© 2017 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 5/17 Vereinbarkeit des Infrastrukturabgabengesetzes und des Zweiten Verkehrssteueränderungsgesetzes in der Fassung der von der Bundesregierung beschlossenen Änderungsgesetze mit dem Unionsrecht Ausarbeitung Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Die Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten des Fachbereichs Europa geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegen, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Inhalt des Vorschlags 8 2.2. Änderung des KraftStG 9 2.2.1. Inhalt 2. VerkehrStÄndG 9 2.2.2. Änderung des 2. VerkehrStÄndG 10 2.2.2.1. Begründung des Vorschlags 10 2.2.2.2. Inhalt des Vorschlags 10 3. Unionsrechtliche Maßstäbe 11 3.1. Unionsrechtliche Maßstäbe zur Einführung von Straßenbenutzungsgebühren 11 3.1.1. Sekundärrecht 12 3.1.2. Stellungnahmen der Kommission 12 3.1.2.1. Weißbücher und Mitteilungen 12 3.1.2.2. Zusammenfassung 14 3.2. Zur Ausgestaltung der nationalen Kfz-Steuersysteme 14 3.3. Folgerungen für die unionsrechtlichen Maßstäbe 15 4. Vereinbarkeit der Infrastrukturabgabe und der diesbezüglichen Regelungen im 2. VerkehrStÄndG unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen mit dem Unionsrecht 17 4.1. Rechtliche Einordnung der Infrastrukturabgabe und des Steuerentlastungsbetrags 17 4.1.1. Infrastrukturabgabe 17 4.1.2. Steuerentlastungsbetrag 18 4.1.2.1. Kfz-steuerliche Behandlung inländischer Fahrzeuge 18 4.1.2.2. Kfz-steuerliche Behandlung ausländischer Fahrzeuge 19 4.1.2.3. Wirkung des Steuerentlastungsbetrags 19 4.2. Vereinbarkeit mit den unionsrechtlichen Diskriminierungsverboten 20 4.2.1. Unionsrechtliche Diskriminierungsverbote 20 4.2.1.1. Grundfreiheiten 20 4.2.1.2. Allgemeines Diskriminierungsverbot, Art. 18 AEUV 21 4.2.1.3. Diskriminierungsverbot im Bereich des Steuerrechts 22 4.2.1.4. Zusammenfassung der Maßstäbe 23 4.2.2. Möglichkeit einer diskriminierenden Wirkung des Gesamtkonzepts 23 4.2.2.1. Isolierte Betrachtung von InfrAG und KraftStG/2. VerkehrStÄndG 24 4.2.2.2. Gesamtbetrachtung von InfrAG und KraftStG/2. VerkehrStÄndG 24 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 4 4.2.2.2.1. Objektiver Sachzusammenhang von InfrAG und KraftStG/2. VerkehrStÄndG 25 4.2.2.2.2. Folgerungen für das Vorliegen einer Ungleichbehandlung 27 4.2.2.3. Ungleichbehandlung in einer objektiv vergleichbaren Situation 28 4.2.2.3.1. Saldierung 28 4.2.2.3.2. Auswirkung der Kfz-Steuerbefreiung für ausländische Kfz-Halter 31 4.2.2.3.3. Systemwechsel 33 4.2.2.4. Zusammenfassung zur mittelbar diskriminierenden Wirkung des Gesamtkonzepts 35 4.2.3. Möglichkeit einer diskriminierenden Wirkung des Vignettenerwerbs 37 4.2.3.1. Maßstäbe 37 4.2.3.2. Ausgestaltung der Vignettenpreise 39 4.2.3.3. Folgerungen 40 4.2.4. Rechtfertigung 40 4.2.4.1. Rechtfertigung durch den Schutz der Kohärenz des nationalen Steuersystems 41 4.2.4.1.1. Die Grundsätze von Kohärenz und Lastenausgleich als Rechtsfertigungsgrund 41 4.2.4.1.2. Kohärenz zwischen Kfz-Steuer und Infrastrukturabgabe 42 4.2.4.1.3. Ergebnis 43 4.2.4.2. Rechtfertigung durch den Systemwechsel von einer steuerfinanzierten zu einer vorwiegend nutzerfinanzierten Infrastruktur 44 4.2.4.2.1. Systemwechsel als Rechtfertigungsgrund 44 4.2.4.2.2. Verhältnismäßigkeit der Maßnahme 45 4.2.4.3. Rechtfertigung aus Gründen des Umweltschutzes 46 4.2.4.4. Rechtfertigung durch die Vermeidung einer sog. Inländerdiskriminierung 47 4.2.5. Zusammenfassung 48 4.3. Stillhalteverpflichtung, Art. 92 AEUV 48 4.3.1. Tatbestand des Art. 92 AEUV 48 4.3.2. Gebotene weite Auslegung des Art. 92 AEUV 49 4.3.3. Benachteiligung von Verkehrsunternehmern 50 4.4. Rechtfertigung 51 5. Zusammenfassung 51 Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 5 1. Einleitung Die Ausarbeitung setzt sich mit der Frage auseinander, ob die im Jahr 2015 beschlossene Einführung einer Infrastrukturabgabe auf die Nutzung des deutschen Bundesfernstraßennetzes (sog. PKW-Maut) durch das Infrastrukturabgabengesetz (InfrAG)1 für Kraftfahrzeuge (Kfz) gemäß § 1 InfrAG bei gleichzeitiger Einführung eines Steuerentlastungsbetrags im Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG)2 durch das Zweite Verkehrsteueränderungsgesetz (2. VerkehrStÄndG)3 unter Berücksichtigung der am 25. Januar 2017 vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwürfe zur Änderung des InfrAG4 (im Folgenden: InfrAG-E) und des 2. VerkehrStÄndG5 (im Folgenden: KraftStG- E) mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Dabei konzentriert sich die Ausarbeitung auf die Frage, ob das InfrAG und die diesbezüglichen Regelungen im KraftStG unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen mit dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot und der sog. Stillhalteklausel des Art. 92 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbar sind. Von der Fragestellung ausgenommen sind sonstige Fragen wie beispielsweise datenschutzrechtliche sowie beihilfenrechtliche Aspekte des InfrAG. 2. Hintergründe Die vorgeschlagenen Änderungen dienen nach Angaben der Bundesregierung der Umsetzung einer zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission erzielten Einigung,6 um Zweifel an der Vereinbarkeit der Infrastrukturabgabe mit dem Unionsrecht zu beseitigen. Diese Zweifel finden insbesondere Ausdruck in dem Mahnschreiben der Kommission vom 18. Juni 2015 im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland.7 Die darin geäußerten Bedenken der Kommission betrafen insbesondere den Aspekt der indirekten Diskriminierung auf Basis der Staatsangehörigkeit: Deutsche Nutzer würden die Straßennutzungsgebühr nicht zahlen, weil ihre Kfz-Steuer um den exakten Betrag der Gebühr gesenkt wird. Dementsprechend würden sich aus der Kombination der Be- und Entlastungsentscheidungen des InfrAG und des 2. VerkehrStÄndG Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit Art. 92 AEUV sowie dem Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV ergeben. Zudem zweifelte die Kommission auch an der Vereinbarkeit der 1 Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, BGBl. I 2015, S. 904. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002, BGBl. I S. 3818, zuletzt geändert durch Artikel 19 Absatz 8 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016, BGBl. I, S. 3234. 3 Zweites Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes und des Versicherungssteuergesetzes (Zweites Verkehrsteueränderungsgesetz - 2. VerkehrStÄndG), BGBl. I 2015, S. 901. 4 BR-Drs. 70/17. 5 BR-Drs. 57/17. 6 BMVI, Pressemitteilung vom 25. Januar 2017, 010/2017, abrufbar unter http://www.bmvi.de/Shared- Docs/DE/Pressemitteilungen/2017/010-dobrindt-infrastrukturabgabe.html. 7 Im Folgenden wird auf die dem Bundestag vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) am 6. Juli 2015 übersandte Zusammenfassung des Aufforderungsschreibens der Kommission abgestellt. Vgl. hierzu auch die Pressemitteilung der Kommission vom 18. Juni 2015, IP/15/5200, abrufbar unter http://europa .eu/rapid/press-release_IP-15-5200_de.htm. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 6 deutschen Regelungen mit der Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 34 und 56 AEUV), da die Unterscheidung zwischen im Inland und im Ausland zugelassenen Fahrzeugen auch Auswirkungen auf die grenzüberschreitende Lieferung von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen habe. Schließlich vertrat die Kommission in ihrem Mahnschreiben die Auffassung , dass die Preise für Kurzzeitvignetten, die typischerweise für ausländische Nutzer vorgesehen sind, überproportional teuer sind, was auf eine mittelbare Diskriminierung von in anderen EU-Mitgliedstaaten zugelassenen privaten oder gewerblich genutzten Pkw gegenüber im Inland zugelassenen Pkw hindeute. Mit den vom Bundeskabinett beschlossenen Änderungen des InfrAG und des 2. VerkehrStÄndG soll den Bedenken der EU-Kommission hinsichtlich der Steuerentlastungsbeträge bei der Kraftfahrzeugsteuer zur Vermeidung der finanziellen Doppelbelastung bei Einführung der Infrastrukturabgabe Rechnung getragen und so das bereits eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren beendet werden, um mit der Erhebung einer Infrastrukturabgabe beginnen zu können.8 Zur Begründung der nunmehr vorgelegten Vorschläge wird angeführt, dass die ökologische Komponente bei der Kfz-Steuer gestärkt und die Preise für Kurzzeitvignetten ausländischer Kfz-Halter stärker gespreizt werden sollen.9 Für inländische Kfz-Halter werde es keine Mehrbelastung geben. Dementsprechend sollen mit dem Vorschlag zur Änderung des InfrAG die Preise für die Kurzzeitvignetten geändert werden; mit separatem Gesetz zur Änderung des 2. VerkehrStÄndG soll die Höhe der Steuerentlastungsbeträge geändert werden.10 2.1. Änderung des InfrAG 2.1.1. Inhalt des InfrAG Mit dem InfrAG soll eine Infrastrukturabgabe eingeführt werden, die von Haltern von im Inland und im Ausland zugelassenen Kfz (§ 1 InfrAG) gleichermaßen für die Nutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen zu entrichten ist. Halter von nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen sind zunächst nur auf Bundesautobahnen abgabepflichtig (§ 1 Abs. 2 InfrAG). Die Infrastrukturabgabe muss von allen Haltern von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen grundsätzlich jeweils für ein Jahr an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als Infrastrukturabgabenbehörde entrichtet werden (§§ 1 bis 4, 6 Infr AG).11 Die Höhe der Infrastrukturabgabe bzw. Kosten für eine Jahresvignette bestimmen sich nach dem Hubraum und den Umwelteigenschaften des Pkw bzw. bei Wohnmobilen nach dem Gewicht (§§ 5 Abs. 1 S. 2, 8 InfrAG i.V.m. Anlage zu § 8 InfrAG). Die Infrastrukturabgabe wird für in der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge von der Infrastrukturabgabebehörde durch Bescheid festgesetzt. Die Infrastrukturabgabe soll als elektronische Vignette (E- Vignette) erhoben werden (§ 5 Abs. 1 S. 1 InfrAG). Die Fahrtberechtigung ist mit dem amtlichen 8 KraftStG-E, S. 5. 9 BMVI, Pressemitteilung vom 25. Januar 2017, 010/2017. 10 InfrAG-E, S. 2. 11 Vgl. hierzu BT-Drs. 18/3990 sowie BMVI, Referentenentwurf InfrAG vom 30. Oktober 2014 mit der Begründung, dass „[a]ufgrund des dichten Bundesfernstraßennetzes […] 99 % aller Halter eines im Inland zugelassenen Pkw oder eines Wohnmobils von ihrem Recht zur Straßennutzung auch realen Gebrauch [machen]. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 7 Kraftfahrzeugkennzeichen verknüpft, das nach Entrichtung der Infrastrukturabgabe im System freigeschaltet wird. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Infrastrukturabgabe für nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Kfz entsteht mit der ersten Benutzung einer abgabepflichtigen Straße im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 3 InfrAG nach einem Grenzübertritt. Schuldner der Infrastrukturabgabe für Kfz, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen sind, können zur Entrichtung der Infrastrukturabgabe wählen zwischen einer sich ebenfalls an den spezifischen Fahrzeugeigenschaften in drei Stufen bemessenden Zehntagesvignette (zwischen EUR 5 und EUR 15),12 einer Zweimonatsvignette (zwischen EUR 16 und EUR 30) und einer Jahresvignette (zwischen EUR 0 und EUR 130). Für im Ausland zugelassene Kraftfahrzeuge gilt die bei Erwerb der Vignette ausgegebene Buchungsbestätigung als Bescheid (§ 5 Abs. 1 S. 4 InfrAG). Der Vignettenerwerb soll entsprechend der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung13 entweder im Internet oder an Einbuchungsstellen, beispielsweise an Tankstellen, erfolgen können. Für die Einzelheiten zur Mitwirkung der Infrastrukturabgabeschuldner bei der Erhebung der Infrastrukturabgabe nach § 5 Abs. 5 S. 2 InfrAG wird das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in § 5 Abs. 5 S. 3 InfrAG ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten zu regeln. Für die weiteren Einzelheiten wird sowohl auf das InfrAG sowie ergänzend hierzu auf den diesbezüglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Februar 201514 und die Beratungen des Deutschen Bundestages, insbesondere die Beschlussempfehlung und den Bericht des federführenden Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur (15. Ausschuss) vom 25. März 2015,15 als auch auf das 2. VerkehrStÄndG sowie ergänzend hierzu auf den diesbezüglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Februar 201516 und die Beratungen des Deutschen Bundestages , insbesondere die Beschlussempfehlung und den Bericht des federführenden Finanzausschusses (7. Ausschuss) vom 25. März 2015,17 verwiesen. 2.1.2. Änderung des InfrAG 2.1.2.1. Begründung des Vorschlags Zur Begründung des Vorschlags zur Änderung des InfrAG wird ausgeführt, dass „die Staffelung der Kurzzeitvignetten und deren Tarifhöhe noch stärker an den Vorgaben des Artikel 7a der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrs- 12 §§ 5 Abs. 1 S. 2, 7 Abs. 2, 8 InfrAG i.V.m. Abs. 1 S. 3 der Anlage zu § 8 InfrAG. 13 BT-Drs. 18/3990, S. 20. 