Deutscher Bundestag Rebenzüchtung in Deutschland und EU-Wettbewerbsrecht Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa PE 6 – 3000 – 61/13 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 2 Rebenzüchtung und EU-Wettbewerbsrecht Aktenzeichen: PE 6 – 3000 – 61/13 Abschluss der Arbeit: 20.08.2013 Fachbereich: PE 6: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Unterabteilung Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Anwendbarkeit des EU-Wettbewerbsrechts im Bereich der GAP 4 3. EU-Wettbewerbsrecht und wettbewerbsrechtliche relevante Aspekte der Rebenzüchtung in Deutschland 6 4. EU-Beihilfenrecht 8 4.1.1. Überblick über das EU-Beihilfenrecht 8 4.1.2. Gang der weiteren Darstellung 9 4.1.3. Beihilfetatbestand nach Art. 107 Abs. 1 AEUV 10 4.1.3.1. Unternehmenseigenschaft 11 4.1.3.1.1. Forschungseinrichtungen im Bereich der Rebenzüchtung 12 4.1.3.1.2. Sonstige öffentliche Einrichtung im Bereich der Rebenzüchtung 14 4.1.3.1.3. Zwischenergebnis 15 4.1.3.2. Staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Begünstigung 15 4.1.3.2.1. Forschungseinrichtungen im Bereich der Rebenzüchtung 16 4.1.3.2.2. Sonstige öffentliche Einrichtungen im Bereich der Rebenzüchtung 19 4.1.3.2.3. Zum relevanten Umfang der staatlichen Finanzierung 19 4.1.3.2.4. Zwischenergebnis 19 4.1.3.3. Selektivität 20 4.1.3.4. Wettbewerbsverfälschung 20 4.1.3.4.1. De-minimis-Beihilfen 20 4.1.3.4.2. Besondere Marktkonstellationen 21 4.1.3.5. Zwischenstaatlichkeit 22 4.1.3.6. Zwischenergebnis 23 4.1.4. Mögliche Rechtfertigung nach Art. 107 Abs. 3 AEUV 24 4.1.4.1. FoEI-Gemeinschaftsrahmen 24 4.1.4.2. Rechtsakte im Landwirtschaftsbereich 25 5. Unternehmensgerichtete EU-Wettbewerbsvorschriften 26 6. Zusammenfassung 26 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 4 1. Einleitung Aufbauend auf dem Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste - WD 5 „Organisationsstrukturen öffentlicher und privater Rebenzüchtung“ 1 in Deutschland (im Folgenden: Sachstand Rebenzüchtung ) wird in der vorliegenden Ausarbeitung der Frage nachgegangen, ob und inwieweit dieser Bereich den Vorgaben des EU-Wettbewerbsrechts genügt. Die Züchtung von Reben steht in einem engen Zusammenhang mit einem anderen Politikbereich der Europäischen Union, nämlich mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Diese findet ihre Grundlage in Art. 38 bis 44 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Nach Art. 42 Abs. 1 AEUV steht die Anwendung der Vorschriften des EU-Wettbewerbsrechts auf die Produktion von und den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen hinsichtlich des Ob und des Umfangs unter dem Vorbehalt der sekundärrechtlichen Anordnung von Seiten des Europäischen Parlaments (EP) und des Rates. Vor diesem Hintergrund wird in einem ersten Schritt die Anwendbarkeit des EU- Wettbewerbsrechts auf die Züchtung von Reben nach Art. 42 Abs. 1 AEUV untersucht (siehe unter 2.). In einem zweiten Schritt erfolgt sodann die EU-wettbewerbsrechtliche Beurteilung dieser Materie (siehe unter 3. bis 5.). Abgeschlossen wird die Ausarbeitung durch eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse (siehe unter 6.). 2. Anwendbarkeit des EU-Wettbewerbsrechts im Bereich der GAP Nach Art. 42 Abs. 1 AEUV ist die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und der Handel mit ihnen nur insoweit dem EU-Wettbewerbsrecht unterworfen, als es EP und Rat durch Erlass entsprechender sekundärrechtlicher Maßnahmen auf Grundlage von Art. 43 Abs. 2 AEUV anordnen . Zusammen mit Art. 38 Abs. 2 AEUV, wonach die Vorschriften für die Errichtung oder das Funktionieren des Binnenmarktes auf landwirtschaftliche Erzeugnisse nur Anwendung finden, soweit in den Art. 39 bis 44 AEUV nicht etwas anderes bestimmt ist, unterstreicht Art. 42 Abs. 1 AEUV die primärrechtlich vorgesehene Sonderstellung dieses Politikbereichs.2 Für die hier vorliegende Frage ist zunächst die Rebenzüchtung in sachlicher Hinsicht im Rahmen der GAP zutreffend zu verorten. Hiervon ausgehend wird sodann nach einer einschlägigen sekundärrechtlichen Unterwerfung unter das EU-Wettbewerbsrecht gesucht. Maßgeblich für die Zuordnung zum sachlichen Anwendungsbereich der GAP ist ungeachtet der Definition in Art. 38 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 AEUV der Anhang I zum AEUV, auf den in Art. 38 Abs. 3 AEUV verwiesen wird.3 Dieser Anhang enthält unter Bezugnahme auf die sog. Kombinierte 1 Sachstand WD 5 „Organisationsstrukturen öffentlicher und privater Rebenzüchtung“, Az.: WD 5/3000 – 065-13. 2 Vgl. Thiele, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011 (im Folgenden: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV), Art. 42 AEUV, Rn. 1 f. 3 Schroeder, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012 (im Folgenden: Streinz, EUV/AEUV), Art. 38 AEUV, Rn. 24. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 5 Nomenklatur (KN)4 eine Liste mit Erzeugnissen, die der GAP unterfallen. Zu diesen gehört unter anderem die unter Kapitel 6 der KN erfasste Rubrik „Lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels “, unter die auch Stecklinge von Reben fallen.5 Mittels Stecklingen und somit auf vegetativen , d.h. ungeschlechtlichem Wege erfolgt die für die Rebenzüchtung typische Form der Vermehrung (sog. Klon- bzw. Erhaltungszüchtung).6 Dies wird auch durch die im Rahmen der GAP erlassene Richtlinie 68/193/EWG über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben bestätigt.7 Soweit es um eine auf Samen beruhende, sog. generative Vermehrung bei der Rebenzüchtung geht, die ausschließlich bei der Kreuzungszüchtung eine Rolle spielt8, kommt eine Zuordnung zur GAP über die unter Kapitel 12 der KN fallende Rubrik „verschiedene Samen und Früchte“ in Betracht, die unter anderem allgemein Samen zur Aussaat erfasst.9 Beide GAP-Erzeugniskategorien unterliegen schließlich der Verordnung über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO10 – im Folgenden: GMO-Verordnung), wie sich aus Art. 1 Abs. 1 lit. m bzw. lit. e dieser Verordnung ergibt. In Art. 175 GMO-Verordnung und 180 GMO-Verordnung wird unter anderem für diese beiden Erzeugniskategorien sodann die Anwendung der unternehmensgerichteten EU-Wettbewerbsvorschriften bzw. des EU- Beihilfenrechts angeordnet. Dies erfolgt jedoch vorbehaltlich der in den Art. 176 bis 179 GMO- 4 Die primär für den EU-Außenhandel mit Waren relevante Kombinierte Nomenklatur findet ihre Grundlage in der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. 1987 Nr. L 256/1 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:1987:256:0001:0675:DE:PDF – letztmalig abgerufen am 20.08.13). Sie ersetzt das vormals anwendbare und im Anhang immer noch ausdrücklich in Bezug genommene Brüsseler Zolltarifschema. Vgl. hierzu insgesamt Thiele, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 38 AEUV, Rn. 22 f. 5 KN-Code 0602 10 10. Die aktuelle Version der KN findet sich in Anhang I zur Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 9. Oktober 2012 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl.EU 2012 Nr. L 304/1 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:304:0001:0915:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 20.08.13). 6 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 6. 7 Richtlinie 68/193/EWG vom 9. April 1968, mehrmals geändert, konsolidierte Fassung unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:1968L0193:20050714:DE:PDF (letztmaliger Abruf am 20.08.13), vgl. dort Erwägungsgrund Nr. 2 sowie Art. 1. 8 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 4. 9 KN-Code 1209 (vgl. Fn. 5). 10 Verordnung (EG) 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl.EU 2007 Nr. L 299/1, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:299:0001:0149:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 20.08.2013). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 6 Verordnung bzw. Art. 181 bis 182 GMO-Verordnung bestehenden Sonderregelungen. Letztere enthalten allerdings keine Bestimmungen für den hier relevanten Bereich der Rebenzüchtung.11 Somit unterliegen die Produktion und der Handel mit Reben uneingeschränkt dem EU- Wettbewerbsrecht. 3. EU-Wettbewerbsrecht und wettbewerbsrechtliche relevante Aspekte der Rebenzüchtung in Deutschland Das EU-Wettbewerbsrecht wird in Anlehnung an die gliederungstechnische Unterscheidung im AEUV zumeist in unternehmensgerichtete (Art. 101 bis 106 AEUV) und staatengerichtete Wettbewerbsvorschriften (Art. 107 bis 109 AEUV) unterteilt.12 Zu ersteren zählen neben dem EU- Kartellverbot (Art. 101 AEUV) das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 102 AEUV) und die sekundärrechtlich insbesondere auf Grundlage von Art. 103 AEUV geregelte EU-Fusionskontrolle. Die staatengerichteten Bestimmungen des Primärrechts umfassen dagegen ausschließlich das EU-Beihilfenrecht (Art. 107 bis 109 AEUV).13 EU-Wettbewerbsrechtlich relevante Aspekte der Rebenzüchtung in Deutschland ergeben sich auf Grundlage des Sachstandes Rebenzüchtung vor allem aus dem Umstand, dass die Rebenzüchtung in Deutschland sowohl von privaten Züchtern als auch, und in Teilbereichen sogar nahezu ausschließlich , von staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen der Länder und des Bundes betrieben wird.14 Die Tätigkeit letzterer beruht dabei – kraft Organisationsnatur – auf staatlicher Finanzierung . Informationen zu Art und Umfang der staatlichen Finanzierung liegen jedoch nicht vor. Zu erwähnen ist weiterhin, dass ein gewerblicher Vertrieb der Züchtungsergebnisse insbesondere für den Weinbau nur nach Zulassung erfolgen kann.15 Rechtsgrundlage hierfür ist auf Bundesebene das Saatgutverkehrsgesetz (SaatG).16 Daneben gibt es noch landesrechtliche Regelungen.17 Die Rechte an einer Züchtung sind dagegen im Sortenschutzgesetz (SortSchG) geregelt.18 Auf 11 Art. 181 GMO-Verordnung enthält Sonderbestimmungen für den Sektor Milch und Milcherzeugnisse; Art. 181 GMO-Verordnung sieht spezifische einzelstaatliche Bestimmungen vor, die allerdings in der Sache nicht die Rebenzüchtung betreffen. 