© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 84/14 Verfahren zur Änderung der EU-Freisetzungsrichtlinie Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 2 Verfahren zur Änderung der EU-Freisetzungsrichtlinie Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 84/14 Abschluss der Arbeit: 14. Mai 2014 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellungen 4 2. Antwort auf Frage 1 5 2.1. Stand des Gesetzgebungsverfahrens 5 2.2. Der weitere Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens 6 2.2.1. Erste Lesung des Rates 7 2.2.2. Zweite Lesung des EP 7 2.2.3. Zweite Lesung des Rates 8 2.2.4. Vermittlung 8 2.2.5. Dritte Lesung des Parlaments und des Rates 8 3. Antwort auf Frage 3 9 4. Antwort auf Frage 4 10 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 4 1. Fragestellungen Gegenstand dieser Ausarbeitung sind die folgenden Fragen: (1) Wie gestaltet sich das weitere Verfahren bezüglich der geplanten Änderung der EU-Freisetzungsrichtlinie (Opt-out GVO) auf EU-Ebene, falls sich im Juni im Rat (Umwelt) eine qualifizierte Mehrheit für den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung1 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG2 betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen, ausspricht ? Welche Handlungsmöglichkeiten hat das Europäische Parlament (EP) noch nach der Abstimmung im Rat? (2) Wie erfolgt nach einem Abschluss des europäischen Gesetzgebungsverfahrens die Umsetzung in nationales Recht? (3) Wann wäre frühestens mit einem rechtskräftigen nationalen Anbauverbot bzw. einem Anbauverbot auf Länderebene auf Grundlage des Opt-out GVO zu rechnen? 1 Vorschlag der Europäischen Kommission vom 14. Juni 2010 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit , den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen, KOM(2010) 375 endg., online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52010PC0375&rid=1. 2 Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates, ABl. EG Nr. L 106/1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003, ABl. EU Nr. L 268/24, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/resource.html?uri=cellar:303dd4fa-07a8-4d20-86a8-0baaf0518d22.0002.02/DOC_1&format=PDF. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 5 2. Antwort auf Frage 1 2.1. Stand des Gesetzgebungsverfahrens Am 14. Juli 2010 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG vorgelegt und an den Rat und das EP übermittelt. Der Verordnungsvorschlag stützt sich auf Art. 114 AEUV.3 Dementsprechend findet das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gem. Art. 289, 294 AEUV Anwendung, welches den folgenden Ausführungen zugrunde liegt.4 Nach der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 9. Dezember 20105 sowie der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 28. Januar 20116 hat das EP am 5. Juli 2011 auf Grundlage eines Beschlusses des ENVI-Ausschusses vom 20. April 20117 in erster Le- 3 Das EP hat sin seinem Standpunkt vom 5. Juli 2011 vorgeschlagen, die Verordnung nicht auf Art. 114 AEUV, sondern auf Art. 192 Abs. 1 AEUV (Maßnahmen u.a. betreffend die Raumordnung oder Bodennutzung) zu stützen . Ungeachtet der Tatsache, dass dieser Änderungsvorschlag vom Rat nicht aufgegriffen wurde, ergeben sich hieraus für das Verfahren keine Unterschiede, da beide Vorschriften das ordentliche Gesetzgebungsverfahren vorsehen. Vgl. hierzu den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von genetisch veränderten Organismen in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen – Ergebnis der ersten Lesung des Europäischen Parlaments, Ratsdok. 11037/11, S. 2abrufbar unter http://eudoxap01.bundestag .btg:8080/eudox/dokumentInhalt?id=9753. 