© 2015 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 – 18/14 Fragen zum Investor-Staat-Streitverfahren im Bereich des Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) und der Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 2 Fragen zum Investor-Staat-Streitverfahren im Bereich des Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) und der Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) Aktenzeichen: PE 6 - 3000 – 18/14 Abschluss der Arbeit: 26. Februar 2014 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Erste Frage 4 1.1. Fragestellung 4 1.2. Antwort 4 1.2.1. Ausgestaltung des ISDS im Rahmen des TTIP-Abkommens und des CETA 4 1.2.2. Allgemeine Maßstäbe für die Ausgestaltung eines ISDS 5 1.2.2.1. Völkerrechtliche Grundlagen 5 1.2.2.2. Unionsrechtliche Grundlagen 8 1.2.3. Folgerungen für die Ausgestaltung eines ISDS im Rahmen des TTIP-Abkommens und des CETA 10 2. Zweite Frage 13 2.1. Fragestellung 13 2.2. Antwort 13 3. Dritte Frage 14 3.1. Fragestellung 14 3.2. Antwort 14 Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 4 1. Erste Frage 1.1. Fragestellung Wie ist angesichts des aktuellen Verhandlungsstandes des Comprehensive Economic and Trade Agreement (im Folgenden: CETA) zwischen der Europäischen Union (EU) und Kanada die Einschätzung zu bewerten, dass US-Konzerne künftig über Niederlassungen in Kanada auch dann gegen die EU bzw. gegen EU-Mitgliedstaaten ein Investor-Staat-Streitverfahren (Investor-state dispute settlement – im Folgenden: ISDS) einleiten können, wenn es im geplanten Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten von Amerika (Transatlantic Trade and Investment Partnership – im Folgenden: TTIP) kein Investitionsschutzkapitel gibt? 1.2. Antwort 1.2.1. Ausgestaltung des ISDS im Rahmen des TTIP-Abkommens und des CETA Sowohl das TTIP als auch das CETA haben Investitionen zum Gegenstand und damit auch Regelungen zu ihrem Schutz.1 Neben den in internationalen Investitionsschutzverträgen regelmäßig eingeräumten2 – materiellen Schutzrechten (z.B. Inländergleichbehandlung, Meistbegünstigung, Schutz vor entschädigungsloser Enteignung etc.) - ist eine Form des Investitionsschutzes die Etablierung von Streitbeilegungsmechanismen im Verhältnis zwischen (privatrechtlichen) Investoren und dem Gaststaat, also jenem Staat, in welchem die Investition getätigt wird (ISDS). Im Hinblick auf die potenziellen Wechselbeziehungen zwischen den Investitionsschutzbestimmungen im TTIP und im CETA werden im Folgenden zunächst die völker- und europarechtlichen Grundlagen zum Schutz von Auslandsinvestitionen in schiedsgerichtlichen Verfahren erläutert (hierzu 1.2.2.). Anschließend werden die sich aus den Verhandlungsrichtlinien ergebenden Vorstellungen der EU bezüglich einer möglichen Verankerung eines Investor-Staat-Verfahrens im TTIP und im CETA dargestellt (hierzu 1.2.3.). Hierauf aufbauend werden Schlüsse für die Nutzung der Regelungen des CETA durch US-amerikanische Konzerne im Sinne der Fragestellung gezogen (hierzu 1.2.4.). 1 Für das TTIP-Abkommen: Rat der Europäischen Union, Verhandlungsrichtlinien vom 17. Juni 2013, EU-Dok-Nr. 11103/13, Nr. 23, – EU RESTRICTED. Für CETA: Ausschuss für Handelspolitik, CETA – Draft text on investorto -state dispute settlement, EU-Dok. 199/13 – LIMITED. 2 Vgl. statt vieler Schill, Internationales Investitionsschutzrecht und Vergleichendes Öffentliches Recht: Grundlagen und Methode eines öffentlich-rechtlichen Leitbildes für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, ZaöRV 2011, 247, 252 m.w.N. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 5 1.2.2. Allgemeine Maßstäbe für die Ausgestaltung eines ISDS 1.2.2.1. Völkerrechtliche Grundlagen Internationale Wirtschaftsbeziehungen manifestieren sich nicht nur im (Welt-)Handel mit Waren und Dienstleistungen, sondern auch in grenzüberschreitenden Investitionen.3 Durch den Einsatz von Kapital oder anderen Ressourcen in ausländischen Staaten sollen Vermögenswerte geschaffen und mit diesen eine Rendite erwirtschaftet werden.4 Die (rechtliche) Behandlung derartiger Investitionen ist mittlerweile vor allem Gegenstand des Völkervertragsrechts.5 Es existieren derzeit ca. 2700 bi- und bereichsspezifische multilaterale sog. Investitionsförderungs- und -schutzverträge6 (IFV).7 Über ein allgemeines multilaterales Abkommen zu diesem Thema konnte bisher keine Einigung erzielt werden.8 Inhaltlich regeln die bestehenden IFVs zum einen die Zulassung von Auslandsinvestitionen und zum anderen deren Schutz.9 Ziel solcher Verträge ist die Schaffung eines sicheren Rechtsrahmens für diesen Bereich der internationalen Wirtschaftsbeziehungen.10 Zu diesem Zweck enthalten IFVs verschiedene Rechte, auf die sich der Investor gegenüber dem jeweils fremden Vertragsstaat berufen kann (bspw. auf das Recht auf gerechte und billige Behandlung, Verbot willkürlicher oder diskriminierender Maßnahmen sowie auf Inländergleichbehandlung und Meistbegünstigung , Enteignungsregelungen).11 Darüber hinaus sehen diese Abkommen Regeln zur Durchsetzung dieser Rechte vor, indem sie vor allem den (privaten) Investoren aus einem Vertragsstaat das Recht einräumen, den jeweils anderen Vertragsstaat bei Nichteinhaltung der den Investor betreffenden Vertragsbestimmungen vor einem internationalen Schiedsgericht auf Zahlung einer 3 Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 1. 