12 Vgl. etwa Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 8. Aufl. 2012 (im Folgenden: Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht), Rn. 1065. 13 Teilweise wird dem staatengerichteten EU-Wettbewerbsrecht auch das im Wesentlichen auf Richtlinien beruhende EU-Vergaberecht zugerechnet, vgl. hierzu ausführlich etwa Frenz, Handbuch Europarecht, Band 3, Beihilfen - und Vergaberecht, 2007 (im Folgenden: Frenz, Beihilfen- und Vergaberecht), S. 523 ff. Vorliegend bestehen keinerlei Anhaltspunkte für eine Einschlägigkeit des Vergaberechts. 14 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 4, 14. 15 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5, 9 f. 16 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5. 17 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 10. 18 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 7 Grundlage des SaatG sind derzeit 111 Ertragsreben zugelassen, wobei die Mehrzahl dieser von staatlichen Züchtern stammt.19 Hinsichtlich der Art der Rebenzüchtung ist aus wettbewerbsrechtlichen Gründen sodann zwischen der Kreuzungszüchtung und der Erhaltungszüchtung zu unterscheiden. Bei ersterer geht es um die Züchtung neuer, unter anderem pilzwiderstandsfähiger Sorten für den Weinbau.20 Diese Art der Züchtung erstreckt sich über einen Zeitraum vom 20 bis 30 Jahren und wird aufgrund des damit verbundenen Aufwandes zumindest in Deutschland nur durch wenige staatliche Einrichtungen betrieben21, so etwa durch das Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof des Julius-Kühn- Instituts in Siebeldingen.22 Die Erhaltungszüchtung, bei der durch ungeschlechtliche Vermehrung Stecklinge von der Mutterrebe gewonnen werden23, kommt sowohl bei neuen als auch bei traditionellen Rebsorten zur Anwendung. 24 Ihr Ziel ist es, bestimmte Qualitätsmerkmale der betreffenden Rebsorte zu erhalten bzw. sogar verbessern, um der Weinbaupraxis gesundes und leistungsfähiges Pflanzgut für einen wirtschaftlichen und umweltschonenden Weinbau bereit zu stellen.25 Zur Durchführung von Erhaltungszüchtungen sind Züchter zugelassener, sowohl neuer als auch traditioneller Rebsorten , einschließlich der eingetragenen Klone, nach Saatgutrecht verpflichtet.26 Während die Erhaltungszüchtung von neuen Rebsorten nur in den Händen der die Kreuzungszüchtung betreibenden staatlichen Einrichtung liegt (so etwa beim Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof hinsichtlich der neuen Sorte „Regent“27), erfolgt die Erhaltungszüchtung traditioneller Sorten einschließlich der insoweit eingetragenen Klone sowohl bei privaten Züchtern als auch bei staatlichen Einrichtungen.28 Letztere lassen die Erhaltungs- und Vermehrungszüchtung teilweise auch von privaten Rebschulen bzw. Vermehrungsbetrieben durchführen.29 Werden hieraus gewonnene Reben durch die Vermehrungsbetriebe veräußert, so können die staatlichen Institute sog. Züchterzuschläge erheben , die der Erwerber an die jeweilige staatliche Einrichtung abzuführen hat.30 Ob und auf wel- 19 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 10 f. 20 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5. 21 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5, 14. 22 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 4. 23 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 6. 24 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 6. 25 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 6. 26 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 7, 14. 27 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5, 7. 28 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 6, 14. 29 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 14 f. 30 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 15. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 8 che Weise eine kommerzielle Nutzung der Züchtungsergebnisse durch die staatlichen Einrichtungen im Übrigen erfolgt (z.B. durch direkte Veräußerung an Dritte bzw. den Weinbau), ist nicht bekannt. Mit Blick auf diese (Organisations-)Merkmale der Rebenzüchtung in Deutschland bestehen EUwettbewerbsrechtliche Bedenken vor allem hinsichtlich des Nebeneinanders von privaten Rebenzüchtern und staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen und der staatlichen Finanzierung der letzt genannten. Aus diesem Grund konzentrieren sich die weiteren Ausführungen auf eine EUbeihilferechtliche Bewertung (siehe unter 4.). Im Anschluss hieran wird der Vollständigkeit halber auch kurz auf die übrigen EU-wettbewerbsrechtlichen Felder eingegangen (siehe unter 5.). 4. EU-Beihilfenrecht 4.1.1. Überblick über das EU-Beihilfenrecht Den materiellen Kern des EU-Beihilfenrechts bildet das grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen . Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Dieses Verbot gilt allerdings nur insoweit, als in den Verträgen nichts anderes bestimmt ist. Zu diesen „anderen Bestimmungen“ zählen vor allem die Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV31, wonach Beihilfen unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Binnenmarkt als vereinbar anzusehen sind (sog. Legalausnahmen) oder angesehen werden können (sog. Ermessenstatbestände). Der Vollzug des EU-Beihilfenrechts obliegt auf Grundlage von Art. 108 AEUV sowie seiner sekundärrechtlichen Konkretisierung in Gestalt der Beihilfenverfahrensordnung32 vor allem der Kommission.33 Verfahrensrechtlicher Ausgangspunkt ist hierbei die Pflicht der Mitgliedstaaten, Beihilfen vor ihrer Einführung bei der Kommission zu notifizieren (vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV). Diese prüft sodann, ob eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt und ob sie ggf. nach Art. 107 Abs. 2 oder Abs. 3 AEUV gerechtfertigt werden kann. Erst im Anschluss hieran darf der betreffende Mitgliedstaat die Beihilfe gewähren (vgl. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV). Der Überprüfung unterliegen auch nicht notifizierte und damit formell rechtswidrige Beihilfen, 31 Weitere Vorschriften in diesem Zusammenhang sind der hier nicht relevante Art. 93 AEUV für den Verkehrsbereich sowie Art. 106 Abs. 2 AEUV für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben. 32 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, ABl.EU 1999 Nr. L 83/1 (online abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:1999R0659:20070101:DE:PDF (letztmaliger Abruf am 20.08.13) 33 Zu den wenigen, zum Teil auf Ausnahmesituationen beschränkten Kompetenzen des Rates im EU- Beihilfenrecht nach Art. 107 Abs. 3 lit. e, Art. 108 Abs. 2 UAbs. 3 sowie Art. 109 AEUV, vgl. allgemein Frenz, Beihilfen- und Vergaberecht, Rn. 1224 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 9 soweit die Kommission von ihnen Kenntnis erlangt und ein Verfahren einleitet.34 Stellen sich bereits gewährte Maßnahmen als mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 2 oder Abs. 3 AEUV unvereinbar heraus, so wird der betreffende Mitgliedstaat durch die Kommission zur Rückforderung der Beihilfe verpflichtet (vgl. Art. 108 Abs. 2 UAbs. 1 AEUV). Geprägt ist das EU-Beihilferecht sodann durch zahlreiche Sekundärrechtsakte, in denen vor allem die Kommission ihre Verfahrens(-ermessens-)praxis und die beihilferechtliche Rechtsprechung der Unionsgerichte verschriftlicht hat, um die Rechtssicherheit (Vorhersehbarkeit) und Transparenz ihres Entscheidungsprozesses zu erhöhen.35 Hierzu gehören verschiedene, rechtlich nicht verbindliche Leitlinien, Gemeinschaftsrahmen und Mitteilungen.36 Daneben erlässt die Kommission auf Grundlage von Art. 108 Abs. 4 AEUV in Verbindung mit Art. 109 AEUV und den entsprechenden Ratsakten rechtlich verbindliche sog. Freistellungsverordnungen, auf deren Grundlage Beihilfen bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen von dem Notifizierungserfordernis nach Art. 108 Abs. 3 AEUV ausgenommen werden.37 Von Bedeutung sind zudem die sog. De-Minimis-Verordnungen der Kommission, die sekundärrechtliche Ausnahmen vom Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV für kleinere Beihilfebeträge enthalten.38 4.1.2. Gang der weiteren Darstellung Im Folgenden ist zunächst zu prüfen, ob die staatliche Finanzierung der bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen den Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt (siehe unter 4.1.3.). Soweit danach eine Beihilfenrelevanz besteht, stellt sich im Anschluss die Frage nach einer Rechtfertigung im Lichte des Art. 107 Abs. 3 AEUV (siehe unter 4.1.4.).39 34 Siehe allgemein zum Beihilfenverfahren die Kommentierung im Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht), Band 3 Beihilfen- und Vergaberecht, 2011 (im Folgenden: MüKo- Wettbewerbsrecht), zu Art. 108 AEUV sowie zur Beihilfenverfahrensordnung. 