© 2019 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 042/19 Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum EEG 2012 und seine Übertragung auf andere Förderkonstellationen im Energiebereich Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 2 Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum EEG 2012 und seine Übertragung auf andere Förderkonstellationen im Energiebereich und seine Übertragung auf andere Förderkonstellationen im Energiebereich Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 042/19 Abschluss der Arbeit: 5. Juni 2019 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Das Urteil des EuGH zum EEG 2012 5 2.1. Zum Merkmal der Staatlichkeit der Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV 6 2.2. Beurteilung des EEG 2012 8 2.2.1. EEG-Umlage keine staatliche Abgabe bzw. mit einer solchen nicht vergleichbar 8 2.2.2. Keine staatliche Verfügungsgewalt über Gelder aus EEG-Umlage 11 2.2.3. Kein Zusammenhang zwischen Vergünstigung und staatlichem Haushalt und keine staatliche Kontrolle über Übertragungsnetzbetreiber 13 2.2.4. Fazit 15 3. Zur Beihilferelevanz des EEG 2014 und EEG 2017 15 3.1. Formale Gesichtspunkte 15 3.2. Materielle Beurteilung 17 3.2.1. Abgabencharakter der EEG-Umlage 17 3.2.2. Zur staatlichen Verfügungsgewalt über Gelder aus EEG-Umlage 19 3.2.3. Zum Zusammenhang zwischen Vergünstigung und staatlichem Haushalt 19 3.3. Ergebnis 20 4. Längere Zeitdauer für Besondere Ausgleichsregelungen 20 5. Übertragung auf das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 20 5.1. Abgabencharakter der KWKG-Umlage 21 5.2. Zur staatlichen Verfügungsgewalt über Gelder aus KWKG-Umlage 22 5.3. Zum Zusammenhang zwischen Vergünstigung und staatlichem Haushalt 22 5.4. Ergebnis 23 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache C-405/16 P (Deutschland/ Kommission) vom 28. März 20191 stellt den vorläufigen Höhepunkt im Streit um die beihilfekonforme Ausgestaltung der sog. Energiewende in Deutschland dar.2 Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens war ein Urteil des Europäischen Gerichts (EuG), mit welchem die Klage Deutschlands auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission zum Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EEG 2012) abgewiesen wurde.3 In dem Beschluss hatte die Kommission u. a. entschieden , dass es sich bei den Förderbestimmungen des EEG 2012 sowie der dort ebenfalls geregelten sog. Besonderen Ausgleichsregelung zur Verringerung der EEG-Umlage für energieintensive Unternehmen um Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt.4 Entscheidende Bedeutung kam dabei dem Merkmal der aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfe(n) zu, welches von der Kommission bejaht5 und vom EuG im erstinstanzlichen Urteil bestätigt wurde.6 Hiergegen wandte sich Deutschland mit seinem Rechtsmittel, über welches der EuGH in dem eingangs genannten Urteil nun entschieden hat. Anders als Kommission und EuG gelangte der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass dem EEG 2012 in Bezug auf die streitgegenständlichen Regelungen keine aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen zugrunde lagen.7 Er hob deshalb das EuG-Urteil auf und erklärte den Kommissionsbeschluss für nichtig.8 Der Fachbereich wird vor diesem Hintergrund um Beantwortung mehrerer Fragen ersucht. Im Lichte des EuGH-Urteils (2.) soll zunächst geprüft werden, ob die gesetzlichen Änderungen des EEG 2012 in Gestalt des EEG 2014 sowie EEG 2017 ebenfalls als nicht beihilferelevant im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen sind (3.). Gefragt wird ferner, ob eine längere Zeitdauer für Besondere Ausgleichsregelungen vorgesehen werden könnte als dies derzeit der Fall ist (4.). 1 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission). 2 Vgl. hierzu etwa Scholtka, Anmerkungen zu EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission ), EuZW 2019, S. 425 f. ;Große/Kachel, Die Besondere Ausgleichsregelung im EEG 2014, NVwZ 2014, S. 1122 f.; Boemke, Die Regelungen des EEG 2017 im Überblick, NVwZ 2017, S. 1. 3 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission). 4 Vgl. Art. 1 und Art. 3 des Beschlusses (EU) 2015/1585 der Kommission vom 25. November 2014 über die Beihilferegelung SA.33995 (2013/C) (ex 2013/NN) [Deutschlands zur Förderung erneuerbaren Stroms und stromintensiver Unternehmen], ABl.EU 2015 Nr. L 250/122 (im Folgenden: Kommissionsbeschluss), sowie die entsprechenden Ausführungen in seinen einschlägigen Begründungserwägungen. Siehe zum Inhalt des Kommissionsbeschlusses auch Kahle, Anmerkung zu EuGH, Urt. v. 28.3.2019, Rs. C-405/16, jurisPR-UmwR 5/2019, Anm. 2., C. Kontext der Entscheidung. 5 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 98 ff. des Kommissionsbeschlusses (Fn. 4), 6 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission), Rn. 91-121. 7 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 48 ff. 8 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Tenor. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 5 Schließlich soll untersucht werden, ob die Entscheidung des Gerichtshofs auf das Kraft-Wärme- Kopplungsgesetzes (KWKG) und damit verbundene Regelungstatbestände übertragbar ist (5.). 2. Das Urteil des EuGH zum EEG 2012 Die Bundesrepublik Deutschland hatte gegen das erstinstanzliche Urteil des EuG mehrere Rechtmittelgründe geltend gemacht. Der EuGH konzentrierte sich in seiner Entscheidung auf nur einen Gesichtspunkt, nämlich die Frage, ob die Vergünstigungen in Gestalt der Förderung der Erzeugung aus erneuerbaren Energien und den Besonderen Ausgleichsregelungen, die über die EEG- Umlage finanziert werden, aus staatlichen Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 stammen.9 Dieses Merkmal spielt in Fällen wie dem EEG, die zwar auf einem gesetzlich vorgegebenen, in der Umsetzung aber privatwirtschaftlichen Umlagesystem beruhen, in der Regel die entscheidende Rolle bei der Begründung des Beihilfetatbestandes. Fehlt es hieran, kommt es auf das Vorliegen der übrigen, insgesamt kumulativ zu erfüllenden Beihilfemerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht mehr an.10 Auch die Frage der Rechtfertigung der betreffenden staatlichen Maßnahme nach Art. 107 Abs. 2 oder 3 AEUV sowie den dazu erlassenen sekundärrechtlichen Konkretisierungen stellt sich dann nicht mehr.11 So war es auch in diesem EuGH-Urteil. Wie eingangs ausgeführt, gelangte der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass es sich bei den mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Geldern nicht um staatliche Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt, und ging daher auf die übrigen Gesichtspunkte und Rechtsmittelgründe nicht weiter ein.12 So klar das Urteil auf der einen Seite in seinem Ergebnis und seiner diesbezüglichen Bewertung für das EEG 2012 ist, so auslegungsbedürftig erscheinen bei genauerem Hinsehen – wie sogleich zu zeigen sein wird – die Erwägungen, auf denen die Entscheidung letztlich beruht. Dies gilt insbesondere , wenn es wie hier darum geht, daraus Schlussfolgerung für andere Fallgestaltungen zu ziehen. In der Sache liegt dem Urteil eine Zweiteilung zugrunde, an der sich auch die nachfolgende Darstellung orientiert: zunächst verweist der EuGH auf die aus seiner Sicht für den Fall relevante bisherige Rechtsprechung zu dem hier einschlägigen Beihilfemerkmal und formuliert so den rechtlichen Rahmen für die Beurteilung des EEG 2012 bzw. des dazu ergangenen EuG-Urteils 9 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 48 ff. 10 Siehe zum Beihilfetatbestand und seinen Merkmalen aus Sicht der Rechtsprechung etwa EuGH, Urt. v. 30.5.2013, Rs. C-677/11 (Doux Élevage), Rn. 24 f. Zur Subsumtion unter die weiteren Merkmale im vorliegenden Fall, vgl. Erwägungsgründe Nr. 61 ff. Kommissionsbeschlusses (Fn. 4). 