© 2016 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 83/16 Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 Auslegungsgrundsätze des EuGH Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 83/16 Seite 2 Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 Auslegungsgrundsätze des EuGH Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 83/16 Abschluss der Arbeit: 15.6.2016 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 83/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Hintergrund 4 2.1. Erwägungsgründe und Bestimmungen eines Rechtsakts 4 2.2. Teleologische Auslegung 4 3. Das Urteil in der Rechtssache C-461/13 5 4. Die Verordnung (EU) Nr. 995/2010 6 4.1. Kontrolle und Auslegung der Verordnung auf europäischer Ebene 6 4.1.1. Kontrolle der Verordnung durch die Rechtsprechung 6 4.1.2. Auslegung der Verordnung durch die Rechtsprechung 7 4.1.3. Bewertungsbericht der Kommission zur Verordnung 7 4.2. Umsetzung der Verordnung durch die Mitgliedstaaten 8 4.2.1. Vorschriften zur Sanktionierung 8 4.2.2. Vorschriften zur staatlichen Kontrolle 8 4.2.3. Zwischenergebnis 9 5. Fazit 9 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 83/16 Seite 4 1. Fragestellung Diese Ausarbeitung befasst sich mit der Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010.1 Dabei wird insbesondere auf die Frage eingegangen, inwiefern die Erwägungsgründe und Ziele der Verordnung eine strengere Auslegung der Verordnungsbestimmungen vorgeben, als die Bestimmungen allein dem Wortlaut nach erkennen lassen bzw. als sie momentan durch die Mitgliedstaaten erfolgt und inwieweit diesbezüglich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Richtlinie 2000/60/EG in der Rechtssache C-461/13 herangezogen werden kann. 2. Hintergrund Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Ausarbeitung werden zunächst der Aufbau bzw. die Bedeutung der einzelnen Bestandteile europäischer Rechtsakte und die Rolle der teleologischen Auslegung im Unionsrecht dargestellt. 2.1. Erwägungsgründe und Bestimmungen eines Rechtsakts Die europäischen Rechtsakte enthalten neben den rechtlich verbindlichen Normen oftmals sogenannte Erwägungsgründe, welche den bestimmenden Normen vorangestellt sind und die Begründung für diese beinhalten (eingeleitet werden die Erwägungsgründe durch die Formulierung „in Erwägung nachstehender Gründe“).2 Der EuGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass „[…] die Begründungserwägungen eines Gemeinschaftsrechtsakts rechtlich nicht verbindlich sind und weder herangezogen werden können, um von den Bestimmungen des betreffenden Rechtsakts abzuweichen, noch, um diese Bestimmungen in einem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht.“3 2.2. Teleologische Auslegung Die Erwägungsgründe werden zur Auslegung der eigentlichen Bestimmungen der Rechtsakte, die in den sogenannten Artikeln (beispielsweise einer Verordnung) enthalten sind, herangezogen.4 Die Erwägungsgründe sind insbesondere für die teleologische Auslegung von Bedeutung. Die teleologische Auslegung orientiert sich am Sinn und Zweck der jeweiligen Norm. Nach der teleolo- 1 Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen, ABl. 2010, L 295/23, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:295:0023:0034:de:PDF. 2 S. dazu die Interinstitutionellen Regeln für Veröffentlichungen des Amts für Veröffentlichungen der EU, abrufbar unter http://publications.europa.eu/code/de/de-120200.htm. 3 EuGH, Urt. vom 19.6.2014, Rs. C‑345/13, ECLI:EU:C:2014:2013 – Karen Millen Fashions, Rn. 31, s. auch: EuGH, Urt. vom 24.11.2005, Rs. C-136/04, ECLI:EU:C:2005:716 – Deutsches Milchkontor, Rn. 32; EuGH, Urt. vom 19.11.1998, ECLI:EU:C:1998:554 – Nilsson u. a., Rn. 54. 4 Wegener, in: Calliess/Ruffert, AEUV/EUV, 4. Aufl. 2011, Art. 19 EUV, Rn. 15. