© 2014 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 14 /14 Ausarbeitung Fragen zu Art. 13 Fiskalvertrag und zu Maßnahmen der Eurorettung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 2 PE 6 - 3000 - 14/14 Fragen zu Art. 13 Fiskalvertrag und zu Maßnahmen der Eurorettung Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 14/14 Abschluss der Arbeit: 14.02.2014 Fachbereich: PE 6: Europa Ausarbeitungen und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 3 PE 6 - 3000 - 14/14 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Zu Art. 13 Fiskalvertrag 4 2.1. Der Fiskalvertrag 4 2.2. Zu Art. 13 Fiskalvertrag 5 2.2.1. Möglichkeit oder Pflicht zur Durchführung und Teilnahme an einer Art. 13-Konferenz? 5 2.2.2. Reiner Gedankenaustausch oder Möglichkeiten der Beschlussfassung? 6 2.2.3. Welche Themen können auf einer Art.-13-Konferenz diskutiert werden? 8 2.3. Zwischenergebnis 8 3. Zum ESM-Vertrag 9 3.1. Zur Rechtsgrundlage 9 3.2. Zu den Kompetenzen der Troika im Rahmen der Gewährung von Stabilitätshilfe 10 4. Andere Eurorettungsmaßnahmen 12 5. Beteiligungsrechte des EP im Zusammenhang mit Rettungsmaßnahmen 13 Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 4 PE 6 - 3000 - 14/14 1 . E i n l e i t u n g Gegenstand dieser Ausarbeitung sind die im Auftrag unter 1. zusammengefassten Fragen zur Beteiligung nationaler Parlamente und des Europäischen Parlaments (EP) im Zusammenhang mit der Eurorettung. Vor dem Hintergrund der Rede von Bundestagspräsident Norbert Lammert auf der Konferenz gemäß Art. 13 des Vertrages über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskalvertrag)1 am 21. Januar 2014 in Brüssel werden im ersten Teil Fragen zu dieser Konferenz beantwortet (dazu unter 2. Zu Art. 13 Fiskalvertrag, S. 4). Des weiteren werden Fragen zum ESM-Vertrag (vgl. dazu unter 3. Zum ESM-Vertrag, S. 9) und zu weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit der sog. „Eurorettung“ beantwortet (vgl. dazu unter 4. Andere Eurorettungsmaßnahmen, S. 12). Schließlich wird erörtert, welche Rechte das EP im Zusammenhang mit den aufgeführten Maßnahmen hat (vgl. dazu unter 5. Beteiligungsrechte des EP im Zusammenhang mit Rettungsmaßnahmen, S. 13). 2 . Zu Art. 13 Fiskalvertrag 2.1. Der Fiskalvertrag Am 2. März 2012 haben die Vertreter sämtlicher EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs und Tschechiens den Fiskalvertrag unterzeichnet. Dabei handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag zwischen mehreren Staaten als Völkerrechtssubjekte und nicht um EU-Recht im engeren Sinn. Wegen seiner sachlichen Nähe zum Recht der Europäischen Union wird er aber teilweise als sogenanntes Komplementärrecht bezeichnet.2 Fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten soll der Vertrag jedoch in den Rechtsrahmen der EU überführt werden (Art. 16 Fiskalvertrag ). Der Fiskalvertrag ist am 1. Januar 2013 in Kraft getreten. Deutschland hat seine Ratifikationsurkunde am 27. September 2012 hinterlegt, nachdem mit Gesetz zu dem Vertrag vom 2. März 2012 über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion3 vom 13. September 2012 die Zustimmung dazu erteilt wurde. Im Fiskalvertrag verpflichten sich die Vertragsstaaten, ihre jährliche Neuverschuldung durch nationales Recht von verbindlicher und dauerhafter Art (vorzugweise durch Recht mit Verfassungsrang ) auf 0,5 % des BIP zu begrenzen, während die Obergrenze für die Gesamtverschuldung bei 60 % bleibt.4 Wird die 60%-Grenze überschritten, ist eine schrittweise Rückführung der Schulden auf diesen Wert vorgesehen.5 Im Fall der Nichteinhaltung sind Sanktionen sowie die 1 BGBl. II Nr. 28 vom 18. September 2012, S. 1008 ff. 2 Zu den Hintergründen des Fiskalvertrages und zum Inhalt seiner Regelungen vgl. den Aktuellen Begriff - Europa „Fiskalvertrag“ vom 30. März 2012 von Dr. Kristin Rohleder, online abrufbar unter http://www.bundestag.de/dokumente/analysen/2012/Fiskalvertrag.pdf, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 3 BGBl. II Nr. 28 vom 18. September 2012, S. 1006/1007. 4 Vgl. Art. 3 Fiskalvertrag. 5 Art. 4 Fiskalvertrag. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 5 PE 6 - 3000 - 14/14 Möglichkeit der Anrufung des EuGH als Schiedsgericht6 geregelt. Zusätzlich verpflichten sich die Mitgliedstaaten, wirtschaftspolitische Maßnahmen zu ergreifen, um die genannten Zielwerte zu erreichen. Dafür sollen nach Art. 12 des Vertrages die Staats- und Regierungschefs der Euro- Staaten und der Kommissionspräsident informell zu Tagungen des Euro-Gipfels zusammentreten , zu welchen auch der EZB-Präsident eingeladen wird. Zu diesen Tagungen des Euro-Gipfels kann nach Art. 12 Abs. 5 Fiskalvertrag auch der Präsident des Europäischen Parlaments (EP) eingeladen werden. Nach jeder Tagung ist dem EP ein Bericht des Euro-Gipfels vorzulegen. 