11 Siehe zur Rechtfertigungsebene im Hinblick auf das EEG 2012 bspw. die Ausführungen in Erwägungsgründen Nr. 173 ff. des Kommissionsbeschlusses (Fn. 4). 12 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 86, 90 sowie 87. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 6 (2.1.).13 Anschließend wendet er sich dann diesem Urteil und der eigentlichen Beurteilung des EEG 2012 zu (2.2.).14 2.1. Zum Merkmal der Staatlichkeit der Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV Nach dem Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV sind „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen […] mit dem Binnenmarkt unvereinbar […].“15 Der EuGH entnimmt dieser Formulierung zwei Voraussetzungen: Zum einen muss die Beihilfe „unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden […].“16 Zum anderen müssen die aus einer solchen Beihilfe folgenden Vergünstigungen „dem Staat zurechenbar sein […].“17 Für die letztgenannte Voraussetzung genügt dem Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung, dass staatliche Stellen am Erlass der betreffenden (Beihilfe-)Maßnahme beteiligt sind.18 Das ist insbesondere dann der Fall, wenn – wie hier – die streitgegenständlichen Förder- und Ausgleichsmechanismen durch Gesetz, das EEG 2012, eingeführt wurden.19 Das dürfte auch bei anderen Förderkonstellationen im Energiebereich die Regel sein, so dass dieser Voraussetzung für diese und ähnliche Fälle eine nur geringe praktische Bedeutung zukommt. Etwas anderes gilt für die erste Voraussetzung, die Gewährung aus staatlichen Mitteln. In Bezug auf dieses Kriterium reiht der EuGH mehrere, sich aus früheren Entscheidungen ergebende, abstrakt formulierte Konkretisierungen bzw. Vorgaben aneinander. Diese sind zum einen darauf bezogen , durch wen die einen Vorteilen begründenden Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV gewährt werden können20 und betreffen zum anderen die Qualifizierung der Mittel als solche staatlicher Herkunft.21 Dabei folgt bereits aus dem oben zitierten Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV als auch aus der bisherigen Rechtsprechung, dass nicht nur Mittel erfasst werden, die erstens durch den Staat selbst oder einer seiner Untergliederung gewährt werden und zweitens aus Haushaltsmitteln stammen.22 Auch die Gewährung durch öffentliche oder private Einheiten, die 13 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 48 f., 52 bis 60. 14 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 61 bis 86. 15 Hervorhebung durch Verfasser. 16 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 48, in der auch auf entsprechende Rechtsprechung verwiesen wird. 17 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 48, 49. 18 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 49. 19 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 50. 20 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 52 bis 54, 59, mit entsprechenden Nachweisen aus früherer Rechtsprechung. 21 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 55 bis 58, mit entsprechenden Nachweisen aus früherer Rechtsprechung. 22 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 53 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 7 vom Staat hierfür benannt oder errichtet sind, unterfällt diesem Merkmal.23 Zudem ist nicht in jedem Fall erforderlich, dass auch eine Übertragung staatlicher Mittel stattgefunden haben muss.24 Art. 107 Abs. 1 AEUV erfasse „nämlich sämtliche Geldmittel, die die öffentlichen Stellen tatsächlich zur Unterstützung der Unternehmen verwenden können, ohne dass es darauf ankommt , ob diese Mittel dauerhaft zum Vermögen des Staates gehören. Auch wenn die der betreffenden Beihilfemaßnahme entsprechenden Beträge nicht auf Dauer dem Staat gehören, genügt für ihre Einstufung als „staatliche Mittel“ der Umstand, dass sie ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen […].“25 Als staatliche Mittel sind ferner auch Fonds anzusehen, „die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats durch Zwangsbeiträge gespeist und gemäß diesen Rechtsvorschriften verwaltet und verteilt werden, […] selbst wenn ihre Verwaltung nichtstaatlichen Organen anvertraut ist […].“26 In den genannten Konkretisierungen bzw. Vorgaben spiegelt sich die weite Auslegung des Merkmals der staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs wieder, und zwar sowohl in Bezug auf die Frage nach den beihilfegewährenden Stellen als auch im Hinblick auf die Qualifizierung der Mittel als staatliche. Beides ist für das EEG 2012 und die ihm zugrunde liegenden Vorteile relevant, da diese jedenfalls nicht unmittelbar durch den Staat gewährt werden noch aus Haushaltsmitteln herrühren. Abschließend zitiert der EuGH noch eine weitere Konkretisierung bzw. Vorgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, die im Kontext energierechtlicher Umwälzmechanismen – soweit ersichtlich – erstmals angeführt wird: „Überdies ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, um festzustellen, ob der dem Begünstigten gewährte Vorteil den Staatshaushalt belastet, zu prüfen ist, ob ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen diesem Vorteil einerseits und der Verringerung eines Postens des Staatshaushalts oder einem hinreichend konkreten wirtschaftlichen Risiko für dessen Belastung andererseits besteht [….].“27 Diese Vorgabe lässt sich als Einschränkung der bisher weit verstandenen Anforderungen zur Qualifizierung der Mittel als staatliche deuten, da jedenfalls ein gewisser Zusammenhang von Vergünstigung einerseits und Belastung des staatlichen Haushalts andererseits als erforderlich angesehen wird. Mit Blick auf die Formulierung liegt es zunächst nahe, diesen Zusammenhang 23 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 53 f. 24 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 55. 25 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 57. 26 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 58. 27 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 60. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 8 als generelle Voraussetzung zu verstehen, die unabhängig davon einzuhalten ist, wer die Mittel gewährt und ob es sich bei diesen um genuin staatliche handelt.28 2.2. Beurteilung des EEG 2012 Die eigentliche Beurteilung des EEG 2012 erfolgt sodann – dem Rechtsmittelcharakter entsprechend – unter Bezugnahme auf die Urteilsgründe der EuG-Entscheidung. Das EuG hatte die Bejahung des Merkmals der (mittelbaren) Gewährung staatlicher Mittel im Wesentlichen auf drei Gesichtspunkte gestützt.29 Nicht zweifelsfrei entnehmen lässt sich dem EuG-Urteil, ob erst die Kumulation dieser Gesichtspunkte hierfür entscheidend war oder ob bereits jeder Gesichtspunkt für sich zur Bejahung dieses Kriteriums genügt hätte. Vom Gerichtshof werden diese Gesichtspunkte jeweils gesondert geprüft und im Ergebnis allesamt verworfen (2.2.1. bis 2.2.3.). Der EEG-2012-Mechanismus wird in der folgenden Darstellung nur insoweit wiedergegeben als dies für das Verständnis der EuGH-Ausführungen erforderlich ist. Hinsichtlich seiner Einzelheiten wird auf seine Darstellung im EuGH-30 bzw. EuG-Urteil31 verwiesen. 2.2.1. EEG-Umlage keine staatliche Abgabe bzw. mit einer solchen nicht vergleichbar Vor allem unter Verweis auf das Urteil in der Rechtssache Essent Netwerk32 hatte das EuG festgestellt , dass die „mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Beträge […] als Gelder unter Einsatz staatlicher Mittel zu qualifizieren [sind], die einer Abgabe gleichgestellt werden können […].