14 BT-Drs. 18/3990. 15 BT-Drs. 18/4455. 16 BT-Drs. 18/3991. 17 BT-Drs. 18/4448. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 8 wege durch schwere Nutzfahrzeuge ausgerichtet werden [soll]. Zudem sollen die im Kraftfahrzeugsteuergesetz aufgenommenen Steuerentlastungsbeträge für die emissionsärmsten Fahrzeuge erhöht werden, um nicht nur einen „angemessenen Ausgleich“ i.S. des Art. 7k der genannten Richtlinie vorzusehen, sondern auch eine noch stärkere ökologische Lenkungswirkung zu erzielen .“18 Mit der vorgesehenen Anpassung der Preise liege „der Tagespreisfaktor (d.h. das Verhältnis des Tagespreises der Zehntagesvignette zu dem rechnerischen Tagespreis der Jahresvignette) bei maximal 7,3 und liegt damit unter den im begründeten Mahnschreiben der EU-Kommission exemplarisch gerügten Fällen. Für die Zweimonatsvignette wurden die Preise analog angepasst .“19 2.1.2.2. Inhalt des Vorschlags Der Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des InfrAG sieht in Art. 1 vor: „Im Infrastrukturabgabengesetz vom 8. Juni 2015 (BGBl. I S. 904) wird die Anlage (zu § 8) in Absatz 1 wie folgt geändert: 1. Satz 1 Nummer 1 und 2 werden wie folgt gefasst: „1. Zehntagesvignette für Kraftfahrzeuge, für die für eine Jahresvignette nach Nummer 3 eine Infrastrukturabgabe in Höhe von a) weniger als 20 Euro zu entrichten ist, 2,50 Euro, b) weniger als 40 Euro zu entrichten ist, 4 Euro, c) weniger als 70 Euro zu entrichten ist, 8 Euro, d) weniger als 100 Euro zu entrichten ist, 14 Euro, e) weniger als 130 Euro zu entrichten ist, 20 Euro und f) 130 Euro zu entrichten ist, 25 Euro, 2. Zweimonatsvignette für Kraftfahrzeuge, für die für eine Jahresvignette nach Nummer 3 eine Infrastrukturabgabe in Höhe von a) weniger als 20 Euro zu entrichten ist, 7 Euro, b) weniger als 40 Euro zu entrichten ist, 11 Euro, c) weniger als 70 Euro zu entrichten ist, 18 Euro, d) weniger als 100 Euro zu entrichten ist, 30 Euro, e) weniger als 130 Euro zu entrichten ist, 40 Euro und f) 130 Euro zu entrichten ist, 50 Euro,“.“ 18 InfrAG-E, S. 4. 19 InfrAG-E, S. 8. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 9 2. Satz 3 Nummer 1 und 2 werden wie folgt gefasst: „1. Zehntagesvignette 25 Euro, 2. Zweimonatsvignette 50 Euro,“.“ 2.2. Änderung des KraftStG 2.2.1. Inhalt 2. VerkehrStÄndG Der mit dem InfrAG angestrebte Übergang von einer vorwiegend steuerfinanzierten Infrastruktur im Bereich der Bundesfernstraßen zur überwiegend nutzerfinanzierten Infrastruktur soll bei den Kraftfahrzeugsteuerpflichtigen nicht zu einer finanziellen Doppelbelastung bei der Einführung einer Infrastrukturabgabe führen.20 Eine solche Doppelbelastung bestünde bei der Einführung einer Infrastrukturabgabe bei Haltern von inländischen und ausländischen Fahrzeugen, die der Kfz-Steuerpflicht unterliegen. Dementsprechend wurde zeitgleich mit Erlass des InfrAG mit dem 2. VerkehrStÄndG21 eine ermäßigte Jahressteuer (Steuerentlastungsbetrag) für Kraftfahrzeuge beschlossen , die in den Anwendungsbereich der Infrastrukturabgabe fallen soll und nicht steuerbefreit sind.22 Dabei soll die Belastung durch die Infrastrukturabgabe für inländische Kfz grundsätzlich in deren Höhe als Steuerentlastungsbetrag bei der Kfz-Steuer ermäßigt werden (Art. 1 Nr. 7 und Nr. 12 lit. f) 2. VerkehrStÄndG). Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 KraftStG der deutschen Kfz-Steuer unterliegenden ausländischen Kraftfahrzeuge wird der Höchstsatz der Infrastrukturabgabe mit einem entsprechenden Tagessatz in Höhe von 0,35 Euro als Steuerentlastungsbetrag bei der Anwendung der Steuersätze nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 und 2 KraftStG berücksichtigt (Art. 1 Nr. 7 und Nr. 12 lit. f) 2. VerkehrStÄndG). Das Inkrafttreten der in Art. 1 Nr. 7 und Nr. 12 lit. f) 2. Verkehr StÄndG vorgesehenen Regelungen betreffend die Steuerentlastungsbeträge ist gemäß Art. 3 2. VerkehrStÄndG bedingt durch den Beginn der Abgabenerhebung nach dem InfrAG. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Änderungen gemäß Art. 1 Nr. 7 und Nr. 12 lit. f) 2. Verkehr- StÄndG23 sowie ergänzend hierzu auf den diesbezüglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Februar 201524 und die Beratungen des Deutschen Bundestages, insbesondere die Beschlussempfehlung und der Bericht des federführenden Finanzausschusses (7. Ausschuss) vom 25. März 2015,25 verwiesen. 20 BT-Drs. 18/3991, S. 10. 21 BGBl. I 2015, S. 901. 22 BT-Drs. 18/3991, S. 10; BT-Drs. 18/3990, S. 18. 23 BGBl. I 2015, S. 901. 24 BT-Drs. 18/3991. 25 BT-Drs. 18/4448. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 10 2.2.2. Änderung des 2. VerkehrStÄndG 2.2.2.1. Begründung des Vorschlags Zur Begründung des Vorschlags zur Änderung des 2. VerkehrStÄndG wird ausgeführt, dass bereits im Jahr 2015 die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen worden seien, um mit Einführung einer Infrastrukturabgabe den Übergang von der steuerfinanzierten zur nutzerfinanzierten Infrastruktur im Bereich der Bundesfernstraßen zu schaffen. Die Regelungen konnten bisher nicht umgesetzt werden, da nach Auffassung der Europäischen Kommission nicht alle Maßnahmen zur Ausgestaltung der Infrastrukturabgabe im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union stehen . Mit einer Anpassung der Regelungen solle den Bedenken der EU-Kommission hinsichtlich der Steuerentlastungsbeträge bei der Kraftfahrzeugsteuer zur Vermeidung einer finanziellen Doppelbelastung bei Einführung der Infrastrukturabgabe Rechnung getragen werden, indem im Kraft- StG die Steuerentlastungsbeträge für PKW der Euro-6-Emissionsklasse mit besonders geminderten Schadstoffemissionen erhöht und so die ökologische Anreizwirkung verstärkt werde:26 „Durch die Anhebung der Steuerentlastungsbeträge je angefangene 100 Kubikzentimeter Hubraum für Personenkraftwagen der Euro-6-Emissionsklasse in § 9 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 Kraft- StG von bisher 2 Euro auf 2,45 Euro bei Fremdzündungsmotoren und von bisher 5 Euro auf 5,45 Euro bei Selbstzündungsmotoren werden diese schadstoffarmen Fahrzeuge im Vergleich zur bisherigen Rechtslage noch besser gestellt. Der ökologisch orientierte Anreiz wird damit gestärkt.“27 2.2.2.2. Inhalt des Vorschlags Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des 2. VerkehrStÄndG sieht in Art. 1 vor: „Artikel 1 des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes vom 8. Juni 2015 (BGBl. I S. 901), […], wird wie folgt geändert: 1. In Nummer 7 Buchstabe b wird Absatz 6 durch den folgenden Absatz 6 ersetzt: „(6) Für inländische Kraftfahrzeuge ermäßigt sich die Jahressteuer (Steuerentlastungsbetrag) bei 1. Personenkraftwagen je 100 Kubikzentimeter Hubraum oder einem Teil davon, a) wenn sie die verbindlichen Grenzwerte nach Tabelle 2 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 einhalten und angetrieben werden aa) durch Fremdzündungsmotoren um 2,32 Euro bb) durch Selbstzündungsmotoren um 5,32 Euro, b) wenn sie die verbindlichen Grenzwerte nach Tabelle 1 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 oder nach Zeile B Fahrzeugklasse M der Tabellen in Nummer 5.3.1.4 des Anhangs I der Richtlinie 70/220/EWG in der bis 1. Januar 2013 geltenden Fassung einhalten und angetrieben werden 26 KraftStG-E, S. 3. 27 KraftStG-E, S. 6 f. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 11 aa) durch Fremdzündungsmotoren um 2 Euro, bb) durch Selbstzündungsmotoren um 5 Euro, c) wenn sie die Anforderungen nach Buchstabe a und b nicht erfüllen und angetrieben werden aa) durch Fremdzündungsmotoren um 6,50 Euro, bb) durch Selbstzündungsmotoren um 9,50 Euro, insgesamt jedoch um nicht mehr als 130 Euro; 2. Wohnmobilen je 200 Kilogramm verkehrsrechtlich zulässigem Gesamtgewicht oder einem Teil davon um 16 Euro, insgesamt jedoch um nicht mehr als 130 Euro; 3. Personenkraftwagen und Wohnmobilen mit a) zugeteiltem Oldtimer-Kennzeichen um 130 Euro, b) zugeteiltem Saisonkennzeichen für jeden Tag des Betriebszeitraums um den auf ihn entfallenden Bruchteil des Jahresbetrags nach den Nummern 1 bis 3 Buchstabe a. Der Steuerentlastungsbetrag nach Satz 1 ist jeweils begrenzt auf die Jahressteuer nach Absatz 1 Nummer 2 und 2a sowie Absatz 4 Nummer 2, bei Saisonkennzeichen auf den Bruchteil des Jahresbetrags nach ihrem jeweiligen Betriebszeitraum.“. 2. In Nummer 12 wird folgender Buchstabe g angefügt: „g) Folgender Absatz 14 wird angefügt: „(14) Der Steuerentlastungsbetrag nach § 9 Absatz 6 Nummer 1 Buchstabe a beträgt für die Dauer von zwei Jahren ab dem Tag des vom Bundesminister der Finanzen bekannt gegebenen Inkrafttretens von Artikel 1 Nummer 7 und Nummer 12 Buchstabe f des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes vom 8. Juni 2015 (BGBl. I S. 901), das zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes vom … (BGBl. I S. … [einsetzen : Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung dieses Gesetzes]) geändert worden ist, in Doppelbuchstabe aa 2,45 Euro und in Doppelbuchstabe bb 5,45 Euro.““.“ 3. Unionsrechtliche Maßstäbe 3.1. Unionsrechtliche Maßstäbe zur Einführung von Straßenbenutzungsgebühren Straßenbenutzungsgebühren unterfallen dem Regelungsbereich der gemeinsamen Verkehrspolitik gem. Art. 90 ff. AEUV.28 Die EU besitzt auf dem Gebiet der Verkehrspolitik die geteilte Zuständigkeit (Art. 4 Abs. 2 lit. g) AEUV). Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten bis zu einer Regelung durch die EU für diese Materie die Regelungskompetenz besitzen. Maßgeblich ist also, inwieweit die EU auf dem Gebiet der Straßenbenutzungsgebühren bereits tätig geworden ist. 28 Vgl. Mückenhausen, in: Lenz/Borchardt, Art. 90 AEUV, Rn. 5. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 12 3.1.1. Sekundärrecht Beim derzeitigen Stand des Unionsrechts fällt die Regelung von Straßenbenutzungsgebühren für Kfz bis zu 3,5 t Gesamtgewicht in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Union hat in diesem Bereich von ihrer geteilten Zuständigkeit in der Verkehrspolitik bislang keinen Gebrauch gemacht .29 Sekundärrechtlich regelt die Richtlinie 1999/62/EG30 (sog. Eurovignettenrichtlinie, im Folgenden: RL 1999/62/EG) die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge. Ihr Anwendungsbereich erfasst nur die Benutzung größerer Straßen (Autobahnen und andere mehrspurige Straßen) durch Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t (Art. 2 lit. d) RL 1999/62/EG). Die Richtlinie erklärt Straßenbenutzungsgebühren für zulässig und legt Mindestsätze für die Kfz-Steuer und Höchstsätze für die Benutzungsgebühren fest. Dabei folgt die Richtlinie dem Nutzerprinzip: die Mitgliedstaaten können die Entgelte für die Infrastruktur auf die Nutzer entfernungsabhängig (Maut) umlegen. Daneben ist aber auch die zeitabhängige Benutzungsgebühr (Vignette) bis zu einem bestimmten Höchstsatz erlaubt. Die Mautgebührensätze können unter der Bedingung der Ertragsneutralität nach Maßgabe der Fahrzeugemissionsnormen und der Verkehrslage (Stauneigung) alle zwei Jahre angepasst werden. Diese Richtlinie wurde im Jahr 2006 mit dem Ziel geändert,31 Regeln für die Berechnung anlastbarer Infrastrukturkosten aufzustellen. Dadurch wurde in Bergregionen ein Mautaufschlag um bis zu 25 % zur Mitfinanzierung alternativer Infrastrukturen möglich. Mit der Novelle wurde auch eine Bestimmung in Bezug auf spezifische Gebühren eingeführt, mit denen der Umweltverschmutzung und Staus entgegengewirkt werden soll. 3.1.2. Stellungnahmen der Kommission 3.1.2.1. Weißbücher und Mitteilungen Für den Bereich des Individualverkehrs mit Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t enthält das Unionsrecht keine speziellen Regelungen. Nach dem Weißbuch der Kommission aus dem Jahre 1999, in dem sie die binnenmarktkonforme Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren für schwere Nutzfahrzeuge und für den gewerblichen Personenverkehr empfohlen hat, soll die Erhebung von Gebühren für den privaten PKW-Verkehr aus Gründen der Subsidiarität 29 Vgl. die Mitteilung der Kommission vom 14. Mai 2012 über die Erhebung nationaler Straßenbenutzungsgebühren auf leichte Privatfahrzeuge, KOM(2012) 199 endg, S. 3. 30 Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. L 187/42, konsolidierte Fassung abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONS- LEG:1999L0062:20070101:DE:PDF; vgl. auch Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten, ABl. L 279/32, abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31993L0089&qid=1406555292243&from=DE sowie EuGH, Rs. C-21/94 (Parlament/Rat) zur Nichtigkeit der Richtlinie 93/89/EWG. 31 Richtlinie 2006/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2006, ABl. L 157/8, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:157:0008:0023:DE:PDF. