PE 6 - 3000 - 012/2020 (31. Januar 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab der Fachbereichsleitung anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Der Fachbereich Europa wird um Beantwortung der Frage ersucht, ob eine Steuerbefreiung für fair gehandelten Kaffee mit dem EU-Beihilfenrecht vereinbar ist.1 Der Beihilfebegriff der Art. 107ff. AEUV umfasst grundsätzlich auch Steuerbefreiungen.2 Vorliegend handelt es sich jedoch um eine Steuer, die von Verbrauchern und nicht von Unternehmen aufzubringen ist. Daher liegt jedenfalls keine unmittelbare Beihilfe zugunsten von Unternehmen vor. Da durch die Steuersenkung allerdings die Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee steigen könnte, ist nicht ausgeschlossen , dass bestimmte Unternehmen hierdurch „mittelbar“ begünstigt werden. Der Beihilfebegriff der Art. 107ff. AEUV erfasst auch derartige mittelbare Vorteile3. Wann solche jedoch von beihilfeirrelevanten sekundären wirtschaftlichen Auswirkungen zu unterscheiden sind, lässt sich mit Blick auf die nur wenigen unionsgerichtlichen Urteile zu dieser Problematik nicht eindeutig beantworten.4 Nach Kommissionauffassung sind die „vorhersehbare Wirkung der Maßnahme ex ante [zu betrachten]. Ein mittelbarer Vorteil liegt vor, wenn die Maßnahme so ausgestaltet ist, dass ihre sekundären Auswirkungen bestimmbaren Unternehmen oder Gruppen von Unternehmen zugeleitet werden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die unmittelbare Beihilfe de facto oder de jure davon abhängig gemacht wird, dass nur von bestimmten Unternehmen (zum Beispiel Unternehmen, die in einem bestimmten Gebiet niedergelassen sind) hergestellte Waren oder Dienstleistungen erworben werden.“5 Ob dies vorliegend der Fall ist, lässt sich mit mangels 1 Siehe hierzu die Ausarbeitung des Fachbereichs Haushalt und Finanzen (WD 4), „Voraussetzungen der Befreiung von der Kaffeesteuer für „fair gehandelten“ Kaffee“, WD 4 – 3000 – 164/19 v. 31.1.2020, deren Bestandteil die vorliegende Kurzinformation ist. 2 Bongartz, Schröer-Schallenberg: Die Stromsteuer – Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht und nationales Verfassungsrecht ?, DStR 1999, 965. 3 Siehe hierzu etwa die Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl.EU 2016 Nr. C 262/1 (im Folgenden: Beihilfemitteilung), Rn. 116 f. 4 Siehe zur bisherigen Rechtsprechung die in der Beihilfemitteilung (Fn. 3), Rn. 116 f. zitierten Urteile. 5 Beihilfemitteilung (Fn. 3), Rn. 117. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Kurzinformation Befreiung von der Kaffeesteuer für „fair gehandelten“ Kaffee und EU- Beihilferecht Kurzinformation Befreiung von der Kaffeesteuer für „fair gehandelten“ Kaffee und EU-Beihilferecht Fachbereich Europa (PE 6) Seite 2 Kenntnis zu den am fairen Handel beteiligten und möglicherweise begünstigten Unternehmen, ihren Vertriebskanälen sowie den sonstigen Rahmenbedingungen dieses Vertriebsansatzes nicht beantworten. Sollte von einem mittelbaren Vorteil auszugehen sein, wäre zu prüfen, ob die übrigen Merkmale des Beihilfetatbestandes vorliegen, insbesondere, ob die in der Steuerbefreiung liegende Begünstigung den Wettbewerb verfälscht und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Handelt es sich bei den möglichweise begünstigten Unternehmen um solche aus Drittstaaten, die in keiner Konkurrenz zu in der Union ansässigen Unternehmen stehen, so könnte dies fraglich sein. Dessen ungeachtet wäre bei Vorliegen aller Beihilfemerkmale noch zu untersuchen, ob die Maßnahme nicht am Maßstab insbesondere des Art. 107 Abs. 3 AEUV gerechtfertigt werden könnte. – Fachbereich Europa –