© 2013 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 63/ 13 Ausarbeitung Fragen zur geplanten Europäischen Waldkonvention Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 2 PE 6 - 3000 - 63/13 Fragen zur geplanten Europäischen Waldkonvention Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 63/13 Abschluss der Arbeit: 12.06.2013 Fachbereich: PE 6: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 3 PE 6 - 3000 - 63/13 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Vertragsschluss als Gemischtes Abkommen und rechtliche Konsequenzen 5 2.1. Vertragsschlussfähigkeit und Vertragsschlusskompetenz 6 2.2. Vertragsschlussverfahren 7 2.3. Völkerrechtliche Wirkung der Europäischen Waldkonvention zwischen den Vertragsparteien 8 2.4. Wirkung einer verbindlichen Europäischen Waldkonvention im Unionsrecht 9 2.5. Wirkungen einer Europäischen Waldkonvention in der deutschen Rechtsordnung 10 2.5.1. Wirkungen der in unionaler Kompetenz verhandelten Vertragsbestimmungen im deutschen Recht 11 2.5.2. Wirkung der in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit liegenden Vertragsbestimmungen im deutschen Recht 11 2.5.2.1. Einbeziehung in die deutsche Rechtsordnung 11 2.5.2.2. Unmittelbare Anwendbarkeit in der deutschen Rechtsordnung 12 3. Zusammenfassung 13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 4 PE 6 - 3000 - 63/13 1. Einleitung Im Juni 2011 hat die Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (FOREST EUROPE1) mit dem sogenannten Oslo Mandat2 beschlossen, ein rechtlich bindendes Abkommen über die Wälder in Europa (Europäische Waldkonvention) zu erarbeiten und dafür einen Zwischenstaatlichen Verhandlungsausschuss (Intergovernmental Negotiating Committee – INC) zu bilden. Das INC soll bis Ende Juni 2013 seine Verhandlungen über eine Europäische Waldkonvention beenden und auf einer weiteren Regierungskonferenz den Entwurf einer solchen Konvention den FOREST EUROPE-Staaten zur Unterzeichnung vorlegen.3 Der Rat der Europäischen Union hat am 9. Juni 2011 einen Beschluss betreffend die Teilnahme der EU an den Verhandlungen über die Europäische Waldkonvention angenommen. Mit diesem Beschluss wurde die Europäische Kommission (Kommission) ermächtigt, in Bezug auf die Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der EU fallen, im Namen der Union an den Verhandlungen über die Europäische Waldkonvention teilzunehmen. Zugleich wurde im gegenseitigen Einvernehmen ein Beschluss zur Ermächtigung des Vorsitzes des Rates angenommen, im Namen der Mitgliedstaaten über die in ihre Zuständigkeit fallenden Bestimmungen der geplanten Konvention zu verhandeln.5 Vom 10. bis 14. Juni 2013 findet die vierte Tagung des INC statt. Dort wird weiter über die aktuelle Version der Waldkonvention verhandelt.6 Gegenstand der Beratungen wird insbesondere sein, 1 FOREST EUROPE ist eine 1990 ins Leben gerufene Kooperation von 46 europäischen Ländern und der Europäischen Union und beschäftigt sich mit vordringlichen politisch und gesellschaftlich relevanten Fragen im Bereich Wald und Forstwirtschaft. Sie verabschiedet Empfehlungen, die dem Schutz der Wälder in Europa und ihrer nachhaltigen Bewirtschaftung dienen. Weitere Informationen abrufbar unter http://www.foresteurope.org/, zuletzt abgerufen am 12.06.2013. 2 Oslo Mandat der Minister für die Verhandlung eines rechtlich bindenden Abkommens über die Wälder in Europa (online abrufbar unter http://www.foresteurope.org/docs/infoidiomas/OsloVerhandlungsmandat.pdf, zuletzt abgerufen am 12.06.2013). 3 Vgl. dazu http://www.forestnegotiations.org/, zuletzt abgerufen am 12.06.2013. 5 Ratsdok.-Nr.: 10982/11 + ADD 1 (abrufbar unter http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokumentInhalt?id=19945&latestVersion=true&type=5, zuletzt abgerufen am 12.06.2013). 6 Zum aktuellen Verhandlungsstand vgl. Draft negotiating text for a legally binding agreement on forests in Europe at the end of INC3 Plenary session on the afternoon of 5 April 2013 (online abrufbar unter http://www.forestnegotiations.org/INC/INC4/documents, zuletzt abgerufen am 12.06.2013). Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 5 PE 6 - 3000 - 63/13 welche Organisation der Vereinten Nationen für die Verhandlungen über das Abkommen, seine Annahme und das Sekretariat zuständig sein soll.7 Gegenstand dieser Ausarbeitung ist die rechtliche Einordnung einer rechtlich bindenden Europäischen Waldkonvention und insbesondere ihre Wirkungen auf die und in der deutschen Rechtsordnung . Ausgehend von dem geplanten Vertragsschluss als gemischtes Abkommen wird zunächst dargelegt, inwiefern die Europäische Waldkonvention in die Zuständigkeit der EU und/oder der Mitgliedstaaten fällt (dazu unter 2.1.), um dann das Vertragsschlussverfahren (dazu unter 2.2.) und die völkerrechtlichen Wirkungen (dazu unter 2.3.) eines solchen Abkommens zu erörtern. Schließlich wird ausgeführt, welche Wirkungen das geplante Abkommen daraus folgend im Unionsrecht (dazu unter 2.4.) und im deutschen nationalen Recht entfalten wird (dazu unter 2.5.). 2. Vertragsschluss als Gemischtes Abkommen und rechtliche Konsequenzen Vertragsparteien der Europäischen Waldkonvention sollen nicht nur verschiedene europäische Staaten, darunter alle EU-Mitgliedstaaten, sondern auch die EU selbst werden. Es handelt sich also um ein sogenanntes gemischtes Abkommen. Der Begriff des „gemischten Abkommens“ findet sich in den Unionsverträgen nicht, hat sich aber in der Literatur und der Praxis8 herausgebildet. Es handelt sich dabei um völkerrechtliche Verträge , bei denen nicht nur die EU sondern auch ihre Mitgliedstaaten Vertragsparteien werden.9 Gemischte Abkommen werden dann geschlossen, wenn sie nicht nur Regelungsbereiche betreffen, die in die ausschließliche Kompetenz der EU fallen, sondern auch solche, die in mitgliedstaatlicher Kompetenz liegen.10 Die geplante Europäische Waldkonvention soll zum einen Fragen zum Gegenstand haben, die in zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeiten gemäß Art. 4 AEUV fallen (z.B. Fragen aus dem Umweltbereich einschließlich biologischer Vielfalt und Klimawandel11 i.S.v. Art. 4 Abs. 2 lit. e) AEUV), zum anderen aber auch solche, die ausschließlich in mitgliedstaatlicher Kompetenz liegen (z.B. Fragen die Waldbewirtschaftung sowie Aufrechterhal- 7 Vgl. den vertraulichen Drahtbericht des Auswärtigen Amtes vom 08. Mai 2013, BRUEEU*2225: 2451. Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter (Teil 1) am 08.05.05.2013 in Brüssel (abrufbar unter http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokumentInhalt?id=83826&latestVersion=true&type=5, zuletzt abgerufen am 12.06.2013). 8 Der EuGH verwendet den Begriff der „gemischten Übereinkunft“, vgl. EuGH, Rs. C-459/03 (Kommission ./. Irland ), Slg. 2006, I-4635, Rn. 61. (Die Sammlung des EuGH ist abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/RECHrecueil.do, zuletzt abgerufen am 12.06.2013). 9 Kumin/Bittner, Die „gemischten“ Abkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dritten Völkerrechtssubjekten andererseits, EuR-Bei 2012, 75 (75). 10 Im Einzelnen Kumin/Bittner, Fn. 9, (75). Siehe auch Vedder, Die Außenbeziehungen der EU und die Mitgliedstaaten : Kompetenzen, gemischte Abkommen, völkerrechtliche Verantwortlichkeit und Wirkungen des Völkerrechts , EuR 2007, Beiheft 3, 57ff. 11 Vgl. etwa Art. 4 Abs. 2 lit. a) iv and Art. 8 Draft Negotiating Text, Fn. 6. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 6 PE 6 - 3000 - 63/13 tung und Stärkung der kulturellen Funktionen der Wälder betreffend12), so dass hier ein gemischtes Abkommen geschlossen werden soll. 2.1. Vertragsschlussfähigkeit und Vertragsschlusskompetenz Da sowohl die EU als auch ihre Mitgliedstaaten Vertragsparteien werden sollen, müssen beide die Kompetenz zum Vertragsschluss haben. Die einzelnen Mitgliedstaaten können als Staaten im Sinne des Völkerrechts unproblematisch völkerrechtliche Verträge schließen.14 Die EU als abgeleitetes Völkerrechtssubjekt mit Rechtspersönlichkeit (vgl. Art. 1 EUV) ist im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zum Vertragsschluss befugt. Entsprechend regelt Art. 216 AEUV15, dass die EU dann einen völkerrechtlichen Vertrag schließen kann, wenn dies in den Verträgen vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der in den Verträgen festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte (ausdrückliche und implizite Vertragsschließungskompetenz). Als ausdrückliche Vertragsschlusskompetenz sind vor allem die zum Abschluss von Handels16- und von Assoziierungsabkommen 17 zu nennen. Die impliziten Vertragsschlusskompetenzen sind den internen Rechtssetzungskompetenzen der Union „strikt parallel und akzessorisch“18, d.h. sie sind inhaltlich identisch und stellen eine Erweiterung der Handlungsformen der EU um die des völkerrechtlichen Vertrages dar. Damit stehen implizite völkerrechtliche Vertragsschließungskompetenzen der Union insoweit zur Verfügung, wie sie nach innen zur Rechtssetzung in der Lage wäre. Aus Art. 3 Abs. 2 AEUV ergibt sich, dass die EU dann eine ausschließliche – d.h. die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten ausschließende – Vertragsschlusskompetenz hat, wenn sich eine solche aus den Gesetzgebungsakten der Union ergibt oder die Materie bereits durch gemeinschaftliche Vorschriften derart geregelt ist, dass den Mitgliedstaaten kein eigenständiger Regelungsspielraum mehr bleibt. Weiterhin liegt eine ausschließliche Vertragsschlusskompetenz vor, wenn ein un- 12 Vgl. etwa Art. 4 lit. a) vi. und Art. 10 des Draft Negioting Text, Fn. 6. . 14 Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht mit Europarecht, 4. Auflage 2009, S. 94. 15 Zu der Geschichte der Vorschrift und den in der Rechtsprechung des EuGH entwickelten impliziten Vertragsschlusskompetenzen seit der AETR-Entscheidung (EuGH, Rs. 22/70, Slg. 1971, I-263; Die Sammlung des EuGH ist online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/RECHrecueil.do, zuletzt abgerufen am 12.06.2013) vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Band 6, Institutionen und Politiken, 2011, Rn. 5153ff. oder Vedder, Fn. 10, (61). 16 Art. 205ff. AEUV. 17 Art. 217 AEUV. 18 Vedder, Fn 10, (62). Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 7 PE 6 - 3000 - 63/13 trennbarer Zusammenhang zwischen dem Vertragsschluss und der Ausübung der internen Zuständigkeit der Union besteht.19 Liegt eine ausschließliche Zuständigkeit der Union vor, kann nur sie internationale Übereinkünfte schließen, in den übrigen Fällen besteht eine mit den Mitgliedstaaten geteilte (Art. 4 Abs. 1 AEUV) oder eine ihnen allein zustehende Zuständigkeit. Gemäß Art. 2 Abs. 2 AEUV können im Fall der geteilten Zuständigkeit sowohl die Union als auch die einzelnen Mitgliedstaaten völkerrechtliche Verträge schließen. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeit aber nur solange wahr, wie die Union ihrerseits ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat. Eine ausschließliche Zuständigkeit der Union für den Abschluss der geplanten Europäischen Waldkonvention liegt nicht vor. Es ist aber auch nicht von einer allein in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit liegenden Materie auszugehen: Auch wenn für die Forstwirtschaft an sich die Mitgliedstaaten zuständig sind, da der Union in diesem Bereich keine Kompetenzen übertragen wurden, so wird sich das geplante Abkommen jedenfalls potenziell auf Politiken der Union auswirken , in denen sie rechtsetzend tätig geworden ist. Zu denken ist hier u.a. an die Gemeinsame Agrarpolitik und die Bereiche Umwelt, Energie und Handel. Zudem wird es in der Praxis unmöglich sein, die in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallenden Fragen scharf von denen, die in Zuständigkeit der Union liegen, zu trennen. Wenn aber – wie hier – sowohl Bereiche, für die die Union zuständig ist, als auch solche in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit betroffen sind, haben sowohl die Union als auch die Mitgliedstaaten die Vertragsschlusskompetenz, so dass der Abschluss eines gemischten Abkommens angezeigt ist. 2.2. Vertragsschlussverfahren Die Verträge enthalten keine Sonderregeln für den Abschluss von gemischten Abkommen. Vielmehr werden das Vertragsschlussverfahren des Unionsrechts und die Vorschriften der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zum Abschluss internationaler Verträge addiert (Addition der Verfahren).20 Für die EU richtet sich das Vertragsschlussverfahren nach Art. 218 AEUV.21 