4 Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass alternativ zum regulären Ablauf des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens in der Praxis von dem sogenannte Trilog-Verfahren Gebrauch gemacht wird. Streben die Mitgesetzgeber EP und Rat eine Einigung in erster Lesung an, führen sie informelle Treffen durch, an denen Vertreter des Parlaments (Berichterstatter und gegebenenfalls Schadenberichterstatter), des Rates (Vorsitz der Arbeitsgruppe und/oder von Coreper) und der Kommission (für das Dossier zuständige Dienststelle und Generalsekretariat der Kommission) teilnehmen. Im vorliegenden Verfahren wurde aber bislang von dem Gebrauch dieses Verfahrens abgesehen. 5 Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 9. Dezember 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (KOM(2010) 375 endg.), 2010/0208 (COD), ABl. C 54/51, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=uriserv:OJ.C_.2011.054.01.0051.01.DEU. 6 Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 28. Januar 2011 „Freiheit der Mitgliedstaaten, über den Anbau von genetisch veränderten Kulturen auf ihrem Hoheitsgebiet zu entscheiden“, ABl. C 104/62, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52010AR0338&from=DE. 7 Bericht vom 20. April 2011 über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (KOM(2010)0375 – C7-0178/2010 – 2010/0208(COD)), A7-0170/2011, online abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/oeil/popups/summary .do?id=1122631&t=e&l=en. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 6 sung eine legislative Entschließung zum Kommissionsvorschlag vom 13. Juli 2011 angenommen .8 Das EP hat hierin zahlreiche Änderungen vorgeschlagen und die Kommission aufgefordert, es erneut zu befassen, falls die Kommission beabsichtigt, den Vorschlag des EP entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzten.9 Der Kommissionsvorschlag und die von verschiedenen Ratspräsidentschaften vorgelegten Kompromissvorschläge 10 waren mehrfach Gegenstand der Beratungen im Rat. Die erforderliche Mehrheit für die Verabschiedung der Verordnung zur Änderung der Freisetzungsrichtlinie konnte im Rat bislang jedoch nicht erreicht werden. Bislang wurde im Rat am 9. März 2012 nur eine sog. politische Einigung erzielt, in der die grundsätzlichen Linien für einen in erster Lesung zu beschließenden Standpunkt festgelegt werden. 2.2. Der weitere Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich derzeit in dem Stadium, in dem die Festlegung des Standpunktes des Rates in erster Lesung bevorsteht. Die folgenden Punkte stellen in chronologischer Reihenfolge die nächsten möglichen Verfahrensschritte sowie die hierbei bestehenden Handlungsmöglichkeiten des EP dar. 8 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 05.07.2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (KOM(2010) 0375 - C7-0178/2010 - 2010/0208(COD)), abrufbar in EuDox unter http://eudoxap 01.bundestag.btg:8080/eudox/dokument?id=24515. Siehe auch den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen , Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, Berichterstatterin: Corinne Lepage, vom 20.04.2011, abrufbar unter http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokument?id=20430 sowie insgesamt zu den Beratungen und zum Ergebnis der ersten Lesung des Europäischen Parlaments das Ratsdok. 11037/11, abrufbar unter http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokumentInhalt?id=9753. 9 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (KOM(2010)0375 – C7-0178/2010 – 2010/0208(COD)), P7_TA(2011)0314, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv :OJ.CE.2013.033.01.0350.01.DEU#CE2013033DE.01035101. 10 Vgl. das Vorhabendossier auf EuDox, abrufbar unter http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dossierChronologisch Ansicht?id=5451&searchHistoryId=&rowId=. 