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 83/16 Seite 5 gischen Auslegung ist eine Norm so auszulegen, dass sie dem Ziel dient bzw. den Zweck erreicht , den der Gesetzgeber mit ihrem Erlass verfolgt hat.5 Im Rahmen dieser teleologischen Auslegung werden die Erwägungsgründe herangezogen, um den Sinn und Zweck einer Norm festzustellen . Die europäische Rechtsprechung hat bei der Auslegung unbestimmter und ausfüllungsbedürftiger Regelungen der teleologischen Auslegung eine wichtige Rolle eingeräumt.6 3. Das Urteil in der Rechtssache C-461/13 In der Rechtssache C-461/13 befasst sich der EuGH mit der Auslegung von Art. 4 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2000/60/EG. Es geht dabei zum einen um die Frage, ob diese Norm die Mitgliedstaaten nur allgemein oder im Hinblick auf jede einzelne staatliche Entscheidung zur Verhinderung der Verschlechterung bzw. zur Verbesserung des Zustands von Oberflächenwasserkörper verpflichtet .7 Der EuGH ist zu dem Ergebnis gekommen, dass angesichts der Systematik der Richtlinie und des allgemeinen Endziels der Richtlinie (einen guten Zustand aller Oberflächengewässer der Union zu erreichen) Art. 4 Abs. 1 lit. a dahin auszulegen sei, dass die Mitgliedstaaten in jedem Einzelfall verpflichtet sind, die Genehmigung für ein konkretes Vorhaben zu versagen, wenn dieses eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers verursachen kann oder wenn es die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers bzw. eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers gefährdet .8 Zum anderen hat der EuGH über die Auslegung des Begriffs der Verschlechterung des Zustands des Oberflächengewässers in Art. 4 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2000/60/EG entschieden.9 Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Verschlechterung im Sinne der Norm grundsätzlich dann vorliegt, sobald sich der Zustand mindestens einer sogenannten Qualitätskomponente um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt.10 Der EuGH stellt für seine Auslegung des Art. 4 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2000/60/EG auf den Wortlaut des Artikels, die Systematik der Richtlinie, die Entstehungsgeschichte und die Ziele ab, welche mit der in Frage stehenden Regelung verfolgt werden. Er führt diesbezüglich aus: „Bei der Bestimmung der Tragweite dieser Vorschriften sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sowohl ihr Wortlaut als auch ihr Kontext sowie die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung , zu der sie gehören, verfolgt werden.“11 Dieser Auslegungsansatz ist, wie der EuGH selbst betont, keine Besonderheit des Urteils in der Rechtssache C-461/13, sondern seine ständige Rechtsprechung. 5 Wegener, in: Calliess/Ruffert, AEUV/EUV, 4. Aufl. 2011, Art. 19 EUV, Rn. 15. 6 Gaitanides, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 19 EUV, Rn. 44. 7 EuGH, Urt. vom 1.7.2015, Rs. C-461/13, ECLI:EU:C:2015:433 – BUND, Rn. 28. 8 EuGH, Urt. vom 1.7.2015, Rs. C-461/13, ECLI:EU:C:2015:433 – BUND, Rn. 37 und 51. 9 EuGH, Urt. vom 1.7.2015, Rs. C-461/13 ECLI:EU:C:2015:433 – BUND, Rn. 28. 10 EuGH, Urt. vom 1.7.2015, Rs. C-461/13, ECLI:EU:C:2015:433 – BUND, Rn. 70. 11 EuGH, Urt. vom 1.7.2015, Rs. C-461/13, ECLI:EU:C:2015:433 – BUND, Rn. 30. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 83/16 Seite 6 Auf die Frage, inwieweit das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-461/13 auf andere Sachverhalte übertragen werden kann, ist daher zu antworten, dass für die Auslegung unionsrechtlicher Vorgaben der Wortlaut der Norm, die Systematik des Rechtsakts und das mit der Norm verfolgte Ziel heranzuziehen sind. Dafür bedarf es keiner Bezugnahme auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-461/13, denn diese Auslegungsvorgaben sind ständige Rechtsprechung. 