© 2018 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 29/18 Grenzsteuerausgleich bei nationalen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 29/18 Seite 2 Grenzsteuerausgleich bei nationalen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 29/18 Abschluss der Arbeit: 15.3.2018 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 29/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Prüfungsmaßstab 4 2.1. Art. 30 und 110 AEUV 4 2.2. Abgrenzung von Art. 30 und 110 AEUV 5 2.3. Frage der Ausgestaltung des Grenzsteuerausgleichs 7 3. Abgabe zollgleicher Wirkung gemäß Art. 30 AEUV 8 4. Inländische Abgabe gemäß Art. 110 AEUV 8 5. Fazit 8 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 29/18 Seite 4 1. Fragestellung Hintergrund dieser Ausarbeitung ist die an den Fachbereich herangetragene Überlegung einer nationalen CO2-Bepreisung (gemessen am Treibhausgaspotential) auf alle fossilen Energieträger. Eine derartige nationale CO2-Bepreisung würde nur in Deutschland ansässige Unternehmen betreffen . Um diese Unternehmen im Wettbewerb zu schützen, erwägt der Fragesteller einen „Grenzsteuerausgleich“, der für im Ausland hergestellte Produkte gezahlt werden soll, die ohne CO2-Bepreisung und mithin günstiger als in Deutschland produziert worden sind. Gefragt worden ist, ob ein solcher Grenzsteuerausgleich für Produkte, die im Ausland produziert worden sind und nach Deutschland eingeführt werden sollen, mit dem Unionsrecht vereinbar wäre. Die vorliegende Ausarbeitung untersucht nicht, ob die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zur Europäischen Union die Kompetenz zum Erlass einer CO2-Bepreisung besitzt und ob diese inhaltlich mit dem Unionsrecht vereinbar wäre.1 Gegenstand der vorliegenden Ausarbeitung ist allein die Frage, ob ein mit der CO2-Bepreisung verknüpfter Grenzsteuerausgleich für Importwaren mit den Vorgaben des Unionsrechts inhaltlich vereinbar wäre. 2. Prüfungsmaßstab Als Maßstab eines solchen Grenzsteuerausgleichs kommen zwei Normen in Betracht: Art. 30 AEUV und Art. 110 AEUV. Die Abgrenzung dieser Normen hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) schon in einer Vielzahl von Fällen beschäftigt.2 2.1. Art. 30 und 110 AEUV Art. 30 AEUV verbietet Ein- und Ausfuhrzölle sowie Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass eine Abgabe zollgleicher Wirkung i.S.d. Art. 30 AEUV jede Maßnahmen ist, die eine „bei der Einfuhr oder später erhobene, einseitig auferlegte Belastung [darstellt], die dadurch, daß sie speziell die aus einem Mitgliedstaat eingeführten Waren, nicht aber gleichartige einheimische Waren trifft jene Waren verteuert und damit die gleiche Auswirkung auf den freien Warenverkehr hat wie ein Zoll“.3 Art. 110 AEUV ordnet an, dass die Mitgliedstaaten auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art erheben dürfen, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben. Art. 110 AEUV ver- 1 Zu dieser Frage finden sich Ausführungen bei Kahl/Simmel, Europa- und verfassungsrechtliche Spielräume einer CO2-Bepreisung in Deutschland, Würzburger Studien zum Umweltenergierecht vom Oktober 2017, online abrufbar unter http://stiftung-umweltenergierecht.de/wp-content/uploads/2017/10/stiftung_umweltenergierecht _wuestudien_06_co2_bepreisung.pdf. 2 S. beispielsweise EuGH, Urt. v. 2.4.1998, Rs. C-213/96 – Outokumpu Oy, Rn. 18 ff.; EuGH, Urt. v. 3.6.2010, Rs. C-2/09 – Plovdiv, Rn. 29 f. und 35 ff. 3 EuGH, Urt. v. 14.12.1962, verb. Rs. C-2/62 und C-3/62, Kommission/Luxemburg und Belgien, S. 882. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 29/18 Seite 5 bietet mithin eine Höherbesteuerung ausländischer Waren, während Differenzierungen nach objektiven Kriterien unionsrechtskonform sind, solange inländische und ausländische Erzeugnisse gleichbehandelt werden.4 Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung stehen Art. 30 AEUV und Art. 110 AEUV in einem Exklusivitätsverhältnis .5 Eine Abgabe kann immer nur entweder Art. 30 oder Art. 110 AEUV unterliegen , also nicht gleichzeitig in beide Kategorien fallen.6 Der EuGH prüft in seinen Urteilen zumeist als erstes, ob eine Abgabe unter Art. 30 AEUV fällt und wenn diese Regelung nicht einschlägig ist, prüft er die Abgabe am Maßstab des Art. 110 AEUV.7 Das Ziel der einander ergänzenden Art. 30 und 110 AEUV ist es, jede innerstaatliche Abgabenerhebung zu verhindern, die geeignet wäre, Erzeugnisse aus anderen oder für andere Mitgliedstaaten zu verteuern.8 2.2. Abgrenzung von Art. 30 und 110 AEUV Der EuGH grenzt den Anwendungsbereich von Art. 30 AEUV und Art. 110 AEUV mit Hilfe verschiedener Kriterien ab. Unter Art. 30 AEUV fallen nur Abgaben, die im grenzüberschreitenden Warenverkehr anfallen und die über die Grenze verbrachten Erzeugnisse als solche treffen.9 Wird einer Ware wegen des Überschreitens der Grenze einseitig eine finanzielle Belastung auferlegt, unterfällt die Belastung als Abgabe (zoll-)gleicher Wirkung Art. 30 AEUV, und zwar unabhängig von ihrer Bezeichnung oder der Art ihrer Erhebung.10 Eine Abgabe gemäß Art. 110 AEUV liegt hingegen vor, wenn eine inländische Abgabe eingeführte, ausgeführte und inländische Erzeugnisse systematisch nach gleichen, objektiven Kriterien unabhängig vom Ursprung oder der Bestimmung der Erzeugnisse 4 Kahl/Simmel, Europa- und verfassungsrechtliche Spielräume einer CO2-Bepreisung in Deutschland, Würzburger Studien zum Umweltenergierecht vom Oktober 2017, online abrufbar unter http://stiftung-umweltenergierecht .de/wp-content/uploads/2017/10/stiftung_umweltenergierecht_wuestudien_06_co2_bepreisung.pdf. 5 EuGH; Urt. v. 4.4.1968, Rs. C-25/67, Milch-, Fett-, und Eier-Kontor, S. 330; EuGH, Urt. v. 22.5.2003, Rs. C-355/00, Freskot, Rn. 39; EuGH, Urt. v. 2.10.2014, Rs. C-254/13, Orgacom, Rn. 20. 6 EuGH, Urt. v. 2.4.1998, Rs. C-213/96, Outokumpu Oy, Rn. 19. 7 EuGH, Urt. v. 22.5.2003, Rs. C-355/00, Freskot, Rn. 40; EuGH, Urt. v. 2.10.2014, Rs. C-254/13, Orgacom, Rn. 21. 8 Bahns/Brinkmann/Gläser/Sedlaczek, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 110 AEUV, Rn. 1. 9 EuGH, Urt. v. 22.5.2003, Rs. C-355/00, Freskot, Rn. 42. („Es ist nämlich festzustellen, dass die Abgabe das Erzeugnis nicht ausschließlich deshalb trifft, weil dieses als solches über die Grenze verbracht wird. Dies stellt aber das entscheidende Merkmal einer Abgabe mit gleicher Wirkung wie ein Zoll dar, das diese von einer inländischen Abgabe im Sinne von Artikel 95 des Vertrages unterscheidet.“). 10 EuGH, Urt. v. 2.4.1998, Rs. C-213/96, Outokumpu Oy, Rn. 20. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 29/18 Seite 6 trifft.11 Die Abgabe gemäß Art. 110 AEUV muss Teil einer allgemeinen inländischen Abgabenregelung sein, die einheimische und importierte Erzeugnisse in gleicher Höhe auf der gleichen Handelsstufe erfasst und der Steuertatbestand für beide Erzeugnisse derselbe ist.12 Bei einem Grenzsteuerausgleich würden die Produkte aufgrund des Grenzübertritts besteuert. Der Anknüpfungspunkt der Abgabe wäre der Grenzübertritt von Waren. Eine derartige Abgabe trifft mithin nur importierte Produkte und nicht vergleichbare inländische Produkte. Das spricht auf den ersten Blick für eine Prüfung des Grenzsteuerausgleichs am Maßstab von Art. 30 AEUV. Allerdings soll der Grenzsteuerausgleich einen Ausgleich für die Belastung in Deutschland produzierter Güter durch die CO2-Bepreisung darstellen. Es ist daher zu überlegen, ob die CO2-Bepreisung eine inländische Abgabenregelung darstellt und der Grenzsteuerausgleich einen Bestandteil der inländischen CO2-Bepreisung darstellt, sodass Art. 110 AEUV Prüfungsmaßstab wäre. Die CO2-Bepreisung müsste dafür als inländische Gebührenregelung sämtliche inländischen und eingeführten Waren nach gleichen Kriterien erfassen. Der EuGH hat in einem älteren Urteil erklärt, eine Regelung könne auch dann in den Anwendungsbereich des Art. 110 AEUV fallen, wenn sie „voneinander getrennte Systeme für eingeführte Erzeugnisse einerseits und für örtliche Waren anderseits vorsieht.“13 Eine solche Trennung könne zwar dafür sprechen, dass „es sich um zwei unterschiedliche Abgabensysteme handelt, sie allein erlaubt jedoch nicht den Schluß, daß Artikel 95 des Vertrages [heute: Art. 110 AEUV] im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.“ Der Umstand, dass die importierten Waren der Abgabenerhebung beim Grenzübertritt unterliegen, schließt noch kein Abgabensystem i.S.d Art. 110 AEUV aus, sofern die einheimischen und importierten Waren im Ergebnis derselben Abgabenpflicht unterliegen.14 Allerdings hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung auch immer wieder ausgeführt, dass der „Umstand, dass eine wegen des Überschreitens einer zwischenstaatlichen oder innerstaatlichen Grenze erhobene Abgabe zum Ausgleich einer das gleichartige einheimische Erzeugnis treffenden örtlichen Belastung eingeführt worden ist, nicht [genügt], um sie nicht als Abgabe zollgleicher Wirkung einzustufen. Andernfalls würde nämlich das Verbot der Abgaben zollgleicher Wirkung inhalts‑ und bedeutungslos.“15 Der Gerichtshof hatte hierzu bereits in früheren Urteilen ausführlich ausgeführt, dass „eine Abgabe nur dann Teil einer allgemeinen inländischen Gebührenreglung ist, wenn sie ein einheimisches und ein gleiches eingeführtes Erzeugnis in gleicher Höhe auf 11 EuGH, Urt. v. 14.12.1972, Rs. C-29/72, Marimex, Rn. 7; EuGH, Urt. v. 27.9.1988, Rs. C-18/87, Kommission/ Deutschland, Rn. 6; EuGH, Urt. v. 15.6.2006, Rs. C-393/04, Air Liquide Industries Belgium, Rn. 56; EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Rs. C-206/06, Essent Netwerk Noord, Rn. 41. 12 EuGH, Urt. v. 2.10.2014, Rs. C-254/13, Orgacom, Rn. 28 f. 13 EuGH, Urt. v. 7.12.1995, Rs. C-45/94, Cámara de Comercio, Rn. 32. 14 Voet van Vormizeele, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 30 AEUV, Rn. 19. 15 EuGH, Urt. v. 31.5.1979, Rs. C-132/78, Denkavit, Rn. 7; EuGH, Urt. v. 21.9.2000, Rs. C-441/98, Michaïlidis, Rn. 23; EuGH, Urt. v. 9.9.2004, Rs. C-72/03, Carbonati Apuani, Rn. 34. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 29/18 Seite 7 der gleichen Handelsstufe erfaßt und wenn der Steuertatbestand ebenfalls für beide Erzeugnisse derselbe ist.