“33 Bei der der Rechtssache Essent Netwerk zugrunde liegenden Konstellation handelte es sich um einen Tarifaufschlag auf die von Endverbrauchern jeweils bezogenen Strommengen. Der Aufschlag war an den jeweiligen Netzbetreiber abzuführen; eine entsprechende Verpflichtung war gesetzlich verankert.34 Der EuGH sah es insoweit als unerheblich an, dass diese Verpflichtung 28 So etwa die Einschätzung in einem Info-Paper einer u. a. auf öffentliches Energierecht spezialisierten Anwaltskanzlei , S. 4. 29 Siehe EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission), Rn. 92-126, 127; EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 62. Die in diesem Zusammenhang ebenfalls getroffene Feststellung des EuG, wonach „die aus dem EEG 2012 resultierenden Mechanismen hauptsächlich das Ergebnis der Umsetzung einer vom Staat durch das EEG 2012 festgelegten Politik zur Unterstützung der Erzeuger von EEG- Strom sind […]“, EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission), Rn. 127, betrifft aus Sicht des EuGH lediglich die Frage der Zurechenbarkeit zum Staat, vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland /Kommission), Rn. 63. 30 Siehe EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 3. 31 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission), Rn. 3 ff. 32 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Rs. C-206/06 (Essent Netwerk). 33 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission), Rn. 97; siehe auch EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 67. 34 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Rs. C-206/06 (Essent Netwerk), Rn. 19, 45. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 9 „der Erfüllung eines zuvor zwischen verschiedenen Wirtschaftsteilnehmern geschlossenen Vertrags dient, da die Elektrizitätsverbraucher nach dem Gesetz zur Zahlung des Tarifaufschlags verpflichtet sind. Es handelt sich um eine einseitig auferlegte Belastung.“35 Diese Feststellung traf der EuGH allerdings außerhalb des beihilferechtlichen Kontextes der Entscheidung im Zusammenhang mit der Frage, ob der Tarifaufschlag, der nicht nur auf heimischen sondern auch auf eingeführten Strom erhoben wurde, als Abgabe im Sinne der Art. 30 und Art. 110 AEUV36 anzusehen ist, was im Ergebnis bejaht wurde.37 In der erst im Anschluss erfolgenden Beihilfeprüfung zum Merkmal der Staatlichkeit der Mittel nahm der Gerichtshof sodann darauf Bezug und stellte fest: „In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass diese Beträge auf dem den Elektrizitätskunden […] vom Staat auferlegten Tarifaufschlag beruhen, in Bezug auf den […] festgestellt worden ist, dass es sich um eine Abgabe handelt. Diese Beträge gehen somit auf staatliche Mittel zurück.“38 In seinem EEG-2012-Urteil verweist der EuGH auf diese Umstände der Rechtssache Essent Netwerk und sieht darin einen Unterschied zum EEG 2012, so dass sich aus seiner Sicht „keine Entsprechung zwischen dem genannten Tarifaufschlag und der EEG-Umlage ableiten [lässt].“39 Dabei betont er zunächst, dass es sich bei der EEG-Umlage um einen Differenzbetrag zwischen dem Strompreis und den Förderkosten handelt.40 Diesen, so der Gerichtshof dann, „dürfen die ÜNB von den Versorgern verlangen, die die Letztverbraucher beliefern. Das EEG 2012 verpflichtet die Versorger jedoch nicht dazu, die aufgrund der EEG-Umlage gezahlten Beträge auf die Letztverbraucher abzuwälzen. Die vom Gericht […] getroffene Feststellung, dass die sich aus der EEG- Umlageergebende finanzielle Belastung ‚in der Praxis‘ auf die Letztverbraucher abgewälzt worden sei und folglich ‚hinsichtlich ihrer Wirkungen einer Abgabe auf den Stromverbrauch … gleichgestellt‘ werden könne, ist keine ausreichende Grundlage für die Schlussfolgerung, dass die 35 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Rs. C-206/06 (Essent Netwerk), Rn. 45 (Hervorhebung durch Verfasser). 36 Art. 30 AEUV lautet: „Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieses Verbot gilt auch für Finanzzölle.“ Art. 110 AEUV lautet: „Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben. Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine inländischen Abgaben, die geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen.“ 37 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Rs. C-206/06 (Essent Netwerk), Rn. 46 f. Zur Abgrenzung der beiden Verbotsnormen und der Subsumtion im vorliegenden Fall siehe Rn. 48 ff., 53, 57. 38 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Rs. C-206/06 (Essent Netwerk), Rn. 66 (Hervorhebung durch Verfasser) 39 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 69. 40 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 70. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 10 EEG-Umlage die gleichen Merkmale aufwies wie der vom Gerichtshof im Urteil […] Essent Netwerk […], geprüfte Aufschlag auf den Stromtarif.“41 Nach diesen Formulierungen bedarf es somit einer gesetzlich verankerten oder zumindest staatlich begründeten Verpflichtung für die von Privaten aufzubringenden Beträge, damit diese im Ergebnis als staatliche Mittel angesehen werden können. Eine tatsächliche bzw. allein privatrechtlich vereinbarte Heranziehung der Endverbraucher, wie die, die dem EEG 2012 zugrunde lag, genügt folglich nicht.42 Ob die gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung an sich ausreichend ist, um die daraus erwirtschafteten Mittel wegen des Abgabencharakters als solche staatlichen Ursprungs qualifizieren zu können , lässt sich weder dem EEG-2012-Urteil noch der Entscheidung in Essent Netwerk eindeutig entnehmen. Im erstgenannten Urteil wird neben der gesetzlichen Verpflichtung zusätzlich noch der Charakter der EEG-Umlage als Differenzbetrag erwähnt, ohne dass klar wird, welche Bedeutung dieser Umstand hat. Und in der zweitgenannten Entscheidung erschöpft sich die Prüfung des Merkmals der Staatlichkeit der Mittel nicht in der Abgabeneigenschaft des Tarifaufschlags. In seinen weiteren Ausführungen gelangt der EuGH unter Bezugnahme auf andere Urteile nämlich zu der Feststellung, dass die mit dem Tarifaufschlag erwirtschafteten Gelder „unter öffentlicher Kontrolle und somit den nationalen Behörden zur Verfügung [stehen], was genügt, damit [sie] als staatliche Mittel qualifiziert werden [können].“43 In welchem Verhältnis diese Feststellung zum Abgabencharakter steht und ob die Staatlichkeit der Mittel erst aus der Kumulation beider Umstände abgeleitet wird oder ob beides für sich gesondert hierfür gereicht hätte, lässt sich dem Essent Netwerk-Urteil nicht zweifelsfrei entnehmen. In seinem Urteil zum EEG 2012 geht der EuGH offensichtlich von letzterem aus, da er die Frage nach der Verfügungsgewalt über die EEG-Mittel – wie sogleich dargestellt wird – zwar aufwirft, aber losgelöst von der Prüfung des Abgabencharakters der EEG-Umlage im Zusammenhang mit einer anderen Feststellung des EuG. Daraus lässt sich jedoch nur schließen, dass es auf eine solche staatliche Verfügungsgewalt nicht ankommt, um eine Abgabenqualität zu begründen. Ob für die Bejahung des Abgabencharakters und damit des Merkmals der Staatlichkeit der Mittel allerdings neben einer gesetzlichen Zahlungspflicht noch andere zusätzliche Umstände vorliegen müssen, kann daraus nicht eindeutig geschlossen werden. So stellt sich insbesondere die Frage, ob etwa der in den allgemeinen Ausführungen des Urteils erwähnte Zusammenhang von unternehmerischer Vergünstigung und der Belastung des staatlichen Haushalts gegeben sein muss.44 41 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 70 u. 71 (Hervorhebung durch Verfasser ). 42 Vgl. insoweit zum EEG-2012-Mechanismus, EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission ), Rn. 3 und dort die zitierte Rn. 9. 43 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Rs. C-206/06 (Essent Netwerk), Rn. 70. 44 Vgl. oben unter 2.1., S. 6 ff. aE. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 11 Für das Urteil zum EEG 2012 spielte diese Frage keine Rolle, da dem EuGH zur Verwerfung der EuG-Entscheidung insoweit genügte, dass es im Vergleich der betreffenden Sachverhalte bereits an einer gesetzlichen Pflicht zur Erhebung bzw. Entrichtung der EEG-Umlage fehlte. Erwähnenswert ist zudem, dass der EuGH im EEG-2012-Urteil die Rechtssache Essent Netwerk in seinen Ausführungen zum rechtlichen Rahmen zwar zitiert, aber nicht im Zusammenhang mit dem hier relevanten Aspekt des Abgabencharakters und der darauf aufbauenden Schlussfolgerung , wonach daraus erwirtschaftete Mittel staatliche seien.45 Diese Konstellation findet sich in den vom EuGH angeführten Konkretisierungen bzw. Vorgaben seiner Rechtsprechung zum Merkmal der Gewährung aus staatlichen Mitteln überhaupt nicht.46 2.2.2. Keine staatliche Verfügungsgewalt über Gelder aus EEG-Umlage Das EuG hatte die Bejahung des Merkmals staatlicher Mittel ferner darauf gestützt, dass „die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten und von den Übertragungsnetzbetreibern gemeinsam verwalteten Gelder unter dem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand [blieben].“47 Der Gerichthof prüft diese Feststellung am Maßstab seiner Rechtsprechung, wonach auch solche Gelder staatliche Mittel seien, die ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den öffentlichen Stellen zur Verfügung stünden.48 In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass es im Fall der Bejahung dieser Umstände nicht darauf ankommen würde, ob die EEG-Umlage als Abgabe eingestuft werden könne.49 Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass die Qualifizierung als Abgabe sowie das Innehaben der Verfügungsgewalt jeweils eigenständige (hinreichende) Fallgruppen zur Begründung des Merkmals staatlicher Mittel darstellen. In der Sache verneint der EuGH eine staatliche Verfügungsgewalt über die Gelder aus der EEG- Umlage. Um die hierfür angeführten Umstände besser einordnen zu können, ist zunächst die Entscheidung kurz darzustellen, auf die der EuGH diese Rechtsprechungskonkretisierung in seinem EEG 2012-Urteil zurückführt: das Urteil Stardust Marine.50 Darin ging es um Darlehen, Bürgschaften und eine Neufinanzierung, die zwei Gesellschaften dem Unternehmen Stardust Marine, dessen Anteile sie hielten, gewährten.51 Beide gewährenden Gesellschaften gehörten einer französischen Bank, die wiederrum unter staatlicher Kontrolle stand, so dass nicht nur die Bank sondern 45 Siehe EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 59, im Zusammenhang mit dem Akt der Betrauung bezüglich der Verwaltung von (staatlichen) Mitteln. 46 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 52 bis 60. 47 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission), Rn. 127, 94. 48 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 72 iVm. Rn. 57. 49 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 72 aE. 50 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission „Stardust Marine“). 51 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission „Stardust Marine“), Rn. 32. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 12 auch die beiden Gesellschaften als öffentliche Unternehmen im Sinne der sog. Transparenzrichtlinie 52 angesehen wurden.53 Mit Blick auf die staatliche Kontrolle der Bank und darüber auch der Gesellschaften warf der EuGH die Frage auf, ob die der Stardust Marine gewährten finanziellen Mittel als staatliche anzusehen sind.54 Dabei erinnerte er zunächst an vorangegangene Entscheidungen , wonach erstens nicht in jedem Fall eine Übertragung staatlicher Mittel festgestellt werden muss und wonach zweitens Art. 107 Abs. 1 AEUV alle Geldmittel erfasst, auf die die Behörden tatsächlich zur Unterstützung von Unternehmen zurückgreifen können, ohne dass es dafür eine Rolle spielt, ob diese Mittel auf Dauer zum Vermögen des Staates gehören.55 Unter Berücksichtigung dieser Aspekte bejahte der Gerichtshof in Stardust Marine die Staatlichkeit der Mittel, „[denn] der Staat ist durchaus in der Lage, durch die Ausübung seines beherrschenden Einflusses auf diese Unternehmen die Verwendung ihrer Mittel zu steuern, um gegebenenfalls besondere Vorteile zugunsten anderer Unternehmen zu finanzieren.“56 In seinem Urteil zum EEG 2012 gelangt der EuGH hingegen zu dem Ergebnis, dass „das Gericht […] weder dargetan [hat], dass der Staat eine Verfügungsgewalt über die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder hatte, noch auch nur, dass er eine staatliche Kontrolle über die mit der Verwaltung dieser Gelder betrauten ÜNB ausübte.“57 Dass eine Verfügungsgewalt nicht bestehe, zeige sich insbesondere an dem Umstand, dass die aus der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder ausschließlich zur Finanzierung der Förder- und Ausgleichregelung zu verwenden seien, so dass „der Staat eben nicht über diese Gelder verfügen konnte, d. h. keine andere als die im EEG 2012 vorgesehene Verwendung beschließen konnte.“58 Was die staatliche Kontrolle der ÜNB angeht, so stellt der EuGH fest, dass die gesetzlichen Vorgaben lediglich den Schluss zulassen, „dass die mit der Verwaltung des Systems zur Förderung der Erzeugung von EEG-Strom betrauten ÜNB dabei in mehrfacher Hinsicht kontrolliert wurden […]“59 und dass damit insgesamt „die öffentlichen Stellen den ordnungsgemäßen Vollzug des EEG 2012 kontrollieren.“60 Hieraus könne aber gerade 52 Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Tranparenz innerhalb bestimmter Unternehmen, ABl.EU Nr. L 318/17. In dem Urteil wird auf die Vorgängerrichtlinie Bezug genommen. 53 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission „Stardust Marine“), Rn. 33, 34. 54 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission „Stardust Marine“), Rn. 35. 55 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission „Stardust Marine“), Rn. 36, 37. 56 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission „Stardust Marine“), Rn. 38. 57 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 73. 58 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 76. 59 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 78, 79. 60 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 80. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 13 nicht geschlussfolgert werden, „dass die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder selbst unter staatlicher Kontrolle stehen.“61 Betrachtet man beide Urteile zusammen, dann scheint nach dem EEG-2012-Urteil für eine staatliche Verfügungsgewalt im Sinne dieser Rechtsprechung erforderlich, dass die Verwendung der Mittel, über die die vom Staat kontrollierten Einrichtungen verfügen, gesetzlich nicht vorherbestimmt ist. Der Vollständigkeit halber sei ergänzt, dass der Gerichtshof in Stardust Marine zwar die Staatlichkeit der Mittel bejaht hatte, aber hinsichtlich deren Auskehrung an dieses Unternehmen eine staatliche Zurechnung verneinte. Denn es konnte nach Ansicht des EuGH nicht dargetan werden, dass gerade die Gewährung der Darlehen, Bürgschaften und der Neufinanzierung an Stardust Marine auf der staatlichen Kontrolle beruhte bzw. der Staat seine Kontrolle im konkreten Fall zu diesem Zweck ausgeübt hatte.62 2.2.3. Kein Zusammenhang zwischen Vergünstigung und staatlichem Haushalt und keine staatliche Kontrolle über Übertragungsnetzbetreiber Als dritten Gesichtspunkt hatte das EuG mit Blick auf das EEG 2012 festgestellt, dass „die Befugnisse und Aufgaben der ÜNB den Schluss zulassen, dass sie nicht für eigene Rechnung und frei handeln, sondern als Verwalter einer aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfe, die einer eine staatliche Konzession in Anspruch nehmenden Einrichtung gleichgestellt sind.