© 2020 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 024/20 Nationale Förderbeschränkung im Zusammenhang mit der Gewährung von Fördergeldern aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfond (AMIF) und ihre Vereinbarkeit mit Unionsrecht Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 2 Nationale Förderbeschränkung im Zusammenhang mit der Gewährung von Fördergeldern aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) und ihre Vereinbarkeit mit Unionsrecht Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 024/20 Abschluss der Arbeit: 9. April 2020 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Zur rechtlichen Konstruktion des AMIF und möglichen Prüfungsmaßstäben 5 2.1. Unionale Ebene 5 2.1.1. Verordnung zur Errichtung des AMIF 5 2.1.2. Verordnung zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen des AMIF 6 2.1.2.1. Vorgaben zu den AMIF-Begünstigten 7 2.1.2.2. Allgemeine Rechtmäßigkeitsklausel in Art. 4 FaB-AMIF-VO 7 2.1.2.3. Art. 13 und 14 FaB-AMIF-VO zu den nationalen Programmen 8 2.1.2.4. Art. 17 FaB-AMIF-VO zu allgemeinen Fördergrundsätzen 9 2.1.2.5. Art. 21 und Art. 24 FaB-AMIF-VO zu den Verwaltungs- und Kontrollsystemen 9 2.1.2.6. Fazit 10 2.2. Mitgliedstaatliche Ebene 10 3. Zur Vereinbarkeit der Förderbeschränkung mit Unionsrecht 11 3.1. Art. 24 Abs. 2 und 4 FaB-AMIF-VO: Vereinbarkeit mit der der AMIF-VO und der FaB-AMIF-VO 11 3.1.1. Ausdrückliche (Un-)Vereinbarkeit 11 3.1.2. Implizite (Un-)Vereinbarkeit 12 3.2. Unionsgrundrechte 13 3.3. Sonstiges Primärrecht 14 4. Ergebnis 14 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung Im Rahmen ihrer Politik im Bereich von Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung (Art. 77 bis 80 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, im Folgenden: AEUV) hat die Europäische Union (EU) einen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) errichtet.1 Ausweislich der Erwägungsgründe seiner Rechtsgrundlage soll mit dem Fonds „ein flexibler Rahmen geschaffen werden, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten Finanzmittel im Rahmen ihrer nationalen Programme erhalten können, um entsprechend ihrer besonderen Situation und ihren besonderen Bedürfnissen unter Berücksichtigung der allgemeinen und besonderen Ziele des Fonds die unter diesen Fonds fallenden Politikbereiche zu unterstützen […].“2 Allgemeines Ziel des Fonds ist es „einen Beitrag zur effizienten Steuerung der Migrationsströme und zur Durchführung , Konsolidierung und Weiterentwicklung der gemeinsamen Asylpolitik, der Politik subsidiären und vorübergehenden Schutzes und der gemeinsamen Einwanderungspolitik zu leisten […].“3 Zu den spezifischen Zielen gehören u. a. die „Stärkung und Weiterentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, einschließlich seiner externen Dimension“ sowie die „Förderung gerechter und wirksamer Rückkehrstrategien in den Mitgliedstaaten als Beitrag zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung, mit besonderem Schwerpunkt auf einer dauerhaften Rückkehr und wirksamen Rückübernahme in den Herkunfts- und den Transitländern“.4 Deutschland hat auf Grundlage der AMIF-Vorgaben ein nationales Programm verabschiedet.5 In der aktuellen Aufforderung der hierfür zuständigen Behörde beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Einreichung von Anträgen auf Gewährung einer Zuwendung aus dem AMIF (im Folgenden: Aufforderung) findet sich im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Antragsberechtigung folgender Hinweis: „Für die Förderung durch die EU-Zuständige Behörde (AMIF) beim BAMF ist entscheidend , dass der Antragsteller staatliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Vollziehung einer bestehenden Ausreisepflicht weder beeinträchtigt, stört oder gar verhindert. Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Verpflichtung kann die Bewilligungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere 1 Verordnung (EU) Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds […], ABl.EU 2014 Nr. L 150/168, letzte konsolidierte Fassung vom 21.12.2018, ohne Erwägungsgründe. Letztere sind nur in der ursprünglichen Fassung wiedergegeben. Alle nachfolgenden Verweise auf Verordnungsartikel beziehen sich auf die konsolidierte Fassung, die im Folgenden als AMIF-VO bezeichnet wird. 2 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 6 VO 516/2014 (Fn. 1). 3 Art. 3 Abs. 1 AMIF-VO (Fn. 1). 4 Art. 3 Abs. 2 Buchst. a bzw. c AMIF-VO (Fn. 1). 