© 2018 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 30/18 Rückführung abgelehnter Asylbewerber Vorgaben des Unionsrechts Sachstand Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Dieser Sachstand dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 2 Rückführung abgelehnter Asylbewerber Vorgaben des Unionsrechts Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 30/18 Abschluss der Arbeit: 16.02.2018 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorgaben des Unionsrechts im Bereich der Rückführung 4 2.1. Rückführungsrichtlinie 2008/115 4 2.2. Richtlinie 2001/40 zur Anerkennung von Rückführungsentscheidungen 6 2.3. Verordnung 2016/1953 zum einheitlichen europäischen Reisedokument 6 2.4. Entscheidung 2004/573 zu gemeinsamen Rückführungen auf dem Luftweg 7 2.5. Frontex-VO 2016/1624 7 2.6. Rückübernahmeabkommen 8 3. Reform des Unionsrechts im Bereich der Rückführung 8 3.1. Rückübernahmeabkommen 8 3.2. Verordnungsvorschlag zur Nutzung des SIS 9 3.3. Weitere Änderungen des Sekundärrechts 9 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 4 1. Fragestellung Der Fachbereich wurde um Auskunft ersucht, auf welchen europarechtlichen Mindeststandards der Rückführungsprozess abgelehnter Asylbewerber fußt. Es werden daher vorliegend Vorgaben des Unionsrechts für den Bereich der Rückführungen dargestellt (2.) und anschließend über den Status der Überarbeitung des diesbezüglichen Unionsrechts informiert (3.). 2. Vorgaben des Unionsrechts im Bereich der Rückführung 2.1. Rückführungsrichtlinie 2008/115 Die Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG1 (im Folgenden auch: RL 2008/115) enthält einheitliche Vorschriften für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal in den Mitgliedstaaten aufhalten. Unter illegalem Aufenthalt ist nach der Legaldefinition in Art. 3 Nr. 2 RL 2008/115 die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen zu verstehen, die v. a. nicht oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen. Die Gründe für die Illegalität des Aufenthalts spielen keine Rolle.2 Umgekehrt kommt es auch nicht darauf an, aus welcher Rechtsgrundlage – einer unionsrechtlichen oder nationalen – sich die Legalität des Aufenthalts ergibt, die eine Anwendung der Rückführungsrichtlinie ausschließt.3 Materielles Kernstück dieses Rechtsaktes ist die in Art. 6 RL 2008/115 geregelte Rückkehrentscheidung . Darunter ist nach der Legaldefinition in Art. 3 Nr. 4 RL 2008/115 die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme zu verstehen, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird. Nach Art. 6 Abs. 1 RL 2008/115 sind die Mitgliedstaaten – vorbehaltlich der in Art. 6 Abs. 2 bis 5 RL 2008/115 bestehenden Ausnahmen – verpflichtet, gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 RL 2008/115 sieht die Rückkehrentscheidung grundsätzlich eine angemessene Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise vor. Den Betreffenden können gemäß Art. 7 Abs. 3 RL 2008/115 für die Dauer der Frist zur freiwilligen Ausreise bestimmte Verpflichtungen zur Vermeidung einer Fluchtgefahr auferlegt werden. Nach Art. 8 Abs. 1 RL 2008/115 haben die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Vollstreckung der Rückkehrentscheidung zu treffen, wenn die Frist zur freiwilligen Ausreise 1 Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl.EU 2008, Nr. L 348/98, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32008L0115&qid=1454001920691&from=DE. 2 Vgl. Schieffer, in: Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 2010, Chapter V., Art. 1, Rn. 3. 3 Hörich, Die Rückführungsrichtlinie: Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt und Hauptprobleme, ZAR 2011, S. 281 (282). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 5 nicht genutzt oder gar nicht erst eingeräumt wurde. Die damit gemeinte Abschiebung – die nach Art. 3 Nr. 5 RL 2008/115 auch als „tatsächliche Verbringung aus dem Mitgliedsstaat“ verstanden wird – ist nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) RL 2008/1154 aufzuschieben, wenn sie gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung verstoßen würde. Machen die Mitgliedstaaten als letztes Mittel von Zwangsmaßnahmen zur Durchführung der Abschiebung von Widerstand leistenden Drittstaatsangehörigen Gebrauch, so müssen diese Maßnahmen gemäß Art. 8 Abs. 4 RL 2008/115 verhältnismäßig sein und dürfen nicht über die Grenzen des Vertretbaren hinausgehen. Die Art. 15 ff. RL 2008/115 regeln die Inhaftnahme für die Zwecke der Abschiebung. Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 15 Abs. 1 RL 2008/115 Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen und zwar insbesondere dann, wenn Fluchtgefahr besteht oder die betreffenden Drittstaatsangehörigen die Vorbereitung der Rückkehr oder das Abschiebungsverfahren umgehen oder behindern. Die Haft wird gemäß Art. 15 Abs. 5 RL 2008/115 so lange aufrechterhalten , wie diese Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf. Nur ausnahmsweise darf dieser Zeitraum um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Die Inhaftierung erfolgt gemäß Art. 16 Abs. 1 RL 2008/115 grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Art. 10 RL 2008/115 enthält Vorgaben für die Rückkehr und Abschiebung unbegleiteter Minderjähriger . Vor Ausstellung einer Rückkehrentscheidung für unbegleitete Minderjährige wird gemäß Art. 10 Abs. 1 RL 2008/115 Unterstützung durch geeignete Stellen, bei denen es sich nicht um die für die Vollstreckung von Rückkehrentscheidungen zuständigen Behörden handelt, unter gebührender Berücksichtigung des Wohles des Kindes gewährt. Art. 12 RL 2008/115 enthält die von den Mitgliedstaaten im Rückkehrverfahren zu beachtenden Verfahrensgarantien. Rückkehrentscheidungen sowie – gegebenenfalls – Entscheidungen über ein Einreiseverbot oder eine Abschiebung ergehen gemäß Art. 12 Abs. 1 RL 2008/115 schriftlich und enthalten eine sachliche und rechtliche Begründung sowie Informationen über mögliche Rechtsbehelfe . Die wichtigsten Elemente der Entscheidung werden grundsätzlich auf Wunsch übersetzt. Zudem halten die Mitgliedstaaten allgemeine Informationsblätter mit Erläuterungen zu den Hauptelementen des Standardformulars in mindestens fünf der Sprachen bereit, die von den illegal in den betreffenden Mitgliedstaat eingereisten Migranten am häufigsten verwendet oder verstanden werden. Die betreffenden Drittstaatsangehörigen haben gemäß Art. 13 Abs. 1 RL 2008/115 das Recht, bei einer zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörde oder einem zuständigen Gremium, dessen Mitglieder unparteiisch sind und deren Unabhängigkeit garantiert wird, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen in Bezug auf die Rückkehr einzulegen oder die Überprüfung solcher Entscheidungen zu beantragen. Die Mitgliedstaaten stellen gemäß Art. 13 Abs. 4 RL 2008/115 sicher, dass auf Antrag die erforderliche Rechtsberatung und/oder -vertretung gemäß 4 Art, 9 Abs. 1 Buchst. b) RL 2008/115 knüpft an das Bestehen einer aufschiebenden Wirkung im Falle von Rechtsbehelfen nach Art. 13 Abs. 2 RL 2008/115. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 6 einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Bestimmungen zur Prozesskostenhilfe kostenlos gewährt wird, und sie können vorsehen, dass kostenlose Rechtsberatung und/oder -vertretung bereitgestellt wird. Im November 2017 hat die Kommission eine Empfehlung für ein gemeinsames „Rückkehr-Handbuch “ erlassen, das von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung rückkehrbezogener Aufgaben heranzuziehen ist.5 Das Rückkehr-Handbuch soll sich ausweislich der Kommissionsempfehlung an alle Mitgliedstaaten richten, die durch die RL 2008/115 gebunden sind. 2.2. Richtlinie 2001/40 zur Anerkennung von Rückführungsentscheidungen Die Richtlinie 2001/40/EG6 (im Folgenden: RL 2001/40) regelt die gegenseitige Anerkennung von Rückführungsentscheidungen, um eine größere Effizienz bei der Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen und eine bessere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Gemäß Art. 1 Abs. 1 RL 2001/40 soll mit der Richtlinie die Anerkennung einer Rückführungsentscheidung ermöglicht werden, die von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats gegenüber einem Drittstaatsangehörigen erlassen wurde, der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält. Die Mitgliedstaaten gleichen gemäß Art. 7 RL 2001/40 die finanziellen Ungleichgewichte , die aus der Anwendung dieser Richtlinie entstehen können, untereinander aus, wenn die Rückführung nicht auf Kosten des (der) betroffenen Drittstaatsangehörigen erfolgen kann. Kriterien und praktische Einzelheiten für den diesbezüglichen Ausgleich zwischen den Mitgliedstaaten sind in der Entscheidung 2004/191/EG7 festgelegt worden. 