PE 6 – 3000 – 78/13 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Deutscher Bundestag Ausarbeitung Der Kommissionsvorschlag für eine Konzessionsrichtlinie und Gesundheitsdienstleistungen Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 2 PE 6 – 3000 – 78/13 Der Kommissionsvorschlag für eine Konzessionsrichtlinie und Gesundheitsdienstleistungen Aktenzeichen: PE 6 – 3000 – 78/13 Abschluss der Arbeit: 24.7.2013 Fachbereich: PE 6: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 3 PE 6 – 3000 – 78/13 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen im Anwendungsbereich des Kommissionsvorschlags 4 3. Vorgaben des Konzessionsvorschlags für Gesundheits- und Pflegedienstleistungen 5 4. Ausnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb städtischer und kommunaler Krankenhäuser und Altenheime unter Beteiligung oder Kooperation mit Privaten? 7 4.1. Art. 15 KOM(2011)897 7 4.2. Art. 11 KOM(2011)897 8 5. Zusammenfassung 9 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 4 PE 6 – 3000 – 78/13 1 . E i n l e i t u n g Im Zusammenhang mit dem Vorschlag KOM(2011)897 der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (im Folgenden: Kommissionsvorschlag oder KOM(2011)897)1 wird der Fachbereich um die Beantwortung zweier Fragen ersucht: Zunächst geht es um die Auswirkungen des Kommissionsvorschlags auf den Bereich der Gesundheitsdienstleistungen. Sodann ist zu klären, ob auf seiner Grundlage auch eine Ausschreibungspflicht eingeführt wird, sofern Konzessionen an städtische und kommunale Krankenhäusern und Altenheime vergeben werden, sobald dort ein privater Anteil oder Kooperationspartner den Gemeindebetrieb ergänzt. Nach Rücksprache mit dem Auftraggeber ist hinsichtlich der zweiten Frage nicht auf bereits bestehende öffentlich-private Kooperationen und eventuelle Übergangsregelungen des Kommissionsvorschlags einzugehen. Untersucht werden soll allein die Situation für künftige Kooperationen dieser Art. Zudem ist davon auszugehen, dass Gesundheits- oder Pflegeleistungen auch in Gestalt von Konzessionen im Sinne des Kommissionsvorschlags (vgl. zur Begriffsdefinition Art. 2 Abs. 1 Nr. (1) lit. a und b KOM(2011)897) vergeben werden. Im Folgenden wird zunächst untersucht, ob Gesundheits- und Pflegedienstleistungen generell von dem Kommissionsvorschlag erfasst werden (siehe unter 2.). Sodann ist zu klären, welchen vergaberechtlichen Vorgaben derartige Dienstleistungen im Grundsatz unterworfen werden (siehe unter 3.). Schließlich gilt es zu prüfen, welche Ausnahmen hierbei im Zusammenhang mit dem Betrieb städtischer und kommunaler Krankenhäuser und Altenheime unter Beteiligung oder Kooperation mit Privaten bestehen (siehe unter 4.). 2 . Gesundheits- und Pflegedienstleistungen im Anwendungsbereich des Kommissionsvorschlags In den Begriffsbestimmungen des Kommissionsvorschlags wird der Begriff der Dienstleistungen nicht gesondert definiert (vgl. die Aufzählung der Begriffsbestimmungen in Art. 2 KOM(2011)897). Die Einbeziehung von Gesundheits- und Pflegedienstleistungen ergibt sich jedoch aus Art. 17 KOM(2011)897 in Verbindung mit dessen Anhang X. Hierdurch werden soziale und andere, in Anhang X zu KOM(2011)897 aufgeführte Dienstleistungen einbezogen und bestimmten vergaberechtlichen Verpflichtungen unterworfen (siehe im Einzelnen unter 3.). Hiervon betroffen sind Dienstleistungen im Gesundheits- und Sozialwesen sowie Dienstleistungen der gesetzlichen Sozialversicherung. Um welche Dienstleistungen es sich dabei im Einzelnen handelt, ergibt sich aus den im Anhang X zu KOM(2011)897 angegebenen Referenznummern des Gemeinsamen Vokabulars für öffentliche Aufträge (CPV).2 Die einbezogenen CPV- 1 KOM(2011) 897 endg., online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0897:FIN:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 23.07.13.; die Ausarbeitung beruht auf dem Vorschlag der Kommission in der Fassung des Kompromisstextes vom 12.07.2013, EU-Dok. Nr. 11748/13. 