© 2018 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 99/18 „Labor clauses“ in Handelsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 2 „Labor clauses“ in Handelsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 99/18 Abschluss der Arbeit: 13. Juli 2018 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung und Einleitung 5 2. Südkorea 6 2.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 7 2.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 7 3. Moldau 8 3.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 8 3.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 9 4. Georgien 9 4.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 9 4.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 9 5. Ukraine 9 5.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 10 5.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 10 6. Kolumbien, Peru und Ecuador 10 6.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 11 6.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 11 7. Zentralamerika 11 7.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 12 7.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 12 8. SADC-WPA-Staaten 13 8.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 13 8.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 13 9. Kanada 13 9.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 13 9.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 14 10. Vietnam 14 10.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 15 10.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 15 11. Japan 15 11.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 15 11.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung 16 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 4 12. Singapur 16 12.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels 16 12.2. Möglichkeiten der Durchsetzung 17 13. Vorgaben zum Umwelt- und Arbeitsschutz in weiteren Handelsabkommen der EU 17 14. Nachweisliche Effekte der Sozialkapitel 18 14.1. Effekte auf den Handel 18 14.2. Effekte auf die Arbeitsbedingungen und die Umwelt 19 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 5 1. Fragestellung und Einleitung Der Fachbereich wurde ersucht, eine Darstellung der in den Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten enthaltenen „labor clauses“ anzufertigen. „Labor clauses“ werden von Stimmen in der Literatur definiert als Regelungen in Handelsabkommen, die es den Vertragsstaaten erlauben, ihre Handelspartner für die Nichteinhaltung gewisser Standards, wobei es sich neben Arbeits- auch oft um Umweltstandards handelt, zu sanktionieren.1 Es werden darunter aber auch alle Bestimmungen verstanden, die sich auf Mindestarbeitsbedingungen und Mechanismen zur Überwachung oder Förderung der Einhaltung dieser Bedingungen beziehen.2 Die nachfolgende Darstellung untersucht die Ausgestaltung der Kapitel in den Handelsabkommen der Europäischen Union mit Drittstaaten, die sich mit dem Umwelt- und Arbeitsschutz befassen (sogenannte Sozialkapitel). Dabei werden sowohl der materielle Inhalt der Sozialkapitel als auch deren Durchsetzbarkeit im Überblick dargestellt. Anschließend wird auf Studien zu dem nachweislichen Effekt von Sozialkapiteln eingegangen. Sozialkapitel finden sich unter anderen im Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Südkorea (EUKFTA)3, vgl. Kapitel 13 „Handel und nachhaltige Entwicklung“, und in den Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit Moldau (EU-Moldau-Abkommen)4, Georgien (EU-Georgien-Abkommen)5 und der Ukraine (EU-Ukraine-Abkommen)6, vgl. dort ebenfalls jeweils Kapitel 13 „Handel und nachhaltige Entwicklung“. Darüber hinaus finden sich gleich betitelte Kapitel in den vorläufig angewandten Abkommen der Europäischen Union mit Kolumbien und Peru (EU-Kolumbien-Peru-Abkommen)7, dem Ecuador nachträglich beigetreten 1 Kamata, Regional Trade Agreements with Labor Clauses: Effects on labor standards and trade, RIEITI 2014, abrufbar unter: https://www.rieti.go.jp/jp/publications/dp/14e012.pdf, S. 1. 2 International Labour Organization, Labour provisions in trade agreements don’t hurt business: http://www.ilo.org/global/about-the-ilo/newsroom/news/WCMS_499348/lang--en/index.htm#1. 3 Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits, ABl. EU 2011, Nr. L 127/6, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2011:127:FULL&from=EN. 4 Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits, ABl. EU 2014, Nr. L 260/4, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:22014A0830(01)&qid=1464858237778&from=DE. 5 Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Georgien andererseits, ABl. EU 2014, Nr. L 261/ 4, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:22014A0830(02)&qid=1464858415024&from=DE. 6 Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits, ABl. EU 2014, Nr. L 161/3, abrufbar unter: http://publications.europa.eu/resource/cellar /e84cb21c-e6e0-11e3-8cd4-01aa75ed71a1.0004.01/DOC_1. 7 Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Kolumbien und Peru andererseits, ABl. EU 2012, Nr. L 354/3, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2012:354:FULL&from=DE, vorläufige Anwendung seit dem 01.03.2013: http://www.consilium.europa.eu/de/documents-publications/treaties-agreements/agreement/?id=2011057. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 6 ist,8 vgl. Titel IX, mit Zentralamerika (EU-Zentralamerika-Abkommen)9, vgl. Teil IV, Titel VIII, und mit den SADC-WPA-Staaten (EPA)10, vgl. Teil I, Kapitel II. Zu den SADC-WPA-Staaten gehören die Republik Botsuana, das Königreich Lesotho, die Republik Mosambik, die Republik Namibia , die Republik Südafrika und das Königreich Swasiland. Das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA)11 enthält die Kapitel 22 zu „Handel und nachhaltige Entwicklung“, 23 zu „Handel und Arbeit“ und 24 zu „Handel und Umwelt“. Schließlich enthalten auch die nach Abschluss der Verhandlungen veröffentlichten Texte12 der Abkommen der Europäischen Union mit Vietnam (EU-Vietnam-Abkommen)13, Japan (JEFTA)14 und Singapur (EUSFTA)15 Kapitel zu Handel und nachhaltiger Entwicklung, vgl. jeweils Kapitel 15, 16 und zwölf in den Abkommen. 