierungshilfen. Gemäß Art. 326 Abs. 3 28 Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits, ABl. 2011 L, 127/6, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2011:127:FULL&from=EN. 29 Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Kolumbien und Peru andererseits, ABl. 2012 L, 354/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2012:354:FULL&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 18 kann der Handelsausschuss Empfehlungen an die für die Planung und Durchführung der Zusammenarbeit zuständigen Einrichtungen jeder Vertragspartei richten. Insgesamt ähnelt der Handelsausschuss damit stark dem Joint Committee des CETA-Vertragsentwurfs. Art. 83 des Abkommens der EU mit Peru und Kolumbien gibt zudem die Einrichtung eines Unterausschusses „Technische Handelshemmnisse” vor. Dieses Gremium soll nach Art. 83 Abs. 2 u.a. für die Kontrolle der Durchführung, Verwaltung und Einhaltung der Bestimmungen zu technischen Handelshemmnissen zuständig sein. Es soll die Prioritäten für die Zusammenarbeit und die Programme zur technischen Hilfe auf diesem Gebiet feststellen, Arbeitsgruppen einrichten, ein Arbeitsprogramm erstellen und das Kapitel im Lichte etwaiger Entwicklungen aufgrund des TBT-Übereinkommens und im Lichte der Beschlüsse oder Empfehlungen des WTO-Ausschusses für technische Handelshemmnisse überarbeiten sowie Vorschläge für etwaige Änderungen an diesem Kapitel unterbreiten. Dieser Unterausschuss ähnelt in seiner vornehmlich unterstützenden Tätigkeit dem regulatorischen Kooperationsforum im Rahmen von CETA. Gemäß Art. 95 des Abkommens kann der SPS-Unterausschuss in diesem Bereich Bestimmungen zur Gleichwertigkeit erarbeiten und dem Handelsausschuss entsprechende Empfehlungen vorlegen. Der SPS-Unterausschuss legt ferner das Verfahren für die Anerkennung der Gleichwertigkeit fest. 4.2.2.6. Zentralamerika Nach Art. 4 Abs. 1 des Abkommens wird ein Assoziationsrat eingesetzt.30 Gemäß Art. 6 Abs. 1 ist der Assoziationsrat befugt, die zur Verwirklichung der Ziele des Abkommens in den im Abkommen vorgesehenen Fällen Beschlüsse zu fassen. Die Beschlüsse sind gemäß Art. 6 Abs. 2 für die Vertragsparteien verbindlich. Die Vertragsparteien treffen die Maßnahmen, die für die Umsetzung der Beschlüsse nach den internen Vorschriften und gesetzlichen Verfahren jeder Vertragspartei erforderlich sind. Gemäß Art. 139 des Assoziierungsabkommens wird zudem ein Unterausschuss „Technische Handelshemmnisse “ eingesetzt. Der Unterausschuss hat nach Art. 139 Abs. 2 u.a. die Aufgabe, alle Fragen zu erörtern, die den Handel zwischen den Vertragsparteien beeinträchtigen könnten, die Umsetzung und Verwaltung des Kapitels zu technischen Handelshemmnissen zu überwachen, den Informationsaustausch über technische Vorschriften, Normen und Konformitätsbewertungsverfahren zu erleichtern, die Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung und Verbesserung von Normen , technischen Vorschriften und Konformitätsbewertungsverfahren zu stärken und Möglichkeiten zur Erleichterung des Handels zwischen den Vertragsparteien zu sondieren. Dieser Unterausschuss ähnelt in seiner vornehmlich unterstützenden Tätigkeit dem regulatorischen Kooperationsforum im Rahmen von CETA. Im Rahmen der Ausführungen zu gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen benennt Art. 150 des Abkommens die Möglichkeit der Vertragsparteien über den Unterausschuss "Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Fragen" Bestimmungen zur Gleichwertigkeit von SPS-Maßnahmen zu erarbeiten. Daneben hat dieser Unterausschuss nach Art. 156 Abs. 2 u.a. die Aufgabe, die Umsetzung des SPS- 30 Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Zentralamerika andererseits, ABl. 2012 L, 346/3, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2012:346:FULL&from=DE. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 19 Kapitels zu überwachsen, den Vertragsparteien ein Forum zu bieten und Konsultationen abzuhalten . 