Deutscher Bundestag Die Netzentgeltbefreiung nach StromNEV und das EEG im Lichte des EU-Beihilfenrechts Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa PE 6 – 3000 – 29/13 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 2 Die Netzentgeltbefreiung nach StromNEV und das EEG im Lichte des EU-Beihilfenrechts Aktenzeichen: PE 6 – 3000 – 29/13 Abschluss der Arbeit: 08.04.2013 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. EU-Beihilfenrecht 5 2.1. Beihilfenverbot und Ausnahmen 5 2.2. Beihilfenaufsicht, sekundärrechtliche Konkretisierungen und Rechtsschutz 5 2.3. Beihilfenbegriff 6 3. Verfahren und Verfahrensstand 7 4. Netzentgeltbefreiung nach StromNEV 8 4.1. Die Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV 8 4.2. Staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV? 10 4.2.1. Begünstigung 10 4.2.2. Staatliche Maßnahme oder aus staatlichen Mitteln gewährte Maßnahme 12 4.2.2.1. Aus staatlichen Mitteln 13 4.2.2.1.1. PreussenElektra 14 4.2.2.1.2. Essent Netwerk 15 4.2.2.1.3. Kommissionsposition 16 4.2.2.1.4. Bewertung 18 4.2.2.2. Staatliche Zurechenbarkeit 22 4.2.3. Selektivität 22 4.2.4. Wettbewerbsverfälschung und Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels 24 4.3. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 AEUV? 25 4.4. Zwischenergebnis 26 5. Das EEG 26 5.1. Zum Einspeisevorrang und der Einspeisevergütung 26 5.1.1. Einspeisevorrang und -vergütung 26 5.1.2. Staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV? 29 5.1.3. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 AEUV? 31 5.1.4. Zwischenergebnis 32 5.2. Besondere Ausgleichsregelung 33 5.2.1. Besondere Ausgleichsregelung: Begrenzung der EEG-Umlage nach §§ 40 ff. EEG 33 5.2.2. Staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV? 34 5.2.3. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 AEUV? 35 5.2.4. Zwischenergebnis 36 6. Zusammenfassung und Ergebnis 36 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 4 1. Einleitung Die Entlastung großer Stromverbraucher von bestimmten Energiekosten ist nicht nur Gegenstand politischer Diskussionen.1 Die rechtliche Ausgestaltung des einschlägigen Energierechts der Mitgliedstaaten beschäftigt mittlerweile auch die EU-Kommission in Gestalt zweier Beihilfenverfahren : Auf dem Prüfstand des EU-Beihilfenrechts steht zum einen die Befreiung von Netzentgelten nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV).2 Mit Datum vom 06.03.2013 hat die Kommission hierzu bereits einen ersten, in der Bewertung noch nicht abschließenden Beschluss erlassen, in welchem sie nach derzeitigem Erkenntnisstand von dem Vorliegen einer Beihilfe ausgeht.3 Zum anderen ist das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) Gegenstand eines Beihilfeverfahrens.4 Hierzu liegen nach derzeitigem Verfahrensstand allerdings noch keine öffentlich zugänglichen Informationen vor.5 Der Fachbereich wird vor diesem Hintergrund mit der Beantwortung folgender Fragen beauftragt: Ist die Netzentgeltbefreiung für große Stromverbraucher in Deutschland nach § 19 Abs. 2 Strom- NEV eine staatliche Beihilfe? Wie ist das deutsche EEG behilfenrechtlich zu bewerten, insbesondere im Hinblick auf den Einspeisevorrang und die besondere Ausgleichsregelung? Im Folgenden werden nach einer kurzen Darstellung des EU-Beihilfenrechts (dazu unter 2.) und einigen Angaben zum Beihilfenverfahren und dem aktuellen Verfahrensstand (dazu unter 3.) zunächst die Netzentgeltbefreiung (dazu unter 4.) und sodann das EEG im Lichte des EU- Beihilfenrechts betrachtet (dazu unter 5.). Im Zusammenhang mit den beiden letztgenannten Gliederungspunkten erfolgt zu Beginn jeweils eine Darstellung der einschlägigen Vorgaben des nationalen Rechts und sodann deren beihilfenrechtliche Würdigung. 1 Siehe hierzu etwa Handelsblatt vom 24.01.2013, „Mit Rot-Grün wird Strom wohl teurer“ von Dana Heide; ZEIT online vom 21.03.2013, „Suche nach dem Strompreis-Kompromiss“; TAZ vom 19.03.2013, „Entgeltbefreiung ohne Sinn“ von Bernward Janzig. 2 Vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission vom 6. März 2013, IP/13/191, online abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-191_de.htm (Stand vom 08.04.2013). Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen SA.34045 betrieben. 3 Der Beschluss C(2012) 8765, der eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der betreffenden Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt enthält, ist bisher noch nicht im EU- Amtsblatt veröffentlich worden, wurde dem Unterzeichner jedoch vom Bundesministerium der Wirtschaft und Technologie auf Nachfrage übermittelt (im Folgenden: Eröffnungsbeschluss). Mit einer Veröffentlichung ist im Laufe des Monats April zu rechnen. 4 Siehe Pressemitteilung des Bundes der Energieverbraucher e.V. vom 5. Juni. 2012, abrufbar unter http://www.energieverbraucher.de/de/Erneuerbare/Erneuerbare/Das-EEG__510/ (Stand: 08.04.2013). 5 Siehe unter http://ec.europa.eu/competition/elojade/isef/index.cfm?clear=1&policy_area_id=3; (Stand vom 08.04.2013) unter dem in der Pressemitteilung angegebenen Aktenzeichen SA.22995 2011/CP. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 5 2. EU-Beihilfenrecht 2.1. Beihilfenverbot und Ausnahmen Gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV ist eine als staatliche Beihilfe zu qualifizierende Maßnahme mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie auf Grund wettbewerbsverfälschender Wirkungen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Art. 107 Abs. 1 AEUV konstituiert insoweit ein grundsätzliches Verbot für staatliche Beihilfen.6 Von diesem Grundsatz finden sich in Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV numerisch aufgelistete Ausnahmen . Bei den Fällen in Abs. 2 handelt es sich um Legalausnahmen, die allerdings einschränkend ausgelegt werden und daher eine nur geringe Bedeutung aufweisen.7 Von großer praktischer Relevanz sind hingegen die im Ermessen der Kommission stehenden Ausnahmetatbestände in Art. 107 Abs. 3 lit. a bis e AEUV, die überwiegend wirtschaftlicher Natur sind (vgl. Abs. 3 lit. a bis c). Daneben findet sich in Art. 107 Abs. 3 lit. d AEUV eine Ausnahme für kulturelle Förderungen und unter lit. e ein offener Ausnahmetatbestand, wonach der Europäischen Rat auf Vorschlag der Europäische Kommission weitere Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären kann. Im Übrigen enthält der AEUV hier nicht weiter einschlägige Sondervorschriften für die Bereiche Landwirtschaft (Art. 42 Abs. AEUV), Verkehr (Art. 93 AEUV), Dienstleistungen im Zusammenhang mit Daseinsvorsorge (Art. 106 Abs. 2 AEUV), Ausfuhren (Art. 96 AEUV) und Militär (Art. 346 AEUV). Primärzweck des Art 107 AEUV ist es, den zwischenstaatlichen Wettbewerb auf dem Binnenmarkt vor Verfälschung seitens der Mitgliedstaaten zu schützen. Jedoch soll die Möglichkeit bestimmter gemeinwohndienlicher Beihilfen bestehen bleiben.8 2.2. Beihilfenaufsicht, sekundärrechtliche Konkretisierungen und Rechtsschutz Die Beihilfenaufsicht, d.h. die Prüfung der Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem Binnenmarkt, obliegt gemäß Art. 108 Abs. 1 AEUV grundsätzlich der Kommission.9 Die Mitgliedstaaten sind gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV verpflichtet, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig zu unterrichten (sog. Notifizierung), dass diese sich dazu äußern kann. Erlangt die Kommission Kenntnis von nicht notifizierten Beihilfen, so werden auch diese einer Prüfung am Maßstab des Art. 107 AEUV unterzogen. Die Einzelheiten des grundsätzlich zweiteiligen Beihilfenverfahrens sind in einer Beihilfenverfahrensordnung geregelt (vgl. dazu im Einzelnen oben unter 3.).10 6 Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage 2011 (im Folgenden: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV), Art. 107 AEUV, Rn. 1. 7 Vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Band 3: Beihilfe- und Vergaberecht, 2007 (im Folgenden: Frenz, Beihilfenund Vergaberecht), Rn. 720. 8 Müller-Graff, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2012, Art 107 AEUV, Rn. 3. 9 In Ausnahmefällen auch dem Rat nach Art. 108 Abs. 2 Unterabsatz 3 AEUV. 10 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrages (online abrufbar unter http://eur- Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 6 Gemäß Art. 108 Abs. 4 AEUV kann die Kommission Verordnungen zu den Arten von staatlichen Beihilfen erlassen, für die der Rat nach Artikel 109 AEUV festgelegt hat, dass sie vom Notifizierungsverfahren ausgenommen werden können. Zu unterscheiden sind hier einerseits die sektorspezifischen Freistellungsverordnungen für bestimmte Wirtschaftsbereiche11 und andererseits die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGFVO)12, die Freistellungstatbestände allgemeinerer Natur enthält. Unterhalb der Verordnungsebene existieren verschiedene sog. Mitteilungen, Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen der Kommission, mit denen die Kommission über ihre zukünftige Praxis über die Auslegung bzw. Anwendung von Art. 107, 108 und 106 Abs. 2 AEUV auf bestimmte Arten von Beihilfen informiert.13 Dabei beziehen sich die Mitteilungen grundsätzlich auf den Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV, während Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen die Ausnahmetatbestände des Art. 107 Abs. 3 AEUV in den Blick nehmen.14 Insbesondere bei streitigen Sachverhalten schließt sich dem von der Kommission geführten Beihilfenverfahren oftmals noch eine Auseinandersetzung vor EU-Gerichten an. Vor allem bei Beschlüssen über die Unvereinbarkeit der betreffenden nationalen Maßnahme mit dem Binnenmarkt und einer daraus ggf. folgenden Rückforderunganordnung wenden sich die betroffenen Mitgliedstaaten oder Beihilfeempfänger an die unionalen Gerichte (vgl. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EUV), um die Kommissionspraxis im Einzelfall auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Art. 107 f. AEUV untersuchen zu lassen. Erstinstanzlich zuständig für die verfahrensrechtlich einschlägigen Nichtigkeitsklagen nach Art. 263 AEUV ist in erster Instanz stets das Gericht (EuG), der Gerichtshof (EuGH) fungiert insoweit lediglich als Rechtsmittelinstanz.15 2.3. Beihilfenbegriff Die Einordnung einer Maßnahme als Beihilfe folgt aus Art. 107 Abs. 1 AEUV. Danach müssen fünf Voraussetzungen erfüllt sein: ex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:1999:083:0001:0009:DE:PDF [Stand vom 08.04.2013] – im Folgenden als „Beihilfenverfahrensordnung“ bezeichnet). 11 Etwa für Landwirtschaft, Fischerei, öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schienen und Straße, Schiffbau, Steinkohlebergbau. 12 Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:214:0003:0047:de:PDF (Stand vom 08.04.2013). 13 Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 4. Vgl. auch die Gesamtübersicht auf den Seiten der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/compilation/index_en.html (Stand vom 08.04.2013) 14 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 8. Auflage 2012, Rn. 1174. 15 Vgl. Art. 256 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 51 der Satzung des EuGH (online abrufbar unter http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2008-09/statut_2008-09-25_11-55-49_682.pdf – Stand vom 08.04.2013). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 7 (1) Begünstigten muss ein Vorteil gewährt werden. (2) Bei dem Vorteil muss es sich um eine staatliche Maßnahme handeln oder um eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mitteln. (3) Bei den Begünstigten muss es sich um bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige handeln (sog. Selektivität). (4) Die Maßnahme muss den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. (5) Und sie muss geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen. Grundsätzlich wird der Begriff der Beihilfe von der EU-Kommission weit ausgelegt und nicht etwa auf Zuschüsse oder Subventionen beschränkt. Ziel ist es, möglichst umfassend wettbewerbsverfälschende Maßnahmen der Mitgliedstaaten unter Art. 107 Abs. 1 AEUV zu erfassen. 3. Verfahren und Verfahrensstand Soweit ersichtlich, wurden von Seiten Deutschlands weder die Stromnetzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 StromNEV noch die mehrfach geänderten Vorschriften des EEG der Kommission nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV notifiziert. In verfahrensrechtlicher Hinsicht erfolgt eine Untersuchung nicht angemeldeter Maßnahmen im sog. Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen (Art. 10 bis 15 Beihilfenverfahrensordnung). Dieses zeichnet sich im Vergleich zum Verfahren bei angemeldeten Beihilfen (Art. 2 bis 9 Beihilfenverfahrensordnung) insbesondere dadurch aus, dass keine Bindung an bestimmte Fristen besteht, innerhalb derer das Beihilfenverfahren durch Entscheidung abzuschließen ist (vgl. Art. 13 Abs. 2 Beihilfenverfahrensordnung). Beiden Verfahren gemeinsam ist die Zweitteilung in eine wenig formalisierte vorläufige Prüfung (Art. 4 Beihilfenverfahrensordnung) und ein sog. förmliches Prüfverfahren (Art. 6 bis 7 Beihilfenverfahrensordnung ).16 Ersteres beinhaltet eine überschlägige Prüfung des betreffenden Sachverhalts und soll der Kommission helfen, problematische Fälle zu identifizieren.17 Die abschließende Bewertung solcher Fälle erfolgt dann im anschließend eingeleiteten förmlichen Prüfverfahren . Erst zum Abschluss dieser Verfahrensstufe kann die Kommission beschließen, die Beihilfe als mit dem Binnenmarkt unvereinbar anzusehen. Einstellen kann sie das Verfahren mangels Beihilfecharakter oder Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt dagegen bereits im Rahmen der vorläufigen Prüfung. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund werden erst im förmlichen Prüfverfahren der betreffende Mitgliedstaat und alle sonstigen Beteiligten18 zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert (Art. 6 Abs. 1 Beihilfenverfahrensordnung). Eine solche Beteiligung ist dagegen bei der vorläufigen Prüfung nicht vorgesehen; die Kommission kann bei rechtswidrigen Beihilfen jedoch ein Auskunftsersuchen an den betreffenden Mitgliedstaat richten (Art. 16 Vgl. Art. 13 Beihilfeverfahrensordnung, nach welchem beide Verfahrensstufen des Verfahrens bei angemeldeten Beihilfen in Bezug genommen werden. 