2.2. Zu Art. 13 Fiskalvertrag Für die hiesige Fragestellung entscheidend ist die in Art. 13 Fiskalvertrag getroffene Regelung: „Wie in Titel II des den Verträgen zur Europäischen Union beigefügten Protokolls (Nr. 1) über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU vorgesehen, bestimmen das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente der Vertragsparteien gemeinsam über die Organisation und Förderung einer Konferenz von Vertretern der zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments und von Vertretern der zuständigen Ausschüsse der nationalen Parlamente, um die Haushaltspolitik und andere von diesem Vertrag erfasste Angelegenheiten zu diskutieren.“ Ausgehend vom Wortlaut dieser Vorschrift wird vor dem Hintergrund der derzeit geführten politischen Debatte im Folgenden erörtert, ob die Durchführung von sog. Art. 13-Konferenzen verpflichtend ist (dazu unter 2.2.1), welche Themen auf ihnen beraten werden können (dazu unter 2.2.3) und ob und ggf. welche Beschlussmöglichkeiten es auf diesen Konferenzen gibt (dazu unter 2.2.2). 2.2.1. Möglichkeit oder Pflicht zur Durchführung und Teilnahme an einer Art. 13- Konferenz? Gemäß Art. 13 Fiskalvertrag bestimmen das EP und die nationalen Parlamente über die Organisation und die Förderung einer gemeinsamen Konferenz, wobei auf Titel II des Protokolls über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU (Protokoll Nr. 1)7 Bezug genommen wird. In dem Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente sind in Titel I zunächst Unterrichtungsrechte der nationalen Parlamente normiert. In Titel II ist in Art. 9 geregelt, dass das EP und die nationalen Parlamente gemeinsam festlegen, wie eine effiziente und regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten gestaltet und gefördert werden kann. In Art. 10 wird die Rolle der Konferenz der Europa-Ausschüsse der Parlamente (COSAC) beschrieben. Diese hat ausdrücklich das Recht, interparlamentarische Konferenzen zu Einzelthemen zu organisieren. 6 Vgl. Art. 273 AEUV: Der Gerichtshof ist für jedem mit dem Gegenstand der Verträge im Zusammenhang stehende Streitigkeit zwischen den Mitgliedstaaten zuständig, wenn diese bei ihm aufgrund eines Schiedsvertrages anhängig gemacht wird. 7 Protokoll (Nr. 1) über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union, Amtsblatt Nr. C 326 vom 26.10.2012, S. 203, online abrufbar unter http://new.eur-lex.europa.eu/collection/eu-law/treaties.html, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 6 PE 6 - 3000 - 14/14 Aus den genannten Vorschriften folgt zum einen, dass schon auf Grund europäischen Primärrechts die Organisation interparlamentarischer Konferenzen im Hinblick auf bestimmte Themen möglich ist. Das Unionsrecht schreibt jedoch nicht vor, dass es Konferenzen geben muss. Genauso wenig ist geregelt, in welcher Form und zu welchen Themen Konferenzen stattfinden müssen8 und ob sich die nationalen Parlamente an ihnen beteiligen müssen. Aus dem Wortlaut der Vorschriften ergibt sich jedenfalls nicht, dass Konferenzen zwischen EP und nationalen Parlamenten stattfinden und Parlamentsvertreter daran teilnehmen müssen. Insofern geht der Regelungsgehalt von Art. 13 Fiskalvertrag auch nicht über die bereits in Protokoll Nr. 1 getroffene Regelung hinaus. Weder Art. 9 und 10 Protokoll Nr. 1 noch Art. 13 Fiskalvertrag regeln, auf welche Art und Weise und in welcher Form das EP und die nationalen Parlamente ihre gemeinsamen Festlegungen über ihre Zusammenarbeit treffen sollen. Über das Prozedere im Zusammenhang mit der Art. 13 Konferenz wird derzeit politisch diskutiert und verhandelt.9 Im Februar 2014 soll die den Vertretern aller nationalen Parlamente offen stehende Arbeitsgruppe mit der Vorbereitung einer Geschäftsordnung der Art. 13-Konferenz beginnen. Die Geschäftsordnung soll noch im laufenden Jahr im Konsensverfahren verabschiedet werden.10 Abhängig davon, wie diese Geschäftsordnung ausgestaltet sein wird, in welcher Form und auf welche Weise sie zustande kommt, kann sie ggf. auch rechtlich bindende Wirkung entfalten. Auf dem politischen Parkett besteht aber derzeit weder Einigkeit, auf welcher Ebene die Arbeitsgruppe eingerichtet werden soll, noch ist abzusehen, welche Regelungen die Geschäftsordnung im Konkreten enthalten und welche rechtliche Bindungswirkung ihr zukommen soll. Insofern bleibt abzuwarten, zu welchen Ergebnissen die politischen Verhandlungen führen werden. 