© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 100/16 Der aktuelle Stand im Genehmigungsverfahren von Glyphosat Die Genehmigungsverlängerung durch die Kommission Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 100/16 Seite 2 Der aktuelle Stand im Genehmigungsverfahren von Glyphosat Die Genehmigungsverlängerung durch die Kommission Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 100/16 Abschluss der Arbeit: 30.6.2016 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 100/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Geschehensablauf im SCPAFF Ausschuss 4 2.1. Das Verfahren im SCPAFF 4 2.2. Der bisherige Verfahrensablauf der Genehmigungserneuerung von Glyphosat 5 3. Vorgehen der Kommission 6 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 100/16 Seite 4 1. Einleitung Die nachfolgende Ausarbeitung stellt den Verfahrensablauf zur (erneuten) Genehmigung von Glyphosat im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed – SCPAFF) dar und geht kurz auf die Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat durch die Kommission ein. 2. Geschehensablauf im SCPAFF Ausschuss Nach Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1141/20101 legt die Kommission dem SCPAFF einen Rechtsakt (in der Regel eine Durchführungsverordnung) zur Erneuerung der Genehmigung bzw. Genehmigungsverweigerung eines Wirkstoffs, in diesem Fall Glyphosat, zur Stellungnahme vor. 2.1. Das Verfahren im SCPAFF Nach Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1141/2010 wird der Rechtsakt der Kommission im Ausschuss gemäß dem Verfahren nach Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 91/414/EWG angenommen. Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 91/414/EWG bestimmt, dass die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG gelten, wenn auf ihn (also den Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 91/414/EWG) verwiesen wird. Der Beschluss 1999/468/EG ist mittlerweile durch die Verordnung (EU) Nr. 182/2011 (Komitologie VO)2 aufgehoben bzw. ersetzt worden. Nach Art. 5 der KomitologieVO erfordert eine Durchführungsmaßnahme der Kommission eine befürwortende Stellungnahme des zuständigen Ausschusses. Der Ausschuss entscheidet mit der qualifizierten Mehrheit seiner Stimmen gemäß Art. 16 Abs. 4 und 5 EUV. Gibt der Ausschuss eine befürwortende Stellungnahme ab, erlässt die Kommission gemäß Art. 5 Abs. 2 der Komitologie VO die Durchführungsverordnung. Wenn der Ausschuss eine ablehnende Stellungnahme abgibt , erlässt die Kommission gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der KomitologieVO die Durchführungsverordnung nicht. Die Kommission kann dem Ausschuss dann entweder eine geänderte Fassung des Durchführungsverordnungsentwurfs unterbreiten oder den Entwurf innerhalb eines Monats nach Abgabe der ablehnenden Stellungnahme dem Berufungsausschuss zur weiteren Beratung vorlegen. Wenn der Ausschuss keine Stellungnahme abgibt, kann die Kommission die Verordnung gemäß Art. 5 Abs. 4 der KomitologieVO selbst erlassen, es sei denn, die Verordnung betrifft den Schutz der Gesundheit oder die Sicherheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen. Ist Letzteres der Fall, kann die Kommission den Verordnungsentwurf wiederum innerhalb eines Monates nach der Abstimmung im Ausschuss dem Berufungsausschuss zur weiteren Beratung vorlegen. 1 Verordnung (EU) Nr. 1141/2010 der Kommission vom 7. Dezember 2010 zur Festlegung des Verfahrens für die erneute Aufnahme einer zweiten Gruppe von Wirkstoffen in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und zur Erstellung der Liste dieser Wirkstoffe, ABl. 2010 L, 322/10, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUri- Serv/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:322:0010:0019:DE:PDF. 2 Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, ABl. 2011 L, 55/13, abrufbar unter http://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32011R0182&qid=1464771084168&from=DE. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 100/16 Seite 5 Gibt der Berufungsausschuss eine befürwortende Stellungnahme ab, erlässt die Kommission gemäß Art. 6 Abs. 3 der KomitologieVO die Verordnung. Wenn der Berufungsausschuss eine ablehnende Stellungnahme abgibt, erlässt die Kommission gemäß Art. 6 Abs. 3 der KomitologieVO die Verordnung nicht. Wird keine Stellungnahme abgegeben, kann die Kommission nach 6 Abs. 3 der KomitologieVO die Verordnung erlassen. 2.2. Der bisherige Verfahrensablauf der Genehmigung von Glyphosat Im Fall von Glyphosat ist es im SCPAFF zu keiner Entscheidung über den Vorschlag einer Durchführungsverordnung der Kommission gekommen, mit welcher diese die Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat erneuern wollte.3 Eine weitere Sitzung des Ausschuss war für den 6. Juni 2016 angesetzt. Die Tagesordnung für die Ausschusssitzung am 6. Juni 2016 sieht die Beratung eines Vorschlags der Kommission zur Verlängerung der bisherigen Genehmigung von Glyphosat vor („Exchange of views and possible opinion of the Committee on a draft Commission Implementing Regulation amending Implementing Regulation (EU) No 540/2011 as regards the extension of the approval period of the active substance glyphosate.