2. Südkorea Ziel des Kapitels 13 des EUKFTA ist nach dessen Art. 13.1 Abs. 1 die Förderung der Entwicklung des internationalen Handels in einer Form, die das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung näher bringt. Zu den Komponenten einer nachhaltigen Entwicklung gehören gemäß Art. 13.1 Abs. 2 des 8 Beschluss (EU) 2016/2369 des Rates vom 11. November 2016 über die Unterzeichnung - im Namen der Union - und die vorläufige Anwendung des Beitrittsprotokolls zum Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Kolumbien und Peru andererseits betreffend den Beitritt Ecuadors , ABl. EU 2016, Nr. L 356/1, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016D2369&qid=1531238169733&from=DE. 9 Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Zentralamerika andererseits, ABl. EU 2012 Nr. L 346/3, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2012:346:FULL&from=DE, vorläufige Anwendung seit dem 01.08.2013: http://www.consilium.europa.eu/de/documents-publications/treaties-agreements/agreement/?id=2012001. 10 Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Migliedstaaten einerseits und den SADC-WPA-Staaten andererseits, ABl. EU 2016, Nr. L 250/3, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2016:250:FULL&from=DE, vorläufige Anwendung seit dem 10.10.2016: http://www.consilium.europa.eu/de/documents-publications/treaties-agreements/agreement/?id=2016020 11 Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits, ABl. EU 2017, Nr. L 11/23, abrufbar unter: https://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2017:011:FULL&from=DE, vorläufige Anwendung seit dem 21.09.2017: http://www.consilium.europa.eu/de/documents-publications/treaties-agreements/agreement /?id=2016017. 12 Die Verhandlungen zu den Abkommen der Europäischen Union mit Vietnam, Japan und Singapur sind abgeschlossen , die Abkommen wurden aber noch nicht ratifiziert: http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-andregions /countries/vietnam/ (Vietnam), http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-and-regions/countries/japan/ (Japan), http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-and-regions/countries/singapore/ (Singapur). 13 European Commission, EU-Vietnam Free Trade Agreement: Agreed text as of January 2016, http://trade.ec.europa .eu/doclib/press/index.cfm?id=1437. 14 Abkommen zwischen der Europäischen Union und Japan über eine Wirtschaftspartnerschaft, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52018PC0193&qid=1530690285526&from=DE. 15 Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:c6f1c3e3-42ef-11e8-b5fe-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_2&format =PDF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 7 EUKFTA die wirtschaftliche und soziale Entwicklung und der Umweltschutz. Die Regelungen des Kapitels haben dabei nicht das Ziel, das Arbeits- oder Umweltrecht der Vertragsparteien zu harmonisieren. Die Vertragsparteien behalten sich vielmehr das Recht vor, über ihre eigenen Umwelt - und Arbeitsschutzniveaus zu bestimmen, vgl. Art. 13.1 Abs. 3 und Art. 13.3 des EUKFTA. Art. 13.2 Abs. 2 des EUKFTA betont ausdrücklich, dass Umwelt- und Arbeitsnormen nicht für protektionistische Zwecke genutzt und die komparativen Vorteile der Vertragsparteien nicht in Frage gestellt werden sollten. 2.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Bezüglich des Arbeitsschutzes verpflichten sich die Vertragsparteien des EUKFTA insbesondere unter Verweis auf ihre Verpflichtungen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und auf die Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und ihre Folgemaßnahmen, bestimmte Prinzipien bezüglich der Grundrechte am Arbeitsplatz zu respektieren , zu fördern und wirksam umzusetzen, vgl. Art. 13.4 Abs. 3 des EUKFTA. Diese Prinzipien sind: die Vereinigungsfreiheit und effektive Anerkennung des Rechts zu Kollektivverhandlungen, die Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit, die effektive Abschaffung der Kinderarbeit und die Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf. Des Weiteren verpflichten sich die Vertragsparteien in dieser Vorschrift, die von ihnen ratifizierten IAO-Übereinkommen wirksam umzusetzen. Im Bereich des Umweltschutzes legt Art. 13.5 Abs. 2 des EUKFTA fest, dass die Vertragsparteien die multilateralen Umweltübereinkünfte, deren Vertragsparteien sie sind, auf nationaler Ebene umsetzen. Weiterhin finden sich in dem Kapitel allgemeine Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in klimafreundliche Waren und Dienstleistungen und zur Förderung der freiwilligen Übernahme von sozialer Verantwortung durch Unternehmen, vgl. Art. 13.6. Abs. 2 des EUKFTA. Zur Aufrechterhaltung des im jeweiligen Recht der Vertragsparteien garantierten Schutzniveaus bestimmt Art. 13.7 des EUKFTA schließlich, dass eine Vertragspartei es nicht unterlässt, ihr Umwelt - und Arbeitsrecht in einer Weise wirksam durchzusetzen, die den Handel oder die Investitionen zwischen den Vertragsparteien beeinflusst. Auch mindert oder reduziert eine Vertragspartei nicht das in ihrem jeweiligen Recht garantierte Umwelt- oder Arbeitsschutzniveau, um Handel oder Investitionen zu fördern. Die Vertragsparteien sehen also nicht in einer den Handel oder die Investitionen zwischen den Vertragsparteien beeinflussenden Weise von der Anwendung ihrer Gesetze, sonstigen Vorschriften oder Normen ab oder weichen von ihnen ab oder sehen diese Möglichkeiten vor. 2.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Nach Art. 13.12 Abs. 2 und 3 des EUKFTA wird ein Sonderausschuss „Handel und nachhaltige Entwicklung“ eingesetzt, um die Durchführung des Kapitels zu überprüfen. Art. 13.16 bestimmt, dass für Fragen, die sich aus diesem Kapitel ergeben, nur die in Art. 13.14 und 13.15 vorgesehenen Verfahren (Konsultationen auf Regierungsebene und Prüfung durch eine Sachverständigengruppe ) zur Verfügung stehen. Die in Kapitel 14 „Streitbeilegung“ geregelten Mechanismen können somit nicht zur Durchsetzung der Vorschriften des Kapitels 13 herangezogen werden. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 8 3. Moldau Ziel des Kapitels „Handel und nachhaltige Entwicklung“ des EU-Moldau-Abkommens ist ebenfalls die Förderung der Entwicklung des internationalen Handels auf eine Weise, die dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung dient, vgl. Art. 363 Abs. 1 des Abkommens. Auch dieses Sozialkapitel sichert in seinem Art. 364 Abs. 1 den Vertragsparteien das Recht zu, ihre eigenen internen Umwelt- und Arbeitsschutzniveaus zu bestimmen. Es findet also keine Harmonisierung der Arbeits - und Umweltschutzniveaus statt. 