2.2.2. Reiner Gedankenaustausch oder Möglichkeiten der Beschlussfassung? Da eine Geschäftsordnung für die Art. 13-Konferenz bislang nicht vorliegt, kann zum jetzigen Zeitpunkt nur auf Grund der Vorschriften des Fiskalvertrages selbst und auf Grund des EU- Primärrechts untersucht werden, ob die Konferenz allein ein Forum zum Gedankenaustausch bieten kann, oder ob auch die Möglichkeit besteht, dort verbindliche Beschlüsse zu fassen. Art. 13 Fiskalvertrag regelt ausdrücklich, dass die Konferenz dazu dienen soll, die Haushaltspolitik und andere Angelegenheiten „zu diskutieren“. Auch in der englischen Sprachfassung heißt es „in order to discuss“. Diskutieren bedeutet seinem Wortsinn nach in einem Gespräch Ansichten und Meinungen austauschen oder reden bzw. verhandeln, um zu einer Einigung oder Über- 8 Vgl. dazu die im letzten Jahr geführte politische Debatte zu der Frage, ob im Zusammenhang mit Art. 13 Fiskalvertrag eine neue Konferenz gegründet oder ein bestehendes Format, wie etwa die COSAC verändert bzw. ausgebaut werden soll. Siehe Bericht aus Brüssel 06/2013 vom 18.03.2013, abrufbar unter http://www.bundestag.btg/Wissen/Europa/BerichteArchiv.php, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 9 Vgl. dazu auch die Informationen über die erste Art. 13 Konferenz in Vilnius, online abrufbar unter http://www.lrs.lt/intl/presidency.show?theme=284&lang=2&psprengid=28, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 10 Vgl. dazu den Bericht aus Brüssel 02/2014 vom 27.01.2014, PE-Dok 37/2014, erstellt vom EU-Verbindungsbüro (Referat PE 4), abrufbar in EuDox (http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokument?id=104356, zuletzt abgerufen am 14.02.2014). Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 7 PE 6 - 3000 - 14/14 einstimmung in einer bestimmten Sache zu kommen .11 Im Vordergrund steht also der Meinungsaustausch und nicht die Beschlussfassung zu einem Thema. Ausgehend vom Wortlaut der Vorschrift dürfte demnach die Möglichkeit einer (verbindlichen) Beschlussfassung nicht eingeschlossen sein. Für eine solche Auslegung der Vorschrift spricht auch, dass in Art. 13 Fiskalvertrag nur vorgesehen ist, dass das EP und die nationalen Parlamente gemeinsam über die „Organisation und Förderung “ einer gemeinsamen Konferenz bestimmen. Die Vorschrift unterscheidet sich insofern von der Regelung in Art. 9 Protokoll Nr. 1: Danach legen das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente gemeinsam die Modalitäten ihrer Zusammenarbeit fest. Während sich Organisation und Förderung dem Wortsinn nach allein auf die reibungslose Durchführung der Konferenz und ihre sorgfältige Vorbereitung oder auf Strukturen und Beschaffenheit der Zusammenarbeit beziehen können12, kann der Begriff Modalitäten durchaus weiter verstanden werden. Zu den Modalitäten zählen dem Wortsinn nach auch die Einzelheiten der Durchführung bzw. die Art und Weise der Ausführung 13, so dass möglicherweise eine Regelung über das Ob und Wie einer (verbindlichen) Beschlussfassung im Rahmen der Zusammenarbeit nach Protokoll Nr. 1 in Betracht kommen könnte. Dies könnte jedenfalls nur soweit gelten, als dass dadurch nicht die Rechte der Mitgliedstaaten und ihrer Parlamente oder anderer Organe verletzt werden. Außerdem ist in Art. 10 Protokoll Nr. 1 geregelt, dass eine Konferenz der Europaausschüsse der Parlamente zwar jeden ihr zweckmäßig erscheinenden Beitrag dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission zur Kenntnis bringen kann und die Konferenz den Austausch von Informationen und bewährten Praktiken fördern soll. Ausdrücklich heißt es in Art. 10 S. 3 Protokoll Nr. 1 aber auch, dass die Beiträge der Konferenz nicht die nationalen Parlamente binden und deren Standpunkten nicht vorgreifen. Aus Art. 10 Protokoll Nr. 1 ergibt sich damit, dass auch im Rahmen der Zusammenarbeit nach Titel II Protokoll Nr. 1 jedenfalls die nationalen Parlamente bindende Beschlüsse der gemeinsamen Konferenzen nicht möglich sind. Entsprechend muss dies auch für Konferenzen nach Art. 13 Fiskalvertrag gelten, zumal diese Vorschrift auf Titel II des Protokolls Nr. 1 und damit nicht nur auf Art. 9, sondern auch auf Art. 10 verweist. Selbst wenn es im Rahmen von Art. 9 Protokoll Nr. 1 im Wege der Auslegung möglich sein sollte, die Zusammenarbeit zwischen EP und nationalen Parlamenten um die Option verbindlicher Beschlüsse zu erweitern (wobei die Vorschrift des Art. 10 dem entgegen steht), dürfte eine solche Möglichkeit jedenfalls angesichts der engeren Formulierung in der spezielleren Vorschrift des Art. 13 Fiskalpakt ohne ein Änderung des Fiskalvertrages im Rahmen der völkerrechtlichen Möglichkeiten für die dort genannte Konferenz ausgeschlossen sein. Im Ergebnis spricht Vieles dafür, dass eine Konferenz nach Art. 13 Fiskalvertrag dem Gedankenaustausch dienen soll und dass eine Beschlussfassung de lege lata ausgeschlossen ist. 11 Duden Universalwörterbuch und Duden Wörterbuch der deutschen Sprache, online abrufbar unter http://www.munzinger.de/search/query?query.id=query-duden, zuletzt abgerufen am 11.02.14. 