11 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 7 2.2.1. Erste Lesung des Rates Auf Grundlage der politischen Einigung im Rat wurden in einer Ratsarbeitsgruppe12 Kompromissvorschläge zur Änderung der Freisetzungsrichtlinie vorbereitet, die wurden dem Rat von der Ratspräsidentschaft zuletzt am 17. Februar 201413, am 25. März 201414 und am 16. April 201415 vorgelegt. Diese weichen von den Vorschlägen des EP ab. Stimmt der Rat (Umwelt) in seiner Sitzung am 12. Juni 2014 dem Verordnungsvorschlag in der durch die Ratsarbeitsgruppe erarbeiteten Fassung mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit zu, so bedeutet dies im Umkehrschluss, dass der Rat dem Standpunkt des Europäischen Parlaments aus erster Lesung nicht zustimmt. Dementsprechend nähme der Rat in erster Lesung einen Standpunkt an, der dem Parlament mit den Gründen der Festlegung zugeleitet wird. Das Parlament erhält auch eine Mitteilung der Kommission, in der diese ihren Standpunkt zum Standpunkt des Rates erläutert und auch angibt, warum sie ihn unterstützt oder ablehnt (Art. 294 Abs. 5 und 6 AEUV). 2.2.2. Zweite Lesung des EP Das Europäische Parlament hat über einen Zeitraum von drei Monaten (mit einer möglichen Verlängerung auf vier Monate), Gelegenheit den Standpunkt des Rates zu prüfen. Zunächst wird der federführende Ausschuss mit dem Standpunkt des Rates befasst. Dieser Ausschuss erstellt eine Empfehlung für die zweite Lesung des Parlaments. Das Plenum stimmt über die Empfehlung, einschließlich möglicher aber beschränkter Abänderungsanträge, ab. Gemäß Art. 294 Abs. 7 AEUV sind vier mögliche Ergebnisse der zweiten Lesung des EP denkbar: Das Parlament billigt den Standpunkt des Rates und der Rechtsakt ist angenommen. Das Parlament trifft keine Entscheidung innerhalb der Frist. In diesem Falle ist der Rechtsakt in der durch den Rat in seiner ersten Lesung geänderten Fassung angenommen . 12 Ad Hoc Working Party on Genetically Modified Organisms. Die Arbeitsgruppe besteht aus Vertretern der Mitgliedstaaten , der Vorsitz wird von dem Vertreter desjenigen Landes geführt, das den sechsmonatigen rotierenden Vorsitz innehat und sie wird vom Sekretariat des Rates unterstützt. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 8 Das Parlament lehnt mit der Mehrheit seiner Mitglieder den Standpunkt des Rates aus erster Lesung ab. In diesem Fall ist der Rechtsakt nicht angenommen und das Verfahren ist beendet. Das Parlament schlägt mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen am Standpunkt des Rates aus erster Lesung vor und übermittelt dem Rat seinen Standpunkt für eine zweite Lesung. 2.2.3. Zweite Lesung des Rates Der Rat verfügt über drei Monate16 (mit einer möglichen Verlängerung auf vier Monate), um den Standpunkt des Parlaments aus zweiter Lesung zu prüfen. Die Kommission teilt ihm auch ihren Standpunkt zu den Abänderungen des Parlaments aus zweiter Lesung mit. Die Zahl der Stimmen, die in der zweiten Lesung des Rates erforderlich sind, hängt von der Stellungnahme der Kommission zu den Abänderungen des Parlaments ab. Abänderungen, zu denen die Kommission eine befürwortende Stellungnahme abgibt, können im Rat mit qualifizierter Mehrheit gebilligt werden. Abänderungen, zu denen die Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgibt, erfordern eine einstimmige Billigung durch den Rat. Billigt der Rat alle Abänderungen des Parlaments, ist der Rechtsakt angenommen. Billigt der Rat nicht alle Abänderungen, beruft der Präsident des Rates einvernehmlich mit dem Präsidenten des Parlaments eine Sitzung des Vermittlungsausschusses ein. 2.2.4. Vermittlung Innerhalb von sechs Wochen (mit einer möglichen Verlängerung auf acht Wochen) ab der Weigerung des Rates, den Standpunkt des EP aus zweiter Lesung zu übernehmen, berufen der Präsident des Rates und der Präsident des EP gem. Art. 294 Abs. 10 AEUV den Vermittlungsausschuss ein, in dem es genauso viele MdEP wie Vertreter des Rates gibt. Der Vermittlungsausschuss verfügt über sechs Wochen (mit einer möglichen Verlängerung auf acht Wochen), um auf Grundlage der Standpunkte des EP und des Rates in zweiter Lesung über einen gemeinsamen Entwurf zu entscheiden. Billigt der der Vermittlungsausschuss nicht den gemeinsamen Entwurf, wird der vorgeschlagene Rechtsakt hinfällig und das Verfahren ist beendet. Billigt der Vermittlungsausschuss den gemeinsamen Entwurf, wird der Entwurf dem Parlament und dem Rat für eine dritte Lesung übermittelt. 