5 Nationales Programm des Mitgliedstaates Deutschlands für die Förderperiode 2014 bis 2020, online abrufbar auf den Seiten des BAMF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 5 des Verstoßes über die vollständige oder teilweise Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der Zuwendung entscheiden. Es ist beabsichtigt, die Zuwendungsbescheide mit einer entsprechenden Auflage zu verbinden.“6 Ausgehend von der systematischen Verortung und dem Inhalt kann es sich bei dieser Klausel sowohl um eine bei Antragstellung zu ergreifende Auswahl- als auch um eine Aufhebungsbedingung handeln, die nach Erhalt der Förderung zur Anwendung gelangt. Der Fachbereich Europa wird in diesem Zusammenhang um Beantwortung der Frage ersucht, ob diese Klausel mit dem EU-Förderrecht im Einklang steht. Hierzu soll im Folgenden zunächst die (unions-)rechtliche Konstruktion dargestellt werden, die dem AMIF und der daraus zu gewährenden Förderung zugrunde liegt (2.). Dabei wird der Schwerpunkt auf Vorgaben und Regelungen gelegt, die für die Beurteilung der zitierten Förderbeschränkung relevant sein könnten. Im Anschluss hieran wird die Vereinbarkeit der Klausel im Lichte des EU-Rechts erörtert (3.). 2. Zur rechtlichen Konstruktion des AMIF und möglichen Prüfungsmaßstäben Soweit – wie hier – eine Förderung aus dem AMIF über die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Programme erfolgt bzw. erfolgen soll,7 sind zwei Ebenen zu unterscheiden, die unionale (2.1.) und die mitgliedstaatliche (2.2.). 2.1. Unionale Ebene Die unionale Ebene des AMIF beruht auf zwei (Grund-) Verordnungen (2.1.1. und. 2.1.2) und mehreren Rechtsakten, die auf deren Grundlage entweder als delegierte (vgl. Art. 290 AEUV) oder Durchführungsverordnungen (vgl. Art. 291 AEUV) erlassenen wurden.8 Auf sie wird im Folgenden nur insoweit eingegangen, als sie Regelungen oder Vorgaben enthalten, die vorliegend von Bedeutung sind. 2.1.1. Verordnung zur Errichtung des AMIF Zu nennen ist zunächst die Verordnung zur Errichtung des AMIF. Mit dieser wird der AMIF titelgemäß errichtet, im Übrigen aber nur einige der für sein Funktionieren relevanten Bereiche geregelt (vgl. Art. 1 Abs. u. 2 AMIF-VO). Hierzu gehören u. a. „die Ziele der finanziellen Unterstützung und die förderfähigen Maßnahmen“ (Art. 1 Abs. 2 Buchst. a, Art. 5 bis 13 AMIF-VO), „die bereitgestellten finanziellen Ressourcen und ihre Verteilung“ (Art. 1 Abs. 2 Buchst. c, Art. 14 bis 6 Aufforderung der EU-Zuständigen Behörde beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Einreichung von Anträgen auf Gewährung einer Zuwendung aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) (2019), S. 7 des Dokuments, abrufbar auf den Seiten des BAMF. 7 Daneben sind auch unionale Fördermaßnahmen vorgesehen, vgl. Art. 20 ff. AMIF-VO (Fn. 1). 8 Siehe dazu auch die Angaben auf Seiten des BAMS zu den Rechtsgrundlagen des AMIF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 6 19 AMIF-VO) und „der allgemeine Rahmen für die Durchführung förderfähiger Maßnahmen“ (Art. 1 Abs. 2 Buchst. b, Art. 20 bis 24 AMIF-VO).9 Zu dem letztgenannten Bereich gehört Art. 19 AMIF-VO zu den nationalen Programmen. Er enthält Vorgaben allgemeiner Natur zu den im Rahmen der Programme insbesondere zu verfolgenden Zielen (Abs. 1), verpflichtet die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Menschen- und Grundrechte bei der Durchführung der aus dem Fonds unterstützten Maßnahmen beachtet und gewahrt werden (Abs. 2) und verpflichtet sie „eine gerechte und transparente Verteilung“ der Fondsmittel auf seine spezifischen Ziele anzustreben (Abs. 3). Die Verpflichtung im Zusammenhang mit der Beachtung und Wahrung von Menschen- und Grundrechten dürfte in jedem Fall auf die von den Maßnahmen betroffenen Personen, d.h. Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte etc. (vgl. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a bis d AMIF-VO), bezogen sein. Ob sich die Verpflichtung darüber hinaus auch auf die Antragsteller bzw. Zuwendungsempfänger bezieht, die die aus dem AMIF-Fond finanzierten Projekte und Maßnahmen durchführen, lässt sich allein von der Formulierung in Art. 19 Abs. 2 AMIF-VO her nicht eindeutig beantworten. Hiervon unabhängig haben die Mitgliedstaaten im Fall der Durchführung von Unionsrecht die Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 S. 1 GRC zu beachten. Weitere Vorschriften zu nationalen Programmen und ihrer Durchführung, die im Hinblick auf die zu prüfende Förderbeschränkung relevant sein könnten, insbesondere zu den Begünstigten der Förderung und ihren Verhaltenspflichten, enthält die Verordnung zur Errichtung des AMIF – soweit ersichtlich – nicht. Auf die inhaltlichen Vorgaben zu den finanzierbaren Maßnahmen, die in diesem Kontext von Bedeutung sein können, wird unten bei der Vereinbarkeitsprüfung eingegangen . 