17 Frenz, Beihilfen- und Vergaberecht, Rn. 1267. 18 Nach Art. 1 lit. h Beihilfeverfahrensordnung sind dies Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen , deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 8 10 Abs. 2 Beihilfenverfahrensordnung) und bei Nichtbeantwortung auch eine Auskunftsanordnung erlassen (Art. 10 Abs. 3 Beihilfenverfahrensordnung). Gelangt die Kommission bereits auf dieser Stufe zu der Auffassung, dass eine Beihilfe nicht vorliegt oder mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, so kann sie das Verfahren einstellen, ohne ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten. Hinsichtlich der Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV wurde mit Datum vom 06.03.2013 ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet. Aus dem zugrunde liegenden Eröffnungsbeschluss geht u.a. hervor, dass die in § 19 Abs. 2 Satz 1 StromNEV geregelte Möglichkeit der Vereinbarung eines individuellen Netzentgeltes nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, sich die Kommission aber das Recht vorbehält, diesen Mechanismus in einem separaten Verfahren zu prüfen.19 Die Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV wird hingegen nach jetzigem Verfahrensstand als Beihilfe angesehen und Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt geltend gemacht.20 Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand befindet sich das Verfahren bezüglich des EEG seit seiner Einleitung im Jahre 2012 hingegen noch in der vorläufigen Prüfung. Unklar ist zudem, welche Vorschriften des EEG neben der besonderen Ausgleichsregelung Gegenstand des Verfahrens sind. Ungeachtet des bereits eingeleiteten förmlichen Prüfverfahrens zur Netzentgeltbefreiung lassen sich mangels Fristbindung keine Aussagen zur möglichen Verfahrensdauer bei der Prüfung treffen . 4. Netzentgeltbefreiung nach StromNEV 4.1. Die Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV Der Zugang zu Stromnetzen ist für Netznutzer entgeltpflichtig (vgl. § 20 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz [EnWG] in Verbindung mit § 17 Abs. 1 StromNEV). Unter den Begriff der Netznutzer fallen sowohl natürliche und juristische Personen, die Elektrizität einspeisen als auch solche, die sie daraus beziehen (§ 3 Nr. 28 EnWG). Bestimmt werden die Entgelte von den Betreibern der Energieversorgungsnetze (§ 20 Abs. 1 EnWG). Anschließend sind die Netzentgelte durch die Regulierungsbehörde , die Bundesnetzagentur (BNetzA), zu genehmigen (vgl. § 23a Abs. 1 EnWG). Von diesen Netzentgelten sieht der am 04.08.2011 in Kraft getretene § 19 Abs. 2 Satz 2 Strom- NEV eine Befreiung für bestimmte – stromintensive – Letztverbraucher vor. Voraussetzung hierfür ist, dass die jeweilige Stromabnahme die Benutzungsstundenzahl von mindestens 7.000 Stunden erreicht und einen Stromverbrauch von 10 Gigawattstunden übersteigt. Die Befreiung bedarf der Genehmigung der Regulierungsbehörde (§ 19 Abs. 2 Satz 3 StromNEV), der BNetzA21, wobei der entsprechende Antrag sowohl vom Netzbetreiber als auch von dem Letztverbraucher gestellt werden kann (§ 19 Abs. 2 Satz 4). 19 Vgl. Erwägungsgrund 16 des Eröffnungsbeschlusses. 20 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 94 und 99 des Eröffnungsbeschlusses. 21 Zwar ist der Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV als Soll-Bestimmung formuliert. Im Schrifttum wird dies als Redaktionsversehen gewertet, da die Vorgängerregelung, an welche die Änderung mit Ausnahme der Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 9 Für die durch die Befreiung von den Netzentgelten entstehenden Erlösausfälle, die sowohl die Ebene der Übertragungsnetzbetreiber als auch die der nachgelagerten Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen betreffen, sieht § 19 Abs. 2 Satz 6 bis 8 StromNEV folgenden Ausgleich vor: Zunächst haben die Übertragungsnetzbetreiber den nachgelagerten Betreibern deren entgangene Erlöse zu erstatten. Sodann haben die Übertragungsnetzbetreiber diese Zahlungen sowie eigene entgangene Erlöse über eine finanzielle Verrechnung untereinander auszugleichen, wobei § 9 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWK-G) und § 20 StromNEV entsprechend anzuwenden sind. Aus § 20 Abs. 1 StromNEV ergibt sich, dass die Netzbetreiber verpflichtet sind sicherzustellen, dass ein von ihnen angewandtes Entgeltsystem geeignet ist, die erwarteten Netzkosten zu decken. In § 9 KWK-G ist für den diesem Gesetz unterfallenden Kraft-Wärme-Kopplungsstrom der Belastungsausgleich für Netzbetreiber und Übertragungsnetzbetreiber geregelt. Dieser sieht in Abs. 7 die Berechtigung der Netzbetreiber vor, nicht ausgeglichene Zusatzkosten bei der Berechnung der Netznutzungsentgelte gegenüber dem Letztverbraucher in Ansatz zu bringen. Eine Pflicht zur Abwälzung dieser Kosten auf den Letztverbraucher besteht nach dem KWK-Gesetz jedoch nicht. Die konkrete Ausgestaltung des auch die Letztverbraucher einbeziehenden Ausgleichs der Stromnetzentgeltbefreiung ist erst durch Beschluss der BNetzA vom 14.12.2011 über die Festlegung der § 19 StromNEV-Umlage in Abweichung von § 17 Abs. 8 StromNEV (im Folgenden: § 19-Umlage-Festsetzungsbeschluss) erfolgt.22 Diese, auf § 29 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit § 30 Abs. 2 Nr. 6 StromNEV und § 27 Abs. 1 Nr. 12 Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) gestützte Entscheidung erging gegenüber allen Betreibern von Elektrizitätsversorgungsnetzen im Sinne von § 3 Abs. 2 EnWG im gesamten Bundesgebiet.23 Darunter fallen sowohl Betreiber von Übertragungs- als auch von Elektrizitätsverteilernetzen. Der mit diesem Beschluss mit Wirkung zum 01.01.2012 konkretisierte Ausgleichsmechanismus sieht u.a. vor, dass die Erlösausfälle aus den Netzentgeltbefreiung zwingend auf die Letztverbraucher umzulegen sind (sog. § 19-Umlage).24 Erhoben wird die § 19-Umlage von den Verteilernetzbetreibern und anschließend an die Übertragungsnetzbetreiber überwiesen.25 Darüber hinaus enthält der Beschluss Vorgaben für die Übertragungsnetzbetreiber zur jährlichen Berechnung und Rechtsfolge deckungsgleich anknüpft, als gebundene Entscheidung formuliert war, so Poppe, Begrenzung der EEG-Umlage und Stromnetzentgeltbefreiung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes, ZNER 2012, 47 (51). Hierfür spricht auch die Formulierung des Tatbestandes der individuellen Netzentgeltfestlegung, welcher den Netzbetreiber zwingend verpflichtet, dem jeweiligen Letztverbraucher eine solche anzubieten. Danach hat die BNetzA kein Ermessen hinsichtlich der Befreiung, soweit die Voraussetzungen vorliegen. 22 BNetzA, 8. Beschlusskammer, Beschluss vom 14.12.2011, Az.: BK8-11-024, online abrufbar unter http://www.bundesnetzagentur.de/DE/DieBundesnetzagentur/Beschlusskammern/1BK-Geschaeftszeichen- Datenbank/BK8-GZ/2011/2011_001bis100/BK8-11-024_BKV/BK8-11- 024_Entscheidung.pdf?__blob=publicationFile (Stand vom 08.04.2013). 23 Vgl. § 19-Umlagebeschluss, Gründe II.3., S. 18. 24 Vgl. § 19-Umlagebeschluss, Leitsatz 3, S. 14; Gründe II.5.2., S. 20. 25 Vgl. § 19-Umlagebeschluss, Leitsätze 1 und 2, S. 14; Gründe II.5.1. und 5.2., S. 19 f. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 10 Festsetzung der § 19-Umlage einschließlich ihrer Veröffentlichung. Hierzu haben diese jährlich im Voraus einerseits die zu erwartenden Erlösausfälle aus den Netzentgeltbefreiungen und anderseits den zu erwartenden Verbrauch zu prognostizieren. Aus dieser Prognose ist dann die konkrete Höhe der § 19-Umlage pro Letztverbraucherabsatz zu bestimmen.26 Im jeweiligen Folgejahr haben die Übertragungsnetzbetreiber sodann eine Ist-Abrechnung der tatsächlich entgangenen Erlöse durchzuführen und eventuelle Mehr- oder Mindereinnahmen in der § 19-Umlage für das zweite Folgejahr auszugleichen.27 Mit Blick auf das Inkrafttreten der Regelung in § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV zum 04.08.2011 und des § 19-Umlage-Festsetzungsbeschlussdatums wurde von Seiten der BNetzA in Abweichung von dem vorgegeben Mechanismus zur erstmaligen Bestimmung der § 19-Umlage für das Jahr 2012 das Gesamtvolumen der entgangenen Erlöse aus der Anwendung von § 19 Abs. 2 StromNEV in Höhe von 440 Mio.€ vorgegeben, wovon ein Schätzbetrag von 300 Mio. € auf die Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV entfiel.28 Für die entgangenen Erlöse aus dem Jahr 2011 wurde ein Ausgleich über das Regulierungskonto nach der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) vorgegeben.29 Ziel der konkretisierenden Festlegung seitens der BNetzA ist ausweislich des Beschlusswortlauts „eine sachgerechte Bildung einer Umlage zur Kompensation von entgangenen Erlösen nach § 19 Abs. 2 StromNEV in Abweichung zu § 17 Abs. 8 StromNEV, um eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung – verbunden mit mehr Transparenz und Rechtssicherheit – zu erreichen.“30 4.2. Staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV? Ob es sich bei der Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV um eine staatliche Beihilfe handelt, hängt von dem Vorliegen der oben aufgeführten fünf Begriffsmerkmale ab31. Im Folgenden werden die Ausführungen im Eröffnungsbeschluss der Kommission im Lichte der Rechtsprechung zu Art. 107 Abs.1 AEUV und des Schrifttums gewürdigt. 4.2.1. Begünstigung Das Merkmal der Begünstigung ist nach ständiger Rechtsprechung32 und allgemeiner Auffassung im Schrifttum weit auszulegen.33 Es ist allgemein dann anzunehmen, wenn ein Unternehmen 26 Vgl. § 19-Umlagebeschluss, Leitsatz 6, S. 14; Gründe II.5.2., S. 20 f. 27 Vgl. § 19-Umlagebeschluss, Leitsatz 10, S. 15; Gründe II.5.4., S. 23 f. 28 Vgl. § 19-Umlagebeschluss, Leitsatz 2, S. 14; Gründe II.5.3., S. 23. 29 Vgl. § 19-Umlagebeschluss, Leitsatz 10, S. 15; Gründe II.5.3., S. 22. 30 § 19-Umlagebeschluss, Gründe I.2., S. 16, vgl. auch II.4., S. 18. 31 Siehe oben unter 2.3., S. 7. 32 Vgl. bereits EuGH, Rs. 30/59, Slg. 1991, 1, 43 – De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde (unter der Rechtssachennummer abrufbar – wie alle anderen Entscheidungen – unter: http://curia.europa.eu/juris/recherche.jsf?language=de). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 11 eine Leistung im Sinne eines geldwerten Vorteils erlangt, ohne hierfür eine angemessene, d.h. marktübliche, Gegenleistung zu erbringen.34 Nach ständiger Rechtsprechung werden hierbei nicht nur positive Leistungen wie (klassische) Subventionen erfasst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat.35 Grundsätzlich haben alle Stromverbraucher im Sinne von Letztverbrauchern für die Nutzung der Stromnetze ein Entgelt zu entrichten (vgl. § 20 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 StromNEV). Die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz StromNEV führt zu einer Freistellung von dieser allgemeinen Belastung für bestimmte Unternehmen und verschafft diesen hierdurch einen geldwerten Vorteil.36 Fraglich könnte allein sein, ob diesem Vorteil eine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. In diesem Zusammenhang wird im Schrifttum vereinzelt erörtert, ob nicht eine Gegenleistung der befreiten stromintensiven Unternehmen darin bestehe, dass sie durch ihre gleichmäßige und hohe Stromabnahme eine netzstabilisierende Funktion hätten.37 Von der Kommission wird der Beitrag der befreiten Unternehmen zur Netzstabilisierung zwar thematisiert, allerdings erfolgt dies nicht im Rahmen der Begünstigungsprüfung, sondern zum einen im Zusammenhang mit der Selektivität38 und zum anderen bei der Erörterung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit Art. 107 Abs. 3 AEUV.39 Das Nichtaufgreifen dieses Aspekts an dieser Stelle ist zutreffend, da zwischen der Netzentgeltbefreiung und der Stromabnahme kein entsprechendes Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis besteht. Zwar wird insoweit eine synallagmatische Verknüpfung als nicht erforderlich angesehen ,40 ein bloß ungefähres und unbestimmtes Verhältnis ist jedoch nicht ausreichend.41 Allenfalls 33 Siehe etwa Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, (im folgenden: Streinz EUV/AEUV) Art. 107 AEUV, Rn. 28, mit weiteren Nachweisen. 34 Vgl. etwa EuGH, Rs. C-279/08, noch nicht in amtlicher Sammlung, Rn. 87 – Kommission/Niederlande. Zu den Voraussetzungen dieses Merkmals im Einzelnen siehe bspw. Koenig/Haratsch/Pechstein, Europarecht, Rn. 1151. 35 So schon EuGH, Rs. 30/59, Slg. 1991, 1, 43 – De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde; EuGH, Rs. C-251/97, Slg. 1999, I-6639, Rn. 35 – Frankreich/Kommission. Siehe zu dieser Fallgruppe der Vergünstigungen mit zahlreichen Nachweisen im Einzelnen: Arhold, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht), Band 3 – Beihilfen- und Vergaberecht, 2011 (im Folgenden: MüKo Wettbewerbsrecht), Art. 107 AEUV, Rn. 109 ff. 36 So auch die Kommission, vgl. Erwägungsgründe Nr. 26 bis 28 des Eröffnungsbeschlusses. 37 Siehe Bloch, Beihilferechtliche Aspekte der Befreiung von Netzentgelten nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV, RdE 2012, 241 (242 f.). 38 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 33 f. des Eröffnungsbeschlusses. Siehe dazu unter 4.2.3., S.22 f. 39 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 95 ff., insb. 97 des Eröffnungsbeschlusses. Siehe dazu unter 4.3., S. 24 f. 40 Koenig/Haratsch/Pechstein, Europarecht, Rn. 1153. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 12 ein solches besteht vorliegend, da die Stromabnahme seitens der befreiungsberechtigten Unternehmen ungeachtet der Netzentgeltbefreiung erfolgt und auch dann erfolgen würde, wenn eine Befreiung nicht vorgesehen wäre.42 Somit ist eine (angemessenen) Gegenleistung nicht ersichtlich. Es ist mithin von einer Begünstigung durch die Netzentgeltbefreiung auszugehen. 