© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 90/14 Erweiterung der Bemessungsgrundlage der geplanten Finanztransaktionssteuer um Devisentransaktionen Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 90/14 Seite 2 Erweiterung der Bemessungsgrundlage der geplanten Finanztransaktionssteuer um Devisentransaktionen Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 90/14 Abschluss der Arbeit: 24. April 2014 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 90/14 Seite 3 1. Fragestellung Die Ausarbeitung geht auf die Frage ein, ob die geplante Finanztransaktionssteuer (FTS) im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit (VZ) um Devisentransaktionen ergänzt werden kann. 2. Antwort 2.1. Hintergrund Im Jahr 2011 hat die Europäische Kommission gestützt auf Art. 113 AEUV einen Richtlinienvorschlag KOM(2011)594 endg. für ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem mit Wirkung für die gesamte EU vorgelegt.1 Dieser Vorschlag sah eine vollständige Harmonisierung der steuerlichen Bemessungsgrundsätze und eine Festlegung von Mindeststeuersätzen von bestimmten Transaktionen vor.2 Nachdem sich die Mitgliedstaaten der EU nicht auf ein gemeinsames System der Finanztransaktionssteuer in der EU als Ganzes einigen konnten3, haben am 28. September 2012 elf Mitgliedstaaten 4 die Kommission gemäß Art. 329 Abs. 1 AEUV ersucht, einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Begründung einer VZ gemäß Art. 20 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) i.V.m. Art. 326 ff. AEUV zur Einrichtung einer FTS vorzulegen . Dabei beantragten die ersuchenden Mitgliedstaaten, dass sich der Geltungsbereich und die Ziele der VZ auf dem Vorschlag KOM(2011)594 endg. stützen soll.5 Am 23. Oktober 2012 hat die 1 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem und zur Änderung der Richtlinie 2008/7/EG, KOM(2011) 594 endg., online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0594:FIN:DE:PDF; vgl. hierzu auch Europäisches Parlament , Legislative Entschließung vom 23. Mai 2012 (KOM(2011)594 endg. – C7-0355/2011 – 2011/0261(CNS)); Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, Stellungnahme v. 21.6.2012 zu KOM(2011) 594 endg., ABl. C 181/55; Ausschuss der Regionen, Stellungnahme 2012/C 113/03 v. 18.4.2012, ABl. C 113/7; Europäischer Rat, Schlussfolgerungen vom 28. Juni 2012, EUCO 76/2/12, REV2, Seite 13, Punkt 3 lit. j. Vgl. auch Deutscher Bundestag , Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 17/3634. 2 KOM(2011) 594 endg., S. 9 f. 3 Zum Hintergrund vgl. Europäische Kommission, Besteuerung des Finanzsektors, online abrufbar unter http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/other_taxes/financial_sector/index_de.htm. 4 Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei. 5 6. Erwägungsgrund Beschluss 2013/52/EU des Rates über die Ermächtigung zu einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer , ABl. L 22/11, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:022:0011:01:DE:HTML. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 90/14 Seite 4 Kommission dem Rat einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet, dem das Europäische Parlament am 12. Dezember 2012 zugestimmt hat.6 Am 22. Januar 2013 hat der Rat schließlich mit qualifizierter Mehrheit7 den Beschluss 2013/52/EU über die Ermächtigung zu einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer gefasst .8 Durch den Ratsbeschluss werden die teilnehmenden Mitgliedstaaten ermächtigt, „auf der Grundlage der einschlägigen Bestimmungen der Verträge untereinander eine VZ im Bereich der Schaffung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems zu begründen“. Die Einführung einer FTS im Wege der VZ soll dazu dienen, durch Schaffung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems die Steuern der Mitgliedstaaten auf Finanztransaktionen zu harmonisieren, die Finanzeinrichtungen mit einem angemessenen Beitrag an den Kosten der globalen Finanzkrise zu beteiligen und durch geeignete Anreizregelungen die der Effizienz der Finanzmärkte nicht förderlichen Transaktionen zu unterbinden.9 Zur Einrichtung einer FTS im Wege der VZ hat die Kommission am 14. Februar 2013 den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer vorgelegt.10 Gemeinsam mit dem ermächtigenden Ratsbeschluss bildet dieser Vorschlag den Ausgangspunkt für die fortdauernden Beratungen der an der VZ beteiligten Mitgliedstaaten . Die Verhandlungen sind darauf gerichtet, nach Anhörung von Europäischem Parlament und Wirtschafts- und Sozialausschuss einen einstimmigen Ratsbeschluss über die Richtlinie zur Umsetzung der VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer – bezogen auf die an der VZ teilnehmenden Mitgliedstaaten – fassen zu können. 