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 13 wegen der geringen grenzüberschreitenden Auswirkungen den Mitgliedstaaten überlassen bleiben .32 In ihrem Weißbuch vom 28. März 2011 hat die Kommission die Schaffung eines EU-Rahmens für die Innenstadt-Maut sowie die Entwicklung und Validierung von Rahmenbedingungen für Straßenbenutzungsgebühren angekündigt.33 In ihrer Mitteilung „über die Erhebung nationaler Straßenbenutzungsgebühren auf leichte Privatfahrzeuge “ vom 14. Mai 201234 will die Kommission mit den von ihr vorgeschlagenen Leitlinien die Mitgliedstaaten unterstützen, solche Systeme von Straßenbenutzungsgebühren einzuführen , die nicht zu einer mit dem europäischen Recht unvereinbaren Diskriminierung von EU- Ausländern führen.35 Hierbei konkretisiert die Kommission ihren Standpunkt dahingehend, dass entfernungsabhängige Mautsysteme vorzugswürdig seien. Bei Einführung von zeitabhängigen nationalen Vignettensystemen müssten zusätzlich zu Jahres- und Monatsvignetten Vignetten für eine Woche oder kürzere Nutzungsphasen angeboten werden. Eine Kurzzeitvignette sollte im Vergleich zur Jahresvignette zu einem verhältnismäßigen Preis angeboten werden.36 Die bei Kurzzeitvignetten entstehenden höheren Verwaltungskosten könnten zwar Berücksichtigung finden; Kurzzeitvignetten dürften allerdings nicht unverhältnismäßig teurer als Langzeitvignetten sein. Aus Sicht der Kommission seien die Bestimmungen in Art. 7a Abs. 1 RL 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Preisgestaltung für Kurzzeit- und Langzeitvignetten entsprechend auch für PKW-Vignetten heranzuziehen.37 Nach diesem Prüfungsmaßstab hält die Kommission eine Bemessung des Tagespreises für nicht Gebietsansässige in einer Größenordnung zwischen dem 2,5-fachen und dem 8,2-fachen des von Gebietsansässigen erhobenen Preises für zulässig.38 Weitere Vorgaben der Kommission betreffen Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen und die diskriminierungsfreie Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren. Die 32 Weißbuch – Faire Preise für die Infrastrukturbenutzung: Ein abgestuftes Konzept für einen Gemeinschaftsrahmen für Verkehrsinfrastrukturgebühren in der EU, KOM(1998) 466 endg., S. 15, abrufbar unter http://eur-lex.europa .eu/legal-content/AUTO/?uri=CELEX:51998DC0466&qid=1485872671347&rid=1. 33 Weißbuch – Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrsraum, KOM(2011) 144 endg., Ziff. 32, abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0144:FIN:DE:PDF; vgl. hierzu Schröer/Kullick, Auf dem Weg zur City-Maut, NZBau 2012, S. 760. 34 Mitteilung der EU-Kommission vom 14. Mai 2012 über die Erhebung nationaler Straßenbenutzungsgebühren auf leichte Privatfahrzeuge, KOM(2012) 199 endg., S. 3, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=COM:2012:0199:FIN:DE:PDF. 35 Vgl. hierzu Hering, Die Pkw-Maut in der Europäischen Union, SVR 2012, S. 329 ff. 36 KOM(2012) 199 S. 8. 37 KOM(2012) 199, S. 8. 38 Pressemitteilung der Kommission vom 14. Mai 2012, abrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-12- 471_de.htm. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 14 Mitgliedstaaten sollen hiernach für nicht Gebietsansässige leicht zugängliche, klare Informationen zu den Straßenbenutzungsgebühren sowie verschiedene Zahlungsoptionen bereitstellen.39 Ergänzend zu den Weißbüchern und Stellungnahmen der Kommission hat sich der ehemalige EU-Kommissar Kallas in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage vom 8. Oktober 201340 zu der grundsätzlichen Möglichkeit der Einführung von angemessenen Nutzungsgebühren für alle Nutzer bei gleichzeitiger Senkung der Kraftfahrzeugsteuern für gebietsansässige Nutzer geäußert.41 3.1.2.2. Zusammenfassung Zusammenfassend geben die Weißbücher, Mitteilungen und Stellungnahme der Kommission Hinweise darauf, wie nach ihrer Auffassung die Bemessung der Gebühren für die Straßennutzung , die Art der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren sowie die Verfolgung von Rechtsverstößen gegen Regelungen zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren unionsrechtskonform ausgestaltet werden könnten. Sie präjudizieren jedoch nicht die Unionsrechtskonformität späterer Maßnahmen.42 3.2. Zur Ausgestaltung der nationalen Kfz-Steuersysteme Die Kfz-Steuer in Deutschland zählt entsprechend ihrer gesetzestechnischen Ausgestaltung zu den direkten Steuern.43 Aus Sicht des Unionsrechts besteht insbesondere wegen der erheblichen Unterschiede entsprechender Steuern und Abgaben in den Mitgliedstaaten sowohl hinsichtlich ihrer Struktur als auch ihrer Höhe keine einheitliche Typisierung,44 jedoch wird die an die Nutzung anknüpfende Besteuerung eines Kfz regelmäßig dem Bereich der indirekten Steuer zugeordnet .45 39 KOM(2012) 199, S. 8 f. 40 Anfrage zur schriftlichen Beantwortung an die Kommission gem. Artikel 117 der Geschäftsordnung, Michael Cramer (Verts/ALE) vom 8. Oktober 2013, abrufbar unter: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pub- Ref=-//EP//TEXT+WQ+P-2013-011520+0+DOC+XML+V0//DE, 41 Antwort vom 28. Oktober 2013 abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/sides/getAllAnswers.do?reference =P-2013-011520&language=DE. 42 EuGH, Rs. C-415/93 (Bosman), Rn. 136; vgl. auch EuGH, Rs. C-526/14 (Kotnik u.a.), Rn. 35 ff. zur Bindungswirkung einer auf Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erlassen Mitteilung der Kommission gegenüber den Mitgliedstaaten. 43 BFH, Urteil vom 27. Juni 1973, II R 179/71, BStBl. II 1973, S. 808 f.; BFH, Beschluss vom 13. Juli 2000, VII B 120/00. 44 Vgl. die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Besteuerung von Personenkraftwagen in der Europäischen Union - Handlungsmöglichkeiten auf nationaler und gemeinschaftlicher Ebene, KOM(2002) 431 endg., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52002DC0431&qid=1418660492717&from=DE. 45 Vgl. EuGH, Rs. C-451/99 (Cura), Rn. 40; GA Kokott, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-302/12 (X), Rn. 21 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 15 Ungeachtet dieser divergierenden Bewertung der Steuerart, insbesondere im Hinblick auf den Steuerschuldner und die Anknüpfung an die (vermutete) Leistungsfähigkeit, fallen Regelungen im Bereich der Besteuerung von Kfz grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.46 Eine Ausnahme besteht derzeit nur hinsichtlich einer Angleichung der mitgliedstaatlichen Kfz- Steuersätze durch die RL 1999/62/EG für Nutzfahrzeuge im Güterverkehr mit einem Gesamtgewicht von mindestens 3,5 t. Im Hinblick auf Pkw, kleine Lieferwagen und Fahrzeuge zum gewerblichen Personentransport sind die Kfz-steuerlichen Vorschriften hingegen auf europäischer Ebene grundsätzlich nicht harmonisiert.47 Eine Ausnahme hiervon stellen die Richtlinien 83/182/EWG48 und 2009/55/EG49 über potenzielle Steuerbefreiungen für die vorübergehende oder dauerhafte Verbringung bestimmter Fahrzeuge dar. Es steht den Mitgliedstaaten daher – abgesehen vom Bereich der Mehrwertsteuer – frei, ihre Steuerhoheit in Bezug auf Zulassungs- und/oder Kfz-Steuern für Personenkraftwagen auszuüben, solange diese Steuern mit dem Unionsrecht im Einklang stehen.50 Dementsprechend fallen die vom 2. VerkehrStÄndG und nunmehr vom Änderungsvorschlag erfassten Regelungen im Rahmen des KraftStG in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. 3.3. Folgerungen für die unionsrechtlichen Maßstäbe Im Vorschlag zur Änderung des InfrAG wird zur Begründung darauf verwiesen, dass mit der Einführung der Infrastrukturabgabe „der Systemwechsel von der Steuer- hin zur Nutzerfinanzierung 46 Vgl. BVerfGE 89, 155 (181 ff.); 123, 267 (359 ff.); 129, 124 (177); 130, 318 (343). 47 Zu Harmonisierungsvorschlägen in den Bereichen der Kfz-Steuer und der Zulassungssteuern vgl. den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 10. Februar 1998 für eine Richtlinie des Rates zur steuerlichen Behandlung von privaten Kraftfahrzeugen, die im Zusammenhang mit einer Verlegung des Wohnsitzes auf Dauer in einen anderen Mitgliedstaat verbracht werden oder die vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Zulassung benutzt werden, KOM(1998), 30 endg, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:51998PC0030&qid=1418639037750&from=DE; Vorschlag der Europäischen Kommission vom 5. Juli 2005 für eine Richtlinie des Rates über die Besteuerung von Personenkraftwagen, KOM(2005) 261 endg., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52005PC0261&qid=1418639170915&from=DE; Vorschlag der Europäischen Kommission vom 4. April 2012 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinfachung der Verbringung von in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeugen innerhalb des Binnenmarkts , KOM(2012) 164 endg., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52012PC0164&qid=1418639338826&from=DE. 48 Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel, ABl. L 105/59, konsolidierte Fassung abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:01983L0182- 20130701&qid=1418637682168&from=DE. 49 Richtlinie 2009/55/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Verbringung persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat, ABl. L 145/36, abrufbar unter http://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32009L0055&qid=1418654566508&from=DE. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist jedoch dahingehend eingeschränkt, dass Abgaben für die Benutzung des Fahrzeugs gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. c) von der Befreiung ausgenommen sind, vgl. zur Vorgängervorschrift (Richtlinie 83/183/EWG) vgl. EuGH, Rs. C-365/02 (Lindfors), Rn. 24 ff. 50 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-578/10 und C-580/10 (van Putten u.a.), Rn. 37 m.w.N.; EuGH, Rs. C-302/12 (X), Rn. 23. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 16 der Verkehrsinfrastruktur weiter vorangetrieben“ werden solle und damit „konsequent der von der EU-Kommission in ihrem Weißbuch „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ vom 28.3.2011 vorgesehenen Zielrichtung“51 gefolgt werde. Dieser Verweis lässt darauf schließen, dass das Weißbuch der Kommission in KOM(2011) 144 endg. und das darin niedergelegte Konzept für die Schaffung eines EU-Rahmens u.a. für Straßennutzungsgebühren von der Bundesregierung als Maßstab für die Ausgestaltung der Infrastrukturabgabe angesehen wird. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass diese Weißbücher sowie sonstige Mitteilungen52 und Stellungnahmen 53 der Kommission lediglich Hinweise darauf gegeben, wie nach Ansicht der Kommission die Bemessung der Gebühren für die Straßennutzung, die Art der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren sowie die Verfolgung von Rechtsverstößen gegen Regelungen zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren unionsrechtskonform ausgestaltet werden könnten. Sie präjudizieren jedoch nicht die Unionsrechtskonformität späterer Maßnahmen und beeinflussen dementsprechend nicht den Maßstab für die Prüfung der Ausgestaltung einer nationalen Infrastrukturabgabe .54 Dieser ergibt sich aus dem geltenden Primär- und Sekundärrecht der EU. In der Begründung der Vorschläge zur Änderung des InfrAG und des KraftStG sowie in Äußerungen der Bundesregierung55 wird darauf verwiesen, dass hierdurch eine zwischen Deutschland und der EU-Kommission erzielte Einigung56 umgesetzt werden solle. Diese Verweise lassen darauf schließen, dass der Inhalt der Einigung von der Bundesregierung als Maßstab für die Ausgestaltung der Infrastrukturabgabe angesehen wird. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass auch das in der Einigung zum Ausdruck kommende Einverständnis der Kommission die Unionsrechtskonformität der Ausgestaltung einer nationalen Infrastrukturabgabe nicht präjudiziert, sondern lediglich die Rechtsauffassung der Kommission wiedergibt. Der Kommission obliegen zwar u.a. die Aufgaben, für die Anwendung der Verträge zu sorgen und die Anwendung des Unionsrechts zu überwachen (Art. 17 Abs. 1 S. 2 und 3 EUV). Die Zuständigkeit zur Sicherung der Wahrung des Rechts bei der Anwendung und Auslegung der Verträge liegt jedoch beim EuGH (Art. 19 Abs. 1 S. 2 EUV). Die Kommission ist nicht berechtigt, Garantien hinsichtlich der Vereinbarkeit eines bestimmten Verhaltens mit den Verträgen zu geben, und sie hat keinesfalls die Befugnis, 51 InfrAG-E, S. 3. 52 Vgl. beispielsweise die Mitteilung der EU-Kommission vom 14. Mai 2012 über die Erhebung nationaler Straßenbenutzungsgebühren auf leichte Privatfahrzeuge, KOM(2012) 199 endg., abrufbar unter: http://eur-lex.europa .eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:0199:FIN:DE:PDF. 53 Vgl. beispielsweise die Anfrage zur schriftlichen Beantwortung an die Kommission gem. Artikel 117 der Geschäftsordnung Michael Cramer (Verts/ALE) vom 8. Oktober 2013, abrufbar unter: http://www.europarl.europa .eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+WQ+P-2013-011520+0+DOC+XML+V0//DE. 54 EuGH, Rs. C-415/93 (Bosman), Rn. 136. 55 BMVI, Pressemitteilung vom 25. Januar 2017, 010/2017, abrufbar unter http://www.bmvi.de/Shared- Docs/DE/Pressemitteilungen/2017/010-dobrindt-infrastrukturabgabe.html. 56 Vgl. die Pressemitteilung der EU-Kommission vom 1. Dezember 2016, IP/16/4221, abrufbar unter http://europa .eu/rapid/press-release_IP-16-4221_de.htm. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 17 gegen den Vertrag verstoßende Verhaltensweisen zu genehmigen.57 Dementsprechend hat der Inhalt der zwischen der Bundesregierung und der Kommission erzielten Einigung weder Auswirkungen auf den Maßstab für die Prüfung der Unionsrechtskonformität der Infrastrukturabgabe und der diesbezüglichen Regelungen im KraftStG unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen einschließlich der geplanten Änderungen, noch indiziert oder präjudiziert er die Vereinbarkeit dieser Regelungen mit dem Unionsrecht. 4. Vereinbarkeit der Infrastrukturabgabe und der diesbezüglichen Regelungen im 2. Verkehr StÄndG unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen mit dem Unionsrecht Das Unionsrecht steht der Einführung einer Infrastrukturabgabe für Pkw sowie einer Änderung des KraftStG grundsätzlich nicht entgegen. Zwar liegt die Zuständigkeit für den konkreten Bereich der Verkehrspolitik sowie für die direkten Steuern und damit auch die Zuständigkeit für die Ausgestaltung der Kfz-Steuer bei den Mitgliedstaaten. Diese müssen ihre Zuständigkeiten aber unter Wahrung des Unionsrechts ausüben und dabei insbesondere die allgemeinen und besonderen Diskriminierungsverbote beachten.58 Bei der unionsrechtlichen Prüfung der Ausgestaltung der Infrastrukturabgabe in Verbindung mit den diesbezüglichen Regelungen im KraftStG (hierzu 4.1.) ist mit Blick auf die unterschiedlichen Kfz-Nutzungsarten zu differenzieren: Für die Nutzung eines Kfz im Rahmen anderer wirtschaftlicher Tätigkeiten sind die Grundfreiheiten sowie für sonstige, primär nichtwirtschaftliche Kfz-Nutzungen das allgemeine Diskriminierungsverbot gem. Art. 18 AEUV (hierzu 4.2.) einschlägig. Im Hinblick auf die Anwendung auf Verkehrsunternehmer wie beispielsweise Kurierdienste ist zusätzlich der Maßstab der sog. Stillhalteklausel des Art. 92 AEUV zu berücksichtigen (hierzu 4.3.). 4.1. Rechtliche Einordnung der Infrastrukturabgabe und des Steuerentlastungsbetrags 4.1.1. Infrastrukturabgabe Das InfrAG zielt ab auf die Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr in Form einer Infrastrukturabgabe . Bei Straßenbenutzungsgebühren ist zunächst begrifflich zwischen zeitabhängigen Gebühren (Vignette) und entfernungsabhängigen Gebühren (Maut) zu unterscheiden.59 Das InfrAG sieht eine zeitabhängige Zahlungspflicht und damit die Einführung eines Vignettensystems für die in §§ 1 und 2 InfrAG definierten Kfz vor. 57 EuGH, Rs. C-415/93 (Bosman), Rn. 136. 58 Vgl. EuGH, Rs. C-319/02 (Manninen), Rn. 19; EuGH, Rs. C-293/06 (Deutsche Shell), Rn. 30 ff.; EuGH, Rs. C- 337/08 (X Holding), Rn. 18 f.; EuGH, Rs C-282/12 (Itelcar), Rn. 26 sowie Hufeld, Steuerstaat als Staatsform in Europa, in: Depenheuer u.a. (Hrsg.), Staat im Wort: Festschrift für Josef Isensee, 2007, S. 857 (862). Für die Betroffenheit von Bürgern des Europäischen Wirtschaftsraumes (ABl. 1994 L 1/3 ff.) und von Staaten, mit denen die EU ein Assoziationsabkommen geschlossen hat, vgl. Vöneky/ Beylage-Haarmann, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union II, 44. EL 2011, Art. 217 AEUV, Rn. 73. 59 Vgl. Beck, Autobahnmaut und Europarecht, NZV 2014, S. 289, 289; Hering, Die Pkw-Maut in der Europäischen Union, SVR 2012, S. 329, 329 ff. sowie zum Begriff der Maut Art. 2 lit. b) und lit. c) RL 1999/62/EG. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 18 Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken.60 Das gilt entsprechend für Beiträge, die im Unterschied zu Gebühren schon für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Leistung erhoben werden.61 Durch Beiträge sollen die Personen, die aus einer öffentlichen Einrichtung einen besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, an den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beteiligt werden.62 Die Infrastrukturabgabe soll für die Nutzung der Bundesfernstraßen63 bzw. bei einer Nutzung durch nicht in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen nur für die Nutzung von Bundesautobahnen (§ 1 Abs. 2 InfrAG) entrichtet werden. Ungeachtet der Frage, ob die Infrastrukturabgabe abgabenrechtlich als Gebühr oder Beitrag zu qualifizieren ist, entspricht sie ihrem materiellen Gehalt nach jedenfalls einer nichtsteuerlichen Abgabe mit Gegenleistungscharakter im Sinne des Ausgleichs eines spezifischen Sondervorteils.64 4.1.2. Steuerentlastungsbetrag 4.1.2.1. Kfz-steuerliche Behandlung inländischer Fahrzeuge Gegenstand der Kfz-Steuerpflicht ist das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG). Ein Fahrzeug ist dann ein inländisches, wenn es unter die im Inland maßgebenden Vorschriften über das Zulassungsverfahren, d.h. die Regelungen der StVZO fällt (§ 2 Abs. 3 KraftStG). Steuerschuldner ist bei inländischen Fahrzeugen die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG). Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer sind in der Regel die Schadstoff- und Kohlendioxidemissionen bzw. die Kohlendioxidemissionen und der Hubraum des jeweiligen Fahrzeugs (§ 8 KraftStG), auf die ein spezifischer Steuersatz Anwendung findet (§ 9 KraftStG). Die Steuer wird, wenn der Zeitpunkt der 60 Vgl. BVerfGE 50, 217 (226); 92, 91 (115); 110, 370 (388); 132, 334 (349). 61 Vgl. BVerfGE 9, 291 (297 f.); 92, 91 (115);110, 370 (388); 113, 128 (148). Zur Definition der Infrastrukturabgabe als Gebühr im Sinne der Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG vgl. BMVI, Referentenentwurf InfrAG vom 30. Oktober 2014: „[…] weil sie als Zeitgebühr zur jederzeitigen Nutzung der Bundesfernstraßen während eines bestimmten Zeitraums unmittelbar berechtigt, insoweit also mit einem tatsächlich eingeräumten Vorteil korrespondiert, der im Recht zur Straßennutzung besteht. […] Die Abgabe knüpft summarisch an die tatsächliche Nutzung an.“ Danach könne offen bleiben, „inwieweit die Straßen vom einzelnen Abgabepflichtigen – je nach seinem privaten Entschluss – später wirklich befahren werden oder die tatsächliche Nutzung des ihm eingeräumten Rechts in seinem persönlichen Fall potenziell bleibt. Die Gebühr wird hierdurch noch nicht im abgaberechtlichen Sinn zu einem Beitrag. Selbst wenn man aber insoweit einen Beitrag unterstellen würde, hätte der Bund aufgrund seiner Annexkompetenz für den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr grundsätzlich auch die Gesetzgebungskompetenz für die Einführung eines Beitrages.“ 62 BVerfGE 14, 312 (317); 137, 1 (22). 63 Vgl. § 1 Abs. 1 Bundesfernstraßengesetz vom 6. August 1953 (BGBl. I S. 903), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Mai 2013 (BGBl. I S. 1388). 64 Vgl. BVerfGE 108, 1 (13); 108, 186 (212); 110, 370 (384); 113, 128 (145 f.); 124, 348 (364). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 19 Beendigung der Steuerpflicht nicht feststeht, unbefristet, in allen anderen Fällen für einen bestimmten Zeitraum oder tageweise festgesetzt (§ 13 KraftStG). Inländische Kfz sind in den Fällen der § 3 Nr. 1 bis 10 KraftStG wegen der besonderen Zweckbestimmung des Fahrzeugs sowie in den Fällen der §§ 3a bis 3d KraftStG wegen der besonderen Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs von der Steuer befreit; § 4 KraftStG begründet eine Erstattung der Steuer bei Beförderungen von Fahrzeugen mit der Eisenbahn. Sofern die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nicht (mehr) vorliegen, dauert die Kfz-Steuerpflicht bei einem inländischen Fahrzeug grundsätzlich solange, wie das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG). 4.1.2.2. Kfz-steuerliche Behandlung ausländischer Fahrzeuge Gegenstand der Kfz-Steuerpflicht ist zudem das Halten von ausländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen, solange die Fahrzeuge sich im Inland befinden und nicht ausschließlich im Sinne der RL 1999/62/EG für den Güterverkehr bestimmt und in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassen sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG). Ein Fahrzeug gilt als ausländisches Fahrzeug, wenn es im Zulassungsverfahren eines anderen Staates zugelassen ist (§ 2 Abs. 4 Kraft- StG). Steuerschuldner ist bei einem ausländischen Fahrzeug die Person, die das Fahrzeug im Inland nutzt (§ 7 Nr. 2 KraftStG). Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer sind wie bei inländischen Fahrzeugen in der Regel die Schadstoff- und Kohlendioxidemissionen bzw. die Kohlendioxidemissionen und der Hubraum des jeweiligen Fahrzeugs (§ 8 KraftStG), auf die ein spezifischer Steuersatz Anwendung findet (§ 9 Abs. 3 KraftStG). Die Steuer wird, wenn der Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht nicht feststeht, unbefristet, in allen anderen Fällen für einen bestimmten Zeitraum oder tageweise festgesetzt (§ 13 KraftStG).65 Ausländische Pkw und ihre Anhänger, die zum vorübergehenden Aufenthalt in das Inland gelangen , sind vorbehaltlich der Ausnahmen in § 3 Nr. 13 S. 2 KraftStG für die Dauer bis zu einem Jahr von der Kfz-Steuer befreit (§ 3 Nr. 13 S. 1 KraftStG). Sofern die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nicht (mehr) vorliegen, dauert die Kfz-Steuerpflicht bei einem ausländischen Fahrzeug grundsätzlich solange, wie sich das Fahrzeug im Inland befindet (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Kraft- StG). Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) kann die Erhebung der Steuer bei ausländischen Fahrzeugen zudem bis zu einem Jahr aussetzen, sobald mit dem Staat, in dem die Fahrzeuge zugelassen sind, Verhandlungen über ein Abkommen zum gegenseitigen Verzicht auf die Kfz-Steuer aufgenommen worden sind (§ 16 KraftStG). 4.1.2.3. Wirkung des Steuerentlastungsbetrags Die in Art. 1 Nr. 7 lit. b) 2. VerkehrStÄndG als Steuerentlastungsbetrag legaldefinierte und durch Art. 1 KraftStG-E zu ändernden Ermäßigung der Jahressteuer für inländische Kfz zur Vermeidung einer Doppelbelastung von in- und ausländischen Kfz-Haltern ist Teil der Bestimmungen zur Festlegung des Steuersatzes gemäß § 9 KraftStG. Der Steuerentlastungsbetrag lässt das Entstehen der Kfz-Steuerpflicht unberührt. Er führt jedoch dazu, dass sich die anfallende Steuerschuld im 65 Zur Besteuerung von ausländischen Fahrzeugen siehe auch §§ 10 bis 17 KraftStDV, zu den Steuersätzen § 9 Abs. 3 KraftStG , zur Entrichtung § 11 KraftStG. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 20 Rahmen der jeweiligen Kfz-Steuerpflicht im Falle des Bestehens einer Infrastrukturabgabenpflichtigkeit bei inländischen Kfz, die in den Anwendungsbereich der Infrastrukturabgabe fallen und nicht steuerbefreit sind, um einen in der Höhe der jeweils zu entrichtenden Infrastrukturabgabe entsprechenden Betrag ermäßigt; bei ausländischen Kfz, die der deutschen Kfz-Steuer unterliegen , wird der Höchstsatz der Infrastrukturabgabe mit einem entsprechenden Tagessatz in Höhe von 0,35 Euro als Steuerentlastungsbetrag bei der Anwendung der Steuersätze nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 und 2 KraftStG berücksichtigt, so dass auch in diesen Fällen eine finanzielle Doppelbelastung vermieden wird.66 Auf ausländische Kfz, die nicht der deutschen Kfz-Steuer unterliegen, kann der Steuerentlastungsbetrag mangels entsprechender Besteuerungsgrundlage keine Anwendung finden. Vor diesem Hintergrund sieht das KraftStG-E eine Erhöhung der Steuerentlastungsbeträge für Personenkraftwagen der Euro-6-Emissionsklasse mit besonders geminderten Schadstoffemissionen vor, um die ökologische Anreizwirkung zu verstärken.67 Insofern findet eine auch auf ökologische Erwägungen gestützte Entlastung statt, die über die reine Kompensation der Infrastrukturabgabe hinausgeht, indem die Höhe des Steuerentlastungsbetrags mit der Schadstoffemission des jeweiligen Kfz verbunden wird und so emissionsärmere Kfz in größerem Umfang entlastet werden . Im Übrigen lässt das KraftStG-E das vorstehende Konzept des Steuerentlastungsbetrags bei Bestehen einer Infrastrukturabgabenpflicht unverändert. 4.2. Vereinbarkeit mit den unionsrechtlichen Diskriminierungsverboten Vor dem Hintergrund der vorstehend dargestellten Ausgestaltung und Wirkungen der Infrastrukturabgabe und des im 2. VerkehrStÄndG vorgesehenen Steuerentlastungsbetrags, jeweils unter Berücksichtigung der geplanten Änderungen, stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen mit den Maßstäben der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote vereinbar sind. Ausgehend von den diesbezüglichen Maßstäben (hierzu 4.2.1.) erscheint bei der Untersuchung, ob eine diskriminierende Wirkung vorliegt, eine Differenzierung zwischen dem Gesamtkonzept von Infrastrukturabgabenpflicht und Steuerentlastungsbetrag einerseits (hierzu 4.2.2.) und der konkreten Ausgestaltung der Infrastrukturabgabe hinsichtlich der Abgabenhöhe andererseits (hierzu 4.2.3.) angezeigt. Sofern eine diskriminierende Wirkung festgestellt werden kann, ist auf eine mögliche Rechtfertigung einzugehen (hierzu 4.2.4.). 