“63 Diese Feststellung prüft der EuGH am Maßstab seiner Rechtsprechung, wonach auch Mittel aus durch Zwangsbeiträge gespeisten und durch nichtstaatliche Einrichtungen verwalteten Fonds als staatliche angesehen werden können.64 Unter Bezugnahme auf das Urteil in der Rechtssache Association Vent De Colère! u. a. und ohne konkret auf das EEG 2012 und seine Ausgestaltung an dieser Stelle einzugehen, führt er insoweit aus, dass die Bejahung der staatlichen Mittel in dem genannten Urteil auf „zwei wesentliche Gesichtspunkt[e] [beruhte], die in der vorliegenden Rechtssache fehlen.“65 Der erste Gesichtspunkt betrifft den Zusammenhang von Vergünstigung und Staatshaushalt.66 In der Rechtssache Association Vent De Colère! u. a. ging es um eine Abnahmepflicht von Strom aus Windenergie, wobei die daraus resultierenden Mehrkosten von allen Stromverbrauchern erhoben und einer juristischen Personen des öffentlichen Rechts anvertraut wurden, die bei der 61 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 80. 62 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission „Stardust Marine“), Rn. 50 ff. 63 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission), Rn. 127, vgl. ferner EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 81. 64 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 81 u. 82 in Verbindung mit Rn. 58. 65 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 83. 66 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 84. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 14 Verwaltung und Verteilung dieser Mittel als zwischengeschaltete Stelle tätig wurde.67 Daneben bestand eine vollständige Deckungspflicht des französischen Staates im Hinblick auf die Abnahmepflicht , falls das Aufkommen aus der Verbraucherabgabe hinter den Mehrkosten der abnehmenden Stromunternehmen zurückbliebe.68 Diese potentielle Möglichkeit der Verringerung eines Postens des Staatshaushalts sah der EuGH in seinem EEG-2012-Urteil rückblickend als für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Vergünstigung und Staatshaushalt ausreichend und im Hinblick auf das EEG 2012 als nicht gegeben an.69 Der zweite Gesichtspunkt betraf die Rolle der Einrichtung, der die von den Stromverbrauchern erhobenen Beiträge in der genannten Entscheidung anvertraut wurde. In diesem Zusammenhang verwies der EuGH in seinem EEG-2012-Urteil darauf, dass es sich um eine „vom französischen Staat mit der Erbringung von Verwaltungs-, Rechnungsführungs- und Buchführungsleistungen für Rechnung der Commission de régulation de l’énergie, einer unabhängigen Verwaltungsbehörde , der es obliegt, das reibungslose Funktionieren des Strom- und Gasmarkts in Frankreich zu überwachen, betraut[e] juristischen Person des öffentlichen Rechts [handelt], so dass diese Beträge unter staatlicher Kontrolle blieben.“70 Abschließend stellte der EuGH fest, dass „[d]emzufolge auch die vom Gericht […] angeführten weiteren Gesichtspunkte nicht den Schluss [zuließen], dass die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder staatliche Mittel darstellten.“71 Von Interesse ist vorliegend insbesondere, dass der erste Gesichtspunkt in dem Urteil Association Vent De Colère! u. a. nur einer von mehreren Umständen war. Zudem wurde in diesem Zusammenhang nicht auf die Notwendigkeit eines Zusammenhangs von Vergünstigung und Staatshaushalt hingewiesen oder entsprechende Urteile hierzu zitiert.72 Ausgangspunkt der Prüfung seitens des Gerichtshofs war in dieser Entscheidung zudem die Rechtsprechungskonkretisierung, wonach für die Qualifikation von Mitteln als staatliche genügt, „dass sie ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen […].“73 Dies bejahte der EuGH hier im Ergebnis,74 obwohl auch hier – wie im Fall des EEG 2012, aber anders als in Stardust Marine – die Verwendung der Mittel gesetzlich vorherbestimmt war und der Staat über sie nicht frei verfügen konnte. 67 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Rs. C-262/12 (Association Vent De Colère! u. a.), Rn. 11, 22, 28 f. 68 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Rs. C-262/12 (Association Vent De Colère! u. a.), Rn. 26. 69 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 84. 70 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 85. 71 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 86. 72 Vgl. EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Rs. C-262/12 (Association Vent De Colère! u. a.), Rn. 26 sowie 37. 73 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Rs. C-262/12 (Association Vent De Colère! u. a.), Rn. 21. 74 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Rs. C-262/12 (Association Vent De Colère! u. a.), Rn. 33, 37. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 15 2.2.4. Fazit Bei der Beurteilung des EEG 2012 bzw. des dazu ergangenen EuG-Urteils stützt sich der EuGH auf drei verschiedene Rechtsprechungskonkretisierungen zum Merkmal der Gewährung aus staatlichen Mittel. Aus seiner Sicht entspricht das EEG 2012 keiner der herangezogenen Konstellationen , wobei der Gerichtshof mit Blick auf die einzelnen Bezugsurteile jeweils nur Umstände herausarbeitet, die im Fall des EEG 2012 und seiner Ausgestaltung fehlten. Das Urteil beruht somit – ungeachtet der abstrakten Formulierung der Rechtsprechungskonkretisierungen – auf einem negativen Vergleich mit gerichtlich entschiedenen Einzelfällen, wobei die eine Vergleichbarkeit ausschließenden Umstände im EEG-2012-Urteil vom EuGH zum Teil erst aus der rückschauenden Perspektive herausgearbeitet werden. Vor dem Hintergrund dieses Urteilsansatzes gilt für Fragen der Übertragung der Entscheidung zum EEG 2012 auf andere Konstellationen folgendes: Je mehr die zu betrachtende Konstellation der EEG 2012-Ausgestaltung entspricht, desto näher liegt die Annahme, dass es auch dort an einer Gewährung aus staatlichen Mitteln fehlen und eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV zu verneinen sein wird; je größer hingegen die Unterschiede zur EEG-2012-Ausgestaltung, desto weniger lassen sich aus dem EuGH-Urteil eindeutige Schlussfolgerungen für die Qualifizierung der betreffenden Mittel als staatliche oder nicht staatliche ableiten.75 Unter Berücksichtigung dieser Maßgabe gilt es nachfolgend für die im Rahmen dieser Ausarbeitung angefragten Konstellationen zu untersuchen, wobei die drei dem EEG-2012-Urteil zugrunde liegenden Rechtsprechungskonstellationen samt der vom EuGH als relevant angesehenen Umstände als Prüfungspunkte herangezogen werden. 3. Zur Beihilferelevanz des EEG 2014 und EEG 2017 Im Hinblick auf die Beihilferelevanz des EEG 2014 und des geltenden EEG 2017 ist zunächst zwischen formalen Gesichtspunkten (3.1.) und der materiellen Beurteilung (3.2.) zu unterscheiden. 3.1. Formale Gesichtspunkte Im Hinblick auf das EEG 2014 und das EEG 2017 ist zunächst in formaler Hinsicht festzuhalten, dass Deutschland beide Gesetze nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV gegenüber der Kommission notifiziert hat.76 Dies erfolgte allerdings aus Gründen der Rechtssicherheit, denn in beiden Fällen 75 Vgl. auch Stöbener de Mora, Anmerkung zu EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), NvWZ 2019, S. 633, wonach stets auf die konkrete Ausgestaltung im Einzelfall zu achten ist. Siehe ferner Stiftung Umweltenergierecht, Das EEG 2012 ist keine Beihilfe – was genau bedeutet das EuGH-Urteil? Fragen und Antworten – Hintergrundpapier, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 41 vom 4.4.2019, S. 7 f.; Scholtka, Anmerkungen zu EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), EuZW 2019, S. 426. 76 Daneben wurden auch einzelne Änderungen sowohl des EEG 2014 als auch des EEG 2017 der Kommission notifiziert und von dieser positiv beschieden, siehe hierzu die jeweiligen Beschlüsse der Kommission, abrufbar in der Entscheidungsdatenbank der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission unter Angabe Deutschlands als Mitgliedstaat und des Umweltschutzes als Ziel der Maßnahme im Zeitraum ab dem 1.1.2013. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 16 wurde die Ansicht vertreten, dass es sich nicht um Beihilfen handele.77 In beiden daraufhin eingeleiteten Beihilfeverfahren entschied die Kommission, gegen das jeweilige Vorhaben keine Einwände zu erheben.78 Ein solcher verfahrensabschließender Beschluss ergeht, wenn das Vorhaben an sich zwar als Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV qualifiziert, aber im Lichte des Art. 107 – hier jeweils Abs. 3 Buchst. c – AEUV als gerechtfertigt und daher als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen wird.79 Rechtsmittel zu den EU-Gerichten hat Deutschland gegen diese beiden Beschlüsse nicht eingelegt , so dass sie nach Ablauf der zweimonatigen Klagefrist des Art. 263 Abs. 6 AEUV jeweils bestandskräftig geworden sind. Mit Blick auf den Umstand, dass das aktuelle Urteil des EuGH allein das EEG 2012 bzw. den dazu ergangenen Kommissionsbeschluss sowie das betreffende EuG-Urteil zum Gegenstand hat, hat es keine rechtlichen Auswirkungen auf das EEG 2014 und das EEG 2017 sowie die dazu ergangenen Kommissionsbeschlüsse.80 Da diese zudem bestandskräftig sind, stellt sich allein die Frage, ob auch dem EEG 2014 und dem EEG 2017 im Lichte des EuGH-Urteils die tatbestandliche Beihilferelevanz fehlt, weil die auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen erhobenen Gelder aus der EEG-Umlage ebenfalls keine staatlichen Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen. Praktische Relevanz hätte ein solches Ergebnis freilich nur für zukünftige Änderungen des EEG 2017. Soweit nicht aufgrund dieser Änderungen eine Qualifizierung als Beihilfe erfolgen müsste, wären diese zumindest nicht am Maßstab des EU-Beihilferechts zu messen und der deutsche Gesetzgeber jedenfalls insoweit frei in der Ausgestaltung, als das Unionsrecht nicht anderweitige, aus anderen Rechtsbereichen oder Bestimmungen folgende Vorgaben für diesen Bereich vorsieht. Zu erwähnen ist hier insbesondere die im Jahr 2018 erlassene und im Wesentlichen zum 30. Juni 2021 umzusetzende Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen81.82 77 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 5 des Beschlusses der Kommission vom 23.07.2014 über die Beihilferegelung SA.38632 (2014/N) [Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2014); ABl.EU 2015 Nr. C 325/4; sowie Erwägungsgrund Nr. 3 des Beschlusses der Kommission vom 20.12.2016 über die Beihilferegelung SA.45461 (216/N) [EEG 2017], ABl.EU 2017 Nr. C 68/11. 78 Siehe die Nachweise zu den Kommissionsbeschlüssen in Fn. 77. 79 Vgl. Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV, ABl.EU 2015 Nr. L 248/9. 80 Vgl. hierzu auch Stiftung Umweltenergierecht, Das EEG 2012 ist keine Beihilfe – was genau bedeutet das EuGH- Urteil? Fragen und Antworten – Hintergrundpapier, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 41 vom 4.4.2019, S. 5 f. 81 ABl.EU 2018 Nr. L 328/82. Zur Umsetzungsverpflichtung siehe Art. 36 der Richtlinie. 82 Siehe hierzu Stiftung Umweltenergierecht, Das EEG 2012 ist keine Beihilfe – was genau bedeutet das EuGH-Urteil ? Fragen und Antworten – Hintergrundpapier, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 41 vom 4.4.2019, S. 7 f.; Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 17 3.2. Materielle Beurteilung Sowohl das EEG 2014 als auch das EEG 2017 weisen im Vergleich mit dem EEG 2012 zahlreiche und systematisch bedeutsame Änderungen und Modifikationen auf.83 Allerdings betreffen diese – wie sogleich zu zeigen sein wird – kaum Aspekte, die nach dem EuGH-Urteil für die Qualifizierung als Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV bzw. das Merkmal der Staatlichkeit der Mittel von Bedeutung sind. 3.2.1. Abgabencharakter der EEG-Umlage Mit Blick auf das EuGH-Urteil zum EEG 2012 stellt sich zunächst die Frage, ob die EEG-Umlage nach dem EEG 2014 oder dem EEG 2017 als (staatliche) Abgabe angesehen werden kann. Zwar lässt sich der Entscheidung des EuGH nicht eindeutig entnehmen, ob eine solche Qualifizierung genügen würde, um das Merkmal der Staatlichkeit der Mittel zu erfüllen.84 Ist dies indes zu verneinen , dann steht fest, dass sich auch hier über diese Rechtsprechungskonkretisierung eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht begründen ließe. Der vom EuGH in diesem Zusammenhang geltend gemachte Aspekt in Bezug auf das EEG 2012 betraf die fehlende gesetzliche Verpflichtung, die EEG-Umlage auf die Letztverbraucher abzuwälzen .85 Die Pflicht zur Überwälzung der Kosten im Verhältnis von Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Letztverbrauchern war im EEG 2012, wenngleich mitgedacht und vorausgesetzt, gesetzlich nicht geregelt, sondern erfolgte rein privatrechtlich.86 Das EEG 2012 beinhaltete lediglich Regelungen zu den ersten vier Stufen des EEG-Ausgleichssystems (vgl. §§ 34 bis 39 EEG 2012), wobei die vierte Stufe das Verhältnis von Übertragungsnetzbetreibern und Elektrizitätsversorgungsunternehmen betraf (§ 37 Abs. 2 EEG 2012). Weder das EEG 2014 noch das EEG 2017 haben hieran etwas im Grundsatz geändert, da eine generelle Abwälzung der EEG-Kosten auf Endkunden als fünfte Stufe des Ausgleichsmechanismus weiterhin gesetzlich nicht normiert ist (vgl. § 56 ff. EEG 2014 bzw. §§ 56 ff. EEG 2017 und insbesondere § 60 Abs. 1 EEG 2014 bzw. § 60 Abs. 1 EEG 2017).87 Jedoch enthalten beide Gesetze Vorschriften , die für bestimmte Konstellationen auch das Verhältnis zum Letztverbraucher adressieren . Betroffen ist zum einen die sog. Eigenversorgung (§ 61 EEG 2014 bzw. §§ 61 ff. EEG 2017) 83 Vgl. dazu allgemein etwa Müller/Kahl/Sailer, Das neue EEG 2014, ER 2014, S. 139 ff.; Wustlich, Das Erneuerbare -Energien-Gesetz 2014 – Grundlegend neu – aber auch grundlegend anders?, NVwZ 2014, S. 1113 ff.; Boemke, Die Regelungen des EEG 2017 im Überblick, NVwZ 2017, S. 1 ff. 84 Siehe oben unter 2.2.1., S. 8 ff. 85 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 69 ff. Siehe oben unter 2.2.1., S. 8 ff. 86 Vgl. EuG, Urt. v. 10.5.2016, Rs. T-47/15 (Deutschland/Kommission), Rn. 9. 87 Cosack, in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Hennig/Schomerus, EEG-Kommentar, 5. Aufl. 2018, vor §§ 56-62 EEG, Rn. 17 bis 21; Boehme, in: Greb/Boewe, BeckOK EEG, 8. Edition, § 56 EEG 2017 (Stand: 1.3.2019), Rn. 9; Stöbener de Mora, Anmerkung zu EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), NvWZ 2019, S. 634. Siehe zu den Hintergründen Salje, Erneuerbare-Energien-Gesetz 2017, 8. Aufl. 2018, Einführung, Ob Rn. 105 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 18 und zum anderen § 60a EEG 2017. In beiden Fällen werden Übertragungs- bzw. Netzbetreiber allerdings „berechtigt und verpflichtet“ die EEG-Umlage „zu verlangen“. Im Hinblick auf die Eigenversorgung und die sonstigen dort geregelten Fälle (etwa Bezug von Strom aus dem Ausland) wird hierdurch in Abkehr vom bisherigen Recht allerdings nur gesetzlich normiert, dass diese besondere Kategorie von Letztverbrauchern ebenfalls EEG-umlagepflichtig ist, der Eigenverbrauch etc. keine Privilegierung mehr begründet im Hinblick auf die aus der Energiewende zu tragenden Kosten.88 Im Übrigen sah § 61 EEG 2014 bzw. sehen § 61 bis § 61l EEG 2017 zahlreiche Ausnahmen von bzw. Verringerungen der Zahlungsverpflichtung für Eigenversorger vor. § 60a EEG 2017 stellt eine Sonderregelung im Verhältnis von Übertragungsnetzbetreiber und stromkostenintensiven Unternehmen dar, die einer besonderen Ausgleichsreglung, also einer Begrenzung der EEG-Umlage, unterliegen.89 Diese Neuregelung soll der Verwaltungsvereinfachung dienen, indem sie eine direkte Abrechnung zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Unternehmen ermöglicht, deren EEG-Umlage begrenzt ist.90 Mit Blick auf diese Regelungshintergründe sowie den Umstand, dass die in diesen Vorschriften geregelte „Umlagepflicht“ nur einen quantitativ geringen Ausschnitt der Letztverbraucher erfasst, die die EEG-Umlagelast zu tragen haben, dürfte auch weiterhin davon auszugehen sein, dass es an einer gesetzlichen Verpflichtung zur Erhebung der EEG-Umlage und damit an einer Abgabe im Sinne der EuGH-Rechtsprechung fehlt.91 Die beiden beschriebenen Fälle werden im Schrifttum entsprechend auch der vierten Stufe des Ausgleichsmechanismus zugeordnet und nicht der das Verhältnis zum Endkunden betreffenden fünften Stufe.92 Und selbst wenn man eine Abgabe allein im Verhältnis zu den Eigenversorgern bzw. den in der EEG-Umlage begrenzten stromkostenintensiven Unternehmen annehmen würde, sie beträfe dann nur diejenigen, die aufgrund der Begrenzung bzw. Verringerung zugleich Begünstigte aus der EEG-Umlage sind. Vor diesem Hintergrund wird man auch in Bezug auf das EEG 2014 und das EEG 2017 insgesamt feststellen können , dass der danach zu erhebenden EEG-Umlage keine Abgabenqualität im Sinne des EuGH-Urteils zum EEG 2012 zukommt. 