2.1.2. Verordnung zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen des AMIF Bei dem zweiten Rechtsakt handelt es sich um die Verordnung zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (im Folgenden: FaB-AMIF-VO).10 Die titelgebenden allgemeinen Bestimmungen betreffen die Durchführung des Fonds in Bezug auf „die Ausgabenfinanzierung“ (Art. 1 Buchst. a FaB-AMIF-VO), „die Partnerschaft, Programmplanung , Berichterstattung, Monitoring und Evaluierung“ (Art. 1 Buchst. b FaB-AMIF-VO), „die von den Mitgliedstaaten einzurichtenden Verwaltungs- und Kontrollsysteme“ (Art. 1 Buchst. c FaB-AMIF-VO) und den Rechnungsabschluss (Art. 1 Buchst. d FaB-AMIF-VO). 9 Die anderen beiden in der AMIF-VO festgelegten Bereiche betreffen „die Grundsätze und Verfahren zur Festlegung der gemeinsamen Neuansiedlungsprioritäten der Union und die finanzielle Unterstützung für die Tätigkeiten des Europäischen Migrationsnetzwerks“ (vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. d und c AMIF-VO) und sind hier bereits thematisch nicht einschlägig. 10 Verordnung (EU) Nr. 514/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und das Instrument für die finanzielle Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit, der Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung und des Krisenmanagements, ABl.EU 2014 Nr. L 150/112. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 7 Dieser Rechtsakt ist, wie sich insbesondere aus Art. 1 Abs. 2 AMIF-VO sowie den gegenseitigen Bezugnahmen aufeinander in beiden Verordnungen ergibt,11 neben der Verordnung zur Errichtung des AMIF anzuwenden. Dabei wird die AMIF-VO in der FaB-AMIf-VO als „spezifische Verordnung “ bezeichnet.12 Im Folgenden sind einige Vorschriften näher darzustellen und auf ihre Bedeutung für die anschließende Vereinbarkeitsprüfung zu untersuchen. 2.1.2.1. Vorgaben zu den AMIF-Begünstigten Anforderungen an oder Vorgaben zu den Empfängern der Förderung aus dem AMIF enthält die FaB-AMIF-VO nur insoweit, als sie den Begriff der Begünstigten legaldefiniert. Nach Art. 2 Buchst. g FaB-AMIF-VO ist darunter „eine Einrichtung [zu verstehen], die im Rahmen eines Projekts einen Unionsbeitrag erhält; hierbei kann es sich um eine öffentliche oder private Einrichtung , eine internationale Organisation, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (im Folgenden „IKRK“) oder die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften handeln.“ Im Übrigen betreffen die sich auf Begünstigende im Sinne dieser Legaldefinition beziehenden Vorschriften Aspekte, die hier nicht weiter relevant sind.13 Da die Legaldefinition offen und sehr weit gehalten ist, dürfte sie für die Beurteilung der Förderbeschränkung keine besondere Rolle spielen.14 2.1.2.2. Allgemeine Rechtmäßigkeitsklausel in Art. 4 FaB-AMIF-VO Nach Art. 4 FaB-AMIF-VO müssen die im Rahmen der AMIF-Verordnung finanzierten Maßnahmen „mit dem anwendbaren Unionsrecht und nationalen Recht im Einklang stehen.“ Ob diese allgemeine Rechtmäßigkeitsklausel hier bezüglich des Unionsrechts Anwendung finden kann, erscheint fraglich. Denn bei der Förderbeschränkung handelt es sich gerade nicht um eine aus dem AMIF finanzierte Maßnahme. Vielmehr wird darin eine auf den Antragsteller bzw. Zuwendungsempfänger bezogene Bedingung für den Erhalt bzw. die Aufhebung und Rückforderung von Fördermitteln formuliert. 11 Vgl. etwa Art. 19 Abs. 1 AMIF-VO sowie Art. 1 i. V. m. Art. 2 Buchst. a FaB-AMIF-VO. 12 An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die FaB-AMIF-VO (Fn. 10) – wie am Titel erkennbar – allgemeine Bestimmung nicht nur für den AMIF enthält, sondern noch für ein weiteres EU-Instrument in diesem Politikbereich , welches im vorliegenden Kontext jedoch nicht von Bedeutung ist und daher auch nicht weiter erwähnt wird. 13 Neben Pflichten zur Zusammenarbeit und Auskunftserteilung (vgl. Art. 23 FaB-AMIF-VO) sind dies vor allem finanztechnische Fragen (vgl. bspw. Art. 28 und Art. 35 Abs. 5 FaB-AMIF-VO). 