4 Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 1. 5 Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 2011, § 23, Rn. 7 ff.; Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 101. 6 Im Englischen „Bilateral Investment Treaties (BITs)“, „Multilateral Investment Treaties (MITs)“ oder allgemein „International Investment Agreements (IIAs)“. 7 Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 2011, § 23, Rn. 8. Nach Angaben der Germany Trade & Invest wurden die derzeit weltweit meisten IVFs von Deutschland abgeschlossen (141, davon sind 126 in Kraft), online abrufbar unter http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/wirtschafts-und-steuerrecht ,did=56586.html. 8 Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 2011, § 23, Rn. 25. 9 Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 103. 10 Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 103. 11 Vgl. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 2011, § 23, Rn. 14 ff.; Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 195. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 6 Entschädigung zu verklagen (ISDS).12 Weniger praktische Bedeutung hat demgegenüber mittlerweile das (klassische) zwischenstaatliche Schiedsverfahren (sog. Staat-Staat-Verfahren), welches ebenfalls in IFVs geregelt ist.13 Ein Grund für die Einführung von ISDS ist die Förderung ausländischer Investitionen. Durch Rückgriff auf neutrale Streitschlichtungsinstanzen sollen mögliche Konfrontationen zwischen dem Heimatsstaat des Investors und dem Investitionsstaat verhindert werden.14 Ein weiterer Grund kann darin gesehen werden, dass die Möglichkeit einer neutralen Schiedsgerichtsbarkeit Vorzüge gegenüber innerstaatlichen Rechtsschutzsystemen bietet, wenn diese noch nicht hinreichend ausgereift oder zuverlässig sind. So ist etwa eine Vielzahl der von der Bundesrepublik eingegangenen IFVs mit Entwicklungsländern geschlossen worden.15 Hinzu kommt der Aspekt, Investoren davor zu schützen, dass Gaststaaten durch einseitige nationale Maßnahmen den Klageweg versagen und dadurch die Rechtsdurchsetzung verhindern.16 Zu erwähnen ist allerdings auch, dass Investor-Schiedsverfahren gerade mit Blick auf die Verfahrensintransparenz zunehmend auch der Kritik ausgesetzt sind.17 Bei jedem IFV handelt es sich um einen eigenständigen völkerrechtlichen Vertrag, so dass auch die Ausgestaltung der Regeln zur Durchsetzung variieren kann. Hinsichtlich des dahinter üblichen Systems für die Regelung von ISDS gilt es in der Regel zwei Ebenen zu unterscheiden18: Auf der ersten Ebene bedarf die Möglichkeit des Auslandsinvestitionsschutzes durch ein ISDS der Verankerung im eigentlichen IFV. Ohne eine solche Bestimmung verbleibt dem (privaten) 12 Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 350 ff. 13 Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 346 ff. 14 Vgl. Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 377. 15 Vgl. die Übersicht auf den Seiten des BMWi, online abrufbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion /PDF/B/bilaterale-investitionsfoerderungs-und-schutzvertraege-IFV,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache =de,rwb=true.pdf. 16 Hammes, Die Bemessung der Entschädigung enteigneter Investoren im Rahmen von Investitionsschutzabkommen, SchiedsVZ 2007, 169, 170. 17 Siehe hierzu allgemein Schill, Internationales Investitionsschutzrecht und Vergleichendes Öffentliches Recht: Grundlagen und Methode eines öffentlich-rechtlichen Leitbildes für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ZaöRV 2011, 247 ff.; Böckstiegel, Aktuelle Probleme der Investitions-Schiedsgerichtsbarkeit aus der Sicht eines Schiedsrichters, SchiedsVZ 2012, 113, 114 ff.; Perkams, Internationale Investitionsschutzabkommen im Spannungsfeld zwischen effektivem Investitionsschutz und staatlichem Gemeinwohl, 2013. 18 Vgl. Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 350. So folgen etwa von Deutschland abgeschlossene IFV dem Deutschen Mustervertrag über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Auslandsinvestitionen, vgl. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 2011, § 23, Rn. 9. Als Beispiel für ein IFV-Regelung zum Investor-Staat-Verfahren sei auf Art. 11 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen verwiesen, BGBl. 2009 II 470. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 7 Investor lediglich der Schutz über den jeweils innerstaatlichen Rechtsweg im jeweiligen Vertragsstaat oder der Umweg über den eigenen Vertragsstaat und dessen Rechte im Staat-Staat-Verfahren .19 Auf dieser Ebene besteht für die Vertragsparteien auch die Möglichkeit, Vorgaben für die Ausgestaltung des ISDS zu machen, so etwa zur Bedeutung vorhergehender Versuche zur gütlichen Einigung , zur Wahl auch des innerstaatlichen Rechtswegs, der Vollstreckung der Schiedssprüche usw.20 Der amerikanische IFV-Modellvertrag 2004 etwa sieht darüber hinaus Regeln zur Möglichkeit der Vertragsparteien vor, auf die Entscheidung des Schiedsgerichts Einfluss zu nehmen (etwa über verbindliche Auslegungsstellungnahmen und sonstige Stellungnahmerechte), zur Öffentlichkeit des Verfahrens (Veröffentlichung von Dokumenten, Öffentlichkeit von Verhandlungen etc.) und zur möglichen Einrichtung eines Berufungsverfahrens.21 Die zweite Ebene bezieht sich auf die Durchführung des Schiedsverfahrens. Die IFVs verweisen insoweit auf Schiedsinstitutionen und ihre jeweiligen Schiedsordnungen, auf deren Grundlage ein mögliches Streitverfahren abgewickelt werden kann. Diese beruhen in der Regel auf anderen Rechtsgrundlagen als das eigentliche IFV, sind also von diesem zu unterscheiden. Als wichtigste bestehende internationale Schiedsinstitutionen bzw. Schiedsordnungen sind zu nennen:22 Das Internationale Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (Centre for Settlement of Investment Disputes - ICSID) auf Grundlage des Übereinkommens vom 18. Marz 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehorigen anderer Staaten (ICSID-Konvention); die Schlichtungsregeln der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL)23; die Schlichtungsregeln der Internationalen Handelskammer (ICC). 19 Vgl. hierzu Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 346ff. 20 Siehe zu den Regelungen im deutschen Mustervertrag Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 351 ff. Vgl. aus der Praxis Art. 11 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen, BGBl. 2009 II 470. 21 Siehe Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Kap. 4, Rn. 363 ff. 22 Vgl. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 2011, § 23, Rn. 23; Bungenberg, Außenbeziehungen und Außenhandelspolitik, EuR 2009 - Beiheft 1, 195, 210. Siehe auch Art. 11 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen, BGBl. 2009 II 470. 23 Abrufbar auf den Seiten der UNCITRAL unter http://www.uncitral.org/pdf/english/texts/arbitration/arb-rulesrevised /arb-rules-revised-2010-e.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 8 1.2.2.2. Unionsrechtliche Grundlagen Auslandinvestitionen fielen bis zum Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags im Dezember 2009 zumindest in großen Teilbereichen in die mitgliedsstaatlichen Zuständigkeiten.24 Lediglich im Zusammenhang mit der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 64 AEUV (ex. Art. 57 EG) bestand für die EU in Sachen Auslandsinvestitionen eine geteilte Zuständigkeit (vgl. Art. 4 Abs. 2 Buchst. a) AEUV).25 Hieraus erklärt sich auch die große Vielzahl der etwa von Deutschland mit Drittstaaten bis dahin abgeschlossenen IFVs. Erst im Rahmen der Lissabonner Vertragsreform wurde die Zuständigkeitsbestimmung zur Gemeinsamen Handelspolitik (Art. 207 Abs. 1 AEUV (ex. Art. 133 EGV)) um den Begriff „ausländische Direktinvestitionen“ ergänzt. Die hiervon erfassten Bereiche von Auslandsinvestitionen, zu denen auch deren Schutz gehört26, sind seit dieser Neuregelung Teil dieser ausschließlichen Unionszuständigkeit (vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchstabe e) AEUV).27 Im Zuge dieser Zuständigkeitsverlagerung hat die Kommission bereits 2010 die Mitteilung „Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik“ veröffentlicht, in welcher sie die aus ihrer Sicht wichtigsten Leitlinien einer künftigen EU-Investitionspolitik aufzeigt .28 Parallel hierzu brachte sie die im Dezember 2012 verabschiedete Verordnung Nr. 1219/2012 mit Übergangsregelungen für bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern auf den Weg.29 Darin wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen bilaterale IFVs der Mitgliedstaaten aufrecht erhalten werden können, wann Änderungen oder gar Neuabschlüsse möglich sind und inwieweit die Kommission an diesen Verhandlungen zu beteiligen ist. In