88 Salje, Erneuerbare-Energien-Gesetz 2017, 7. Aufl. 2015, § 61 EEG, Rn. 1 f. 89 Siehe hierzu auch unten unter 4., S. 20 f. 90 Vgl. Boehme, in: Greb/Boewe, BeckOK EEG, 8. Edition, § 60a EEG 2017 (Stand: 1.3.2019), Rn. 4 f. 91 Zurückhaltend hingegen Stiftung Umweltenergierecht, Das EEG 2012 ist keine Beihilfe – was genau bedeutet das EuGH-Urteil? Fragen und Antworten – Hintergrundpapier, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 41 vom 4.4.2019, S. 6, allerdings ohne auf den eingeschränkten Anwendungsbereich der Regelungen in § 60 a, §§ 61 ff. EEG 2017 hinzuweisen. 92 Siehe etwa Cosack, in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Hennig/Schomerus, EEG-Kommentar, 5. Aufl. 2018, vor §§ 56-62 EEG, Rn. 21. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 19 3.2.2. Zur staatlichen Verfügungsgewalt über Gelder aus EEG-Umlage An einer staatlichen Kontrolle und daraus folgend an einer staatlichen Verfügungsgewalt in Bezug auf die aus der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder dürfte es nach dem EEG 2014 sowie dem EEG 2017 ebenfalls fehlen.93 In seinem EEG-2012-Urteil hatte der EuGH insoweit auf den Grundsatz der ausschließlichen Verwendung dieser Gelder für die Finanzierung der Förder- und Ausgleichsregelung verwiesen und hieraus geschlossen, dass der Staat über diese Mittel eben nicht frei verfügen konnte.94 An der Zweckbestimmung der Gelder aus der EEG-Umlage und ihrer ausschließlichen Verwendung im Rahmen des EEG-Ausgleichsmechanismus haben weder das EEG 2014 noch das EEG 2017 etwas geändert.95 Im Wesentlichen unverändert geblieben ist auch die Rolle der vier Übertragungsnetzbetreiber, von denen drei private Unternehmen sind und eines ein öffentliches,96 und ihre Überwachung durch die Bundesnetzagentur (vgl. § 61 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2012 sowie § 85 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2014 bzw. § 85 Abs. 1 Nr. 3 EEG 2017). Vor diesem Hintergrund dürfte die Aussage des EuGH aus dem EEG-2012-Urteil, wonach die Übertragungsnetzbetreiber ungeachtet einer staatlichen Kontrolle im Hinblick auf die Anwendung der EEG-Bestimmungen selbst weder „ständig unter staatlicher Kontrolle standen, noch auch nur, dass sie überhaupt unter staatlicher Kontrolle standen“,97 weiterhin Geltung beanspruchen. 3.2.3. Zum Zusammenhang zwischen Vergünstigung und staatlichem Haushalt Schließlich fehlt es auch auf Grundlage des EEG 2014 bzw. des EEG 2017 weiterhin an einem Zusammenhang zwischen den aus der EEG-Umlage zu finanzierenden Vergünstigungen einerseits sowie dem staatlichen Haushalt andererseits. Diese Voraussetzung hatte der EuGH sowohl in seinen allgemeinen Ausführungen zum Merkmal der Staatlichkeit der Beihilfe betont als auch bei der Beurteilung des EEG 2012 bzw. des EuG-Urteils hierzu.98 Eine ausdrückliche staatliche Deckungspflicht oder eine andere Verbindung mit dem Staatshaushalt sieht weder das EEG 2014 noch das EEG 2017 vor. Dass ein solcher Zusammenhang vom Ansatz her auch nicht bestehen soll, wird etwa an § 62 EEG 2014 bzw. § 62 EEG 2017 erkennbar, der 93 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 72 ff. Siehe oben unter 2.2.2., S. 11 ff. 94 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 76. Siehe oben unter 2.2.2., S. 11 f. 95 Vgl. etwa Boehme, in: Greb/Boewe, BeckOK EEG, 8. Edition, § 56 EEG 2017 (Stand: 1.3.2019), Rn. 2; Cosack, in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Hennig/Schomerus, EEG-Kommentar, 5. Aufl. 2018, vor §§ 56-62 EEG, Rn. 6, 8. 96 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 3 und dort die zitierte Rn. 6. Vgl. auch Boehme, in: Greb/Boewe, BeckOK EEG, 8. Edition, § 3 Nr. 44 EEG 2017 (Stand: 1.3.2019), Rn. 3. 97 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 77 sowie Rn. 78 ff. 98 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 60, 84; siehe ferner oben unter 2.1., S. 6 f., und 2.2.3., S. 13 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 20 eine Regelung zu nachträglichen Korrekturen am Ausgleichsmechanismus enthält. Danach sind Änderungen der abzurechnenden Strommenge oder der Zahlungsansprüche, die sich v. a. aus Streitigkeiten der am bundesweiten Ausgleichsmechanismus beteiligten Parteien im Hinblick auf diese beiden Aspekte ergeben können, jeweils bei der nächsten Abrechnung zu berücksichtigen. Der Ausgleichsmechanismus stellt somit auch nach EEG 2014 bzw. EEG 2017 ein in sich geschlossenes System dar, welches unabhängig von Mittel aus staatlichen Haushalten besteht. 3.3. Ergebnis Im Lichte des EuGH-Urteils zum EEG 2012 dürfte es sich auch bei den aus der EEG-Umlage nach EEG 2014 bzw. EEG 2017 erwirtschafteten Geldern ebenfalls nicht um staatliche Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV handeln, so dass auch diese beiden Gesetze – wie das EEG 2012 – keine Beihilferelevanz aufweisen. 4. Längere Zeitdauer für Besondere Ausgleichsregelungen Hinter der besonderen Ausgleichsregelung verbirgt sich die Begrenzung der EEG-Umlage für sog. stromkostenintensive Unternehmen, vgl. § 40 EEG 2012, § 63 EEG 2014 bzw. § 63 EEG 2017. Was die zeitliche Dauer einer solchen EEG-Umlagebegrenzung angeht, so betrug sie nach EEG 2012 sowie EEG 2014 als auch nach dem geltenden EEG 2017 ein Jahr, vgl. § 43 Abs. 1 S. 3 EEG 2012, § 66 Abs. 4 S. 2 EEG 2014 bzw. § 66 Abs. 4 S. 2 EEG 2017. Nach dem Kommissionsbeschluss zum EEG 2012 sowie dem EuG-Urteil stellte die EEG-Umlagebegrenzung – neben den über dem Marktpreis liegenden Einspeisetarifen und Marktprämien – die zweite beihilferechtliche Vergünstigung des EEG 2012 dar.99 Diese Qualifizierung beruhte jedoch auf der Annahme, dass die aus der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder, die diese Begrenzung „finanzieren“, staatliche Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen. Fehlt es hieran , wie der EuGH für das EEG 2012 festgestellt hat und was auch für das EEG 2014 bzw. EEG 2017 gelten dürfte, so ist auch die EEG-Umlagebegrenzung keine beihilferelevante Vergünstigung .100 Änderungen hinsichtlich ihrer Zeitdauer sind folglich nicht am EU-Beihilferecht zu messen und der Gesetzgeber jedenfalls beihilferechtlich frei, eine andere Zeitdauer vorzusehen. 5. Übertragung auf das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz In dem hier relevanten Regelungsbereich des Umlagesystems entsprechen die Regelungen des KWKG in §§ 26 bis 29 (Abschnitt 6 des KWKG) dem Ausgleichsmechanismus des EEG,101 der jedenfalls in ihren Grundzügen seit dem EEG 2012 unverändert geblieben und im EEG 2017 in §§ 56 bis 69 (Titel 4) geregelt ist. Auch sind die Vorschriften des KWKG Gegenstand von EU-Beihilfeverfahren gewesen; in den einschlägigen Kommissionsbeschlüssen wurde zur Begründung 99 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 5. 