35 Cremer, in: Callies/Ruffert, Art. 107 AEUV, Rn. 4. 36 Ein Gesamtüberblick über die verschiedenen Rechtsakte findet sich auf den Seiten der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/compilation/index_de.html (Stand vom 20.08.2013). Zur Frage der Rechtsverbindlichkeit der ermessenskonkretisierenden Kommissionsakte , vgl. Frenz, Beihilfe- und Vergaberecht, Rn. 747 ff. 37 Vgl. etwa die Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG- Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung), ABl.EU 2008 Nr. L 214/3 (online abrufbar unter . http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:214:0003:0047:DE:PDF – letztmalig abgerufen am 20.08.2013). 38 Vgl. etwa die allgemein anwendbare Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen, ABl.EU 2006 Nr. L379/5 (online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:379:0005:0010:de:PDF – zuletzt abgerufen am 20.08.2013). 39 Die Tatbestände der Legalausnahmen in Art. 107 Abs. 2 lit. a bis c AEUV (Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, Beihilfen zur Beseitigung von Schäden durch Naturkatastrophen etc., Beihilfen zur Beseitigung von Nachteilung durch die frühere Teilung Deutschlands) sind vorliegend nicht einschlägig. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 10 In sekundärrechtlicher Hinsicht spielen für die Beurteilung beider Ebenen folgende Rechtsakte eine Rolle: - Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation 40 – im Folgenden: FoEI-Gemeinschaftsrahmen; - Rahmenregelung der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007 bis 201341– im Folgenden: GPA-Rahmenregelung; - Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung )42 – im Folgenden: Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung; - Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen […] – im Folgenden: GPA-Freistellungsverordnung43; - Verordnung (EG) Nr. 1535/2007 der Kommission vom 20. Dezember 2007 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrarerzeugnissektor 44 – im Folgenden: GPA-De-minimis-Verordnung; 4.1.3. Beihilfetatbestand nach Art. 107 Abs. 1 AEUV Der Beihilfentatbestand nach Art. 107 Abs. 1 AEUV besteht aus fünf Merkmalen: (1) Begünstigten muss ein Vorteil gewährt werden (sog. Begünstigung). (2) Bei dem Vorteil muss es sich um eine staatliche Maßnahme handeln oder um eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mitteln (sog. Staatlichkeit der Mittel). (3) Bei den Begünstigten muss es sich um bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige handeln (sog. Selektivität). 40 ABl.EU 2006 Nr. C 323/1 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2006:323:0001:0026:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 20.08.13). 41 ABl.EU 2006 Nr. C 319/1 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2006:319:0001:0033:DE:PDF - letztmaliger Abruf am 20.08.13). 42 ABl.EU 2008 Nr. L 214/3 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:214:0003:0047:de:PDF – letztmaliger Abruf am 20.08.13). 43 ABl.EU 2006 Nr. L 358/3 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:358:0003:0021:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 20.08.13). 44 ABl.EU 2007 Nr. L 337/35 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:337:0035:0041:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 20.08.13) Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 11 (4) Die Maßnahme muss den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Wettbewerbsverfälschung ). (5) Und sie muss geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen (sog. Zwischenstaatlichkeit). Grundvoraussetzung für die Anwendung des Beihilfetatbestandes nach Art. 107 Abs. 1 AEUV ist, dass die von Seiten des Staates begünstigten Subjekte Unternehmen sind.45 Auf diese Eigenschaft wird zwar bei dem Merkmal der Selektivität ausdrücklich Bezug genommen. Da wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Zusammenhang mit der staatliche Finanzierung der bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen bestehen und es sich dabei nicht um Unternehmen im klassischen Sinne handelt, ist im Folgenden zunächst die Unternehmenseigenschaft dieser Einrichtungen gesondert zu untersuchen. Erst im Anschluss daran werden die eigentlichen Beihilfemerkmale erörtert. 4.1.3.1. Unternehmenseigenschaft Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs umfasst der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung .46 Unter einer wirtschaftlichen Tätigkeit versteht man das Anbieten von Waren und/oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt, ungeachtet der Frage ob die Tätigkeit gewinnorientiert ist oder nicht.47 Der Unternehmensbegriff ist folglich nicht auf Privatrechtsubjekte beschränkt, sondern kann dem Grunde nach auch öffentliche Einrichtungen erfassen, soweit die obigen Merkmale erfüllt werden . Dies gilt auch für Hochschulen und sonstige Forschungseinrichtungen48 wie sie bei der Rebenzüchtung tätig werden, etwa in Gestalt des Instituts für Rebenzüchtung Geilweilerhof des Julius -Kühn-Instituts in Siebeldingen (JKI) und Länderinstitutionen, wie das Institut für Rebenzüchtung der Hochschule Geisenheim, das Staatliche Weinbauinstitut in Freiburg oder die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO).49 In beihilfenrechtlicher Hinsicht wird dies ausdrücklich durch den FoEI-Gemeinschaftsrahmen der Kommission bestätigt (vgl. 3.1. FoEI-Gemeinschaftsrahmen). Entscheidende Bedeutung kommt folglich der 45 Zur essentiellen Bedeutung des Unternehmensbegriffs für das Beihilfenrecht, vgl. Arhold, in: MüKo- Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 308. Diese Grundvoraussetzung gilt auch für die unternehmensgerichteten EU-Wettbewerbsvorschriften, vgl. Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 101 AEUV, Rn. 25 ff. 46 Vgl. etwa EuGH, Rs. C-309/99, Slg. 2002, I-1577, Rn. 46 – Wouters, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung . Aus dem Schrifttum Frenz, Beihilfen- und Vergaberecht, Rn. 607. 47 Vgl. etwa EuGH, Rs. C-237/04, Slg. 2006, I-2843, Rn. 29 – Enirisorse, mit weiten Nachweisen aus der Rechtsprechung . Aus dem Schrifttum Arhold, in: MüKo-Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 309. 48 Siehe etwa in Bezug auf Universitäten, Knauff, Die Regelung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen: Auf dem Weg zum Hochschulwirtschaftsrecht, WissR 43 (2010), S. 28 (40); Lindner, Die Europäisierung des Wissenschaftsrechts, WissR 2009 – Beiheft 19, S. 106. 49 Vgl. zur Aufzählung der an der Rebenzüchtung beteiligten staatlichen Einrichtungen Sachstand Rebenzüchtung, S. 10, 14. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 12 Frage zu, ob die Tätigkeiten der öffentlichen Einrichtungen als wirtschaftliche oder nichtwirtschaftliche anzusehen sind. 4.1.3.1.1. Forschungseinrichtungen im Bereich der Rebenzüchtung Soweit es sich hierbei um Forschungseinrichtungen im Sinne des FoEI-Gemeinschafts-rahmen handelt, ist für eine Qualifizierung dieser Subjekte eine Orientierung an den dort aufgeführten Leitlinien möglich. Forschungseinrichtung im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmens Unter Forschungseinrichtungen versteht der FoEI-Gemeinschaftsrahmen unter Punkt 2.2. lit. d) Einrichtungen wie Hochschulen oder Forschungsinstitute unabhängig von ihrer Rechtsform (öffentlich oder privatrechtlich) oder Finanzierungsweise, deren Hauptaufgabe in Grundlagenforschung , industrieller Forschung oder experimenteller Entwicklung besteht und die ihre Ergebnisse durch Lehre, Veröffentlichung und Technologietransfer verbreiten. Zudem wird gefordert, dass sämtliche Einnahmen in die Forschung, die Verbreitung von Forschungsergebnissen oder die Lehre reinvestiert werden. Fraglich ist danach zunächst, ob die Rebenzüchtung der betreffenden staatlichen Einrichtungen als Grundlagen-, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung betrachtet werden kann. Da es bei der Rebenzüchtung mit Blick auf die Verwendung im Weinbau um direkte praktische Anwendungsmöglichkeiten geht, liegt zwar keine Grundlagenforschung vor, die sich durch das Fehlen der unmittelbaren praktischen Verwertung kennzeichnet (vgl. Punkt 2.2. lit. e FoEI- Gemeinschaftsrahmen). Sowohl bei der Kreuzungszüchtung als auch bei der Erhaltungszüchtung könnte es sich allerdings um industrielle Forschung handeln. Darunter ist nach Punkt 2.2. lit. f FoEI- Gemeinschaftrahmen ein planmäßiges Forschen oder kritisches Erforschen zur Gewinnung neuer Kenntnisse und Fertigkeiten zu verstehen mit dem Ziel, neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln oder zur Verwirklichung erheblicher Verbesserungen bei bestehenden Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen nutzen zu können. Die Kreuzungszüchtung dient u.a. dazu pilzwiderstandsfähige Rebsorten herzustellen.50 Somit geht es bei dieser um die Entwicklung neuer Produkte. Die Erhaltungszüchtung verfolgt nicht nur das Ziel, bestimmte Qualitätsmerkmale der Rebsorten zu erhalten, sondern auch zu verbessern.51 Somit können beide Züchtungsarten als industrielle Forschung im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmen angesehen werden. Soweit die diese Art der Forschung betreibenden staatlichen Einrichtungen darüber hinaus die daraus gewonnenen Ergebnisse (auch) durch Lehre, Veröffentlichung und Technologietransfer verbreiten und sämtliche Einnahmen in die Forschung, die Verbreitung von Forschungsergebnissen oder die Lehre reinvestieren, können sie als Forschungseinrichtungen im Sinne des FoEI- Gemeinschaftsrahmens angesehen werden. 