© 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Ausarbeitung Zur Richtlinie 2006/40/EG über Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen Sanktionen für richtlinienwidrig produzierte und zugelassene Fahrzeuge , Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Genehmigungsbehörde, nachträglichen Erweiterung einer Typengenehmigung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 3 PE 6 - 3000 - 79/13 Zur Richtlinie 2006/40/EG über Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen Sanktionen für richtlinienwidrig produzierte und zugelassene Fahrzeuge, Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Genehmigungsbehörde, nachträglichen Erweiterung einer Typengenehmigung Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 79/13 Abschluss der Arbeit: 16. August 2013 Fachbereich: PE 6: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 3 PE 6 - 3000 - 79/13 Inhaltsverzeichnis 1 . E i n l e i t u n g 4 1.1. Tatsächlicher Hintergrund 4 1.2. Gegenstand dieser Ausarbeitung 5 2 . Rechtl icher Hintergrund 6 2.1. Kfz-Klimaanlagenrichtlinie (2006/40/EG) 6 2.2. EU-Typengenehmigung 7 2.3. Deutsche Umsetzung 8 2.4. Wirkung der Richtlinien nach ihrer Umsetzung 10 3 . Ist eine Entscheidung des KBA, die Verstöße gegen die Kfz-Klimaanlagen-Richtlinie nicht sanktioniert, ermessenswidrig i.S.d. Richtlinie? 12 3.1. Pflicht zur Sanktionierung nach der Richtlinie? 12 3.2. Ergebnis 14 4 . Welche Rechtsmittel gibt es gegen ermessensfehlerhafte Entscheidungen des KBA? 14 5 . Ist es gemessen am Europarecht zulässig, ein nach dem 1. Januar 2011 bereits typenzugelassenes Fahrzeugmodell nachträglich durch Erweiterung einer vor dem 1. Januar 2011 für ein anderes Modell erteilten Typengenehmigung zu genehmigen, um in diesem Modell weiterhin das Kältemittel R134a verwenden zu können? 16 5.1. IstesgemessenandeneinschlägigeneuropäischenRichtlinien rechtlich zulässig, eine vor dem Stichtag erteilte Typengenehmigung nach dem Stichtag zu erweitern? 16 5.1.1. Grundsätzliche Möglichkeit der Erweiterung 16 5.1.2. Typenabgrenzung 17 5.1.3. Zwischenergebnis 19 5.2. KanneinFahrzeugmodell,fürdasnachdemStichtagbereitseine Typenzulassung erteilt wurde, nachträglich im Wege der Änderung unter eine vor dem Stichtag erteilte Typengenehmigung gefasst werden? 20 5.2.1. Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie 20 5.2.2. Zwischenergebnis 21 5.3. WelchenEinflusshabendieStichtagsregelungenderKfz- Klimaanlagenrichtlinie im Rahmen eins Verfahrens auf Änderung/Erweiterung einer Kfz-Typengenehmigung? 22 5.4. Ergebnis 23 © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 4 PE 6 - 3000 - 79/13 1. Einleitung 1.1. Tatsächlicher Hintergrund Hintergrund dieser Ausarbeitung ist der Konflikt um Kühlmittel für Kfz-Klimaanlagen und die Um- und Durchsetzung der Richtlinie 2006/40/EG über Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen (Kfz-Klimaanlagenrichtlinie) in Deutschland. In dieser Richtlinie ist geregelt, welche Art von Kühlmitteln im Hinblick auf ihr Treibhauspotenzial (Global Warming Potential – GWP) in Kfz-Klimaanlagen ab unterschiedlichen Stichtagen verwendet werden dürfen.1 Die Richtlinie war bis zum 4. Januar 2008 in mitgliedstaatliches Recht umzusetzen. Im letzten Jahr hatte die Kommission von der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die richtlinienwidriges Verhalten ihrer Kfz-Hersteller nicht sanktioniert haben, abgesehen, weil das einzige, die Anforderungen der Richtlinie erfüllende Kühlmittel H1234yf auf dem Markt nicht verfügbar war.2 Nachdem die Hersteller von H123yf dieses nun wieder liefern können, stellt sich die Kommission auf den Standpunkt, dass die Richtlinienbestimmungen seit dem 1. Januar 2013 vollumfänglich anzuwenden sind.3 Ein deutscher Auto-Hersteller behauptet indes, dass sich H1234yf entzünden könne und dass daher bei seinem Einsatz eine erhebliche Gefahr für den Straßenverkehr, insbesondere für Leib und Leben von Unfallhelfern bestehe. Er weigert sich daher H1234yf in seinen Fahrzeugen zu verwenden und befüllt Klimaanlagen weiterhin mit dem alten Kühlmittel R134a. R134a hält aber die Emissionsvorgaben der Richtlinie nicht ein. Andere Kfz-Hersteller verneinen eine Gefährdung durch H1234yf. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) kann derzeit eine Gefährdung nicht sicher ausschließen und hat im Juli 2013 eine eigene Versuchsreihe zur Verifizierung durchgeführt. Der Abschlussbericht zu dieser Versuchsreihe wird erst im Herbst vorliegen. Das KBA hat Presseberichten zufolge keine ernste Gefahr im Sinne des deutschen Produktsicherheitsgesetztes (ProdG) erkennen können, im Rahmen von verschärften Versuchsbedingungen aber durchaus Gefahrfälle festgestellt.4 Bislang hat das KBA vor diesem Hintergrund soweit hier bekannt keine Sanktionen gegen den deutschen Kfz-Hersteller wegen der weiteren Verwendung von R134a erlassen. Es gibt aber die Meldung, dass das KBA im Mai diesen Jahres eine bereits vor dem 1. Januar 2011 (im Folgenden als Stichtag bezeichnet) nach der Richtlinie 2007/46/EG zur Schaffung eines Rahmens für die 1 Im Einzelnen dazu siehe unten 2.1 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie (2006/40/EG), S. 6. 2 Vgl. dazu im Einzelnen das dem Auftraggeber bereits vorliegende Gutachten mit dem Az.: WD 11 – 3000 – 170/12. 3 Vgl. European Commission, Implementation of Directive 2006/40/EC - State of play (21/06/2013), online abrufbar unter http://ec.europa.eu/enterprise/sectors/automotive/files/environment/mac/state-of-playen.pdf, zuletzt abgerufen am 15.08.13. Siehe auch Implementation of Directive 2006/40/EC – Questions and Answers, 22.04.13. 4 Vgl. FAZ vom 9.8.13, Seite 15 („EU soll Auto-Kältemittel prüfen“). © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 5 PE 6 - 3000 - 79/13 Genehmigung von Kraftfahrzeugen (Rahmenrichtlinie)5 erteilte Typengenehmigung insofern erweitert habe, als das nun Fahrzeugmodelle, für die bereits nach dem Stichtag eine neue Typengenehmigung beantragt worden war und auch erteilt wurde, von ihr erfasst sind und somit (formell) der Genehmigungszeitpunkt für diese Fahrzeuge vor dem Stichtag 1. Januar 2011 liegt. Die Kommission hat daraufhin „in ihrer Rolle als Hüterin der Verträge“6 am 10. Juni 2013 die deutschen Behörden zur Stellungnahme aufgefordert. 1.2. Gegenstand dieser Ausarbeitung Vor diesem Hintergrund wird beleuchtet, welche Vorgaben die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie und die Rahmenrichtlinie enthalten, zum einen im Hinblick auf Sanktionen für die Produktion und Zulassung von nach dem Stichtag zugelassenen Fahrzeugen, in denen ein Kühlmittel mit einem GWP größer als 150 verwendet wird (3.) und zum anderen im Hinblick auf Rechtsmittel gegen (positive oder negative) Sanktionsentscheidungen (4.). Desweiteren wird der Frage nachgegangen , ob es nach den Richtlinien zulässig ist, eine vor dem Stichtag erteilte Typengenehmigung auf Fahrzeuge zu erweitern, für die nach dem Stichtag bereits eine neue Typengenehmigung erteilt wurde, um so die weitere Verwendung des alten Kühlmittels zu ermöglichen (5.) Zum besseren Verständnis wird vorab kurz der rechtliche Hintergrund umrissen (2.). Schon jetzt sei noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beide vorgenannten Richtlinien in nationales Recht umgesetzt wurden.7 Die einzelnen nationalen Vorschriften und Regelungen sind nicht Gegenstand dieser Ausarbeitung. Die aufgeworfenen Fragestellungen werden, wie telefonisch besprochen, allein gemessen an den Regelungen der europäischen Richtlinien beantwortet. 5 Richtlinie 2007/46/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie). Mit Wirkung vom 29. April 2009 hat diese Rahmenrichtlinie die zuvor geltende Richtlinie 70/156/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger aufgehoben. Gemäß Art. 49 Rahmenrichtlinie gelten aber Verweisungen auf die Richtlinie 70/156/EG als solche auf die aktuelle Rahmenrichtlinie. Sämtliche Rechtsakte der EU sind unter Angabe der Rechtsaktnummer online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/RECHnaturel.do, zuletzt abgerufen am 15.08.13. 6 Vgl. Statement von EU-Industriekommissar Tajani vom 17.07.2013, online abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-releaseMEMO-13-689de.htm, zuletzt abgerufen am 15.08.13. Der Hinweise auf die Rolle der Kommission als Hüterin der Verträge ist so zu verstehen, dass sie erwäg, ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV durchzuführen. 7 Im Einzelnen dazu vgl. unten 2.3 Deutsche Umsetzung, S. 8. Siehe auch die Ausarbeitung Zur Richtlinie 2006/40/EG über Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen – Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Ankündigung der Kommission, keine Vertragsverletzungsverfahren wegen der Nichteihaltung der Anforderungen der Richtlinie einzuleiten, Az.: WD 11 – 3000 – 170/12 vom 12. Dezember 2012. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 6 PE 6 - 3000 - 79/13 2. Rechtlicher Hintergrund 2.1. Kfz-Klimaanlagenrichtlinie (2006/40/EG) Vor dem Hintergrund der Verpflichtungen der Union und der Mitgliedstaaten zur Reduktion von Treibhausgasen durch die Regulierung der Verwendung von Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen8 und der Gefahr, dass bei einer unkoordinierten Umsetzung dieser Verpflichtung die Gefahr für eine Behinderung des freien Verkehrs von Kfz in der Union besteht, wurde die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie erlassen.9 Diese Richtlinie stellt Anforderungen für die Typengenehmigung und für die Betriebserlaubnis einzelstaatlicher Geltung für Kraftfahrzeuge10 im Hinblick auf Emissionen aus Klimaanlagen in Fahrzeugen und an die Nachrüstung sowie das Be- und Nachfüllen solcher Anlagen (Art. 1 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie). Art. 5 Abs. 4 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie fordert entsprechend, dass die Mitgliedstaaten seit dem 1. Januar 2011 keine Typengenehmigungen mehr für Fahrzeugtypen erteilen, deren Klimaanlagen darauf ausgelegt sind, Kältemittel mit einem GWP-Wert von mehr als 15011 zu enthalten. Nach Abs. 3 verweigern die Mitgliedstaaten schon zuvor bei neuen Fahrzeugen, deren Klimaanlagen GWP>150 benötigen, die Zulassung, wenn die Leckage-Rate der jeweiligen Klimaanlage und damit die verursachten Emissionen zu groß sind. In Abs. 5 der Vorschrift wird den Mitgliedstaaten aufgegeben, ab dem 1. Januar 2017 neuen Fahrzeugen, deren Klimaanlage GWP>150 benötigen , die Zulassung zu verweigern und Verkauf und Inbetriebnahme zu verbieten. Art. 6 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie regelt weiter, dass in ab dem 1. Januar 2011 typengenehmigten Fahrzeuge weder nachträglich Klimaanlagen eingebaut werden dürfen, die GWP>150 benötigen , noch vorhandene Klimaanlagen mit GWP>150 befüllt werden dürfen (vgl. Art. 6 Abs. 1 S. 1 und Art. 6 Abs. 2 S. 1 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie). In Fahrzeugen mit einer vor dem 1.Januar 2011 erteilten Typengenehmigung dürfen erst ab 1. Januar 2017 nachträglich keine Klimaanlagen mehr eingebaut werden, die GWP>150 benötigen (Art. 6 Abs. 1 S. 2 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie). Ab diesem Zeitpunkt dürfen auch Klimaanlagen in vor dem Stichtag typengenehmigten Fahrzeugen nicht mehr mit GWP>150 befüllt werden. Das Nachfüllen mit GWP>150 bleibt aber möglich, wenn eine Klimaanlagen vor dem 1. Januar 2017 eingebaut wurde und bereits mit GWP>150 befüllt ist (Art. 6 Abs. 2 S. 2 2. Hs. Kfz-Klimaanlagenrichtlinie). Die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie schreibt nicht die Verwendung eines speziellen Kältemittels vor, sondern ordnet lediglich an, dass die verwendeten Kühlmittel den GWP-Wert von 150 nicht übersteigen dürfen. 8 Vgl. Entscheidung 2002/358/EG des Rates vom 25.04.2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 130 vom 15.05.2002, S. 1), online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32002D0358:DE:HTML, zuletzt abgerufen am 06.12.2012. 9 Vgl. insbesondere Erwägungsgrund 2. 10 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden von dem Begriff der Typengenehmigung auch der der Betriebserlaubnis einzelstaatlicher Geltung erfasst. 11 Im Folgenden bezeichnet als GWP>150. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 7 PE 6 - 3000 - 79/13 Gemäß Art. 7 der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie erlässt die Kommission die notwendigen Durchführungsmaßnahmen . Gestützt auf diese Vorschrift wurde die Verordnung (EG) 706/2007 zur Festlegung von Verwaltungsvorschriften für die EG-Typengenehmigung von Kfz und eines harmonisierten Verfahrens für die Messung von Leckagen aus bestimmten Klimaanlagen12 erlassen. Dort enthält Art. 6 Verwaltungsvorschriften für die Typengenehmigung eines Fahrzeugs hinsichtlich der Emissionen aus seiner Klimaanlage. Nach Art. 6 Abs. 3 VO 706/2007 wird die Typengenehmigung erteilt, wenn die einschlägigen Anforderungen – also auch die der Kfz- Klimaanlagenrichtlinie – erfüllt sind. 2.2. EU-Typengenehmigung Das EG-Typengenehmigungsverfahren ist in Art. 6 ff. und im Anhang V der Rahmenrichtlinie geregelt. Es bedarf zunächst eines Antrages des Herstellers auf Genehmigung eines Fahrzeugtyps, dem sämtliche erforderliche Unterlagen beizufügen sind (vgl. Art. 6 Rahmenrichtlinie). In Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie ist ausdrücklich geregelt, dass für ein und denselben Fahrzeugtyp nur ein einziger Antrag in nur einem einzigen Mitgliedstaat eingereicht werden kann und dass für jeden zu genehmigenden Typ ein gesonderter Antrag einzureichen ist. Nach Art. 8 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 lit. a) Rahmenrichtlinie erteilen die Mitgliedstaaten eine EG-Typengenehmigung für einen Typ eines Fahrzeuges, der mit den Angaben in der Beschreibungsmappe übereinstimmt und den technischen Anforderungen der in Anhang IV aufgeführten einschlägigen Rechtsakte entspricht. Die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie ist im Anhang IV, Ziffer 61 der Rahmenrichtlinie aufgeführt und daher bei der Erteilung von Typengenehmigungen zu beachten. Art. 13ff. Rahmenrichtlinie enthalten Vorschriften zur Änderung von Typengenehmigungen. Nach Art. 13 Abs. 1 Rahmenrichtlinie ist der Hersteller verpflichtet, dem genehmigenden Mitgliedstaat jede Änderung der Angaben in den Beschreibungsunterlagen, die dem ursprünglichen Antrag auf Typengenehmigung beigefügt waren, mitzuteilen. Der Mitgliedstaat entscheidet dann über das weitere Verfahren in Abhängigkeit davon, ob es sich um eine Revision der Typengenehmigung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Rahmenrichtlinie (Änderung von Angaben in den Beschreibungsunterlagen ) oder um eine Erweiterung i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Rahmenrichtlinie (Änderung von Angaben in den Beschreibungsunterlagen und zusätzlich Erforderlichkeit weiterer Kontrollen oder Änderung von Angaben im Typengenehmigungsbogen oder neue Anforderungen aufgrund der Rechtsakte, die für den genehmigten Fahrzeugtyp gelten) handelt. Sofern erforderlich, kann der Mitgliedstaat gemäß Art. 13 Abs. 1 S. 3 Rahmenrichtlinie im Benehmen mit dem Hersteller entscheiden, dass auf Grund der Änderung eine neue Typengenehmigung zu erteilen ist. In Art. 16 Rahmenrichtlinie ist die Heraus- und Bekanntgabe der geänderten Typengenehmigungen geregelt. Die Rahmenrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten in Art. 12 zudem, geeignete Maßnahmen für die Überprüfung zu erlassen, ob geeignete Vorkehrungen zur Sicherstellung, dass hergestellte Kfz mit der erteilten Genehmigung übereinstimmen, getroffen wurden. Außerdem müssen die 12 Verordnung (EG) Nr. 706/2007 der Kommission vom 21. Juni 2007 zur Festlegung von Verwaltungsvorschriften für die EG-Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und eines harmonisierten Verfahrens für die Messung von Leckagen aus bestimmten Klimaanlagen nach der Richtlinie 2006/40/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 161 vom 22.6.2007, S. 33 – im Folgenden TypengenehmigungsVO. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 8 PE 6 - 3000 - 79/13 Mitgliedstaaten „die erforderlichen Maßnahmen – einschließlich des Entzugs der Typengenehmigung “ ergreifen, um die Einhaltung jener Vorkehrungen sicherzustellen (Art. 12. Abs. 3 Rahmenrichtlinie ). Art. 29 Abs. 1 Rahmenrichtlinie gestattet den Mitgliedstaaten, die Zulassung von solchen Fahrzeugen zu untersagen, die zwar den Genehmigungsvoraussetzungen der Richtlinien entsprechen, die aber ein erhebliches Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr darstellen oder die Umwelt oder die öffentliche Gesundheit ernsthaft gefährden. Sollte sich die Gefährdung aus Mängeln des zu Grunde liegenden Rechtsaktes ergeben, ist die Kommission nach Art. 29 Abs. 3 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 Rahmenrichtlinie aufgerufen, diesen Rechtsakt im Regelungsverfahren mit Kontrolle nach Art. 5a des Ratsbeschlusses 1999/468/EG13 unter Beteiligung des Regelungskontrollausschusses sowie des Europäischen Parlaments und des Rats zu ändern. Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 30 Abs. 1 Rahmenrichtlinie außerdem verpflichtet, „die notwendigen Maßnahmen, einschließlich erforderlichenfalls eines Entzugs der Typengenehmigung “ für den Fall zu ergreifen, dass festgestellt wird, dass neue Fahrzeuge nicht mit der erteilten Genehmigung übereinstimmen. Gemäß Art. 30 Abs. 3, 4 Rahmenrichtlinie können andere Mitgliedstaaten einen genehmigenden Mitgliedstaat auffordern, die Übereinstimmung neuer Fahrzeuge mit der erteilten Typengenehmigung zu überprüfen und gegebenenfalls notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Art. 33 Rahmenrichtlinie ordnet an, dass die Verweigerung und der Entzug einer Typengenehmigung zu begründen und den Beteiligten unter Angabe der im nationalen Recht vorgesehenen Rechtsbehelfe bekannt zu geben sind. Nach Art. 46 Rahmenrichtlinie legen die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen fest, die bei Verstößen gegen die Rahmenrichtlinie anzuwenden sind und ergreifen alle für die Durchführung der Richtlinie erforderlichen Maßnahmen. 2.3. Deutsche Umsetzung Die Regelungen der Rahmenrichtlinie wurden in Deutschland durch die Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selb- 13 Beschluss des Rates vom 28.06.1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, Abl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23, zuletzt geändert durch Beschluss des Rates 2006/512/EG vom 17.07.2006, ABl. L 200 vom 22.07.2006, S. 11 (konsolidierte Fassung abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:1999D0468:20060723:DE:PDF, zuletzt abgerufen am 16.08.2013), aufgehoben durch Verordnung (EU) 182/2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, ABl. L 55 vom 28.02.2011, S. 13 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32011R0182:DE:HTML, zuletzt abgerufen am 16.08.2013). Nach Erwägungsgrund 21) der VO (EU) 182/2011 behält aber Art. 5a) des Beschlusses 1999/468/EG für die Zwecke bestehender Basisrechtsakte, in denen auf jenen Artikel verwiesen wird, vorläufig weiterhin seine Wirkung. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 9 PE 6 - 3000 - 79/13 ständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge14 (EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung - FGV) umgesetzt. Die Erteilung der EG-Typengenehmigung ist dort in § 4 geregelt, während § 5 EG-FGV vorschreibt, dass Inhaber einer EG-Typengenehmigung das KBA über Änderungen zu den in den Beschreibungsunterlagen enthaltenen Angaben zu unterrichten haben. Sollten die Änderungen Auswirkungen auf die Beschreibungsunterlagen haben, so erfolgt die notwendige Revision oder Erweiterung der zu Grunde liegenden Typengenehmigung nur auf Antrag. Das KBA nimmt Änderungen nach Art. 14-16 Rahmenrichtlinie vor. Die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie wurde durch die Siebenundvierzigste Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 10. Mai 2012 umgesetzt.15 Mit Wirkung vom 01. Juni 2012 wurden §§ 47 e, 72 Abs. 2 Nr. 6 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO)16 erlassen : § 47e StVZO (Genehmigung, Nachrüstung und Nachfüllen von Klimaanlagen) „Kraftfahrzeuge mit Klimaanlagen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/40/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen und zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG (ABl. L 161 vom 14. 6. 2006, S. 12) und der Verordnung (EG) Nr. 706/2007 der Kommission vom 21. Juni 2007 zur Festlegung von Verwaltungsvorschriften für die EG-Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und eines harmonisierten Verfahrens für die Messung von Leckagen aus bestimmten Klimaanlagen nach der Richtlinie 2006/40/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 161 vom 22. Juni 2007, S. 33) fallen, haben mit Wirkung vom 1. Juni 2012 den Vorschriften dieser Verordnung zu entsprechen.“ § 72 Abs. 2 Nr. 6 StVZO „§ 47e (Genehmigung, Nachrüstung und Nachfüllen von Klimaanlagen) ist wie folgt anzuwenden: a) In Fahrzeuge, für die eine Typgenehmigung ab dem 1. Januar 2011 erteilt wurde, darf ab dem 1. Juni 2012 eine Klimaanlage, die darauf ausgelegt ist, fluorierte Treibhausgase mit einem global warming potential-Wert (GWP-Wert) über 150 zu enthalten, nicht mehr nachträglich eingebaut werden. 14 BGBl. I 2011, 126. Durch diese Rechtsverordnung wurde die Verordnung zur Neuordnung des Rechts der Erteilung von EG-Typgenehmigungen für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (BGBl. I vom 27.04.2009, S. 872.) die zuvor der Umsetzung diente, aufgehoben. 15 BGBl. I vom 16.05.2012 S. 1086. 16 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 26. April 2012 (BGBl. I S. 679), zuletzt geändert durch Art. 2 Erste VO zur Änd. der Fahrzeug-ZulassungsVO und and. straßenverkehrsrechtl. Vorschriften vom 19. 10. 2012 (BGBl. I S. 2232). Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 10 PE 6 - 3000 - 79/13 b) Klimaanlagen, die in Fahrzeuge eingebaut sind, für die ab dem 1. Januar 2011 eine Typgenehmigung erteilt wurde, dürfen nicht mit fluorierten Treibhausgasen mit einem GWP-Wert von über 150 befüllt werden. Mit Wirkung vom 1. Januar 2017 dürfen Klimaanlagen in sämtlichen Fahrzeugen nicht mehr mit fluorierten Treibhausgasen mit einem GWP-Wert über 150 befüllt werden; hiervon ausgenommen ist das Nachfüllen von diese Gase enthaltenden Klimaanlagen, die vor diesem Zeitpunkt in Fahrzeuge eingebaut worden sind. c) Fahrzeuge mit einer Einzelgenehmigung, die ab dem 1. Januar 2017 erstmals in den Verkehr gebracht werden sollen, ist die Zulassung zu verweigern, wenn deren Klimaanlagen mit einem fluorierten Treibhausgas mit einem GWP-Wert über 150 befüllt sind. Bei Fahrzeugen mit einer Einzelgenehmigung, die vor dem 1. Januar 2017 erstmals in den Verkehr kommen sollen und deren Klimaanlagen mit einem fluorierten Treibhausgas mit einem GWP-Wert über 150 befüllt sind, findet der Nachweis der Leckagerate gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 706/2007 keine Anwendung.“ 2.4. Wirkung der Richtlinien nach ihrer Umsetzung Eine Richtlinie ist nach Art. 288 Abs. 3 AEUV für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Sie überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl und Form der Mittel der Umsetzung. Insofern sieht das Unionsrecht ein zweistufiges Verfahren vor, in welchem die Unionsorgane mit der Richtlinie eine Rahmenregelung erlassen und die Mitgliedstaaten die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen vornehmen . Aus der Loyalitätspflicht nach Art. 4 Abs. 3 EUV ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten zur vollständigen , genauen und fristgemäßen Umsetzung von Richtlinien verpflichtet sind. Neben der formalen Umsetzung müssen sie den Vorgaben der Richtlinien auch tatsächlich volle Wirksamkeit verleihen. Die Mitgliedstaaten haben dabei die Umsetzungsformen und -mittel zu ergreifen, welche die praktische Wirksamkeit der Richtlinie am besten gewährleisten.17 Die Pflicht, die Richtlinienziele im nationalen Recht zu verwirklichen, erstreckt sich auf den Mitgliedstaat insgesamt und damit auf alle mitgliedstaatlichen Organe einschließlich der Judikative. Das umsetzende nationale Recht muss richtlinienkonform ausgelegt werden. Ausnahmsweise kommt auch die unmittelbare Wirkung von Richtlinien in Betracht. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Umsetzungsfrist ohne korrekte Umsetzung abgelaufen ist und die Richtlinie hinreichend bestimmt und unbedingt ist, sie also den Mitgliedstaaten in Bezug auf die betreffende Vorschrift keinen Umsetzungsspielraum belässt.18 Im hiesigen Kontext kommt es v.a. auf die Regelungen der Rahmenrichtlinie zur Erteilung bzw. zur Änderung von Kfz-Typengenehmigungen und auf die Stichtagsregelungen in der Kfz- Klimaanlagenrichtlinie (Art. 5 Abs. 4, Art. 6 Abs. 1 S. 1 und Art. 6 Abs. 2 S. 1 Kfz- 17 EuGH, Rs. 48/75 (Royer), Slg. 1976, S. 497, Rn. 69/73. 18 Grundlegend EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg. 1979, S. 1629, Rn. 18ff; m.w.N.; Ruffert in Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV, Rn. 48f. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 11 PE 6 - 3000 - 79/13 Klimaanlagenrichtlinie, Art. 6, 9, 13, 14 Rahmenrichtlinie) und ihre jeweiligen Umsetzungen in nationales Recht an. Die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie gibt letztendlich19 vor, - dass ab dem 1. Januar 2011 * keine Typengenehmigungen mehr für Kfz erteilt werden dürfen, deren Klimaanlagen GWP>150 benötigen (Art. 5 Abs. 4 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie) * in Fahrzeuge, die ab dem 1. Januar 2011 eine Typengenehmigung erhalten, nachträglich keine Klimaanlagen eingebaut werden dürfen, die GWP>150 benötigen (Art. 6 Abs. 1 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie) * Klimaanlagen in Kfz, die ab dem 1. Januar 2011 typengenehmigt werden, nicht mit GWP>150 befüllt werden dürfen (Art. 6 Abs. 2 S. 1 Kfz- Klimaanlagenrichtlinie). - dass ab dem 1. Januar 2017 Klimaanlagen in Fahrzeugen, deren Typengenehmigung vor dem 1. Januar 2011 erteilt wurde, nicht mehr mit GWP>150 befüllt werden dürfen (Art. 6 Abs. 2 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie). Diese Vorgaben sind in der §§ 47e, 72 Abs. 2 Nr. 6 StVZO – wenn auch verspätet – in deutsches Recht umgesetzt worden. Insbesondere enthalten § 72 Abs. 2 Nr. 6 lit. a) und lit. b) StVZO die Vorgaben der Richtlinie bezüglich des nachträglichen Einbaus und der Befüllung von Klimaanlagen . Das Verbot, Typengenehmigung für Kfz zu erteilen, deren Klimaanlagen GWP>150 benötigen , ergibt sich für das deutsche Recht aus der EG-FGV i.V.m. § 47e StVZO i.V.m. mit der Verordnung 706/2007 i.V.m. Kfz-Klimaanlagenrichtlinie. Jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt entspricht das deutsche Recht den Vorgaben der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie. Nationale Behörden und Kfz-Hersteller müssen sich an das nationale Recht halten. Das Kraftfahrzeugbundesamt (KBA) muss die einschlägigen Vorschriften anwenden. Die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie entfaltet in Deutschland (jedenfalls) seit erfolgter Umsetzung keine unmittelbare Wirkung. Nationales Recht muss aber gegebenenfalls richtlinienkonform ausgelegt werden.20 Nach der Rahmenrichtlinie können Typengenehmigung im Verfahren der Art. 13, 14 geändert bzw. erweitert werden. Im deutschen Umsetzungsakt findet sich in § 5 EG-FGV die Möglichkeit der Änderung der EG-Typengenehmigung unter Verweis auf die Vorschriften der Rahmenrichtlinie . 19 Die Regelungen über Klimaanlagen mit einem höheren GWP und den zulässigen Leckage-Werten bleiben hier angesichts tatsächlichen Hintergrunds des „Kühlmittelstreits“, in dem es um diese Fälle nicht geht, außer Betracht . 20 Zur richtlinienkonformen Auslegung vgl. statt vieler Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage, 2011, Art. 288 AEUV, Rn. 77ff. m.w.N. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 12 PE 6 - 3000 - 79/13 Die Typengenehmigung und ihre Erweiterung durch das Kraftfahrtbundesamt (KBA) sind feststellende , antragsbedürftige begünstigende Verwaltungsakt. Soweit nicht die StVZO und die EG- FGV und die der Umsetzung zu Grunde liegenden Richtlinien Spezialregelungen enthalten, gelten für die Erteilung der Typengenehmigung (oder die Ablehnung der Erteilung) und ihre etwaige Änderung ergänzend die allgemeinen Regeln des deutschen Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).21 3. Ist eine Entscheidung des KBA, die Verstöße gegen die Kfz-Klimaanlagen-Richtlinie nicht sanktioniert, ermessenswidrig i.S.d. Richtlinie? 3.1. Pflicht zur Sanktionierung nach der Richtlinie? Die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie und die Rahmenrichtlinie verpflichten die Mitgliedstaaten zum einen, EG-Typengenehmigungen nur zu erteilen, wenn u.a. die stichtagsbezogenen Grenzwerte eingehalten sind (vgl. Art. 4 Abs. 2 Rahmenrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie ), und zum anderen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Fahrzeuge genehmigungs- und damit richtlinienkonform produziert werden. Es ist die Pflicht der Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen (ggf. den Entzug der Genehmigung) ergreifen, um die genehmigungs- und richtlinienkonforme Herstellung von Fahrzeugen sicherzustellen. Zudem ordnet Art. 46 Rahmenrichtlinie an, dass die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen festlegen, die bei Verstößen gegen das europäische Regelwerk anzuwenden sind. Die Richtlinien überlassen aber den Mitgliedstaaten die Wahl der Mittel: Es ist es eine Frage des nationalen Rechts, mit welchen konkreten Maßnahmen die deutsche Behörden etwa auf die Befüllung von nach dem Stichtag typenzugelassenen Fahrzeugen mit nicht richtlinienkonformen R134a reagieren. Das Europarecht schreibt insofern weder vor, dass eine bereits erteilte Typenzulassung entzogen werden muss, noch welche anderen Sanktionen konkret in Betracht kommen. Das Europarecht verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar dazu, an sie gerichtete Richtlinien umzusetzen (vgl. Art. 288 Abs. 3, 291 Abs. 1 AEUV i.V.m. Art. 4 Abs. 3 EUV). Es schreibt zudem vor, dass eine mitgliedstaatliche Reaktion erfolgen muss, die sicherstellt, dass die Vorgaben der Richtlinien eingehalten werden, d.h. dass u.a. Klimaanlagen in nach dem Stichtag typenzugelassenen Fahrzeugen nicht mehr mit GWP>150 befüllt werden. Verstößt ein Kfz-Hersteller gegen die Vorgaben der Richtlinie und baut in ein nach dem Stichtag typenzugelassenes Fahrzeug eine GWP>150 benötigende Klimaanlage ein oder befüllt eine Klimaanlage in einem solchen Fahrzeug mit GWP>150, müssen ihm aus Sicht des Europarechts verhältnismäßige, wirksame und abschreckende Sanktionen, und ultima ratio auch der Entzug der Typengenehmigung drohen. Die Verpflichtung zur Einführung wirksamer Sanktionen besteht soweit sie zur effektiven Durchsetzung der Vorgaben der Richtlinie erforderlich ist.22 Ihr Erlass liegt aber im Grundsatz im Ermessen des 21 Vgl. auch den Überblick bei Rebler, Einzelbetriebserlaubnis, Allgemeine Betriebserlaubnis, Typgenehmigung, SVR, 316ff. 22 Vgl. schon EuGH, Rs. 14/83 (von Colson und Kamann), Urteil vom 10.04.1984, Rn. 22f. Für weitere Pflichten im Zusammenhang mit der Umsetzung von Richtlinien vgl. Bogdandy/Schil, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, 50. EL, 2013, Art. 4 EUV, 73 m.w.N. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 13 PE 6 - 3000 - 79/13 nationalen Normgebers bzw. Rechtsanwenders.23 Die aus Art. 4 Abs. 3 EUV resultierende Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten begrenzt dieses Ermessen aber insofern, als dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Sanktionen für die Verletzung von EU-Recht müssen wirksam , verhältnismäßig und abschreckend sein. Daraus folgt, dass aus europarechtlicher Sicht das nationale Recht Sanktionen für den Fall vorsehen muss, dass ein Hersteller in nach dem Stichtag zugelassenen Fahrzeugtypen weiterhin Klimaanlagen einbaut, die GWP>150 benötigen. Eine Möglichkeit, von Sanktionen für die Produktion richtlinienwidriger Fahrzeuge mit der Begründung abzusehen, „Gefahren für die Verkehrssicherheit lägen nicht vor“, ist von den Richtlinien nicht vorgesehen. Nach Art. 29 Rahmenrichtlinie kann ein Mitgliedstaat zwar die Zulassung solcher Fahrzeuge auf seinem Hoheitsgebiet für die Dauer von 6 Monaten untersagen, die den Anforderungen der Richtlinie zwar entsprechen , aber dennoch ein erhebliches Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr darstellen oder die Umwelt oder die öffentliche Gesundheit ernsthaft gefährden. Dabei geht es aber nicht um die Sanktionierung richtlinienwidrigen Verhaltens, sondern darum, dass für den Fall, dass auf Grund einer technischen Regelung aus einer Richtlinie Sicherheitsprobleme ergeben, die betroffenen Fahrzeuge nicht dennoch zugelassen werden müssen. Ein Mitgliedstaat ist nach den Richtlinien ja verpflichtet, die Genehmigung zu erteilen, wenn alle Anforderungen erfüllt sind. Art. 29 bietet ihm die Möglichkeit, trotz Erfüllung aller Vorgaben von einer Zulassung abzusehen und das weitere Verfahren einzuleiten, wenn sonst erhebliche Risiken bestünden. Dies führt – im Gegensatz zur nicht sanktionierten Nichteinhaltung von technischen Vorgaben – nicht dazu, dass Fahrzeuge auf den Markt gelangen, die den einzelnen technischen Richtlinien nicht entsprechen. Es wird vielmehr verhindert, dass Fahrzeuge auf den Markt gelangen, die den Richtlinien zwar entsprechen, aber dennoch eine Gefahr darstellen. Im vorliegenden Fall folgt aus Art. 29 Rahmenrichtlinie, dass – angenommen das richtlinienkonforme Kühlmittel H1234yf stellte tatsächlich eine Gefahr dar – die Mitgliedstaaten die Zulassung von Fahrzeugen, in denen dieses Kühlmittel verwendet wird, vorübergehend verweigern und damit verhindern könnten, dass diese auf den Markt gelangen, obwohl eigentlich alle technischen Vorgaben erfüllt wären. Daraus folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass sie die Verwendung eines nicht richtlinientauglichen Kühlmittels genehmigen oder von der Sanktionierung eines solchen Verhaltens absehen könnten. Dies ist in der Richtlinie nicht vorgesehen. Vielmehr sind die Mitgliedstaaten ausdrücklich aus Art. 46 Rahmenrichtlinie und auf Grund ihrer Loyalitätspflicht verpflichtet, die richtlinienwidrige Befüllung von Klimaanlagen mit dem Ziel zu sanktionieren , der Richtlinie und ihren Bestimmungen zur vollen Wirksamkeit zu verhelfen. Welche konkreten Sanktionen unter welchen Voraussetzungen von welcher Behörde zu erlassen sind, richtet sich nach nationalem Recht, welches sich in dem durch die Richtlinien vorgegebenen Rahmen halten muss. Schon nach geltendem deutschen Recht (§ 72 Abs. 2 Nr. 6 StVZO) ist es untersagt, Klimaanlagen, die in nach dem Stichtag typenzugelassene Fahrzeuge eingebaut werden, mit GWP>150 zu 23 Bogdandy/Schil, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, 50. EL, 2013, Art. 4 EUV, 75 m.w.N. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 14 PE 6 - 3000 - 79/13 befüllen. Hersteller, die dies dennoch tun, verhalten sich damit nicht nur richtlinien- sondern auch gesetzeswidrig. Wenn also das KBA auf die nicht richtlinienkonforme Befüllung von Klimaanlagen durch Kfz-Hersteller nicht reagierte, stellte dies nicht nur einen Verstoß gegen das Richtlinienrecht sondern auch einen Verstoß gegen nationales Recht dar. Als Genehmigungsbehörde hat das KBA nach deutschem Recht die Möglichkeit, auf die nicht genehmigungsgerechte Produktion von Fahrzeugen und deren Vertrieb auf verschiedene Art und Weise zu reagieren: So sieht § 25 Abs. 2 EG-FGV etwa die nachträgliche Anordnung von Nebenbestimmungen (vgl. auch § 36 VwVfG) zur Typengenehmigung vor. Zudem kommt der Widerruf oder die Rücknahme der Typengengenehmigung nach § 25 Abs. 3 EG-FGV i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG in Betracht. Zusätzlich sind in der EG-FGV eine Reihe von Ordnungswidrigkeiten geregelt (§ 37 EG-FGV), die von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu ahnden sind. So handelt nach § 37 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV ordnungswidrig i.S.d. § 24 Abs. 1 S. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG)24, wer ein neues Fahrzeug in den Verkehr bringt, ohne dass dieses mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung i.S.d. § 17 Abs. 1 EG-FGV versehen ist. Wer dies gewerbsmäßig tut, handelt ordnungswidrig i.S.d. § 23 Abs. 2 StVG25 (vgl. § 27 Abs. 2 EG-FGV). Nach § 17 Abs. 1 EG-GFV muss der Inhaber der EG-Typengenehmigung mit der Übereinstimmungsbescheinigung bestätigen, dass das konkrete Fahrzeug der Typengenehmigung entspricht. 3.2. Ergebnis Eine Entscheidung des KBA, Verstöße gegen die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie nicht zu sanktionieren , was dazu führte, den Richtlinienbestimmungen nicht zur vollen Wirksamkeit zu verhelfen , wäre ermessenswidrig i.S.d. Richtlinie. Ob im konkreten Fall tatsächlich Verstöße gegen die Kfz- Klimaanalagenrichtlinie vorliegen, die aus europarechtlicher Sicht sanktioniert werden müssten, vermag von hier aus nicht abschließend beurteilt werden. Wenn es aber tatsächlich so wäre, dass in Fahrzeugtypen, die erst nach dem Stichtag ihre Typenzulassung erhalten haben, ein Kühlmittel verwendet würde, was ein Treibhauspotenzial von mehr als 150 hat, spricht einiges für die Annahme, dass eine Nichtsanktionierung wahrscheinlich ermessensfehlerhaft wäre. 4. Welche Rechtsmittel gibt es gegen ermessensfehlerhafte Entscheidungen des KBA? Weder die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie noch die Rahmenrichtlinie schreiben im Einzelnen vor, welche Personen unter welchen Voraussetzungen gegen Entscheidungen der nationalen Behör- 24 § 24 StVG Verkehrsordnungswidrigkeit: (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Vorschrift einer auf Grund des § 6 Abs. 1 oder des § 6e Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung oder einer auf Grund einer solchen Rechtsverordnung ergangenen Anordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. [...] 25 § 23 StVG Feilbieten nicht genehmigter Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Ausrüstungen: [...] (2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Vorschrift einer auf Grund des § 6 Abs. 3a erlassenen Rechtsverordnung oder einer auf Grund einer solchen Rechtsverordnung ergangenen vollziehbaren Anordnung zuwiderhandelt , soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. [...] Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 15 PE 6 - 3000 - 79/13 den im Zusammenhang mit der richtlinienwidrigen Herstellung von Fahrzeugen vorgehen können . Die Richtlinien regeln insofern lediglich, dass Entscheidungen etwa über den Entzug einer Typengenehmigung zu begründen und den Beteiligten unter Angabe der im nationalen Recht vorgesehenen Rechtsbehelfe bekannt zu geben sind (vgl. Art. 33 Rahmenrichtlinie). Insofern richtet sich der Rechtsschutz für Beteiligte nach dem nationalen Recht. Rechtsschutz für Dritte fordert die Richtlinie nicht. Entscheidungen des KBA zur Erteilung, Ablehnung und Erweiterung von Typengenehmigungen dürften nach deutschem Recht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sein. Der Rechtsschutz richtet sich daher in erster Linie nach allgemeinem deutschen Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht . So ist etwa denkbar, dass ein privater Kläger die einem Kfz-Hersteller in richtlinienwidriger Weise erteilte Typenzulassung für ein Fahrzeug anficht oder von den nationalen Behörden ein (ordnungs)-behördliches Einschreiten gegen Hersteller, die Klimaanlagen richtlinienwidrig mit R134a befüllen, verlangt. Im Rahmen eines Rechtsstreits vor nationalen Gerichten hätten diese dann das nationale Recht anzuwenden und im Lichte der zu Grunde liegenden Richtlinie auszulegen. Hierbei wäre der Anwendungsvorrang des Europarechts26 zu beachten. Die nationalen Gerichte müssten das nationale Recht richtlinienkonform so auslegen, dass die Richtlinie innerstaatlich volle Wirksamkeit entfalten kann. Richtlinienwidriges nationales Recht wäre danach zwar nicht ungültig, dürfte aber nicht angewandt werden. Ob Klagen vor deutschen Verwaltungsgerichten in diesem Zusammenhang Aussicht auf Erfolg haben, richtet sich ebenfalls nach deutschem Verwaltungsprozessrecht. Problematisch könnte diesbezüglich insbesondere sein, ob private Kläger geltend machen könnten, in eigenen subjektiven Rechten verletzt zu sein oder einen Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten zu haben (vgl. dazu § 42 Abs. 2 VwGO). Insofern stellt sich die Frage, ob §§ 47e, 72 Abs. 2 Nr. 6 StVZO und somit letztlich Art. 5 Abs. 4 und 6 Abs. 2 Kfz-Klimaanlagenrichtlinie bezwecken, dem Einzelnen Rechte zu verleihen bzw. ob diese Vorschriften dem Schutz des Einzelnen zu dienen bestimmt sind.27 Da die genannten Vorschriften der Reduzierung von Treibhausgasen und damit dem Klimaschutz als Zweck des Gemeinwohls dienen, ist davon auszugehen, dass ein subjektives Recht für den Einzelnen nicht gewährt wird. Aus diesem Grunde spricht einiges dafür, dass Klagen Privater vor deutschen Verwaltungsgerichten wegen einer behaupteten richtlinienwidrigen Erteilung einer Typenzulassung bzw. auf ordnungsbehördliches Einschreiten gegen Kfz- Hersteller, die ihre Kfz-Klimaanlagen richtlinienwidrig mit R 134 a befüllen, als unzulässig abgewiesen würden. 26 Zum Anwendungsvorrang vgl. statt vieler Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage 2011, Art. 1 AEUV, Rn. 16ff. m.w.N. 27 Zur Schutznormtheorie im deutschen Verwaltungsrecht vgl. Wahl, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung , 24. Ergänzungslieferung 2012, Vorb. zu § 42 Abs. 2 VwGO, Rn. 94ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 16 PE 6 - 3000 - 79/13 5. Ist es gemessen am Europarecht zulässig, ein nach dem 1. Januar 2011 bereits typenzugelassenes Fahrzeugmodell nachträglich durch Erweiterung einer vor dem 1. Januar 2011 für ein anderes Modell erteilten Typengenehmigung zu genehmigen, um in diesem Modell weiterhin das Kältemittel R134a verwenden zu können? Um die hier gestellte Frage zu beantworten, wird in drei Schritten vorgegangen: 1. Ist es gemessen an den einschlägigen europäischen Richtlinien rechtlich zulässig, eine vor dem Stichtag erteilte Typengenehmigung nach dem Stichtag auf andere Fahrzeugmodelle zu erweitern? (dazu unter 5.1.) 2. Kann ein Fahrzeugmodel, für das nach dem Stichtag bereits eine Typenzulassung erteilt wurde, nachträglich im Wege der Änderung unter eine vor dem Stichtag erteilte Typengenehmigung gefasst werden? (dazu unter 5.2.) 3. Welchen Einfluss haben die Stichtagsregelungen der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie im Rahmen eins Verfahrens auf Änderung/Erweiterung einer Kfz-Typengenehmigung? (dazu unter 5.3.) 5.1. Ist es gemessen an den einschlägigen europäischen Richtlinien rechtlich zulässig, eine vor dem Stichtag erteilte Typengenehmigung nach dem Stichtag zu erweitern? 