12 Vgl. Duden Universalwörterbuch und Duden Wörterbuch der deutschen Sprache, online abrufbar unter http://www.munzinger.de/search/query?query.id=query-duden, zuletzt abgerufen am 11.02.14. 13 Vgl. Duden, ebd. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 8 PE 6 - 3000 - 14/14 2.2.3. Welche Themen können auf einer Art.-13-Konferenz diskutiert werden? Art. 13 Fiskalvertrag begrenzt die Themen, die auf einer Art. 13-Konferenz diskutiert werden können, auf „die Haushaltspolitik und andere von diesem Vertrag erfasste Angelegenheiten“. Gemäß Art. 1 Fiskalvertrag ist sein Zweck, die wirtschaftliche Säule der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) durch Verabschiedung einer Reihe von Vorschriften zu stärken, die die Haushaltsdisziplin durch einen fiskalischen Pakt fördern, die Koordinierung ihrer Wirtschaftspolitiken verstärken und die Steuerung des Euro-Währungsgebietes verbessern sollen und dadurch zur Erreichung der Ziele der Europäischen Union für nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt beitragen. Im Folgenden haben die Vertragsparteien einen fiskalpolitischen Pakt geschlossen (Art. 3 ff. Fiskalvertrag) und Maßnahmen für eine wirtschaftspolitische Koordinierung und Konvergenz vereinbart (Art. 9 ff. Fiskalvertrag). Es folgen Vereinbarungen zur Steuerung des Euro-Währungsgebietes, zu denen neben den informellen Tagungen des Euro-Gipfels auch die hier gegenständlichen Art.-13-Konferenzen zählen. Auch wenn Zweck des Fiskalvertrages in erster Linie die Stärkung der wirtschaftlichen Säule der WWU ist (vgl. Art. 1), so sind doch neben wirtschaftpolitischer Koordinierung auch fiskalpolitische Maßnahmen angesprochen. Entsprechend sind Angelegenheiten des Fiskalvertrages sowohl die wirtschaftspolitische Koordinierung als auch fiskalpolitische Steuerungsmaßnahmen .14 Neben der Haushaltspolitik können folglich diese Themenbereiche Gegenstand einer Art. 13- Konferenz sein. Art. 13 Fiskalvertrag legt das Themenspektrum aber nicht nur fest, sondern schränkt es – insbesondere im Vergleich zu Art. 10 Protokoll Nr. 1 – aber auch insoweit ein, als dass nach hiesiger Auffassung nur die genannten Themen erörtert werden können. In Art. 10 Protokoll Nr. 1 heißt es, dass „interparlamentarische Konferenzen zu Einzelthemen, insbesondere zur Erörterung von Fragen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ organisiert werden können. Art. 10 Protokoll Nr. 1 enthält damit keine abschließende Auflistung möglicher Themen. Da Art. 13 Fiskalvertrag aber ausdrücklich Themen benennt, ohne zu regeln, dass diese „insbesondere“ diskutiert werden können, spricht vieles dafür, dass diese Regelung abschließend ist. Im Ergebnis können auf einer Art. 13-Konferenz nach hiesiger Auffassung ausschließlich wirtschaftspolitische und finanzpolitische Maßnahmen Gegenstand der Diskussion sein. 2.3. Zwischenergebnis Art. 13 Fiskalvertrag gibt den nationalen Parlamenten und dem EP nach hier vertretener Auffassung die Möglichkeit, ohne allerdings dazu zu verpflichten, auf interparlamentarischen Konferenzen über wirtschafts- und finanzpolitische Themen zu diskutieren. Beschlüsse können angesichts des Wortlauts dieser Regelung („diskutieren“) wohl nicht gefasst werden. 14 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Debatte um den Titel der Konferenz, zusammengefasst im Bericht aus Brüssel 02/2014 vom 27.01.2014, PE-Dok 37/2014, abrufbar in http://www.bundestag.btg/Wissen/Europa/Berichte.php, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 9 PE 6 - 3000 - 14/14 3. Zum ESM-Vertrag 3.1. Zur Rechtsgrundlage Der Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus15 (im Folgenden: ESM- Vertrag) wurde am 2. Februar 2012 in Brüssel von den 17 EU-Mitgliedstaaten, deren gemeinsame Währung der Euro ist, unterzeichnet. Flankiert wird der ESM-Vertrag nicht nur von dem Fiskalvertrag 16, sondern auch von dem Beschluss des Europäischen Rates zur Änderung des Art. 136 AEUV17. Mit Beschluss des Europäischen Rates zur Änderung des Art. 136 AEUV wurde Art. 136 AEUV im vereinfachten Änderungsverfahren (vgl. Art. 48 Abs. 6 EUV) durch einen Absatz 3 ergänzt, um dem ESM eine eindeutige EU-vertragliche Anknüpfung zu geben. In Art. 136 Abs. 3 AEUV heißt es nunmehr, dass die „Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, einen Stabilitätsmechanismus einrichten [können], der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.