14 Siehe unten unter 3.1. S. 11 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 8 2.1.2.3. Art. 13 und 14 FaB-AMIF-VO zu den nationalen Programmen Art. 13 und 14 FaB-AMIF-VO erhalten formale und materielle Vorgaben bezüglich der Aufstellung nationaler Programme und werden auch in Art. 19 Abs. 1 AMIF-VO in Bezug genommen. Die erstgenannte Vorschrift sieht einen sog. politischen Dialog zwischen Mitgliedstaat und Kommission in Bezug auf das zu erstellende nationale Programm vor. Art. 14 FaB-AMIF regelt sodann die auf Grundlage der Ergebnisse des politischen Dialogs zu erfolgende Ausarbeitung und Genehmigung des Programms, wobei letzteres durch die Kommission erfolgt (vgl. Art. 14 ABs. 3, 5 bis 7 FaB-AMIF-VO). Zu den Bestandteilen eines nationalen Programms gehören nach Art. 14 Abs. 2 FaB-AMIF-VO u. a. Angaben zu den „Durchführungsbestimmungen für das nationale Programm mit Angabe der befugten Behörden sowie eine zusammenfassende Beschreibung des vorgesehenen Verwaltungsund Kontrollsystems“ (Buchst. g). Die Kommission hat vor Erteilung der Genehmigung u. a. „die Angemessenheit der in Absatz 2 Buchstabe g genannten Durchführungsbestimmungen vor dem Hintergrund der vorgesehenen Maßnahmen“ sowie „die Vereinbarkeit des vorgeschlagenen Programms mit dem Unionsrecht“ zu prüfen (Art. 14 Abs. 5 Buchst. d bzw. e FaB-AMIF-VO). In diesem Kontext ist die auf Grundlage der FaB-AMIF-VO erlassene Durchführungsverordnung Nr. 802/2014 zur Festlegung der Muster für die nationalen Programme zu nennen.15 Sie bestimmt – ihrem Titel entsprechend – das Muster, nach welchem die der Kommission zu übermittelnden und von ihr zu genehmigenden nationalen Programme zu gestalten sind. Von Interesse ist vorliegend, ob und ggf. welche Mustervorgaben zu den Bestandteilen des nationalen Programms nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. g FaB-AMIF-VO bezüglich der „Durchführungsbestimmungen für das nationale Programm mit Angabe der befugten Behörden sowie eine zusammenfassende Beschreibung des vorgesehenen Verwaltungs- und Kontrollsystems“ vorgesehen sind. Diesen Angaben ist thematisch zwar der Abschnitt 6 des Musters zum „Rahmen für die Vorbereitung und die Durchführung des Programms durch den Mitgliedstaat“ gewidmet. Er enthält in seinen sieben Unterpunkten jedoch keine Rubrik, die Art. 14 Abs. 2 Buchst. g FaB-AMIF- VO entspricht. Gleiches gilt für die übrigen Abschnitte und deren Rubriken. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Mitgliedstaaten entsprechende Angaben zu ihren Durchführungsbestimmungen jedenfalls nicht in diesem Rahmen mitteilen mussten. Ob die Angaben in einer anderen Form der Kommission zur Kenntnis gebracht und ggf. Gegenstand der Genehmigung in Bezug auf das nationale Programm werden, ist nicht bekannt. Wie unten zur mitgliedstaatlichen Ebene noch ausgeführt wird, enthielt das deutsche nationale Programm entsprechende Hinweise nicht. Auch ist die im Raum stehende Förderbeschränkung – soweit ersichtlich – erst in der aktuellen Aufforderung verwendet worden, in früheren dagegen nicht, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Kommission hiervon im Zusammenhang mit der Genehmigung des nationalen Programms im Jahre 2014 Kenntnis hatte. 15 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 802/2014 der Kommission vom 24. Juli 2014 zur Festlegung der Muster für die nationalen Programme […], ABl.EU 2014 Nr. L 219/22. Siehe Anhang. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 9 2.1.2.4. Art. 17 FaB-AMIF-VO zu allgemeinen Fördergrundsätzen Art. 17 FaB-AMIF-VO zu allgemeinen Fördergrundsätzen bezieht sich auf die Förderfähigkeit von Ausgaben und einige andere ausgabenrelevante Aspekte. Absatz 1 dieser Vorschrift sieht etwa vor, dass die „Förderfähigkeit von Ausgaben den nationalen Vorschriften [unterliegt], es sei denn, in dieser Verordnung oder den spezifischen Verordnungen sind spezifische Regeln festgesetzt .“ Art. 17 Abs. 2 FaB-AMIF-VO bestimmt die unionalen Anforderungen an die Förderfähigkeit . Danach müssen die Ausgaben „a) unter den Anwendungsbereich der spezifischen Verordnungen und deren Ziele fallen; b) erforderlich sein, damit das betreffende Projekt durchgeführt werden kann; c) angemessen sein und den Grundsätzen der wirtschaftlichen Haushaltsführung entsprechen, insbesondere hinsichtlich des Preis-Leistungs-Verhältnisses und der Kostenwirksamkeit .“ Ob diese Vorgaben auch für mitgliedstaatliche Bestimmungen zur Förderbeschränkungen relevant sein können, erscheint zweifelhaft. Denn bei letzteren geht es gerade nicht um die Frage, ob eine Ausgabe förderfähig ist oder nicht, sondern davon, ob einem Antragsteller eine Förderung überhaupt gewährt wird oder nicht bzw. ob sie aufgrund seines Verhaltens anschließend wieder entzogen wird. 2.1.2.5. Art. 21 und Art. 24 FaB-AMIF-VO zu den Verwaltungs- und Kontrollsystemen Im Zusammenhang mit den von den Mitgliedstaaten vorzusehenden Verwaltungs- und Kontrollsystemen bestimmt Art. 21 FaB-AMIF-VO, der mit „Allgemeine Grundsätzen für die Verwaltungs - und Kontrollsysteme“ betitelt ist, dass „[j]eder Mitgliedstaat […] für die Durchführung seines nationalen Programms Verwaltungs- und Kontrollsysteme ein[richtet], die Folgendes vorsehen : […] h) Prävention, Feststellung und Korrektur von Unregelmäßigkeiten, einschließlich Betrug , und Einziehung rechtsgrundlos gezahlter Beträge, zusammen mit etwaigen Verzugszinsen.