5.1.1. Grundsätzliche Möglichkeit der Erweiterung Die Möglichkeit der Änderung von Typengenehmigungen ist in Art. 13ff. Rahmenrichtlinie vorgesehen (vgl. auch § 5 EG-FGV, der insofern auf Art. 14 bis 16 Rahmenrichtlinie verweist). Gemäß Art. 13 Rahmenrichtlinie hat der Inhaber einer Typengenehmigung das KBA unverzüglich über jede Änderung zu Angaben in den Beschreibungsunterlagen zu unterrichten. Zu den Beschreibungsunterlagen zählen gemäß Art. 2 Ziff. 39 Rahmenrichtlinie die Beschreibungsmappe sowie die Prüfberichte und alle anderen Schriftstücke, die der Technische Dienst oder die Genehmigungsbehörde im Zuge der Ausübung ihrer Aufgaben der Beschreibungsmappe beigefügt haben. Nach Art. 2 Ziff. 38 Rahmenrichtlinie ist die Beschreibungsmappe die Gesamtdokumentation einschließlich Beschreibungsbogen, Berechnungen, Daten, Zeichnungen, Fotografien usw. die vom Antragsteller einzureichen sind. Der Beschreibungsbogen ist gemäß Art. 2 Ziff. 37 das im jeweiligen Anhang zu den anwendbaren Genehmigungsrichtlinien und –verordnungen wiedergegebene Dokument, welches die Beschreibungsmerkmale enthält, die vom Antragsteller anzugeben sind. Beispielsweise sind die Art der in ein Fahrzeug einzubauenden Klimaanlage und das in ihr zu verwendende Kühlmittel als Teil der Innenausstattung eines Fahrzeuges Teil der Beschreibungsunterlagen (vgl. etwa Anhang I der Rahmenrichtlinie, Ziff. 9.10.8), so dass Kfz- Hersteller das KBA informieren müssen, wenn sie diesbezüglich gemessen an der ursprünglichen Genehmigung Veränderungen vornehmen. Das gleiche gilt für alle Änderungen an anderen Fahrzeugkomponenten , die Teil der Beschreibungsunterlagen sind. Solche Änderungen können dann als Revision oder als Erweiterung in die Typengenehmigung einfließen. Es handelt sich um eine Revision, wenn sich lediglich die Angaben in den Beschreibungsunterlagen verändern. Das KBA gibt in einem solchen Fall die revidierten Seiten der Beschreibungsunterlagen heraus (vgl. Art. 14 Abs. 1 Rahmenrichtlinie). Werden jedoch zusätzlich weitere Kontrollen oder Prüfungen erforderlich, oder ändern sich Angaben im EG-Typengeneh- Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 17 PE 6 - 3000 - 79/13 migungsbogen, außer in den zugehörigen Anlagen, oder treten neue Anforderungen aufgrund der Rechtsakte, die für den genehmigten Fahrzeugtyp gelten, in Kraft, stellt die Genehmigungsbehörde nach Art. 14 Abs. 2 Rahmenrichtlinie einen revidierten EG-Typengenehmigungsbogen mit einer Erweiterungsnummer aus, der den Grund für die Erweiterung und das Datum der Neuausstellung enthält aus. Ob es sich um eine Revision, Erweiterung oder gar um eine neu zu erteilende Typengenehmigung handelt, hängt davon ab, welche Änderungen an einem Fahrzeugtyp gemessen an den Beschreibungen , die der ursprünglichen Genehmigung beigefügt sind, vorgenommen wurden. Eine neue Typengenehmigung wäre dann zu beantragen, wenn die Typenabgrenzungskriterien der Rahmenrichtlinie berührt wären und auf Grund der vorgenommenen Änderungen ein neuer Fahrzeugtyp entstanden wäre. Handelt es sich trotz der vorgenommenen Änderungen weiterhin um denselben Fahrzeugtyp, kann eine Revision oder eine Erweiterung vorgenommen werden. Entscheidend ist also, nach welchen Kriterien Fahrzeugtypen voneinander abzugrenzen sind. 5.1.2. Typenabgrenzung Eine Definition des Begriffs Fahrzeugtyp findet sich in Art. 3 Ziff. 17 Rahmenrichtlinie: Danach sind Typ eines Fahrzeugs „Fahrzeuge einer bestimmten Fahrzeugklasse, die sich zumindest hinsichtlich der in Anhang II Teil B aufgeführten wesentlichen Merkmale nicht unterscheiden“. Ein Fahrzeugtyp kann dabei Varianten und Versionen im Sinne des Anhangs II Teil B umfassen. In Anhang II Teil B sind dann Kriterien für Fahrzeugtypen, -varianten und – versionen geregelt. Für die im Zusammenhang mit der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie relevante Klasse M128 findet sich dort für ab 29. Oktober 2012 zugelassenen Fahrzeugtypen folgende Regelung: 1.1. Fahrzeugtyp 1.1.1. Ein „Fahrzeugtyp“ setzt sich aus Fahrzeugen zusammen, die alle der folgenden Merkmale gemeinsam haben: a) Firmenname des Herstellers; eine Änderung der Rechtsform des Unternehmens erfordert keine neue Genehmigung. b) Konstruktion und Montage der wesentlichen Teile der Aufbaustruktur, falls es sich um einen selbsttragenden Aufbau handelt; dies gilt sinngemäß auch für Fahrzeuge, deren Aufbau an einem gesonderten Rahmen festgeschraubt oder mit diesem verschweißt ist. c) Bei in mehreren Stufen gefertigten Fahrzeugen, Hersteller und Typ des Fahrzeugs der vorangegangenen Stufe. 1.1.2 Abweichend von den Anforderungen von Absatz 1.1.1 Buchstabe b können Fahrzeuge zu demselben Typ gezählt werden, wenn der Hersteller den Bodenbereich der Aufbaustruktur sowie die wesentlichen Bestandteile des vorderen Teils der Aufbaustruktur , der sich unmittelbar vor der Windschutzscheibenöffnung befindet, zum Bau verschiedener Arten von Aufbauten (z. B. Limousine und Coupé) verwendet. Der Nachweis hierüber muss vom Hersteller erbracht werden. 1.1.3. Ein Typ besteht aus mindestens einer Variante und einer Version. 1.2. Variante 28 Für die ebenso relevante Fahrzeugklasse N1 findet sich im Anhang II Teil B unter Ziff. 3 eine vergleichbare Regelung. © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 18 PE 6 - 3000 - 79/13 1.2.1. Eine „Variante“ innerhalb eines Fahrzeugtyps umfasst diejenigen Fahrzeuge, die alle der folgenden Baumerkmale gemeinsam haben: a) Anzahl der Seitentüren oder Art des Aufbaus gemäß Teil C Absatz 1, wenn der Hersteller auf das Kriterium von Absatz 1.1.2 zurückgreift; b) Antriebsmaschine hinsichtlich der folgenden Baumerkmale: i) Art der Energieversorgung (Verbrennungsmotor, Elektromotor oder Sonstiges); ii)Arbeitsverfahren (Fremdzündung, Selbstzündung oder Sonstiges); iii) Anzahl und Anordnung der Zylinder bei einem Verbrennungsmotor (c) Anzahl der Achsen; d) Anzahl und gegenseitige Verbindung der Antriebsachsen; e) Anzahl der gelenkten Achsen; f) Fertigungsstufe (z. B. vollständig/unvollständig). 1.3. Version 1.3.1. Eine „Version“ innerhalb einer Variante umfasst diejenigen Fahrzeuge, die alle der folgenden Merkmale gemeinsam haben: a) technisch zulässige Gesamtmasse; b) Hubvolumen bei einem Verbrennungsmotor; c) Motorhöchstleistung oder maximale Nenndauerleistung (Elektromotor); d) Art des Kraftstoffs (Benzin, Dieselöl, Zweistoffbetrieb mit Flüssiggas oder Sonstiges); e) Höchstzahl der Sitzplätze; f) Fahrgeräusch; g) Abgasnorm (z. B. Euro 5, Euro 6 oder andere); h) kombinierte oder gewichtete kombinierte CO 2 -Emissionen; i) Stromverbrauch (gewichtet, kombiniert); j) kombinierter oder gewichteter kombinierter Kraftstoffverbrauch; k) Vorhandensein einer einzigen Kombination innovativer Technologien gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 443/2009 ( 1 ). Für alle vor dem 29. Oktober 2012 genehmigten neuen Fahrzeugtypen gilt die Vorgängerregelung in Anhang II Teil B fort. Für die Fahrzeugklasse M1 hieß es dort: Ein „Typ“ umfasst Fahrzeuge, die sich zumindest hinsichtlich der folgenden wesentlichen Merkmale nicht unterscheiden: — Hersteller, — Typbezeichnung des Herstellers, — wesentliche Bau- und Konstruktionsmerkmale von — Fahrgestell/Bodengruppe (offensichtliche und grundlegende Unterschiede), — Antriebsmaschine (Verbrennungsmotor/Elektromotor/Hybridantrieb). Die „Variante“ eines Typs umfasst Fahrzeuge innerhalb eines Typs, die sich zumindest hinsichtlich der folgenden wesentlichen Merkmale nicht unterscheiden: — Art des Aufbaus (z. B. Stufenhecklimousine, Schräghecklimousine, Coupé, Kabrio-Limousine, Kombilimousine, Mehrzweckfahrzeug), — Antriebsmaschine: — Arbeitsweise (entsprechend Punkt 3.2.1.1 in Anhang III), — Anzahl und Anordnung der Zylinder, — Unterschiede in der Motorleistung von mehr als 30 % (die höchste Leistung beträgt mehr als das 1,3-fache der niedrigsten), Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 19 PE 6 - 3000 - 79/13 — Unterschiede im Hubraum von mehr als 20 % (der größte Hubraum beträgt mehr als das 1,2-fache des kleinsten), — Antriebsachsen (Anzahl, Lage, gegenseitige Verbindung), — gelenkte Achsen (Anzahl und Lage). © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 20 PE 6 - 3000 - 79/13 Die „Version“ einer Variante umfasst Fahrzeuge, die aus einer Kombination von Merkmalen bestehen, welche in den Beschreibungsunterlagen gemäß Anhang VIII aufgeführt sind. Mehrfacheintragungen der folgenden Parameter innerhalb einer Version sind nicht zulässig: — technisch zulässige Gesamtmasse, — Hubvolumen, — Nennleistung, — Typ des Getriebes und Anzahl der Gänge, — Höchstzahl der Sitze gemäß Anhang II.C. Für vor dem 29. Oktober 2012 typengenehmigte Fahrzeugtypen folgt aus den zitierten Vorschriften , dass der Genehmigungsinhaber dadurch einen neuen Fahrzeugtyp kreieren kann, dass er die Typenbezeichnung für ein Fahrzeug ändert. Kfz-Hersteller haben nach der alten Vorschrift also z.B. die Möglichkeit, neue Fahrzeugtypen zu schaffen, indem sie eine andere Art von Klimaanlage einbauen und für das Fahrzeug auf Grund dessen eine neue Typenbezeichnung vergeben. In einem solchen Fall wäre ein neues Typengenehmigungsverfahren zu durchlaufen. Verändern sich jedoch Hersteller, Typbezeichnung, wesentliche Bau- und Konstruktionsmerkmale (zu denen z.B. nicht die Klimaanlage zählt), Fahrgestell/Bodengruppe und Antriebsmaschine nicht, ist davon auszugehen, dass trotz einer neuen Klimaanlage kein neuer Fahrzeugtyp vorliegt. Entsprechend ist kein neues Typengenehmigungsverfahren zu durchlaufen, wenn lediglich die Klimaanlage oder das in ihr verwendete Kühlmittel verändert würden. Vielmehr handelt es sich in einem solchen Fall um eine Erweiterung einer vorhandenen Genehmigung.29 Für seit dem 29. Oktober 2012 typenzugelassene Fahrzeuge besteht die Möglichkeit der Schaffung neuer Fahrzeugtypen allein durch neue Typenbezeichnung nicht mehr. Für die Beschreibung eines Fahrzeugtyps kommt es nach der neuen Vorschrift im Wesentlichen auf den Hersteller und die Konstruktion und Montage der wesentlichen Teile der Aufbaustruktur an. Auch hier führt beispielsweise allein die Änderung der Klimaanlage nicht dazu, dass ein neuer Fahrzeugtyp vorliegt. 