PE 6 - 3000 - 027/19 (14. März 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Diese Ausarbeitung dient lediglich der bundestagsinternen Unterrichtung, von einer Weiterleitung an externe Stellen ist abzusehen. Der Fachbereich Europa wird um Beantwortung der Frage ersucht, ob Vorgaben zur gegenseitigen Anerkennung mitgliedstaatlicher Personenbeförderungsberechtigungen im Taxi- und Mietwagengewerbe in der Europäischen Union (EU) rechtlich möglich seien. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass auf Unionsebene bisher keine Vorschriften im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Personenbeförderung im Taxi- und Mietwagengewerbe erlassen wurden. Gleichwohl verfügt die EU über Rechtsetzungszuständigkeiten in diesem Bereich. Sie finden sich in Art. 91 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV), der Teil der Vertragsvorschriften über den Verkehr ist (Art. 90 bis 100 AEUV). Danach können das Europäische Parlament und der Rat unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs u. a. Vorschriften „für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Verkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind,“ erlassen (Art. 91 Abs. 1 Buchst. b AEUV). Bei den Rechtsetzungszuständigkeiten des Art. 91 AEUV handelt es sich nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. g AEUV um eine geteilte Zuständigkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 2 AEUV. In diesen Fällen können sowohl Union als auch Mitgliedstaaten gesetzgeberisch tätig werden; die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat. Im Zusammenhang mit dem Personenkraftverkehr ist dies bisher nur für den grenzüberschreitenden Verkehr mit Kraftomnibussen erfolgt, d. h. Fahrzeugen, die nach ihrer Bauart und Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen (einschließlich des Fahrers) zu Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Kurzinformation Grenzüberschreitende Personenbeförderung im Taxi- und Mietwagengewerbe im Lichte des EU-Rechts Kurzinformation Grenzüberschreitende Personenbeförderung im Taxi- und Mietwagengewerbe im Lichte des EU- Rechts Fachbereich Europa (PE 6) Seite 2 befördern. Geregelt ist dies in der Verordnung Nr. 1072/2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt.1 Die in diesem Rechtsakt geregelte Öffnung der mitgliedstaatlichen Märkte für den gewerblichen Verkehr mit Kraftomnibussen beruht letztlich auf der gegenseitigen Anerkennung der einschlägigen mitgliedstaatlichen Genehmigungen für diesen Bereich. Grundlage für diese Tätigkeiten auf dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als dem Niederlassungsstaat ist der Besitz einer sog. Gemeinschaftslizenz . Diese wird dem betreffenden Verkehrsunternehmer von den zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats dann erteilt, wenn er – neben anderen Voraussetzungen – dort nach innerstaatlichem Recht die Genehmigung für Personenbeförderungen mit Kraftomnibussen erhalten hat.2 In der Sache beruht der Marktzugang damit u. a. auf einer normativ angeordneten , generellen (gegenseitigen) Anerkennung mitgliedstaatlicher Berechtigungen für die betreffende Personenbeförderung. Eine vergleichbare sekundärrechtliche Regelung – einen entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt – wäre dem Grunde nach auch für den grenzüberschreitenden Taxi- und Mietwagenverkehr denkbar, der in der Regel mit Fahrzeugen durchgeführt wird, die nach ihrer Bauart und Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, nicht mehr als neun Personen zu befördern. Solange es an entsprechenden EU-Rechtsakten fehlt, sind die Mitgliedstaaten, wie oben ausgeführt , kompentenziell berechtigt, eigene Regelungen hierfür zu treffen. Dies geschieht zumindest auch im Wege bilateraler zwischenstaatlicher Abkommen.3 Der Vollständigkeit halber sei ergänzt, dass die Mitgliedstaaten insbesondere bei der innerstaatlichen Regelung dieser Fragen nur sehr eingeschränkt (sonstige) unionsrechtliche Vorgaben zu beachten haben. Denn die primärrechtliche Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 f. AEUV, die ansonsten die grenzüberschreitende (vorübergehende) Erbringung von Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Niederlassung des Unternehmers gewährleistet, ist nach Art. 58 Abs. 1 AEUV im Verkehrsbereich nicht anwendbar. Dies gilt auch für die grundsätzlich alle Dienstleistungen erfassende sog. Dienstleistungsrichtlinie.4 Die eine dauerhafte wirtschaftliche Tätigkeit (Niederlassung) in einem anderen Mitgliedstaat ermöglichende Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV dürfte bei grenzüberschreitender Personenbeförderung in der Regel sachlich nicht einschlägig sein. Allenfalls das allgemeine Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Art. 18 Abs. 1 AEUV wäre von den Mitgliedstaaten bei der Regulierung dieses Verkehrsgewerbes zu beachten. – Fachbereich Europa – 1 Verordnung des Europäischen Parlaments und Rates vom 21. Oktober 2009, ABl.EU 2009 Nr. L 300/80, letzte konsolidierte Fassung vom 1. Juli 2013. Siehe Art. 1 Abs. 1 der Verordnung zum sachlichen Anwendungsbereich . 2 Vgl. Art. 4 Abs. 1, 5 iVm. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (Fn. 1). 3 Siehe hierzu § 52 Abs. 3 Personenbeförderungsgesetz. 4 Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl.EU 2006 Nr. L 376/36, siehe Art. 2 Abs. 2 Buchst. d.