“ Art. 24 FaB-AMIF-VO enthält Vorgaben zu den mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten und sieht u. a. vor, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, „dass ihre Verwaltungs- und Kontrollsysteme für die nationalen Programme mit dieser Verordnung im Einklang stehen und dass diese Systeme wirksam funktionieren“ (Abs. 2), und, dass sie „transparente Regeln und Verfahren für die Auswahl und Durchführung von Projekten im Einklang mit dieser Verordnung und den spezifischen Verordnungen fest[legen]“ (Abs. 4). Eine weitere unionale Ausgestaltung bzw. Konkretisierung dieser Vorgaben enthält die delegierte Verordnung Nr. 1042/2014 in Bezug auf die Benennung von zuständigen Behörden und ihre Verwaltungs - und Kontrollaufgaben […].16 Art. 4 dieser delegierten Verordnung 1042/2014 listet die Aufgaben der zuständigen Behörde auf, die das nationale Programm verwaltet und u. a. „Ausschreibungen und Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen [organisiert] und […] diese bekannt [gibt] und […] die anschließende 16 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1042/2014 der Kommission vom 25. Juli 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 in Bezug auf die Benennung von zuständigen Behörden und ihre Verwaltungs- und Kontrollaufgaben sowie in Bezug auf den Status und die Verpflichtungen von Prüfbehörden, ABl.EU Nr. L 289/3. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 10 Auswahl von Projekten zur Finanzierung im Rahmen des nationalen Programms [organisiert] und […] diese bekannt [gibt], im Einklang mit dem Anwendungsbereich und den Zielen der in Artikel 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 genannten spezifischen Verordnungen und den in Artikel 9 dieser Verordnung aufgeführten Kriterien“ (vgl. Buchst. e). In Art. 7 der delegierten Verordnung 1042/2014 werden Regelungen zur Rolle der zuständigen Behörde als Vergabestelle getroffen. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift werden die Finanzhilfen für Projekte im Rahmen des nationalen Programms auf Grundlage offener Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen vergeben. Vorgaben zu den Auswahl- und Vergabeverfahren finden sich in Art. 9 der delegierten Verordnung 1042/2014. Nach Abs. 1 UAbs. 2 Buchst. b dieser Vorschrift enthalten die in Art. 7 genannten Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen „zumindest“ u. a. die Auswahl- und Vergabekriterien . Nach Art. 9 Absatz 3 der delegierten Verordnung 1042/2014 legt die zuständige Behörde „die Verfahren für die Entgegennahme von Vorschlägen fest. Sie unterzieht die Vorschläge einer formalen, fachlichen und haushaltstechnischen Prüfung und einer qualitativen Bewertung, wobei sie die in der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen festgelegten Kriterien transparent und nichtdiskriminierend anwendet. Die zuständige Behörde hält die Gründe für die Ablehnung der anderen Vorschläge schriftlich fest.“ In inhaltlicher Hinsicht dürfte die Förderbeschränkung diesem Bereich der Verwaltung und Kontrolle und den dazu bestehenden, eben beschriebenen Vorgaben der FaB-AMIF-VO zuzuordnen und an ihrem Maßstab zu messen sein, da diese sowohl die Vergabe von Fördermitteln betreffen als auch die anschließende Kontrolle dieser. 2.1.2.6. Fazit Weitere Vorgaben und Regelung auf unionaler Ebene im Zusammenhang mit der AMIF-VO und der FaB-AMIF-VO, die vorliegend von Bedeutung sein könnten, sind nicht ersichtlich. Relevant für die Beurteilung der Förderbeschränkung dürften insoweit vor allem die dargestellten Vorgaben zu den mitgliedstaatlich aufzustellenden Verwaltungs- und Kontrollsystemen sein, denen die Förderbeschränkung thematisch zuzuordnen ist. Darüber hinaus sind ggf. Unionsgrundrechte zu beachten. 