3.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Die Vertragsparteien verpflichten sich in Art. 365 Abs. 2 des Abkommens, ebenfalls unter Verweis auf ihre Verpflichtungen als IAO-Mitglieder und auf die Erklärung der IAO von 1998 über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und ihre Folgemaßnahmen, die international anerkannten, in den grundlegenden IAO-Übereinkommen verankerten Kernarbeitsnormen zu achten, zu fördern und umzusetzen. Dabei werden die Prinzipien, die schon im EUKFTA genannt wurden (Vereinigungsfreiheit und effektive Anerkennung des Rechts zu Kollektivverhandlungen , Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit, effektive Abschaffung der Kinderarbeit und Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf), auch im EU-Moldau- Abkommen hervorgehoben. Weiterhin bekräftigen die Parteien ihre Zusage, die Kernübereinkommen , die vorrangigen und die anderen IAO-Übereinkommen, die jeweils von ihnen ratifiziert wurden, wirksam umzusetzen, vgl. Art. 365 Abs. 3 des Abkommens. Gemäß Art. 365 Abs. 4 ziehen sie ferner die Ratifizierung der verbleibenden vorrangigen und anderer vor der IAO als aktuell eingestuften Übereinkommen in Betracht und tauschen diesbezüglich Informationen aus. Art. 365 Abs. 5 enthält - anders als das EUKFTA - nicht nur den Appel, sondern das Verbot, arbeitsrechtliche Standards zu protektionistischen Zwecken zu verwenden. Für umweltrechtliche Standards findet sich eine solche Regelung nicht. In diesem Bereich bekräftigen die Vertragsparteien ihre Zusage, die multilateralen Umweltübereinkommen, deren Vertragsparteien sie sind, wirksam umzusetzen, vgl. Art. 366 Abs. 2 des EU-Moldau-Abkommens. Das EU-Moldau-Abkommen normiert in seinem Art. 372 das Vorsorgeprinzip und ermöglicht so die Einführung von Schutzmaßnahmen, um bestehende und potenzielle Gefahren zu vermeiden, selbst wenn keine vollständige wissenschaftliche Sicherheit besteht.16 In seinem Art. 367 enthält das EU-Moldau-Abkommen allgemeine Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen, vgl. lit. b), und zur Übernahme von sozialer Verantwortung durch Unternehmen, vgl. lit. e). In Art. 371 des Abkommens erkennen die Parteien an, dass es unangemessen ist, Handel oder Investitionen durch Senkung der in ihrem internen Umwelt- oder Arbeitsrecht garantierten Schutzniveaus zu fördern. Daher werden sie keine Befreiungen oder Abweichungen von ihrem Umwelt- 16 Vgl. Chambers et al., Free Trade Agreement between the EU and the Republic of Singapore - Analysis, 2018, abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes /STUD/2018/603864/EXPO_STU(2018)603864_EN.pdf, S. 32 für eine Erläuterung des Vorsorgeprinzips. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 9 oder Arbeitsrecht gewähren oder anbieten, um Handel und Investitionen zu fördern, und ihr Umwelt - und Arbeitsrecht auch nicht zu diesem Zweck unterlaufen. 3.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Gemäß Art. 376 Abs. 2 und 3 des Abkommens wird ein Unterausschuss für Handel und nachhaltige Entwicklung eingesetzt, um die Durchführung des Kapitels 13 zu überprüfen. Für Meinungsverschiedenheiten der Vertragsparteien mit Bezug zu Kapitel 13 stehen Konsultationen auf Regierungsebene, vgl. Art. 378 des Abkommens, und eine Prüfung durch ein Sachverständigenpanel , vgl. Art. 379 des Abkommens, zur Verfügung. Da nach Art. 378 Abs. 1 des Abkommens für Fragen, die sich aus Kapitel 13 ergeben, ausschließlich Verfahren nach Art. 378 und 379 des Abkommens in Anspruch genommen werden können, können die Vertragsparteien diesbezüglich nicht auf die Maßnahmen des Kapitels 14 „Streitbeilegung“ zurückgreifen. 4. Georgien Die Vorschriften zu den Zielen und zum Regelungsrecht der Vertragsparteien im EU-Georgien- Abkommen, Art. 227 und 228, stimmen mit denen des EU-Moldau-Abkommens im Wortlaut überein. 4.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Auch die inhaltlichen Vorgaben zum Umwelt- und Arbeitsschutz, Art. 229 ff. des EU-Georgen- Abkommens, entsprechen denen im EU-Moldau-Abkommen. Insbesondere enthält auch Art. 229 Abs. 5 des EU-Moldau-Abkommens das Verbot der Verwendung arbeitsrechtlicher Standards zu protektionistischen Zwecken. 4.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Wie die inhaltlichen Vorgaben entsprechen auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben in Kapitel 13 des Abkommens denen des EU-Moldau-Abkommens. Art. 242 und 243 des EU-Georgien-Abkommens regeln ein entsprechendes Streitbeilegungsverfahren durch Regierungskonsultationen bzw. ein Sachverständigenpanel. Die Inanspruchnahme von den im Kapitel „Streitbeilegung“ geregelten Mechanismen ist auch für Fragen, die sich aus dem Sozialkapitel des EU-Georgien-Abkommens ergeben, nach Art. 242 Abs. 1 des Abkommens ausgeschlossen. 5. Ukraine Ziel des Kapitels 13 des EU-Ukraine-Abkommens ist wie schon bei den Abkommen der Europäischen Union mit Südkorea, Moldau und Georgien die Förderung der Entwicklung des internationalen Handels auf eine Weise, die zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung beiträgt, vgl. Art. 289 Abs. 1 des Abkommens. Art. 290 Abs. 1 des Abkommens enthält die Anerkennung des Rechts der Vertragsparteien auf die Festlegung und Regelung ihres internen Umweltschutz- und Arbeitsschutzniveaus und stellt somit klar, dass das Kapitel diese Schutzniveaus nicht harmonisiert. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 10 5.