Vorliegend wurde die Kommission gemäß Art. 218 Abs. 3 und 8 AEUV vom Rat ermächtigt, für die EU die Verhandlungen zu führen.22 Nach Abschluss der Vertragsverhandlungen bedarf es wiederum eines Ratsbeschlusses über den Abschluss bzw. die Genehmigung der Unterzeichnung des Abkommens für die EU und seine mögliche vorläufige Anwendung (vgl. Art. 218 Abs. 5 und 6 AEUV). Die Art der Beteiligung des Europäischen Parlaments richtet sich nach Art. 218 Abs. 6 UAbs. 2 AEUV. Auch wenn die einzelnen EU-Mitgliedstaaten den Vorsitz des Rates ermächtigt haben, in ihrem Namen die Verhandlungen zu führen23, richtet sich das Vertragsschlussverfahren nach dem je- 19 Frenz, Fn. 15, Rn. 5180. 20 Frenz, Fn. 15, Rn. 5195; Vedder, Fn. 10, (78). 21 Im Einzelnen zum Vertragsschlussverfahren nach Art. 218 AEUV vgl. Frenz, Fn. 15, Rn. 5184ff. 22 Siehe oben Fn. 4. 23 Siehe oben Fn. 5. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 8 PE 6 - 3000 - 63/13 weiligen nationalen Recht. Für Deutschland heißt dass, dass im Falle einer Zuständigkeit des Bundes24 der Bundespräsident nach Art. 59 Abs. 1 GG das Abkommen unterzeichnen muss25, dass es dafür aber ggfls. der Beteiligung der Gesetzgebungsorgane nach Art. 59 Abs. 2 GG bedarf. So wie sich die Vertragsschlussverfahren unterscheiden, unterscheiden sich auch die Wirkungen der in unionaler Zuständigkeit liegenden Vertragsbestandteile von denen, die in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit liegen: die rechtlichen Wirkungen des mitgliedstaatlichen Teils richten sich nach den Vorschriften des nationalen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die des unionalen Teils nach dem des Unionsrechts.26 2.3. Völkerrechtliche Wirkung der Europäischen Waldkonvention zwischen den Vertragsparteien Bevor auf die Wirkungen einer etwaigen Europäischen Waldkonvention im deutschen Recht eingegangen werden kann, soll zum besseren Verständnis kurz die völkerrechtlichen Wirkungen einer solchen Konvention erörtert werden. Unabhängig von den innerstaatlichen bzw. unionsinternen Vertragsschlussverfahren richtet sich die völkerrechtliche Bindungswirkung nach dem Völkervertragsrecht, welches im Wesentlichen im Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (Wiener Vertragsrechtskonvention – WVK)27, im Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge zwischen Staaten und internationalen Organisationen oder zwischen internationalen Organisationen und in der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge kodifiziert ist. Die in der WVK niedergelegten Regeln stellen vielfach Völkergewohnheitsrecht und allgemeinen Rechtsgrundsätze dar.28 Sobald ein Vertrag in Kraft tritt, bindet er die Vertragsparteien und ist von ihnen nach Treu und Glauben zu erfüllen (pacta sunt servanda, kodifiziert u.a. in Art. 26 WVK). Insbesondere kann sich eine Vertragspartei in der Regel nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen, um die Nichterfüllung des Vertrages zu rechtfertigen. Wann ein völkerrechtlicher Vertrag in Kraft tritt, richtet sich danach, was die Vertragsparteien dazu in ihm vereinbart haben (vgl. etwa Art. 24 Abs. 1 WVK), in Ermangelung einer solchen vertraglichen Regelung jedenfalls dann, wenn alle Verhandlungsstaaten ihre Zustimmung, durch den Vertrag gebunden zu sein, erklärt haben, d.h. ihn ratifiziert haben (vgl. etwa Art. 24 Abs. 2 WVK). Die Ratifikation ist dabei die in dem Austausch der Ratifikationsurkunden verkörperte Erklärung, dass der Staat bzw. die EU den 24 Zu der Frage der Kompetenzverteilung zwischen den Ländern und dem Bund vgl. Art. 32 GG. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift ist die Pflege der Beziehungen zu anderen Staaten Sache des Bundes. Gemäß Art. 32 Abs. 3 GG können die Länder mit Zustimmung der Bundesregierung mit anderen Staaten oder sonstigen Völkerrechtssubjekten Verträge schließen, soweit sie für die Gesetzgebung zuständig sind. Im Einzelnen vgl. dazu Geiger, Fn. 14, S. 108ff. 25 Zur möglichen Delegation der Vertretungsbefugnis vgl. Geiger, Fn. 14, S. 115. 26 Dazu im Einzelnen sogleich unter 2.4. Wirkung einer verbindlichen Europäischen Waldkonvention im Unionsrecht , S. 9 und 2.5. Wirkungen einer Europäischen Waldkonvention in der deutschen Rechtsordnung, S. 10. 