2.2. Mitgliedstaatliche Ebene Die mitgliedstaatliche Ebene folgt den dargestellten Vorgaben der beiden (Grund-)Verordnungen und der auf ihrer Grundlage erlassenen delegierten und Durchführungsverordnungen, die insgesamt nur wenig Spielraum für eine autonome mitgliedstaatliche Ausgestaltung lassen. Am ehesten dürfte ein solcher noch im Hinblick auf das Verwaltungs- und Kontrollsystem bestehen. Neben dem nationalen Programm und den (jährlichen) Ausschreibungen und den jährlichen Aufforderungen zur Einreichung von Projekten hat das Bundesministerium des Inneren (BMI) als Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 11 dem BAMF übergeordnete oberste Bundesbehörde eine Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds erlassen.17 Diese gibt vor allem die unmittelbar förderrelevanten Vorgaben der oben dargestellten Verordnungen wieder. Zu den Antragstellern bzw. Zuwendungsempfängern findet sich dort lediglich eine leicht verkürzte Wiedergabe der Begünstigtendefinition nach Art. 2 Buchst. g FaB-AMIF-Fonds. Danach sollen Zuwendungen „in der Regel nur eingetragenen juristischen Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sowie internationalen Organisationen erteilt werden“ (vgl. § 5 Abs. 1 der Richtlinie ). Die hier im Raum stehende Förderbeschränkung findet sich – soweit ersichtlich – erst in der aktuellen Aufforderung. 3. Zur Vereinbarkeit der Förderbeschränkung mit Unionsrecht Maßstab für die Vereinbarkeitsprüfung der Förderbeschränkung sind zunächst Art. 24 Abs. 2 und 4 FaB-AMIF-VO (3.1). Sodann ist zu untersuchen, ob und inwieweit Unionsgrundrechte (3.2.) sowie weitere Bestimmungen des primären Unionsrechts (3.3.), die aus sich selbst heraus, d. h. unabhängig von den AMIF-Verordnungen anwendbar sind, für diese Prüfung Relevanz haben. 3.1. Art. 24 Abs. 2 und 4 FaB-AMIF-VO: Vereinbarkeit mit der der AMIF-VO und der FaB- AMIF-VO Aus Art. 21 und 24 FaB-AMIF-VO ergibt sich zunächst, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet und zugleich berechtigt sind, Systeme zur Verwaltung und Kontrolle für die Durchführung des nationalen Programms zu errichten. Diese Systeme beziehen sich sowohl auf das Vergabeverfahren (vgl. insb. Art. 24 Abs. 4 FaB-AMIF-VO) als auch auf Aspekte, die die Prävention, die Feststellung und Korrektur von Unregelmäßigkeiten zum Gegenstand haben (Art. 21 Buchst. h FaB- AMIF-VO). Hieraus folgt, dass Deutschland für den Erlass der Förderbeschränkung, die sowohl als Auswahl- als auch als Aufhebungsbedingung verstanden werden kann, jedenfalls nicht unzuständig gewesen ist. Art. 24 FaB-AMIF-VO sieht zugleich jedoch vor, dass die mitgliedstaatlichen Verwaltungs- und Kontrollsysteme mit der FaB-AMIF-VO (Abs. 2), die Regeln und Verfahren für die Auswahl und Durchführung der Projekte mit der FaB-AMIF-VO und der AMIF-VO im Einklang stehen müssen (Abs. 3). 3.1.1. Ausdrückliche (Un-)Vereinbarkeit Wie sich bereits aus der obigen Darstellung zu den hier relevanten Bestimmungen der beiden genannten Verordnungen ergibt, enthalten sie keine Vorschriften, zu denen die Förderbeschränkung in ausdrücklichem Widerspruch steht. Insbesondere tangiert sie nicht die Legaldefinition zu den Begünstigten in Art. 2 Buchst. g FaB-AMIF-VO. Denn diese stellt erstens überhaupt nur auf Einrichtungen ab, die einen Unionsbeitrag erhalten und enthält keine Vorgaben zu Antragstellern . Zweitens verweist sie für die erstgenannte Gruppe der Zuwendungsempfänger lediglich 17 Richtlinie v. 4.9.2017, online abrufbar auf den Seiten des BAMF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 12 beispielhaft, um wen es dabei handeln „kann“, nämlich u. a. öffentliche oder private Einrichtungen etc. Dass Begünstigten die Zuwendung nicht entzogen werden darf, ergibt sich aus der Legaldefinition nicht. Im Übrigen folgt eine solche Möglichkeit aus dem oben zitierten Art. 21 Buchst. h FaB-AMIF-VO. 3.1.2. Implizite (Un-)Vereinbarkeit Zu erörtern ist allerdings, ob die Förderbeschränkung implizit gegen eine der beiden (Grund-) Verordnungen verstößt. Das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die dortigen Tatbestandsmerkmale nachteilige Konsequenzen an Maßnahmen anknüpfen, die sich im Rahmen der Förderziele der AMIF-VO bewegen und an sich förderfähig wären. Umgekehrt formuliert dürfte die Förderbeschränkung mit den beiden (Grund-)Verordnung dann vereinbar sein, wenn ihre für Antragsteller und Zuwendungsempfänger nachteiligen Konsequenzen dem Sinn und Zweck der genannten Rechtsakte entsprechen. Die oben zitierte Förderbeschränkung knüpft an eine Beeinträchtigung, Störung oder gar Verhinderung von „staatliche[n] Maßnahmen im Zusammenhang mit der Vollziehung einer bestehenden Ausreisepflicht“ an.18 Was insoweit unter einer Beeinträchtigung, Störung oder gar Verhinderung insoweit zu verstehen ist, wird in der Förderbeschränkung nicht weiter definiert. Blickt man vor diesem Hintergrund auf die Ziele der AMIF-VO, so umfassen diese in spezifischer Hinsicht neben einer „Stärkung und Weiterentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems “ (Art. 3 Abs. 2 Buchst. a