“16 Der vorliegend zu prüfende Ansatz eines Grenzsteuerausgleichs ähnelt den Sachverhalten, welche den zuletzt zitierten EuGH-Urteilen zugrunde liegen: Eine örtliche Belastung (die CO2-Bepreisung ) soll durch eine wegen der Grenzüberschreitung erhobene Abgabe (der Grenzsteuerausgleich ) ausgeglichen werden. Dieser Ausgleichsgedanke allein genügt laut EuGH jedoch nicht für die Annahme einer inländischen Gebührenregelung gemäß Art. 110 AEUV. Erforderlich ist überdies , dass die Gebührenregelung einheimische und importierte Waren in gleicher Höhe und auf gleicher Handelsstufe erfasst. Durch die vorliegend vorgesehene Zweiteilung der CO2-Abgaben, die einerseits bei im Inland produzierten Waren an deren Herstellung anknüpfen (CO2-Bepreisung), andererseits bei importierten Waren auf den Grenzübertritt der Waren, bei deren Produktion CO2 entstanden ist, abheben , werden die Waren nicht auf derselben Handelsstufe belastet. Der EuGH hat in der Rechtssache Orgacom eine Erhebung auf unterschiedlichen Handelsstufen bejaht, weil die inländischen Abgaben vom Produzenten, die Abgaben für im Ausland hergestellten Produkte hingegen vom Importeuer zu leisten waren.17 Eine solche Erhebung auf unterschiedlichen Handelsstufen dürfte bei einer CO2-Bepreisung für den Einsatz fossiler Energieträger bei inländischer Warenproduktion und einem Grenzsteuerausgleich für im Ausland produzierte Waren kaum zu vermeiden sein. Es spricht mithin viel dafür, dass der vom Fachbereich zu prüfende Vorschlag eines Grenzsteuerausgleichs als Ausgleich einer nationalen CO2-Bepreisung kein inländisches Abgabensystem gemäß Art. 110 AEUV, sondern eine Abgabe zollgleicher Wirkung gemäß Art. 30 AEUV ist.18 2.3. Frage der Ausgestaltung des Grenzsteuerausgleichs Der Grenzsteuerausgleich oder eine vergleichbare Regelung würde keine rechtswidrige Abgabe zollgleicher Wirkung gemäß Art. 30 AEUV darstellen, sondern als eine inländische Abgabenregelung gemäß Art. 110 AEUV gelten, wenn er – wie oben ausgeführt – Teil des Abgabensystems der CO2-Bepreisung ist. Die CO2-Bepreisung müsste den Einsatz fossiler Energieträger bei einheimischen wie importierten Produkten in gleicher Höhe und auf der gleichen Handelsstufe erfassen. Schwierigkeiten dürfte insbesondere das Erfordernis der Erhebung auf derselben Handelsstufe bereiten. 16 EuGH, Urt. v. 31.5.1979, Rs. C-132/78, Denkavit, Rn. 8; s. auch EuGH, Urt. v. 21.9.2000, Rs. C-441/98, Michaïlidis , Rn. 23. 17 EuGH, Urt. v. 2.10.2014, Rs. C-254/13 – Orgacom, Rn. 31. 18 Ähnlich auch Voet van Vormizeele, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 30 AEUV, Rn. 19. („Wird maßgeblich auf die Ausgleichsfunktion abgestellt, so ist darauf hinzuweisen , dass nicht jede beliebige inländische Belastung, der ein Erzeugnis im Laufe seiner Herstellung unterliegt (zB Energiekosten, Soziallasten etc.), einem steuerlichen Grenzausgleich [gemäß Art. 110 AEUV] offensteht, weil dies zu einem nicht wiedergutzumachenden Einbruch in die Grundsätze des Vertrages führen würde.“). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 29/18 Seite 8 3. Abgabe zollgleicher Wirkung gemäß Art. 30 AEUV Wenn der Grenzsteuerausgleich nicht Bestandteil des inländischen Abgabesystems der CO2-Bepreisung ist, sondern lediglich die Auswirkungen der inländischen CO2-Bepreisung ausgleichen soll, verletzt er als Abgabe zollgleicher Wirkung gemäß Art. 30 AEUV das Unionsrecht. Ein Verstoß gegen Art. 30 AEUV kann nicht gerechtfertigt werden. Der EuGH hat entschieden, dass das Verbot der Zölle und der Abgaben zollgleicher Wirkung unabhängig von dem Zweck, zu dem diese geschaffen wurden, sowie vom Verwendungszweck der mit ihnen erzielten Einnahmen gilt.19 4. Inländische Abgabe gemäß Art. 110 AEUV Art. 110 AEUV verbietet diskriminierende Besteuerungen, aber – im Gegensatz zu Art. 30 AEUV – nicht die Erhebung von Abgaben generell. Der Grund dafür ist, dass Art. 30 AEUV ausschließlich auf Importwaren erhoben wird und damit immer diskriminierend wirkt, eine Abgabe nach Art. 110 AEUV hingegen auf eingeführte wie inländische Waren erhoben wird und daher nur gegen Unionsrecht verstößt, wenn sie zwischen den beiden differenziert und für Waren aus anderen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar höhere Abgaben zu tragen sind als für die inländischen Waren.20 Wenn es möglich wäre, die CO2-Bepreisung als eine inländische Abgabenregelung gemäß Art. 110 AEUV auszugestalten, die einheimische und importierte Erzeugnisse in gleicher Höhe auf der gleichen Handelsstufe erfasst, müsste gemäß Art. 110 AEUV sichergestellt sein, dass einheimische und importierte Produkte gleich behandelt werden. Eine Diskriminierung importierter Waren, in dem diese unmittelbar oder mittelbar höhere Abgaben zu tragen haben als inländische Waren, würde Art. 110 AEUV verletzen. Die CO2-Bepreisung des Importprodukts und die CO2- Bepreisung des im Inland hergestellten Produkts dürften mithin nicht in unterschiedlicher Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet werden.21 Ein nicht-diskriminierendes inländisches Abgabesystem gemäß Art. 110 AEUV wäre hingegen mit dem Unionsrecht vereinbar. 5. Fazit Abhängig von der Ausgestaltung des Systems der CO2-Bepreisung und dessen Anwendung auf Importwaren, könnte die hinter dem „Grenzsteuerausgleich“ stehende Idee einer identischen Bepreisung von inländischen und importierten Produkten, die unter dem Einsatz fossiler Energieträger hergestellt worden sind, mit dem Unionsrecht vereinbar sein. Mit dem Unionsrecht vereinbar ist allerdings nur ein inländisches Abgabensystem der CO2-Bepreisung , welches eingeführte, ausgeführte und inländische Erzeugnisse systematisch nach gleichen , objektiven Kriterien unabhängig vom Ursprung oder der Bestimmung der Erzeugnisse trifft. 19 EuGH, Urt. v. 9.9.2004, Rs. C-72/03, Carbonati Apuani, Rn. 31. 20 Voet van Vormizeele, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 30 AEUV, Rn. 18. 21 EuGH, Urt. v. 2.4.1998, Rs. C-213/96, Outokumpu, Rn. 34. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 29/18 Seite 9 Wenn der Grenzsteuerausgleich nicht Teil einer solchen allgemeinen inländischen Gebührenregelung ist, die einheimische und eingeführte Erzeugnisse in gleicher Höhe und auf der gleichen Handelsstufe erfasst, stellt er eine Abgabe zollgleicher Wirkung dar, die gegen Art. 30 AEUV verstößt . Angesichts der Tatsache, dass ein Grenzsteuerausgleich an den Grenzübertritt der importierten Ware anknüpft und aller Voraussicht nach auf einer anderen Handelsstufe erhoben wird als die nationale CO2-Bepreisung, dürfte es schwierig sein, dass System der CO2-Bepreisung dergestalt auszugestalten, dass es eine inländische Abgabenregelung i.S.d Art. 110 AEUV darstellt und der Grenzsteuerausgleich nicht als eine Abgabe zollgleicher Wirkung gegen Art. 30 AEUV verstößt. – Fachbereich Europa –