PE 6 - 3000 - 081/20 (11.09.2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Der Fachbereich Europa wurde gebeten zu bewerten, ob eine nationale Einführung einer verbindlichen Positivliste für sog. sonstige Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung in Nahrungsergänzungsmitteln, zusätzlich zu den Regelungen der RL 2002/46/EG1 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (nachfolgend RL 2002/46/EG), mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Die Beantwortung der Frage beschränkt sich auf die Bewertung des für Mitgliedstaaten neben der Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie bestehenden Spielraums zur Rechtsetzung. Die RL 2002/46/EG bezieht sich primär auf die Harmonisierung der Regelungen für in Nahrungsergänzungsmitteln enthaltene Vitaminen und Mineralstoffe (Nährstoffe). Doch auch andere in Nahrungsergänzungsmitteln enthaltene Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung fallen gem. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 a) der Richtlinie in ihren Anwendungsbereich, soweit ihre Darreichungsform dem Art. 2 a) entspricht. Gem. Art. 11 Abs. 1 der RL 2002/46/EG, ist es den Mitgliedstaaten untersagt, den Handel mit Erzeugnissen im Sinne des Abs. 1 aus Gründen ihrer Zusammensetzung, Herstellungsmerkmale. Aufmachung oder Kennzeichnung zu untersagen oder zu beschränken. Die Einführung einer verbindlichen Positivliste für andere Stoffe im Sinne der Richtlinie in Nahrungsergänzungsmitteln, würde grundsätzlich eine solche Untersagung für Produkte, welche Stoffe enthalten, die sich nicht auf der entsprechenden Liste finden, darstellen. Gem. Art. 11 Abs. 2 der RL 2002/46/EG berührt deren Abs. 1 nicht die einzelstaatlichen Bestimmungen , die in Ermangelung von aufgrund dieser Richtlinie erlassenen Gemeinschaftsbestim- 1 RICHTLINIE 2002/46/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel, abrufbar unter: https://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2002:183:0051:0057:DE:PDF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Kurzinformation Vereinbarkeit der Einführung einer deutschen Positivliste für sog. sonstige Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung in Nahrungsergänzungsmitteln mit dem Unionsrecht Kurzinformation Vereinbarkeit der Einführung einer deutschen Positivliste für sog. sonstige Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung in Nahrungsergänzungsmitteln mit dem Unionsrecht Fachbereich PE 6 (Europa) Fachbereich Europa Seite 2 mungen gelten. Gem. Art. 4 Abs. 8 ordnet diese Richtlinie die Vorlage eines Berichts der Kommission über die Zweckmäßigkeit der Aufstellung spezieller Vorschriften gegebenenfalls zu Positivlisten , wie sie bereits für Nährstoffe existiert, auch für andere Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bis spätestens bis zum 12.05.2007 an. Aus dem entsprechenden Report der Kommission von 20082 geht hervor, dass aus ihrer Sicht eine einheitliche Regelung durch die Europäische Union zu diesem Zeitpunkt, auch aufgrund des unterschiedlichen Konsumverhaltens in den Mitgliedstaaten, nicht notwendig gewesen sei. Die Kommission verwies in dem Report zudem auf die für die Kontrolle der anderen Stoffe in Sinne der Richtlinie besser geeigneten nationalen Regelungssysteme der Mitgliedstaaten. Sie behielt sich allerdings ein Tätigwerden im Sinne des Art. 4 Abs. 8 der Richtlinie vor. Auch aus dem Erwägungsgrund 8 der RL 2002/46/EG geht hervor, dass nationale Regelungen bzgl. der sog. anderen Stoffe, für den Fall dass keine speziellen Gemeinschaftsvorschriften eingeführt wurden, Anwendung finden sollen. Da durch die Richtlinie insbesondere keine Vollharmonisierung angestrebt wird und bisher keine Gemeinschaftsvorschriften im Sinne des Art. 4 Abs. 8 RL 2002/46/EG erlassen wurden, steht es den Mitgliedstaaten mithin nach Art. 11 Abs. 2 RL 2002/46/EG frei, eigene Regelungen bzgl. anderer Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung einzuführen. Diese existieren , etwa in Form von Positivlisten, bereits in mehreren Mitgliedstaaten. Bei der Einführung einer deutschen Positivliste für andere Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung müssen die übrigen unionsrechtlichen Regelungen, insbesondere die auf diese anwendbaren Bestimmungen der RL 2002/46/EG, eingehalten werden. - Fachbereich Europa - 2 REPORT FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL AND THE EUROPEAN PARLIAMENT on the use of substances other than vitamins and minerals in food supplements, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/food/sites /food/files/safety/docs/labelling_nutrition-supplements-comm_2008_0824_en.pdf.