2.3. Verordnung 2016/1953 zum einheitlichen europäischen Reisedokument Die Verordnung (EU) 2016/19538 hat ein einheitliches europäisches Reisedokument für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger eingeführt und insbesondere dessen Format, Sicherheitsmerkmale und technische Spezifikationen festgelegt. 5 Empfehlung der Kommission für ein gemeinsames „Rückkehr-Handbuch“, das von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung rückkehrbezogener Aufgaben heranzuziehen ist, online abrufbar unter https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/3/2017/DE/C-2017-6505-F1-DE-ANNEX-1-PART-1.PDF. 6 Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, ABl.EU 2001, Nr. L 149/34, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32001L0040&from=DE. 7 Entscheidung 2004/191/EG des Rates vom 23. Februar 2004 zur Festlegung der Kriterien und praktischen Einzelheiten zum Ausgleich finanzieller Ungleichgewichte aufgrund der Anwendung der Richtlinie 2001/40/EG über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, ABl.EU 2004, Nr. L 60/55, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32004D0191&from=de. 8 Verordnung (EU) 2016/1953 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über die Einführung eines europäischen Reisedokuments für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger und zur Aufhebung der Empfehlung des Rates vom 30. November 1994, ABL.EU 2016, Nr. L 311/13, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016R1953&from=DE. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 7 Hintergrund dieser Verordnung war die Erwägung, dass die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, die keine gültigen Reisepapiere besitzen, mit Schwierigkeiten konfrontiert sind. Die Verordnung soll gemäß ihrem Erwägungsgrund Nr. 6 ein sichereres und einheitliches europäisches Reisedokument für die Rückkehr von illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen einführen, um die Rückkehr und Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhalten, zu erleichtern . Die verbesserten Sicherheitsmerkmale und technischen Spezifikationen des europäischen Reisedokuments für die Rückkehr sollen seine Anerkennung durch Drittstaaten erleichtern . Das Dokument soll die Rückkehr sowohl im Rahmen von Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen zwischen der Union oder den Mitgliedstaaten und Drittländern als auch im Rahmen einer nicht durch förmliche Vereinbarungen geregelten Zusammenarbeit mit Drittländern bei Rückkehrmaßnahmen erleichtern. 2.4. Entscheidung 2004/573 zu gemeinsamen Rückführungen auf dem Luftweg Ziel der Entscheidung 2004/573/EG9 ist es, gemeinsame Rückführungen auf dem Luftweg von Drittstaatsangehörigen, die individuellen Rückführungsmaßnahmen unterliegen, aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten zu koordinieren. Im Anhang dieser Entscheidung finden sich die unverbindlichen Gemeinsamen Leitlinien für Sicherheitsvorschriften bei gemeinsamen Rückführungen auf dem Luftweg, die gemäß Erwägungsgrund Nr. 10 der Entscheidung bei ihrer Durchführung eine nützliche Orientierungshilfe bieten. Gemäß Rn. 1.1.2. der Gemeinsamen Leitlinien stellen der organisierende Mitgliedstaat und jeder teilnehmende Mitgliedstaat sicher, dass der Gesundheitszustand der rückzuführenden Personen, für die er zuständig ist, eine rechtlich und faktisch sichere Rückführung auf dem Luftweg erlaubt. Für rückzuführende Personen, bei denen ein Gesundheitsproblem entdeckt wurde oder bei denen eine ärztliche Behandlung erforderlich ist, werden Gesundheitsunterlagen zur Verfügung gestellt . Zudem müssen die zuständigen Staaten gemäß Rn. 1.1.3. sicherstellen, dass für jede rückzuführende Person gültige Reisedokumente und andere erforderliche Urkunden, Nachweise oder sonstige Unterlagen vorliegen. Weiterhin enthalten die Gemeinsamen Leitlinien Vorgaben für die Phase vor dem Abflug und während des Flugs. 2.5. Frontex-VO 2016/1624 Die Frontex-Verordnung (EU) 2016/162410 (im Folgenden auch: Frontex-VO) soll in ihrer neuen Fassung das Mandat der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (allgemein be- 9 Entscheidung 2004/573/EG des Rates vom 29. April 2004 betreffend die Organisation von Sammelflügen zur Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die individuellen Rückführungsmaßnahmen unterliegen, aus dem Hoheitsgebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten, ABl.EU 2004 Nr. L 261/28, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32004D0573&from=DE. 10 Verordnung (EU) 2016/1624 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 863/2007, der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des und der Entscheidung 2005/267/EG, ABL.EU 2016, Nr. L 251/1, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016R1624&from=DE. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 8 kannt als „Frontex“) um die Befugnis, von sich aus gemeinsame Rückkehraktionen zu organisieren , erweitern und ihre Rolle bei der Beschaffung von Reisedokumenten für zur Rückkehr verpflichtete Personen stärken. Frontex soll gemäß Erwägungsgrund Nr. 24 der Frontex-VO den Mitgliedstaaten die notwendige Unterstützung leisten, indem sie gemeinsame Rückkehraktionen und Rückkehreinsätze durchführt. Zusätzlich soll Frontex die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit den Behörden der entsprechenden Drittstaaten bei der Beschaffung von Reisedokumenten für die Rückkehr unterstützen. Abschnitt 4 der Frontex-VO enthält Regelungen für den Bereich der „Rückkehr“. Gemäß Art. 27 Abs. 1 Frontex-VO ist Frontex zuständig für die Koordinierung der rückkehrbezogenen Tätigkeiten der Mitgliedstaaten auf technischer und operativer Ebene; die technische und operative Unterstützung der Mitgliedstaaten, deren Rückkehrsysteme besonderen Herausforderungen ausgesetzt sind; die Koordinierung des Einsatzes einschlägiger IT-Systeme und Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der konsularischen Zusammenarbeit im Hinblick auf die Identifizierung von Drittstaatsangehörigen und die Beschaffung von Reisedokumenten, Organisation und Koordinierung von Rückkehraktionen sowie Unterstützung bei der freiwilligen Ausreise in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten; Organisation, Förderung und Koordinierung von Maßnahmen, die den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen sowie die Finanzierung oder Kofinanzierung von Aktionen, Einsätzen und Tätigkeiten im Bereich Rückkehr aus dem Haushalt der Agentur. 2.6. Rückübernahmeabkommen Bisher sind von der EU auf der Grundlage von Art. 79 Abs. 3 AEUV siebzehn Rückübernahmeabkommen mit Drittstaaten abgeschlossen worden. Die Rückführungsabkommen wurden vereinbart mit Albanien (2006), Armenien (2014), Aserbaidschan (2014), Bosnien und Herzegowina (2008), Kap Verde (2014); Georgien (2011), Hongkong (2004), Macao (2004), Mazedonien (2008), Moldau (2008), Montenegro (2008), Pakistan (2010), der Russischen Föderation (2007), Serbien (2008), Sri Lanka (2005), der Türkei (2014) sowie der Ukraine (2008).11 Mit anderen Drittstaaten wie Bangladesch sind 2017 von der EU sog. operative Rückübernahmevereinbarungen getroffen worden, um die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zu erleichtern.12 3. Reform des Unionsrechts im Bereich der Rückführung 3.1. Rückübernahmeabkommen Die Kommission hat vom Rat Mandate für die Verhandlung weiterer Rückübernahmeabkommen erhalten, die bisher allerdings noch nicht abgeschlossen worden sind. Es existieren Mandate für 11 Zu den Rückübernahmeabkommen der EU und Deutschlands vgl. die Auflistung des Bundesministeriums des Innern, abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/themen/migration/rueckkehrfluechtlinge .pdf?__blob=publicationFile&v=2 (Stand: April 2017). 12 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat – Beitrag der Kommission zu der Aussprache der EU-Führungsspitzen über das weitere Vorgehen in Bezug auf die externe und die interne Dimension der Migrationspolitik, COM(2017) 820 final/2, S. 11, online abrufbar unter https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2017/DE/COM-2017-820-F2-DE-MAIN-PART-1.PDF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 9 Rückübernahmeabkommen mit Marokko, Belarus, Tunesien, Nigeria, Algerien, China und Jordanien .13 Die EU beabsichtigt bis Mai 2018 operative Rückübernahmevereinbarungen oder Rückübernahmeabkommen mit drei weiteren Partnerländern festzulegen.14 3.2. Verordnungsvorschlag zur Nutzung des SIS Die Kommission hat eine Verordnung über die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vorgeschlagen.15 Der Verordnungsvorschlag soll zur Durchführung und Überwachung der RL 2008/115 beitragen, indem die Behörden der Mitgliedstaaten verpflichtet werden, alle Rückkehrentscheidungen in das SIS einzugeben , um diese EU-weit sichtbar zu machen und so ihre Vollstreckung zu