4.2.2. Staatliche Maßnahme oder aus staatlichen Mitteln gewährte Maßnahme Entscheidende Bedeutung kommt vorliegend dem Merkmal der Staatlichkeit der Beihilfe zu. Der Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV unterscheidet insoweit zwischen staatlichen und aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen. Nach ständiger Rechtsprechung dient diese Unterscheidung dem Zweck, sowohl Beihilfen einzubeziehen, die unmittelbar vom Staat gewährt, als auch solche , die von öffentlichen oder privaten Einrichtungen ausgekehrt werden, die vom Staat zur Durchführung der Beihilferegelung errichtet oder beauftragt wurden.43 Hierdurch soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass das Beihilfenverbot allein dadurch umgangen wird, dass unabhängige Einrichtungen geschaffen werden, denen die Verteilung der Beihilfen übertragen wird.44 Ausschlaggebend sind hiernach zwei Kriterien: die betreffende Begünstigung muss zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden (siehe unter 4.2.2.1.) und sie muss zum anderen dem Staat zuzurechnen sein (siehe unter 4.2.2.2.)45. Dieser Zweiteilung folgen die Kommission in ihrem Eröffnungsbeschluss46 und auch das überwiegende beihilfenrechtliche Schrifttum47, wenngleich einige Stimmen in der Literatur zutreffend darauf verweisen, dass beide Kriterien eng miteinander verbunden sind und sich nicht immer konsequent trennen lassen.48 41 Vgl. EuGH, Rs. 30/59, Slg. 1991, 1, 60 – De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde. 42 So Bloch, RdE 2012, 241 (243). 43 Vgl. EuGH, Rs. C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Rn. 23 – Kommission/Frankreich (Stardust Marine), mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung. Siehe hierzu auch Lübbig/Martín-Ehlers, Beihilfenrecht der EU, 2. Auflage 2009 (im Folgenden: Lübbig/Martín-Ehlers, EU-Beihilfenrecht), Rn. 197 ff. 44 EuGH, Rs. C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Rn. 23 – Kommission/Frankreich (Stardust Marine). 45 EuGH, Rs. C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Rn. 24 – Kommission/Frankreich (Stardust Marine), mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung. 46 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 36 ff. des Eröffnungsbeschlusses („3.1.2. Zurechenbarkeit“ und „3.1.3. Einsatz staatlicher Mittel“). 47 Siehe etwa Bartosch, EU-Beihilfenrecht, 2009, Art. 87 Abs. 1 EGV, Rn. 111; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht , Rn. 1162; Soltész, in: MüKo Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 239 f.; Frenz, Beihilfen- und Vergaberecht , Rn. 554 ff., 589 ff.; Lübbig/Martín-Ehlers, EU-Beihilfenrecht, Rn. 200, 203 ff., 215 ff.; wenngleich die genannten Autoren die Gewährung aus staatlichen Mitteln zum Teil unter dem Aspekt der Haushaltsbelastung thematisieren. 48 So Soltész, in: MüKo Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 214. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 13 4.2.2.1. Aus staatlichen Mitteln Ob die Netzentgeltbefreiung als aus staatlichen Mitteln gewährte Vergünstigung zu betrachten ist, hängt davon ab, welche Voraussetzungen an dieses Merkmal zu stellen sind, wenn die Vergünstigung zwar staatlich veranlasst ist (hier über § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV und den § 19-Umlage- Festsetzungsbeschluss der BNetzA), aber über private Unternehmen (Netz- und Übertragungsnetzbetreiber ) abgewickelt wird und aus privaten Mitteln herrührt (§ 19-Umlage für Stromverbraucher ). Im Kern ist damit die Frage angesprochen, ob eine aus staatlichen Mitteln gewährte Begünstigung voraussetzt, dass ihr auf der Kehrseite eine Belastung von staatlichen Haushaltsmitteln gegenübersteht oder ob es bereits genügt, wenn der Staat den privaten Mittelfluss lediglich initiiert und in einem bestimmten Maße kontrolliert.49 Im Schrifttum wird dieser Aspekt im Kontext des Energierechts vor allem im Hinblick auf das EEG erörtert (dazu unter 5.)50, kaum hingegen im Zusammenhang mit der Netzentgeltbefreiung.51 Da sich die Konstellationen insoweit ähneln, kann auf die dortigen Argumente auch an dieser Stelle zurückgegriffen werden. Danach wird unter Verweis auf das Urteil des EuGH in der Sache PreussenElektra aus dem Jahre 200152 von der wohl überwiegenden Auffassung eine Belastung staatlicher Haushaltsmittel als erforderlich angesehen53, die hinsichtlich der Netzentgeltbefreiung v.a. aufgrund der ausschließlich privaten Herkunft der Mittel aus der § 19-Umlage deren Staatlichkeit ausschließen würde.54 49 So schon 2001 Kühling, Von den Vergütungspflichten des Energieeinspeisegesetzes bis zur Deckungsvorsorge des Atomgesetzes: Die deutsche Energierechtsordnung im Koordinatensystem des Europäischen Beihilfenrechts, RdE 2001, 93 (97 f.). Siehe ferner Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-379/98, Slg. 2001, I- 2103, Tz. 150 ff. – PreussenElektra. 50 Vgl. etwa Oschmann, in: Danner/Theobald, Energierecht, VI. B. 1., Einführung, Rn. 79 ff.; Ehrike, in: Frenz/Müggenborg, EEG, 2. Auflage 2011, Europäisches Recht der Erneuerbaren Energien, Rn. 51; Altrock /Oschmann, in: Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 3. Auflage 2011, Einführung, Rn. 92; Schlacke/Kröger, Die Priviligierung stromintensiver Unternehmen im EEG – Eine unionsrechtliche Bewertung der besonderen Ausgleichsregelung (§§ 40 ff. EEG), NVwZ 2013, 313 ff.; Reshöft, in: Reshöft, EEG, 3. Auflage 2009, Einleitung, Rn. 128 ff. 51 Siehe aber Koenig, …umlagefinanzierte Befreiung von Elektrizitätsnetzentgelten nun doch auf dem Radarschirm der EU-Behilfenkontrolle!, N&R 2013, 55 f. Ebenfalls zur beihilferechtlichen Beurteilung der Netzentgeltbefreiung , die Notwendigkeit einer staatlichen Haushaltsbelastung als Voraussetzung aber nicht in Frage stellend, Bloch, RdE 2012, 241 ff. 52 EuGH, Rs. C-379/98, Slg. 2001, I-2099 – PreussenElektra. 53 So etwa Frenz, ZNER 2012, 34 (35); ders., Beihilfen- und Vergaberecht, Rn. 574; Ehrike, in: Frenz/Müggenborg, EEG, Europäisches Recht der Erneuerbaren Energien, Rn. 51; Schlacke/Kröger, NVwZ 2013, 313 (317); Reshöft, in: Reshöft, EEG, Einleitung, Rn. 132. 54 Anders hingegen Bloch, RdE 2012, 241 (246 f.), die zwar von der Notwendigkeit der Haushaltsbelastung ausgeht , diese aber mit Blick auf die Haushalte der Netzbetreiber, die ihrer Ansicht nach überwiegend öffentliche seien, als gegeben ansieht. Auf die Haushalte der Netzbetreiber kann es allerdings nicht ankommen, da diese die § 19-Umlage lediglich erheben und an die privaten Übertragungsnetzbetreiber weiterleiten. Hier erfolgt allenfalls eine zeitweise Belastung, die von den Übertragungsnetzbetreibern ausgeglichen wird. Für die Annahme einer Beihilfe ebenfalls Koenig, N&R 2013, 55 (56), der sich gegen die PreussenElektra-Entscheidung wendet und die Haushaltsbelastung mittlerweile nicht als notwendiges Merkmal der Staatlichkeit der Mittel ansieht. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 14 Die Kommission hingegen verzichtet in ihrem Beschluss zur Netzentgeltbefreiung vor allem unter Berufung auf die Entscheidung des EuGH in der Sache Essent Netwerk aus dem Jahre 200855 auf die Notwendigkeit einer Budgetbelastung und lässt im Ergebnis die staatliche Veranlassung sowie Kontrolle des privaten Mittelflusses genügen, um insbesondere die durch die § 19-Umlage ausgeglichene Netzentgeltbefreiung ab 2012 als aus staatlichen Mitteln fließende Vergünstigung anzusehen.56 Im Zusammenhang mit dem Zeitraum 2011 und der Ausgleichsfinanzierung über das Regulierungskonto nach ARegV ist die Kommission ebenfalls der Auffassung, dass es sich dabei um eine aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfe handeln könnte, formuliert dies allerdings zurückhaltener und erbittet weitere Informationen von Seiten der Bundesrepublik.57 Vor diesem Hintergrund beschränken sich die weiteren Ausführungen zum Kommissionsbeschluss auf die über die § 19-Umlage finanzierte Netzentgeltbefreiung ab 2012. Im Folgenden werden zunächst die beiden genannten Urteile des EuGH und sodann die Argumentation der Kommission aus ihrem Beschluss dargestellt. Anschließend erfolgt eine Würdigung der Kommissionsausführungen. 4.2.2.1.1. PreussenElektra Die Rechtssache PreussenElektra hatte Vorschriften des deutschen Stromeinspeisungsgesetzes – des Vorläufers des EEG – zum Gegenstand.58 Diese sahen eine Verpflichtung privater Elektrizitätsunternehmen zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu festgelegten Mindestpreisen vor, die über dem Strommarktpreis lagen. Die sich aus der Abnahme- und Vergütungspflicht ergebenden Mehrkosten hatten die Elektrizitätsversorgungsunternehmen bis zu einem gewissen Umfang selbst zu tragen, bei Überschreitung der gesetzlich festgelegten Absatzmengen waren vorgelagerte Netzbetreiber den Versorgern erstattungspflichtig. Ein darüber hinausgehenden Ausgleichsmechanismus unter Einbeziehung der Letztverbraucher wie im Falle der Netzentgeltbefreiung und auch der EEG-Umlage war nicht vorgesehen. Der im Vorabentscheidungsverfahren angerufene EuGH entschied, dass die Abnahme- und Vergütungspflicht „nicht zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Übertragung staatlicher Mittel auf die Unternehmen [führte], die diesen Strom erzeugen. […] Der Umstand, dass die Abnahmepflicht auf einem Gesetz beruht und bestimmten Unternehmen unbestreitbare Vorteile gewährt , kann damit der Regelung nicht den Charakter einer staatlichen Beihilfe […] verleihen.“59 Der EuGH wies ferner die hilfsweise vorgetragene Argumentation der Kommission zurück, wonach zur Sicherung der praktischen Wirksamkeit des EU-Beihilfenrechts in Verbindung mit Art. 55 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497 – Essent Netwerk. 56 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 49, 94 des Eröffnungsbeschlusses. 57 Insbesondere zur Bedeutung und zum Verständnis des § 20 StromNEV, auf den in Art. 19 Abs. 2 Satz 8 Strom- NEV verwiesen wird, sowie zur Funktionsweise des Regulierungskontos, vgl. Erwägungsgründe Nr.85 ff., 93 des Eröffnungsbeschlusses. 58 Vgl. zur damaligen Rechtslage, wie sie dem Urteil zugrunde lag, EuGH, Rs. C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Rn. 3 ff. – PreussenElektra. 59 EuGH, Rs. C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Rn. 59 und 61 – PreussenElektra (Hervorhebung durch Unterzeichner) Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 15 4 Abs. 3 EUV (Loyalitätsgebot) der Begriff der staatlichen Beihilfe so auszulegen sei, dass er auch Unterstützungsmaßnahmen wie die des Stromeinspeisungsgesetzes erfasse, die vom Staat beschlossen , aber durch private Unternehmen finanziert würden.60 Art. 107 AEUV beziehe sich nur auf Maßnahmen der Mitgliedstaaten und stelle ein in sich vollständiges Verbot der von ihm erfassten staatlichen Handlungen dar; Art. 4 Abs. 3 EUV könne insoweit nicht zur Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Art. 107 AEUV auf von diesem nicht erfasste staatliche Handlungen herangezogen werden.61 4.2.2.1.2. Essent Netwerk Gegenstand der Rechtssache Essent Netwerk waren Vorschriften des niederländischen Energierechts .62 Diese sahen vor, dass Betreiber des niederländischen Stromnetzes von privaten Stromkunden einen Tarifaufschlag erheben und die daraus folgenden Einnahmen an eine gemeinsame Tochtergesellschaft der vier niederländischen Erzeugungsunternehmen, die sog. SEP, abführen. Bis zur Höhe eines bestimmten Betrages musste das Einnahmeaufkommen aus dem Tarifaufschlag zwingend als Ausgleich verwendet werden für Ausgaben, die die SEP und ihre vier Muttergesellschaften vor der Öffnung des Energiemarktes für bestimmte Investitionen getätigt hatten und die als „verlorene Kosten“ galten, die nach der Liberalisierung des Marktes nicht wieder eingenommen werden konnten. Die über diesen Betrag hinausgehenden Einnahmen waren an den zuständigen Minister abzuführen. Über die Verwendung der Mittel waren Erklärung von Wirtschaftsprüfern vorzulegen. Der wieder im Vorabentscheidungsverfahren angerufene EuGH stellte zunächst außerhalb der beihilfenrechtlichen Fragen des vorlegenden Gerichts fest, dass es sich bei dem Tarifaufschlag um eine Abgabe im Sinne der Art. 30 AEUV (Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung) oder Art. 110 AEUV (Verbot steuerlicher Diskriminierung) handele, ungeachtet der Tatsache, dass diese nicht vom Staat selbst sondern von den Netzbetreibern erhoben würde.63 Hieran knüpfte der Gerichtshof sodann bei der Frage an, ob es sich bei den an die SEP abgeführten Beträgen um eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel im Sinne des Beihilfenbegriffs nach Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt, und stellte zunächst fest, dass diese Beträge auf staatliche Mittel zurückgehen.64 Hinsichtlich des am Ausgangsrechtstreit beteiligten Netzbetreibers und der SEP hält der Gerichtshof sodann fest, dass ersterer letztlich zu 100% niederländischen Gebietskörperschaften gehöre und letztere zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt ein Unternehmen war, das durch Gesetz mit einer wirtschaftlichen Dienstleistung von allgemeinem Interesse betraut war.65 Aus den niederländischen Vorschriften folge sodann, dass die Einnahmen 60 EuGH, Rs. C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Rn. 63 ff. – PreussenElektra. 61 EuGH, Rs. C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Rn. 64 f. – PreussenElektra. 62 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 7 ff., insbesondere Rn. 19 – Essent Netwerk. 63 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 46 ff. – Essent Netwerk. 64 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 66 – Essent Netwerk. 65 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497 Rn. 68 – Essent Netwerk. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 16 aus dem Tarifaufschlag gesetzlich zweckgebunden seien und die SEP bei der Abrechnung dieser Mittel angesichts des Einsatzes von Wirtschaftsprüfern streng kontrolliert werde.66 Dass die SEP gleichzeitig Zentralstelle für die erhobene Abgabe, Verwalter der eingenommenen Mittel und begünstigter Empfänger eines Teils der Mittel sei, sei unerheblich, da die gesetzlich vorgesehenen Mechanismen und insbesondere die von einem Wirtschaftsprüfer bestätigten Abrechnungen es nämlich erlauben würden, diese verschiedenen Rollen voneinander zu unterscheiden und die Verwendung der Mittel zu kontrollieren. Daher stehe der für die SEP bestimmte Betrag […] „unter öffentlicher Kontrolle und somit den nationalen Behörden zur Verfügung, was genüge, damit er als staatliche Mittel qualifiziert werden kann.