“ Mit Urteil vom 27. November 201218 hat der EuGH festgestellt, dass dieser Beschluss gültig ist. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil u.a. klargestellt, dass durch die Änderung von Art. 136 AEUV keine neuen Zuständigkeiten auf die Union übertragen wurden und dass Art. 136 Abs. 3 keine Rechtsgrundlage schafft, die es der EU ermöglicht, eine Handlung vorzunehmen, die vor dem Inkrafttreten dieser Änderung nicht möglich war.19 Das Recht der EU stand dem Abschluss und der Ratifikation des ESM- Vertrages auch ohne diese Vertragsänderung nicht entgegen. Entsprechend konnte der ESM zum 8.10.2012 (bereits vor Inkrafttreten der Vertragsänderung am 1.1.2013) seine Arbeit aufnehmen. Rechtsgrundlage des ESM-Vertrags ist damit nicht etwa Art. 136 Abs. 3 AEUV. Es handelt sich bei dem ESM-Vertrag vielmehr um einen multilateralen völkerrechtlichen Vertrag, da er von mehreren Staaten als Völkerrechtssubjekte unterzeichnet wurde. Er weist zwar eine besondere sachliche Nähe zum Recht der EU auf, so dass es sich um eine Erscheinung handelt, die in der Rechtswissenschaft als „Komplementärrecht“ bzw. „komplementäres Unionsrecht“ bezeichnet wird. Hierunter werden völkerrechtliche oder sonstige Akte der Mitgliedstaaten der EU verstan- 15 BT-Drs. 17/9045, S. 6ff. 16 Vgl. oben Fn. 1. 17 2011/199/EU: Beschluss des Europäischen Rates vom 25. März 2011 zur Änderung des Artikels 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten , deren Währung der Euro ist ABl. L 91/1 v. 6.4.2011, online abrufbar unter http://new.eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1392197951951&uri=CELEX:32011D0199, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 18 EuGH, Rs. C-370/12 (Pringle/Irland u.a.), Urteil vom 27. November 2012, online abrufbar unter http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=de&jur=C,T,F&num=c-370/12&td=ALL, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. Siehe dazu auch Aktueller Begriff – Europa, Das Urteil des EuGH vom 27. November 2012 in der Rechtssache C-370/12 (Pringle/Irland u.a.) – Nr. 07/12, online abrufbar unter http://www.bundestag.btg/Wissen/Europa/Themenreihe.php, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 19 ebd., Rn. 73. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 10 PE 6 - 3000 - 14/14 den, die in Bezug auf das Unionsrecht oder die Ziele der EU getroffen werden20 und – positiv betrachtet – das Funktionieren der EU ermöglichen.21 Die Qualifizierung als „Komplementärrecht“ ändert jedoch nichts an der völkerrechtlichen Rechtsnatur des Vertrages. Schon bei komplementärrechtlichen Akten, die im Gegensatz zum ESM-Vertrag von allen Mitgliedstaaten der EU abgeschlossen werden, wird in der Rechtswissenschaft diskutiert, ob diese rein völkerrechtlich einzuordnen seien,22 oder ob man sie zum „erweiterten Gemeinschaftsrecht“ zählen oder als „Mischform zwischen Unions- und Völkerrecht“ einordnen könne.23 Letzteres soll aber vor allem dazu dienen, eine Prüfungskompetenz des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu begründen.24 Ferner soll die inhaltliche Verknüpfung dieser Akte mit der Rechtsordnung der Union rechtfertigen, einen Verstoß gegen einen komplementärrechtlichen Akt im Einzelfall als Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der Unionstreue zu werten.25 Auswirkungen auf die völkerrechtliche Natur solcher Rechtsakte und Verträge hat die Nähe zum EU-Recht jedoch nicht. Es bleibt damit bei der grundsätzlichen Einordnung des ESM-Vertrages als völkerrechtlichen Vertrag. Zum Vertragsschluss bedurfte es keiner Rechtsgrundlage im EU-Recht. Er beruht auch auf keiner solchen. Dies hat der EuGH in der Rs. Pringle26 bestätigt und dabei klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten der EU nicht untersagt ist, untereinander völkerrechtliche Verträge zu schließen, solange dadurch die gemeinsamen Regeln des EU-Rechts nicht beeinträchtigt werden oder deren Tragweite verändert würde.27 3.2. Zu den Kompetenzen der Troika im Rahmen der Gewährung von Stabilitätshilfe Das Verfahren zur Gewährung von Stabilitätshilfe ist in Art. 13 ESM-Vertrag geregelt. Beantragt danach ein Mitgliedstaat die Gewährung einer Finanzhilfe, überträgt der Vorsitzende des ESM- Gouverneursrates der Kommission gemäß Art. 13 Abs. 1 S. 3 ESMV die Aufgabe, im Benehmen 20 Von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 20. EL 2002, Art. 10 EGV, Rn. 19; Würmeling, Kooperatives Gemeinschaftsrecht, 1988, S. 178. 