AMIF-VO) auch eine „Förderung gerechter und wirksamer Rückkehrstrategien in den Mitgliedstaaten als Beitrag zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung, mit besonderem Schwerpunkt auf einer dauerhaften Rückkehr und wirksamen Rückübernahme in den Herkunfts- und den Transitländern“ (Art. 3 Abs. 2 Buchst. c AMIF-VO). Legislativer Ausdruck insbesondere des letztgenannten spezifischen AMIF-Ziels ist die Richtlinie 2008/115 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger.19 Diese definiert den Begriff der Rückkehr als „Rückreise von Drittstaatsangehörigen – in freiwilliger Erfüllung einer Rückkehrverpflichtung oder erzwungener Rückführung – in deren Herkunftsland oder ein Transitland gemäß gemeinschaftlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder ein anderes Drittland […]“ (Art. 3 Nr. 3 der Richtlinie). Unter dem dort ebenfalls legaldefinierten Begriff der Abschiebung wird „die Vollstreckung der Rückkehrverpflichtung, d.h. die tatsächliche Verbringung aus dem Mitgliedsstaat “ verstanden (Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie). Wendet man den Blick auf die förderfähigen Maßnahmen in diesem Kontext, so sieht die AMIF- VO zu dem spezifischen Ziel der „Stärkung und Weiterentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a AMIF-VO u. a. vor, dass etwa „sozialer Beistand, Bereitstellung von Informationen oder Unterstützung bei den administrativen und/oder gerichtlichen Formalitäten und Bereitstellung von Informationen oder Beratung zum möglichen Ausgang 18 Siehe Fn. 6. 19 Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehörige, ABl.EU 2008 Nr. L 348/98. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 13 des Asylverfahrens, einschließlich zu Aspekten wie Rückkehrverfahren“20 (Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 Buchst. d AMIF-VO) und „Rechtsbeistand und -vertretung“ (Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 Buchst. e AMIF-VO) förderfähig sind. Gleiches gilt im Kontext des spezifischen Ziels nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. c AMIF-VO zur „Förderung gerechter und wirksamer Rückkehrstrategien“ gemäß Art. 11 UAbs. 2 Buchst. b und c AMIF-VO, der die förderfähigen „Maßnahmen zur Begleitung von Rückkehrverfahren “ regelt. Aus diesen inhaltlichen Vorgaben der AMIF-VO folgt einerseits, dass die Förderbeschränkung insoweit ein legitimes Interesse im Lichte der AMIF-VO verfolgt, als es um den Schutz staatlicher Maßnahmen geht, die auch Abschiebungen von nicht aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen zum Gegenstand haben. Denn derartige Maßnahmen sind im Rahmen der EU-Asyl- und Migrationspolitik sogar verpflichtend vorgesehen (vgl. Art. 6, 8 RL 2008/115). Es dürfte sich daher um ein zulässiges Anliegen der Mitgliedstaaten handeln, EU-Fördergelder nur solchen Empfängern zukommen zu lassen, die die mitgliedstaatliche Durchführung der unionsrechtlich determinierten Asyl- und Migrationspolitik nicht konterkarieren. Unter diesem Gesichtspunkt wäre somit von einer Vereinbarkeit der Förderbeschränkung mit der AMIF-VO auszugehen. Andererseits ergibt sich aus den inhaltlichen Vorgaben der AMIF-VO zugleich, dass bestimmte Maßnahmen auch im Kontext der Rückkehr förderfähig und damit als unional zulässig und wünschenswert angesehen werden, wie etwa sozialer Beistand, Rechtsbeistand und -vertretung. Derartige Handlungsweisen dürften daher nicht als Beeinträchtigung, Störung oder gar Verhinderung im Sinne der Förderbeschränkung interpretiert werden, soll diese als mit der AMIF-VO vereinbar angesehen werden. Welche Maßnahmen der Förderbeschränkung unterliegen, ist somit grundsätzlich im Rahmen des nationalen Rechts zu bestimmen. Soweit die Förderbeschränkung einer unionsrechts- bzw. verordnungskonformen Auslegung in der eben genannten Weise zugänglich ist, dürfte sie auch implizit insbesondere mit der AMIF-VO vereinbar sein. Mangels unionsgerichtlicher Rechtsprechung zu dieser Frage sowie – soweit ersichtlich – zu ähnlichen Fallkonstellationen, lässt sich an dieser Stelle jedoch generell keine abschließende Beurteilung vornehmen. 3.2. Unionsgrundrechte Wie oben dargestellt, ist fraglich, ob sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach Art. 19 Abs. 2 AMIF-VO dafür Sorge zu tragen, dass Menschen- und Grundrechte bei der Durchführung der aus dem Fonds unterstützten Maßnahmen beachtet und gewahrt werden, auch auf Antragsteller und Zuwendungsempfänger bezieht.21 Hiervon unabhängig haben die Mitgliedstaaten die in Art. 19 Abs. 2 AMIF-VO zumindest auch in Bezug genommenen Unionsgrundrechte nach Art. 51 Abs. 1 S. 1 GRC immer dann zu beachten, wenn sie Unionsrecht durchführen. Ein solcher Fall 20 Hervorhebung durch Verfasser. 