“67 In den folgenden Entscheidungsgründen nahm der Gerichtshof schließlich noch Abgrenzungen zu zwei früheren Entscheidungen vor, zunächst zur Rechtssache Pearle68 und sodann zu Preussen Elektra. In der Rechtssache Pearle ging es ebenfalls um die Beurteilung der Staatlichkeit von Mitteln, die von privaten Mitgliedern eines Berufsverbands aufgebracht wurden für eine Werbekampagne, die von einer privaten Vereinigung organisiert wurde und einem rein kommerziellen, nicht politisch veranlassten Zweck diente.69 In Abgrenzung zu der in diesem Kontext verneinten Staatlichkeit der Mittel stellte der EuGH fest, dass es sich dort „weder um eine Belastung für den Staat noch um Mittel [handelte], die unter der Kontrolle des Staates standen, im Gegensatz zu dem von SEP vereinnahmten Betrag, der auf einer Abgabe beruht und nur zu dem im Gesetz vorgesehenen Zweck verwendet werden darf. [… Außerdem] war […] die Zuweisung des Betrags [an SEP] vom Gesetzgeber beschlossen worden.“70 In Abgrenzung zur Konstellation in der Rechtssache PreussenElektra stellte der Gerichtshof fest, dass die dort betroffenen „Unternehmen nicht vom Staat mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt worden [sind], sondern zur Abnahme unter Einsatz ihrer eigenen finanziellen Mittel verpflichtet [waren].“71 4.2.2.1.3. Kommissionsposition Vor allem in Anknüpfung an die Rechtssache Essent Netwerk gelangt die Kommission mit Blick auf die aus § 19-Umlage finanzierte Netzentgeltbefreiung zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um eine Maßnahme aus staatlichen Mitteln handele, weil: die § 19-Umlage erstens über eine Sonderabgabe/Umlage finanziert werde; 66 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497 Rn. 69 – Essent Netwerk. 67 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 70 – Essent Netwerk (Hervorhebung durch Unterzeichner). 68 EuGH, Rs. C-345/02, Slg. 2004, I-7139 – Pearle. 69 EuGH, Rs. C-345/02, Slg. 2004, I-7139, Rn. 36 – Pearle. 70 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 72 f. – Essent Netwerk (Hervorhebung durch Unterzeichner). 71 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 74 – Essent Netwerk (Hervorhebung durch Unterzeichner). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 17 mit der Verwaltung zweitens ein privates Unternehmen beauftragt sei und der Staat hierfür Regeln zur Verwendung und Zweckbestimmung der Umlage aufgestellt habe, insbesondere hinsichtlich der Verwendung der überschüssigen Umlagemittel; und drittens staatliche Kontrollmechanismen bestünden, mit denen die Finanzströme überwacht würden.72 Das Vorliegen einer Sonderabgabe/Umlage ergebe sich daraus, dass diese den Letztverbrauchern verbindlich durch den Staat in Gestalt der BNetzA auferlegt werde zum Zwecke des Ausgleichs der Erlösausfälle auf Seiten der Übertragungsnetzbetreiber.73 Im diesem Zusammenhang führt die Kommission aus, dass die Finanzierung des Vorteils aus privaten Mitteln unschädlich sei.74 Es bestehe kein Erfordernis, wonach eine Beihilfe aus dem Staatshaushalt finanziert werden muss75. Auch die Entscheidung PreussenElektra stehe dem nicht entgegen, da in dem dortigen Fall die betroffenen Unternehmen die finanziellen Belastungen selbst trugen und der Staat im Übrigen kein Ausgleichssystem festgesetzt hatte.76 Auch könne aufgrund der gesetzlichen und der im §-19-Umlage-Festsetzungsbeschluss getätigten Vorgaben zur Umsetzung des Ausgleichsmechanismus auf Seiten der Übertragungsnetzbetreiber weder über die Höhe der Umlage noch über ihre Verwendung frei entschieden werden.77 Unschädlich sei ferner, dass die Übertragungsnetzbetreiber die Begünstigung möglichweise vorfinanzieren müssen, da im Ergebnis ein vollständiger Ausgleich über die § 19-Umlage erfolge.78 Im Übrigen entspreche es der Kommissionspraxis, Vorteile in Form einer Abnahmeverpflichtung, für die die abnehmenden Unternehmen vom Staat (zum Beispiel über einen Fonds) einen Ausgleich erhalten , als staatliche Beihilfen einzuordnen, auch wenn der Vorteil von privaten Betreibern vorfinanziert wurde.79 Entscheidender Faktor sei, dass der Staat eine Abgabe oder Umlage eingeführt habe, die dazu diene, dem privaten Betreiber einen Ausgleich für die finanzielle Belastung zu gewähren, die sich daraus ergebe, dass der Staat diesen verpflichtet hat, anderen Unternehmen einen Vorteil zu gewähren.80 72 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 49 des Eröffnungsbeschlusses. 73 Erwägungsgründe Nr. 50 bis 52 des Eröffnungsbeschlusses. 74 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 53 des Eröffnungsbeschlusses. 75 Vgl. Erwägungsgründe 54 bis 55 des Eröffnungsbeschlusses. Hierbei beruft sich die Kommission ferner auf EuG, T-358/94, Slg. 1996, II-2109, Rn. 63-65 – Air France/Kommission; sowie EuG, T-139/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht– Frankreich/Kommission. 76 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 57 des Eröffnungsbeschlusses. 77 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 58 bis 60 des Eröffnungsbeschlusses. 78 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 61 des Eröffnungsbeschlusses. 79 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 61 des Eröffnungsbeschlusses mit den dortigen Angaben zur Kommissionspraxis. 80 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 61 des Eröffnungsbeschlusses. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 18 Die Beauftragung der Übertragungsnetzbetreiber mit der Verwaltung staatlicher Mittel und die Festlegung der Umlage seitens des Staates ergebe sich aus den gesetzlichen Vorgaben in § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV und dem diese Vorschrift konkretisierenden § 19-Umlage-Festsetzungsbeschluss der BNetzA. Hiernach zentralisierten die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber die sich aus der Befreiung ergebenden Kosten einerseits und die Einnahmen aus der § 19-Umlage andererseits, so dass sie zusammen in fondsähnlicher Weise handelten.81 Daraus ergebe sich, dass die Übertragungsnetzbetreiber die § 19-Umlage verwalten und ihnen diese besondere Aufgabe und alle damit verbundenen Tätigkeiten per Gesetz und von der BNetzA übertragen worden seien.82 Dass es sich bei den Übertragungsnetzbetreibern nicht um staatliche Einrichtungen handele , sei unschädlich, da nach der Rechtsprechung auch private Einrichtungen mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt werden können.83 Im Übrigen sei es nicht zwingend, dass nur eine Einrichtung alleine mit der Verwaltung beauftragt oder betraut sei. Es könnten auch mehrere Einrichtungen zunächst in ihrem jeweiligen Bereich allein und dann kollektiv handeln, so wie hier die Verteilernetzbetreiber zunächst im Hinblick auf die Erhebung der § 19-Umlage und sodann die Übertragungsnetzbetreiber in Bezug auf die Zentralisierung und anschließende Verwaltung sowie Aufteilung der daraus folgenden Einnahmen.84 Schließlich seien Verwendung und Zweck der Umlage staatlicherseits bestimmt und darüber hinaus sei festgelegt worden, wofür eventuelle überschüssige Umlagebeträge verwendet werden sollen (Ausgleich von Mehr- oder Mindereinnahmen im zwei Jahres-Rhythmus). Bereits aus diesen normativen Vorgaben sowie aus der Beauftragung ergebe sich auch, dass die Mittel aus der § 19-Umlage unter staatlicher Kontrolle stünden.85 4.2.2.1.4. Bewertung Blickt man zunächst auf die Rechtssache Essent Netwerk und den darauf maßgeblich Bezug nehmenden Kommissionsbeschluss zur Netzentgeltbefreiung, so lässt sich festhalten, dass die Kommission die Kernaussagen des Urteils in zutreffender Weise auf die rechtliche Ausgestaltung der Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 StromNEV in Verbindung mit dem § 19-Umlage- Festsetzungsbeschluss überträgt. Ausgangspunkt für die Einordnung der Mittel als staatliche ist in beiden Konstellationen die staatliche Auferlegung der von den Letztverbrauchern zu tragenden Abgabe: der Tarifaufschlag in Essent Netwerk beruht auf einer gesetzlichen Regelung, im Zusammenhang mit der Netzentgeltbefreiung wird die § 19-Umlage über den § 19-Umlage-Festsetzungsbeschluss auferlegt. 81 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 63 bis 65 des Eröffnungsbeschlusses. 82 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 66 f. des Eröffnungsbeschlusses. 83 Vgl. Erwägungsgründe 68 f. des Eröffnungsbeschlusses mit Verweis auf EuGH, Rs. 78/76, Slg. 1977, 595 – Steinike. 84 Vgl. Erwägungsgründe des Eröffnungsbeschlusses Nr. 72 ff. 85 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 81 und 83 des Eröffnungsbeschlusses. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 19 Maßgeblich ist weiter, dass die daraus folgenden Einnahmen anschließend der Verwaltung durch eine vom Staat beauftragten Einrichtung unterliegen, die nicht zugleich Finanzierungsquelle der aufgebrachten Mittel ist: In Essent Netwerk war es die SEP, an die die Tarifaufschläge nach der gesetzlichen Vorgabe abzuführen waren, wenngleich es sich bei dieser Einrichtung zugleich um die Begünstigte handelte. Der Gerichtshof hielt dies für unschädlich, da die unterschiedlichen Funktionen der SEP sich insoweit trennen ließen.86 Der Netzentgeltbefreiung liegt im Ergebnis eine ähnliche Konstellation zugrunde, auch wenn dort nicht eine Einrichtung die Mittel verwaltet . Die § 19-Umlage ist gemäß § 19-Umlage-Festsetzungsbeschlusses an die vier Netzbetreiber abzuführen, um hierdurch die von ihnen nach § 19 Abs. 2 Satz 6 bis 8 StromNEV zu tragenden Kosten für die Netzentgeltbefreiung auszugleichen, wobei die Übertragungsnetzbetreiber zunächst untereinander einen Ausgleich vornehmen müssen. Unschädlich ist schließlich auch, dass die unmittelbare Erhebung der jeweiligen Abgabe durch andere als die verwaltenden Einrichtungen erfolgte bzw. erfolgt, nämlich durch die jeweiligen (Verteiler-)Netzbetreiber, die die Einnahmen dann an die verwaltenden Einrichtungen weiterzureichen hatten bzw. haben. Entscheidend ist sodann, dass die Verwaltung dieser Mittel im Sinne ihrer Verwendung und Zweckbestimmung staatlichen Vorgaben unterlag bzw. unterliegt: Nach den niederländischen Bestimmungen war ein bestimmter Betrag aus den Einnahmen als Ausgleich für sog. verlorene Investitionsausgaben vorzusehen, die darüber hinausgehende Summe war an den zuständigen Minister abzuführen. Bei der Netzentgeltbefreiung ergeben sich Verwendung, Zweckbestimmung sowie Berechnungsmethode der § 19-Umlage für die Übertragungsnetzbetreiber insbesondere aus den Vorgaben des § 19-Umlage-Festsetzungsbeschlusses. Schließlich kennzeichnet beide Fälle die staatliche Kontrolle hinsichtlich der Umsetzung. Bei Essent Netwerk ergibt sich diese für den Gerichtshof insbesondere aus dem Einsatz von Wirtschaftsprüfern hinsichtlich der Abrechnung der Einnahmen aus dem Tarifaufschlag gegenüber dem zuständigen Minister.87 Im Hinblick auf die Netzentgeltbefreiung folgt dies nach Ansicht der Kommission bereits aus den gesetzlichen Vorgaben und dem § 19-Umlage-Festsetzungsbeschluss . Eine der Wirtschaftsprüfung vergleichbare ex-post Kontrolle kann die Kommission hingegen nicht darlegen, da eine solche für die § 19-Umlage ab 2012 weder in der gesetzlichen Regelung in § 19 Abs. 2 StromNEV noch in § 19-Umlage-Festsetzungebschluss vorgesehen ist.88 Darin liegt zugleich einer der Unterschiede zwischen beiden Konstellationen. Ob es sich hierbei jedoch um eine bedeutende Abweichung handelt, ist vor dem Hintergrund der strengen gesetzlichen Vorgaben fraglich. Als gewisse Kompensation einer ex-post-Kontrolle seitens des Staates 86 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 70 – Essent Netwerk. 87 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 69 f. – Essent Netwerk. 88 Der Verweis der Kommission in Erwägungsgrund Nr. 84 des Eröffnungsbeschlusses auf die Überwachung seitens der BNetzA über das Regulierungskonto betrifft den Zeitraum 2011 vor Einführung der § 19-Umlage und im Übrigen das insoweit nicht relevante Verhältnis zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den Netzbetreibern . Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 20 kann zudem auf die Notwendigkeit der Genehmigung von Netzentgeltbefreiungen nach § 19 Abs. 2 Satz 3 StromNEV verwiesen werden.89 Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass die verwaltende Einheit in der Rechtssache Essent ein Unternehmen war, welches durch Gesetz mit Dienstleistungen von allgemeinen Interesse betraut wurde. Dies ist bei den vier privaten Übertragungsnetzbetreibern nicht der Fall. Es fehlt hier an einem solchen Betrauungsakt. Dieser Unterschied dürfte allerdings ebenfalls nicht von Belang sein. Denn es ist nicht ersichtlich, dass gerade diese besondere Eigenschaft der SEP in der Rechtssache Essent Netwerk entscheidend für ihre Rolle als verwaltende Einheit gewesen ist. Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass der Beihilfenbegriff auch diejenigen Vorteile erfasst, die über eine vom Staat benannte oder errichtete öffentliche oder private Einrichtung gewährt werden.90 Ein dritter Unterschied zwischen den Konstellationen kann schließlich darin gesehen werden, dass bei der Netzentgeltbefreiung zugleich vier Einrichtungen mit der Verwaltung der Mittel beauftragt wurden und nicht wie bei Essent Netwerk mit der SEP nur eine.91 Auch dies dürfte jedoch unbedeutend sein, da sich das Erfordernis der Beauftragung nur einer Einrichtung der Rechtsprechung nicht entnehmen lässt.92 Somit stehen die beschriebenen Unterschiede einer Übertragung der Kernaussagen aus der Rechtssache ESSENT Netwerk auf die Netzentgeltbefreiung nicht entgegen. Betrachtet man vor dem Hintergrund dieser Erwägungen sodann die Entscheidung PreussenElektra im Lichte der für den Kommissionsbeschluss maßgeblichen Rechtssache Essent Netwerk, so wird deutlich, dass dem erst genannten Urteil zumindest rückblickend nicht die ihm im Schrifttum teilweise beigemessene Bedeutung hinsichtlich der Staatlichkeit der Mittel zukommt.93 Aus der in Essent Netwerk vorgenommenen Abgrenzung folgt, dass nicht die fehlende staatliche Haushaltbelastung und somit die Finanzierung der Begünstigung aus privaten Mitteln entscheidend für die Ablehnung der staatlichen Mittelübertragung gewesen sind – beide Aspekte kennzeichnen nämlich auch den Ausgangssachverhalt in Essent Netwerk –, sondern die Tatsache, dass „die Unternehmen nicht vom Staat mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt worden , sondern zur Abnahme unter Einsatz ihrer eigenen finanziellen Mittel verpflichtet [waren].