50 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5. 51 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 6. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 13 Art der Tätigkeit bei der Rebenzüchtung Nach 3.1.1. des FoEI-Gemeinschaftsrahmens betrachtet die Kommission die wesentlichen Tätigkeiten von Forschungseinrichtungen als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten. Als wesentliche Tätigkeiten werden angesehen: die Ausbildung von mehr und besser qualifizierten Humanressourcen , die unabhängige Forschung und Entwicklung, auch im Verbund, zur Erweiterung des Wissens und des Verständnisses, die Verbreitung der Forschungsergebnisse. Als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten stuft die Kommission auch den Technologietransfer ein, wenn diese Tätigkeit interner Natur ist und alle Einnahmen daraus wieder in die Haupttätigkeiten der Forschungseinrichtungen investiert werden. Eine Definition dieses Begriffs findet sich im FoEI- Gemeinschaftsrahmen jedoch nicht. Umschrieben wird der Technologietransfer lediglich durch folgende Beispiele: Lizenzierung, Gründung von Spin-offs oder andere Formen des Managements des von der Forschungsorganisation geschaffenen Wissens. Als Beispiele wirtschaftlicher Tätigkeiten führt der FoEI-Gemeinschaftsrahmen unter 3.1.2. hingegen folgende Betätigungen auf: Vermietung von Infrastruktur, Dienstleistungen für gewerbliche Unternehmen oder Auftragsforschung. Blickt man vor diesem Hintergrund auf die Rebenzüchtung staatlicher Forschungseinrichtungen, so ergeben sich zwar keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der im FoEI-Gemeinschaftsrahmen aufgeführten Beispiele wirtschaftlicher Tätigkeiten. Ein Hinweis auf eine solche könnte jedoch in der Zulassung neu entwickelter Rebsorten bei der Kreuzungszüchtung und verbesserter Rebsorten bei der Erhaltungszüchtung nach dem SaatG beim Bundessortenamt oder nach landesrechtlichen Vorschriften gesehen werden. Eine solche Zulassung ist nämlich Voraussetzung für eine kommerzielle Verwertung der Züchtungsergebnisse. Wie sich aus dem Sachstand Rebenzüchtung ergibt, gehören zu den Rebenzüchtern, die bisher Zulassungen auf Grundlage des SaatG erhalten haben, überwiegend staatliche Einrichtungen.52 Allein die Möglichkeit einer kommerziellen Nutzung genügt jedoch nicht, entscheidend ist, ob sie auch tatsächlich erfolgt und auf welche Weise. Aus dem Sachstand Rebenzüchtung ergibt sich, dass staatliche Einrichtungen Erhaltungs- und Vermehrungszüchtung zumindest auch von privaten Rebschulen bzw. Vermehrungsbetrieben durchführen lassen. Veräußern letztere hieraus gewonnene Reben, so können die betreffenden staatlichen Züchter sog. Züchterzuschläge erheben, welche die Erwerber dieser Reben an die staatlichen Einrichtungen abführen müssen. 53 Dieses System könnte als Technologietransfer im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmens in Gestalt der dort als Beispiel angeführten Lizenzierung und damit als nichtwirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden (vgl. Punkt 3.1.1. FoEI- Gemeinschaftsrahmen). Kennzeichnend für diese ist die Erhebung von Gebühren durch den Lizenzgeber für die Nutzung oder Verwertung des lizenzierten Rechts (in der Regel an gewerblichen Schutzrechten wie Patenten etc.) durch den Lizenznehmer. Auf Grundlage der im Sachstand Rebenzüchtung vorliegenden Informationen ließe sich das System der Züchtungszuschläge als eine auf Pflanzengut bezogene Art der Lizenzierung begreifen. Eine abschließende Entschei- 52 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 11. 53 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 15. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 14 dung hierüber lässt sich jedoch mangels genauer Angaben zu diesem System einerseits und der fehlenden Begriffsdefinition im FoEI-Gemeinschaftsrahmen andererseits an dieser Stelle nicht treffen. Soweit die kommerzielle Nutzung hingegen durch die betreffenden staatlichen Einrichtungen selbst vorgenommen würde, indem sie die zugelassenen Rebsorten etwa auf dem Markt zum Verkauf anböten, wäre dies als wirtschaftliche Tätigkeit zu qualifizieren. Die betreffenden staatlichen Einrichtungen wären dann als Unternehmen anzusehen. Allerdings liegen hierzu keine genauen Angaben vor, so dass eine abschließende Beurteilung an dieser Stelle nicht vorgenommen werden kann. Nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass neben dem System der Züchtungszuschläge auch andere Formen der kommerziellen Verwertung, einschließlich der Selbstvermarktung seitens der staatlichen Einrichtungen, als Technologietransfer angesehen werden könnten. Entscheidend ist hierfür der Inhalt dieses Begriffs, der im FoEI-Gemeinschaftsrahmen nicht weiter definiert wird. Ob hingegen die dort aufgeführten Beispiele als abschließend zu verstehen sind, ist angesichts des Charakters des Gemeinschaftsrahmens als verschriftlichte Ermessensbindung der Kommission eher fraglich.54 Zudem hat die Kommission auf ihren Internetseiten die Überarbeitung dieses Rahmens angekündigt, auch unter dem Gesichtspunkt der Ausführungen zum Technologietransfer .55 Im Übrigen ist nur der Europäische Gerichtshof dazu berufen, das Unionsrecht im Allgemeinen und hier die EU-beihilfenrechtlichen Bestimmungen im Besonderen letztverbindlich auszulegen (vgl. Art. 19 Abs. 1 S. 2 AEUV). Soweit ersichtlich, liegt Rechtsprechung zum Begriff „Technologietransfer“ im beihilfenrechtlichen Zusammenhang bisher nicht vor. Insoweit kann an dieser Stelle nicht abschließend bewertet werden, ob und inwieweit man die kommerzielle Verwertung der Züchtungsergebnisse über das System der Züchtungszuschläge hinaus als Technologietransfer ansehen könnte. Allein auf Grundlage des aktuellen FoEI- Gemeinschaftsrahmens wäre dies allerdings zu verneinen. 4.1.3.1.2. Sonstige öffentliche Einrichtung im Bereich der Rebenzüchtung Erfüllten die bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen Einrichtungen nicht die begrifflichen Voraussetzungen einer Forschungseinrichtung im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmens (vgl. Punkt 2.2. lit. d FoEI-Gemeinschaftsrahmen), etwa weil sie ihre Ergebnisse nicht durch Lehre, Veröffentlichung und Technologietransfer verbreiteten oder weil sie nicht sämtliche Einnahmen in die Forschung, die Verbreitung von Forschungsergebnissen oder die Lehre reinvestierten, so käme der FoEI-Gemeinschaftsrahmen und die dort von Seiten der Kommission vorgenommenen Wertungen nicht zur Anwendung. Unberührt hiervon blieben hingegen die allgemeinen Voraussetzungen zur Bestimmung der Unternehmenseigenschaft im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts. Entscheidend ist insoweit, ob eine 54 Allgemein zu den Rechtswirkungen der ermessensbindenden Sekundärrechtsakte der Kommission, Frenz, Beihilfen - und Vergaberecht, Rn. 747 ff. 55 Siehe Kommission, Revision of the state aid rules for research and development and innovation, Issues Paper, S. 7 f. (online abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/rdi_issues_paper.pdf – letztmaliger Abruf 20.08.13). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 15 wirtschaftliche Tätigkeit betrieben wird. Hier gelten die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit den Forschungseinrichtungen entsprechend (vgl. 4.1.3.1.1. S. 13 f.): Soweit die zugelassenen Rebsorten von den züchtenden staatlichen Einrichtungen selbst auf dem Markt zum Verkauf angeboten würden, wäre dies als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, die die Unternehmenseigenschaft dieser Institutionen begründen würde. Fraglich ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob ein möglicher Technologietransfer auch hier für die Beurteilung der Tätigkeit eine Rolle spielen könnte. Zweifel bestehen daran deshalb, weil es sich dabei um eine Privilegierung handeln könnte, die nur Forschungseinrichtungen im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmen zugutekommen soll. Dieser Schluss dürfte jedenfalls auf Grundlage des aktuellen Standes des von der Kommission erlassenen Sekundärrechts zu ziehen sein. Denn danach können sich nur Forschungseinrichtungen im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmens hierauf berufen. 4.1.3.1.3. Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass von einer Unternehmenseigenschaft der bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen jedenfalls dann ausgegangen werden könnte, wenn diese die auf sie zugelassenen Rebsorten auf dem Markt zum Verkauf anböten . Eine andere Beurteilung könnte sich bei Forschungseinrichtungen auf Grundlage des FoEI- Gemeinschaftsrahmens im Hinblick auf die Erhebung von Züchtungszuschlägen ergeben, die als eine Art Lizenzierungssystem und damit als Technologietransfer angesehen werden könnte. Ob auch die darüber hinausgehende Verwertung der Züchtungsergebnisse durch die staatlichen Forschungseinrichtungen als Technologietransfer betrachtet werden könnte, ist auf Grundlage des aktuellen FoEI-Gemeinschaftsrahmen zweifelhaft. Für sonstige bei der Rebenzüchtung tätige staatliche Einrichtungen dürfte die Einordnung der kommerziellen Verwertung als Technologietransfer hingegen keine Rolle spielen. Sie wären ungeachtet dessen als Unternehmen anzusehen. Im Folgenden wird für die Zwecke der Erörterung der weiteren, spezifischen Beihilfemerkmale von der Annahme ausgegangen, dass zumindest einige der bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen als Unternehmen anzusehen sein könnten. 4.1.3.2. Staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Begünstigung Die beiden zentralen Merkmale des Beihilfetatbestandes sind sodann die Begünstigung und ihre Gewährung von Seiten des Staates oder aus staatlichen Mitteln. Eine Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV ist dann anzunehmen, wenn ein Unternehmen eine Leistung im Sinne eines geldwerten Vorteils erlangt, ohne dass dem eine angemessene Gegenleistung gegenübersteht.56 „Staatlich“ ist die Begünstigung insbesondere dann, wenn der Staat oder eine seiner Gebietskörperschaften unmittelbar unter Belastung der betreffenden öffentlichen Haushalte Mittel an das Unternehmen auskehrt.57 56 Arhold, in: MüKo-Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 107; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 1151. 57 Vgl. Kühling/Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 58. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 16 Als staatlich gewährte Begünstigung kommt hier die von Seiten der verantwortlichen Hoheitsträger (jeweils Bund oder Länder) gewährte Finanzierung der staatlichen (Forschungs-) Einrichtungen in Betracht. Andere Begünstigungskonstellationen sind auf Grundlage des Sachstandes Rebenzüchtig nicht ersichtlich. 4.1.3.2.1. Forschungseinrichtungen im Bereich der Rebenzüchtung Bei der Beurteilung dieser Art der Begünstigung kann für die bei der Rebenzüchtung tätigen Forschungseinrichtungen erneut auf den FoEI-Gemeinschaftsrahmen zurück gegriffen werden. Nach 3.1. FoEI-Gemeinschaftsrahmen unterfällt die staatliche Finanzierung von Forschungseinrichtungen Art. 107 Abs. 1 AEUV, soweit diese Einrichtungen als Unternehmen anzusehen (vgl. oben 4.1.3.1, S. 13 f.) und soweit auch alle übrigen Voraussetzungen erfüllt wären.58 Eine weitergehende Differenzierung nimmt der FoEI-Gemeinschaftsrahmen nicht vor, insbesondere nicht nach der Angemessenheit einer der staatlichen Finanzierung möglichweise gegenüberstehenden Gegenleistung . Dies gilt es nachfolgend zu klären. Zunächst stellt sich die Frage, worin vorliegend überhaupt eine Gegenleistung für die staatliche Finanzierung erblickt werden kann. Hinsichtlich ihrer Angemessenheit ist sodann nach ständiger Rechtsprechung in Anwendung des sog. Market Economy Operator Test zu fragen, ob die Begünstigung in dem Umfang und unter diesen Konditionen auch unter normalen Marktbedingungen ausgekehrt worden wäre.59 Bei staatlich gewährten Darlehen würde es etwa darauf ankommen , ob und in welcher Höhe dieses verzinst wäre.60 Als Gegenleistung für die staatliche Finanzierung kommt hier die Forschungstätigkeit bei der Rebenzüchtung in Betracht. Dies ist jedoch keine marktgängige Leistung, deren Angemessenheit sich – wie bei Darlehensvergaben über den Zinssatz – ohne weiteres aus Sicht des Marktes bestimmen lässt. Forschungstätigkeiten lassen sich – ähnlich wie Leistungen des Bildungssektors, der Wasser- und Abfallwirtschaft oder des Gesundheits- und Sozialwesens – als Dienste oder Dienstleistung von allgemeinem Interesse betrachten61, die aus Gründen des Gemeinwohls als notwendig angesehen und mangels rentabler Durchführung nur durch den Staat, nicht aber durch den Markt angeboten werden.62 58 So auch im Ergebnis für die staatliche Finanzierung der kommerziellen Forschung, Knauff, WissR 43 (2010), 28 (41). 59 Vgl. Arhold, in: MüKo-Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 143. Ebenfalls gängig ist der Oberbegriff „Private Investor Test“, vgl. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 11. 60 Siehe zu verschiedenen Begünstigungsformen und der jeweils spezifischen Ausgestaltung des Market Economy Operator Test, Arhold, in: MüKo-Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 158 ff., zu Darlehen, vgl. Rn. 181 ff. 61 So die beispielhafte Aufzählung für Dienste von allgemeinem Interesse auf den Internetseiten der Kommission unter http://ec.europa.eu/internal_market/top_layer/services/general-interest/index_de.htm (letztmaliger Abruf am 20.08.13). 62 Vgl. zur Begriffsdefinition die Mitteilung der Kommission „Ein Qualitätsrahmen für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in Europa“ KOM(2011) 900 endg., S 3, online abrufbar unter http://ec.europa.eu/services_general_interest/docs/comm_quality_framework_de.pdf – letztmaliger Abruf am 20.08.13. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 17 Wie sich aus Art. 1 und 2 des Protokolls Nr. 26 zu den EU-Verträgen ergibt63, unterscheidet das Unionsrecht zwei Arten von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse: Leistungen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Art.64 Während erstere dem Unionsrecht und insbesondere dem Wettbewerbsrecht unterliegen (vgl. etwa Art. 106 Abs. 2 AEUV), unterfallen letztere grundsätzlich allein dem mitgliedsstaatlichen Recht (vgl. Art. 2 des Protokolls Nr. 26 zu den EU- Verträgen).65 Diese grundlegende Unterscheidung wird auch im FoEI-Gemeinschaftsrahmen aufgegriffen. Nach 3.1.1. FoEI-Gemeinschaftsrahmen ist die nichtwirtschaftliche Tätigkeit von Forschungseinrichtungen entsprechend nicht Art. 107 Abs. 1 AEUV zu unterwerfen. Vorliegend geht es aber gerade um die als wirtschaftliche Betätigung unterstellte Tätigkeit der Forschungseinrichtungen bei der Rebenzüchtung. Diese könnte als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse angesehen werden. Denn Ziel der Kreuzungs- und der Erhaltungszüchtung ist es, dem Weinbau als wichtigem Wirtschaftszweig pilzwiderstandsfähiges bzw. gesundes und leistungsfähiges Pflanzengut zur Verfügung zu stellen.66 Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergünstigung und Gegenleistung hat die Rechtsprechung für diese Art der Dienstleistungen die sog. Altmark-Trans-Kriterien entwickelt.67 Danach ist eine Beihilfe mangels Begünstigung dann abzulehnen, wenn das begünstigte Unternehmen erstens tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut worden ist, und diese Verpflichtungen klar definiert sind; die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zweitens zuvor objektiv und transparent aufgestellt wurden, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigt. Der Ausgleich darf drittens nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. Nur bei Einhaltung dieser Voraussetzung ist gewährleistet, dass dem betreffenden Unternehmen kein Vorteil gewährt wird, der dadurch, dass er die Wettbewerbsstellung dieses Unternehmens stärkt, den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht. 63 Gemäß Art. 51 EUV sind die Protokolle und Anhänge der Verträge Bestandteil der Verträge. Sie stehen somit im Rang des Primärrechts. Das Protokoll ist abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2010:083:FULL:DE:PDF (S. 310) – letztmaliger Abruf am 20.08.13. 64 Vgl. dazu Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 14 AEUV, Rn. 15. 65 So auch die Kommission in ihrer Mitteilung „Ein Qualitätsrahmen für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in Europa“ KOM(2011) 900 endg., S 3 f. 66 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5, 6. 