21 Siehe oben unter 2.1.1., S. 5 f. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 14 dürfte hier im Hinblick auf die Durchführung der AMIF-VO und der FaB-AMIF-VO zwar vorliegen .22 Fraglich ist jedoch, welches Unionsgrundrecht in einer Förderkonstellation wie der vorliegenden , in der es um die Gewährung von Fördergeldern bzw. ihre Aufhebung und Rückförderung geht, überhaupt einschlägig sein könnte und wenn ja, ob ein Eingriff zu bejahen wäre. Soweit man mit Blick auf eine etwaige kommerzielle Betätigung der Antragsteller oder Zuwendungsempfänger eine Einschlägigkeit des Grundrechts auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 GRC in Betracht zöge,23 wären im Rahmen einer etwaigen Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRC) die gleichen Argumente heranzuziehen, die oben für eine Vereinbarkeit mit der AMIF-VO angeführt wurden. Soweit mit der Förderbeschränkung der Schutz staatlicher Maßnahmen beabsichtigt wird, die Abschiebungen von nicht aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen zum Gegenstand haben, handelt es sich um ein legitimes und auch durch den Unionsgesetzgeber im Rahmen der EU-Asyl- und Migrationspolitik verfolgtes Interesse . Dass die Förderbeschränkung sodann unverhältnismäßig wäre, ist jedenfalls dann nicht erkennbar, soweit von ihr Maßnahmen und Verhaltensweisen ausgenommen sind, die nach der AMIF-VO im Kontext von Rückkehrkonstellationen förderfähig sind. 3.3. Sonstiges Primärrecht Sonstiges Primärrecht, an dessen Maßstab die Förderbeschränkung zu messen sein könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere dürften hier keine Grundfreiheiten, etwa in Gestalt der Niederlassungs - (Art. 49 AEUV) oder Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 f. AEUV), einschlägig sein. Diese setzen erstens einen grenzüberschreitenden Bezug voraus. Ein solcher könnte hier allenfalls in einem konkreten Fall – je nach Ansässigkeit oder Staatsangehörigkeit des Antragstellers bzw. Zuwendungsempfängers – vorliegen. Da der Förderbeschränkung zweitens jedenfalls keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zugrunde liegt, bestehen ferner erhebliche Zweifel an einem Eingriff in die genannten Grundfreiheiten. Soweit, drittens, in der Förderbeschränkung eine unterschiedslose Beschränkung der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit – was aufgrund der begrenzten Reichweite dieser Eingriffskategorie zweifelhaft ist – angenommen werden könnte, wäre auch hier bei der Rechtfertigung auf das oben beschriebene legitime Interesse des Mitgliedstaates an Abschiebungen zu verweisen. Und ebenso wie im Rahmen einer etwaigen Grundrechtsprüfung dürfte auch hier ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedenfalls dann abzulehnen sein, wenn von der Förderbeschränkung Maßnahmen und Verhaltensweisen ausgenommen sind, die nach der AMIF-VO im Kontext von Rückkehrkonstellationen förderfähig sind. 4. Ergebnis Bei dem von der Förderbeschränkung ihrem Wortlaut nach verfolgten Ziel des Schutzes staatlicher Maßnahmen, die auch Abschiebungen von nicht aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehö- 22 Vgl. zu den Fallgruppen der Durchführung von Unionsrecht etwa Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 3. Aufl. 2016, Art. 51 GRC, Rn. 21 f. 23 Siehe hierzu Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 3. Aufl. 2016, Art. 16 GRC, Rn. 1 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 024/20 Seite 15 rigen zum Gegenstand haben, handelt es sich um ein legitimes und durch die AMIF-VO gedecktes Anliegen. Denn derartige Maßnahmen sind im Rahmen der EU-Asyl- und Migrationspolitik, zu der die Förderung aus dem AMIF einen Beitrag leisten soll, sogar verpflichtend vorgesehen. Soweit die von der Förderbeschränkung beschriebenen Verhaltensweisen der Beeinträchtigung, Störung oder Verhinderung nach nationalem Recht keine Maßnahmen erfassen, die nach der AMIF-VO als förderfähig angesehen werden, dürfte die Klausel als mit den unionalen Fördervorgaben vereinbar anzusehen sein. Gleiches gilt im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit den Unionsgrundrechten und Grundfreiheiten, soweit diese Bestimmungen des EU-Primärrechts hier überhaupt in tatbestandlicher Hinsicht anwendbar sein sollten. Eine abschließende Beurteilung lässt sich mangels unionsgerichtlicher Rechtsprechung zu dieser oder vergleichbaren Fragen gleichwohl nicht vornehmen. – Fachbereich Europa –