21 Von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 20. EL 2002, Art. 10 EGV, Rn. 19; s. die Einordnung des Entwurfs des Fiskalpaktes bei Thym, Ein Bypass, kein Herzinfarkt, in: Verfassungsblog.de, online abrufbar unter: http://verfassungsblog.de/ein-bypass-kein-herzinfarkt/ (letzter Abruf: 20. März 2012). 22 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 7. Auflage 2010, Rn. 242; Thym, Euro-Rettungsschirm: zwischenstaatliche Rechtskonstruktion und verfassungsgerichtliche Kontrolle, EuZW 2011, S. 167 (168); Streinz, Europarecht, 8. Auflage 2008, Rn. 317. 23 In diese Richtung Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, 5. Auflage 2011, § 9, Rn. 147; s. m.w.N. von Bogdandy/Bast/Arndt, Handlungsformen im Unionsrecht, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV) 62 (2002), S. 77 (125). 24 Bogdandy/Bast/Arndt, Handlungsformen im Unionsrecht, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV) 62 (2002), S. 77 (125). 25 Von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 20. EL 2002, Art. 10 EGV, Rn. 19. 26 Vgl. EuGH, Rs. Pringle, Fn. 18. 27 ebd., Rn. 101. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 11 PE 6 - 3000 - 14/14 mit der EZB die Gefahr für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes28, die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung und den Finanzierungsbedarf des antragstellenden Staates zu bewerten. Beschließt dann der ESM-Gouverneursrat gemäß Art. 13 Abs. 2 ESM-Vertrag auf Grundlage des Antrags und der Bewertung, dass dem um Finanzhilfe ersuchenden Mitgliedstaat grundsätzlich eine Stabilitätshilfe in Form einer Finanzhilfefazilität gewährt werden soll, kann er gemäß Art. 13 Abs. 3 ESM-Vertrag der Kommission die Aufgabe übertragen, im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit zusammen mit dem Internationalen Währungsfond (IWF) als Troika mit dem betreffenden ESM-Mitglied ein Memorandum of Understandig (MoU) auszuhandeln , in dem die mit der Finanzhilfefazilität verbundenen Auflagen und insbesondere das makroökonomische Anpassungsprogramm im Einzelnen ausgeführt werden. Gemäß Art. 13 Abs. 4 ESM- Vertrag wird das MoU dann von der Europäischen Kommission im Namen des ESM und vorbehaltlich der Zustimmung des Gouverneursrats unterzeichnet. Das ESM-Direktorium billigt dann die Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität, die die finanziellen Aspekte der zu gewährenden Stabilitätshilfe im Einzelnen regelt und ggf. die Auszahlung der ersten Tranche (Art. 13 Abs. 5 ESM-Vertrag). Die sog. Troika wird dann gemäß Art. 13 Abs. 7 ESM-Vertrag damit betraut, die Einhaltung der mit der Finanzhilfefazilität verbundenen wirtschaftspolitischen Auflagen zu überwachen. Entsprechend handelt die Troika, d.h. die Kommission, die EZB und der IWF im Zusammenhang mit der Aushandlung der Bedingungen für die Gewährung von Finanzhilfen und mit der Überwachung der Einhaltung der vereinbarten Auflagen auf Grund der Ermächtigung durch den Gouverneursrat. Die Troika hat keine eigenständigen vertraglich geregelten Kompetenzen, sondern kann nur auf Grundlage der Beschlüsse des Gouverneursrats tätig werden. Dieser ermächtigt die Europäische Kommission im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit zusammen mit dem IWF, Verhandlungen über ein MoU zu führen und die Erfüllung der Auflagen zu überwachen . Der IWF handelt dabei auf Grundlage seines eigenen Mandats.29 Das Handeln der EZB im Rahmen des ESM30 beruht nicht auf primärrechtlich zugewiesener Kompetenzen31, sondern auf 28 Diese Feststellung kann alternativ durch eine bereits erfolgte Analyse der EZB gemäß Art. 18 Abs. 2 ESM- Vertrag substituiert werden. 29 Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds in der Fassung vom 30. April 1976 (BGBl. 1978 II S. 13)[1], zuletzt geändert durch Siebte Änderung vom 15. 12. 2010 (BGBl. 2012 II S. 522). Zu beachten ist, dass die Siebte Änderung des Übereinkommens v. 24. 5. 2012 von Deutschland zwar bereits ratifiziert (vgl. Gesetz v. 24. 5. 2012 - BGBl. II S. 522)wurde, bislang aber noch nicht in Kraft getreten ist. Zu der Frage, ob das Engagement des IWF in der Eurozone von dessen Mandat gedeckt ist vgl. Gaitanides, Intervention des IWF in der Eurozone – mandatswidrig?, NVwZ 2011, 848ff. 30 Der EZB wurden im Rahmen des ESM-Vertrages folgenden Aufgaben und Zuständigkeiten übertragen: Bewertung der Dringlichkeit der Stabilitätshilfeersuchen (Art. 4 Abs. 4 ESM-Vertrag), Teilnahme an den Sitzungen des Gouverneursrats und des Direktoriums als Beobachter (Art. 5 Abs. 3 und 6 Abs. 2 ESM-Vertrag), Bewertung der Stabilitätshilfeersuchen im Benehmen mit der Kommission (Art. 13 Abs. 1 ESM-Vertrag), Aushandlung eines Memorandum of Understanding (Art. 13 Abs. 3 ESM-Vertrag) und Überwachung der Einhaltung der mit der Finanzhilfe verbundenen Auflagen (Art. 13 Abs. 7 ESM-Vertrag). 