Deutscher Bundestag Der Vorschlag der Kommission für die rechtliche Verbindlichkeit der elektronischen Veröffentlichung des Amtsblattes der Europäischen Union – Reaktionen und Verfahren im Deutschen Bundestag Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 11 – 3000 – 79/11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 11 – 3000 – 79/11 Seite 2 Der Vorschlag der Kommission für die rechtliche Verbindlichkeit der elektronischen Veröffentlichung des Amtsblattes der Europäischen Union – Reaktionen und Verfahren im Deutschen Bundestag Aktenzeichen: WD 11 – 3000 – 79/11 Abschluss der Arbeit: 12. Juli 2011 Fachbereich: WD 11: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 11 – 3000 – 79/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorschlag der EU-Kommission vom 4. April 2011 4 2. Verfahren in Deutschland 4 2.1. Allgemein 4 2.2. Bundesrat 5 2.3. Bundestag 5 2.4. Ausfertigung und Inkrafttreten 5 3. Zusammenfassung 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 11 – 3000 – 79/11 Seite 4 1. Vorschlag der EU-Kommission vom 4. April 20111 Nach Art. 297 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind Gesetzgebungsakte und Rechtsakte ohne Gesetzescharakter in Form von Richtlinien, Verordnungen und Beschlüssen im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl.) zu veröffentlichen. Das ABl. selbst wird seit 1958 wird in gedruckter Form publiziert. Darüber hinaus kann es seit 1998 auch über das Internet abgerufen werden. In den letzten Jahren zeichnete sich eine stetig zunehmende Nutzung der Online-Version des ABl. ab, die mit einen Rückgang des Abonnements der Druckversion korrelierte. Nach dem derzeit geltenden Recht der EU ist allerdings nur die Druckversion des ABl. gültig und rechtsverbindlich , sodass nur aus ihr Rechte geltend gemacht und Verpflichtungen durchgesetzt werden können. Am 4. April 2011 stellte die Kommission daher einen Vorschlag für eine Verordnung vor, nach dem künftig nur noch die elektronische Fassung des ABl. rechtlich verbindlich sein soll. Die Papierfassung soll nach dem Kommissionsvorschlag nur noch die Rechtswirkungen der Veröffentlichung für den Fall sicherstellen, dass die Veröffentlichung in elektronischer Form länger als einen Tag – zum Beispiel wegen eines Systemfehlers oder Cyberangriffs – unterbrochen ist. Der Vorschlag beruht auf der Leitinitiative „Eine digitale Agenda für Europa“ als Teil der Strategie „Europa 2020“.2 Als Rechtsgrundlage für die Verordnung wird bislang Art. 352 AEUV herangezogen . 2. Verfahren in Deutschland 2.1. Allgemein Deutschland befürwortet die allein verbindliche elektronische Fassung des ABl., hält aber langfristig die Änderung des Primärrechts in Artikel 297 AEUV für erforderlich. Den Weg über Art. 352 AEUV würde Deutschland zunächst mittragen, um vor einer endgültigen Vertragsänderung die allein verbindliche elektronische Fassung des Amtsblatts der EU zu testen. Formell löst die Flexibilitätsklausel des Artikel 352 AEUV den Anwendungsbereich des § 8 des Gesetzes über die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union (IntVG) aus. Demnach darf der Vertreter der Bundesregierung im Rat dem Erlass einer Vorschrift auf Grundlage des Artikel 352 AEUV nur zustimmen oder sich enthalten, nachdem dazu ein Parlamentsgesetz gemäß Artikel 23 Abs. 1 Grundgesetz in Kraft getreten ist. 1 Proposal for a council regulation on electronic publication of the Official Journal of the European Union, COM(2011) 162. online at http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0162:FIN:EN:PDF. 2 Communication from the Commission, EUROPE 2020, A strategy for smart, sustainable and inclusive growth, COM(2010) 2020, online at http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:2020:FIN:EN:PDF. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 11 – 3000 – 79/11 Seite 5 2.2. Bundesrat Am 27. Mai 2011 wurde der Vorschlag vom Bundesrat gemäß § 35 der Geschäftsordnung des Bundesrates zur Kenntnis genommen.3 2.3. Bundestag Der Vorschlag der EU-Kommission für die Verordnung wurde innerhalb des Bundestages federführend an den Rechtsausschuss überwiesen. Dort beschäftigt sich der Unterausschuss Europarecht damit, der den Vorschlag für den 10. Juni4 sowie den 8. Juli 20115 auf seiner Tagesordnung hatte. Im Rahmen der Beratung während der öffentlichen Ausschusssitzung am 8. Juli 2011 wurde seitens der Abgeordneten lediglich angemerkt, dass Artikel 352 AEUV als Rechtsgrundlage zu häufig angewendet werden würde. Andere Diskussionspunkte gab es zum Vorschlag der EU- Kommission nicht. Mitberatend im Deutschen Bundestag sind der Innenausschuss und der Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union in das Verfahren einbezogen. In den kommenden Ausschusssitzungen wird der Vorschlag auch dort behandelt werden.6 Nach Abschluss der Beratungen in den Ausschüssen geht die Angelegenheit ins Plenum, wo dann ein Gesetz über die Zustimmung im Ministerrat zum Vorschlag der EU-Kommission zu verabschieden ist. 2.4. Ausfertigung und Inkrafttreten Nachdem das Gesetz über die Zustimmung im Ministerrat zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung des Rates über die elektronische Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union vom Bundestag verabschiedet wurde, wird es vom Bundespräsident ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Soweit das Gesetz keine Bestimmung über sein Inkrafttreten enthalten sollte, tritt es 14 Tage nach Ausgabe des Bundesgesetzblattes in Kraft. 3. Zusammenfassung Deutschland steht dem Vorschlag der EU-Kommission grundsätzlich positiv gegenüber. Der deutsche Vertreter im Ministerrat kann dem Vorschlag der EU-Kommission allerdings erst nach dem Erlass des Parlamentsgesetzes über die Zustimmung im Ministerrat durch den Bundestag zustimmen . Das Verfahren im Bundestag wird aufgrund der Sommerpause und noch bevorstehenden Beratungen nicht vor Herbst 2011 abgeschlossen sein. ) 3 BR-Drucksache 183/11(Beschluss). 4 Tagesordnung, 27. Sitzung Unterausschuss Europarecht (Rechtsausschuss) am 10.06.2011, TOP 4. 5 Tagesordnung, 29. Sitzung Unterausschuss Europarecht (Rechtsausschuss) am 08.07.2011, TOP 3. 6 Genaue Termine sind noch nicht bekannt, voraussichtlich nach Sommerpause.