5.1.3. Zwischenergebnis Zusammenfassend folgt aus dem Vorstehenden, dass es grundsätzlich möglich ist, eine Typengenehmigung , die vor dem 1. Januar 2011 erteilt wurde, nach diesem Datum zu erweitern . Die Erweiterung kommt dann in Betracht, wenn sich durch die vorgenommene Änderung an dem Fahrzeug nicht der Fahrzeugtyp ändert. Für alle vor dem 29. Oktober 2012 typgengenehmigten Fahrzeuge hat es der Hersteller durch die Vergabe neuer Typenbezeichnungen in der Hand, neue Fahrzeugtypen zu kreieren. Er kann aber auch, wenn er die Typenbezeichnung nicht ändert, Änderungen an einzelnen Fahrzeugkomponenten vornehmen und sich diese als Erweiterungen der alten Typgengenehmigung im Änderungsverfahren genehmigen lassen. Die ursprüngliche Typengenehmigung bleibt insofern bestehen. Es wird lediglich ein revidierter Typengenehmigungsbogen mit einer Erweiterungsnummer ausgestellt. Der Grund für die Erweiterung und das Datum der Neuausstellung müssen auf dem Genehmigungsbogen leicht ersichtlich sein. Die Richtlinie sieht nicht vor, dass das Datum der ursprünglichen Genehmigung ersetzt wird. © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 21 PE 6 - 3000 - 79/13 5.2. Kann ein Fahrzeugmodell, für das nach dem Stichtag bereits eine Typenzulassung erteilt wurde, nachträglich im Wege der Änderung unter eine vor dem Stichtag erteilte Typengenehmigung gefasst werden? Es ist also grundsätzlich möglich, eine vor dem 1. Januar 2011 erteilte Typengenehmigung später zu erweitern. Ist es ebenso möglich, ein bereits typenzugelassenes Fahrzeugmodel nachträglich im Rahmen der Erweiterung einer zuvor erteilten anderen Typengenehmigung „noch einmal zu genehmigen“? Im Folgenden wird die Typengenehmigung, die für ein Modell bereits vor dem 1. Januar 2011 erteilt wurde, als „Genehmigung 1“ bezeichnet. Die nach dem Stichtag erteilte Genehmigung ist „Genehmigung 2“. Die beantragte Erweiterung bezieht sich auf die Genehmigung 1 und wird im Folgenden als „Erweiterung“ bezeichnet. 5.2.1. Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie Einem solchen Vorgehen könnte Art. 6 Abs. 6 der Rahmenrichtlinie entgegenstehen. Dort ist geregelt , dass für ein und denselben Fahrzeugtyp nur ein einziger Antrag in nur einem Mitgliedstaat eingereicht werden kann. Wenn vorliegend also bestimmte Fahrzeugmodelle nach dem 1. Januar 2011 eine Typengenehmigung („Genehmigung 2“) erhalten haben – für diese also auch eine solche beantragt wurde –, ist es auf Grund dieser Regelung ausgeschlossen, für ein und dasselbe Modell später einen weiteren Genehmigungsantrag zu stellen. Fraglich ist, ob dies nur für einen Antrag auf Erteilung einer Typengenehmigung gilt, oder auch für einen Antrag auf Erweiterung einer solchen. Für eine solche Auslegung der Vorschrift spricht ihr Wortlaut. Danach darf „nur ein einziger Antrag “ bei der Genehmigungsbehörde eingereicht werden. Auch der Antrag auf Erweiterung einer Genehmigung ist ein Antrag und ließe sich daher unter die Vorschrift subsumieren. Dagegen spricht allerdings, dass sich die Regelung in Absatz 6 von Art. 6 Rahmenrichtlinie befindet. Diese Vorschrift ist insgesamt mit der Überschrift „Verfahren für die Erteilung der EG-Typengenehmigung für Fahrzeuge“ überschrieben und behandelt in ihren anderen Absätzen das ursprüngliche Antragsverfahren, so dass auch in Abs. 6 nur das ursprüngliche Genehmigungsverfahren gemeint sein könnte. Außerdem finden sich die Vorschriften zur Änderung der Typengenehmigung in einem anderen Kapitel (Kapitel V), als jene über das EG-Typgengenehmigungsverfahren (Kapitel III). Entscheidend dürfte jedoch sei, dass auch im Erweiterungsverfahren für eine Typengenehmigung überprüft wird, ob ein Fahrzeugmodell jedenfalls im Hinblick auf die vorgenommenen Änderungen mit den Angaben in der Beschreibungsmappe und mit den technischen Vorgaben der einschlägigen Richtlinien übereinstimmt. Zudem müssen auch Erweiterungen einer Typengenehmigung bekannt gegeben werden, indem die aktualisierten Typengenehmigungsbögen nebst Anlagen und Inhaltsverzeichnis zu den Beschreibungsunterlagen dem Antragsteller ausgestellt werden. Desweiteren muss die Genehmigungsbehörde nach Art. 16 Abs. 3 Rahmenrichtlinie die Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 22 PE 6 - 3000 - 79/13 29 Vgl. oben 2.2 EU-Typengenehmigung, S. 7. Genehmigungsbehörden der andere Mitgliedstaaten auf die gleiche Art und Weise über die Änderung einer Typengenehmigung unterrichten, wie sie es auch im Falle der Neuerteilung tun müsste. Die Änderung einer Typengenehmigung durch die zuständige Behörde unterscheidet sich insofern also nicht von der „Neugenehmigung“ eines Fahrzeugtyps, so dass viel dafür © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 23 PE 6 - 3000 - 79/13 spricht, für die Zwecke des Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie die Neuerteilung und die Erweiterung einer Typengenehmigung gleich zu behandeln. Zudem dürfte es Zweck der Regelung sein, dass pro Fahrzeugtyp tatsächlich nur eine Typengenehmigung vorliegt. Würde ein bereits genehmigter Fahrzeugtyp später durch die Erweiterung einer anderen Typengenehmigung „erneut“ genehmigt , wären für diesen speziellen Fahrzeugtyp zwei verschiedene Genehmigungen in der Welt. Dies soll mit Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie gerade verhindert werden. Um diese Vorschrift also nicht ad absurdum zu führen, dürfte als Genehmigungsantrag i.S.d. Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie auch ein Antrag auf Erweiterung einer alten Typengenehmigung nach Art. 14 Rahmenrichtlinie zu verstehen sein. Daraus folgt, dass es gemäß Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie ausgeschlossen sein dürfte, ein bereits (mit der „Genehmigung 2“) typenzugelassenes Fahrzeug im Wege der Änderung der zuvor erteilten anderen Typenzulassung („Genehmigung 1“) noch einmal durch „Erweiterung“ zu genehmigen. Aus der Regelung in Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie folgt aber auch, dass vor dem hiesigen tatsächlichen Hintergrund bereits die „Typengenehmigung 2“ fehlerhaft erteilt worden sein könnte: Wenn es sich bei dem damit genehmigten Modell tatsächlich nur um eine Variante desselben Fahrzeugtyps handelte, der bereits vor dem Stichtag mit der nunmehr erweiterten „Genehmigung 1“ genehmigt worden war – und davon wäre ja auszugehen, wenn nunmehr die Erweiterung dieser Genehmigung 1 erfolgt ist – dann hätte für diesen konkreten Fahrzeugtyp bereits eine Genehmigung vorgelegen. Entsprechend wäre nach Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie eine „Neugenehmigung “ (durch die Genehmigung 2) ausgeschlossen gewesen. Etwas anderes würde aber dann gelten, wenn das nach dem Stichtag genehmigte Modell einen anderen Fahrzeugtyp darstellte , als das vor dem Stichtag genehmigte Modell. Denkbar ist, dass der Hersteller hier durch die Wahl der Typenbezeichnung für die Zwecke der „Genehmigung 2“ tatsächlich einen neuen Fahrzeugtyp geschaffen hatte. Indem er nun für die „Erweiterung“ der alten Genehmigung 1 wieder die alte Typenbezeichnung wählt, schafft er wiederum im Verhältnis zur „Genehmigung 2“ einen neuen Fahrzeugtyp, im Verhältnis zur ursprünglichen „Genehmigung 1“ aber nur eine Variante . Ob das der Fall ist, kann von hier aus nicht abschließend geklärt werden, da die notwendigen tatsächlichen und technischen Informationen nicht vorliegen. In einem gerichtlichen Verfahren wäre dies durch Sachverständige zu klären. 5.2.2. Zwischenergebnis Das Europarecht gibt vor, dass grundsätzlich für ein und denselben Fahrzeugtyp nur ein einziger Antrag auf Typengenehmigung gestellt und damit auch genehmigt werden kann (Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie). Es spricht viel dafür, auch einen Antrag auf Erweiterung einer Typengenehmigung als Antrag auf Typengenehmigung zu verstehen. Entsprechend könnte ein bereits genehmigter Fahrzeugtyp nicht, auch nicht im Änderungsverfahren, erneut genehmigt werden. Ob es sich im vorliegenden Fall bei den Fahrzeugmodellen, die zunächst als eigenständiger Fahrzeugtyp nach dem 1. Januar 2011 und später als Variante eines älteren Fahrzeugtyps im Erweiterungsverfahren typgenehmigt wurden, um ein und denselben Fahrzeugtyp handelt, kann von hier aus nicht beurteilt werden. 