4.2.1. Unionsrechtliche Diskriminierungsverbote 4.2.1.1. Grundfreiheiten Die unionsrechtliche Zulässigkeit der Einführung einer Infrastrukturabgabe und eines hierauf bezogenen Kfz-Steuerentlastungsbetrags ist an den Maßstäben der europäischen Grundfreiheiten zu messen. Diese gewährleisten die grenzüberschreitende Mobilität von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital als maßgebliche Normen zur Verwirklichung des Binnenmarkts und mit 66 BT-Drs. 18/3991, S. 15. 67 KraftStG-E, S. 3 f. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 21 dem Ziel, einen grenzüberschreitenden Wettbewerb zu ermöglichen.68 Demnach sind Marktzugangsbeeinträchtigungen und sonstige Beschränkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten sowie unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit verboten, sofern die Beeinträchtigung bzw. die mittelbare Diskriminierung nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Die Anwendbarkeit der Grundfreiheiten setzt voraus, dass die grenzüberschreitende Infrastrukturnutzung im Zusammenhang mit einer unselbstständigen Tätigkeit, einer Dienstleistungserbringung oder einem Warentransport steht. Infrastrukturabgaben können den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten für Kfz-Fahrten im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr berühren und sowohl grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse (Art. 45 AEUV) wie auch grenzüberschreitende Dienstleistungen (Art. 56 AEUV) weniger attraktiv machen.69 Schließlich könnte die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV) beim Transport von Waren mit kleinen Nutzfahrzeugen unter 3,5 t Gesamtgewicht betroffen sein. 4.2.1.2. Allgemeines Diskriminierungsverbot, Art. 18 AEUV Für den Fall, dass die Nutzung eines Kfz nicht in den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten fällt, greift das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV aus Gründen der Staatsangehörigkeit .70 Art. 18 AEUV untersagt jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Neben der offenen Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit verbietet Art. 18 AEUV auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer, nicht unmittelbar auf die Staatsangehörigkeit abstellender Unterscheidungsmerkmale, die typischerweise nur Ausländer oder Inländer erfüllen und damit tatsächlich zum gleichen Ergebnis führen.71 Anwendbar ist das Diskriminierungsverbot nach Art. 18 AEUV nur im Anwendungsbereich der Verträge, d.h. insbesondere bei der Ausübung der durch Art. 20 und 21 AEUV geschützten Freiheit der Unionsbürger , sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen und aufzuhalten.72 Vor diesem Hintergrund fordert das allgemeine Diskriminierungsverbot gem. Art. 18 AEUV die grundsätzliche Gleichbehandlung von inländischen Haltern mit im EU-Ausland ansässigen Haltern sowohl hinsichtlich der Bemessung der Gebühren für die Nutzung deutscher Straßen, der 68 EuGH, Rs C-28/09 (Kommission/Österreich), Rn. 113; vgl. Müller-Graff, in: Dauses (Hrsg.), EU-Wirtschaftsrecht, 2013, A I, Rn. 128. 69 Zu den spezifischen Anforderungen im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit vgl. Müller-Graff, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 58 AEUV, Rn. 4; Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der EU, 60. EL, 2016, Art. 58 AEUV, Rn. 1 ff. 70 EuGH, Rs. C-85/96 (Martinez Sala), Rn. 62; EuGH, Rs. C-209/03 (Bidar), Rn. 31; EuGH, Rs. C-403/03 (Schempp), Rn. 15 ff.; EuGH, Rs. C-103/08 (Gottwald), Rn. 23 f. 71 EuGH, Rs. C-388/01 (Kommission/Italien). 72 EuGH, Rs C-103/08 (Gottwald), Rn. 23 ff.; EuGH, Rs C-382/08 (Neukirchinger), Rn. 32 ff.; EuGH, Rs. C-148/02 (Garcia Avello), Rn. 24; EuGH, Rs. C-209/03 (Bidar), Rn. 33; EuGH, Rs. C-158/07 (Förster), Rn. 37. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 22 Art und Weise der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren sowie der Verfolgung von Rechtsverstößen gegen Regelungen zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren. 4.2.1.3. Diskriminierungsverbot im Bereich des Steuerrechts Ergänzend ist anzumerken, dass – wie oben dargestellt73 – die Mitgliedstaaten für den hier relevanten Bereich des (Kfz-)Steuerrechts mangels entsprechender Harmonisierungsmaßnahmen jenseits der RL 1999/62/EG zuständig sind. Hierbei verlangt das Unionsrecht nicht, dass die Ausübung einer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat oder die Verlagerung der Tätigkeit dorthin als denjenigen, in dem bislang die Tätigkeit ausgeübt worden ist, hinsichtlich der Besteuerung neutral ist.74 Zwar können die Mitgliedstaaten – unionsrechtlich veranlasst75 oder im Rahmen von bi- und multilateralen Abkommen76 zur Beseitigung und Vermeidung einer Doppelbesteuerung – Vorgaben für die Aufteilung der Steuerhoheit in Bezug auf Kfz festlegen.77 Die Mitgliedstaaten sind aber nicht verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen, um namentlich Doppelbesteuerungen zu beseitigen.78 Bezogen auf die Kfz-Steuerpflichtigkeit bedeutet dies, dass beispielsweise eine Erhebung der Kfz- Steuer in zwei Mitgliedstaaten auch dann mit der Richtlinie 83/182/EWG vereinbar ist, wenn in beiden Staaten eine im Wesentlichen dauerhafte Nutzung festzustellen und somit die Doppelbelastung aus der doppelten Benutzung nationaler Straßennetze gerechtfertigt ist.79 Nachteile, die sich in Ermangelung einer Harmonisierung auf Unionsebene aus der parallelen Ausübung der Besteuerungsbefugnisse der verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben können, stellen keine Beschränkungen beispielsweise der Grundfreiheiten dar. Jedoch müssen die nationalen (Kfz-)Steuersysteme insgesamt diskriminierungsfrei ausgestaltet sein.80 73 Siehe oben 3.2. 74 Vgl. EuGH, Rs. C-365/02 (Lindfors), Rn. 34; EuGH, Rs. C-240/10 (Schulz-Delzers), Rn. 42. 75 Vgl. die Entscheidung des Rates vom 13. Mai 1965 über die Harmonisierung bestimmter Vorschriften, die den Wettbewerb im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr beeinflussen, 65/271/EWG, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31965D0271&rid=1; Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel, ABl. L 105/59, konsolidierte Fassung abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:01983L0182-20130701&qid=1418637682168&from=DE. 76 Für bilaterale Abkommen vgl. beispielsweise das Gesetz vom 17. Dezember 1970 zu dem Abkommen vom 3. November 1969 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die steuerliche Behandlung von Straßenfahrzeugen im internationalen Verkehr, BGBl. II 1970, 1318. Für multilaterale Abkommen vgl. das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 18. Mai 1956 über die Besteuerung von Straßenfahrzeugen zum privaten Gebrauch im internationalen Verkehr vom 19. Dezember 1960, BGBl. II, S. 2397. 77 EuGH, Rs. C-303/12 (Imfeld und Garcet), Rn. 41; EuGH, Rs. C-451/99 (Cura), Rn. 40. 78 Vgl. GA Kokott, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-302/12 (X), Rn. 48. 79 Vgl. GA Kokott, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-302/12 (X), Rn. 45 f. 80 EuGH, Rs. C-157/10 (Banco Bilbao Vizcaya Argentaria), Rn. 38. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 23 4.2.1.4. Zusammenfassung der Maßstäbe Die Prüfungsmaßstäbe des Diskriminierungsverbots im Rahmen der Grundfreiheiten und des allgemeinen Diskriminierungsverbots entsprechen einander im Wesentlichen, so dass die folgenden Ausführungen zum Vorliegen einer (mittelbaren) Diskriminierung auf einem einheitlichen Maßstab beruhen. Ausgehend vom Begriff der Diskriminierung als eine nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung 81 verbieten die Vorschriften über die Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern in der EU Diskriminierungen, die unmittelbar an die Staatsbürgerschaft anknüpfen.82 Darüber hinaus verbieten sie auch alle versteckten, verschleierten, mittelbaren und indirekten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen.83 Dies trifft insbesondere auf Maßnahmen zu, die unterschiedslos für Inländer und Ausländer gelten, sich in ihren typischen Regelungsfolgen jedoch hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirken.84 Zudem kann eine Diskriminierung darin bestehen, dass unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewandt werden oder dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird.85 Die Feststellung einer mittelbaren Diskriminierung setzt die Bewertung des Differenzierungskriteriums voraus und erfordert mithin eine Untersuchung, ob das Differenzierungskriterium eine inländerbevorzugende Wirkung entfaltet und sich damit die Unterschiedslosigkeit der staatlichen Maßnahme als nicht zutreffend erweist.86 4.2.2. Möglichkeit einer diskriminierenden Wirkung des Gesamtkonzepts Zunächst stellt sich die Frage, ob die vorgesehene Vermeidung einer Doppelbelastung von primär inländischen Kfz-Haltern dazu führt, dass sich die Infrastrukturabgabe und der Steuerentlastungsbetrag in unmittelbar oder mittelbar diskriminierender Weise auf ausländische Infrastrukturabgabenpflichtige auswirken. Da weder Infrastrukturabgabenpflicht noch Steuerentlastungsbetrag an die Staatsangehörigkeit anknüpfen, kommt eine unmittelbare Diskriminierung vorliegend nicht in Betracht. Dementsprechend beschränken sich die folgenden Ausführungen auf das Vor- 81 Vgl. Streinz, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 18, Rn. 44 ff. 82 Vgl. Streinz, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 18, Rn. 51 mwN. 83 EuGH, Rs. C-279/93 (Schumacker), Rn. 26; EuGH, Rs. C-29/95 (Pastoors und Trans-Cap), Rn. 16; EuGH, Rs. C-224/00 (Kommission/Italien), Rn. 15; EuGH, Rs. C-28/04 (Tod’s und Tod’s France), Rn. 19; EuGH, Rs. C- 73/08 (Bressol), Rn. 29. 84 EuGH, Rs. C-224/97 (Ciola), Rn. 14; EuGH, Rs. C-388/01 (Kommission/Italien), Rn. 14; vgl. von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der EU, 60. EL 2016, Art. 18, Rn. 13 ff. 85 EuGH, Rs. C-279/93 (Schumacker), Rn. 30; EuGH, Rs. C-391/97 (Gschwind), Rn. 21; EuGH, Rs. C-147/03 (Kommission /Österreich), Rn. 41 ff.; EuGH, Rs. C-385/12 (Hervis Sport- és Divatkereskedelmi Kft.), Rn. 30. 86 Streinz, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 18, Rn. 54; von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der EU, 60. EL 2016, Art. 18, Rn. 13 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 24 liegen einer mittelbaren Diskriminierung und mithin auf die Frage, ob die Ausgestaltung des Gesamtkonzepts der Infrastrukturabgabe einschließlich des Steuerentlastungsbetrags eine benachteiligende Ungleichbehandlung von vergleichbaren Sachverhalten darstellt. 4.2.2.1. Isolierte Betrachtung von InfrAG und KraftStG/2. VerkehrStÄndG Die Infrastrukturabgabenpflicht soll inländische und ausländische Kfz-Halter gleichermaßen und damit letztlich alle Autofahrer ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit betreffen. Sie knüpft gemäß § 1 Abs. 1 InfrAG nicht an die Kfz-Haltereigenschaft, sondern an die Nutzung der Bundesfernstraßen an. Für sich genommen ist die Infrastrukturabgabe somit nicht diskriminierend ausgestaltet , weil inländische und ausländische Nutzer von Bundesfernstraßen gemäß § 1 InfrAG gleichermaßen die Abgabe zu entrichten haben.87 Der im KraftStG vorgesehene, durch das KraftStG-E zu reformierende Steuerentlastungsbetrag in der Kfz-Steuer bezieht sich ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Fahrzeughalters auf das Bestehen einer Kfz-Steuerpflicht im Inland. Steuergegenstand ist das Halten eines inländischen oder ausländischen Fahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen im Inland (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KraftStG). Dabei knüpft der Begriff des Haltens bei inländischen Fahrzeugen an die straßenverkehrsrechtliche Zulassung des Fahrzeugs, bei ausländischen Fahrzeugen an die Nutzung des Fahrzeugs im Inland an (vgl. § 5 Abs. 1, § 7 Nr. 1 und 2 KraftStG). Die Kfz-Steuerpflicht im Inland und dementsprechend auch der Steuerentlastungsbetrag betreffen mit Blick auf die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 13 KraftStG regelmäßig nur inländische Kfz im Sinne von § 2 Abs. 3 KraftStG bzw. inländische Steuerschuldner gemäß § 7 Nr. 1 KraftStG. Für Halter von ausländischen Kfz findet der Steuerentlastungsbetrag nur insoweit Anwendung, wie sie im Inland Kfzsteuerpflichtig sind. Dies beruht auf dem Umstand, dass ausländische Fahrzeughalter, deren Fahrzeuge nur zum vorübergehenden Aufenthalt in das Inland gelangen, insbesondere wegen der Kfz-Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 13 KraftStG in der Regel nicht im Inland Kfz-steuerpflichtig sind. Sofern Halter von ausländischen Kfz jedoch im Inland Kfz-steuerpflichtig werden, wird ebenfalls ein – in der Höhe regelmäßig günstigerer – Steuerentlastungsbetrag gewährt.88 Vor diesem Hintergrund ist auch der im 2. VerkehrStÄndG sowie im KraftStG-E vorgesehene Steuerentlastungsbetrag für sich genommen nicht diskriminierend ausgestaltet. 4.2.2.2. Gesamtbetrachtung von InfrAG und KraftStG/2. VerkehrStÄndG Während sowohl die Infrastrukturabgabe als auch der Steuerentlastungsbetrag für sich genommen nicht diskriminierend ausgestaltet sind, kann sich eine andere Bewertung im Rahmen einer Gesamtschau ergeben, „da sich die gemeinsame Wirkung beider Maßnahmen von der Wirkung der einzelnen Maßnahme unterscheiden kann.