unmittelbarem Zusammenhang mit Investor-Staat-Verfahren steht schließlich der Vorschlag der Kommission einer Verordnung zur Schaffung von Rahmenbedingungen für die Regelung der finanziellen Zuständigkeit bei Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten, welche durch 24 Siehe hierzu allgemein Schroeder, Bitte ein BIT für die Europäische Union, RIW 2011, 684, 685 f. 25 Vgl. zu Art. 64 AEUV, Bröhmer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 64 AEUV, Rn. 1 ff. 26 Weiß, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 207 AEUV, Rn. 40; Schill, Luxembourg Limits, Conditions for Investor-State Dispute Settlement under Future EU Investment Agreements, in: Bungenberg/Reinisch/Tietje (Hrsg.), EU and Investment Agreements, 2013, S. 37 ff. 27 Im Einzelnen ist die Reichweite der Unionszuständigkeiten bzgl. Auslandsinvestitionen vor dem Hintergrund jedoch umstritten. Vgl. hierzu Schroeder, Bitte ein BIT für die Europäische Union, RIW 2011, 684, 686 f. mit weiteren Nachweisen aus dem Schrifttum.- Absatz gelöscht 28 KOM(2010) 343 endg., online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=COM:2010:0343:FIN:DE:PDF. 29 Verordnung (EU) Nr. 1219/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern, ABl.EU 2012 Nr. L 351/40, online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=OJ:L:2012:351:0040:0046:DE:PDF. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 9 völkerrechtliche Übereinkünfte eingesetzt wurden, deren Vertragspartei die Europäische Union ist.30 Ziel dieses Rechtsaktes ist eine klare Verteilung der finanziellen Verantwortlichkeiten zwi 30 KOM(2012) 335 endg., online abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=COM:2012:0335:FIN:DE:PDF. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 10 schen der EU und den Mitgliedstaaten, die anlässlich von Investor-Staat-Streitigkeiten auf Grundlage von EU-Abkommen relevant werden können.31 Ferner ist geregelt, wie – je nach Verantwortlichkeit für den Anlass der Streitigkeit – die Abwicklung der Streitigkeiten vor den Schiedsgerichten erfolgen soll.32 Gegenstand des Rechtsaktes sind schließlich auch Fragen der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen gegen die Union.33 Nach dem derzeitigen Stand der Rechtssetzung wird der Verordnungsvorschlag nach der ersten Lesung im Europäischen Parlament und der Annahme zahlreicher Änderungsanträge wieder im Rat erörtert.34 1.2.3. Folgerungen für die Ausgestaltung eines ISDS im Rahmen des TTIP-Abkommens und des CETA Die Frage nach der potenziellen Wahrnehmung von ISDS-Rechten des CETA durch US-amerikanische Unternehmen mittels Niederlassungen in Kanada betrifft die Möglichkeit des sog. „treatyshoppings “. Der Begriff des „treaty-shopping“ (oder auch „nationality planning“) lässt sich definieren als Prozess der Steuerung eines Investments, um einen vorher nicht bestehenden Zugang zu einem IFV zu gewinnen oder um Zugang zu erhalten zu einem günstigeren IFV-Regime.35 Dabei kann die Steuerung insbesondere durch eine gezielte Wahl der Ansässigkeit oder eine Umstrukturierung des bereits ansässigen Unternehmens beispielsweise durch eine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse erfolgen. Ein solches „treaty-shopping“ ist im Rahmen des internationalen Investitionsschutzrechts weder unüblich noch grundsätzlich verboten.36 Die Zulässigkeit einer 31 Vgl. KOM(2012) 335 endg., S. 2 (1.1.), sowie insbesondere Art. 3 des Vorschlags, die auf das Verursacherprinzip abstellen. Entscheidend ist, auf wen – EU oder Mitgliedstaaten – die zur Investitionsstreitigkeit führende Behandlung zurückgeht. 32 Vgl. KOM(2012) 335 endg., S. 6 ff. (1.4.), sowie die Art. 4 bis 11 des Vorschlags. 33 Vgl. KOM(2012) 335 endg., S. 8 f. (1.5.), sowie die Art. 15 bis 19 des Vorschlags. 34 Vgl. http://ec.europa.eu/prelex/detail_dossier_print.cfm?CL=de&DosID=201745#1211327. 35 Vgl. United Nations Conference on Trade and Development, INVESTOR-STATE DISPUTES ARISING FROM INVESTMENT TREATIES: A REVIEW, UNCTAD Series on International Investment Policies for Development, New York/Genf 2005, S. 21 f., online abrufbar unter http://unctad.org/en/docs/iteiit20054_en.pdf; Skinner /Miles/Luttrell, Access and advantage in investor-state arbitration: The law and practice of treaty shopping, in: Journal of World Energy Law & Business, 2010, Vol. 3, No. 3, S. 260 ff., online abrufbar unter http://jwelb.oxfordjournals .org/content/3/3/260.full.pdf+html; Knottnerus/van Os, Dutch Bilateral Investment Treaties, A gateway to ‘treaty shopping’ for investment protection by multinational companies, Centre for Research on Multinational Corporations, 2011, S. 9 ff., online abrufbar unter http://www.s2bnetwork.org/fileadmin/dateien/downloads /Dutch_Bilateral_Investment_Treaties.pdf; Schreuer, Nationality of Investors: Legitimate Restrictions vs. Business Interests ICSID review, in: Foreign Investment Law Journal, Vol.24, No.2, 2009, S. 521, online abrufbar unter http://www.univie.ac.at/intlaw/wordpress/pdf/nationality_investors.pdf. 36 Vgl. HICEE B.V. v. The Slovak Republic, UNCITRAL, PCA Case No. 2009-11, Nr. 103, online abrufbar unter http://italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0404_0.pdf; CME Czech Republic B.V. (The Netherlands ) v. The Czech Republic, Partial Award of 13 September 2001 (UNCITRAL Arbitration Proceedings), Nr. 419, online abrufbar unter http://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0178.pdf; Mobil Corporation, Venezuela Holdings, B.V. et al. v. Bolivarian Republic of Venezuela, ICSID Case No. ARB/07/27, Decision on Jurisdiction dated 10 June 2010, Nr. 204 ff., online abrufbar unter https://icsid.worldbank.org/IC- SID/FrontServlet?requestType=CasesRH&actionVal=showDoc&docId=DC1510_En&caseId=C256. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 11 Ansässigkeitssteuerung bzw. Umstrukturierung des jeweiligen Investments ist jedoch durch verschiedene Voraussetzungen bedingt.37 Sie werden wesentlich durch die besonderen Umstände des im Streit stehenden Einzelfalls und die konkrete Ausgestaltung des zugrundeliegenden Abkommens bestimmt, so dass sich die Voraussetzungen für ein zulässiges „treaty-shopping“ im Hinblick auf CETA und TTIP angesichts der laufenden Verhandlungen nicht abschließend zusammenfassen lassen. Für die Frage, ob ein US-amerikanisches Unternehmen durch eine kanadische Niederlassung die ISDS-Rechte des CETA für sich nutzbar machen kann bzw. darf, ist es letztlich nicht entscheidend , ob auch im TTIP eine entsprechende ISDS-Regelung vorgesehen ist. Je nach Lage des Falls erscheint es zumindest möglich, dass einer potenziell im Streit stehende Investition durch die kanadische Niederlassung getätigt wird und für diese kein vorrangiger anderer Gerichtsstand besteht . Mit Blick auf die Ausgestaltung eines ISDS im Rahmen des CETA bzw. des TTIP verfolgt die Kommission als Verhandlungsführerin der EU jedenfalls das Ziel, die Möglichkeit für Investoren einzuschränken, ein potenziell günstiges Schiedsgericht zu wählen.38 Sowohl im Rahmen des CETA39 als auch im Rahmen des TTIP40 soll sichergestellt werden, dass Investoren keine Niederlassungen in einem bestimmten Land mit dem einzigen Zweck gründen können, von den ISDS-Gewährleistungen zu profitieren, welche in dem Investitionsschutzabkommen des betreffenden Landes mit der EU vorgesehen sind. Nach dem derzeitigen Stand der CETA-Verhandlungen müsste die Niederlassung zumindest dem Erfordernis genügen, eine locally established company zu sein. Denn der Entwurf für ein ISDS-Verfahren im Rahmen des CETA sieht vor, dass nur 37 Vgl. hierzu umfassend Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, Oxford u.a. 2008; Schreuer, Nationality Planning, Fordham Conference, London, 27 April 2012, Revised 12 October 2012, online abrufbar unter http://de.scribd.com/doc/125904669/Schreuer-C-Nationality-Planning-2012. 38 Europäische Kommission, Factsheet on Investor-State-Dispute Settlement, 3. Oktober 2013, S. 4, online abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/october/tradoc_151791.pdf. 39 Für das ISDS im Rahmen der Verhandlungen des CETA vgl. Ausschuss für Handelspolitik, CETA – Draft text on investor-to-state dispute settlement, 21. November 2013, EU-Dok. 199/13 – LIMITED sowie Europäische Kommission , Pressemitteilung IP/13/972 vom 18. Oktober 2013, online abrufbar unter http://europa.eu/rapid/pressrelease _IP-13-972_de.htm. 40 Für das ISDS im Rahmen der Verhandlungen des TTIP vgl. Rat der Europäischen Union, Verhandlungsrichtlinien vom 17. Juni 2013, EU-Dok-Nr. 11103/13, Punkt 23 4.: „Der Mechanismus für die Streitbeilegung zwischen Investor und Staat sollte Schutz vor offensichtlich ungerechtfertigten Klagen beinhalten.“ Jedoch soll die endgültige Einbeziehung des Investitionsschutzes und eines ISDS in das TTIP-Abkommen davon abhängen, ob in den Verhandlungen eine „zufriedenstellende Lösung“ gefunden wird, mit der die Interessen der EU berücksichtigt werden können. Die Verhandlungen über Fragen des Investitionsschutzes sind derzeit ausgesetzt, um der Öffentlichkeit von März bis Juni 2014 die Möglichkeit zu geben, zu einem entsprechenden Textvorschlag für weitere Verhandlungen in diesem Bereich Stellung zu nehmen, vgl. hierzu Referat PE 4 (EU-Verbindungsbüro), Bericht aus Brüssel 03/2014 vom 10. Februar 2014, S. 11, abrufbar unter www.bundestag.btg/Wissen/Europa /Berichte/2014_03.pdf sowie Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 21. Januar 2014, online abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-56_de.htm. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 12 solche Parteien klageberechtigt sind, die in dem Staat ansässig sind, der Partei des Investitionsschutzabkommens ist.41 Nach Ansicht der Kommission soll das CETA Vorbildcharakter für die Ausgestaltung künftiger Investor-Staat-Verfahren haben.42 Unter dieser Voraussetzung sowie mit Blick auf Schiedsgerichtsentscheidungen im Kontext des „treaty-shoppings“ erscheint eine Nutzung von ISDS-Rechten des CETA durch ein US-amerikanisches Unternehmen mittels seiner kanadische Niederlassung grundsätzlich möglich, sofern diese Nutzung nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt. Ein regelmäßiges Argument hinsichtlich der Zulässigkeit eines „treaty-shoppings“ ist jedenfalls das zeitliche Verhältnis zwischen der Ansässigkeitssteuerung bzw. Umstrukturierung und einem (anhängigen) ISDS-Verfahren.43 Die zeitliche Nähe einer Ansässigkeitssteuerung bzw. Umstrukturierung zum Erlass von streitgegenständlichen nationalen Regelungen, welche einem (späteren) ISDS-Verfahren zugrunde liegen, führt nicht zwangsläufig zur Annahme eines widerrechtlichen „treaty-shoppings“. Jedoch lässt gerade eine kurzfristige Ansässigkeitssteuerung bzw. Umstrukturierung den Schluss zu, dass die Investition nicht mit dem für ein IFV zentralen Ziel vorgenommen bzw. reorganisiert wird, einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Aufnahmestaates zu leisten.44 Ein weiteres zeitliches Argument ist die Vorhersehbarkeit eines ISDS-Verfahrens. Danach erscheint eine Ansässigkeitssteuerung bzw. Umstrukturierung insbesondere dann als unrechtmäßig , wenn der jeweilige Investor bereits Partei eines entsprechenden ISDS-Verfahrens ist oder mit 41 Vgl. Article x-1, CETA – Draft text on investor-to-state dispute settlement, 21. November 2013, EU-Dok. 199/13 – LIMITED. 42 Europäische Kommission, Pressemitteilung IP/13/972 vom 18. Oktober 2013, online abrufbar unter http://europa .eu/rapid/press-release_IP-13-972_de.htm; eingehend zu den Wirkungen des CETA vgl. Lévesque, The Challenges of Marrying’ Investment Liberalisation and Protection in the Canada-EU CETA, in: Bungenberg/Reinisch /Tietje (Hrsg.), EU and Investment Agreements, 2013, S. 121 (130 ff.). 43 Pac Rim Cayman LLC v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Decision on the Respondent ’s Jurisdictional Objections of 1 June 2012, online abrufbar unter http://www.italaw.com/sites/default /files/case-documents/ita0935.pdf; Mobil Corporation, Venezuela Holdings, B.V. et al. v. Bolivarian Republic of Venezuela, ICSID Case No. ARB/07/27, Decision on Jurisdiction dated 10 June 2010, Nr. 204 f., online abrufbar unter https://icsid.worldbank.org/ICSID/FrontServlet?requestType=CasesRH&actionVal=showDoc&doc Id=DC1510_En&caseId=C256; Tokios Tokelės v. Ukraine, ICSID Case No. ARB/02/18, Decision on Jurisdiction, 29 April 2004, online abrufbar unter http://italaw.com/documents/Tokios-Jurisdiction_000.pdf; Phoenix Action, Ltd. v. The Czech Republic, ICSID Case No. ARB/06/5, Award of 15 April 2009, online abrufbar unter https://icsid .worldbank.org/ICSID/FrontServlet?requestType=CasesRH&actionVal=viewCase&reqFrom=Home&case Id=C74; Aguas del Tunari, S.A. v. Republic of Bolivia case, ICSID Case No. ARB/02/3, Decision on Respondent ’s Objections to Jurisdiction dated 21 October 2005, online abrufbar unter https://icsid.worldbank.org/IC- SID/FrontServlet?requestType=CasesRH&actionVal=showDoc&docId=DC629_En&caseId=C210; vgl. hierzu Gramont , After the Water War: The Battle for Jurisdiction in Aguas Del Tunari, S.A. v. Republic of Bolivia, in: Transnational Dispute Management, Vol. 3, issue 53 2006, online abrufbar unter http://www.crowell.com/documents /After-the-Water-War_The-Battle-for-Jurisdiction-in-Aguas-del-Tunari_v_Bolivia.pdf. 44 Phoenix Action, Ltd. v. The Czech Republic, ICSID Case No. ARB/06/5, Award of 15 April 2009, Nr. 142, online abrufbar unter https://icsid.worldbank.org/ICSID/FrontServlet?requestType=CasesRH&actionVal=view- Case&reqFrom=Home&caseId=C74; vgl. auch United Nations Conference on Trade and Developement, Selected Recent Developments in IIA Arbitration and Human Rights, International Investment Agreements, IIA Monitor No. 2, Genf 2009, online abrufbar unter http://unctad.org/en/docs/webdiaeia20097_en.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 13 sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen künftigen Streit in der jeweiligen Sache voraussehen kann.45 2. Zweite Frage 2.1. Fragestellung Wenn die Einschätzung zutreffend ist, dass es im TTIP kein Investitionsschutzkapitel geben wird: Welche Veränderungen im aktuellen CETA-Entwurf zum ISDS wären erforderlich, um die Nutzung des ISDS über Zweigniederlassungen effektiv auszuschließen? 