4. Die Verordnung (EU) Nr. 995/2010 Im Folgenden soll die Verordnung (EU) Nr. 995/2010 näher untersucht werden. Dabei geht es zum einen um die Frage, inwieweit die Erwägungsgründe und das Endziel der Verordnung ein anderes Verständnis der einzelnen Normen erfordern, als es allein deren Wortlaut vermuten lässt (4.1.) und zum anderen um die Frage, ob die Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 genügen. 4.1. Kontrolle und Auslegung der Verordnung auf europäischer Ebene Es wird geprüft, ob die Normen der Verordnung (EU) Nr. 995/2010, wenn sie hinter den Erwägungsgründen bzw. Zielen der Verordnung zurückbleiben, von der europäischen Rechtsprechung für nichtig erklärt werden (4.1.1.) oder so ausgelegt werden können, dass sie den Erwägungsgründen – nach Ansicht der Rechtsprechung – besser entsprechen (4.1.2.). Abschließend wird kurz auf die Bewertung der Kommission eingegangen, inwiefern die Normen der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 geeignet sind, die Ziele der Verordnung zu erreichen (4.1.3.). 4.1.1. Kontrolle der Verordnung durch die Rechtsprechung Der Gesetzgeber ist für den Erlass von Normen verantwortlich. Die Rechtsprechung kann diese Normen nur im Hinblick auf bestimmte Aspekte kontrollieren. Im Rahmen von Nichtigkeitsklagen gegen europäische Rechtsakte ist die Überprüfung eines Rechtsakts nach Art. 263 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) auf das Kriterium der Unzuständigkeit, die Verletzung wesentlicher Formvorschriften, eine Verletzung der Verträge oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm und Ermessensmissbrauch beschränkt. Die Prüfung des Ermessensmissbrauchs ist auf offensichtliche Irrtümer oder eine offensichtliche Überschreitung der Ermessensgrenzen durch den Gesetzgeber reduziert, eine sogenannte Zweckverfehlung.12 Da es für den Kläger schwer nachzuweisen ist, dass objektive, schlüssige und übereinstimmende Hinweise für eine Zweckverfehlung des Rechtsakts bestehen, haben Klagen, welche auf den Vorwurf des Ermessensmissbrauchs gestützt wurden, bislang nur selten und auch nur in Beamtenstreitigkeiten zum Erfolg geführt.13 Die Tatsache, dass weitergehende Bestimmungen den Zielen einer Verordnung möglicherweise besser dienen würden als die vom Gesetzgeber erlassenen Normen, stellt noch keine Zweckverfehlung bzw. Ermessensmissbrauch des Gesetzgebers da. 12 Dörr, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, EL 49, Stand: November 2012, Art. 263 AEUV, Rn. 192 f. 13 Gaitanides, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl., 2015, Art. 263 AEUV, Rn. 136. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 83/16 Seite 7 4.1.2. Auslegung der Verordnung durch die Rechtsprechung Fraglich ist, in welchem Maße die Rechtsprechung von der teleologischen Auslegung von Normen Gebrauch machen darf. Grundsätzlich ist es möglich für die Interpretation einer Norm auf deren Ziel abzustellen und eine Auslegung zu wählen, durch welche die vom Gesetzgeber mit der Norm verfolgten Ziele bestmöglich erreicht werden.14 Ziel der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 ist, ausweislich der Erwägungsgründe 2 ff., die Verhinderung und Bekämpfung des Handels mit Holz aus illegalem Holzeinschlag . Wie oben bereits dargestellt, können die Erwägungsgründe nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH für die Auslegung von Normen große Bedeutung haben. Die Erwägungsgründe können aber nicht herangezogen werden, um von den Bestimmungen eines Rechtsakts abzuweichen, oder um diese Bestimmungen in einem Sinn auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht.15 Auch in dem Urteil in der Rechtssache C-461/13 nahm der EuGH Bezug auf den Wortlaut der fraglichen Vorschrift, Art. 4 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2000/60/EG, um deren Inhalt zu ergründen, statt einen Norminhalt zu postulieren, der allein auf dem Endziel der Richtlinie 2000/60/EG beruht und keine Stütze in den einzelnen Bestimmungen der Richtlinie findet. Den Erwägungsgründen der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 entsprechend, sind deren Bestimmungen mithin so auszulegen, dass sie ein möglichst effektives Vorgehen gegen den illegalen Holzeinschlag bzw. den Handel mit derartigen Produkten ermöglichen. Die Auslegung der Normen der Verordnung darf aber nicht offensichtlich ihrem Wortlaut widersprechen. 