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels In Art. 291 Abs. 2 des EU-Ukraine-Abkommens verpflichten sich die Vertragsparteien zunächst zur Umsetzung der vier international anerkannten Prinzipien, zu deren Umsetzung sich auch die jeweiligen Vertragsparteien des EUKFTA, des EU-Moldau-Abkommens und des EU-Georgien-Abkommens verpflichtet haben. Im Hinblick auf den Schutz von Arbeitnehmern bekräftigen die Parteien ferner ihre Zusage, die von ihnen ratifizierten vorrangigen IAO-Kernübereinkommen und die IAO-Erklärung von 1998 über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit wirksam umzusetzen, vgl. Art. 291 Abs. 3 S. 1 des EU-Ukraine-Abkommens. Schließlich ziehen sie nach Art. 291 Abs. 3 S. 2 des Abkommens außerdem die Ratifizierung und Umsetzung anderer, von der IAO als aktuell eingestufter Übereinkommen in Betracht. Art. 291 Abs. 4 des Abkommens beinhaltet den Appell, Arbeitsnormen nicht für protektionistische Zwecke zu nutzen. Für Umweltnormen findet sich ein solcher Appell in dem Abkommen nicht. Art. 291 Abs. 4 des Abkommens hält darüber hinaus fest, dass die komparativen Vorteile der Vertragsparteien keineswegs in Frage gestellt werden sollten. Bezüglich der Umweltnormen verpflichten sich die Vertragsparteien zur Umsetzung der multilateralen Umweltabkommen, deren Vertragsparteien sie sind, vgl. Art. 292 Abs. 2 des EU-Ukraine-Abkommens. In Art. 293 Abs. 2 und 3 des Abkommens sind allgemeine Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen und zur Förderung der Übernahme sozialer Verantwortung durch Unternehmen enthalten. Art. 296 des Abkommens soll das in dem jeweiligen Recht der Vertragsparteien garantierte Umwelt - und Arbeitsschutzniveau mit einer mit Art. 13.7 EUKFTA gleichlautenden Regelung aufrechterhalten . 5.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Nach Art. 300 Abs. 1 des Abkommens wird ein Unterausschuss für Handel und nachhaltige Entwicklung eingesetzt, der die Umsetzung des Kapitels 13 überwacht und in gutem Glauben jegliches Problem, das sich aus der Anwendung des Kapitels ergibt, erörtert. Gemäß Art. 300 Abs. 3 des Abkommens können auch die Vertragsparteien die Fortschritte bei der Um- und Durchsetzung der unter Kapitel 13 fallenden Maßnahmen überwachen. Für Meinungsverschiedenheiten der Vertragsparteien stehen Konsultationen auf Regierungsebene, Art. 300 Abs. 4 des Abkommens , und die Prüfung durch eine Sachverständigengruppe, Art. 301 des Abkommens, zur Verfügung . Art. 300 Abs. 7 des Abkommens schließt andere Möglichkeiten, Konflikte im Bereich des Kapitels 13 zu lösen, aus. Für Fragen, die sich aus diesem Kapitel ergeben, nehmen die Vertragsparteien ausschließlich die in den Art. 300 und 301 vorgesehenen Verfahren in Anspruch. 6. Kolumbien, Peru und Ecuador Titel IX des EU-Kolumbien-Peru-Abkommens hat die Förderung und Stärkung des Arbeits- und Umweltschutzes in den Handelsbeziehungen der Vertragsparteien zum Ziel, vgl. Art. 267 des Abkommens . Wie in den bereits erörterten Abkommen haben auch die Regelungen dieses Abkommens dabei nicht das Ziel, die Arbeits- und Umweltschutzniveaus der Vertragsparteien zu harmonisieren , sondern die Vertragsparteien behalten sich das Recht vor, über ihre eigenen Umweltund Arbeitsschutzniveaus zu bestimmen, vgl. Art. 268 des EU-Kolumbien-Peru-Abkommens. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 11 6.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Im Hinblick auf den Arbeitsschutz verpflichten sich die Vertragsparteien in Art. 269 Abs. 3 in ihrem gesamten Gebiet die international anerkannten arbeitsrechtlichen Mindestnormen, die in den grundlegenden Übereinkommen der IAO festgelegt sind (wobei es sich um die bereits genannten vier Prinzipien handelt), zu fördern und wirksam umzusetzen. Eine Verpflichtung zur Umsetzung der von den Parteien ratifizierten IAO-Abkommen, wie sie im Freihandelsabkommen mit Südkorea enthalten ist, fehlt im EU-Kolumbien-Peru-Abkommen. Stattdessen sieht Art. 269 Abs. 4 des Abkommens einen Informationsaustausch über die Umsetzung der Standards und den Stand der Ratifikation zentraler IAO-Übereinkommen vor. Im Bereich der Umweltnormen zählt das EU-Kolumbien-Peru-Abkommen in seinem Art. 270 Abs. 2 multilaterale Abkommen auf, für die die Vertragsparteien ihre Zusage, diese wirksam umzusetzen, bekräftigen. Das EU-Kolumbien-Peru-Abkommen normiert, wie die Abkommen der EU mit Moldau und Georgien , das Vorsorgeprinzip, vgl. Art. 278. In Art. 271 Abs. 2 und 3 des EU-Kolumbien-Peru-Abkommens finden sich allgemeine Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in klimafreundliche Waren und Dienstleistungen und zur Förderung der freiwilligen Übernahme von sozialer Verantwortung durch Unternehmen. Art. 277 Abs. 1 des Abkommens gibt schließlich vor, dass die Vertragsparteien den Handel oder die Investitionstätigkeit nicht dadurch fördern, dass sie das in ihrem Umwelt- und Arbeitsrecht garantierte Schutzniveau reduzieren. Nach Art. 277 Abs. 2 des Abkommens unterlassen es die Vertragsparteien nicht, ihr Umwelt- und Arbeitsrecht in einer Weise durchzusetzen, die den Handel oder die Investitionstätigkeit zwischen den Vertragsparteien beeinflusst. 6.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Art. 280 Abs. 2 des Abkommens normiert einen gemeinsamen Überwachungsmechanismus der Vertragsparteien in Form eines Unterausschusses „Handel und nachhaltige Entwicklung”. Dieser Unterausschuss soll die Durchführung des Titels „Handel und nachhaltige Entwicklung“ überwachen und Fragen von gemeinsamem Interesse im Zusammenhang mit diesem Titel erörtern, vgl. Art. 280 Abs. 4 des EU-Kolumbien-Peru-Abkommens. Bei Meinungsverschiedenheiten über Bestimmungen des Kapitels sehen die Art. 283 ff. des EU- Peru-Kolumbien-Abkommens Konsultationen auf Regierungsebene und die Prüfung durch eine Sachverständigengruppe vor. Die Streitbeilegung nach Titel XII des Abkommens findet gemäß Art. 285 Abs. 5 des Abkommens auf den Titel „Handel und nachhaltige Entwicklung“ keine Anwendung . 7. Zentralamerika Ziel des Titels VIII in Teil IV des EU-Zentralamerika-Abkommens ist es, die Entwicklung des internationalen Handels auf eine Weise zu fördern, die zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung beiträgt , deren Säulen die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie der Umweltschutz sind, vgl. Art. 284 Abs. 1 und 2 des Abkommens. Auch hier haben die Regelungen dieses Titels nicht das Ziel, die Umwelt- und Arbeitsschutzniveaus der Vertragsparteien zu harmonisieren, sondern Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 12 die Vertragsparteien behalten sich das Recht vor, über ihre eigenen Umwelt- und Arbeitsschutzniveaus zu bestimmen, vgl. Art. 285 Abs. 1 des EU-Zentralamerika-Abkommens. 7.