verbessern. Am 8. November 2017 kam der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) des Rates überein, dem Vorsitz ein Mandat zur Aufnahme von interinstitutionellen Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament auf der Grundlage des überarbeiteten Verordnungsvorschlags zu erteilen.16 3.3. Weitere Änderungen des Sekundärrechts Im Rahmen der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) werden aktuell keine Änderungen der unter 2. dargestellten Sekundärrechtsakte angedacht. Der Reformprozess konzentriert sich stattdessen auf den Vorschlag für die Europäische Asylagentur und einen Vorschlag zur Reform von Eurodac, den Neuansiedlungsrahmen der Union, eine Überarbeitung der Dublin-Verordnung, der Anerkennungs- und Asylverfahrensverordnungen und der Richtlinie über Aufnahmebedingungen.17 Soweit ersichtlich, werden auch über die Reform des GEAS hinaus momentan keine Änderungen der europäischen Verfahrensvorgaben zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger aus den Mitgliedstaaten diskutiert. Die Kommission hat im 13 Auflistung des Bundesministeriums des Innern, abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads /DE/themen/migration/rueckkehrfluechtlinge.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (Stand: April 2017). 14 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat – Beitrag der Kommission zu der Aussprache der EU-Führungsspitzen über das weitere Vorgehen in Bezug auf die externe und die interne Dimension der Migrationspolitik, COM(2017) 820 final/2, S. 11, online abrufbar unter https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2017/DE/COM-2017-820-F2-DE-MAIN-PART-1.PDF. 15 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nutzung des Schengener Informationssystems für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, COM(2016) 881 final, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52016PC0881&qid=1518705202990&from=DE. 16 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nutzung des Schengener Informationssystems für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger – Mandat zur Aufnahme von interinstitutionellen Verhandlungen, Ratsdokumenten-Nr. 14114/17, online abrufbar unter http://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CONSIL:ST_14114_2017_INIT&from=DE. 17 S. dazu die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat – Beitrag der Kommission zu der Aussprache der EU-Führungsspitzen über das weitere Vorgehen in Bezug auf die externe und die interne Dimension der Migrationspolitik, COM(2017) 820 final/2, online abrufbar unter https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2017/DE/COM-2017-820-F2-DE-MAIN-PART-1.PDF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Sachstand PE 6 - 3000 - 30/18 Seite 10 März 2017 einen neuen Aktionsplan für die Rückkehr18 und eine Empfehlung19 vorgelegt, wie die Mitgliedstaaten die Rückkehrverfahren effizienter gestalten können. Um die Rückkehrquoten zu erhöhen, schlägt sie u. a. vor, Asylverfahren zu straffen und den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu verbessern. Außerdem sollen mehr Programme zur freiwilligen Rückkehr entstehen. Die Kommission hat jedoch keine Änderungen des relevanten Sekundärrechts vorgeschlagen.20 – Fachbereich Europa – 18 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über eine wirksame Rückkehrpolitik in der Europäischen Union – ein neuer Aktionsplan, COM(2017) 200 final, online abrufbar unter http://eur-lex.europa .eu/resource.html?uri=cellar:e3ce3318-0ef4-11e7-8a35-01aa75ed71a1.0019.02/DOC_1&format=PDF. 19 Empfehlung der Kommission vom 7.3.2017 für eine wirksamere Gestaltung der Rückkehr im Rahmen der Durchführung der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, C(2017) 1600 final, online abrufbar unter https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/3/2017/DE/C-2017-1600-F1-DE-MAIN-PART- 1.PDF. 20 S. hierzu den Brief von Kommissionspräsident Juncker an den Präsident des Europäischen Rates Tusk vom 2.3.2017, („There must be swift progress, so rather than proposing new legislation the Commission is today adopting a Communication on a Renewed Action Plan on Return and a Recommendation to better ensure the effective implementation of the legislation we already have in place.”), online abrufbar unter https://ec.europa .eu/commission/commissioners/sites/cwt/files/letter_on_1st_march_migration_package_.pdf.