“).4 Es ging in der Sitzung also nicht mehr um die Erneuerung der Genehmigung von Glyphosat, sondern um die Verlängerung der bestehenden Genehmigung. In der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (im Folgenden: PflanzenschutzVO)5 ist die Möglichkeit einer Genehmigungsverlängerung ausdrücklich geregelt. Gemäß Art. 17 UAbs. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 PflanzenschutzVO kann eine Entscheidung angenommen werden, mit welcher der Ablauf des Genehmigungszeitraums für den betreffenden Antragsteller um einen Zeitraum hinausgeschoben wird, der für die Prüfung des Antrags ausreicht, wenn die Genehmigung aus Gründen, die der Antragsteller nicht zu verantworten hat, vor einer Entscheidung über die Erneuerung ausläuft . Die Durchführungsverordnung (EU) 2015/1885 der Kommission (zur zweiten Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat) benannte Art. 17 UAbs. 1 PflanzenschutzVO als ihre Rechtsgrundlage .6 Die Kommission begründete ihre Durchführungsverordnung (EU) 2015/1885 wie folgt: „Da sich die Bewertung der Wirkstoffe aus Gründen verzögert hat, auf die die Antragsteller keinen Einfluss hatten, wird die Genehmigung dieser Wirkstoffe wahrscheinlich auslaufen, bevor 3 Awater-Esper/Moritz, Glyphosat: Abstimmung in Brüssel platzt, Entscheidung verschoben, Top agrar online vom 19.5.2016, abrufbar unter http://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Glyphosat-Haengepartie-in-Bruessel -3379295.html. 4 http://ec.europa.eu/food/plant/docs/sc_phyto_20160606_pppl_agenda.pdf. 5 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates, ABl. 2009, L 309/1, konsolidierte Fassung abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02009R1107-20140630&qid=1464769780131&from=DE. 6 Durchführungsverordnung (EU) 2015/1885 der Kommission vom 20. Oktober 2015 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Dauer der Genehmigung für die Wirkstoffe […] Glyphosat, […], ABL. 2015, L 276/48 („gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates, insbesondere auf Artikel 17 Absatz 1”). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 100/16 Seite 6 eine Entscheidung über ihre Erneuerung getroffen werden kann. Es ist somit erforderlich, die Laufzeit ihrer Genehmigung zu verlängern.” Nach verschiedenen Presseberichten hat es den Anschein , als würde die erneute (dritte) Verlängerung der Glyphosatgenehmigung mit der Tatsache zusammenhängen, dass bei der Europäischen Chemikalienagentur (European Chemicals Agency – ECHA) eine Einstufung von Glyphosat nach den EU-Vorschriften beantragt worden ist.7 Es kam bei der Sitzung des SCPAFF am 6. Juni 2016 laut Presseberichten zu keinem Ergebnis über den Vorschlag der Kommission zur Genehmigungsverlängerung.8 Am 24. Juni 2016 traf sich der Berufungsausschuss. Ausweislich der Tagesordnung ging es auch in dieser Ausschusssitzung um eine Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat nach Art. 17 PflanzenschutzVO („Exchange of views and possible opinion of the Committee on a draft Commission Implementing Regulation amending Implementing Regulation (EU) No 540/2011 as regards the extension of the approval period of the active substance glyphosate. […] Legal Basis: Article 17 of Regulation (EC) No. 1107/2009.“).9 Auch im Berufungsausschuss gab es Presseberichten zufolge für den Vorschlag der Kommission zur Verlängerung der bisherigen Genehmigung von Glyphosat keine qualifizierte Mehrheit.10 3. Vorgehen der Kommission Am 29. Juni 2016 hat die Kommission nunmehr erklärt, die Verordnung zur Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat selbst zu erlassen.11 – Fachbereich Europa – 7 Beispielsweise: Awater-Esper, Glyphosat: Ausstiegsszenario rückt näher, Top agrar online vom 24.5.2016, abrufbar unter http://www.topagrar.com/news/Acker-Agrarwetter-Ackernews-Glyphosat-Ausstiegszenario-ruecktnaeher -3453122.html; Glyphosat soll noch mindestens ein Jahr erlaubt sein, Zeit online vom 1.6.2016, abrufbar unter http://www.zeit.de/politik/2016-06/glyphosat-zulassung-juni-verlaengerung-eu-kommission. 8 EU-Staaten finden keine Einigung im Glyphosat-Streit, Reuters vom 6.6.2016, abrufbar unter http://de.reuters .com/article/eu-glyphosat-idDEKCN0YS0YK . 9 http://ec.europa.eu/dgs/health_food-safety/dgs_consultations/docs/dgs-cons_phyto_20160624_en.pdf. 10 EU-Kommission will Glyphosat-Zulassung für 18 Monate verlängern, Süddeutsche.de vom 28.2.2016, abrufbar unter http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/pflanzengift-eu-kommission-will-glyphosat-zulassung-fuer-monate -verlaengern-1.3055554. 11 EU-Kommission verlängert Glyphosat-Zulassung, Zeit online vom 29.6.2016, abrufbar unter http://www.zeit.de/wissen/2016-06/eu-kommission-verlaengert-glyphosat-zulassung.