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Bezüglich des Arbeitsschutzniveaus bekräftigen die Vertragsparteien in Art. 286 Abs. 1 UAbs. 2 des Abkommens unter Verweis auf ihre Verpflichtungen als IAO-Mitglieder ihre Entschlossenheit , die grundlegenden Rechte, die Gegenstand der Kernübereinkommen der IAO sind (wobei es sich um die bereits genannten vier Prinzipien handelt), zu achten, zu fördern und umzusetzen. In Art. 286 Abs. 2 des Abkommens bekräftigen sie überdies ihre Zusage, die nachfolgend aufgelisteten , in der IAO-Erklärung von 1998 über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit genannten Kernübereinkommen der IAO wirksam umzusetzen. Des Weiteren ist in Art. 286 Abs. 3 ein Informationsaustausch über den jeweiligen Stand und die Fortschritte hinsichtlich der Ratifizierung der übrigen IAO-Übereinkommen vorgesehen. Wie schon das EU-Ukraine-Abkommen beinhaltet Art. 286 Abs. 4 des EU-Zentralamerika-Abkommens nur den Appell, Arbeitsnormen nicht für protektionistische Zwecke geltend zu machen. Für Umweltnormen findet sich eine solche Regelung nicht. Die Vorschrift betont auch, dass der komparative Vorteil einer Vertragspartei nicht in Frage gestellt werden sollte. Im Bereich des Umweltschutzes bekräftigen die Parteien in Art. 287 Abs. 2 des Abkommens ihre Zusage, die multilateralen Umweltübereinkommen, deren Vertragsparteien sie sind, wirksam umzusetzen. Wie schon das EU-Kolumbien-Peru-Abkommen normiert auch das EU-Zentralamerika-Abkommen in seinem Art. 292 das Vorsorgeprinzip. Auch das EU-Zentralamerika-Abkommen enthält Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in klimafreundliche Waren und Dienstleistungen und zur Förderung der freiwilligen Übernahme von sozialer Verantwortung durch Unternehmen, vgl. Art. 288 Abs. 2 lit. b) und c) des Abkommens. Art. 291 des Abkommens dient der Aufrechterhaltung des in dem Umwelt- und Arbeitsrecht der Vertragsparteien garantierten Schutzniveaus. Die Vertragsparteien erkennen die Unangemessenheit der Förderung von Handel und Investitionen durch Reduzierung des in ihrem Umwelt- und Arbeitsrecht garantierten Schutzniveaus an. Sie gewähren daher keine Befreiungen oder Abweichungen von ihrem Umwelt- oder Arbeitsrecht, die den Handel beeinflussen oder Investitionen fördern und unterlassen es nicht, ihr Arbeits- und Umweltrecht in einer Weise wirksam durchzusetzen , die den Handel oder die Investitionen zwischen den Vertragsparteien beeinflusst. 7.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Gemäß Art. 294 Abs. 2 und 3 des Abkommens wird ein Ausschuss für Handel und nachhaltige Entwicklung eingerichtet, um die Durchführung des Titels VIII zu überprüfen. Für Konflikte zwischen den Vertragsparteien, die im Rahmen dieses Titels auftreten, stehen Konsultationen auf Regierungsebene , vgl. Art. 296 des Abkommens, und die Prüfung durch eine Sachverständigengruppe , vgl. Art. 297 des Abkommens, zur Verfügung. Auf die in Titel X genannten Streitbeilegungsverfahren und das in Titel XI genannte Vermittlungsverfahren für nichttarifäre Maßnahmen kann in Angelegenheiten, die unter den Titel VIII fallen, nicht zurückgegriffen werden, vgl. Art. 284 Abs. 4 des EU-Zentralamerika-Abkommens. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 13 8. SADC-WPA-Staaten Das Kapitel II „Handel und nachhaltige Entwicklung“ in Teil I des EPA umfasst lediglich sechs Artikel und ist somit verhältnismäßig kurz. Sein Ziel ist die Förderung der Entwicklung des internationalen Handels in einer Weise, die dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung mit ihren drei Säulen (Wirtschaftsentwicklung, Sozialentwicklung und Umweltschutz) gerecht wird, vgl. Art. 6 Abs. 2 des EPA. Das Kapitel soll das Arbeits- und Umweltschutzniveau der Vertragsparteien nicht harmonisieren. Die Vertragsparteien bestimmen ihre Umwelt- und Arbeitsschutzniveaus weiterhin selbst, vgl. Art. 9 Abs. 1 des EPA. 8.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Bezüglich des Arbeits- und Umweltschutzes findet sich in Art. 8 Abs. 2 des EPA das Bekenntnis der Vertragsparteien zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen in Bezug auf die multilateralen Umweltübereinkünfte und die Übereinkommen der IAO, die sie jeweils ratifiziert haben. In Art. 10 Abs. 1 des EPA bekräftigen die Vertragsparteien ihre Entschlossenheit, den Beitrag von Handel und Investitionen zum Wohle einer wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklung zu steigern. 8.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Nach Art. 6 Abs. 3 des EPA unterliegen mit Ausnahme des Art. 7 die Bestimmungen des Kapitels II nicht den Bestimmungen des Teils III, in dem Mechanismen zur Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten festgelegt sind. Somit sind im EPA keine Maßnahmen zur Durchsetzung des vereinbarten Arbeits- und Umweltschutzniveaus vorgesehen. 9. Kanada Ziel der Kapitel 22, 23 und 24 des CETA ist es, die Entwicklung des internationalen Handels in einer Weise zu fördern, die dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung gerecht wird, vgl. Art. 22.1 des CETA. Die Regelungen dieser Kapitel haben nicht das Ziel, die Arbeits- oder Umweltschutzniveaus der Vertragsparteien zu harmonisieren. Auch bei diesem Abkommen behalten die Vertragsparteien das Recht, über ihre eigenen Umwelt- und Arbeitsschutzniveaus zu bestimmen, vgl. Art 23.2 und 24.3 des CETA. 9.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Im Bereich des Arbeitsschutzes verpflichten sich die Vertragsparteien in Art. 23.3 Abs. 1 des CETA sicherzustellen, dass die vier oben in den Darstellungen der anderen Abkommen bereits erwähnten Prinzipien in ihrem Arbeitsrecht verankert und gewährleistet werden. Sie bekräftigen ihre Verpflichtung zur Achtung, Förderung und Verwirklichung dieser Prinzipien und Rechte unter Berufung auf die Verpflichtungen der Mitglieder der IAO und auf die Verpflichtungen im Rahmen der Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und ihre Folgemaßnahmen. Des Weiteren stellt jede Vertragspartei gemäß Art. 23.3 Abs. 2 im Einklang mit der Erklärung der IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung von 2008 sowie mit anderen internationalen Verpflichtungen sicher, dass ihr Arbeitsrecht und ihre arbeitsrechtliche Praxis die Verwirklichung der in der IAO-Agenda für menschenwürdige Arbeit niedergelegten Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 14 Ziele fördern. Schließlich verpflichten sich die Vertragsparteien, die von ihnen ratifizierten IAO- Übereinkommen wirksam umzusetzen, vgl. Art. 23.3 Abs. 4 des CETA. Im Bereich der Umweltnormen legt Art. 24.4 