Nr. PE 6-054/18 (20. März 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Kurzinformation dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Der Fachbereich Europa wurde um Darstellung des Entwurfs der Rechtsgrundlagen für die Schaffung einer sog. European Debt Agency (EDA - Europäische Schuldenagentur) gebeten. Darüber hinaus wurde gefragt, wie der Ankauf von Anleihen, deren „Verpackung“ in staatsanleihebesicherte Wertpapiere und ihr anschließender Verkauf durch die EDA, gestaltet werden soll. Besonderes Interesse gilt dabei den Adressaten der Anleiheemission, den hierfür vorgesehen Märkten sowie der Einsetzung eines „EDA-Gremiums“, der Kontrolle der EDA und ihrer möglichen Rolle als Emittent. Ankündigung eines KOM Vorschlages und das der aktuellen Diskussion zugrundeliegende Konzept Die Europäische Kommission (KOM) hat angekündigt, zu Beginn des Jahres 2018 einen Vorschlag für einen geeigneten Rahmen zur Entwicklung von staatsanleihebesicherten Wertpapieren (Sovereign Bond-Backed Securities – SBBS oder European Safe Bonds – ESBies) zu präsentieren.1 Da diese Initiative noch nicht vorliegt, ist auf das ihr zugrundeliegende Konzept zu verweisen, das im 2011 von einer Gruppe europäischer Wirtschaftswissenschaftler um den deutschen Ökonomen Markus Brunnermeier entwickelt und in einer Veröffentlichung vom September 2016 weiter vertieft wurde. Die Grundlinie dieses auf die Diversifizierung des Staatsanleiheportfolios der Banken und damit auf die Minderung des Staaten-Banken-Nexus abzielenden Konzepts besteht darin, den Mitgliedstaaten der Eurozone ein sicheres Wertpapier zur Verfügung zu stellen, das sie für ihre Schuldenaufnahme nutzen können, ohne dass es einer gemeinschaftlichen Haftung einschließlich der damit verknüpften Fehlanreize bedarf. Dem Konzept zufolge erstellt der Emittent (eine staatliche Institution oder ein privates Finanzunternehmen ) Bündel aus Staatsanleihen der einzelnen Euro-Staaten in einem gesetzlich zu bestimmenden Anteilsverhältnis der jeweiligen Staatsanleihen, das sich darüber hinaus etwa am Bruttoinlandsprodukt (BIP) der einzelnen Staaten orientieren könnte. Ein überwiegender Teil (bspw. 70 1 Vgl. KOM, Mitteilung: Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion, KOM (2017) 592, S. 20 f. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Kurzinformation Konzept für einen Markt staatsanleihebesicherter Wertpapiere Kurzinformation Konzept für einen Markt staatsanleihebesicherter Wertpapiere Fachbereich PE 6 (Europa) Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Seite 2 Prozent) dieser Bündel von Staatsanleihen wird als sog. ESBies oder SBBS emittiert, der verbleibende Teil (bspw. 30 Prozent) als höher verzinste nachrangige sog. European Junior Bonds (EJBies) herausgegeben. Nach dieser Konstruktion würden diese nachrangigen EJBies für etwaige Ausfälle zuerst herangezogen, während auf die ESBies ein geringes Ausfallrisiko entfiele. Das Konzept enthält die Anregung, im Einklang mit den bestehenden Grundlagenverträgen der Europäischen Union eine Europäische Schulden-Agentur (European Debt Agency – EDA) zu gründen und diese mit der Emission der ESBies zu beauftragen. Struktur und Governance einer EDA sind im Grundkonzept knapp umrissen (Tz. 6.1.). In der Fortschreibung des Konzepts wird darauf verwiesen, dass diese Aufgaben nicht zwingend von einer solchen Agentur zu erfüllt werden müssen. Das Grundkonzept aus dem Jahr 2011 ist hier beigefügt als Anlage 1. Seine Fortschreibung vom September 2016 ist angefügt als Anlage 2. Der Verwaltungsrat des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) hat eine sog. High Level Task Force mit der Durchführung einer Machbarkeitsstudie hinsichtlich der Schaffung eines Marktes für SBBS beauftragt. In ihrem Bericht kommt die Task Force zu dem Schluss, dass ein solcher Markt für SBBS unter einer Reihe von Bedingungen geschaffen und die damit ins Auge gefassten Ziele einer Diversifizierung der Staatsanleiheportfolios der Banken und einer Milderung des Staaten-Banken-Nexus erreicht werden könnten. Der Bericht vom Januar 2018 mit den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie ist beigefügt als Anlage 3. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung die Schaffung von SBBS als Ersatz für die Regulierung von Staatsanleihen abgelehnt hat. Der Vorschlag wurde als nicht zielführend bewertet; er könne auch zur Schaffung neuer Risiken führen. Sowohl Marktteilnehmer als auch Schuldenmanager hätten Bedenken zur Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit von SBBS geäußert . Die Ausführungen im Berichtsbogen der Bundesregierung zur KOM-Mitteilung: Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion (KOM(2017)592) sind beigefügt als Anlage 4. Der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium äußerte die Befürchtung, dass die Schaffung eines SBBS-Marktes zum Einfallstor für eine umfassende und demokratisch nicht legitimierte Vergemeinschaftung von Staatsschulden werden könne. Er wies auf die Gefahr hin, dass die regulatorische Privilegierung von Staatsverschuldung noch ausgedehnt werde, um bestehehende regulatorische Nachteile von SBSS gegenüber herkömmlichen Staatsanleihen zu kompensieren . Stattdessen sei es erforderlich, bestehende Privilegien von Staatsverschuldung abzubauen; dann zeige sich, ob am Markt ausreichend Nachfrage nach einem derartigen Produkt bestehe. Der Brief des wissenschaftlichen Beirats an den Bundesminister der Finanzen ist angefügt als Anlage 5. – Fachbereich Europa –