27 BGBl. 1985 II S. 926. 28 Stein/von Buttlar, Völkerrecht, 11. Auflage, 2005, Rn. 33. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 9 PE 6 - 3000 - 63/13 betreffenden Vertrag einzuhalten gewillt ist und sich daran nunmehr für völkerrechtlich gebunden hält.29 Hiervon zu unterscheiden ist das innerstaatliche bzw. unionsinterne Zustimmungsverfahren 30, welches in der staatsrechtlichen Terminologie teilweise auch als Ratifikation bezeichnet wird. Wenn also eine Vertragspartei einen Vertrag völkerrechtlich ratifiziert hat und dieser in Kraft getreten ist, ist sie völkerrechtlich gebunden – unabhängig davon, ob das innerstaatliche Genehmigungsverfahren rechtmäßig und vollständig durchlaufen wurde. Im Falle der Verletzung der vertraglich getroffenen Vereinbarungen bietet das Völkerrecht den anderen Vertragsstaaten Reaktionsmöglichkeiten die von der Suspendierung und Beendigung des Vertrages bis hin zur völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Repressalie reichen können.31 Art. 23 des Draft Negotiating Text32 der Europäischen Waldkonvention enthält einen Entwurf für eine Regelung zum Inkrafttreten der Konvention. Noch haben sich die Verhandlungsparteien nicht geeinigt, wie viele Ratifikationsurkunden hinterlegt sein müssen, damit der Vertrag in Kraft treten kann. Jedenfalls soll das Inkrafttreten aber von einer bestimmten Anzahl von Ratifikationen abhängen und 90 Tage nach Erreichen dieser Zahl eintreten. Diejenigen Vertragsparteien, sei es die EU oder ihre Mitgliedstaaten, die zu diesem Zeitpunkt bereits ratifiziert hätten, wären dann völkerrechtlich verpflichtet, die in ihm niedergelegten Verpflichtungen einzuhalten. Im Falle der Nichteinhaltung drohten völkerrechtliche Sanktionen. 2.4. Wirkung einer verbindlichen Europäischen Waldkonvention im Unionsrecht Unabhängig von dieser völkerrechtlichen Bindungswirkung zwischen den Vertragsparteien ist die Wirkung der geplanten Europäischen Waldkonvention im Unionsrecht zu beurteilen. Es ist zwischen verschiedenen Wirkungen völkerrechtlicher Verträge im Unionsrecht zu unterscheiden : Erstens werden die von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträge nach ständiger Rechtsprechung des EuGH mit ihrem internationalen Inkrafttreten integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung ohne dass es eines gesonderten Transformationsaktes bedürfte (unmittelbare Geltung).33 29 Stein/von Buttlar, Fn. 28, Rn. 65. 30 Siehe oben 2.2. Vertragsschlussverfahren, S. 7f. 31 Im Einzelnen zur Vertragsverletzung vgl. Stein/von Buttlar, 28, Rn. 105ff. 32 Fn. 6. 33 St. Rspr., vgl. EuGH, Rs. 181/73 (Heagemann), Rn. 2, 6; EuGH, Rs. C-161/96 (Racke), Rn. 41. Zu den in der Literatur vertretenen Ansichten vgl. Schmalenbach, in: Calliees/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage, 2011, Art. 216 AEUV, Rn. 31. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 10 PE 6 - 3000 - 63/13 Sie nehmen daher zweitens am Vorrang des Unionsrechts34 gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten teil.35 Die Verträge enthalten keine ausdrückliche Regelung der Vorrangfrage. Der EuGH hat das Gebot des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts aber den ex-Art. 10 Abs. 2, 249 EGV, heute im Wesentlichen ersetzt durch Art. 4 Abs. 3 EUV, Art. 288 AEUV, in Verbindung mit dem Grundsatz der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts entnommen.36 Der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts führt zum Anwendungsvorrang des nationalen Rechts, d.h. nationale Vorschriften, die dem Unionsrecht, also auch den von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträgen, widersprechen, dürfen nicht mehr angewandt werden. Drittens ordnet Art. 216 Abs. 2 AEUV an, dass die von der Union geschlossenen Übereinkünfte die Organe der Union und die Mitgliedstaaten binden. Daraus folgt, dass von der Union geschlossene völkerrechtliche Verträge als Teil des Unionsrechts höherrangig gegenüber „normalem“ abgeleitetem Unionsrecht bzw. den sonstigen Sekundärrechtsakten der Union sind.37 Das Verhältnis von durch die Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträgen zum Primärrecht ergibt sich viertens aus Art. 218 Abs. 11 AEUV: Nach dieser Vorschrift kann der EuGH die Vereinbarkeit eines beabsichtigten Abkommens mit den Verträgen begutachten, so dass völkerrechtliche Übereinkünfte die primärrechtlichen Grundlagen der Union nicht berühren können. Aus der Überprüfbarkeit völkerrechtlicher Übereinkommen folgt die Nachrangigkeit der völkerrechtlichen Verträge gegenüber dem Primärrecht.38 Der Inhalt von der Union geschlossener völkerrechtlicher Verträge muss entsprechend mit dem Primärrecht in Einklang stehen. Daraus folgt, dass eine verbindliche, von der Union ratifizierte Europäische Waldkonvention nach ihrem Inkrafttreten als integraler Bestandteil des Unionsrechts im Rahmen der Zuständigkeiten der Union am Vorrang des Unionsrechts gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten teilnehmen würde, höherrangig gegenüber anderen sekundärrechtlichen Rechtsakten der Union wäre , aber mit dem Primärrecht in Einklang stehen müsste. 2.5. Wirkungen einer Europäischen Waldkonvention in der deutschen Rechtsordnung Hinsichtlich der Wirkungen der Europäischen Waldkonvention in der deutschen Rechtsordnung ist zunächst zwischen den Teilen zu unterscheiden, die in unionaler Kompetenz und jenen, die in Ausübung der Kompetenz der Mitgliedstaaten geschlossen werden. 34 Zum Vorrang des Gemeinschaftsrechts vgl. statt vieler Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage 2011, Art. 1 AEUV, Rn. 16 ff. 35 EuGH, Rs. 17/81 (Pabst und Richarz), Slg. 1982, 1331, Rn. 27. 36 EuGH, Rs. 6/64 (Costa/Enel), Slg. 1964, 1251. 37 St. Rspr., vgl. u.a. EuGH, verb. Rs. 21-24/72 (International Fruit Company), Rn. 5f.; EuGH, Rs. C-61/94 (Kommission / Deutschland), Rn. 52; EuGH, Rs. C-280/93 (Deutschland/Rat), Rn. 105/111; Rs. C-228/06 (Soysal u.a. Deutschland), RN. 59; EuGH, Rs. C-366/10 (Air Transport Association), Rn. 50; EuGH, Rs. C-311/04 (Algemene Scheeps Agentuur Dordrecht), Rn. 25; EuGH, Rs. C-308/06 (Intertanko), Rn. 42, EuGH, verb. Rs. C-402/05 P und C-415/05 P (Kadi u.a. / Rat und Kommission), Rn. 307. 38 Frenz, Fn. 15,Rn. 5208 m.w.N. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 11 PE 6 - 3000 - 63/13 2.5.1. Wirkungen der in unionaler Kompetenz verhandelten Vertragsbestimmungen im deutschen Recht Die in unionaler Kompetenz verhandelten Regelungen der geplanten Europäischen Waldkonvention nehmen entsprechend dem oben Gesagten als integraler Bestandteil des Unionsrechts an dessen Vorrang gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten teil. D.h., dass innerstaatliche entgegenstehende Regelungen außer Anwendung bleiben müssen, aber nicht automatisch rechtsungültig werden. 2.5.2. Wirkung der in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit liegenden Vertragsbestimmungen im deutschen Recht Die Wirkung der in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit liegenden Vertragsbestimmungen richtet sich nach dem jeweiligen nationalen Recht. 2.5.2.1. Einbeziehung in die deutsche Rechtsordnung Für die Einbeziehung völkervertraglicher Regelungen findet sich im deutschen Grundgesetz die Regelung des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, welche als lex specialis Art. 25 GG vorgeht. Während die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 GG ohne Transformationsakt unmittelbar Rechte und Pflichten für die Bewohner des Bundesgebietes begründen, bedarf es für die Einbeziehung völkerrechtlicher Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, eines Zustimmungsgesetzes.39 Insofern unterscheidet sich die Wirkung völkerrechtlicher Verträge im deutschen Recht von der im Unionsrecht.40 Es ist zwar im Einzelnen umstritten, was allgemeine Regeln des Völkerrechts sind41, Einigkeit besteht jedoch darüber, dass damit das allgemeine Völkergewohnheitsrecht gemeint ist42 und, dass völkervertragliche Regelungen wie die hier gegenständliche geplante Europäische Waldkonvention nicht dazu zählen.43 Das Zustimmungsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG hat eine Doppelfunktion44: Es dient zum einen der Ermächtigung des vertragsschließenden Organs, die international bindende Vertragserklärung abzugeben (d.h. den Vertrag zu unterzeichnen und völkerrechtlich zu ratifizieren) und verschafft zugleich dem Inhalt des völkerrechtlichen Vertrages im Zeitpunkt seines völkerrecht- 39 Im Einzelnen zur Einbeziehung, Geiger, Fn. 14, S. 155ff. 40 Vgl. oben 2.4 Wirkung einer verbindlichen Europäischen Waldkonvention im Unionsrecht, S. 9. 