“94 89 Diesen Umstand betonen Koenig, N&R 2013, 55 (56), und Bloch, RdE 2012, 241 (246). 90 Vgl. etwa EuGH, Rs. C-270/08 P, Slg. 2011, I-, Rn. 105 – Kommission/Niederlande; EuGH, Rs. C-227/07, Slg. 2009, I-1407, Rn. 43 – UTECA; EuGH, Rs. C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Rn. 23 – Kommission/Frankreich (Stardust Marine); EuGH, Rs. 78/76, Slg. 1977, 595, Rn. 21 – Steinike. 91 Hierauf wurde auch von Seiten Deutschlands verwiesen, vgl. Erwägungsgrund Nr. 72 des Eröffnungsbeschlusses . 92 So im Ergebnis auch die Kommission, vgl. Erwägungsgrund Nr. 73 des Eröffnungsbeschlusses. 93 Vgl. oben 4.2.2.1, S. 13. 94 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 74 – Essent Netwerk (Hervorhebung durch Verfasser). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 21 Woraus die Staatlichkeit der verwalteten Mittel folgen kann, wenn deren Herkunft privater Natur ist und eine Belastung staatlicher Haushalt somit ausbleibt, ergibt sich aus den vorangehenden Ausführungen in der Rechtssache Essent Netwerk: es ist ausreichend, wenn die Mittel „unter öffentlicher Kontrolle und somit den nationalen Behörden zur Verfügung [stehen], was genügt, damit [sie] als staatliche Mittel qualifiziert werden [können].“95 Die hierfür erforderlichen Umstände , wie sie soeben in der vergleichenden Gegenüberstellung dargestellt wurden, sah der Gerichtshof in Essent Network dabei als gegeben an: staatliche Auferlegung einer Abgabe, Verwaltung der daraus folgenden Einnahmen durch eine staatlich beauftragte Einrichtung, staatliche Vorgaben hinsichtlich Verwendung und Zweckbestimmung der Mittel sowie Kontrolle bei der Umsetzung der Vorgaben. Hieraus folgt, dass nach der Entscheidung Essent Netwerk eine Belastung staatlicher Haushalte für die Staatlichkeit der Mittel keine notwendige Voraussetzung ist. Eine zumindest den beschriebenen Umständen in der Rechtssache Essent genügende und von der Kommission konsequent auch für die Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 StromNEV im Ergebnis festgestellte öffentliche Kontrolle der aus privaten Quellen finanzierten Mittel begründet ebenfalls eine für Art. 107 Abs. 1 AEUV ausreichende Staatlichkeit der Mittel. Dieser in der Entscheidung Essent Netwerk angeführte Begründungsansatz für die Staatlichkeit der Mittel ist als Topos nicht neu, sondern geht – wie sich aus einem Verweis dieser Entscheidung ergibt - auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Stardust Marine zurück96. Dort ging es allerdings um Mittel öffentlicher Finanzunternehmen, die zwar nicht zum Vermögen des Staates gehörten, aber nach Ansicht des EuGH im Ergebnis unter ständiger staatlicher Kontrolle und somit den Behörden zur Verfügung standen.97 Insoweit wird die Entscheidung Essent Netwerk im Schrifttum als Fortentwicklung dieser Rechtsprechungslinie angesehen in Bezug auf das Zusammenspiel von staatlich veranlassten Abgaben und deren staatlich gelenkte Verwendung zu Begünstigungszwecken durch staatlich beauftragte Einrichtungen98, die in der Sache auch in weiteren Urteilen aufgegriffen wurde.99 Im Ergebnis wird durch den für diese Rechtsprechungslinie kennzeichnenden Verzicht auf die Notwendigkeit einer staatlichen Haushaltsbelastung als Kehrseite der Begünstigung zu Gunsten 95 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 70 – Essent Netwerk (Hervorhebung durch Verfasser). 96 EuGH, Rs. C-206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 70 – Essent Netwerk mit Verweis auf EuGH, Rs. C-482/99, Slg. 2002, I-4397– Frankreich/Kommission (Stardust Marine). 97 Vgl. EuGH, Rs. C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Rn. 33 ff. – Frankreich/Kommission (Stardust Marine). Auf dieses Urteil bezieht sich auch Bloch, RdE 2012, 241 (244 ff.) zur Begründung der Staatlichkeit der Mittel. 98 So Soltész, in: Müko Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 289 ff.; Lübbig/Martín-Ehlers, EU-Beihilfenrecht, Rn. 227 ff.; vgl. auch Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 60 f. 99 Vgl. etwa EuG, verb. Rs. T-309/04, T-317/04, T-329/04 und T-336/04, Slg. 2008, II-2935, Rn. 158 f. – TV2/Danmark; EuG, Rs. T-25/07, Slg. 2009, II-245, Rn.25 ff. – Iride. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 22 einer staatlichen Veranlassung und Kontrolle der hierfür aufgewandten privaten Mittel der Beihilfenbegriff des Art. 107 Abs. 1 AEUV ausgeweitet. 100 4.2.2.2. Staatliche Zurechenbarkeit Das Kriterium der staatlichen Zurechenbarkeit ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Vergünstigung nicht durch den Staat selbst bzw. seine Untergliederungen gewährt wird, sondern durch Dritte wie hier durch die Netzbetreiber. Es soll solche Maßnahmen ausschließen, die nicht auf staatliche Entscheidungsträger zurückgehen.101. Vorliegend folgt die für eine Zurechnung erforderliche staatliche Einflussnahme102 aus der nach § 19-Umlage finanzierten Netzentgeltbefreiung entsprechend der gesetzlichen Vorgaben in § 19 Abs. 2 StromNEV, den Genehmigungsentscheidungen der BNetzA sowie aus ihren Umlagebeschluss (§ 19-Umlage-Festsetzungsbeschluss), so dass an der staatlichen Zurechenbarkeit sowohl hinsichtlich der Netzentgeltbefreiung als auch hinsichtlich der Erhebung der § 19-Umlage keine Zweifel bestehen. Zu diesem Ergebnis gelangt auch die Kommission, die das Vorliegen dieser Voraussetzung in nur einem Erwägungsgrund feststellt.103 4.2.3. Selektivität Bei den von der Netzentgeltbefreiung Begünstigten muss es sich ferner um bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV handeln. Man spricht insoweit auch von der Selektivität einer als Beihilfe zu qualifizierenden Maßnahme.104 Die Funktion dieses Merkmals besteht darin, allgemeinstaatliche Fördermaßnahmen aus dem Beihilfenbegriff auszuschließen , die unterschiedslos der gesamten Wirtschaft zugute kommen wie etwa Infrastrukturmaßnahmen .105 Beweispflichtig für das Vorliegen der Selektivität ist die Kommission.106 Geprüft wird die Selektivität von abstrakt-generellen Beihilferegelungen, die eine Freistellung von bestimmten finanziellen Lasten beinhalten, wie es bei der Netzentgeltbefreiung nach § 19 100 Vgl. hierzu, zum Teil kritisch, etwa Soltész, in: MüKo Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 276; Bear, Abnahmepflicht und Vergütungspflichten in der Energiewirtschaft, 2008, S. 135; Koenig, N&R 2013, 55 (56); Erk, Die künftige Vereinbarkeit des EEG mit Verfassungs- und Europarecht, 2008, S. 180 ff.; Pomana, Förderung Erneuerbarer Energien in Deutschland und im Vereinten Königreich im Lichte des Europäischen Wettbewerbsrechts , 2011, S. 372 ff. 101 Soltész, in: MüKo Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 239. Vgl. zur einschlägigen Rechtsprechung ferner Lübbig/Martín-Ehlers, EU-Beihilfenrecht, Rn. 203 ff. 102 Vgl. hierzu das grundlegende Urteil des EuGH, Rs. C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Rn. 55 – Kommission/Frankreich (Stardust Marine). 103 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 36 des Eröffnungsbeschlusses. 104 Vgl. Arhold, in: MüKo Wettbewerbsrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 330; Koenig/Haratsch/Pechstein, Europarecht, Rn. 1165. 105 Lübbig/Martín-Ehlers, EU-Beihilfenrecht, Rn. 232; Koenig/Haratsch/Pechstein, Europarecht, Rn. 1165; 106 Vgl. Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 68. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 23 Abs. 2 Satz 2 StromNEV107 der Fall ist, in drei Schritten108: Zunächst bedarf es der Feststellung, worin die allgemeine Regelung besteht bzw. was als Normalfall anzusehen ist. Auf dieser Grundlage ist dann zu ermitteln, ob die betreffende Maßnahme zu einer Differenzierung zwischen Unternehmen oder Produktionszweigen führt, die sich im Hinblick auf das mit der Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (Ausnahmecharakter bzw. Selektivität der Maßnahme). Liegt eine solche Differenzierung vor, so kann die Selektivität gleichwohl ausgeschlossen sein, wenn sich die Differenzierung aus der Natur und dem inneren Aufbau des betreffenden Systems ergibt. Der Nachweis für letzteres obliegt allerdings dem Mitgliedstaat.109 Wendet man dieses Prüfungsschema auf die Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Strom- NEV an, so ist zunächst festzuhalten, dass der Zugang zu Stromnetzen für alle Netznutzer entgeltpflichtig ist (vgl. Art. 20 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 StromNEV). Insbesondere Letztverbraucher befinden sich in derselben tatsächlichen und rechtlichen Situation, da sie alle das Netz nutzen. Vor diesem Hintergrund trifft die Regelung in § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV eine Ausnahme für eine bestimmte Gruppe von Unternehmen und zwar für solche, deren Stromabnahme die Benutzungsstundenzahl von mindestens 7.000 Stunden erreichet und einen Stromverbrauch von 10 Gigawattstunden übersteigt. Begünstigt werden hierdurch folglich ausschließlich sog. stromintensive Unternehmen, die vor allem der verarbeitenden Industrie angehören, während alle anderen Letztverbraucher – sei es Haushalte oder Unternehmen – bei darunter liegendem Stromverbrauch zur Zahlung von Netzentgelten verpflichtet sind. Danach handelt es sich bei § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV – wie es auch die Kommission feststellt110 – folglich um eine selektive Begünstigung.111 Eine solche wäre nur dann ausgeschlossen, wenn sich die durch die Netzentgeltbefreiung eingeführte Differenzierung aus der Natur oder dem inneren Aufbau des Netzentgeltsystems ergeben würde. Im Rahmen des bisherigen Beihilfenverfahrens hat es hierzu von Seiten Deutschland keinen Vortrag gegeben.112 Von der Kommission113 und auch im Schrifttum114 wird in diesem Zusammenhang der Beitrag der begünstigten stromintensiven Unternehmen zur Netzstabilisierung zwar angesprochen, aber im Ergebnis jeweils als nicht durchgreifend abgelehnt. 107 Das bestehende Genehmigungserforderniss ist insoweit unschädlich, da es sich dabei um eine gebundene Entscheidung handelt. Siehe oben unter 4.1., S. 8 f., Fn. 21. 108 Siehe zum nachfolgenden Prüfschema mit Nachweisen aus der Rechtsprechung jeweils Arhold, in: MüKo Wettbewerbsrecht , Art. 107 AEUV, Rn. 335, 338 ff.; Bartosch, EU-Beihilfenrecht, Art. 107 AEUV, Rn. 94; ebenso, wenngleich nur von zwei Schritten sprechend, Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 83. Diesen Ansatz legt auch die Kommission im Eröffnungsbeschluss zugrunde, vgl. Erwägungsgründe Nr. 29 ff. 109 EuGH, C-159/01, Slg. 2004, I-4461, Rn. 43 – Niederlande/Kommission. 110 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 31 des Eröffnungsbeschlusses. 111 So auch Bloch, RdE 2012, 241 (243). 112 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 33 des Eröffnungsbeschlusses. 113 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 33 f. des Eröffnungsbeschlusses. 114 Bloch, RdE 2012, 241 (243 f.). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 24 Die Kommission verweist diesbezüglich auf das mit der Erhebung von Netzentgelten verfolgte Ziel der Deckung der Kosten für die Errichtung und Instandhaltung des Netzes sowie den Grundsatz der Verursachungsgerechtigkeit als Maßstab für die Bestimmung von Netzentgelten (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 1 StromNEV) und betont, dass sich die nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV begünstigten Unternehmen insoweit nicht von den übrigen Unternehmen unterscheiden würden.115 Im Schrifttum wird darauf hingewiesen, dass die netzstabilisierende Wirkung als systemimmanentes Element nur zu berücksichtigen wäre, wenn sie als Spiegelbild der Kostenverursachung angesehen werden könnte; da sich dieser Zusammenhang allerdings nicht von alleine erschließe, müsste dies erst in technisch-tatsächlicher Hinsicht dargetan werden.116 Zweifel an seinem Bestehen werden laut einem Zeitungsbericht in der TAZ vom 19.03.2013 geltend gemacht.117 Danach können Energieexperten dieser Argumentation nicht folgen, da die Befreiung Unternehmen betreffe, die ohne Rücksicht auf die jeweilige Netzsituation gleichmäßig und in großen Mengen Strom beziehen. Netzstabilisierend sei allerdings nur eine flexible Netznutzung, die sich an den Bedürfnissen des Netzes ausrichte. Vor diesem Hintergrund ist mit der Kommission und der im Schrifttum vertretenen Ansicht zumindest nach derzeitigem Verfahrensstand davon auszugehen, dass die Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV auch das Merkmal der Selektivität erfüllt. 4.2.4. Wettbewerbsverfälschung und Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels Keine Zweifel bestehen schließlich im Hinblick auf die Merkmale der Wettbewerbsverfälschung und der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels.118 An beide Voraussetzungen werden in der Regel keine hohen Anforderungen gestellt.119 Ersteres ist gegeben, wenn die Beihilfe tatsächlich oder potentiell in ein bestehendes oder möglicherweise zur Entstehung kommendes Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmen oder Produktionszweigen eingreift und damit den Ablauf des Wettbewerbs verändert.120 Für die nur ausnahmsweise zu verneinende Zwischenstaatlichkeitsklausel ist ausreichend, dass die in Frage stehende Begünstigung zukünftige Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel nach sich ziehen kann.121 Insoweit ist der Kommission in ihrem Netzentgeltbeschluss zu folgen, wonach die netzentgeltbefreiten Unternehmen insbesondere dem verarbeitenden Gewerbe angehören (Industriegasbran- 115 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 34 des Eröffnungsbeschlusses. 