PE 6 - 3000 - 62/19 (04.07.2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Der Fachbereich wurde um Beantwortung zweier Fragen im Zusammenhang mit dem Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates vom 13. Juli 2018 zur Änderung des dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments (im Folgenden : Ratsbeschluss) ersucht. Erstens wird gefragt, ob die Mitgliedstaaten unionsrechtlich verpflichtet sind, diesem Beschluss zuzustimmen. Zweitens wird um Auskunft gebeten, zu welcher Wahl zum Europäischen Parlament die Umsetzung der nach dem Ratsbeschluss vorgesehenen Mindestschwellen für die Sitzvergabe spätestens zu erfolgen hat. Zur ersten Frage ist auf Art. 223 Abs. 1 UAbs. 2 AEUV zu verweisen. Auf diese Vertragsvorschrift wurde der Erlass des Ratsbeschlusses gestützt. Art. 223 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 AEUV knüpft zwar das Inkrafttreten derartiger Beschlüsse an eine Zustimmung der Mitgliedstaaten, die diese im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften erteilen. Dabei sowie in vergleichbaren Fällen (siehe etwa Art. 48 Abs. 6 UAbs. 2 S. 3 EUV, Art. 218 Abs. 8 UAbs. 2 S. 2 AEUV) sind die Mitgliedstaaten bzw. ihre verfassungsrechtlich hierfür zuständigen Organe jedoch frei, diese Zustimmung auch zu verweigern. Die Mitgliedstaaten bzw. ihre verfassungsrechtlich hierfür zuständigen Organe sind durch das Handeln der Unionsorgane, insbesondere des Rates und seiner einstimmigen Verabschiedung des Beschlusses, nicht determiniert, sondern treffen eine autonome Entscheidung in der Sache. Darin liegt der Sinn solcher Verweise wie dem hier einschlägigen in Art. 223 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 AEUV. Sie bringen zum Ausdruck, dass die Unionsorgane die betreffenden Fragen nicht alleine auf EU-Ebene aufgrund bereits übertragender Hoheitsrechte entscheiden können, sondern auf eine weitere, konkrete Mitwirkung der Mitgliedstaaten angewiesen sind. Dies kommt auch in Art. 2 des Ratsbeschlusses zum Ausdruck, der die Vorgabe des Art. 223 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 AEUV sekundärrechtlich umsetzt. Verweigert daher auch nur ein Mitgliedstaat im Einklang mit seinen jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften die Zustimmung, tritt der Ratsbeschluss nicht in Kraft. Dieser Umstand ist auch für die zweite Frage von Bedeutung. Deren Beantwortung ergibt sich in allgemeiner Hinsicht zunächst aus dem durch den Ratsbeschluss neu gefassten Art. 3 Abs. 3 des Wahlakts (vgl. Art. 1 Nr. 2 des Ratsbeschlusses). Danach treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um ihren Verpflichtungen nach Art. 3 Abs. 2 des zu ändernden Wahlakts im Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Kurzinformation Fragen zum Beschluss 2018/994 des Rates zur Änderung des Wahlakts Kurzinformation Fragen zum Beschluss 2018/994 des Rates zur Änderung des Wahlakts Fachbereich Europa (PE 6) Seite 2 Hinblick auf die Verankerung von Mindestschwellen für die Sitzvergabe nachzukommen, „spätestens vor der Wahl zum Europäischen Parlament, die der ersten Wahl nach Inkrafttreten dieses Beschluss folgt […]“. Entscheidend für die Bestimmung der Umsetzungsverpflichtung in zeitlicher Hinsicht ist somit das an die Zustimmung der Mitgliedstaaten gebundene Inkrafttreten des Ratsbeschlusses und damit der Änderungen des Wahlakts. Soweit ersichtlich haben bisher zumindest nicht alle Mitgliedstaaten ihre Zustimmung nach Art. 2 des Ratsbeschlusses erteilt. Würde dies beispielsweise vor der nächsten Wahl zum Europäischen Parlament im Jahre 2024 erfolgen und träte der Beschluss dann zu dem betreffenden Zeitpunkt in Kraft, hätten die Mitgliedstaaten die Vorgaben zu den Mindestschwellen für die Sitzvergabe spätestens vor der anschließenden Wahl zum Europäischen Parlament im Jahre 2029 umzusetzen. – Fachbereich Europa –