2 Siehe hierzu Verordnung (EG) Nr. 213/2008 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) und der Vergaberichtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates 2004/17/EG und 2004/18/EG im Hinblick auf die Überarbeitung des Vokabulars, ABl. EU 2008 Nr. L 71/1 (online abrufbar unter http://eur- Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 5 PE 6 – 3000 – 78/13 Referenznummern 85000000-9 bis 85323000-9 beziehen sich auf Dienstleistungen von Krankenhäusern und zugehörige Leistungen sowie auf Dienstleistungen von Pflegeeinrichtungen. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Kommissionsvorschlag – wie auch die bisherigen Vergaberechtsrichtlinien – nur oberhalb bestimmter Schwellenwerte zur Anwendung gelangen soll. Diese gelten auch für die unter Art. 17 KOM(2011)897 fallenden Dienstleistungen . Nach Art. 5 Abs. 1 KOM(2011)8973 gilt dieser grundsätzlich nur für Konzessionen, wenn ihr Vertragswert mindestens 5 Mio. EUR beträgt. Die niedrigeren Schwellenwerte nach Art. 5 Abs. 2 KOM(2011)897 und die sich daran knüpfenden Verpflichtungen gelten dagegen ausdrücklich nicht für die unter Art. 17 KOM(2011)897 fallenden Dienstleistungen. 3. Vorgaben des Konzessionsvorschlags für Gesundheits- und Pflegedienstleistungen Art. 17 des Vorschlags ordnet für die unter Anhang X zu KOM(2011)897 fallenden Konzessionsgegenstände und somit auch für Gesundheits- und Pflegedienstleistungen an, dass diese nur den Verpflichtungen aus den Art. 26 Abs. 3, Art. 27 Abs. 1, Art. 44 und Art. 45 KOM(2011)897 unterliegen sollen. Anders als sonstige vom Anwendungsbereich des Vorschlags erfasste Dienstleistungskonzessionen sind die in Anhang X zu KOM(2011)897 genannten Bereiche somit von der vollständigen Anwendung des Vorschlags ausgenommen. Der Kommissionsvorschlag sieht für Gesundheits- und Pflegedienstleistungen sowie generell für Dienstleistungen nach Art. 17 KOM(2011)897 insbesondere gemäß den nachfolgenden Bestimmungen eine vorab zu veröffentlichende Konzessionsbekanntmachung und eine nachträgliche Bekanntmachung des Ergebnisses des Vergabeverfahrens vor. Art. 26 KOM(2011)897 regelt die Konzessionsbekanntmachung. Nach Art. 26 Abs. 3 S. 1 KOM(2011)897 müssen öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen, die eine Konzession zur Erbringung sozialer und anderer besonderer Dienstleistungen vergeben wollen, ihre Absicht so bald wie möglich nach Beginn des Haushaltsjahres durch Veröffentlichung einer Vorinformation mitteilen. Die in dieser Bekanntmachung aufzuführenden Angaben ergeben sich nach Art. 26 Abs. 2 S. 2 KOM(2011)897 aus dessen Anhang XIII. Art. 27 KOM(2011)897 enthält die Vorgaben zu den Vergabebekanntmachungen. Nach Art. 27 Abs. 1 des Vorschlags haben die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen spätestens 48 Tage nach der Vergabe einer Konzession eine Vergabebekanntmachung zu übermitteln , in der sie die Ergebnisse des Konzessionsvergabeverfahrens aufführen. Die in dieser Mitteilung anzugebenden Angaben richten sich gemäß Art. 27 Abs. 2 KOM(2011)897 für Konzessionsgegenstände gemäß Anhang X zu KOM(2011)897 nach dessen Anhang VI. lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:074:0001:0375:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 23.07.13). 3 In dem Vorschlag der Kommission in der Fassung des Kompromisstextes vom 12.07.2013 (EU-Dok. Nr. 11748/13) findet sich eine Bestimmung zu dem Schwellenwert nunmehr in Art. 6, was jedoch mit Blick auf die inkonsistente Nummerierung des Kompromisstextes unter dem Vorbehalt seiner Konsolidierung stehen dürfte. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 6 PE 6 – 3000 – 78/13 Die Abfassung und die Modalitäten der Veröffentlichung beider Bekanntmachungen richten sich nach Art. 28 KOM(2011)897, die Veröffentlichung nach seinem Anhang IX. Im Ergebnis erfolgt dann – wie auch bei allen anderen von Art. 28 KOM(2011)897 erfassten Bekanntmachungen – eine unionsweite Veröffentlichung über das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union. Darüber hinaus unterliegen öffentliche Aufträge im Kontext von Gesundheits- und Pflegedienstleistungen gemäß Art. 444 und 455 KOM(2011)897 den sekundärrechtlichen Bestimmungen zur Gewährleistung von Transparenz und Wettbewerbsgleichheit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge . Zudem unterliegen Konzessionsentscheidungen im Bereich von Gesundheits- und Pflegedienstleistungen den allgemeinen unionsrechtlichen Vorgaben (sog. primärrechtliches Vergaberecht) für die Vergabe von Konzessionen.6 Das primärrechtliche Vergaberecht findet seine Rechtsgrundlage vor allem in den Grundfreiheiten und dem allgemeinen Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit aus Art. 18 Abs. 1 AEUV.7 In Bezug auf Dienstleistungskonzessionen hat der Europäische Gerichtshof diese konkretisiert: „Auch wenn solche Verträge vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie [2004/18] ausgenommen sind, müssen die öffentlichen Stellen, die sie schließen, doch die Grundregeln des EG-Vertrags, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die daraus folgende Transparenzpflicht beachten [...]. Diese Transparenzpflicht gebietet der konzessionserteilenden Stelle, ohne zwangsläufig eine Verpflichtung zur Ausschreibung zu implizieren, zugunsten der potenziellen Konzessionsnehmer einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicher- 4 Art. 44 KOM(2011)897 eröffnet in modifizierter Form den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl. L 395/33 (online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:1989L0665:20080109:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 24.07.2013). 5 Art. 44 KOM(2011)897 eröffnet in modifizierter Form den Anwendungsbereich der Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25.02.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabedurch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, ABl. L 76/14 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:1992L0013:20070101:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 24.07.2013). 6 Vgl. hierzu allgemein Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 1721 ff., speziell zum Bereich Dienstleistungskonzessionen, Rn. 2554 ff. Siehe auch Tugendreich, in: Montag/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) - Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht 2011, § 99 GWB, Rn. 227; Knauff, Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen: Aktuelle Rechtslage und zukünftige Entwicklungen, VergabeR 2013, 157, 157 ff.. Siehe hierzu auch Kommission , Mitteilung zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl.EG 2000 Nr. C 121/1 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2000:121:0002:0013:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 23.07.13). 7 Vgl. Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 1731 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 7 PE 6 – 3000 – 78/13 zustellen, der die öffentlichen Dienstleistungskonzessionen dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind [...]. “8 Diese primärrechtlichen Vorgaben werden auch nach Erlass der Konzessionsrichtlinie fortgelten .9 Sie weisen allerdings bei weitem nicht die Detailgenauigkeit auf, wie sie auf der Ebene des Vergabesekundärrechts gegeben ist einschließlich des Kommissionsvorschlags.10 Allgemein lässt sich feststellen, dass eine primärrechtskonforme Vergabe von Dienstleistungskonzessionen wettbewerblich , diskriminierungsfrei und transparent erfolgen muss.11 Da hieraus bislang – wie aus dem obigen Rechtsprechungszitat deutlich wird – jedenfalls eine gewisse Veröffentlichungspflicht folgt, können die Vorgaben des Kommissionsvorschlags für die unter Art. 17 des Vorschlags fallenden Dienstleistungen als eine konkretisierende Kodifikation der Rechtsprechung angesehen werden. 4. Ausnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb städtischer und kommunaler Krankenhäuser und Altenheime unter Beteiligung oder Kooperation mit Privaten? Art. 17 KOM(2011)897 verweist auf die Pflicht zur Konzessions- und Vergabebekanntmachung nur insoweit, als die davon erfassten Dienstleistungskonzessionen auch im Übrigen in den Anwendungsbereich des Kommissionsvorschlags fallen. Ausnahmen von diesem bestehen unter anderen für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen (Art. 15 KOM(2011)897) und für die Vergabe an verbundene Unternehmen (Art. 11 KOM(2011)897). Die Regelung zum erst genannten Bereich geht auf die Rechtsprechung zur Inhouse-Vergabe und zu sonstigen Inter-State- Geschäften zurück.12 Die Bestimmung zu verbundenen Unternehmen ist hingegen der Sektorenvergaberichtlinie entliehen.13 Fraglich ist, ob diese Ausnahmen greifen, wenn etwa kommunale Krankenhäuser und Altenheime unter Beteiligung oder Kooperation Privater agieren. 4.1. Art. 15 KOM(2011)897 Art. 15 KOM(2011)897 nimmt in den Absätzen 1 bis 4 verschiedene Konstellationen der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen auf und formuliert jeweils entsprechende Voraussetzungen für die Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des Vorschlags. All diesen Anforderungen ist gemeinsam, dass keine private Beteiligung vorliegen darf (vgl. Abs. 1 lit. c), Abs. 3 lit. c) KOM(2011)897). 8 EuGH, Rs. C-324/07, Slg. 2008, I-8457, Rn. 25 - Coditel Brabant. 9 Siehe hierzu auch Erwägungsgrund 21 sowie Art. 1aa KOM(2011)897. 10 Vgl. Knauff, VergabeR 2013, 157, 158 f. 11 Knauff, VergabeR 2013, 157, 158, mit weiteren Nachweisen aus dem Schrifttum. 12 Vgl. hierzu Frenz, Handbuch Europarecht - Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, 2007, Rn. 2310 ff. 13 Vgl. Art. 23 Richtlinie 2005/17/EG des Rates und des Europäischen Parlaments vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl.EU 2004 Nr. L 134/1 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:134:0001:0113:de:PDF – letztmaliger Abruf am 23.07.13). Siehe hierzu Gabriel, in: Montag/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) - Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht 2011, § 100 GWB, Rn. 92 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 8 PE 6 – 3000 – 78/13 In Art. 15 Abs. 6 KOM(2011)897 ist zudem geregelt, dass die Ausnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 auch dann keine Anwendung mehr finden, wenn die private Beteiligung erst nach Konzessionsvergabe zustande kommt. Der Kommissionsvorschlag definiert nicht die vom Begriff der privaten Beteiligung im Sinne des Art. 15 KOM(2011)897 erfassten Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen und Privaten, lässt aber darauf schließen, dass private Beteiligungen die Anwendung der Ausnahmeregelung des Art. 15 KOM(2011)897 ausschließen. 4.2. Art. 11 KOM(2011)897 Die Bestimmungen über die Vergabe an verbundene Unternehmen sehen vor, dass der Kommissionsvorschlag unter bestimmten Voraussetzungen bei einer Konzessionsvergabe an ein verbundenes Unternehmen ebenfalls keine Anwendung findet (vgl. Art. 11 Abs. 3 KOM(2011)897). Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass es sich bei dem Konzessionsbegünstigten um ein verbundenes Unternehmen handelt. Für die hier relevanten Fälle könnte die Definition des Art. 11 Abs. 2 lit. a) KOM(2011)897 in Betracht kommen. Danach ist ein verbundenes Unternehmen auch ein solches Unternehmen, das mittelbar oder unmittelbar einem beherrschenden Einfluss der Vergabestelle im Sinne des Art. 4 Abs. 2 KOM(2011)897 unterliegen kann. Art. 4 Abs. 2 KOM(2011)897 nimmt auf öffentliche Unternehmen Bezug und definiert diese wie folgt: Ein „öffentliches Unternehmen“ ist ein Unternehmen, auf das öffentliche Auftraggeber aufgrund der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Bestimmungen direkt oder indirekt