Abs. 2 des CETA fest, dass die Vertragsparteien die multilateralen Umweltübereinkünfte , deren Vertragsparteien sie sind, auf nationaler Ebene umsetzen. Wie bereits in den Abkommen der EU mit Moldau, Georgien, Kolumbien und Peru sowie Zentralamerika wird in Art. 23.3 Abs. 3 und Art. 24.8 des CETA das Vorsorgeprinzip normiert. CETA enthält neben den erwähnten Verweisen auf internationale Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen allgemeine Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in klimafreundliche Waren und Dienstleistungen, vgl. Art. 24.9. des CETA und zur Förderung der freiwilligen Übernahme von sozialer Verantwortung durch Unternehmen, vgl. Art. 22.3. Abs. 2 des CETA. In Art. 23.4 des CETA sind Regelungen zur Aufrechterhaltung des im Arbeits- und Umweltrecht der Vertragsparteien garantierten Schutzniveaus enthalten. Die Vertragsparteien erkennen die Unangemessenheit der Förderung von Handel oder Investitionen durch Absenkung des garantierten Schutzniveaus an und schließen den Verzicht auf die Anwendung ihres Arbeitsrechts und die Abweichung von ihm in der Absicht, Handel oder Investitionen in ihrem jeweiligen Gebiet zu fördern, aus. Art. 24.5 des CETA enthält gleichlautende Vorgaben für den Bereich des Umweltrechts . 9.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Nach Art, 23.8 Abs. 3 und Art. 24.13 Abs. 3 des CETA wird ein Sonderausschuss für Handel und nachhaltige Entwicklung eingerichtet, der die Durchführung der Sozialkapitel überwacht. Bei Fragen oder Meinungsverschiedenheiten, die sich aus den Kapiteln 22, 23 und 24 des CETA ergeben, können die Vertragsparteien als ersten Schritt Regierungskonsultationen einleiten, vgl. Art. 23.9 und 24.14 des CETA. Bleibt die Konsultation erfolglos, kann zur Streitbeilegung gemäß Art. 23.10 bzw. Art. 24.15 des CETA eine Sachverständigengruppe eingesetzt werden, die in einem öffentlichen Bericht Empfehlungen zur Lösung der strittigen Angelegenheit ausspricht. Gemäß Art. 23.11 bzw. Art. 24.16 des CETA nehmen die Vertragsparteien – im Falle von Streitigkeiten , die sich im Zusammenhang mit diesen Kapiteln ergeben – nur die in dem jeweiligen Kapitel vorgesehenen Vorschriften und Verfahren in Anspruch. 10. Vietnam Ziel des Kapitels 15 des EU-Vietnam-Abkommens ist die Förderung der Entwicklung des internationalen Handels in einer Weise, die dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung dient, deren Säulen die wirtschaftliche und soziale Entwicklung und der Umweltschutz sind, vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 des Kapitels. Dabei sollen auch im EU-Vietnam-Abkommen die Arbeits- und Umweltschutzniveaus der Vertragsparteien nicht harmonisiert werden, vgl. Art. 2 Abs. 1 des Kapitels. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 15 10.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Bezüglich des Arbeitsschutzes enthält Art. 3 Abs. 2 des Kapitels die gleiche Verpflichtung wie Art. 13.4 Abs. 3 des EUKFTA zur Respektierung, Förderung und Umsetzung bestimmter Prinzipien bezüglich der grundlegenden Rechte am Arbeitsplatz. Des Weiteren verpflichten sich die Vertragsparteien jeweils, die von ihnen ratifizierten IAO-Übereinkommen wirksam umzusetzen, vgl. Art. 3 Abs. 5 des Kapitels. Wie im EU-Ukraine-Abkommen und im EU-Zentralamerika-Abkommen findet sich der Appell zur Nichtgeltendmachung für protektionistische Zwecke in Art. 3 Abs. 6 des Kapitels nur für Arbeitsnormen. Im Bereich des Umweltschutzes verpflichten sich die Vertragsparteien in Art. 4 Abs. 2 des Kapitels die multilateralen Umweltabkommen, dessen Vertragsparteien sie sind, umzusetzen. Das Kapitel 15 des EU-Vietnam-Abkommens normiert in seinem Art. 11 das Vorsorgeprinzip. Ferner enthält das Kapitel 15 des EU-Vietnam-Abkommens Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in klimafreundliche Waren und Dienstleistungen, vgl. Art. 9 lit. b), und zur Förderung der freiwilligen Übernahme von sozialer Verantwortung durch Unternehmen, vgl. Art. 9 lit. e) des Kapitels. In Art. 10 des Kapitels erkennen die Vertragsparteien an, dass es unangemessen ist, Handel oder Investitionen dadurch zu fördern, dass das in ihrem nationalen Arbeits- und Umweltrecht garantierte Schutzniveau aufgeweicht oder abgesenkt wird. Sie verzichten daher nicht auf die Anwendung ihres Arbeits- und Umweltrechts, weichen nicht davon ab und bieten dies auch nicht in der Absicht an, Handel oder Investitionen in ihrem jeweiligen Gebiet zu fördern. 10.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Art. 15 Abs. 2 des Kapitels sieht vor, dass die Vertragsparteien einen Fachausschuss für Handel und nachhaltige Entwicklung einrichten, der die Umsetzung des Sozialkapitels überwacht. Für Meinungsverschiedenheiten bezüglich dieses Kapitels stehen den Vertragsparteien nur Regierungskonsultationen und eine Sachverständigengruppe zur Verfügung, Art. 16 Abs. 1 des Kapitels 15 des EU-Vietnam-Abkommens. 11. Japan Kapitel 16 des JEFTA hat nach seinem Art. 16.1 Abs. 1 und 2 das Ziel, die Entwicklung des internationalen Handels in einer Weise zu fördern, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt, deren Komponenten wirtschaftliche Entwicklung, soziale Entwicklung und Umweltschutz sind. Wie auch die anderen Abkommen regelt JEFTA in seinem Art. 16.2 Abs. 1, dass Umwelt- und Arbeitsschutzniveaus der Vertragsparteien nicht harmonisiert werden, sondern die Vertragsparteien ihr jeweiliges Schutzniveau selbst festlegen. 11.