2.2.5. Dritte Lesung des Parlaments und des Rates Der gemeinsame Entwurf wird gleichzeitig dem Parlament und dem Rat zur Billigung übermittelt . Es gibt keine spezielle Reihenfolge, in der die Gesetzgebungsorgane beschließen müssen. Sie können den Text nicht ändern. Die dritte Lesung wird innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen ab dem Datum dieses Schreibens abgeschlossen. Die Frist kann um höchstens zwei Wochen 16 Fristbeginn ist der offizielle Eingang der Abänderungen des Europäischen Parlaments aus zweiter Lesung in allen Amtssprachen offiziell. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 9 auf Initiative des Parlaments oder des Rates oder aufgrund einer gemeinsamen Einigung zwischen ihnen verlängert werden. Im Parlament geht der Abstimmung über den gemeinsamen Entwurf eine Debatte im Plenum voraus . Wenn das Parlament und der Rat den gemeinsamen Entwurf billigen, ist der Gesetzgebungsvorschlag angenommen. Wenn einer oder beide ihn ablehnen oder nicht rechtzeitig reagieren, wird der Rechtsakt hinfällig, und das Verfahren ist beendet. Das Gesetzgebungsverfahren kann nur mit einem neuen Vorschlag der Kommission wieder in Gang gesetzt werden. 3. Antwort auf Frage 3 Die Frage der Umsetzung des europäischen Rechtsakts in nationales Recht nach erfolgreichem Abschluss des europäischen Gesetzgebungsverfahrens wird durch die Rechtsnatur des beschlossenen Rechtsakts bestimmt. Ursprünglich hat die Kommission dem EP und dem Rat einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie 2001/18/EG in Form einer Verordnung unterbreitet. Den Umstand, dass die bestehende Richtlinie durch eine Verordnung geändert werden soll, hat die Kommission damit begründet, dass der Vorschlag dadurch allgemeine Geltung hat, in allen seinen Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt.17 Darüber hinaus enthalte der Vorschlag im Wesentlichen keine Bestimmungen, die der Umsetzung bedürften, da er den Mitgliedstaaten lediglich eine rechtliche Grundlage zum Erlass von Maßnahmen verschaffe. Nach mehrfacher Diskussion über die angemessene Rechtsform einer Maßnahme zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG hat die polnische Ratspräsidentschaft im November 2011 einen Kompromissvorschlag für einen gemeinsamen Standpunkt des Rates vorgelegt, der anstelle einer Verordnung eine Richtlinie ohne Umsetzungspflicht vorsieht und seitdem Grundlage der Verhandlungen im Rat ist.18 Richtlinien sind für die Mitgliedstaaten als Adressaten hinsichtlich ihrer Ziele normativ verbindlich . In der Regel enthalten Richtlinien, die einen Politikbereich harmonisieren und dadurch die mitgliedstaatliche Politikgestaltung gemeinsamen Regelungen bzw. Zielvorgaben unterwerfen, konkrete Vorgaben für die Mitgliedstaaten, die diese durch Umsetzungsakte in die nationalen Rechtsordnungen einführen müssen. Demgegenüber sieht der vorliegende Richtlinienentwurf keine Umsetzungspflicht vor, sondern bestimmt nur den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie . Die fehlende Umsetzungspflicht resultiert daraus, dass der Richtlinienvorschlag die Richtlinie 2001/18/EG mit dem Ziel ändern soll, abweichend vom bisherigen gemeinsamen System für 17 Vorschlag der Europäischen Kommission vom 14. Juni 2010 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit , den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen, KOM(2010) 375 endg., S. 9, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52010PC0375&rid=1. 