67 EuGH, Rs. C-280/00, Slg. 2003, I-7747, Rn. 88 ff. – Altmark Trans. Siehe dazu ausführlich Arhold, in: MüKo- Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 222 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 18 Wenn schließlich viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen , das so angemessen mit Mitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind. Aufgestellt wurden diese Kriterien im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, bei denen im Auftrag des Staates private Unternehmen entgeltlich Leistungen wie etwa im öffentlichen Personennahverkehr für die Allgemeinheit anbieten, für die den Unternehmen staatliche Ausgleichszahlungen gewährt werden.68 Zwar liegt eine derartige Konstellation der Rebenzüchtung nicht zugrunde. Soweit ersichtlich, gibt es für eine Übertragung auf Umstände wie sie der Rebenzüchtung zugrunde liegen, auch keine Beispiele aus der Rechtsprechung oder dem Schrifttum. Nach Ansicht des Verfassers besteht indes bei der Rebenzüchtung eine mit den typischen Konstellationen durchaus vergleichbare Sachlage, die eine Übertragung und somit Anwendung der Altmark-Trans-Kriterien erlaubt: So erfolgt die Betätigung der staatlichen Forschungseinrichtung im Zusammenhang mit der Rebenzüchtung im staatlichen Auftrag. Aus Sicht des Staates bzw. der die staatlichen Forschungseinrichtungen finanzierenden Hoheitsträger handelt es sich dabei mit Blick auf die Bedeutung des Weinanbaus um eine dem Gemeinwohl zugutekommende und insoweit als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung anzusehende Aufgabe.69 Ferner wird hier eine kommerzielle Verwertung durch Veräußerung der Züchtungsergebnisse unterstellt, ungeachtet der Tatsache, dass sich die Forschungstätigkeit hierauf nicht allein erstreckt.70 Unabhängig von den damit generierten Einnahmen – Informationen hierzu liegen nicht vor – werden die betreffenden Forschungseinrichtungen staatlich finanziert, erhalten also quasi einen Ausgleich für ihre im staatlichen Auftrag wahrgenommene Forschungstätigkeit. Geht man danach von einer Übertragung der Altmark-Trans-Kriterien aus, so wäre entscheidend für die Beurteilung im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV, ob diese Kriterien im Einzelfall erfüllt würden. Für eine abschließende Beurteilung fehlt es jedoch an den notwendigen Informationen. So müsste beispielsweise zur Klärung des dritten Kriteriums, des Verbots der Überkompensation, bekannt sein, wie hoch jeweils die möglichen Einnahmen aus der kommerziellen Verwertung der 68 So ging es in der Ausgangsentscheidung Altmark-Trans um Ausgleichzahlungen im Rahmen einer Konzession für Transportleistungen im regionalen ÖPNV, vgl. EuGH, Rs. C-280/00, Slg. 2003, I-7747, Rn. 19 ff. – Altmark Trans. 69 Bei der Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen (vgl. erstes Altmark-Trans-Kriterium) kommt den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen zu, vgl. hierzu Arhold, in: in: MüKo-Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 229 f. 70 So betreiben einige der Forschungseinrichtungen etwa Reben-Genbanken, vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 7 f. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 19 zugelassenen Rebsorten wären und in welchen Verhältnis diese Einnahmen zur ebenfalls nicht bekannten Höhe der staatlichen Finanzierung stünden. Auch über die Erfüllung der anderen Kriterien liegen keine hinreichenden Informationen vor. Im Übrigen müsste die (Nicht-)Erfüllung der Altmark-Trans-Kriterien für jede einzelne Forschungseinrichtungen gesondert untersucht werden. 4.1.3.2.2. Sonstige öffentliche Einrichtungen im Bereich der Rebenzüchtung Für sonstige öffentliche Einrichtungen der Rebenzüchtung, die nicht als Forschungseinrichtungen im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmens angesehen werden können (vgl. oben 4.1.3.1.2., S. 14f.), gelten letztlich die gleichen Maßstäbe. Auch deren kommerziell ausgerichtete Tätigkeit bei der Rebenzüchtung könnte als Dienstleistung von allgemeinen wirtschaftlichen Interesse angesehen werden. Somit würde auch hier die Einhaltung der Altmark-Trans-Kriterien entscheiden , ob eine Beihilfe bzw. eine Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV angenommen werden könnte. 4.1.3.2.3. Zum relevanten Umfang der staatlichen Finanzierung Der Vollständigkeit halber sei noch auf folgenden Punkt hingewiesen, der für die Anwendung der Altmark-Trans-Kriterien in beiden Fällen von Bedeutung ist. Die staatliche Finanzierung der bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen umfasst zunächst sowohl deren nichtwirtschaftliche als auch deren nichtwirtschaftliche Betätigung. Es stellt sich daher die Frage, ob dies bei der Feststellung des relevanten Umfangs der Begünstigung zu berücksichtigen wäre. Auch diesbezüglich kann auf den FoEI-Gemeinschaftsrahmen verwiesen werden. Nach 3.1.1. FoEI-Gemeinschaftsrahmen ist zwischen der Finanzierung der wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der betreffenden Einrichtungen zu unterscheiden und nur die erstgenannte Art. 107 Abs. 1 AEUV zu unterwerfen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass zwecks Vermeidung von Quersubventionen beide Tätigkeitsformen und ihre Kosten und Finanzierung eindeutig voneinander getrennt werden können. Dabei kann der Nachweis einer korrekten Zuordnung der Kosten über den Jahresabschluss der Einrichtung geführt werden. Informationen dazu, ob und inwieweit eine solche Trennung der Kosten im Fall der bei der Rebenzüchtung aktiven Forschungseinrichtungen vorgenommen wird, liegen nicht vor. Soweit eine Trennung nicht vorgenommen würde, wäre aufgrund des FoEI-Gemeinschaftsrahmens davon auszugehen, dass die gesamte staatliche Finanzierung als staatliche Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden ,müsste. Für die sonstigen staatlichen Einrichtungen dürfte ungeachtet der fehlenden Anwendbarkeit des FoEI-Gemeinschaftsrahmens nichts anderes gelten, da die Unterscheidung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten insoweit von allgemeiner edeutung ist (vgl. oben 4.1.3.1.2, S. 14 f.). 4.1.3.2.4. Zwischenergebnis Ob die staatliche Finanzierung der bei der Rebenzüchtung als Unternehmen tätigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen als staatliche Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV an- Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 20 gesehen werden könnte, ist – ausgehend von der Übertragung der Altmark-Trans-Kriterien – davon abhängig, ob diese Kriterien im Einzelfall eingehalten würden. Dies wäre zudem gesondert für jede staatlich finanzierte und als Unternehmen anzusehende öffentliche (Forschungs-) Einrichtung zu untersuchen und kann an dieser Stelle nicht geleistet werden. Für den weiteren Gang der Ausarbeitung wird unterstellt, dass die Altmark-Trans-Kriterien im Einzelfall nicht eingehalten werden können, so dass die staatliche Finanzierung insoweit als staatliche Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen ist. 4.1.3.3. Selektivität Die staatliche Begünstigung müsste ferner bestimmten Unternehmen oder Produktionszweigen zugute kommen (sog. Selektivität). Mit diesem Merkmal sollen allgemeine Fördermaßnahmen der Wirtschaftspolitik zugunsten aller Unternehmen aus dem Beihilfetatbestand ausgeschlossen werden.71 Soweit die bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen nach den obigen Ausführungen als Unternehmen angesehen werden könnten (vgl. 4.1.3.1.3., S.15), wäre das Merkmal der Selektivität erfüllt. Denn die staatliche Finanzierung kommt jeweils nur diesen Einrichtungen zugute. 4.1.3.4. Wettbewerbsverfälschung Weiter müsste durch die Begünstigung der Wettbewerb verfälscht werden oder zu verfälschen drohen. Diesem Merkmal kommt in der Beihilfepraxis bisher eine nur geringe Bedeutung zu.72 Mit Blick darauf, dass zum einen auch potentielle Wettbewerbsverfälschung genügen und zum anderen jede Begünstigung die Stellung eines begünstigten Unternehmens im Wettbewerb zu Konkurrenten verbessert, bestehen an dem Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung regelmäßig keine Zweifel.73 Abweichungen hiervon bestehen nur bei sog. De-minimis-Beihilfen (dazu sogleich unter 4.1.3.4.1.) und bei besonderen Marktkonstellationen (dazu unter 4.1.3.4.2.). 4.1.3.4.1. De-minimis-Beihilfen Obgleich die Rechtsprechung eine bestimmte Intensität oder Spürbarkeit der Wettbewerbsverfälschung nicht erfordert, hat die Kommission von sich aus ein solches, auf den Wert der Begünstigung bezogenes Kriterium aufgestellt. Unterschreiten danach die Begünstigungen näher festgelegte Wertschwellen, liegt eine sog. De-minimis-Beihilfe vor, gegen die die Kommission nicht einschreitet.74 71 Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 26. 72 Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 1168. 73 Soltész, in: MüKo-Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 405 f.; Bär-Bouyssière, in: Schwarze (Hrsg.), EU- Kommentar, 3. Aufl. 2012 (im Folgenden: Schwarze, EU-Kommentar), Art. 107 AEUV, Rn. 53. 74 Vgl. hierzu Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 33; Soltész, in: MüKo- Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 414. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 21 Für den Bereich der GAP ist die GAP-De-minimis-Verordnung einschlägig.75 Sie gilt nach Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 GAP-De-minimis-Verordnung für Beihilfen an Unternehmen, die in der Erzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Anhang I zum AEUV tätig sind. Wie oben geprüft (2., S. 4f.), handelt es sich bei der Rebenzüchtung um eine unter den Anhang I fallende Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 GAP-De-minimis-Verordnung ist von einer De-minimis-Beihilfe zunächst nur dann auszugehen, wenn der Betrag von 7.500 € in einem Zeitraum von drei Steuerjahren nicht überstiegen wird. Wird dieser Betrag überstiegen, so unterliegt die gesamte Maßnahme dem Beihilfeverbot und nicht nur der diesen Höchstbetrag übersteigende Teil, vgl. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 GAP-De-minimis-Verordnung. Darüber hinaus unterfallen der GAP-De-minimis-Verordnung nach Art. 3 Abs. 6 nur solche Beihilfen unterhalb der genannten Wertschwellen, für die das Bruttosubventionsäquivalent im Voraus genau berechnet werden kann, ohne dass eine Risikobewertung erforderlich ist. Zu diesen sog. transparenten Beihilfen gehören nach Art. 3 Abs. 6 lit. a GAP-De-minimis-Verordnung etwa Beihilfen in Form von Darlehen. Informationen über die genaue Form der staatlichen Finanzierung der staatlichen (Forschungs-) Einrichtungen und über die jeweilige Höhe liegen nicht vor. Soweit die Vorgaben der GAP-Deminimis -Verordnung nicht eingehalten würden, wäre – soweit nicht andere Gründe wie etwa besondere Marktkonstellationen einschlägig sind (dazu sogleich) – von einer Wettbewerbsverfälschung durch die staatlichen Finanzierung auszugehen. 