41 Dazu vgl. Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht mit Europarecht, 4. Auflage 2009, S. 145 ff. 42 Geiger, Fn. 14, S. 145. 43 BVerfGE 117, 141 – argentinisches Botschaftskonto, mit Nachweisen der Rspr. 44 Geiger, Fn. ,S. 156. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 12 PE 6 - 3000 - 63/13 lichen Inkrafttretens innerstaatliche Geltung. Das Bundesverfassungsgericht spricht insoweit von einem „Rechtsanwendungsbefehl“ den das Zustimmungsgesetz45 erteilt.46 Völkervertragliche Regelungen werden also durch das Zustimmungsgesetz zu ins Bundesrecht übernommenen Regelungen des objektiven Rechts.47 Das nationale Gesetzgebungsverfahren für das Zustimmungsgesetz richtet sich nach Art. 70 ff. GG. Angesichts der vielfältigen Regelungsbereiche der geplanten Europäischen Waldkonvention (u.a. Förderung der forstwirtschaftlichen Erzeugung, bürgerliches Recht, Recht der Enteignung, Bodenrecht, Luftreinhaltung, Naturschutz und Landschaftspflege, Bodenverteilung und Raumordnung) dürfte es sich um einen Kompetenzmix aus konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeiten48 handeln. U.a. durch das Bundeswaldgesetz (BWaldG) hat der Bundesgesetzgeber von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht, so dass die Bundesländer nach Art. 72 Abs. 1 GG nicht mehr die Gesetzgebungskompetenz haben. Sie können lediglich nach Art. 72 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 in den Bereichen Jagdwesen und Naturschutz und Landschaftpflege abweichende Regelungen treffen. Entsprechend dürfte ein Zustimmungsgesetzes des Bundes zur innerstaatlichen Genehmigung der geplanten Europäischen Waldkonvention zu erlassen sein. Durch das Zustimmungsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag nehmen die einzelnen völkervertraglichen Bestimmungen innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes ein.49 Daraus folgt, dass gemessen am nationalen Recht in Anwendung der lex posterior-Regel die Regelungen des völkerrechtlichen Vertrages durch einfaches Bundesgesetz aufgehoben oder geändert werden könnten. Wenn dies nach nationalem Recht auch nicht ausgeschlossen ist, führte es aber gegebenenfalls dazu, dass sich die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtswidrig verhielte und damit völkerrechtlich verantwortlich wäre. 2.5.2.2. Unmittelbare Anwendbarkeit in der deutschen Rechtsordnung Von der Frage der Einbeziehung und Geltung völkerrechtlicher Vertragsbestimmungen in der deutschen Rechtsordnung ist die Frage zu trennen, ob die einzelnen Bestimmungen unmittelbar anwendbar sind, d.h. ob die innerstaatlichen Behörden und Gerichte aus dem Vertrag Rechtsfolgen für den Einzelnen ableiten dürfen.50 Ob eine Vertragsbestimmung unmittelbar anwendbar ist, muss durch Auslegung der konkreten Regelung ermittelt werden. Dabei kommt es darauf an, ob sich nach Inhalt; Zweck und Fassung einer Vertragsbestimmung ergibt, dass sie zu ihrer Ausführung noch völker- und staatsrechtlicher Akte bedarf. Eine völkervertragliche Regelung ist jeden- 45 Synonym wird auch der Begriff Vertragsgesetz gebraucht. 46 Im Einzelnen zu der Frage, ob die Einbeziehung völkervertraglicher Regelungen in das innerstaatliche Recht durch Transformation oder durch eine Vollzugsanweisung erfolgt vgl. Geiger, a.a.O., S. 156ff. 47 BVerGE 46, S. 342. 48 Vgl. für das BWaldG Thomas, in: Praxis der Kommunalverwaltung, 2013, D 5 Bund, BWaldG, 4. Gesetzgebungszuständigkeiten . 49 Ganz h.M., vgl. statt vieler BVerfGE 74, 358 (370).; Geiger, a.a.O., S. 161. 50 Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht mit Europarecht, 4. Auflage 2009, S. 142 m.w.N. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 13 PE 6 - 3000 - 63/13 falls dann nicht unmittelbar anwendbar, wenn die Vertragsparteien verpflichtet sind, zu ihrer Verwirklichung innerstaatliche „vorgeschaltete“ Maßnahmen zu treffen. Im deutschen Recht ist umstritten, ob nur unmittelbar anwendbare Vorschriften in den innerstaatlichen Bereich übernommen werden und dort Geltung entfalten können, oder ob die unmittelbare Anwendbarkeit nur die besondere Eigenschaft besondere völkervertraglicher Normen ist.51 Nach der in der Rechtsprechung und heute zunehmend in der Literatur vertretenen Auffassung hängt die innerstaatliche Geltung nicht von der unmittelbaren Anwendbarkeit einer Vorschrift ab. Danach wird der gesamte völkerrechtliche Vertrag als objektives Recht durch das Zustimmungsgesetz in die deutsche Rechtsordnung überführt. Insofern kann es zwar des Erlasses von „Durchführungsvorschriften“ bedürfen, um einem völkerrechtlichen Vertrag zur tatsächlichen Geltung zu verhelfen. Die zuständigen Staatsorgane werden aber durch die Einbeziehung kraft innerstaatlichen Rechts von Gesetzesrang verpflichtet, für die Erfüllung des Vertrages zu sorgen.52 Ein Blick in den Draft Negotiating Text der Europäischen Waldkonvention53 zeigt, dass die Vertragsparteien durch die Europäische Waldkonvention insbesondere verpflichtet werden sollen, Maßnahmen zu ergreifen, die zur Erreichung des Vertragsziele, insbesondere zur Stärkung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung in Europa beitragen (vgl. Art. 4ff. des Draft Negotiating Texts). So heißt es wiederholt ausdrücklich: „ Parties shall have in place or adopt legislative, administrative or other policy measurs to...“. Daraus folgt, dass nicht von einer unmittelbaren Anwendbarkeit der Bestimmungen auszugehen sein dürfte, sondern dass es vielmehr nationaler bzw. unionaler Umsetzungsmaßnahmen bedarf, eben jener Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Die Gesetzgebungsorgane würden jedoch nach der hier vertretenen Auffassung durch das Zustimmungsgesetz verpflichtet, bei Erlass der geforderten Maßnahmen die Einhaltung der Vorgaben der Europäischen Waldkonvention sicherzustellen. 3. Zusammenfassung Die geplante Europäische Waldkonvention betrifft sowohl Regelungsbereiche, die in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit liegen, als auch solche in unionaler Kompetenz. Daher soll sie als gemischtes Abkommen geschlossen werden, so dass Vertragsparteien nicht nur die einzelnen Mitgliedstaaten, sondern auch die EU würden. Da die Verträge keine Sonderregeln für den Abschluss von gemischten Abkommen enthalten, werden das Vertragsschlussverfahren des Unionsrechts und die Vorschriften der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zum Abschluss internationaler Verträge addiert. Es müsste zum einen die Bestimmung des Art. 218 AEUV beachtet werden und zum anderen das jeweilige nationale Recht. Wenn die Europäische Waldkonvention von Deutschland und der Union unterzeichnet und ratifiziert wurde und wenn sie in Kraft getreten ist, wird sie sich auf verschiedene Weise auf die deutsche Rechtsordnung und die Gesetzgebungsorgane auswirken: Hinsichtlich der Vertragsbe- 51 Im Einzelnen dazu vgl. Geiger, Fn. 14, S. 143 und 158 m.w.N. 52 Geiger, Fn. 50, S. 159. 53 Fn. 6. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 14 PE 6 - 3000 - 63/13 standteile, die in die Vertragsschlusskompetenz der Mitgliedstaaten fallen, richten sich die Rechtswirkungen nach den Vorschriften des deutschen Rechts, hinsichtlich derer in unionaler Zuständigkeit nach dem Unionsrecht. Entsprechend steht der „mitgliedstaatliche Teil“ als schlichter völkerrechtlicher Vertrag nach Art. 59 Abs. 2 GG im Rang eines einfachen deutschen Gesetzes, während der unionale Teil als integraler Bestandteil des Unionsrechts am Vorrang des Unionsrechts Teil hat. Soweit die Vorschriften der Europäischen Waldkonvention nicht unmittelbar anwendbar sind, bedarf es unionaler oder nationaler Durchführungsrechtsakte. Die Gesetzgebungsorgane der Mitgliedstaaten und die der EU wären nach erfolgter völkerrechtlicher Ratifizierung und nach Inkrafttreten der Konvention bei Erlass dieser Durchführungsrechtsakte an die vertraglichen Bestimmungen gebunden und verpflichtet, die Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen sicher zu stellen. - Fachbereich Europa -