4.1.3. Bewertungsbericht der Kommission zur Verordnung 2016 hat die Kommission einen Bericht zur Verordnung (EU) Nr. 995/2010 vorgelegt. Sie führt darin aus, dass „aufgrund der kurzen Zeit, in der die Verordnung angewandt wurde, […] in diesem Rahmen keine quantitative Bewertung ihrer Auswirkungen auf den Handel mit illegalem Holz und illegalen Holzerzeugnissen auf dem Binnenmarkt vorgenommen werden [konnte], weshalb es schwierig war festzustellen, ob die Verordnung ihr Ziel, das Inverkehrbringen von Holz und Holzerzeugnissen aus illegalem Einschlag zu verhindern, erreicht hat.“ 16 Am Ende ihres Berichts kommt die Kommission zu folgendem Ergebnis: „Im Lichte der obigen Ausführungen hält es die Kommission nicht für erforderlich, Änderungen der wesentlichen Bestimmungen der EU- Holzverordnung vorzuschlagen, da die Bewertung keine Notwendigkeit von Änderungen der 14 Wegener, in: Calliess/Ruffert, AEUV/EUV, 4. Aufl. 2011, Art. 19 EUV, Rn. 15. 15 EuGH, Urt. vom 19.6.2014, Rs. C‑345/13, ECLI:EU:C:2014:2013 – Karen Millen Fashions, Rn. 31, s. auch: EuGH, Urt. vom 24.11.2005, Rs. C-136/04, ECLI:EU:C:2005:716 – Deutsches Milchkontor, Rn. 32; EuGH, Urt. vom 19.11.1998, ECLI:EU:C:1998:554 – Nilsson u. a., Rn. 54. 16 Bericht der Kommission an das europäische Parlament und den Rat – Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen (EU-Holzverordnung), COM(2016) 74 final, abrufbar unter https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2016/DE/1-2016-74-DE-F1-1.PDF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 83/16 Seite 8 Schlüsselelemente der Rechtsvorschriften ergeben hat.“ Die Kommission erachtet, bisher zumindest , also keine Änderungen der Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 für notwendig . 4.2. Umsetzung der Verordnung durch die Mitgliedstaaten Die Kommission befasst sich in ihrem Bewertungsbericht zur Verordnung (EU) Nr. 995/2010 auch mit der bisherigen Umsetzung der Verordnung durch die Mitgliedstaaten. Die Verordnung (EU) Nr. 995/2010 ist im März 2013 in Kraft getreten. Der Bewertungsbericht der Kommission untersucht ihre Umsetzung durch die Mitgliedstaaten bis März 2015. Einige Mitgliedstaaten haben, ausweislich des Bewertungsberichts der Kommission, erst gegen Ende dieses Berichtszeitraums mit der Durchführung begonnen. Die Kommission hat mit acht Mitgliedstaaten aufgrund der schleppenden Umsetzung der Verordnung einen sogenannten bilateralen Dialog geführt. 2015 hat die Kommission rechtliche Schritte gegen vier Mitgliedstaaten eingeleitet, weil diese ihren Verpflichtungen aus der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 nicht nachkamen (Ungarn, Griechenland, Spanien, Rumänien). Im Folgenden wird auf der Grundlage des Bewertungsberichts der Kommission dargestellt, ob die Umsetzung der Verordnung durch die Mitgliedstaaten hinter den Verordnungsvorgaben zurückbleibt . Dabei wird insbesondere auf die Bestimmungen zur Sanktionierung des Handels mit Holz aus illegalem Einschlag und die diesbezüglichen Kontrollmöglichkeiten eingegangen. 4.2.1. Vorschriften zur Sanktionierung Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten Bestimmungen über Sanktionen für Verstöße gegen Verordnungsbestimmungen festlegen und alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass diese Bestimmungen durchgeführt werden. Nach Art. 19 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 müssen die Sanktionen wirksam und verhältnismäßig sein und abschreckend wirken. Art 19 Abs. 2 normiert verschiedene Beispiele für eine mögliche Form der Sanktionierung. Neben Geldstrafen gehören dazu auch die Beschlagnahme des betroffenen Holzes und die sofortige Aussetzung der Genehmigung, eine Handelstätigkeit auszuüben. Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Verordnung von diesem Spielraum Gebrauch gemacht. Die Kommission hält in ihrem Bewertungsbericht fest, dass bei den Sanktionen beträchtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. Da bisher erst eine begrenzte Zahl von Sanktionen verhängt wurden, könne noch nicht festgestellt werden, ob sie „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ seien.17 4.2.2. Vorschriften zur staatlichen Kontrolle Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 führen die zuständigen Behörden Kontrollen durch, um zu überprüfen, ob die Marktteilnehmer ihre in der Verordnung normierten 17 Bericht der Kommission an das europäische Parlament und den Rat – Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen (EU-Holzverordnung), COM(2016) 74 final, abrufbar unter https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2016/DE/1-2016-74-DE-F1-1.PDF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 83/16 Seite 9 Pflichten einhalten. Ausweislich des Bewertungsberichts der Kommission haben 26 Mitgliedstaaten berichtet, dass ihre zuständigen Behörden, wie in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 vorgeschrieben, über Pläne für die Kontrolle von Marktteilnehmern verfügen. Es haben bislang aber noch nicht alle Mitgliedstaaten der Kommission gemeldet, dass sie Kontrollen durchgeführt haben. Laut dem Kommissionsbericht wurde in mehreren Ländern mit den Kontrollen aufgrund von Verzögerungen bei der Verabschiedung der jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften spät begonnen; zudem waren diese zunächst sporadischer Art, wenngleich sie mit der Zeit systematischer und rigoroser wurden.18 4.2.3. Zwischenergebnis Außer in den Fällen von Ungarn, Griechenland, Spanien und Rumänien ist die Kommission augenscheinlich mit dem Grad der Umsetzung der Verordnung durch die Mitgliedstaaten einverstanden . Zwar hält die Kommission in ihrem Bewertungsbericht fest, dass die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen im Rahmen der Durchführung und Durchsetzung erheblich verstärken sollen und der Umfang der den zuständigen Behörden zugewiesenen technischen Kapazitäten und (personellen und finanziellen) Ressourcen in den meisten Mitgliedstaaten aufgestockt werden müsse. Rechtliche Schritte wurden aber bisher nur gegen die vier oben benannten Mitgliedstaaten eingeleitet . 5. Fazit Es ist ständige Rechtsprechung des EuGH, dass bei der Auslegung von Normen sowohl ihr Wortlaut als auch ihr Kontext sowie die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Norm verfolgt werden . Allerdings können die Erwägungsgründe einer Norm, die Aufschluss über die mit ihr verfolgten Ziele geben, nach der Rechtsprechung des EuGH nicht dazu herangezogen werden, um von den Bestimmungen der Norm abzuweichen oder diese in einem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht. Diese Vorgaben gelten auch für die Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010. Im Hinblick auf die Umsetzung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 durch die Mitgliedstaaten ist festzuhalten, dass die Kommission in vier Fällen rechtliche Schritte gegen Mitgliedstaaten wegen unzureichenden Umsetzungsmaßnahmen ergriffen hat. – Fachbereich Europa – 18 Bericht der Kommission an das europäische Parlament und den Rat – Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen (EU-Holzverordnung), COM(2016) 74 final, abrufbar unter https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2016/DE/1-2016-74-DE-F1-1.PDF.