100 Vgl. für das EEG 2012 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 90. 101 Siehe hierzu Lohmann, in: Assmann/Pfeiffer, KWKG, 2018, § 26 KWKG, Rn. 5 f. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 21 der Beihilfequalität zum Teil auch auf das EuG-Urteil zum EEG 2012 verwiesen.102 Vor diesem Hintergrund wird im Anschluss an das EuGH-Urteil zum EEG 2012 im Schrifttum die Einschätzung vertreten, dass die dort getroffenen Aussagen, wonach es an der Staatlichkeit der Mittel im Sinne des Art. 107 A bs. 1 AEUV fehle, auf das KWKG übertragbar sein können.103 Dieser Frage ist im Folgenden nachzugehen. Ergänzend sei hinzugefügt, dass die Antwort auf diese Frage – ebenso wie bei der Betrachtung des EEG 2014 und EEG 2017 – keine rechtlichen Auswirkungen auf die geltenden Bestimmungen des KWKG haben, sondern allenfalls bei zukünftigen Änderungen praktisch relevant werden kann.104 5.1. Abgabencharakter der KWKG-Umlage In Anlehnung an das EuGH-Urteil zum EEG 2012 ist zunächst zu prüfen, ob die KWKG-Umlage als Abgabe und die damit erwirtschafteten Gelder folglich als staatliche Mittel im Sinne des Art. 107 abs. 1 AEUV anzusehen sind. Geregelt ist die KWKG-Umlage in § 26 Abs. 1 KWKG. Danach sind die Netzbetreiber berechtigt, die Kosten für die nach diesem Gesetz erforderlichen Ausgaben bei der Berechnung der Netzentgelte als Aufschlag in Ansatz zu bringen. Hierbei handelt es sich um die letzte Stufe des KWKG- Wälzungsmechanismus, die – obgleich nicht ausdrücklich im Wortlaut zum Ausdruck kommend – das Verhältnis von Netzbetreiber und Letztverbraucher betrifft.105 Ungeachtet der Regelungen in § 60a und §§ 61 ff. EEG 2017 liegt darin zwar ein wesentlicher Unterschied zum EEG 2017, in welchem die generelle Wälzung der EEG-Kosten auf den Letztverbraucher weiterhin nicht geregelt ist.106 Ob dieser Unterschied jedoch relevant ist, erscheint fraglich. Denn dem Wortlaut der Vorschrift nach sind die Netzbetreiber nur „berechtigt“, die KWKG-Umlage zu erheben, nicht aber hierzu verpflichtet. Zwar ist das Verständnis dieser Vorschrift umstritten. Dieser Streit bezieht sich jedoch nur auf die Frage, ob § 26 Abs. 1 KWKG einen zivilrechtlichen (gesetzlichen) Anspruch auf Erhebung der KWKG-Umlage einräumt, so dass dieser grundsätzlich nicht mehr ausdrücklich 102 Siehe Beschluss (EU) 2017/1797 der Kommission vom 23. Mai 2017 über die Beihilferegelungen SA.42393 (2016/C) (ex 2015/N) Deutschlands für bestimmte Letztverbraucher (ermäßigte KWK-Umlage) und SA.47887 (2017/N), die Deutschland zur Ausweitung der KWK-Förderung auf in geschlossenen Netzen genutzte KWK- Anlagen durchzuführen beabsichtigt, ABl.EU 2017 Nr. L 258/117. Siehe dort die Erwägungsgründe Nr. 97 ff. 103 So etwa Stiftung Umweltenergierecht, Das EEG 2012 ist keine Beihilfe – was genau bedeutet das EuGH-Urteil? Fragen und Antworten – Hintergrundpapier, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 41 vom 4.4.2019, S. 10, allerdings unter dem Vorbehalt einer eingehenderen Prüfung; Scholtka, Anmerkungen zu EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), EuZW 2019, S. 426. 104 Siehe zu den auch hier greifenden Erwägungen zum EEG 2014 und EEG 2017 oben unter 3.1., S. 15 f. 105 Vgl. Lohmann, in: Assmann/Pfeiffer, KWKG, 2018, § 26 KWKG, Rn. 15; Tropp, in: Säcker (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl. 2018, Band 5: KWKG – Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz mit KWK-Ausschreibungsverordnung 2017, § 26 KWKG, Rn. 9. 106 Siehe oben unter 2.2.1., S. 8 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 22 vereinbart werden muss oder ob das – wie es im Fall der EEG-Umlage weiterhin – nicht der Fall ist und vertragliche Abreden notwendig sind.107 Dieser Streit spielt für die vorliegende Frage allerdings keine Rolle, da in keinem der beiden Fälle § 26 Abs. 1 KWKG eine gesetzliche Verpflichtung der Letztverbraucher zur Entrichtung der KWKG-Umlage entnommen werden kann. Wegen des Fehlens einer solchen gesetzlichen Verpflichtung hatte der EuGH den Abgabencharakter der EEG-Umlage und den darauf beruhenden Ansatz zur Begründung staatlicher Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV verneint.108 Konsequenterweise müsste dies auch im Hinblick auf die KWKG-Umlage gelten. 5.2. Zur staatlichen Verfügungsgewalt über Gelder aus KWKG-Umlage Das Bestehen einer staatlichen Verfügungsgewalt über die Gelder aus der KWKG-Umlage ist im Lichte des EuGH-Urteils zum EEG 2012 ebenfalls zu verneinen.109 Denn auch im Fall des KWKG können diese Gelder allein zu dem gesetzlichen Zweck verwendet werden, nämlich der Deckung der KWKG-Förderkosten. Dies folgt aus dem im KWKG geregelten Wälzungsmechanismus, dessen letzte Stufe in § 26 Abs. 1 KWKG geregelt ist.110 Eine anderweitige, freie Verwendung der Gelder aus der KWKG-Umlage ist in den Vorschriften dieses Gesetzes nicht vorgesehen. Da auch dieselben Akteure an dem KWKG-Wälzungsmechanismus beteiligt sind wie im Fall des EEG-Ausgleichsmechanismus , nämlich Übertragungsnetz- und (Verteil-)Netzbetreiber, dürfte es auch hier „an einer staatlichen Kontrolle“ dieser Akteure fehlen.111 5.3. Zum Zusammenhang zwischen Vergünstigung und staatlichem Haushalt Schließlich besteht auch beim KWKG kein Zusammenhang zwischen den auf Grundlage des Gesetzes gewährten Vergünstigungen und dem staatlichen Haushalt.112 Das KWKG sieht – ebenso wie das EEG (2017) – keine staatliche Deckungspflicht oder eine andere Maßnahme vor, die auch 107 Vgl. Lohmann, in: Assmann/Pfeiffer, KWKG, 2018, § 26 KWKG, Rn. 19 f., mit Nachweisen zu den unterschiedlichen Ansichten zu dieser Frage; Tropp, in: Säcker (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl. 2018, Band 5: KWKG – Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz mit KWK-Ausschreibungsverordnung 2017, § 26 KWKG, Rn. 10. Im Hinblick auf die ähnlich formulierte Vorgängerbestimmung in § 9 Abs. 7 Satz 1 KWKG 2002 hatte sich der BGH für die erste Ansicht ausgesprochen und die Bestimmung in diesem Sinne gedeutet, vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2014, EnZR 81/13, Rn. 31 ff. 108 EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 70; siehe dazu oben unter 2.2.1., S. 8 ff. 109 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 73 ff.; siehe dazu oben unter S. 11 ff. 110 Vgl. zum Gesamtmechanismus Lohmann, in: Assmann/Pfeiffer, KWKG, 2018, Einl., Rn. 11. 111 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 77 ff. 112 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 83 f.; siehe dazu oben unter 2.2.3, S. 13 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 042/19 Seite 23 nur potentiell dazu führen könnte, dass staatliche Haushalte mit finanziellen Verpflichtungen in Bezug auf KWKG-Kosten belastet würden bzw. werden könnten.113 Deutlich wird dies etwa an § 29 KWKG, der Vorgaben zur Begrenzung der Höhe der KWKG-Umlage und der Zuschlagszahlungen enthält. Werden die in dieser Vorschrift in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Obergrenzen der jährlichen Förderkosten überschritten, so kommt es – je nach Fördergegenstand – entweder zur Kürzung (vgl. § 29 Abs. 3 bis 5 KWKG) oder zu einer späteren Auszahlung (vgl. § 29 Abs. 1 S. 3 KWKG). Der Ausgleich der Förderkosten mit der KWGK-Umlage erfolgt somit innerhalb des Wälzungssystems. Ein Einspringen des Staates ist hingegen nicht vorgesehen. 5.4. Ergebnis Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass das geltende KWKG im Lichte des EuGH-Urteils zum EEG 2012 ebenfalls nicht als beihilferelevant anzusehen ist. Wie auch im Fall des EEG 2012 sind die aus der KWKW-Umlage erwirtschafteten Gelder nach den im genannten Urteil zugrunde gelegten Maßstäben nicht als staatliche Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen. – Fachbereich Europa – 113 Vgl. EuGH, Urt. v. 29.3.2019, Rs. C-405/16 P (Deutschland/Kommission), Rn. 84.