“89 Die Gesamtbetrachtung erscheint mit Blick auf 87 Vgl. EuGH, Rs. C-464/02 (Kommission/Dänemark), Rn. 78; EuGH, verb. Rs. C-578/10 und C-580/10 (van Putten u.a.), Rn. 50; EuGH, Rs. C-114/11 (Notermans-Boddenberg), Rn. 27. Zur Ausgestaltung der Kurzzeitvignetten siehe unten 4.2.3. 88 Siehe oben 4.1.2.3. 89 GA Jacobs, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 25; vgl. auch EuGH, Rs. C- 385/12 (Hervis Sport- és Divatkereskedelmi Kft.), Rn. 34 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 25 den objektiven Regelungs- und Wirkungszusammenhang von Infrastrukturabgabe und Steuerentlastungsbetrag geboten. 4.2.2.2.1. Objektiver Sachzusammenhang von InfrAG und KraftStG/2. VerkehrStÄndG Die Regelungen der Infrastrukturabgabe sind zwar de iure nicht untrennbar mit der Kfz-Steuer verbunden. Die Kfz-Steuerpflichtigkeit und die Infrastrukturabgabenpflichtigkeit entstehen unabhängig voneinander. So befreit beispielsweise die Entrichtung der Kfz-Steuer nicht von der Pflicht zur Zahlung der Abgabe und umgekehrt. Jedoch ergibt sich eine Konnexität beider Maßnahmen im Rahmen eines objektiven Sachzusammenhangs aus ihrem Bezug zur Verkehrsinfrastruktur : Die Infrastrukturabgabe soll „in vollem Umfang zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur verwendet“ werden (§ 15 S. 3 InfrAG). Die Infrastrukturabgabe soll somit nicht zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben, sondern speziell zur Finanzierung des Straßenausbaus und damit für einen besonderen Finanzbedarf erhoben werden. Dementsprechend hat die Infrastrukturabgabe den Charakter einer Zweckabgabe für die Nutzung des öffentlichen Straßennetzes in Deutschland und entspricht somit einer Gebühr im Sinne einer nichtsteuerlichen Abgabe mit Gegenleistungscharakter zum Ausgleich eines spezifischen Sondervorteils.90 Ihr Belastungsgrund liegt in der Einbeziehung einer durch § 1 Abs. 1 InfrAG definierten Gruppe von Infrastrukturnutzern in die Finanzierung der möglichen Nutzung einer bestimmten Verkehrsinfrastruktur .91 Dabei ist die Erhebung der Abgabe insbesondere dann gerechtfertigt, wenn sie im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks geschieht, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht , wenn mit ihr nur eine homogene Gruppe belegt wird, die in einer spezifischen Beziehung (Sachnähe) zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck steht und der deshalb eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet werden kann und wenn das Abgabenaufkommen gruppennützig verwendet wird.92 Der Belastungsgrund der Kfz-Steuer als Aufwandsteuer knüpft an die Vermögensverwendung für das Halten eines Kfz an, in der die vermutete Leistungsfähigkeit des Kfz-Halters zum Ausdruck kommt.93 Belastungsgrund für eine typisierende Erfassung der finanziellen Leistungsfähigkeit ist demnach die Finanzierung eines Wirtschaftsgutes durch einen Aufwand.94 Steuerobjekt ist das Halten eines Kfz zum Verkehr auf öffentlichen Straßen (§§ 1, 2 KraftStG), unabhängig von dem 90 Vgl. BVerfGE 9, 291 (298); 110, 370 (384); 124, 348 (364); Birk/Eckhoff, in: Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 54 (57); Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V, 3. Aufl. 2007, § 119 Rn. 64. 91 Grewe, Nutzerfinanzierung öffentlicher Aufgaben, Die Verwaltung 2014, S. 467 (475); „Zuwendung von Vorteilsoptionen “. 92 BVerfG, Beschluss vom 5. März 2009, 2 BvR 1824/05, Rn. 24 mit Verweis auf BVerfGE 110, 370 (389); 113, 128 (150). 93 Vgl. BVerfGE 16, 64 (73); 65, 325 (345 ff.); 114, 316 (100 f.) sowie zur materiellen, steuersystematischen Klassifizierung der Kfz-Steuer Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR V, 3. Aufl. 2007, § 118 Rn. 237 ff.; Seer, in Tipke/Lang (Hrsg.), 22. Aufl. 2015, § 2 Rn. 48; Englisch, in: Tipke/Lang (Hrsg.), 22. Aufl. 2015, § 18 Rn. 85; Wernsmann, DStJG 35 (2012), 95 (101). 94 Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR V, 3. Aufl. 2007, § 118 Rn. 240; Englisch, in: Tipke/Lang (Hrsg.), 22. Aufl. 2015, § 18 Rn. 85. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 26 Ort der Kfz-Zulassung und der tatsächlichen Benutzung eines Fahrzeugs.95 Der Belastungsgrund erfordert keine unmittelbare Verknüpfung mit einer öffentlichen Leistung,96 jedoch begründet das Kfz-steuerpflichtige Halten eines Kfz die Erwartung einer Infrastruktur zur Nutzung des Kfz als ein auf Infrastruktur angewiesenes Wirtschaftsgut. Insofern stellt sich das Halten eines Kfz als „infrastrukturgeneigtes Innehaben“ einer steuerpflichtigen Aufwendung dar. Diesen Infrastrukturbezug verdeutlicht der Umstand, dass die Kfz-Steuer ursprünglich zur Finanzierung der Straßenunterhaltung und des Straßenbaus zweckgebunden und als „Luxusaufwandsteuer“ vom Äquivalenzgedanken bestimmt war97 – auch wenn sie mit der Beseitigung des Systems der Reichssteuerüberweisungen ihren Charakter als Zwecksteuer verloren hat.98 Sie wird nicht als Äquivalent für Kosten erhoben, die durch die Bereitstellung des Straßennetzes und der sonstigen Verkehrseinrichtungen entstehen. Vielmehr ist sie als Steuer im Sinne von § 3 AO99 eine Geldleistung, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt. Dass ihr mit der Neuregelung der Kraftfahrzeugsteuer 2009100 sowie mit der projektierten Änderung des KraftStG-E auch eine umweltpolitische Lenkungsaufgabe zukommt,101 lässt weder den fiskalischen Hauptzweck zu einem fiskalischen Nebenzweck (§ 3 Abs. 1 AO) werden, noch ändert er den Belastungsgrund der Kfz- Steuer als Aufwendungssteuer. Der vor diesem Hintergrund festzustellende, auf die Verkehrsinfrastruktur bezogene objektive Sachzusammenhang der Belastungsgründe102 von Infrastrukturabgabe und Kfz-Steuer wird bekräftigt durch ihre Verkoppelung in den Begründungen zu den Gesetzentwürfen für das InfrAG103 und für das 2. VerkehrStÄndG,104 wonach dem Steuerentlastungsbetrag eine Kompensationsfunktion zukommen soll, um im Inland Kfz-Steuerpflichtige Fahrzeughalter bei der Einführung 95 Vgl. Englisch, in Tipke/Lang (Hrsg.), 22. Aufl. 2015, § 18 Rn. 89. 96 BT-Drs. 2/480, S. 109; BFH, Urteil vom 19. Mai 2010, I R 65/09, BStBl. II 2010, S. 968. 97 Vgl. Englisch, in Tipke/Lang (Hrsg.), 22. Aufl. 2015, § 18 Rn. 85. 98 BT-Drs. 2/480, S. 73, vgl. hierzu Kraftfahrzeugsteuergesetz 1922, RGBl. I 1922 S. 396 und Kraftfahrzeugsteuergesetz 1935, RGBl. I 1935 S. 407. 99 Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002, BGBl. I 2002, S. 3866; 2003 I S. 61, zuletzt geändert durch Artikel 16 des Gesetzes vom 25. Juli 2014, BGBl. I 2014, S. 1266. 100 Gesetz zur Neuregelung der Kraftfahrzeugsteuer und Änderung anderer Gesetze, BGBl. I 2009, S. 1170, vgl. hierzu BT-Drs 16/11742. 101 Vgl. Englisch, in Tipke/Lang (Hrsg.), 22. Aufl. 2015, § 18 Rn. 86. 102 Zur Frage der Gleichartigkeit der Finanzierungsfunktion von Infrastrukturabgabe und Kfz-Steuer siehe unten 4.2.2.3.1. 103 BT-Drs. 18/3990, S. 18 f. 104 BT-Drs. 18/3991, S. 10. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 27 einer Infrastrukturabgabe nicht stärker zu belasten.105 Diese Konnexität wird bestätigt in dem Verweis im KraftStG-E auf das durch den Beginn der Abgabenerhebung nach dem InfrAG bedingte Inkrafttreten des 2. VerkehrStÄndG und die Funktion der Steuerentlastungsbeiträge bei der Kfz- Steuer, eine finanzielle Doppelbelastung zu vermeiden.106 Wird die Bemessung der konkreten Kfz-Steuerschuld um einen mit der Höhe der Infrastrukturabgabe korrespondierenden Steuerentlastungsbetrag ermäßigt, um so wirkungsgleich die Infrastrukturabgabe für im Inland Kfz-Steuerpflichtige mindestens zu kompensieren, steht die Einführung eines Steuerentlastungsbetrags in einem unmittelbaren zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit der Erhebung der Abgabe, so dass sie – rechtlich komplex – sowohl in ihrer ursprünglichen Fassung107 als auch in der Fassung der projektierten Änderungsgesetze objektiv im Sinne einer Maßnahmenkombination miteinander verkoppelt sind und wertungsmäßig als Einheit zu betrachten sind.108 Auch wenn die Belastungsentscheidung des InfrAG und die Entlastungsentscheidung im KraftStG in unterschiedlichen Gesetzen verankert werden, führt ihre Konnexität mithin dazu, dass beide Maßnahmen zusammen zu betrachten und zu bewerten sind. 4.2.2.2.2. Folgerungen für das Vorliegen einer Ungleichbehandlung Die Gesamtbetrachtung von InfrAG und KraftStG lässt erkennen, dass die Erhebung der Infrastrukturabgabe bei gleichzeitiger Anwendung eines Steuerentlastungsbetrags dazu führt, dass Inländer und Ausländer dem Grunde nach gleichermaßen109 der Infrastrukturabgabenpflicht unterliegen . Auch ist die Differenzierung für eine Steuerermäßigung anhand der Kfz-Steuerpflichtigkeit im Inland in formaler Hinsicht neutral. Diese gleichzeitige Entlastung der im Inland Kfz- Steuerpflichtigen bewirkt aber bei einer Gesamtbetrachtung von InfrAG und KraftStG im Ergebnis , dass die Infrastrukturabgabenpflicht effektiv nur ausländische Infrastrukturabgabenpflichtige belastet: Die deutsche Kfz-Steuerpflichtigkeit dürfte regelmäßig und im Schwerpunkt im Inland ansässige Kfz-Halter betreffen, da die die Besteuerung auslösende Zulassung eines Kraftfahrzeugs regelmäßig im Wohnsitzstaat des Halters erfolgt. Ausländische Infrastrukturnutzer sind hingegen regelmäßig im Ausland Kfz-steuerpflichtig bzw. im Inland aufgrund der unionsrechtlich oder bilateral veranlassten Steuerbefreiung nicht Kfz-steuerpflichtig. Im Gegensatz zu den im 105 Für einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Einführung einer Infrastrukturabgabe und einer gleichzeitigen Kfz-Steuerentlastung streitet auch eine Protokollerklärung zum Kabinettsbeschluss zu den Gesetzentwürfen , in der Presseberichten zufolge versichert wird, dass die Infrastrukturabgabe nicht dazu führen wird, dass sich die Belastungen für deutsche Autofahrer erhöhen werden, vgl. Süddeutsche Zeitung vom 17. Dezember 2014, S. 6; Der Tagesspiegel vom 17. Dezember 2014, S. 4. 106 KraftStG-E, S. 3. 107 Hillgruber, Rechtsgutachten vom 17. Oktober 2014 über die Vereinbarkeit der Einführung einer Infrastrukturabgabe für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen auf dem deutschen Bundesfernstraßennetz mit dem Recht der Europäischen Union, erstattet im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, abrufbar unter http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet /Strasse/infrastrukturabgabe-gutachten.pdf?__blob=publicationFile (im Folgenden: Hillgruber, Gutachten), S. 43. 108 Vgl. Boehme-Neßler, Pkw-Maut für EU-Ausländer?, NVwZ 2014, S. 97 (101). 109 Zu der Ausgestaltung der Höhe der Infrastrukturabgabenpflicht siehe unten 4.2.3. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 28 Inland Kfz-Steuerpflichtigen korrespondiert mit ihrer Infrastrukturabgabenpflicht keine Entlastungsmöglichkeit . Da somit durch die an die Kfz-Steuerpflichtigkeit im Inland anknüpfende Kompensation der Infrastrukturabgabe durch einen Steuerentlastungsbetrag im Regelfall nur Ausländer die Infrastrukturabgabe effektiv zu leisten haben, liegt die Annahme nahe, dass das Konzept einer kompensatorischen Vermeidung einer Doppelbelastung durch einen der Infrastrukturabgabe (mindestens) entsprechenden Steuerentlastungsbetrag im Rahmen der Kfz-Steuer eine Ungleichbehandlung bei der tatsächlichen Anlastung der Infrastrukturabgabe bewirkt. 4.2.2.3. Ungleichbehandlung in einer objektiv vergleichbaren Situation Fraglich ist, ob sich inländische und ausländische Infrastrukturnutzer angesichts des Charakters und des Zwecks110 der Infrastrukturabgabe und der Kfz-Steuerpflicht mit Blick auf die unterschiedliche Behandlung in einer objektiv vergleichbaren Situation befinden oder ob in Bezug auf die fragliche Steuer- bzw. Abgabenpflicht kein objektiver Unterschied zwischen den beiden Gruppen von Steuer- bzw. Abgabenpflichtigen besteht, der eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte.111 4.2.2.3.1. Saldierung Mit Blick auf die intendierte (partielle) Umstellung der Infrastrukturfinanzierung von einem steuer- auf ein nutzerbasiertes System könnte gegen das tatbestandliche Vorliegen einer objektiv vergleichbaren Situation und mithin gegen eine mittelbare Diskriminierung ausländischer Infrastrukturnutzer vorgebracht werden, dass insoweit keine objektiv vergleichbare Situation besteht, als inländische Infrastrukturnutzer im Gegensatz zu ausländischen insbesondere über die Kfz- Steuer bereits zur Finanzierung der Infrastruktur beitrügen,112 was bei der partiellen Systemumstellung zu berücksichtigen sei. Insoweit ist für eine mögliche Saldierbarkeit – im Unterschied zu der Frage nach Konnexität beider Maßnahmen für eine zulässige Gesamtbetrachtung – nicht auf den der jeweiligen Maßnahme zugrundeliegenden Belastungsgrund, sondern auf ihr fiskalisches Ziel, d.h. ihre jeweilige Finanzierungsfunktion abzustellen. Eine gegen die Grundfreiheiten oder das allgemeine Diskriminierungsverbot verstoßende nachteilige steuerliche Behandlung – hier die zwar nicht de iure, aber effektiv nur ausländische Infrastrukturnutzer betreffende Infrastrukturabgabe – kann grundsätzlich nicht mit anderen steuerlichen Vergünstigungen – hier die im Wesentlichen nur inländische Kfz-Halter betreffende Kfz- Steuerpflicht – gerechtfertigt werden.113 Dementsprechend lässt sich auch eine Belastung durch die Infrastrukturabgabe, die faktisch nur von ausländischen Infrastrukturnutzern zu entrichten 110 Vgl. EuGH, Rs. C-169/08 (Regione Sardegna), Rn. 35; EuGH, Rs. C-527/06 (Renneberg), Rn. 60. 