4.1.3.4.2. Besondere Marktkonstellationen Das Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung wird auch dann ausnahmsweise verneint, wenn eine konkrete Marktanalyse ergibt, dass die Begünstigung zu keiner Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt, etwa weil das begünstige Unternehmen über ein Monopol verfügt.76 75 Verordnung (EG) Nr. 1535/2007 der Kommission vom 20. Dezember 2007 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrarerzeugnissektor, ABl. 2007 Nr. L 337/35 (online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:337:0035:0041:de:PDF – zuletzt abgerufen am 20.08.13). Andere De-minimis-Verordungen finden auf Beihilfen an Unternehmen, die – wie hier die staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen bei der Rebenzüchtung – in der Primärerzeugung der in Anhang I der Verträge aufgeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse tätig sind, keine Anwendung. Vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-Beihilfen, ABl.EU 2006 Nr. L 379/5 (online abrufbar unter http://www.esf.de/portal/generator/630/property=data/verordnung__eg__1998__2006.pdf – letztmaliger Abruf am 20.08.13). Vgl. auch Art. 1 Abs. 2 lit. b Verordnung (EU) Nr. 360/2012 der Kommission vom 25. April 2012 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen , ABl.EU 2012 Nr. L 114/8 (online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:114:0008:0013:DE:PDF – letztmaliger Abruf am 20.08.13). 76 So etwa Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 31. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 22 Dies könnte hier für den Bereich der Kreuzungszüchtung angenommen werden. Wie sich aus dem Sachstand Rebenzüchtung ergibt, sind bei dieser Art der Züchtung aufgrund der langen Zeitdauer und des damit verbundenen Aufwandes jedenfalls in Deutschland keine privaten Züchter tätig.77 Hiervon ausgehend könnte der Schluss gezogen werden, dass insoweit auch kein Wettbewerb stattfinde, die Betätigung der staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen folglich nicht zu Wettbewerbsverfälschungen führe. Die Annahme eines fehlenden Wettbewerbs beschränkt sich laut Sachstand Rebenzüchtung allerdings nur auf den deutschen Markt. Mit Blick auf das sogleich darzustellende Merkmal der Zwischenstaatlichkeit (siehe dazu sogleich unter 4.1.3.5.) ist jedoch der EU-Binnenmarkt maßgeblich und nicht allein der deutsche Markt. Aus dem Sachstand Rebenzüchtung geht zudem hervor, dass Kreuzungszüchtung von privaten Züchtern zumindest in der Schweiz betrieben wird. Hierbei handelt es sich zwar um keinen EU-Mitgliedstaat. Es ist aber nicht ausgeschlossen – konkrete Informationen liegen insoweit jedoch nicht vor –, dass in anderen EU-Staaten Kreuzungszüchtung von (privaten) Züchtern betrieben wird. Vor dem Hintergrund, dass an das Merkmal der Wettbewerbsverfälschung in der Beihilfepraxis keine hohen Anforderungen gestellt werden und letztlich eine potentielle Wettbewerbsverfälschung genügt, ließe sich hier für die Kreuzungszüchtung eine Wettbewerbsverfälschung jedenfalls nicht per se ausschließen. Keine Probleme bereitet die Annahme einer Wettbewerbsverfälschung bei der Erhaltungszüchtung , bei der sich staatliche (Forschungs-)Einrichtungen und private Züchter gegenüberstehen. 4.1.3.5. Zwischenstaatlichkeit Mitgliedsstaatliche Beihilfen sind nach Art. 107 Abs. 1 AEUV schließlich nur dann grundsätzlich verboten, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Ziel dieser sog. Zwischenstaatlichkeitsklausel ist es, Auswirkungen auf den rein innerstaatlichen Handel aus dem Anwendungsbereich des Art. 107 Abs. 1 AEUV auszunehmen. Grenzüberschreitende Auswirkungen sind immer dann anzunehmen, wenn die begünstigten Einrichtungen in andere Mitgliedstaaten exportieren oder bei reiner Inlandstätigkeit mit Produkten oder Dienstleistungen aus anderen Mitgliedstaaten konkurrieren.78 An die Feststellung dieser Voraussetzungen im Einzelnen werden in der Praxis nur geringe Anforderungen gestellt.79 Mit Blick auf die tatsächlichen Verflechtungen der mitgliedstaatlichen Märkte wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur 77 Vgl. Sachstand Rebenzüchtung, S. 5. 78 Vgl. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 37 mit weiteren Nachweisen; vgl. auch Bär- Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 AEUV, Rn. 56. 79 Vgl. Soltész, in: MüKo-Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 440, 447 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 23 ausnahmsweise verneint.80 So insbesondere dann, wenn die Auswirkungen einer Beihilfe rein lokal sind.81 Vorliegend ist weder erkennbar, dass die in Deutschland von den begünstigten Einrichtungen zugelassenen Rebsorten nur auf dem deutschen Markt verkauft würden, noch, dass sie auf dem inländischen Markt nicht der Konkurrenz von im EU-Ausland gezüchteten Rebsorten ausgesetzt sind. Zwar liegen der Kommission laut telefonischer Auskunft keine statistischen Angaben über den Umfang der grenzüberschreitenden Veräußerung von Rebsorten vor.82 Aus dem Umstand, dass bekannte Rebsorten wie etwa der Riesling auch in anderen Mitgliedstaaten (bspw. Österreich 83, Italien84) angebaut werden, lässt sich ungeachtet der klimatischen und geologischen Unterschiede zwischen den Weinbau betreibenden Mitgliedstaaten und der daraus folgenden Herausbildung gebietsspezfischer Rebsorten schließen, dass ein grenzüberschreitender Handel besteht , das Merkmal der Zwischenstaatlichkeit also angenommen werden kann. Hierfür spricht auch die bereits 1968 erlassene und seit dem mehrfach geänderte Richtlinie über den Verkehr mit vegetativen Vermehrungsgut von Reben.85 4.1.3.6. Zwischenergebnis Ob die staatliche Finanzierung der bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-) Einrichtungen als Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden kann, hängt wesentlich davon ab, ob diese Institutionen dabei (zumindest auch) als Unternehmen im Sinne des EU-Wettbewerbsrecht agieren. Voraussetzung hierfür wäre, dass sie die von ihnen gezüchteten Reben selbst am Markt anbieten und dies für die Forschungseinrichtungen im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmens nicht als beihilferechtlich zulässiger Technologietransfer anzusehen ist. Soweit dies angenommen werden kann, wäre die staatliche Finanzierung als staatliche gewährte Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen, wenn hierbei im Einzelnen die Altmark-Trans-Kriterien nicht eingehalten würden. Hiervon ausgehend bestünden Zweifel am Vorliegen der übrigen Merkmale – der Selektivität, der Wettbewerbsverfälschung und der Zwischenstaatlichkeit – nur hinsichtlich des zweit genannten Kriteriums. Im Fall der zeit- und 80 Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 37; vgl. zu den Ausnahmen insgesamt und dem bemängelten Fehlen einer einheitlichen Linie, Soltész, in: MüKo-Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 461 ff. 81 Siehe hierzu Kühling/Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 100; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn.37. 82 Gespräch des Verfassers vom 13.08.13 mit Herrn J. Nadolski, Mitarbeiter in der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, http://ec.europa.eu/staffdir/plsql/gsys_fonct.properties?pLang=DE&pSernum=732483&pUnite=12808. 83 Siehe die Angaben zu österreichischen Rebsorten auf http://de.wikipedia.org/wiki/Weinbau_in_%C3%96sterreich#Tafeltrauben – zuletzt abgerufen am 20.08.13. 84 Siehe die Angaben zu italienischen Rebsorten auf http://de.wikipedia.org/wiki/Weinbau_in_Italien – zuletzt abgerufen am 20.08.13. 85 Vgl. dort insbesondere Erwägungsgrund Nr. 6 der Richtlinie des Rates vom 9. April 1968, ABl.EG 1968 Nr. L 93/15 (konsolidierte Fassung online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:1968L0193:20050714:DE:PDF – zuletzt abgerufen am 20.08.13), der explizit auch den Handel zwischen den Mitgliedstaaten erwähnt. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 24 damit auch kostenaufwendigen Kreuzungszüchtung, die in Deutschland nur von wenigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen betrieben wird, könnte es an einem Wettbewerb und damit auch an seiner Verfälschung durch die staatliche Finanzierung fehlen. Abschließende Aussagen zum Vorliegen der einzelnen Merkmale und damit zur Qualifizierung der staatlichen Finanzierung der bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-) Einrichtungen als Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV lassen sich auf Grundlage der vorliegenden Informationen an dieser Stelle nicht treffen. 