18 Vgl. hierzu den Drahtbericht PA 1/2012/10 des BMELV vom 17. Januar 2012 über die Sitzung der Ad-Hoc Ratsarbeitsgruppe zu Gentechnisch Veränderten Organismen vom 13. Januar 2012, unter EuDox abrufbar unter http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokumentInhalt?id=20362. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 10 die Zulassung, die Freisetzung und das Inverkehrbringen von GVO den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu eröffnen, in Zukunft frei über den Anbau von GVO entscheiden zu können.19 Sie reduziert also den bestehenden unionsrechtlichen Verpflichtungsumfang und erweitert die mitgliedstaatlichen Handlungsspielräume bzw. ihre dahingehende Entscheidungsfreiheit, indem sie eine Opt-out-Möglichkeit im Hinblick auf den zulässigen Anbau von GVO vorsieht. Aus dieser Optionsmöglichkeit folgt im Umkehrschluss, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet werden, hiervon auch Gebrauch zu machen. Steht es also im Ermessen der Mitgliedstaaten, ob sie die Opt-out-Möglichkeit in Anspruch nehmen oder nach den bestehenden Regeln zum Anbau von GVO verfahren möchten, entfällt auch die Pflichtigkeit zur Umsetzung der Regelung in nationales Recht innerhalb einer bestimmten Frist. Möchte ein Mitgliedstaat jedoch von der Opt-out-Möglichkeit Gebrauch machen, muss er den Regelungsgehalt der Änderungsrichtlinie gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV in nationales Recht umsetzen . Hierbei muss er die Formen und Mittel wählen, die sich zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie unter Berücksichtigung des mit ihr verfolgten Zwecks am besten eignen .20 Dementsprechend kann die Umsetzung in Deutschland beispielsweise durch eine entsprechende Änderung des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik21 erfolgen, in dem der Regelungsgehalt der Richtlinie 2001/18/EG in nationales Recht umgesetzt worden ist.22 4. Antwort auf Frage 4 Eine Antwort auf die Frage, wann frühestens mit einem rechtsverbindlichen nationalen Anbauverbot bzw. einem Anbauverbot auf Länderebene auf Grundlage des Opt-out GVO zu rechnen ist, ist nur im Rahmen einer vorläufigen Einschätzung möglich. Eine diesbezügliche Prognose ist von den oben genannten zeitlichen Variablen für den Abschluss des europäischen Gesetzgebungsverfahrens abhängig. Ist das Verfahren abgeschlossen, so tritt die Änderungsrichtlinie entsprechend der insoweit übereinstimmenden Standpunkte des Parlaments23 und des Kompromissvorschlags der Präsidentschaft vom 16. April 201424 am „ …] zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung 19 Nr. 1 der Begründung des Vorschlags der Europäischen Kommission vom 14. Juni 2010 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen , KOM(2010) 375 endg., S. 2, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52010PC0375&rid=1. 20 EuGH, Rs. 69/73 (Royer), Rn. 69/73. 21 Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz - GenTG) v. 16. Dezember 1993, BGBl. I S. 2066. 22 Art. 1 Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts v. 21. Dezember 2004, BGBl. 2005 I S. 186. 23 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 05.07.2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (KOM(2010) 0375 - C7-0178/2010 - 2010/0208(COD)), ABl. C 33 E/358, abrufbar in EuDox unter http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokument?id=24515. 24 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 84/14 Seite 11 im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.“ Ab diesem Zeitpunkt ist sie rechtlich wirksam, und es steht den jeweiligen Mitgliedstaaten frei, entsprechende Verbots- bzw. Beschränkungsmaßnahmen zu erlassen. - Fachbereich Europa -