einen beherrschenden Einfluss ausüben können. Es wird davon ausgegangen, dass öffentliche Auftraggeber einen beherrschenden Einfluss ausüben können, wenn sie in Bezug auf ein Unternehmen direkt oder indirekt a. die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens halten oder b. über die Mehrheit der Stimmrechte verfügen, die mit den von dem Unternehmen ausgegebenen Anteilen verbunden sind, oder c. die Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens mehrheitlich bestellen können. Nach dieser Definition ist eine private Beteiligung somit nicht per se ausgeschlossen, sondern solange zulässig, als nicht der beherrschende Einfluss der vergebenden Stelle verloren geht. Diese Voraussetzungen könnten in Fällen von städtischen oder kommunalen Krankenhäusern oder Altenpflegeheimen je nach Umfang der privaten Beteiligung durchaus erfüllt werden. Voraussetzung für die Ausnahme ist allerdings ferner, dass die Voraussetzungen nach Art. 11 Abs. 4 lit. a) KOM(2011)897 erfüllt werden. Danach gilt die Ausnahme für Dienstleistungskonzessionen nur, sofern mindestens 80 % des von dem verbundenen Unternehmen während der letzten drei Jahre mit Dienstleistungen insgesamt erzielten durchschnittlichen Umsatzes aus der Erbringung von Dienstleistungen für die mit ihm verbundenen Unternehmen stammen. Ob diese Anforderungen im Falle von Konzessionsvergaben an städtische oder kommunale Krankenhäuser oder Altenpflegeheime erfüllt werden können, hängt vom Verständnis und der Auslegung der Bestimmung in Art. 11 Abs. 4 lit. a) KOM(2011)897 im konkreten Einzelfall ab. Vor dem Hintergrund, dass städtische und kommunale Krankenhäuser und Altenpflegeheime in der Regel Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 9 PE 6 – 3000 – 78/13 zuvörderst für die Einwohner der jeweiligen Stadt und Kommune offen stehen und in dieser Hinsicht in erster Linie Leistungen für die hinter ihnen stehende Stadt oder Kommune erbringen, müsste die Erfüllung der Voraussetzung des Art. 11 Abs. 4 lit. a) KOM(2011)897 möglich sein. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Ausnahme nach Art. 11 KOM(2011)897 für Konzessionsvergaben an verbundene Unternehmen einer privaten Beteiligung an der konzessionsbegünstigten Stelle jedenfalls im bestimmten Umfang nicht entgegensteht. In jedem Fall müsste auch die Voraussetzung des Art. 11 Abs. 4 lit. b) KOM(2011)897 – die überwiegende Tätigkeit für die „mit ihm verbundenen Unternehmen“ – im Zusammenhang mit städtischen oder kommunalen Krankenhäusern oder Altenpflegeheimen erfüllt werden. Unterstellt man, dass diese Voraussetzungen erfüllbar wären und die Bereichsausnahme greifen würde, dann wäre auch in diesem Fall zumindest das primärrechtliche Vergaberecht zu beachten, aus welchem sich ebenfalls gewisse Veröffentlichungspflichten ergeben (siehe oben unter 3.). 5. Zusammenfassung Gesundheits- und Pflegedienstleistungen städtischer und kommunaler Krankenhäuser bzw. Altenpflegeheime unterliegen nach dem Kommissionsvorschlag Art. 11 Abs. 4 lit. a) KOM(2011)897 für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe einer Pflicht zur vorhergehenden Konzessionsbekanntmachung und einer nachträglichen Vergabebekanntmachung, soweit sie nicht von dem Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags ausgenommen sind. Die Ausnahmen betreffen im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen insbesondere die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen sowie die Vergabe an verbundene Unternehmen. Eine private Beteiligung auf Seiten der Krankenhäuser oder Altenheime steht allerdings der erst genannten Ausnahme entgegen. Im zweiten Fall ist eine Beteiligung Privater in bestimmten Grenzen grundsätzlich möglich, soweit die Voraussetzungen im Übrigen auf städtische und kommunale Krankenhäuser bzw. Altenpflegeheime anwendbar sind. Zu beachten bleibt aber auch dann das primärrechtliche Vergaberecht. - Fachbereich Europa -