2.2. Antwort Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Möglichkeit einer Ansässigkeitssteuerung bzw. Umstrukturierung wären Regelungen erforderlich, die entsprechende Handlungsmöglichkeiten eines Investors mit Blick auf die gezielte Erlangung von ISDS-Rechten beschränken. Die Zulässigkeit einer solchen Ansässigkeitssteuerung bzw. Umstrukturierung wird wesentlich durch die besonderen Umstände des im Streit stehenden Einzelfalls und die konkrete Ausgestaltung des zugrundeliegenden Abkommens bestimmt. So sieht der Entwurf für ein ISDS-Verfahren im Rahmen des CETA beispielsweise vor, dass nur solche Parteien klageberechtigt sind, die in dem Staat ansässig sind, der Partei des Investitionsschutzabkommens ist (locally established company).46 Darüber hinaus verdeutlicht ein Überblick über bestehende IFV die Bandbreite der möglichen Ausgestaltung der Anforderungen an die Nationalität des Investors bzw. die wirtschaftliche Verbundenheit mit dem Aufnahmestaat. Während einige Abkommen für eine solche hinreichend enge Verbindung auf die effektive Kontrolle des Unternehmens durch Angehörige des Aufnahmestaates ab- 45 Pac Rim Cayman LLC v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Decision on the Respondent ’s Jurisdictional Objections of 1 June 2012, Nr. 2.99. und Nr. 2.107., online abrufbar unter http://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0935.pdf. Zu der notwendigen Identität des Streitgegenstandes vgl. Ständiger Internationaler Gerichtshof (StIGH), Urteil vom 14. Juni 1938 (Phosphates in Morocco), StIGH Series A/B no. 74 (1938), S. 26, online abrufbar unter http://www.icj-cij.org/pcij/serie _AB/AB_74/01_Phosphates_du_Maroc_Arret.pdf, sowie StIGH, Urteil vom 4. April 1939 (Electricity Company of Sofia and Bulgaria), S. 82, online abrufbar unter http://www.icj-cij.org/pcij/serie_AB/AB_77/01_Compagnie _d_electricite_de_Sofia_Arret.pdf Internationaler Gerichtshof (IGH), Urteil vom 12. April 1960 (Case concerning Right of Passage over Indian Territory (Merits)), IGH Reports 1960, S. 34, http://www.icjcij .org/docket/index.php?sum=278&code=poi&p1=3&p2=3&case=32&k=ce&p3=5. Vgl. auch das laufende Verfahren Vattenfall AB and others v. Federal Republic of Germany, ICSID Case No. ARB/12/12, online abrufbar unter www.italaw.com/cases/documents/1655 sowie hierzu Bernasconi-Osterwalder/Hoffmann, The German Nuclear Phase-Out Put to the Test in International Investment Arbitration? Background to the new dispute Vattenfall v. Germany (II), in: International Institute for Sustainable Development, 2012, online abrufbar unter http://www.iisd.org/pdf/2012/german_nuclear_phase_out.pdf. 46 Vgl. Article x-1 – CETA – Draft text on investor-to-state dispute settlement, 21. November 2013, EU-Dok. 199/13 – LIMITED. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 14 stellen, knüpfen andere Abkommen an die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens oder an die gesellschaftsrechtliche Inkorporation des Unternehmens an.47 Die konkrete Ausgestaltung ist nicht rechtlich prädeterminiert, sondern vielmehr eine Frage der politischen Entscheidung. Dementsprechend kann aus hiesiger Sicht nicht abschließend beurteilt werden, ob und in Bezug worauf es einer Weiterentwicklung des ISDS-Entwurfs im CETA bedarf. 3. Dritte Frage 3.1. Fragestellung Welche Beispiele für Verträge sind bekannt, die für „treaty-shopping“ offen sind und damit ein ISDS über Zweigniederlassungen ermöglichen? Welche Fälle hierzu sind bekannt? 3.2. Antwort Unter den oben genannten Bedingungen und Grenzen ist eine Ansässigkeitssteuerung bzw. Umstrukturierung grundsätzlich im Rahmen aller IFV möglich. Die folgenden ISDS-Verfahren der vergangenen Jahre und die ihnen zugrundeliegenden IFV stehen beispielhaft für eine Auseinandersetzung mit der Frage des zulässigen „treaty-shoppings“: Dominican Republic-Central America-United States Free Trade Agreement (CAFTA) – 2004:48 Pac Rim Cayman LLC v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Decision on the Respondent’s Jurisdictional Objections of 1 June 2012, online abrufbar unter http://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0935.pdf Agreement between the Government of Australia and the Government of Hong Kong for the Promotion and Protection of Investments – 1993:49 Philip Morris Asia Limited v. The Commonwealth of Australia,50 PCA Case No. 2012-12 (UNCITRAL Rules 2010), Procedural Order No. 4 Regarding the Procedure until a Decision 47 Vgl. Alps Finance and Trade AG v. The Slovak Republic, UNCITRAL Award, 5 March 2011, Nr. 213-228, online abrufbar unter http://italaw.com/cases/documents/799; Soufraki v. United Arab Emirates , Award, 7 Juli 2004, ICSID Case No. ARB/02/7, Nr. 83, online abrufbar unter http://italaw.com/documents/Commenton Soufraki.pdf. 48 Online abrufbar unter http://www.ustr.gov/trade-agreements/free-trade-agreements/cafta-dr-dominican-republic -central-america-fta/final-text. 49 Online abrufbar unter http://www.austlii.edu.au/au/other/dfat/treaties/1993/30.html. 50 Vgl. hierzu Webb, Treaty Shopping: How Philip-Morris Cherry-Picked Worst Case BITs, online abrufbar unter http://infojustice.org/archives/28044. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 15 on Bifurcation of 26 October 2012, Nr. 29-30, online abrufbar unter www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/italaw1215.pdf Agreement between the Czech and Slovak Federal Republic and the Swiss Confederation on the Promotion of reciprocal Protection of Investments – 1990:51 Alps Finance and Trade AG v. The Slovak Republic, UNCITRAL Award, 5 March 2011, Nr. 213-228, online abrufbar unter http://italaw.com/cases/documents/799 Agreement on encouragement and reciprocal protection of investments between the Kingdom of the Netherlands and the Republic of Venezuela – 1993:52 Mobil Corporation, Venezuela Holdings, B.V. et al. v. Bolivarian Republic of Venezuela, IC- SID Case No. ARB/07/27, Decision on Jurisdiction dated 10 June 2010, Nr. 204 ff., online abrufbar unter https://icsid.worldbank.org/ICSID/FrontServlet?requestType=CasesRH&action Val=showDoc&docId=DC1510_En&caseId=C256 Energy Charter Treaty (ECT) – 1994:53 Cementownia “Nowa Huta” S.A. v. Republic of Turkey, ICSID Case No. ARB(AF)/06/2, Award of 17 September 2009, Nr. 117, online abrufbar unter www.italaw.com/sites/default /files/case-documents/ita0138.pdf Agreement on encouragement and reciprocal protection of investments between the Kingdom of the Netherlands and the Czech and Slovak Federal Republic – 1991:54 HICEE B.V. v. The Slovak Republic, UNCITRAL, PCA Case No. 2009-11, Nr. 103, online abrufbar unter http://italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0404_0.pdf Saluka Investments B.V. v. the Czech Republic, UNCITRAL Partial Award, 17 March 2006, Nr. 240-241, online abrufbar unter http://italaw.com/sites/default/files/case-documents /ita0740.pdf CME Czech Republic B.V. (The Netherlands) v. The Czech Republic, Partial Award of 13 September 2001 (UNCITRAL Arbitration Proceedings), online abrufbar unter http://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0178.pdf 51 Online abrufbar unter http://unctad.org/sections/dite/iia/docs/bits/slovakia_switzerland.PDF. 52 Online abrufbar unter www.unctad.org/sections/dite/iia/docs/bits/netherlands_venezuela.pdf. 53 Online abrufbar unter www.encharter.org/fileadmin/user_upload/Publications/GE.pdf. 54 Online abrufbar unter www.unctad.org/sections/dite/iia/docs/bits/netherlands_slovakia.pdf. Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 18/14 Seite 16 Agreement between the Government of the Czech Republic and the Government of the State of Israel for the Reciprocal Promotion and Protection of investments – 1997:55 Phoenix Action, Ltd. v. The Czech Republic, ICSID Case No. ARB/06/5, Award of 15 April 2009, Nr. 142, online abrufbar unter https://icsid.worldbank.org/ICSID/FrontServlet?request Type=CasesRH&actionVal=viewCase&reqFrom=Home&caseId=C74 Agreement on encouragement and reciprocal protection of investments between the Kingdom of the Netherlands and the Republic of Bolivia – 1992:56 Aguas del Tunari, S.A. v. Republic of Bolivia case, ICSID Case No. ARB/02/3, Decision on Respondent’s Objections to Jurisdiction dated 21 October 2005, online abrufbar unter https://icsid.worldbank.org/ICSID/FrontServlet?requestType=CasesRH&actionVal=show- Doc&docId=DC629_En&caseId=C210 Agreement between the Government of Ukraine and the Government of the Republic of Lithuania for the Promotion and Reciprocal Protection of Investments – 1994: Tokios Tokelės v. Ukraine, ICSID Case No. ARB/02/18, Decision on Jurisdiction, 29 April 2004, online abrufbar unter http://italaw.com/documents/Tokios-Jurisdiction_000.pdf Agreement between the Government of the United Arab Emirates and the Government of the Italian Republic for the Promotion and Protection of Investments – 1995:57 Soufraki v. United Arab Emirates, Award, 7 Juli 2004, ICSID Case No. ARB/02/7, online abrufbar unter http://italaw.com/documents/CommentonSoufraki.pdf 55 Online abrufbar unter www.unctad.org/sections/dite/iia/docs/bits/czech_israel.pdf. 56 Online abrufbar unter http://www.wipo.int/wipolex/en/other_treaties/text.jsp?file_id=248310. 57 Online abrufbar unter www.unctad.org/sections/dite/iia/docs/bits/UAE_Italy.pdf.