31 Zu den Kompetenzen der EZB vgl. Art. 127 ff. AEUV und Art. 282 ff. AEUV. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 12 PE 6 - 3000 - 14/14 einem Beschluss32 der EU-Mitgliedstaaten, in dem diese die Inanspruchnahme der Kommission und der EZB zur Mitwirkung im Rahmen des ESM genehmigt haben33. Den zwischen Troika und Antragsteller erzielten Verhandlungsergebnissen muss der Gouverneursrat im gegenseitigen Einvernehmen zustimmen (vgl. Art. 13 i.V.m. Art. 5 Abs. 6 lit. f) ESM- Vertrag). Zusammenfassend trifft nicht die Troika die Entscheidungen im Rahmen der Hilfsgewährung , sondern der ESM-Gouverneursrat oder das ESM-Direktorium. Soweit bei diesen Entscheidungen die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages betroffen ist, darf der deutsche Vertreter in diesen Gremien einem Beschluss nicht ohne vorherige Zustimmung des Bundestages zustimmen. Entsprechend regelt § 4 ESMFinG u.a. einen Parlamentsvorbehalt sowohl für Entscheidungen nach Art. 13 Abs. 2 ESM-Vertrag (grundsätzliche Gewährung einer Stabilitätshilfe ) als auch für Entscheidungen nach Art. 13 Abs. 3 und 4 ESM-Vertrag (Annahme einer Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität und Zustimmung zu einem MoU). 4. Andere Eurorettungsmaßnahmen Vor der Schaffung des ESM34 bestand der Euro-Rettungsschirm zum einen aus dem vorübergehenden Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) mit einem Finanzmittelvolumen von bis zu 60 Milliarden Euro und zum anderen aus der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) mit einem Kreditvergabevolumen von bis zu 440 Milliarden Euro.35 Zusätzlich hat sich der Internationale Währungsfonds (IWF) mit einem Volumen von 250 Milliarden Euro an Finanzierungsmaßnahmen beteiligt. • Der EFSM ist ein Instrument der EU, das rechtlich auf Art. 122 Abs. 2 AEUV gestützt war. Auf dessen Grundlage wurde die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus36 erlassen. Sie sieht vor, dass auf Vorschlag der Kommission Mitgliedstaaten unter bestimmten Vo- 32 Beschluss der Vertreter der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten v. 20.6.2011, Rats-Dok. 11758/11, online abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/content/out?lang=DE&typ=ENTRY&i=SMPL&DOCID=ST%2011758%20201 1%20INIT, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 33 Siehe 10. Erwägungsgrund der Präambel des ESM-Vertrages. 34 Die folgenden Ausführungen beruhen im Wesentlichen auf der Ausarbeitung „Der Weg zum Europäischen Stabilitätsmechanismus “ (WD 11 – 3000 – 21/12) von Dr. Kristin Rohleder. 35 Vgl. zu diesen Maßnahmen zur Wahrung der Finanzstabilität in der EU die Ausarbeitung von Rohleder /Zehnpfund/Sinn, Maßnahmen zur Wahrung der Finanzstabilität in der Europäischen Union – Vereinbarkeit mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, WD 11 – 3000 – 114/10, Haushaltsausschuss – Ausschussdrucksache 1417. 36 Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus , ABl. L 118/1, abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:118:0001:01:DE:HTML (zuletzt abgerufen am 14.02.2014). Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 13 PE 6 - 3000 - 14/14 raussetzungen finanzieller Beistand der EU in Form von Darlehen oder Kreditlinien gewährt wird.37 • Die EFSF ist eine juristische Person nach luxemburgischen Privatrecht; sie beruht auf einer zwischenstaatlichen Vereinbarung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets . Die ESFS reicht an die von Refinanzierungsschwierigkeiten betroffenen Mitgliedstaaten Kredite aus und refinanziert sich selbst am Kapitalmarkt. Zur Sicherstellung einer exzellenten Bonität der EFSF garantieren die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets für die Verbindlichkeiten der EFSF. Der Beschluss über die Gewährung einer Darlehensfazilität wird vom Verwaltungsrat der EFSF, in dem jeder Gesellschafter vertreten ist, einstimmig gefasst. Mitgliedstaaten, die die EFSF in Anspruch nehmen möchten, müssen mit der Europäischen Kommission eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) unterzeichnen , die politische Auflagen enthält. Einen aktuellen Überblick über die weiteren Instrumente der Euro-Stabilisierung und über die Hilfsprogramme zur Eindämmung der „Eurokrise“ bieten die beigefügten EU-Sachstände - Instrumente der Euro-Stabilisierung (Anlage 1) - Übersicht über die Hilfsprogramme zur Eindämmung der Eurokrise (Anlage 2). 