2.2. Folgerungen für die Erweiterung der Bemessungsgrundlage um Devisentransaktionen Der ermächtigende Beschluss und das zugrundeliegenden Primärrecht (Art. 20 EUV, Art. 326 - 334 AEUV) prädeterminieren nur die allgemeine Ausrichtung der die VZ umsetzenden Maßnah- 6 Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zu einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer , KOM(2012)631 endg., online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:0631:FIN:DE:PDF; Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12.12.2012 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zu einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer (KOM(2012)631 – C7-0396/2012 – 2012/0298(APP)), online abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=- //EP//TEXT+TA+20121212+ITEMS+DOC+XML+V0//DE&language=DE#sdocta14. 7 Bei der Abstimmung im Rat enthielten sich Großbritannien, Luxemburg, Malta und Tschechien. 8 Beschluss 2013/52/EU des Rates über die Ermächtigung zu einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer; vgl. hierzu den Vorschlag KOM(2012)631 endg. sowie die Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12.12.2012 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zu einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer (KOM(2012)631 – C7-0396/2012 – 2012/0298(APP)). 9 6. Erwägungsgrund Beschluss 2013/52/EU des Rates über die Ermächtigung zu einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer , ABl. L 22/11, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:022:0011:01:DE:HTML. 10 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer VZ im Bereich der Finanztransaktionssteuer, KOM(2013)71 endg., online abrufbar unter http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/com_2013_71_de.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 90/14 Seite 5 men im Hinblick auf ein bestimmtes Integrationsprogramm.11 Denn der ermächtigende Beschluss bildet nur die Grundlage für die spätere Ausgestaltung einer Integrationsmaßnahme im Wege der VZ. Der eigentliche Inhalt einer solchen Maßnahme wird nicht im Ermächtigungsbeschluss selbst festgelegt. Dieser ist allein darauf gerichtet, die antragstellenden Mitgliedstaaten zu ermächtigen , eine VZ einzuleiten. Die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung obliegt vielmehr den teilnehmenden Mitgliedstaaten auf der Grundlage und im Rahmen des ermächtigenden Beschlusses unter Inanspruchnahme der Unionsorgane nach den in Art. 20 EUV und Art. 326 ff. AEUV vorgesehenen Modalitäten und Grenzen.12 Dementsprechend trifft auch den teilnehmenden Mitgliedstaaten eine eigenständige, von dem ermächtigenden Beschluss unabhängige Pflicht, die Primärrechtskonformität der im Rahmen der VZ erlassenen Maßnahme sicherzustellen. Dementsprechend werden die teilnehmenden Mitgliedstaaten in Art. 1 des Beschlusses 2013/52/EU nur dazu „ermächtigt, auf der Grundlage der einschlägigen Bestimmungen der Verträge untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems zu begründen“. Weitere Bedingungen oder Einzelheiten der Rechtsakte, die im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit angenommen werden können, sind im Beschluss jedoch nicht enthalten. Der Beschluss umreißt lediglich den zu besteuernden Sachverhalt. Er enthält keine verbindlichen inhaltlichen Vorgaben für die geplante FTS beispielsweise in dem Sinne, dass der Beschluss nur zu einer spezifischen Besteuerung auf der Grundlage einer bestimmten Bemessungsgrundlage ermächtigt oder eine solche ausdrücklich ausschließt. Demnach steht das Mandat, das den an der VZ teilnehmenden Mitgliedstaaten durch Beschluss 2013/52/EU erteilt wurde, einer Erweiterung der Bemessungsgrundlage um Devisentransaktionen grundsätzlich nicht entgegen. Jedoch ist hierbei zu beachten, dass die VZ gemäß Art. 326 Abs. 2 AEUV für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten weder ein Hindernis noch eine Diskriminierung darstellen noch zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten führen darf. Zudem muss die VZ die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten achten. Dementsprechend muss eine Erweiterung der Bemessungsgrundlage der FTS um Devisentransaktionen insbesondere sicherstellen, dass die nicht am Eurosystem teilnehmenden Mitgliedstaaten durch diese Erweiterung nicht beeinträchtigt werden und hieraus keine Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten resultieren. Ob und unter welchen Bedingungen eine mit den Prämissen der VZ vereinbare Erweiterung der Bemessungsgrundlage um Devisentransaktionen vorgenommen werden kann erfordert eine genaue Analyse der Auswirkungen der FTS in ihrer konkreten Form, die an dieser Stelle nicht vorgenommen werden kann. - Fachbereich Europa - 11 Zu der rechtlichen Einordnung des Beschlusses , Fragen zu den Verhandlungen über eine Finanztransaktionssteuer im Wege der Verstärkten Zusammenarbeit, in: Fachbereich Europa, Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 41/14, S. 6. 12 Vgl. EuGH, Urteil vom 16. April 2013, verb. Rs. C-274/11 und C-295/11 (Italien und Spanien/Rat), Rn. 92.