4.1.4. Mögliche Rechtfertigung nach Art. 107 Abs. 3 AEUV Soweit nach den Ausführungen zu 3.2.3. die staatlichen Finanzierung der bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen als Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden könnte, stellte sich die Frage nach ihrer Rechtfertigung. Insbesondere in Konkretisierung der hier relevanten und in Art. 107 Abs. 3 AEUV geregelten Ermessenstatbestände hat die Kommission auf dieser Ebene des Beihilfenrechts verschiedene Sekundärrechtsakte erlassen , in denen sie die einzelnen für die Rechtfertigung erforderlichen Parameter darstellt. Angesichts der fehlenden Informationen über die genaue Form der staatlichen Finanzierung sowie über ihren Umfang werden die vorliegend ggf. einschlägigen Rechtsakte und die darin enthaltenen Parameter werden nur im Überblick dargestellt. In verfahrenstechnischer Hinsicht wäre zu berücksichtigen, dass die nachfolgend aufgeführten Rechtsakte entweder eine Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV entsprechende, d.h. vor Gewährung erfolgende Notifizierung der betreffenden Beihilfe bei der Kommission erfordern86, oder zumindest einen Verweis in den nationalen Rechtsgrundlagen hierauf zwingend vorsehen.87 Werden diese Anforderungen nicht eingehalten, so können die betreffenden Rechtsakte nicht zur Rechtfertigung der Beihilfe herangezogen werden. In materieller Hinsicht ist gleichwohl eine Orientierung hieran möglich. 4.1.4.1. FoEI-Gemeinschaftsrahmen Ausgehend von der Annahme, dass es sich bei der Rebenzüchtung sowohl in Gestalt der Kreuzungs - als auch der Erhaltungszüchtung um einen Anwendungsfall der industriellen Forschung handelte (vgl. oben 4.1.3.1.1., S. ), käme vor allem eine Anwendung des FoEI- Gemeinschaftsrahmens in Betracht, soweit darin Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV konkretisiert wird. Danach können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete mit dem Binnenmarkt als vereinbar angesehen werden, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. In Betracht kommt etwa eine Rechtfertigung als Beihilfen für Forschungs- und Entwicklungs- Vorhaben (FuE-Vorhaben) nach 5.1. FoEI-Gemeinschaftsrahmen. Für industrielle Forschung ist 86 Vgl. Punkt 6. Abs. 2 FoEI-Gemeinschaftsrahmen. 87 Vgl. Art. 3 Abs. 1 und 2 GPA-Freistellungsverordnung sowie Art. 3 der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung . Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 25 in diesem Zusammenhang eine Beihilfenintensität von 50 % der förderbaren Kosten vorgesehen (vgl. 5.1.2. FoEI-Gemeinschaftsrahmen). Hinsichtlich FuE-Beihilfen für landwirtschaftliche Produkte im Sinne des Anhangs I zu den Verträgen – wie hier einschlägig – kann diese Intensität auf 100% angehoben werden, soweit weitere sachliche Voraussetzungen erfüllt werden (vgl. im Einzelnen 9. FoEI-Gemeinschaftsrahmen). Förderfähige Kosten sind bei dieser Kategorie der Beihilfen u.a. Personalkosten, Kosten für Instrumente und Ausrüstung und Kosten für Gebäude und Grundstücke (vgl. im Einzelnen 5.1.4. FoEI-Gemeinschaftsrahmen). Voraussetzung für die Genehmigung solcher Beihilfen ist weiter, dass die Beihilfen einen Anreizeffekt aufweisen, d.h. das Verhalten der Begünstigten dahingehend ändern, dass sie zu verstärkter Forschungs- und Entwicklungstätigkeit veranlasst werden (vgl. im Einzelnen 6. FoEI- Gemeinschaftsrahmen). Bei der eingehenden Würdigung einzelner Beihilfemaßnahmen (vgl. hierzu im Einzelnen 7. FoEI-Gemeinschaftsrahmen) kommt es u.a. darauf an, ob die betreffenden Beihilfen positive Auswirkungen zeitigen. Eine Rolle spielt dabei, ob die staatlichen Maßnahmen einen Bereich betreffen, in dem der Markt aus eigenem Antrieb ein bestmögliches Ergebnis nicht erbringt (vgl. insoweit 7.3.1. FoEI-Gemeinschaftsrahmen). Dies könnte vorliegend jedenfalls bei der Kreuzungszüchtung von Rebsorten angenommen werden, die aufgrund des hohen Zeit- und Kostenaufwandes von Privaten nicht mehr betrieben wird. Materiell vergleichbare Regelungen wie im FoEI-Gemeinschaftrahmen finden sich in der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, die in den Art. 30 ff. ebenfalls besondere Bestimmungen zu Beihilfen für Forschung und Entwicklung und Innovation enthält. 4.1.4.2. Rechtsakte im Landwirtschaftsbereich Speziell für Beihilfen im Agrarsektor ist auf die GAP-Rahmenregelung der Gemeinschaft sowie die GAP-Freistellungsverordnung hinzuweisen. Beide sehen u.a. Beihilfen zur Förderung der Erzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen hoher Qualität vor (vgl. IV.J GAP- Rahmenregelung bzw. Art. 14 GAP-Freistellungsverordnung). Hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen für eine Genehmigung derartiger Beihilfen verweist die GAP-Rahmenregelung in ihrer Rn. 98 auf Art. 14 der GAP-Freistellungsverordnung. Danach können nur bestimmte Kosten bezuschusst werden und diese nur unter bestimmten Bedingungen . Zu ersteren zählen nach Art. 14 Abs. 2 lit. a GAP-Freistellungsverordnung etwa Kosten für Marktforschungstätigkeiten, Produktentwürfe und -entwicklungen. Insoweit dürfen Beihilfen nach Art. 14 Abs. 3 Gap-Freistellungsverordnung allerdings nur zur Deckung der Kosten von durch Dritte erbrachten Dienstleistungen gewährt werden. Darüber hinaus erfasst die GAP-Freistellungsverordnungen generell nur sog. transparente Beihilfen , vgl. Art. 1 Abs. 1 S. 1 GAP-Freistellungsverordnung. Nach Art. 2 Nr. 18 GAP- Freistellungsverordnung sind dies solche Beihilfemaßnahmen, bei der das Bruttosubventionsäquivalent vorab ohne eine Risikobeurteilung genau in Prozent der zuschussfähigen Ausgaben berechnet werden kann (z. B. Maßnahmen, die von Zuschüssen, Zinsvergünstigungen oder begrenzten fiskalischen Maßnahmen Gebrauch machen). Darüber hinaus gilt die GAP- Freistellungsverordnung nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 nicht für Beihilfen zu Ausgaben im Zusammenhang mit der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 26 5. Unternehmensgerichtete EU-Wettbewerbsvorschriften Anders als das staatengerichtete EU-Beihilfenrecht knüpfen die unternehmensgerichteten EU- Wettbewerbsvorschriften an das (Markt-)Verhalten der (privaten und öffentlichen) Unternehmen. So verbietet etwa Art. 101 Abs. 1 AEUV (sog. Kartellverbot) alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen , Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen , welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Art. 102 AEUV dagegen richtet sich gegen die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen. Auf Grundlage des Sachstandes Rebenzüchtung liegen keine Anhaltspunkte für derartige Verhaltensweisen seitens der staatlichen (Forschungs-)Einrichtungen und der privaten Züchter vor. Es besteht somit kein Anlass für eine Erörterung der unternehmensgerichteten EU- Wettbewerbsvorschriften im Hinblick auf die Organisation der Rebenzüchtung in Deutschland. 6. Zusammenfassung Gegenstand dieser Ausarbeitung ist die auf Grundlage des Sachstandes Rebenzüchtung vorgenommene Untersuchung, ob und inwieweit die Organisation der Rebenzüchtung in Deutschland den Vorgaben des EU-Wettbewerbs genügt. Die Züchtung von Reben unterliegt zunächst der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in diesem Bereich bedarf gemäß Art. 42 Abs. 1 AEUV der sekundärrechtlichen Anordnung und liegt hinsichtlich der Züchtung von Reben vor. EU-wettbewerbsrechtliche Bedenken wirft die Organisation der Rebenzüchtung in Deutschland im Hinblick auf die staatliche Finanzierung öffentlicher (Forschungs-)Einrichtungen auf, die in diesem Bereich neben privaten Züchtern tätig sind. Dies könnte gegen die staatengerichteten Vorschriften des EU-Wettbewerbsrechts, das EU-Beihilfenrecht in Art. 107 f. AEUV, verstoßen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob die staatlichen (Forschungs-) Einrichtungen bei der Rebenzüchtung als Unternehmen im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts anzusehen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass sie einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, indem sie ihre Züchtungsergebnisse am Markt zu Verkauf anbieten. Mit Blick auf die Erhebung von Züchtungszuschlägen besteht Grund zu der Annahme, dass jedenfalls diese Form der Verwertung der Züchtungsergebnisse durch die staatlichen Institutionen – soweit es sich dabei um Forschungseinrichtungen im Sinne des FoEI-Gemeinschaftsrahmens handelt – als Technologietransfer angesehen werden könnte und insoweit nicht als nichtwirtschaftliche Tätigkeit einzuordnen wäre. Ginge man im Übrigen davon aus, dass die bei der Rebenzüchtung tätigen staatlichen Institutionen zum Teil als Unternehmen angesehen werden könnten, so ließe sich die staatliche Finanzierung dieser Einrichtungen jedenfalls dann als staatliche Begünstigung im Sinne des Beihilfetatbestandes nach Art. 107 Abs. 1 AEUV ansehen, wenn im Einzelfall die sog. Altmark-Trans- Kriterien bei der Ausgestaltung der Finanzierung nicht eingehalten würden. An dem Vorliegen der übrigen Beihilfemerkmale bestünden sodann keine grundlegenden Zweifel. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 61/13 Seite 27 Wäre danach von einer grundsätzlich verbotenen Beihilfe auszugehen, bestünde die grundsätzliche Möglichkeit einer Rechtfertigung derartiger Beihilfen vor allem nach Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV in Verbindung mit dem FoEI-Gemeinschaftsrahmen. Eine abschließende Bewertung sowohl der Beihilfequalität der staatlichen Finanzierung als auch einer Rechtfertigung konnte im Rahmen dieser Ausarbeitung mangels hinreichender Informationen jedoch nicht vorgenommen werden. - Fachbereich Europa -