116 Bloch, RdE 2012, 241 (244). 117 TAZ vom 19.03.2013, „Entgeltbefreiung ohne Sinn“ von Bernward Janzig. 118 Von der Kommission werden diese beiden Aspekte in dem Beschluss zur Netzentgeltfestsetzung entsprechend kurz gewürdigt, vgl. Erwägungsgrund Nr. 35. 119 Vgl. Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Auflage 2012, Art. 107 AEUV, Rn. 53; Koenig/Haratsch/ Pechstein, Europarecht, Rn. 1168, 1169. 120 Koenig/Haratsch/Pechstein, Europarecht, Rn. 1168. 121 Siehe hierzu Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rn. 97 ff., mit Nachweisen aus der Rechtsprechung . Vgl. bereits EuGH, RS. 730/79, Slg. 1980, 2671, Rn. 11 – Philip Morris. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 25 che, der chemischen Industrie und der Papierindustrie) und im Wettbewerb mit Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten stehen.122 Es kann somit davon ausgegangen werden, dass sich die Befreiung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirkt und den Wettbewerb verfälschen kann.123 Es liegen somit alle Merkmale des Beihilfebegriffs im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vor. 4.3. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 AEUV? Hinsichtlich der Vereinbarkeit der Netzentgeltbefreiung mit Art. 107 Abs. 3 AEUV verweist die Kommission zunächst in ihrem Beschluss auf den Umstand, dass Deutschland als betroffener Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung insoweit darlegungspflichtig sei.124 Allerdings seien keine Gründe vorgetragen worden, aus denen sich eine Vereinbarkeit mit dem hier allenfalls einschlägigen Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV ergeben könnte.125 Zwar wurde seitens Deutschlands erklärt, dass die begünstigten energieintensiven Unternehmen das Netz stabilisierten, ohne jedoch die stabilisierende Wirkung zu begründen oder anzugeben, nach welchen Vorschriften und aus welchen Gründen eine derartige Wirkung die Möglichkeit geben könnte, die Beihilfe als mit den Binnenmarkt vereinbar anzusehen.126 Die Kommission zieht daher nach derzeitigem Erkenntnisstand den Schluss, dass es sich bei den Befreiungen um Betriebsbeihilfen handele, die grundsätzlich mit dem Binnenmarkt unvereinbar seien.127 An dieser Stelle kann zudem auf die Ausführungen zur netzstabilisierenden Wirkung der begünstigten Unternehmen im Rahmen der Selektivität hingewiesen werden.128 Danach erschließt sich ein Zusammenhang zwischen dieser Wirkung und der Verringerung der Netznutzungskosten nicht von alleine und müsste zunächst dargelegt werden. Im Übrigen sei nach Ansicht von Energieexperten nur eine flexible Netznutzung netzstabilisierend und nicht die stete Abnahme gleich großer Mengen Strom wie sie für die Befreiung vorausgesetzt werde. Vor diesem Hintergrund ist nach derzeitigem Verfahrensstand von einer fehlenden Rechtfertigung der Netzentgeltbefreiung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV nach Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV auszugehen. Die Einschlägigkeit anderer Ermessenstatbestände des Art. 107 Abs. 3 AEUV ist nicht ersichtlich. 122 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 35 des Eröffnungsbeschlusses. 123 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 35 des Eröffnungsbeschlusses. 124 Vgl. EuGH, Rs. C-364/90, Slg. 1993, I-2097, Rn. 20 – Italien/Kommission; EuG, verb. Rs. T-132/96 u. T-143/96, Slg. 1999, II-3662, Rn. 140 – Freistaat Sachsen/Kommission. 125 Erwägungsgrund Nr. 95 f. des Eröffnungsbeschlusses mit Verweis auf einschlägige Rechtsprechung. 126 Erwägungsgrund Nr. 97 des Eröffnungsbeschlusses. 127 Erwägungsgrund Nr. 98 des Eröffnungsbeschlusses. 128 Siehe oben unter 4.2.3., S. 22 ff. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 26 4.4. Zwischenergebnis Unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Verfahrensstandes ist in Übereinstimmung mit den Kommissionserwägungen im Eröffnungsbeschluss davon auszugehen, dass die Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt. Insbesondere ist im Lichte des Urteils des Gerichtshofs in der Rechtssache Essent Netwerk anzunehmen, dass die durch die Netzentgeltbefreiung verursachte Begünstigung auf staatliche Mittel zurückzuführen ist. Hinsichtlich des Vorliegens der übrigen Merkmale des EU- Beihilfenbegriffs bestehen allenfalls geringe Zweifel bezüglich der Selektivität, soweit diese aus Gründen des Beitrags der befreiten Unternehmen zur Netzstabilisierung von Seiten Deutschlands im weiteren Verlauf des Verfahrens in Frage gestellt und argumentativ in tatsächlich-technischer Sicht untermauert werden sollte. Gleiches gilt für diesen Aspekt im Rahmen einer Berücksichtigung bei der Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Rechtfertigungstatbestand des Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV. 5. Das EEG Das im Jahr 2000 in Kraft getretene EEG wurde mehrfach neugefasst und unterlag in der Folgezeit zahlreichen kleineren Änderungen.129 Die aktuell geltende Fassung geht in weiten Teilen auf die Novellierung durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28.07.2011 zurück, das überwiegend am 01.01.2012 in Kraft trat.130 Nach dieser Zeit folgten noch weitere Änderungen.131 Da nicht näher bekannt ist, von welchem Gesetzgebungsstand die Kommission bei ihrer Beihilfenprüfung ausgeht, wird nachfolgend von dem aktuellen Gesetzesstand ausgegangen. Beihilfenrechtliche Relevanz weist das EEG bereits in seiner ursprünglichen Fassung vor allem unter zwei Gesichtspunkten auf, auf die auch in der an den Fachbereich gerichteten Frage Bezug genommen wird: zum einen hinsichtlich der vorrangigen Abnahme des Stroms aus Erneuerbaren Energien und der gesetzlich festgelegten Vergütung für die betreffenden Anlagebetreiber (Einspeisevorrang und -vergütung – siehe unter 5.1.) und zum anderen hinsichtlich der besonderen Ausgleichsregelung, die in einer Begrenzung der EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen besteht und wohl Anlass für die Einleitung dieses Beihilfenverfahrens gewesen ist (siehe unter 5.2.). 5.1. Zum Einspeisevorrang und der Einspeisevergütung 5.1.1. Einspeisevorrang und -vergütung Das EEG verpflichtet Netzbetreiber zunächst dazu, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien vorrangig an ihr Netz anzuschließen (§ 5 Abs. 1 EEG). Der in diesen Anlagen 129 Siehe zur Änderungshistorie Salje, Erneuerbare Energien-Gesetz 2012, 6. Auflage 2012 (im Folgenden: Salje, EEG 2012), Einleitung, Rn. 14 ff. 130 BGBl. I 2011, 1475. 131 U.a. durch das Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien vom 17.08.2012, BGBl. 2012, 1754. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 27 erzeugte Strom ist von den Netzbetreibern132 sodann unverzüglich vorrangig abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen (§ 8 Abs. 1 EEG). Den Anlagebetreibern steht hingegen eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestvergütung für den abgenommenen Strom zu (§ 16 Abs. 1 EEG).133 Die Mindestvergütungssätze für Strom aus den verschiedenen erneuerbaren Energiequellen werden in §§ 23 bis 32 EEG festgelegt. Die Höhe der Vergütung orientiert sich an den Investitionsund Betriebskosten der jeweiligen Anlage134 und ist daher für die einzelnen Erneuerbaren Energiequellen unterschiedlich ausgestaltet. Zudem ist der Vergütungssatz – je nach Inbetriebnahmejahr der Anlage und der jeweils anwendbaren Fassung des EEG – teilweise degressiv fallend ausgestaltet (vgl. §§ 20, 20b, 66 EEG). Die Vergütungsdauer beträgt 20 Kalenderjahre zuzüglich des Inbetriebnahmejahres (§ 20 Abs. 2 EEG). Vergütungsschuldner des jeweiligen Anlagebetreibers ist der zur Erstabnahme verpflichtete Netzbetreiber (§ 16 Abs. 1 EEG), der die Vergütungskosten sodann von dem vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber 135 erstattet bekommt (§ 35 Abs. 1 EGG).136 Nach der jetzt geltenden Fassung sind die Übertragungsnetzbetreiber anschließend selbst verpflichtet, den Strom aus Erneuerbaren Energien zu vermarkten (§ 37 Abs. 1 EEG in Verbindung mit der Ausgleichsmechanismusverordnung – AusglMechV).137 Dies erfolgt nach § 2 AusglMechV ausschließlich am Spotmarkt einer Strombörse, also weder am Terminmarkt noch über den außerbörslichen Handel.138 Da die für den Strom aus Erneuerbaren Energien an der Strombörse erzielten Marktpreise139 derzeit unter den EEG-Vergütungssätzen liegen, erhalten Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von 132 Nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 8 EEG sind darunter Betreiber von Netzen aller Spannungsebenen für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität zu verstehen. 133 Außer Betracht gelassen wird vorliegend die Möglichkeit der Direktvermarktung von Seiten der Anlagebetreiber an Dritte, die mit den §§ 33a bis 33i EEG zum 01.01.2012 eingeführt wurde. Hierdurch entfällt nach § 33e EEG der Vergütungsanspruch. Je nach Form der Direktvermarktung (vgl. § 33b EEG), können Anlagebetreiber von Netzbetreibern allerdings eine Marktprämie verlangen, mit der die Differenz zwischen dem erzielten Vermarktungspreis und der EEG-Mindestvergütung ausgeglichen wird (vgl. §§ 33g ff. EEG). Auch diese Marktprämie ist Bestandteil des dem EEG zugrunde liegenden Ausgleichsmodells und fließt in die unten darzustellende EEG- Umlage ein. Einzelheiten zur Direktvermarktung bei Salje, EEG 2012, Kommentierung zu §§ 33a ff. EEG. 134 Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, 3. Aufl. 2013, S. 229. 135 Nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 11 EEG sind darunter die regelverantwortlichen Netzbetreiber von Hochund Hochspannungsnetzen zu verstehen, die der überregionalen Übertragung von Elektrizität zu nachgeordneten Netzen dienen. In Deutschland gibt es derzeit vier private Übertragungsnetzbetreiber (TenneT TSO, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW, vgl. Salje, EEG 2012, § 3, Rn. 141). 136 Da die vier Übertragungsnetzbetreiber den Strom aus erneuerbaren Energiequellen nicht zuletzt aufgrund regionaler Unterschiede nicht in gleichem Umfang abnehmen, findet zwischen ihnen ein (horizontaler) Ausgleich statt, dessen Mechanismus in § 36 EEG beschrieben ist. 137 Zur alten Rechtslage siehe Rostankowski, Die Ausgleichsmechanismus-Verordnung und der Ausbau Erneuerbarer Energien, ZNER 2010, 125 (126). 138 Einzelheiten hierzu bei Rostankowski, ZNER 2010, 125 (127 f.); Rostankowski/Oschmann, Fit für die Zukunft? – Zur Neuordnung des EEG-Ausgleichsmechanismus und weiteren Reformansätzen, RdE 2009, 361 (363 f.). 139 Zum Preisbildungsmechanismus an der Strombörse, siehe Rostankowski, Die Ausgleichsmechanismus- Verordnung und der Ausbau Erneuerbarer Energien, ZNER 2010, 125 (127). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 28 Strom aus Erneuerbaren Energien im Ergebnis eine höhere Vergütung, als am Markt erzielt werden könnte. Hierdurch entsteht zugleich auf Seiten der Übertragungsnetzbetreiber eine negative Kostendifferenz , die sich aus der Gegenüberstellung der Kosten für EEG-Mindestvergütung einerseits und den Einnahmen aus der Vermarktung andererseits ergibt.140 Das EEG sah bereits in seiner ursprünglichen Fassung einen Ausgleich dieser Differenz vor (sog. EEG-Umlage). Nach der derzeit geltenden Fassung erfolgt dieser Ausgleich nach den Vorgaben in § 37 Abs. 2 EEG in Verbindung mit §§ 3 ff. AusglMechV. Danach haben die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher liefern, die Differenzkosten der Übertragungsnetzbetreiber auszugleichen, und zwar anteilig zu dem jeweils von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen an ihre Letztverbraucher gelieferten Strom (§ 37 Abs. 2 S. 1 EEG). Dabei ist der Anteil so zu bestimmen, dass jedes Elektrizitätsversorgungsunternehmen für jede von ihm an einen Letztverbraucher gelieferte Kilowattstunde Strom dieselben Kosten trägt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 EEG). Das führt im Ergebnis dazu, dass die Kosten für die Vergütung des Stroms aus Erneuerbaren Energien auf den gesamten Stromverbrauch umgelegt werden. Die Einzelheiten der den Übertragungsnetzbetreibern obliegenden Berechnung der EEG-Umlage – ähnlich der Vorgaben in § 19-Umlage- Festsetzungsbeschluss – sind in den §§ 3 ff. AusglMechV geregelt. Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind schließlich nach § 53 Abs. 1 EEG berechtigt, die EEG-Umlage gegenüber den Letztverbrauchern141 auszuweisen und damit weiterzureichen, soweit die betreffenden Letztverbraucher keiner Begrenzung der EEG-Umlage nach §§ 40 ff. EEG unterliegen (§ 53 Abs. 1 EEG – dazu unter 4.2.).142 In der Praxis reichen die Elektrizitätsunternehmen die EEG-Umlage an die Letztverbraucher weiter, bedürfen hierfür allerdings – anders als im Fall der Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV – einer (privat)vertraglichen Grundlage.143 140 Die sich gegenüberstehenden Ein- und Ausnahmepositionen erfassen nicht nur die EEG-Vergütungszahlungen als Ausgabeposten bzw. die Einnahmen aus der Vermarktung, sondern noch weitere Positionen, die systembedingt sind, vgl. die Aufzählung in § 3 AusglMechV. Verantwortlich für die Kostendifferenz sind jedoch im Wesentlichen die beiden erst genannten Positionen, vgl. Rostankowski/Oschmann, RdE 2009, 361 (364). 141 Nach der Legaldefinition des hier maßgeblichen § 3 Nr. 25 EnWG sind darunter natürliche oder juristische Personen zu verstehen, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen. 142 Zur technischen Umsetzung der Festlegung der EEG-Umlage, die teils auf prognostizierten Annahmen hinsichtlich der zukünftigen Ein- und Ausgaben beruht, siehe Rostankowski/Oschmann, RdE 2009, 361 (364), Salje, EEG 2012, § 37 EEG, Rn. 22 ff. Siehe auch den Aktuellen Begriff „EEG-Umlage 2010“ vom 25.03.2010, online abrufbar unter http://www.bundestag.btg/ButagVerw/W/Ausarbeitungen/Einzelpublikationen/Ablage/2010/EEG- Umlage_2010__1269506185.pdf - (Stand vom 08.04.2013). 143 Vgl. Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, 3. Aufl. 2013, S. 232; Salje, EEG 2012, § 43, Rn. 57; Schlacke /Kröger, NVwZ 2013, 313 (314). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 29 5.1.2. Staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV? Der Einspeisevorrang und die Einspeisevergütung waren in ihrer ursprünglichen Ausgestaltung durch das EEG bereits Gegenstand eines Kommissionsbeschlusses aus dem Jahr 2002.144 Obgleich eine Begünstigung der Erzeuger von Strom aus Erneuerbaren Energiequellen angenommen wurde, sah die Kommission mit Blick auf die Entscheidung PreussenElektra das Merkmal der Staatlichkeit der Mittel als nicht gegeben an und lehnte das Vorliegen einer Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ab.145 Hierbei stellte sie fest, dass die Einspeisevergütung von den Marktteilnehmern direkt aus eigenen Mitteln gezahlt wurde, ohne dass dies über einen staatlich verwalteten Fonds oder ein staatliches Konto gelaufen sei. Im Übrigen gelangte sie zu dem Schluss, dass das Gesetz ohne Unterschied für private wie für öffentliche Netzbetreiber und Elektrizitätsunternehmen gelte und nicht darauf abziele, speziell mit Mitteln öffentlichrechtlicher Unternehmen die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu fördern.146 Auf diesen Kommissionsbeschluss und auf das Urteil Preußenelektra wird auch im Schrifttum verwiesen und dabei die Beihilfeneigenschaft des Einspeisevorrangs und der Einspeisevergütung überwiegend verneint. 147 Fraglich ist, ob diese Beurteilung mit Blick auf die geltende Fassung der einschlägigen EEG- Vorschriften weiterhin Bestand haben kann, wenn man die Rechtssache Essent Netwerk und insbesondere den Eröffnungsbeschluss in Sachen Netzentgeltbefreiung (vgl. oben unter 4.2.2.1.4.) als neuen (Prüfungs-)Maßstab nimmt. 148 Für die Beibehaltung der ursprünglichen Kommissionbeurteilung spricht zunächst der Umstand, dass die Finanzierung der Einspeisevergütung über die von Letztverbrauchern getragene EEG- Umlage staatlicherseits nicht vorgegeben ist. Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, welche die bei den Übertragungsnetzbetreibern entstehenden Differenzkosten zwischen der Einspeisevergütung und den Einnahmen aus der Vermarktung ausgleichen müssen, sind lediglich berechtigt , die EEG-Umlage an den Letztverbraucher weiterzureichen (vgl. § 53 Abs. 1 EEG), hierzu aber nicht verpflichtet, wie dies in Essent Netwerk durch gesetzliche Anordnung oder bei der Netzentgeltbefreiung durch den § 19-Umlage-Festsetzungsbeschluss der BNetzA der Fall war bzw. ist. Zur Überwälzung der Kosten auf den Letztverbraucher bedarf es vielmehr einer (privat-) vertraglichen Grundlage. Es fehlt mithin an einer staatlich veranlassten Abgabe als Quelle für 144 Kommission vom 22.05.2002, NN 27/2000, C (2002) 1887 fin (online abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/138917/138917_410173_26_2.pdf - (Stand vom 08.04.2013) – im Folgenden: Kommissionsbeschluss 2002. 145 Punkt. 4, S. 3 des Kommissionsbeschlusses 2002. 146 Punkt. 4, S. 3 des Kommissionsbeschlusses 2002. 147 siehe die Nachweise in Fußnote 50 und 53. 148 Vgl. dazu auch Kahles/Stehle/Pause/Müller; Stiftung Umweltenergierecht, EEG und Beihilfe: Kurzüberblick über aktuelle Fragestellungen aus rechtlicher Sicht vom 11.03.2013 (im Folgenden: Kahles/Stehle/Pause/Müller, EEG und Beihilfe), S. 3 (online abrufbar unter http://www.stiftung-umweltenergierecht.de/ fileadmin /pdf/wiss._Veroeff/Stiftung_Umweltenergierecht_Beihilfediskussion_EEG_2013-03-11.pdf - Stand: 08.04.2013), die allerdings nur unter Bezugnahme auf die Rechtssache Essent Netwerk eine Neubewertung ablehnen . Ebenso Schlacke/Kröger, NVwZ 2013, 313 (317), unter Verweis auf PreussenElektra. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 30 die Finanzierung der Begünstigung149. Das Vorliegen eines solchen Umstandes wird aber von der Kommission selbst als (mit-)entscheidender Umstand für die Annahme der Staatlichkeit einer Beihilfe in derartigen Konstellationen angesehen150. Auch in der Rechtsprechung wird dieser Punkt betont.151 In der Praxis machen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen von der ihnen eingeräumten Möglichkeit Gebrauch und reichen die EEG-Umlage an die Letztverbraucher weiter. Betrachtet man vor diesem Hintergrund das EEG-Ausgleichssystem, so besteht hingegen durchaus eine Parallele zum Ausgleichsmechanismus bei der Netzentgeltbefreiung: Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 EEG sind es die vier Übertragungsnetzbetreiber, an welche die Einnahmen aus der EEG-Umlage zum Ausgleich ihrer Kosten für die Einspeisevergütung abzuführen sind. Bei der Berechnung der EEG- Umlage unterliegen die Übertragungsnetzbetreiber den detaillierten Vorgaben der §§ 3 ff. Ausgl MechV. Neben einer Veröffentlichungspflicht (§ 3 Abs. 2 AusglMechV) ist darin u.a. eine zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Elektrizitätsversorgungsunternehmen bestehende Ausgleichspflicht für den Fall geregelt, dass die Prognosen der Ein- und Ausgaben von den Endabrechnungen der EEG-Umlage abweichen (§ 3 Abs. 6 AusglMechV). Ferner sind die Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet, der BNetzA eine Aufschlüsselung der Einnahmen und Ausgaben, aus denen sich die durch die EEG-Umlage auszugleichende Differenz ergibt, zu übermitteln (§ 7 Abs. 2 AusglMechV). Diese Merkmale entsprechen weitgehend denen, welche die Kommission im Zusammenhang mit der Netzentgeltbefreiung zum Anlass genommen hat, um erstens eine Beauftragung der Übertragungsnetzbetreiber mit der Verwaltung der Umlage und zweitens die staatliche Festlegung der Verwendung dieser Mittel anzunehmen.152 Vor allem in Ansehung solcher Umstände hat die Kommission in ihrem Eröffnungsbeschluss zudem die staatliche Kontrolle bei der Umsetzung des Ausgleichsmechanismus bejaht.153 Diese Aspekte sprechen daher für eine im Vergleich zur ursprünglichen Kommissionsposition abweichende Beurteilung der derzeitigen Fassung des EEG im Sinne der Annahme einer Staatlichkeit der Mittel.154 Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Einspeisevorrang und die Einspeisevergütung in der geltenden Fassung des EEG am Maßstab der Entscheidung Essent Netwerk und insbesondere des Eröffnungsbeschlusses der Kommission zumindest teilweise eine Neubewertung hin zu der Annahme einer Staatlichkeit der Mittel rechtfertigen würden. 149 Vgl. auch Kahles/Stehle/Pause/Müller, EEG und Beihilfe, S. 3. 150 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 61 des Eröffnungsbeschlusses mit Verweis auf mehrere Kommissionsentscheidungen. 151 Siehe etwa EuG, verb. Rs. T-309/04, T-317/04, T-329/04 und T-336/04, Slg. 2008, II-2935, Rn. 158 f. – TV2/Denmark. 152 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 64 des Eröffnungsbeschlusses. 153 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 83 des Eröffnungsbeschlusses. 154 Anders hingegen im Ergebnis Kahles/Stehle/Pause/Müller, EEG und Beihilfe, S. 3 ff., die u.a. argumentieren, dass die Kosten aus der Einspeisevergütung an die Elektrizitätsversorgungsunternehmen weitergereicht werden, diese aber nicht mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt sind, sondern ihre privaten Mittel einsetzten (S. 3). Hieran ändere auch die aktuelle Fassung des Ausgleichsmechanismus nach § 37 EEG nichts. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 31 Für den Fortgang der vorläufigen Prüfung dürfte entscheidend sein, wie die Kommission den Umstand bewertet, dass es an der staatlichen Vorgabe, die EEG-Umlage auf den Letztverbraucher zu wälzen, und damit letztlich an der staatlichen Veranlassung des privaten Mittelflusses fehlt. Nach der Rechtssache Essent Netwerk und auch im Lichte der Folgeentscheidungen scheint es sich dabei um ein konstitutives Element dieses Ansatzes für die Bestimmung der Staatlichkeit der Mittel zu handeln155, so dass das alleinige Abstellen auf die staatliche Kontrolle des Mittelflusses (im Sinne von staatlicher Beauftragung einer Einrichtung mit der Verwaltung, staatlicher Vorgaben hinsichtlich Verwendung und Zweckbestimmung sowie der Kontrolle bei der Umsetzung der Vorgaben) als hinreichendes Kriterium für die Annahme einer Staatlichkeit der Mittel jedenfalls nach der bisherigen Rechtsprechung keine Stütze finden würde. Ob ein solches Verständnis der Staatlichkeit der Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV sich auch in der Rechtsprechung durchsetzen könnte, lässt sich nur schwerlich vorhersagen. Zweifel hieran bestehen insbesondere mit Blick auf den Umstand, dass bereits die Entscheidung Essent Netwerk durch Verzicht auf die Belastung staatlicher Haushalte zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des EU-Beihilfenrechts geführt hat.156 Gleichwohl soll im Folgenden für die Zwecke der Ausarbeitung angenommen werden, dass die Kommission zu einer Neubewertung des Einspeisevorrangs und der Einspeisevergütung nach dem derzeitigen EEG gelangen könnte, in dem sie eine Staatlichkeit der Mittel annimmt. Im Lichte der Ausführungen zu den übrigen Beihilfemerkmalen (Selektivität, Wettbewerbsverfälschung und Zwischenstaatlichkeit) bei der Prüfung der Netzentgeltbefreiung157 ist davon auszugehen , dass auch diese vorliegend gegeben wären: Einspeisevorrang und Einspeisevergütung kommen allein den Erzeugern erneuerbarer Energien zu Gute und somit einem bestimmten Produktionszweig . Die ihm angehörenden Unternehmen stehen ferner im Wettbewerb mit energieerzeugenden Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten, so dass auch Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und Wettbewerbsverfälschungen anzunehmen wäre. Eine Staatlichkeit der Mittel in Bezug auf das EEG-Umlage-System unterstellend, wäre hinsichtlich des Einspeisevorrangs und der Einspeisevergütung somit von dem Vorliegen einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV auszugehen. 5.1.3. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 AEUV? Von entscheidender Bedeutung wäre dann die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 3 AEUV. Mit Blick auf den derzeitigen Verfahrensstand zum einen und die nur unterstellte Staatlichkeit der Mittel zum anderen, erfolgt an dieser Stelle lediglich ein Verweis auf den von der Problematik her ähnlich gelagerte Beschluss der Kommis- 155 Vgl. oben unter 4.2.2.1.4., Fn. 99. 156 Vgl. oben unter 4.2.2.1.4., S. 21. 157 Vgl. oben unter 4.2.3., S. 22 ff., 4.2.4., S. 24. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 32 sion zur Förderung der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern im Rahmen des österreichischen Ökostromgesetzes.158 In diesem Beschluss ist die Kommission auf Grundlage des zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt geltenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen159 zu der Auffassung gelangt, dass der österreichische Fördermechanismus, der sich auch aus von Endverbrauchern erhobenen Förderbeiträgen speiste, mit den dort geregelten Vorgaben in Einklang stand.160 Eine der dabei maßgeblichen Anforderungen lag darin, dass der finanzielle Ausgleich nur den Unterschied zwischen den Kosten für die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und dem Preis am Markt der betreffenden Energie erfassen durfte.161 Diese Anforderung besteht auch auf Grundlage der neuen Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen fort.162 Mit Blick auf die Ermittlung der EEG-Umlage zur Finanzierung des Einspeisevorrangs und der Einspeisevergütung, deren Gesamtvolumen sich vor allem aus der Differenz zwischen den Einnahmen aus der Vermarktung einerseits und den Kosten für die Einspeisevergütung andererseits ergibt (vgl. § 37 Abs. 2 EEG), wäre dieser Anforderung zumindest im Grundsatz genüge getan. Inwieweit jedoch die Anforderungen im Einzelnen und für alle erneuerbaren Energieträger erfüllt werden, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Festzuhalten bleibt, dass eine Rechtfertigung des Einspeisevorrangs und der Einspeisevergütung gemäß der Bestimmungen des EEG nach Art. 107 Abs. 3 AEUV im Lichte der Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen jedenfalls im Grundsatz möglich wäre. 5.1.4. Zwischenergebnis An der Beihilfeneigenschaft des Einspeisevorrangs und der Einspeisevergütung in der derzeitigen Fassung des EEG im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV bestehen auch am Maßstab der Rechtssache Netwerk Essent und der Ausführungen der Kommission im Eröffnungsbeschluss ernste Zweifel. Diese betreffen das Merkmal der Staatlichkeit der Mittel, welches mit Blick auf die feh- 158 Beschluss der Kommission C (2006)2955 endg. vom 04.07.2006 – Staatliche Beihilfen NN 162/A/2003 und N317/A/2006, online abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/138720/138720_583891_56_2.pdf – (Standvom 08.04.2013); im Folgenden: Kommissionsbeschluss zu österreichischen Einspeisetarifen. 159 ABl.EU 2001 Nr. C 37/3, online abrufbar unter http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2001/c_037/c_03720010203de00030015.pdf – (Stand vom 08.04.2013). 160 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 66 ff. des Kommissionsbeschlusses zu österreichischen Einspeisetarifen. Keine Rolle spielen vorliegend die im Kommissionsbeschluss geprüften Art. 30 (Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung) und 110 AEUV (Verbot steuerlicher Diskriminierung), da die EEG-Umlage den Letztverbrauchern gerade nicht staatlich auferlegt wird, anders als dies bei der Abgabe nach österreichischem Recht der Fall war. 161 Vgl. Randziffer 59 des Gemeinschaftsrahmens für Umweltschutzbeihilfen, S. 11. 162 ABl.EU 2008 Nr. C 82/1, online abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2008:082:0001:0033:de:PDF – Stand: 08.04.2013, Randziffer 109 Buchst. a, S. 19. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 33 lende staatlich verpflichtende Auferlegung der EEG-Umlage auf den Letztverbraucher nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung wohl abzulehnen wäre. Unterstellt man die Staatlichkeit der Mittel mit Blick auf die staatlich angeordnete Verwaltung, Verwendung und Kontrolle der aus der EEG-Umlage fließenden Mittel, so wäre von einer Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV auszugehen, da die übrigen Merkmal des Beihilfenbegriffs vorliegen. In diesem Falle könnten Einspeisevorrang und Einspeisevergütung nach dem EEG im Lichte der den Art. 107 Abs. 3 AEUV konkretisierenden Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen gerechtfertigt werden, soweit die dort im Einzelnen aufgeführten Anforderungen eingehalten sind. 5.2. Besondere Ausgleichsregelung 5.2.1. Besondere Ausgleichsregelung: Begrenzung der EEG-Umlage nach §§ 40 ff. EEG Nach § 53 Abs. 1 EEG sind Elektrizitätsversorgungsunternehmen berechtigt, die EEG-Umlage nur gegenüber Letztverbrauchern auszuweisen, soweit für den durch sie abgenommenen Strom keine Begrenzung der EEG-Umlage nach § 40 EEG erfolgt ist. § 40 EEG enthält ausweislich der Paragraphen -überschrift den Grundsatz der besonderen Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen.163 Danach kann die EEG-Umlage für diese Unternehmen auf deren Antrag begrenzt werden. Nach § 40 Satz 2 EEG erfolgt die Begrenzung, um die Stromkosten dieser Unternehmen zu senken und so ihre internationale und intermodale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, soweit hierdurch die Ziele des Gesetzes nicht gefährdet werden und die Begrenzung mit den Interessen der Gesamtheit der Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher vereinbar ist. Die auf Seiten der Unternehmen zu erfüllenden Voraussetzungen im Einzelnen hinsichtlich der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Unternehmen, der Strombezugsmengen sowie der Begrenzungsmodalitäten sind in den §§ 41 und 42 EEG geregelt: § 41 EEG erfasst stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes164, deren EEG- Umlage ab einem Bezug von 1 Gigawattstunde bis zu mehr als 100 Gigawattstunden stufenweise zunächst prozentual und schließlich pauschal auf 0,05 Cent/Kilowattstunde begrenzt werden kann (vgl. § 41 Abs. 3 EEG). Voraussetzung hierfür ist u.a., dass das Verhältnis der von dem Unternehmen zu tragenden Stromkosten zur Bruttowertschöpfung mindestens 14% beträgt (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 1 lit. b EEG) und, dass eine Zertifizierung erfolgt ist, mit der der Energieverbrauch und die Potenziale zur Verminderung des Energieverbrauchs erhoben und bewertet worden sind (vgl. § 41 Abs. 1 Nr.2 EEG). 163 Vgl. dazu auch den Aktuellen Begriff 12/13 „Stromintensive Unternehmen nach dem Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG)“ vom 2. April 2013, online abrufbar unter http://www.bundestag.btg/ButagVerw/W/Ausarbeitungen/Einzelpublikationen/Ablage/2013/Stromintensive_U_ 1365398851.pdf - (Stand vom 08.04.2013). 164 Darunter fällt nach der Legalidefinition in § 3 Nr. 14 EEG jedes Unternehmen, das an der zu begünstigenden Abnahmestelle dem Bergbau, der Gewinnung von Steinen und Erden oder dem verarbeitenden Gewerbe in entsprechender Anwendung der Abschnitte B und C der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 2008, zuzuordnen ist. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 34 § 42 EEG erfasst pauschal Schienenbahnen. Ab einem Strombezug von mindestens 10 Gigawattstunden , der unmittelbar für den Fahrbetrieb verbraucht wird (vgl. § 42 Abs. 2 EEG), erfolgt eine Begrenzung der EEG-Umlage auf 0,05 Cent/Kilowattstunde, allerdings nur für die Strommenge, die über 10% des bezogenen Stroms hinausgeht (vgl. § 42 Abs. 1 EEG). Der Antrag auf Begrenzung der EEG-Umlage ist beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu stellen (vgl. §§ 40, 43 EEG). Dort erfolgt eine Überprüfung der in den §§ 41 f. EEG genannten Voraussetzungen. Die Entscheidungen über die Begrenzung der EEG-Umlage haben eine Geltungsdauer von einem Jahr und umfassen jeweils ein Kalenderjahr (§ 43 Abs. 1 Satz 2 EEG). Die Entscheidungswirkungen nach § 43 Abs. 1 Satz 2 EEG betreffen auch das Verhältnis von Übertragungsnetzbetreibern und Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Soweit letztere keine EEG-Umlage gegenüber begünstigen Unternehmen aufgrund der Begrenzung ausweisen können, erfolgt in dem Umfang auch keine Erstattung an die Übertragungsnetzbetreiber (vgl. § 43 Abs. 3 EEG). Für diese entfallen hierdurch Einnahmen im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 2 AusglMechV, so dass die Differenzkosten und damit auch die EEG-Umlage insgesamt steigen.165 Hieraus folgt, dass die Befreiung von der EEG-Umlage kostenmäßig letztlich auch auf die Letztverbraucher umgewälzt wird. 5.2.2. Staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV? Für die Frage, ob es sich bei der besonderen Ausgleichsregelung nach §§ 40 ff. EEG um eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt, ist entscheidend, dass sich auch die ihr zugrunde liegende Begrenzung der EEG-Umlage über die EEG-Umlage bzw. ihre Erhöhung finanziert. Ungeachtet der durch die Begrenzung anzunehmenden Begünstigung im Sinne des Beihilfebegriffs, stellt sich somit auch in diesen Zusammenhang die bereits oben bei dem Einspeisevorrang und der Einspeisevergütung beschriebene Problematik der Staatlichkeit der Mittel , die im Lichte der Rechtssache Essent Netwerk und dem maßgeblich darauf beruhenden Eröffnungsbeschluss der Kommission zur Netzentgeltbefreiung auch hier zu verneinen ist.166 Unterstellt man gleichwohl für die Zwecke der vorliegenden Ausarbeitung die Staatlichkeit der Mittel, so wäre im Lichte der Ausführungen zu den übrigen Beihilfemerkmalen (Selektivität, Wettbewerbsverfälschung und Zwischenstaatlichkeit) bei der Prüfung der Netzentgeltbefreiung167 davon auszugehen, dass diese auch hier gegeben wären: die Begrenzung der EEG-Umlage kommt – ebenso wie bei der Netzentgeltbefreiung – nur stromintensiven Unternehmen zugute, ohne dass es ersichtlich ist, dass sich gerade deren Befreiung aus dem inneren Aufbau des EEG- Fördersystem ergeben würde. 168 Somit wäre von einer Selektivität auszugehen. Ausweislich des 165 Vgl. Salje, EEG 2012, § 43, Rn. 59 f. 166 Siehe oben unter 5.1.2., S. 28 ff. So auch Kahles/Stehle/Pause/Müller, EEG und Beihilfe, S. 5, wenn gleich mit abweichender Begründung. Eine Beihilfe auch verneinend Schlacke/Kröger, NVwZ 2013, 313 (317), allerdings nur mit Verweis auf Preußenelektra. 167 Vgl. oben unter 4.2.3., S. 22 ff., 4.2.4., S. 24. 168 Vgl. Schlacke/Kröger, NVwZ 2013, 313 (316). Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 35 Gesetzeswortlauts in § 40 Satz 2 EEG erfolgt die Begrenzung zudem, um die Stromkosten dieser Unternehmen zu senken und so ihre internationale und intermodale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Bereits aus dem Gesetzeszweck ergibt sich, dass die Merkmale der Wettbewerbsverfälschung und der Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel betroffen sind. 169 Eine Staatlichkeit der Mittel im Zusammenhang mit der Begrenzung der EEG-Umlage unterstellend , wäre auch hinsichtlich der besonderen Ausgleichsregelung nach §§ 40 ff. EEG somit von dem Vorliegen einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV auszugehen. 5.2.3. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 AEUV? Von entscheidender Bedeutung wäre dann ebenfalls die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 3 AEUV. Mit Blick auf den derzeitigen Verfahrensstand zum einen und die nur unterstellte Staatlichkeit der Mittel zum anderen, erfolgt auch an dieser Stelle lediglich ein Verweis auf den von der Problematik her ähnlich gelagerten Beschluss der Kommission zu staatlichen Beihilfen für energieintensive Unternehmen nach dem österreichischen Ökostromgesetz.170 Nach dem österreichischen Ökostromgesetz konnten energieintensive Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen beantragen, nicht mit Ökostrom beliefert zu werden.171 Nach Erteilung der Genehmigung durften die Stromversorgungsunternehmen von diesen Unternehmen die Mehrkosten für Ökostrom nicht erheben.172 In ihrem Beschluss kommt die Kommission nach sehr umfangreichen Ausführungen zum dem klaren Ergebnis, dass die durch Österreich gewährten Beihilfen insbesondere weder direkt noch analog auf Grundlage der Leitlinien für Umweltschutzbeihilfen gerechtfertigt werden konnten, da die Beihilfen nicht zum Umweltschutz beitrugen.173 Mit Blick auf den Gesetzeszweck der besonderen Ausgleichsregelung in § 40 Satz 2 EEG, wonach die Begrenzung das Ziel verfolgt, die Stromkosten dieser Unternehmen zu senken und so ihre internationale und intermodale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, wäre auch vorliegend eine Rechtfertigung auf Grundlage der Leitlinien für Umweltschutzbeihilfen bereits im Grundsatz zweifelhaft. Im Übrigen wäre die Begrenzung der EEG-Umlage – ebenso wie die Netzentgeltbefreiung – als Betriebsbeihilfe einzustufen, die mit den Binnenmarkt grundsätzlich unvereinbar sind.174 169 Vgl. Schlacke/Kröger, NVwZ 2013, 313 (316 f). 170 Beschluss der Kommission K (2011)1363 endg. vom 08.03.2006 – Staatliche Beihilfen C 24/2009, online abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/232434/232434_1202613_93_3.pdf – Stand: 08.04.2013; im Folgenden: Kommissionsbeschluss zu österreichischen Beihilfen für energieintensive Unternehmen . 171 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 16 des Kommissionsbeschlusses zu österreichischen Beihilfen für energieintensive Unternehmen. 172 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 17 des Kommissionsbeschlusses zu österreichischen Beihilfen für energieintensive Unternehmen. 173 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 120 ff. des Kommissionsbeschlusses zu österreichischen Beihilfen für energieintensive Unternehmen. 174 Vgl. oben unter 4.3., S. 24 f. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 36 5.2.4. Zwischenergebnis An der Beihilfeneigenschaft der besonderen Ausgleichsregelung nach § 40 ff. EEG im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV bestehen aus den gleichen Gründen wie auch bei dem Einspeisevorrang und der Einspeisevergütung nach EEG ernste Zweifel. Diese betreffen das Merkmal der Staatlichkeit der Mittel, welches mit Blick auf die fehlende staatlich verpflichtende Auferlegung der EEG- Umlage auf den Letztverbraucher, aus der auch die Begrenzung finanziert wird, nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung wohl abzulehnen wäre. Unterstellt man die Staatlichkeit der Mittel mit Blick auf die staatlich angeordnete Verwaltung, Verwendung und Kontrolle der aus der EEG-Umlage fließenden Mittel, so wäre von einer Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV auszugehen, da die übrigen Merkmal des Beihilfenbegriffs vorliegen. Anders als der Einspeisevorrang und die Einspeisevergütung des EEG wäre eine Rechtfertigung der besonderen Ausgleichsregelung nach § 40 ff. EEG aber wohl abzulehnen. 6. Zusammenfassung und Ergebnis Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass hinsichtlich der beihilfenrechtlichen Bewertung der Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV einerseits und den Vorschriften des EEG andererseits Unterschiede sowohl hinsichtlich des Verfahrensstandes als auch der materiellen Beurteilung bestehen. Im Zusammenhang mit der Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV hat die Kommission mit Datum vom 06.03.2013 bereits ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet. Nach derzeitigen Verfahrensstand geht sie davon aus, dass die Netzentgeltbefreiung eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt. Diese Einschätzung muss im Lichte der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Essent Netwerk als zutreffend angesehen werden. Insbesondere ist danach von einer Staatlichkeit der Mittel auszugehen, da die Netzentgeltbefreiung über die staatlich auferlegte § 19-Umlage finanziert wird, die Einnahmen aus dieser Umlage von den Übertragungsnetzbetreibern als staatlich Beauftragte verwaltet werden, wobei die Verwendung und Zweckbestimmungen dieser Mittel ebenfalls staatlich vorgegeben ist und kontrolliert wird. Eine Rechtfertigung dieser Beihilfe am Maßstab des Art. 107 Abs. 3 AEUV unter Berufung auf den netzstabilisierenden Beitrag der von der Netzentgeltbefreiung begünstigten Unternehmen ist nach jetzigen Verfahrens- und Kenntnisstand zweifelhaft. Vor diesem Hintergrund kann derzeit davon ausgegangen werden, dass die Kommission zum Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens die Nichtvereinbarkeit der Netzentgeltbefreiung mit dem Binnenmarkt beschließen und eine Rückforderung der auf dieser Grundlage gewährten Beihilfen anordnen wird. Das Verfahren zum EEG befindet sich dagegen noch in der vorläufigen Prüfung. In materieller Hinsicht bestehen sowohl in Bezug auf Einspeisevorrang und Einspeisevergütung als auch bezüglich der besonderen Ausgleichsregelung nach §§ 40 ff. EEG ernste Zweifel, ob das für die Annahme einer Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV notwendige Merkmal der Staatlichkeit der Mittel erfüllt ist. Denn die zur Finanzierung beider Begünstigungen dienende EEG-Umlage – anders als die § 19-Umlage bei der Netzentgeltbefreiung – ist staatlicherseits nicht vom Letztverbraucher zu erheben, sondern lediglich erhoben werden kann. Notwendig ist hierfür allerdings eine privatvertraglich Vereinbarung zwischen dem Letztverbraucher und dem Energieversorgungsunternehmen . Lediglich die übrigen Merkmale des EEG-Ausgleichsmechanismus entspre- Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 – 3000 – 29/13 Seite 37 chen denen der Netzentgeltbefreiung nach § 19 Abs. 2 Satz 2StromNEV und würden eine Staatlichkeit der Mittel rechtfertigen. Dies entspricht allerdings nicht dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung. Nimmt man jedoch auch in einem solchen Fall die Staatlichkeit der Mittel an, so wäre in beiden Fällen von dem Vorliegen der übrigen Beihilfenmerkmale auszugehen. Eine Rechtfertigung nach Art. 107 Abs. 3 AEUV käme auf Grundlage der bisherigen Kommissionspraxis allerdings nur hinsichtlich des Einspeisevorrangs und der Einspeisevergütung in Betracht, nicht hingegen bei der besonderen Ausgleichsregelung nach §§ 40 ff. EEG. - Fachbereich Europa -