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels In Art. 16.3 Abs. 2 des JEFTA verpflichten sich die Vertragsparteien nach Bekräftigung ihrer Verpflichtungen als IAO-Mitglieder und ihrer Verpflichtungen, die sie im Zusammenhang mit der IAO-Erklärung über grundlegende Pflichten und Rechte bei der Arbeit und ihre Folgemaßnahmen eingegangen sind, die aufgelisteten international anerkannten Prinzipien, die die grundlegenden Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 16 Rechte der Arbeit betreffen, zu achten, fördern und zu verwirklichen. Die Vertragsparteien arbeiten ferner auf die Ratifizierung der grundlegenden IAO-Abkommen sowie anderer IAO-Übereinkommen , deren Ratifizierung sie für angebracht erachten, hin und tauschen diesbezüglich Informationen untereinander aus, vgl. Art. 16.3 Abs. 3 und 4 des JEFTA. Gemäß Art. 16.3 Abs. 5 des JEFTA setzen die Vertragsparteien die von ihnen ratifizierten IAO-Übereinkommen um. Art. 16.3 Abs. 6 des JEFTA enthält den Appell, Arbeitsnormen nicht für protektionistische Handelsziele einzusetzen. Im Bereich des Umweltschutzes verpflichten sich die Parteien zur Umsetzung der multilateralen Umweltübereinkünfte, die sie unterzeichnet haben, vgl. Art. 16.4 Abs. 2 des JEFTA. Art. 16.9 des JEFTA hält die Anwendung des Vorsorgeprinzips fest, dem die Vertragsparteien Rechnung zu tragen haben. Wie auch die anderen erörterten Abkommen enthält JEFTA Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in umweltfreundliche Waren und Dienstleistungen und der Übernahme von sozialer Verantwortung durch Unternehmen, vgl. Art. 16.5 lit. b) und e) des JEFTA. Schließlich enthält Art. 16.2 Abs. 2 des JEFTA Bestimmungen zur Aufrechterhaltung des von den Vertragsparteien in ihrem Arbeits- und Umweltrecht garantierten Schutzniveaus. 11.2. Möglichkeiten zur Durchsetzung Nach Art. 16.13 Abs. 1 des JEFTA wird ein Ausschuss „Handel und nachhaltige Entwicklung“ eingesetzt, der für die wirksame Umsetzung und Anwendung des Kapitels 16 verantwortlich ist. Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Regeln des Kapitels werden im Wege der Regierungskonsultationen oder durch Prüfung durch eine Sachverständigengruppe gelöst, vgl. Art. 16.17 und 16.18 des JEFTA. Die Bestimmungen des Kapitels 16 des JEFTA unterliegen nicht der Streitbeilegung nach Kapitel 21, vgl. Art. 16.17 Abs. 1 S. 2 des JEFTA. 12. Singapur Das Kapitel zwölf des EUSFTA verpflichtet die Vertragspartner, den internationalen Handel und die bilateralen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen der Vertragsparteien auf eine Weise weiterentwickeln und fördern, die dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung, zu deren Komponenten die wirtschaftliche und soziale Entwicklung und der Umweltschutz gehören, gerecht wird, vgl. Art. 12.1 Abs. 1 und 2 des EUSFTA. Die Regelungen des Kapitels haben nicht das Ziel, die Umweltund Arbeitsschutzniveaus der Vertragsparteien zu harmonisieren. Die Vertragsparteien behalten das Recht, über ihre eigenen Umwelt- und Arbeitsschutzniveaus zu bestimmen, vgl. Art. 12.1 Abs. 4 und 12.2 Abs. 1 des EUSFTA. Art. 12.1 Abs. 3 des EUSFTA betont, dass Umwelt- und Arbeitsnormen nicht für protektionistische Zwecke genutzt werden sollten. 12.1. Materieller Inhalt des Sozialkapitels Bezüglich des Arbeitsschutzes enthält Art. 12.3 Abs. 3 des EUSFTA die gleiche Verpflichtung zur Respektierung, Förderung und Umsetzung bestimmter Prinzipien bezüglich der Grundrechte am Arbeitsplatz wie schon Art. 13.4 Abs. 3 des EUKFTA. Des Weiteren verpflichten sich die Vertragsparteien jeweils, die von ihnen ratifizierten IAO-Übereinkommen wirksam umzusetzen, vgl. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 17 Art. 12.3 Abs. 3 des EUSFTA. Im Bereich des Umweltschutzes legt Art. 12.6 Abs. 2 des EUSFTA fest, dass die Vertragsparteien die multilateralen Umweltübereinkünfte, deren Vertragsparteien sie sind, auf nationaler Ebene umsetzen. Das EUSFTA normiert in seinem Art. 12.19 das Vorsorgeprinzip. In Art. 12.11 Abs. 1, 2 und 4 des EUSFTA finden sich allgemeine Bestimmungen zur Förderung des Handels mit und der Investitionen in klimafreundliche Waren und Dienstleistungen und zur Förderung der freiwilligen Übernahme von sozialer Verantwortung durch Unternehmen. Bestimmungen zur Aufrechterhaltung des im jeweiligen nationalen Arbeits- und Umweltrecht der Vertragsparteien garantierten Schutzniveaus finden sich in Art. 12.12 des EUSFTA. 12.2. Möglichkeiten der Durchsetzung Nach Art. 12.15 Abs. 2 des EUSFTA wird ein Rat für Handel und nachhaltige Entwicklung eingesetzt , um die Durchführung des Kapitels zu überprüfen. Konflikte zwischen den Vertragsparteien , die im Rahmen des Kapitels „Handel und nachhaltige Entwicklung“ auftreten, sollen, wenn im Wege der Konsultationen auf Regierungsebene keine zufriedenstellende Lösung gefunden wurde, gemäß Art. 12.16 f. des EUSFTA durch eine Sachverständigengruppe geprüft werden. Für Fragen, die sich aus dem Kapitel „Handel und nachhaltige Entwicklung“ ergeben, nehmen die Vertragsparteien nur die in den Art. 12.16 und 12.17 vorgesehenen Verfahren in Anspruch. 13. Vorgaben zum Umwelt- und Arbeitsschutz in weiteren Handelsabkommen der EU Für die Regelungen zum Umwelt- und Arbeitsschutz in den Abkommen der EU mit Chile17, Mexiko 18 und Südafrika19, die kein spezielles Kapitel für den Bereich „Handel und nachhaltige Entwicklung “ beinhalten, aber dennoch einige Vorgaben hierzu aufweisen, wird auf die Ausarbeitung „Umweltschutz- und Sozialstandards in den Handelsabkommen der EU“20 verwiesen. Dort 17 Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, Abl. EG 2002, Nr. L 352/3, abrufbar unter: http://eur-lex.europa .eu/resource.html?uri=cellar:1f641ed4-e709-43cc-a112-d75455ab3ecb.0014.02/DOC_1&format=PDF. 18 Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten mexikanischen Staaten andererseits, ABl. E 2000, Nr. L 276/45, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar :0e630e4b-281e-46a4-a07c-0f852a40c2e4.0016.02/DOC_1&format=PDF. 19 Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits, ABl. EG 1999, Nr. L 311/3, abrufbar unter : http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:af85d83e-1912-4f60-be9c- 287ce3743f90.0004.02/DOC_1&format=PDF; dieses Abkommen wird mit dem Inkrafttreten des EPA von ihm ersetzt: http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-and-regions/countries/south-africa/. 20 PE 6 - 3000 - 157/16, abrufbar unter: https://www.bundestag .de/blob/410056/d8a0385f3ede9a4eb0822642afd65be3/pe-6-157-16-pdf-data.pdf Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 18 finden sich auch Ausführungen zur EFTA (European Free Trade Association) und zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), zu den West-Balkan-Ländern und zum Europa-Mittelmeer-Abkommen . 14. Nachweisliche Effekte der Sozialkapitel Die Anzahl der empirischen Studien, die sich mit den Wirkungen von Sozialkapiteln in Freihandelsabkommen befassen, ist überschaubar.21 Im Folgenden soll ein erster Überblick über die Ergebnisse derartiger Studien gegeben werden. 