4.2.2.7. Singapur Art. 17.1 des 17. Kapitels des Freihandelsabkommens der EU mit Singapur sieht die Schaffung eines Trade Committees vor, welches das ordnungsgemäße Funktionieren des Abkommens gewährleisten und kontrollieren soll.31 Seine Aufgaben ähneln denen des CETA Joint Committee und auch seine Beschlüsse sind gemäß Art. 17.4 Abs. 1 für die Vertragsparteien verbindlich und müssen von diesen umgesetzt werden. Art. 17.2. sieht die Schaffung sog. specialised Committees vor. Darunter auch ein Committee on Sanitary and Phytosanitary Measures, aber kein Gremium speziell für den Bereich der regulatorischen Kooperation. Nach Art. 5.15 Abs. 4 zählt zu den Aufgaben des SPS-Committee, die Umsetzung des SPS-Kapitels zu überwachen und den Vertragsparteien ein Forum zum Austausch zu bieten. 4.3. Zwischenergebnis Die Kompetenz des CETA Joint Committee, für die Vertragsstaaten verbindliche Entscheidungen zu erlassen, ist kein Alleinstellungsmerkmal des CETA-Abkommens. Eine solche Kompetenz sehen auch die oben dargestellten Abkommen der EU mit Mexiko, Chile, Korea sowie Kolumbien und Peru, Zentralamerika und Singapur für die durch das Abkommen gegründeten Organe vor. Ein wichtiger Unterschied zwischen den Abkommen folgt daraus, dass die Abkommen sich in ihren Regelungsbereichen unterscheiden und demgemäß unterschiedliche Kompetenzbereiche für das jeweilige Hauptorgan vorsehen, in denen es verbindliche Entscheidungen treffen kann. Die Anzahl der Entscheidungen und die Entscheidungsfelder variieren daher zwischen den Freihandelsabkommen . Die Nebenorgane und Unterausschüsse, welche für die Umsetzung der einzelnen Vertragsbereiche verantwortlich sind, haben zumeist eine Unterstützungsfunktion. Das Regulatorische Kooperationsforum aus CETA soll, wie die verschiedenen Unterausschüsse der anderen Abkommen, den Vertragsparteien ein Diskussionsforum bieten und die Umsetzung des Abkommens überwachen bzw. fördern. 5. Bindung an die Beschlüsse des CETA Joint Committee Nach Art. X.03 Abs. 2 des 30. Kapitels des CETA-Vertragsentwurfs kann das CETA Joint Committee Beschlüsse erlassen, welche die Vertragsparteien binden. Art X.03 gibt vor, dass das CETA Joint Committee in allen im Abkommen vorgesehenen Bereichen verbindliche Beschlüsse treffen kann („The CETA Joint Committee shall, for the purpose of attaining the objectives of this Agreement , have the power to take decisions in respect of all matters in the cases provided by the Agreement.“). Diese Formulierung ist nicht eindeutig und lässt zwei verschiedene Auslegungen 31 EU-Singapore Free Trade Agreement, Chapter 17 – Institutional, general and final provisions, abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/september/tradoc_151772.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 20 zu. Entweder kann das CETA Joint Committee verbindliche Beschlüsse nur in den Fällen erlassen , in denen das CETA-Abkommen in den verschiedenen Kapiteln ausdrücklich verbindliche Entscheidungen vorgibt, oder in allen Fällen, in denen es nach dem CETA-Vertragsentwurf überhaupt tätig sein kann.32 5.1. Umfang der Entscheidungsbefugnis In mehreren Artikeln des CETA-Vertragsentwurfs ist eine Entscheidungskompetenz des CETA Joint Committee ausdrücklich festgehalten. Das spricht für den ersten Auslegungsansatz, der neben Art. X.03 des 30. Kapitels eine weitere ausdrückliche Ermächtigung des CETA Joint Committee voraussetzt.33 Auch gilt im Völkerrecht der Grundsatz, dass die Akte von internationalen Organisationen nur Rechtswirkung entfalten, wenn dies ausdrücklich im (Gründungs-)Vertrag vorgesehen ist.34 Nur in den Bereichen, wo das CETA-Abkommen eine Bindungswirkung ausdrücklich anordnet, kann das Joint Committee nach hiesiger Ansicht mithin mit Bindungswirkung für die Vertragsparteien entscheiden. Die Entscheidungskompetenzen des Joint Committee beschränken sich nach dieser Ansicht im Wesentlichen auf den Erlass von Detailregelungen und die Ergänzung von Ausführungsbestimmungen. Das Joint Committee kann gemäß Art. 5 Abs. 4 des Kapitels zu „National Treatment and Market weitern bzw. ihre Umsetzung beschleunigen, wenn die Vertragsparteien dem zustimmen. Nach Art. 3 lit. f) des Kapitels zur gegenseitigen Anerkennung beruflicher Qualifikationen nimmt das Joint Committee Maßnahmen zur gegenseitigen Anerkennung, die ihm von