PE 6 - 3000 - 032/19 (22. März 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Der Fachbereich Europa wird um die Beantwortung der Frage ersucht, ob und ggf. inwiefern die Europäische Union (EU) und ihre Organe, insbesondere die Kommission, zu der im Jahr 2013 vorgestellten chinesischen Initiative Neue Seidenstraße (engl. One Belt, one Road) Stellung genommen haben und ob dadurch ein gemeinsamer europäischer Ansatz erkennbar wird. Eine ausdrückliche Stellungnahme zu der Initiative Neue Seidenstraße seitens der EU liegt – soweit ersichtlich – bisher noch nicht vor. 1 Eine Positionierung der Union oder ihrer Organe, insbesondere der Kommission, lässt sich jedoch verschiedenen Maßnahmen oder Handlungen entnehmen , die einen Bezug zu dieser Initiative aufweisen bzw. gegenüber China erfolgt sind. Zu nennen ist hier etwa der 1. Gipfel zu der Neuen Seidenstraßen-Initiative im Mai 2017 in Peking . An diesem nahmen zwar – soweit ersichtlich – weder die Kommission noch der Präsident des Europäischen Rates teil. Von den dort vertretenen zahlreichen EU-Staaten wurde die Abschlusserklärung jedoch nicht unterzeichnet, was eine gewisse Zurückhaltung erkennbar werden lässt.2 Ob und ggf. in welcher Form diese Haltung Bestand haben wird, könnte der geplante 2. Gipfel im April 2019 in Peking zeigen. Dass diese Haltung eine Zusammenarbeit der EU und Chinas in diesem Bereich nicht per se ausschließt , wird mit Blick auf den 20. EU-China-Gipfel am 16. Juni 2018 in Peking deutlich. In dessen Rahmen wurde eine Vereinbarung zwischen dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) und dem chinesischen „Silk Road Fund“ (SRF) unterzeichnet, auf deren Grundlage erste KO-Investitionen und gemeinsame Projekte der Initiative „Neue Seidenstraße“ und der „Investitionsoffensive für Europa“ unterstützt werden sollen.3 1 Siehe Briefing des EP zu One Belt, One Road, Juli 2016, S. 11. 2 Siehe https://www.tagesschau.de/wirtschaft/gipfel-seidenstrasse-103.html Stand: 19.03.2019. 3 Siehe Pressemitteilung der Kommission vom 16.06.2018, IP/18/4521. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Kurzinformation Haltung der Europäischen Union zum chinesischen Investitionsprojekt Neue Seidenstraße Kurzinformation Haltung der Europäischen Union zum chinesischen Investitionsprojekt Neue Seidenstraße Fachbereich Europa (PE 6) Seite 2 Einen eher in eine andere Richtung weisenden Anhaltspunkt stellt die von der Kommission am 19. September 2018 veröffentlichte Gemeinsame Mitteilung zum Thema Förderung der Konnektivität zwischen Europa und Asien – Elemente einer EU-Strategie dar, in der für eine nachhaltige, umfassende und regelbasierte Konnektivität zwischen Europa und Asien geworben wird.4 In einem zu dieser Mitteilung zeitgleich herausgegebenen Factsheet geht die Kommission auf die Frage ein, ob ihre Initiative als „direkte Konkurrenz“ zum chinesischen Seidenstraßenprojekt zu verstehen sei.5 Darin führt sie aus, dass es „im gemeinsamen Interesse der Europäischen Union und Chinas [liegt], dafür zu sorgen, dass die jeweiligen Initiativen trotz der Unterschiede, die hinsichtlich des Ansatzes und der Verwirklichung bestehen, gut harmonieren. Konnektivität ist nicht möglich, wenn Systeme und Netze nicht interoperabel sind.“ In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der Zusammenarbeit der EU mit internationalen Organisationen betont, um globale Regeln und Standards fest- und durchzusetzen, die im Rahmen der Konnektivitätsvorhaben einheitliche Wettbewerbsbedingungen und Chancengleichheit gewährleisten sollen. Auch hieran wird deutlich, dass zumindest aus Sicht der Kommission zwar das Konnektivitätsanliegen begrüßt und eine Zusammenarbeit als möglich erachtet wird, zugleich aber Unterschiede in Bezug auf Ansatz und Verwirklichung betont werden, allerdings ohne diese konkret zu benennen. Eine differenzierende Haltung gegenüber China liegt schließlich auch der kürzlich veröffentlichten Gemeinsamen Mitteilung der Kommission vom 12. März 2019 „EU-China – Strategische Perspektiven “ zugrunde. In dieser wird China als „Kooperationspartner, mit dem die EU eng abgestimmte Ziele verfolgt, ein Verhandlungspartner, mit dem die EU einen Interessenausgleich anstreben muss, ein wirtschaftlicher Konkurrent um technologische Führung und ein Systemrivale, der alternative Governance-Modelle fördert“, angesehen.6 Welche konkreten Schlussfolgerungen hieraus für die chinesische Initiative Neue Seidenstraße und eine Zusammenarbeit in diesem Bereich gezogen werden, dürfte letztlich auch davon abhängen , wie sich die Mitgliedstaaten der EU im Rat bzw. im Europäischen Rat zu dieser Kommissionsmitteilung verhalten werden. Die Vorbereitung des Gipfeltreffens EU-China am 9. April 2019 und ein Gedankenaustausch über die gesamten Beziehungen zu China stehen auf der aktuellen Agenda des Europäischen Rates vom 21. und 22. März 2019.7 Ob in diesem Rahmen auch eine konkrete Positionierung zu der Initiative Neue Seidenstraße erfolgen wird, bleibt abzuwarten. – Fachbereich Europa – 4 Siehe Gemeinsame Mitteilung der Kommission vom 19.09.2018. 5 Siehe Europäische Kommission, Factsheet vom 19.09.2018, MEMO/18/5804. 6 Siehe Pressemitteilung der Kommission vom 12.03.2019, IP/19/1605, Gemeinsame Mitteilung vom 12.03.2019, Beitrag der Kommission für den Europäischen Rat. 7 Siehe Rubrik „Außenbeziehungen“, Terminvorschau des Europäischen Rates für den 21.03.2019.