14.1. Effekte auf den Handel Bezüglich der Auswirkungen von Sozialkapiteln auf den Handel wurde argumentiert, dass es sich bei Sozialkapiteln um versteckte Mittel des Protektionismus handele, die dem Exportvolumen von Ländern niedrigen Einkommens Schaden zufügen würden.22 Es wurde jedoch auch das Gegenteil angeführt, nämlich, dass Sozialkapitel die Produktivität von Unternehmen in Ländern mit niedrigen Einkommen ankurbeln würden, da sie so gegenüber besorgten Konsumenten in Ländern mit hohem Einkommen versichern könnten, dass ihre Produkte unter mit internationalen Standards in Einklang stehenden Arbeitsbedingungen hergestellt wurden.23 Eine Studie aus dem Jahre 2014 ergab, dass nur für das Handelswachstum von Ländern mit mittlerem Einkommen negative Auswirkungen festgestellt werden konnten, während Sozialkapitel für das Handelswachstum anderer Länder nicht von Bedeutung sind.24 Auch eine Studie der IAO aus dem Jahr 2016 konnte keinen bedeutenden Effekt von Sozialkapiteln in Handelsabkommen auf den Handel zwischen den Vertragsparteien feststellen.25 Ein Vergleich zwischen den Auswirkungen von Handelsabkommen mit und ohne Sozialkapitel auf den Handel zeigte, dass Abkommen mit Vorgaben zum Schutz der Arbeitnehmer den Wert des Han- 21 Dombois, Sozialklauseln in US-Freihandelsabkommen - ein wirksames Mittel internationaler Arbeitsregulierung ?, in: Industrielle Beziehungen: Zeitschrift für Arbeit, Organisation und Management, 2006, S. 238 ff., abrufbar unter: https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/34369/ssoar-indb-2006-3-dombois-Sozialklauseln _im_US-Freihandelsabkommen__ein.pdf?sequence=1. S. 240. 22 Bhagwati, After Seatter: free trade and the WTO, International affairs 77 (2001), S. 15 ff. 23 Brown/Dehejia/Robertson, Is there an efficiency case for international labour standards?, Better Work discussion paper series, No. 12, 2013, abrufbar unter: https://www.wto.org/english/res_e/reser _e/gtdw_e/wkshop17_e/rass_e.pdf. 24 Kamata, Regional Trade Agreements with Labor Clauses: Effects on labor standards and trade, RIETI 2014, abrufbar unter: https://www.rieti.go.jp/jp/publications/dp/14e012.pdf. 25 International Labour Organization, Assessment of labour provisions in trade and investment arrangements, 2016, abrufbar unter: http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---dgreports/---inst/documents/publication /wcms_498944.pdf. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 19 dels im Durchschnitt um 28% erhöhen, während es bei Abkommen ohne solche Vorgaben vergleichbare 26% sind. Die Studie ergab darüber hinaus, dass Vorgaben zum Schutz der Arbeitnehmer den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, vor allem für Frauen im erwerbsfähigen Alter. Eine Studie aus dem Jahr 2017 kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass im Durchschnitt kein bedeutender Effekt von Sozialkapiteln auf Handelsströme zu beobachten ist.26 Beobachtet wurde jedoch , dass sie sich positiv auf den Export von Ländern mit niedrigen Einkommen in Länder mit hohem Einkommen auswirken und dass dieser Effekt stärker ist, wenn die Kapitel von starken Kooperationsmechanismen geprägt sind. Mechanismen, die die Vorgaben zum Schutz der Arbeitnehmer gegen den Willen einer Vertragspartei durchsetzen wollen, schienen hingegen diesen positiven Effekt auf den Handel nicht zu verstärken. 14.2. Effekte auf die Arbeitsbedingungen und die Umwelt Eine Studie aus dem Jahr 2012 kam zu dem Ergebnis, dass noch nicht genügend Daten vorlägen, um festzustellen, ob der Einbezug von Vorgaben zum Schutz der Arbeitnehmer in regionalen Handelsabkommen einen Einfluss auf nationale Arbeitsmarktregulierungen hat.27 Die oben unter 14.1 bereits erwähnte Studie aus dem Jahr 2014 untersuchte den Effekt von Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer auf die Arbeitsbedingungen anhand der Variablen des Verdienstes, der Arbeitsstunden und der Betriebsunfälle. Sie kam zu dem Ergebnis, dass Freihandelsabkommen mit Vorgaben zum Schutz der Arbeitnehmer einen positiven Effekt auf den Verdienst , nicht jedoch auf die anderen Variablen, in Ländern mit mittlerem Einkommen haben. Für andere Länder konnte kein bedeutender Effekt von Sozialkapiteln festgestellt werden. Eine Studie aus dem darauffolgenden Jahr kommt zu dem Ergebnis, dass Sozialkapitel in Handelsabkommen „noch nicht“ effektiv sind um Arbeitsbedingungen beizubehalten oder zu verbessern .28 Eine Studie aus dem Jahr 2017 untersucht die Wirkung von Vorgaben zum Schutz der Arbeitnehmer in Freihandelsabkommen für die Arbeitsmarktbedingungen in den Vertragsstaaten anhand der Daten von 96 Staaten über einen Zeitraum von 1995 bis 2008. Dabei wurden folgende Variablen untersucht: Mindestlohn, Arbeitslosengeld, Renten und Abfindungszahlungen.29 Die Studie ergab, dass Abkommen mit Vorgaben zum Schutz der Arbeitnehmer im Vergleich zu Abkommen ohne solche Vorgaben einen positiven Einfluss auf das Mindestlohnniveau haben. 26 Carrère/Olarreaga/Raess, Labor Clauses in Trade Agreements: worker protection or protectionism?, 2017, abrufbar unter: https://www.wto.org/english/res_e/reser_e/gtdw_e/wkshop17_e/rass_e.pdf. 27 Häberli/Jansen, Regional Trade Agreements and Domestic Labour Marekt Regulation, in: Lippoldt (Hrsg.), Policy Priorities for International Trade and Jobs, OECD 2012, S. 287 ff., abrufbar unter: https://www.oecd.org/site/tadicite/50258009.pdf, S. 315. 28 Kamata, Labor clauses in Regional Trade Agreements and Effects on Labor Conditions: An Empirical Analysis, 2015, abrufbar unter: http://www.econ.kyoto-u.ac.jp/projectcenter/Paper/e-14-019.pdf, S. 20. 29 Martinez-Zarzoso/Kruse, Are Labour Provisions in Free Trade Agreements Improving Labour Conditions?, 2017, abrufbar unter: http://www.rdw2015.org/uploads/submission/full_paper/396/Martinez-Zarzoso_RDW_2017.pdf. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 99/18 Seite 20 Bezüglich des Arbeitslosengeldes kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass Freihandelsabkommen eher zu einem Rückgang von Arbeitslosengeld führen, egal ob das Abkommen Vorgaben zum Schutz der Arbeitnehmer beinhaltet oder nicht, auch wenn der Effekt nicht bedeutend ist. Renten wurden der Studie zufolge durch Freihandelsabkommen mit und ohne Sozialkapitel positiv beeinflusst. Abfindungszahlungen schienen nur sehr wenig von Freihandelsabkommen betroffen zu sein, auch wenn dieses Ergebnis nicht endgültig bestätigt werden konnte. – Fachbereich Europa –