den Vertragsparteien angezeigt worden sind, an.35 Nach Art. 7.7 des Kapitels zu „Intellectual Property“ kann das Joint Committee den Anhang um weitere geschützte geographische Herkunftsangaben ergänzen. Entscheidungen des Joint Committee mit Bindungswirkung für den Bereich der regulatorischen Kooperation sind im Abkommen hingegen nicht vorgesehen. Das Kapitel zur regulatorischen Kooperation sieht allein Maßnahmen durch die Vertragsstaaten und das Regulatorische Kooperationsforum vor, wobei Letzteres in Art. X.6 des Abkommensentwurfs unterstützende Aufgaben und keine Entscheidungsbefugnisse übertragen bekommt. In den Bereichen des CETA-Abkommens, in denen die Entscheidungsbefugnis des Joint Committee nicht ausdrücklich angeordnet wird, können das Gremium und die Unterausschüsse zwar 32 Stoll/Holterhus/Gött, Die geplante Regulierungszusammenarbeit zwischen der EU und Kanada sowie den USA nach den Entwürfen von CETA und TTIP, - Rechtsgutachten, S. 8 f., abrufbar unter http://media.arbeiterkammer .at/wien/PDF/studien/Regulierungszusammenarbeit_ttip_ceta.pdf. 33 So auch: Fisahn, Rechtliche Probleme beim internationalen Freihandel, S. 11, abrufbar unter http://www.kritikfreihandelsabkommen .de/wp-content/uploads/2015/01/TTIP_Fisahn.pdf; Fischer-Lescano/Horst, Europa- und verfassungsrechtliche Vorgaben für das Comprehensive Economic and Trade Agreement der EU und Kanada (CETA) – Juristisches Kurzgutachten, S. 15, abrufbar unter http://www.attac-muenchen.org/fileadmin/user_upload /Gruppen/Muenchen/Papiere/CETA-Rechtsgutachten_Oktober_2014_Fischer-Lescano_Uni_Bremen.pdf. 34 Ipsen, Völkerrecht, 6. Aufl. 2014, § 19, Rn. 22. 35 „[…] adopt the MRA by means of a decision, which shall be conditional upon subsequent notification to the Committee by each Party of the fulfillment of their respective internal requirements. The decision shall become binding on the Parties upon notification to the Mutual Recognition.”. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 104/15 Seite 21 Vorschläge zur Ergänzung und Weiterentwicklung des CETA-Abkommens erarbeiten, über diese entscheiden gemäß Art. X.02 des Kapitels 34 des CETA-Vertragsentwurfs abschließend aber die Vertragsparteien („The Trade Committee may decide to amend the Annexes, Appendices, Protocols and Notes of this Agreement. The Parties may approve the decision subject to their respective applicable internal requirements and procedures.“). Insoweit sind nach hiesiger Ansicht keine bindenden Entscheidungen des Joint Committee oder der verschiedenen Unterausschüsse und Gremien möglich. Häufig sieht das CETA-Abkommen Vorschlagsrechte für die verschiedenen Unterausschüsse vor, welche diese dem Joint Committee unterbreiten sollen (z.B. Art. 14 Abs. 1 lit. b) des Kapitels zu „Trade in Goods“ oder Art. 34 des Kapitels zu den „Rules of Origin “). Auch über diese Vorschläge müssen gemäß Art. X.02 des Kapitels 34 aber die Vertragsparteien entscheiden.36 5.2. Rechtswirkung der Entscheidungen Die Entscheidungen des CETA Joint Committee sind, in den vom CETA-Abkommen ausdrücklich vorgesehenen Fällen, für die Mitgliedstaaten zwar bindend, sie wirken jedoch nicht unmittelbar. Gemäß Art. X.03 müssen sie von den Vertragsparteien umgesetzt werden („The decisions shall be binding on the Parties, which shall take the measures necessary to implement the decisions taken.”). Insoweit entspricht das CETA-Abkommen dem klassischen Modell völkerrechtlicher Verträge. Durch völkerrechtliche Verträge geschaffene Instanzen adressieren mit ihren Rechtsakten in der Regel allein die Staaten, welche dann mittels Umsetzung über die Stellung und den Rang des überstaatlich gesetzten Rechts entscheiden.37 Nur ausnahmsweise können völkerrechtliche Normen innerstaatlich unmittelbar anwendbar sein.38 - Fachbereich Europa - 36 a.A.: Stoll/Holterhus/Gött, Die geplante Regulierungszusammenarbeit zwischen der EU und Kanada sowie den USA nach den Entwürfen von CETA und TTIP, - Rechtsgutachten, S. 9 f. 37 Nettesheim, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 74. EL Mai 2015, Art. 59, Rn. 194. 38 Stein/von Buttlar, Völkerrecht, 13. Aufl 2012, § 16, Rn. 187.