5. Beteiligungsrechte des EP im Zusammenhang mit Rettungsmaßnahmen Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments ergeben sich aus dem EUV und AEUV bzw. dem europäischen Sekundärrecht. So ist das EP vor allem Akteur im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens und als solcher im Gesetzgebungsverfahren beteiligt.38 Es hat zudem nach Art. 225 AEUV ein indirektes Initiativrecht, wonach es mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Kommission auffordern kann, geeignete Vorschläge zu Fragen zu unterbreiten, die nach seiner Auffassung die Ausarbeitung eines Unionsakts erfordern. Art. 230 Abs. 2 AEUV gibt dem EP das Recht, Fragen an die Kommission zu stellen. Zudem hat es nach Art. 234 AEUV die Möglichkeit, einen Misstrauensantrag wegen der Tätigkeit der Kommission einzubringen. Der Misstrauensantrag kann sich nur gegen die gesamte Kommission, nicht gegen einzelne Kommissionsmitglieder richten. Materiell muss der Antrag gegen die „Tätigkeit der Kommission“ schlechthin gerichtet sein. Da es sich um einen Akt der politischen Kontrolle handelt, ist eine Bezugnahme auf eine konkrete Rechtsverletzung nicht erforderlich.39 In der Vergangenheit war kein einziger Misstrauensantrag erfolgreich.40 37 Schlussfolgerungen des Rates (Wirtschaft und Finanzen) vom 9. Mai 2010, Ratsdok. 9602/10, online abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/content/out?lang=DE&typ=ENTRY&i=SMPL&DOCID=ST%209602%202010 %20INIT, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 38 Vgl. Art. 14 EUV i.V.m. Art. 289 ff. AEUV. 39 Kluth in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011,, Art. 234 AEUV, Rn. 3. 40 Kluth in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011,, Art. 234 AEUV, Rn. 6. Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 14 PE 6 - 3000 - 14/14 Da die Euro-Rettungsmaßnahmen in Form der Gewährung von Finanzhilfen im Wesentlichen nicht auf EU-Rechtsakten beruhen, sondern auf außerhalb des EU-Rechts vereinbarten (völkerrechtlichen ) Verträgen, ist grundsätzlich eine direkte Beteiligung des EP im Zusammenhang mit diesen Rettungsmaßnahmen nicht vorgesehen. So ist das Europäische Parlament nach dem ESM- Vertrag weder in die Verhandlungen über ein MoU noch in die Überwachung der Einhaltung der vereinbarten Auflagen eingebunden. Der Vollständigkeit halber sei aber angemerkt, dass das EP aber zusammen mit den nationalen Parlamenten berufen ist, die Verfahren zur Haushaltskonsolidierung41 - die auch Teil der sog. Rettungspolitik sind –demokratisch zu kontrollieren.42 Außerdem hat es nach Art. 12 Abs. 5 Fiskalvertrag das Recht, dass ihm Berichte über die Euro-Gipfel vorgelegt werden. Hinzu kommt die Beteiligung des EPs im Rahmen der Gesetzgebungsverfahren zu Rettungsmaßnahmen im weiteren Sinne, wie etwa bei Gesetzgebungsakten im Zusammenhang mit der Errichtung der sog. Bankenunion .43. - Fachbereich Europa - 41 Instrumente zur Haushaltskonsolidierung sind das sog. Six-Pack (Verordnung 1173/2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet; Verordnung 1174/2011 über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro- Währungsgebiet; Verordnung 1175/2011 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken; Verordnung 1176/2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte; Verordnung 1177/2011 des Rates über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit; Richtlinie 2011/85 des Rates über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten) und das sog. Two-Pack (Verordnungen 472/2013 über den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten im Euro- Währungsgebiet, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität betroffen oder bedroht sind und Verordnung 473/2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet) und der Fiskalvertrag. Alle Verordnungen sind abrufbar unter http://new.eur-lex.europa.eu/homepage.html, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 42 Vgl. dazu im Einzelnen den EU-Sachstand, Die Parlamentarische Mitwirkung an den Verfahren zur Haushaltskonsolidierung , PE-Dok. 32/2014 vom 14. Januar 2014, unter Angabe der PE-Dok-Nr. abrufbar unter http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/index, zuletzt abgerufen am 14.02.2014. 43 Zum Begriff der Bankenunion vgl. Aktueller Begriff – Europa (4/13), Europäische Bankenunion und Einheitlicher Europäischer Bankenaufsichtsmechanismus (EAM), abrufbar unter http://www.bundestag.btg/ButagVerw/W/Ausarbeitungen/Einzelpublikationen/Rubrik.php?Rubrik=D, zuletzt abgerufen am 14.02.2014.