29 Vgl. oben 2.2 EU-Typengenehmigung, S. 7. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 24 PE 6 - 3000 - 79/13 Wenn es sich aber bei dem mit der „Genehmigung 2“ neu genehmigten Fahrzeugmodell um einen anderen Fahrzeugtyp i.S.d. Rahmenrichtlinie handelte, als bei dem durch Erweiterung der © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 25 PE 6 - 3000 - 79/13 „Genehmigung 1“ genehmigten Modells, stünde die Rahmenrichtlinie der Erweiterung der alten Genehmigung 1 nicht entgegen. Ein neuer Fahrzeugtyp läge bereits dann vor, wenn der Hersteller die Typenbezeichnung verändert hätte. 5.3. Welchen Einfluss haben die Stichtagsregelungen der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie im Rahmen eins Verfahrens auf Änderung/Erweiterung einer Kfz-Typengenehmigung? Fraglich bleibt, ob es konkret vor dem Hintergrund der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie rechtlich zulässig ist, „Typenpflege“ der Art zu betreiben, dass etwa (allein) durch die Wahl der Typenbezeichnung für ein Fahrzeugmodell ein anderer Fahrzeugtyp geschaffen wird, in dem auf Grund der ursprünglichen Typengenehmigung die Verwendung des klimaschädlichen alten Kältemittels weiterhin erlaubt wird. Sinn und Zweck der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie ist es, die Emissionen aus Kfz-Klimaanlagen zu begrenzen. Dafür sollen das Austreten von fluorierten Treibhausgases aus Kfz-Klimaanlagen beschränkt und ab einem bestimmten Datum Klimaanlagen verboten werden, die dafür ausgelegt sind, Kühlmittel mit einem Treibhauspotenzial >150 zu enthalten.30 Abhängig vom Zeitpunkt der Typenzulassung für einen Fahrzeugtyp gilt seit dem Ende der Umsetzungsfrist der Kfz- Klimaanlagenrichtlinie, spätestens aber seit dem 1. Januar 2013 das Verbot der Verwendung von GWP>150. Möglicherweise wird dieses Verbot durch die oben geschilderte „Zulassungspraxis“ des KBA umgangen und damit gegen europäisches Recht, d.h. gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie verstoßen. Das Änderungsverfahren dient im Gegensatz zum Typengenehmigungsverfahren dazu, (kleinere) Änderungen an bereits genehmigten Fahrzeugtypen vorzunehmen und genehmigen zu lassen. Entsprechend kann es im Änderungsverfahren nur darauf ankommen, ob mit der Änderung die zu Grunde liegenden technischen Vorschriften verletzt werden. Diejenigen Fahrzeugkomponenten , die von der Änderung nicht betroffen sind, werden entsprechend im Änderungsverfahren nicht erneut auf ihre Vereinbarkeit mit den Einzelrichtlinien geprüft. Das machte insofern keinen Sinn, als sonst bei jeder Änderung das gesamte Regelwerk daraufhin geprüft werden müsste, ob sich im Vergleich zum ursprünglichen Genehmigungszeitpunkt Änderungen ergeben haben. Jede Änderung entspräche dann vom Prüfungsumfang einer Neuerteilung der Genehmigung. Die spezifische Regelung der Änderung liefe leer: Wenn sich der Prüfungsumfang nicht unterscheiden würde, könnte bei jeder noch so kleinen Änderung eines Fahrzeugtyps direkt die Neuerteilung der Typengenehmigung beantragt werden. Entsprechend ist wohl davon auszugehen, dass im Änderungsverfahren nur diejenigen technischen Vorschriften zu prüfen sind, die im Hinblick auf die im Konkreten tatsächlich geänderten Fahrzeugkomponenten relevant sind. Wird also etwa eine Änderung an den Bremsanlagen vorgenommen , muss im Änderungsverfahren geprüft werden, ob die geänderten Bremsanlagen den Vorgaben der Richtlinie 71/320/EWG entspricht, betrifft die Änderung jedoch beispielsweise die Nebelscheinwerfer, sind die geänderten Scheinwerfer auf ihre Vereinbarkeit mit der Richtlinie 76/761/EWG zu prüfen. Für alle nicht geänderten Fahrzeugkomponenten (Lenkanlagen, Schall- © 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 79 /13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 26 PE 6 - 3000 - 79/13 zeichen, Türverriegelungen etc.31) bleibt die ursprünglich erteilte Genehmigung bestehen. Sie bleibt insbesondere unabhängig davon bestehen, ob sich aus den verschiedenen Einzelrichtlinien zwischenzeitlich andere technische Vorgaben ergeben, als sie im ursprünglichen Genehmigungszeitpunkt bestanden haben. Im Änderungsverfahren wird mithin nicht geprüft, ob die nicht geänderten Fahrzeugkomponenten den (ggfls. aktualisierten) technischen Vorgaben der Einzelrichtlinien entsprechen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die jeweilige Einzelrichtlinie (ausdrücklich ) regelte, dass ihre neuen Vorgaben auch im Rahmen der Änderungen von Typengenehmigungen zu beachten wären. Weder die Kfz-Klimaanlagenrichtlinie noch die Verordnung 706/2007 enthalten eine Regelung dahingehend, dass die Grenzwerte und Stichtage auch im Rahmen eines Verfahrens zur Änderung einer Typengenehmigung zu beachten wären. Das Regelwerk betrifft auch in der Zusammenschau mit der Rahmenrichtlinie lediglich Verfahren zur Neuerteilung einer Typengenehmigung . Die Stichtagsregelung der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie stellt auf das Datum der Erteilung der Typengenehmigung und nicht auf das Datum der letzten Revision oder Erweiterung der Typengenehmigung ab. Anders als für die Zwecke des Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie32, sind hier die Erteilung und die Änderung der Typengenehmigung wegen des unterschiedlichen Prüfungsumfanges nicht gleich zu behandeln. Für die Frage, in welchen Fahrzeugen weiterhin GWP>150 verwendet werden kann, kommt es entsprechend allein darauf an, wann der konkrete Fahrzeugtyp typengenehmigt wurde oder wann eine Änderung gerade in Bezug auf die Klimaanlage beantragt wurde. Da vorliegend nicht im Detail bekannt ist, welche Fahrzeugkomponenten bei den im Änderungsverfahren typengenehmigten Modellen im Vergleich zu dem vor dem 1. Januar 2011 genehmigten Fahrzeugtypen geändert wurden, kann nicht im Einzelnen geprüft werden, ob die Vorgaben der Kfz-Klimaanlagenrichtlinie bei der Änderung der Typengenehmigung zu prüfen waren und ob die Erweiterung der alten Typengenehmigung europarechtswidrig war. Wenn es sich tatsächlich um denselben Fahrzeugtyp handelt und sich in Bezug auf die Klimaanlage zwischen beiden Modellen keine Änderungen ergeben haben, wäre das Verhalten des KBA, die Erweiterung der alten Typengenehmigung vorzunehmen, gemessen an den Vorgaben der Richtlinie nicht rechtswidrig. Wenn dies auch dazu führt, dass in jenen Fahrzeugen weiterhin GWP>150 verwendet werden kann, hielte sich die Genehmigungspraxis im Rahmen der Richtlinien. Denn sowohl das Änderungsverfahren als auch die Relevanz des Datums der Typengenehmigung für die Art des einsetzbaren Kühlmittels sind in den europäischen Rechtsakten angelegt. Etwas anderes würde dann gelten, wenn es sich tatsächlich doch um verschiedene Fahrzeugtypen handelte. Diese tatsächliche Frage kann von hier aus nicht beantwortet werden. 5.4. Ergebnis Nach der Rahmenrichtlinie kann für ein und denselben Fahrzeugtyp nur eine einzige Typengenehmigung beantragt und erteilt werden. Entsprechend kann ein bereits typengenehmigter Fahr- 31 Für die gesamte Liste der genehmigungsrelevanten Fahrzeugkomponenten vgl. Anhang IV zur Rahmenrichtlinie . 32 Vgl. oben 5.2.1 Art. 6 Abs. 6 Rahmenrichtlinie, S. 20. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 27 PE 6 - 3000 - 79/13 33 Vgl. Anhang IV zur Rahmenrichtlinie. zeugtyp nicht erneut eine (andere) Typengenehmigung erhalten. Änderungen an einem bereits genehmigten Fahrzeugtyp können aber in dem in der Rahmenrichtlinie angelegten Änderungsverfahren genehmigt werden. Nach hiesiger Auffassung sind im Änderungsverfahren nicht sämtliche , alle Fahrzeugkomponenten betreffenden Einzelrichtlinien33 zu prüfen, sondern nur jene, die technische Vorgaben für die geänderten Komponenten enthalten. Die ursprüngliche Genehmigung und damit auch das ursprüngliche Datum ihrer Erteilung bleiben im Fall der Änderung bestehen. Danach ist es dann zulässig, ein nach dem 1. Januar 2011 bereits typenzugelassenes Fahrzeugmodell nachträglich durch Erweiterung einer vor dem 1. Januar 2011 für ein anderes Modell erteilten Typengenehmigung zu genehmigen, wenn - es sich einerseits bei dem der Erweiterung zu Grunde liegenden Modell um den gleichen Fahrzeugtyp handelte, wie der, der vor dem 1. Januar 2011 seine Typenzulassung erhalten hat und - es sich andererseits bei dem der Erweiterung zu Grunde liegenden Modell um einen anderen Fahrzeugtyp handelte, als dem, der nach dem 1. Januar 2011 seine Typenzulassung erhalten hat. Ob das der Fall ist, wäre anhand der konkreten Fahrzeugbeschreibungsunterlagen zu bewerten, was diesseits nicht zu leisten ist. - Fachbereich Europa -