111 EuGH, Rs. C-107/94 (Asscher), Rn. 42. 112 So die Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des InfrAG, BT-Drs. 18/3990, S. 18 f. sowie dementsprechend Hillgruber, Gutachten, S. 47 f. 113 EuGH, Rs. C-385/00 (de Groot), Rn. 97; EuGH, Rs. C-182/06 (Lakebrink), Rn. 24. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 29 ist, nicht gegen (vermeintliche) Steuervorteile aufrechnen, die sich für Gebietsfremde im Hinblick auf andere Steuerpflichten ergeben. Etwas anderes könnte jedoch dann gelten, wenn inländische Infrastrukturnutzer eine vergleichbare Steuer oder Abgabe mit der spezifischen Zielsetzung einer Infrastrukturfinanzierung (§ 15 InfrAG) entrichten müssten, so dass die wechselbezügliche Finanzierungsfunktion von Kfz-Steuern und Straßenbenutzungsgebühren erlaubt, die gezahlte Kfz-Steuer saldierend in die Belastungsberechnung einzubeziehen.114 Die Auffassung, wonach eine mittelbare Diskriminierung infolge einer zulässigen Saldierung von Kfz-Steuer und Infrastrukturabgabe bereits tatbestandlich ausgeschlossen sei, setzt voraus, dass die saldierten Positionen einander entsprechen. Dies wäre insbesondere bei einer Substituierbarkeit der Beträge infolge eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Kfz-Steuer und der Infrastrukturabgabe durch einander entsprechende Zweckbestimmungen der Fall. Insofern kommt es darauf an, ob die Infrastrukturabgabe und die den Steuerentlastungsbetrag ermöglichende Kfz-Steuer gleichartig sind und denselben Zielen dienen.115 Dabei ist die unionsrechtliche Qualifizierung einer Steuer, Abgabe oder Gebühr auch mit Blick auf den Gegenleistungscharakter für die Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung nach objektiven Merkmalen und unabhängig von ihrer Qualifizierung im nationalen Recht vorzunehmen .116 Vor diesem Hintergrund ist – entsprechend den oben genannten Finanzierungsfunktionen von Infrastrukturabgabe und Kfz-Steuer117 – festzustellen, dass die Infrastrukturabgabe unmittelbar und zweckgebunden der Infrastrukturfinanzierung diesen soll (§ 15 S. 3 InfrAG). Die Kfz-Steuer fließt entsprechend dem Non-Affektationsprinzip118 zweckungebunden in den allgemeinen Haushalt und kann damit allen Ausgabenzwecken dienen.119 Erst im Rahmen des allgemeinen Haushalts werden die für den Bau und Ausbau der Bundesfernstraßen erforderlichen Finanzmittel 114 Hillgruber, Gutachten, S. 48 f.; vgl. auch Hillgruber, Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung am 18. März 2015, Ausschuss-Drs. 18(15)193-A, S. 10 mit der Erwägung, dass Kfz-Steuer und Infrastrukturabgabe „funktional mit Blick auf die Finanzierung der Straßenverkehrsinfrastruktur wechselseitig substitutionsfähige Instrumente darstellen und deshalb eine Berücksichtigung der einzuführenden Strukturabgabe bei der Bemessung der Kfz- Steuer sachgerecht erscheint.“ 115 Vgl. EuGH, Rs. C-169/08 (Regione Sardegna), Rn. 38. 116 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-197/94 und C-252/94 (Bautiaa und Société française maritime), Rn. 39; EuGH, Rs. C- 294/99 (Athinaïki Zythopoiïa), Rn. 27. 117 Siehe oben 4.2.2.2.1. 118 Zum Begriff vgl. Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, 81. EL November 1997, Vorbem. zu Art. 104 a–115, Rn. 37 ff. 119 Vgl. § 7 S. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2398) sowie § 8 S. 1 Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), zuletzt geändert durch Artikel 8 Absatz 10 des Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2178). Vgl. dementsprechend bspw. BVerfG, Beschluss vom 26. August 1992, 2 BvR 478/92: „Eine Steuer ist ein Finanzierungsinstrument des Staates, aus dessen Aufkommen die Staatshaushalte allgemein - ohne jede Zweckbindung - ausgestattet werden [...] Durch die strikte Trennung von Steuererhebung und haushaltsrechtlicher Verwendungsentscheidung gewinnt der Staat rechtsstaatliche Distanz und Unabhängigkeit gegenüber dem ihn finanzierenden Steuerpflichtigen und ist deshalb allen Bürgern in gleicher Weise verantwortlich. Auf der Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 30 durch den Haushaltsgesetzgeber periodisch mit dem Haushaltsgesetz beschlossen.120 Mangels Zweckbindung besteht somit keine unmittelbare Verbindung zwischen dem Steueraufkommen aus der Kfz-Steuer und der Benutzung und Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur; inländische Kfz-Halter leisten lediglich mittelbar durch die Kfz-Steuer als Teil des Bundeshaushalts einen Beitrag zur Verkehrsinfrastrukturfinanzierung. Dementsprechend besteht kein unmittelbarer fiskalischer Zusammenhang zwischen den Erträgen der Kfz-Steuer und der Infrastrukturabgabe und sie stehen im Hinblick auf die Infrastrukturfinanzierung nicht in einem Substitutionsverhältnis zueinander. Demnach besteht zwar ein objektiver, verkehrsbezogener Sachzusammenhang zwischen den Belastungsentscheidungen bei der Kfz-Steuer und der Infrastrukturabgabe, jedoch können die fiskalischen Belastungen von Kfz-Steuer (und der hierauf bezogene Steuerentlastungsbetrag ) und Infrastrukturabgabe gemäß ihren fiskalischen Funktionen – zweckgebundene Abgabe einerseits, allgemeine Steuer andererseits – nicht miteinander verkoppelt werden. Vielmehr können Saldierungen von be- und entlastenden Entscheidungen einer konkreten Zweckabgabe regelmäßig nur innerhalb des Systems der konkreten Abgabe als „in sich geschlossenes System“ erfolgen , da sie ihrer Natur nach auf eine Gruppe sowie eine konkrete Position bezogen ist. Es widerspräche dem spezifischen Belastungscharakter einer Zweckabgabe, wenn sie „finanzierungssystemübergreifend “ zu einer mit ihr korrespondierenden Entlastung in der Gesamtheit führte und dementsprechend verrechnet werden könnte. Ergänzend ist anzumerken, dass im Rahmen einer Saldierung zu berücksichtigen wäre, dass auch Gebietsfremde insbesondere durch die Zahlung indirekter Steuern einen gewissen Beitrag zum allgemeinen Steueraufkommen im Inland leisten. Zudem nehmen jedenfalls inländische Kfz-Halter und Infrastrukturnutzer in weitaus größerem Ausmaß als ausländische Kfz-Halter und Infrastrukturnutzer die Infrastruktur im Inland in Anspruch und profitieren davon, dass der Staat mit der Verkehrsinfrastruktur eine wesentliche Rahmenbedingung für eine Umgebung des privaten Wirtschaftens bzw. den privaten wirtschaftlichen Erfolgs schafft und erhält.121 Übertragen auf den Sachverhalt einer grenzüberschreitenden Steuer- bzw. Abgabenpflicht könnte dies darauf schließen lassen, dass es im Hinblick auf das (finanzverfassungsrechtliche) Äquivalenzprinzip grundsätzlich gerechtfertigt sein kann, dass Gebietsansässige entsprechend stärker zum allgemeinen Grundlage dieser Trennung zwischen steuerlicher Staatsfinanzierung und haushaltsrechtlicher Verwendungsentscheidung ist für den einzelnen Steuerpflichtigen weder rechtserheblich noch ersichtlich, in welchen Haushalt seine Einkommensteuerzahlungen […] fließen und welchem konkreten Verwendungszweck sie innerhalb eines bestimmten Haushalts dienen.“ 120 Für die Finanzierung der Bundesfernstraßen (ohne Maut) vgl. bspw. BT-Drs. 18/2000, Anlage, Einzelplan 12, BMVI, S. 117 ff. sowie zuvor das Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014), BGBl. I S. 914, Anlage, Einzelplan 12, BMVI, S. 121 ff. Vgl. hierzu § 5 Abs. 1 Fernstraßenausbaugesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Januar 2005 (BGBl. I S. 201), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3354) i.V.m. Art. 3 Straßenbaufinanzierungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 912-3, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 468 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474). 121 Vgl. GA Kokott, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-169/08 (Regione Sardegna), Rn. 88. Vgl. hierzu Seiler, Steuerstaat und Binnenmarkt, in: Depenheuer u.a. (Hrsg.), Staat im Wort: Festschrift für Josef Isensee, 2007, S. 875 (878 ff.); Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR V, 3. Auflage 2007, § 118, Rn. 1 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 31 Steueraufkommen und damit auch zur Infrastrukturfinanzierung im Inland beitragen als Gebietsfremde .122 4.2.2.3.2. Auswirkung der Kfz-Steuerbefreiung für ausländische Kfz-Halter Eine objektiv unterschiedliche Situation zwischen inländischen und ausländischen Kfz-Haltern könnte daraus resultieren, dass sich inländische und ausländische Infrastrukturnutzer zwar im Hinblick auf das Entstehen der Infrastrukturabgabepflicht in einer objektiv vergleichbaren Situation befinden, ausländische Kfz-Halter jedoch regelmäßig von der Kfz-Steuer befreit sind und somit nicht von einem Steuerentlastungsbetrag profitieren können, solange und soweit die Befreiung besteht.123 Mit Blick auf Art. 3 Nr. 13 KraftStG ließe sich argumentieren, dass sich inländische und ausländische Kfz-Halter prima facie dann nicht in einer objektiv vergleichbaren Situation befinden, wenn das betreffende Kfz bereits im Ausland zugelassen ist, dort bereits das Halten besteuert wird und nur zum vorübergehenden Aufenthalt ins Inland gelangt, während das Halten von inländischen Kfz zum Verkehr auf öffentlichen Straßen regelmäßig auf Dauer angelegt ist. Vor diesem Hintergrund könnte die regelmäßige Kfz-Steuerbefreiung ausländischer Kfz-Halter im Verhältnis zu inländischen Fahrzeughaltern eine Begünstigung darstellen, die mit der Einführung einer Infrastrukturabgabe und einem korrespondierenden Steuerentlastungsbetrag im Rahmen der Kfz-Steuer lediglich effektiv verringert wird.124 Demnach könnte der (Teil-)Entzug des Vorteils keine (diskriminierende) Nachteilszufügung bedeuten, da die Anrechnung der Infrastrukturabgabe auf die Kfz-Steuer nicht dazu führe, dass ein im Inland Kfz-Steuerpflichtiger im Ergebnis besser stehe als ein von der deutschen Kfz-Steuer befreiter Halter eines im EU-Ausland zugelassenen Kfz.125 Demnach wäre nicht auf eine Veränderung des status quo mit stärkerer Belastung von Ausländern, sondern vielmehr auf eine Benachteiligung im Ergebnis abzustellen.126 Bei einer Saldierung der jeweiligen Steuer- bzw. Abgabenpflicht komme es letztlich weiterhin zu einer (partiellen) Besserstellung von EU-Ausländern, da diese lediglich durch die Infrastrukturabgabe , nicht aber (auch) durch die Kfz-Steuer belastet würden. Insofern führe eine auf das (Gesamt -)Ergebnis abstellende, wirkungsbezogene Gesamtbetrachtung der Belastungen von Infrastrukturabgabe und Kfz-Steuer typischerweise nicht zu einer Benachteiligung von EU-Ausländern .127 122 Zur äquivalenztheoretischen Aufteilung von Besteuerungsbefugnissen zwischen den Mitgliedstaaten vgl. EuGH, Rs. C-446/03 (Marks&Spencer), Rn. 45; EuGH, Rs. C-470/04 (N), Rn. 42 sowie Schön, Besteuerung im Binnenmarkt – die Rechtsprechung des EuGH zu den direkten Steuern, IStR 2004, S. 289 (291); Hufeld, Steuerstaat als Staatsform in Europa, in: Depenheuer u.a. (Hrsg.), Staat im Wort: Festschrift für Josef Isensee, 2007, S. 857 (864 ff.). 123 Hillgruber, Gutachten, S. 44. 124 Hillgruber, Gutachten, S. 44. 125 Hillgruber, Gutachten, S. 44 f. 126 Kainer/Ponterlitschek, ZRP 2013, S. 198 (200 f.); Hillgruber, DVBl. 2016, S. 73 (76). 127 Hillgruber, Gutachten, S. 46. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 32 Jedoch ist im Hinblick auf den Belastungsgrund der Kfz-Steuer und die Feststellung einer objektiv vergleichbaren Situation im Rahmen des KraftStG zu berücksichtigen, dass auch ausländische Kfz-Halter, die das deutsche Straßenverkehrsnetz nutzen und damit im Inland grundsätzlich Kfzsteuerpflichtig werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG), für ihr Fahrzeug eine entsprechende Zulassung von der zuständigen Stelle ihres Heimatmitgliedstaates bedürfen.128 An diese Zulassung ist regelmäßig eine Zulassungs- und Kfz-Steuerpflicht im Herkunftsmitgliedstaat geknüpft.129 Eine wirksame Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 13 KraftStG setzt voraus, dass eine entsprechende Steuerpflicht dem Grunde nach in einem anderen Mitgliedstaat besteht.130 Dementsprechend entfällt die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 13 S. 2 KraftStG, wenn die Fahrzeuge der entgeltlichen Beförderung von Personen oder Gütern dienen oder für diese Fahrzeuge ein regelmäßiger Standort im Inland begründet ist.131 Ein spezifisches Merkmal der Kfz-Steuerbefreiung von im EU-Ausland zugelassenen Kfz liegt dabei in der Verwirklichung der Ziele der Richtlinie 83/182/EWG, die Mobilität der Unionsbürger zu erleichtern und dabei zugleich sowohl eine Nullbesteuerung als auch eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.132 Hierzu zielt die Richtlinie auf eine Abgrenzung der potenziell konkurrierenden Besteuerungsbefugnisse der Mitgliedstaaten ab, indem maßgeblich auf die Bestimmung des „gewöhnlichen Wohnsitzes“133 des potenziell Steuerpflichtigen abgestellt wird. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Besteuerungsrechte im Hinblick auf vorübergehend 134 eingeführte Fahrzeuge dem Mitgliedstaat zugewiesen werden, auf dessen Gebiet sie im Wesentlichen dauerhaft benutzt werden sollen oder tatsächlich benutzt werden.135 Unter Berücksichtigung des Normzwecks und der Ziele der Richtlinie 83/182/EWG befinden sich die inländischen und ausländischen Kfz-Halter im Hinblick auf den Besitz einer erforderlichen Zulassung als Voraussetzung für das Halten eines Fahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen im Inland und damit hinsichtlich der grundsätzlichen Belastungsentscheidung der Kfz-Steuer in einer 128 Vgl. §§ 1, 2 Abs. 4 KraftStG, § 1 Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. November 2016 (BGBl. I S. 2722); § 20 Fahrzeug-Zulassungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 139), zuletzt geändert durch Artikel 21 Absatz 5 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1679). 129 Vgl. KOM(2012) 756 endg., S. 2 sowie hierzu SWD(2012) 429 endg., Anhang IV. 130 Vgl. Art. 1 Abs. 4 lit. a Richtlinie 83/182/EWG. Sofern eine solche gültige Zulassung nicht besteht, liegen auch die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gemäß §§ 2 Abs. 4, 3 Abs. 13 KraftStG nicht vor. 131 Vgl. hierzu BT-Drs. 18/3991, S. 13 f. 132 Art. 1 Abs. 4 lit. b) Richtlinie 83/182/EWG; vgl. Jatzke, Die Erhebung von Zulassungs- und Kraftfahrzeugsteuern in der Europäischen Union unter Berücksichtigung des neuen Kommissionsvorschlags zur Ersetzung der Richtlinien 83/182/EWG und 83/183/EWG, UVR 1998, S. 351 (354 ff.). 133 Art. 3 lit a), aa) und Art. 4 Abs. 1 lit. a) aa) Richtlinie 83/182/EWG, zum Begriff des gewöhnlichen Wohnsitzes vgl. EuGH, Rs. C-262/99 (Louloudakis), Rn. 55. 134 Für die – vorliegend mit Blick auf die zeitliche Grenze von einem Jahr gem. § 3 Nr. 13 KraftStG nicht zentrale – Steuerbefreiungen bei der endgültigen Verbringung persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat vgl. die Richtlinie 2009/55/EG des Rates vom 25. Mai 2009, ABl. L 145/36, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32009L0055&qid=1418654566508&from=DE. 135 EuGH, verb. Rs. C-578/10 und C-580/10 (van Putten u.a.), Rn. 46 f. m.w.N. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 33 objektiv vergleichbaren Situation. Zudem stellt sich vor diesem Hintergrund die Kfz-Steuerbefreiung von ausländischen Kfz-Haltern im Inland nicht primär als ein von Deutschland gewährter Steuervorteil dar, der durch die Einführung einer Infrastrukturabgabe und eines Steuerentlastungsbetrags effektiv verringert wird.136 Vielmehr dient die Steuerbefreiung der Abgrenzung der nationalen Steuerbefugnisse in der EU, um trotz einer nicht bestehenden Harmonisierung in dem Bereich eine Doppelbesteuerung von Marktteilnehmern bzw. Unionsbürgern zu vermeiden bzw. zu beseitigen. Im Hinblick auf die Ziele der Richtlinie 83/182/EWG liegt der durch § 3 Nr. 13 KraftStG gewährte „Vorteil“ mithin insbesondere in der Berücksichtigung der in einem anderen Mitgliedstaat bestehenden Belastung in Bezug auf die Zulassung bzw. das Halten eines Kfz. 4.2.2.3.3. Systemwechsel Mit Blick auf das – durch die projektierten Änderungen im InfrAG-E und KraftStG-E unveränderte – Regelungsziel des InfrAG und der diesbezüglichen Regelungen im 2. VerkehrStÄndG, eine (partielle) Umstellung von einem steuer- auf ein nutzerbasiertes Infrastrukturfinanzierungssystem zu erreichen, könnten bei der Feststellung einer objektiv vergleichbaren Situation die auf EU-Ebene getroffenen Wertungen zu berücksichtigen sein. Ein Wertungszusammenhang könnte sich auch daraus ergeben, dass die Kombination aus Kfz- Steuer und Straßenbenutzungsgebühr ein sekundärrechtlich anerkanntes zusammenhängendes Regelungssystem darstellt.137 Aus einer hieraus zu folgernden Korrelation zwischen der in der Infrastrukturabgabe liegenden Belastung und in der regelmäßig nur Haltern von im Inland zugelassenen Kfz zugutekommenden Entlastung bei der Kfz-Steuer ließe sich folgern, dass hinsichtlich der Belastung eine ungleiche Situation vorliegt und die Berücksichtigung der Abgabenlast im Rahmen der Steuerlast der unionsrechtskonformen Herstellung einer Gesamtbelastungsneutralität dient.138 Zur Begründung einer unionsrechtlichen Anerkennung einer solchen Kompensationsmöglichkeit wird insbesondere auf die Regelungen der RL 1999/62/EG und ihrer Reform durch die RL 2011/76/EU verwiesen.139 Danach gebe es zwar noch keine europaweit geltende Regelung von Straßenbenutzungsgebühren für Kfz bis 3,5 t, jedoch enthalte die RL 1999/62/EG in der durch die RL 2011/76/EU geänderten Fassung Maßstäbe für nationale Regelungen, die auch bei der Erhebung nationaler Straßenbenutzungsentgelte auf leichte Privat- oder Nutzfahrzeuge bis zu 3,5 t Anwendung finden können.140 Danach ziele das Unionsrecht gerade auf die Einführung eines wettbewerbsorientierten und nachhaltigen, auf dem Nutzerprinzip beruhenden Verkehrssystems mit der hierfür erforderlichen Umgestaltung der verkehrsbezogenen Entgelte und Steuern ab.141 Vor diesem Hintergrund sei die Einführung von Bemessungsfreigrenzen in § 9 KraftStG 136 So auch Mayer, Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung am 18. März 2015, Ausschuss-Drs. 18(15)193-F, Rn. 12. 137 Langeloh, DÖV 2014, S. 365 (371 f.). 138 So Hillgruber, DVBl. 2016, S. 73 (75 f.). 139 Zum Inhalt der Richtlinien siehe oben 3.1.1. 140 Vgl. Hillgruber, DVBl. 2016, S. 73 (77). 141 Hillgruber, DVBl. 2016, S. 73 (74 ff.). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 34 „eine notwendige Nebenfolge, die keine selbständige Beschwer der Halter von im EU-Ausland zugelassenen Kfz zu begründen vermag“142. Diese Befunde würden insbesondere belegt durch „die Festlegung gleicher Mindestsätze für Kraftfahrzeugsteuern im Sinne von Art. 3 der RL 1999/62/EG durch Art. 6 Abs. 1 der RL 1999/62/EG „ungeachtet der Strukturen der Steuern“, verbunden mit der Möglichkeit, dass Maut- oder Autobahnbenutzungsgebühren beibehalten oder eingeführt werden (Erwägungsgrund 12, Art. 7 der RL 1999/62/EG). Die Kfz-Steuer kann ferner durch eine „gleichartige“ Steuer ersetzt werden, wie Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 1999/62/EG feststellt .“143 Der Schluss von den sekundärrechtlichen Regelungen in der RL 1999/62/EG bzw. RL 2011/76/EU auf die Annahme einer sekundärrechtlichen Anerkennung einer Kompensationsmöglichkeit erscheint jedoch nicht zwingend: Der Anwendungsbereich der RL 1999/62/EG ist beschränkt auf die in Art. 2 lit. d) RL 1999/62/EG genannten Kfz und mithin auf Kfz über 3,5 t, die gerade nicht vom InfrAG erfasst werden. Im Hinblick auf Kfz bis 3,5 t sind die Kfz-steuerlichen Vorschriften hingegen auf europäischer Ebene (mit Ausnahme bestimmter Steuerbefreiungen) nicht harmonisiert . Trotz wiederholter Ansätze der Kommission konnten sich die Mitgliedstaaten im Rat gerade nicht auf harmonisierende Vorgaben für die Besteuerung von kleinen Fahrzeugen einigen144 – mit der Folge einer entsprechenden Uneinheitlichkeit der Infrastrukturfinanzierung in den Mitgliedstaaten .145 Der in den RL 1999/62/EG respektive RL 2011/76/EU zum Ausdruck kommende Wille des Unionsgesetzgebers bezog sich somit gerade nicht auf Kfz unter 3,5 t. Dies spricht dafür, dass eine schematische Übertragung der Regelungen der RL 1999/62/EG bzw. RL 2011/76/EU auf solche Kfz bis 3,5 t den unionsgesetzgeberischen Willen ohne Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte und somit unbegründet antizipierte. Zugleich engte eine solche Antizipation bzw. die Annahme einer anwendungsbereichsübergreifenden Vorwirkung entgegen dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung146 die mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten und die dementsprechenden Handlungsspielräume der nationalen Gesetzgeber ein. Dem steht auch nicht die Aussage im 9. Erwägungsgrund der RL 2011/76/EU entgegen, wonach diese Richtlinie die Mitgliedstaaten 142 Hillgruber, Gutachten, S. 47. 143 Hillgruber, Gutachten, S. 48. 144 Zu entsprechenden Harmonisierungsvorschlägen in den Bereichen der Kfz-Steuer und der Zulassungssteuern vgl. den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 10. Februar 1998 für eine Richtlinie des Rates zur steuerlichen Behandlung von privaten Kraftfahrzeugen, die im Zusammenhang mit einer Verlegung des Wohnsitzes auf Dauer in einen anderen Mitgliedstaat verbracht werden oder die vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Zulassung benutzt werden, KOM(1998), 30 endg, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:51998PC0030&qid=1418639037750&from=DE; Vorschlag der Europäischen Kommission vom 5. Juli 2005 für eine Richtlinie des Rates über die Besteuerung von Personenkraftwagen, KOM(2005) 261 endg., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52005PC0261&qid=1418639170915&from=DE; Vorschlag der Europäischen Kommission vom 4. April 2012 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinfachung der Verbringung von in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeugen innerhalb des Binnenmarkts , KOM(2012) 164 endg., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52012PC0164&qid=1418639338826&from=DE. 145 Vgl. SWD(2012) 429 endg. 146 Art. 5 Abs. 2 EUV; für den Bereich der geteilten Zuständigkeiten vgl. Art. 2 Abs. 2 S. 2 AEUV. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 35 nicht daran hindere, nationale Vorschriften für die Erhebung von Gebühren bei anderen Straßenbenutzern , die nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen, anzuwenden. Insofern wird lediglich der Umstand festgestellt, dass die sekundärrechtliche Regelung betreffend Kfz über 3,5 t nicht abschließend ist und die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten nicht beschränkt, in dem nicht von der Harmonisierung betroffenen Bereich eigenständige Regelungen zu erlassen. Dementsprechend sind die Mitgliedstaaten nur im Anwendungsbereich der RL 1999/62/EG verpflichtet, die unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie zu beachten. Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Bereich Kfz unter 3,5 t und angesichts der dementsprechenden Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer nationalen (Kfz-) Steuersysteme und zur Einführung alternativer Verkehrsinfrastrukturfinanzierungssysteme bewirken auch dementsprechende Stellungnahmen der Kommission147 keine unionsrechtliche Anerkennung einer kompensationsfähigen Wechselbeziehung von Kfz-Steuer und Straßenbenutzungsgebühren . Die in den Darstellungen der Kommission zum Ausdruck kommenden Zielsetzungen dienen der Steuerung des politischen Prozesses in der EU. Sie zeitigen jedoch weder rechtsverbindliche Wirkungen für Handlungen der Mitgliedstaaten,148 noch dispensieren sie diese von der Notwendigkeit, ein Infrastrukturfinanzierungssystem diskriminierungsfrei auszugestalten. 4.2.2.4. Zusammenfassung zur mittelbar diskriminierenden Wirkung des Gesamtkonzepts Die Einführung einer Infrastrukturabgabe für alle Nutzer von Bundesfernstraßen im Inland zusammen mit einem der Infrastrukturabgabe der Höhe nach entsprechenden Steuerentlastungsbetrag im Rahmen der Kfz-Steuer für im Inland Kfz-Steuerpflichtige bewirkt ein komplexes Zusammenspiel von verschiedenen Be- und Entlastungsentscheidungen mit divergierenden rechtlichen Prämissen. Dieses Infrastrukturfinanzierungssystem muss insbesondere das unionsrechtliche Verbot der mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit wahren.149 In diesem rechtlich komplexen Systemzusammenhang spricht die objektiv gebotene Gesamtbetrachtung der im InfrAG und im 2. VerkehrStÄndG geregelten Be- und Entlastungsentscheidungen dafür, dass die Kombination einer dem Grunde nach diskriminierungsfreien Infrastrukturabgabe mit der 147 Zu den diesbezüglichen Mitteilungen und Weißbüchern, in denen die Kommission das (europa-)politische Ziel einer Umstellung der Infrastrukturfinanzierung von einem steuer- auf ein gebührenfinanziertes System mit einer nutzer- und verursacherorientierten Belastung formuliert, siehe oben 3.1.2. 148 Siehe oben 3.1.2.2.; vgl. auch EuGH, Rs. C-526/14 (Kotnik u.a.), Rn. 35 ff.; Thomas, Die Bindungswirkung von Mitteilungen, Bekanntmachungen und Leitlinien der EG-Kommission, EuR 2009, 423 ff. 149 Zur Erhebung von Autobahngebühren in der Bundesrepublik Deutschland vgl. die Antwort des Parlamentarischen Staatsekretärs Börner beim Bundesminister für Verkehr auf die Forderung des bayerischen Wirtschaftsministers nach Erhebung von Autobahngebühren in der Bundesrepublik Deutschland, in: BT-Plenarprot. 5/192 vom 24. Oktober 1968, 10410 B: „[…] die Erhebung von Autobahngebühren in der Bundesrepublik Deutschland bedarf gemäß § 7 Bundesfernstraßengesetz einer gesetzlichen Regelung. Der Deutsche Bundestag hat im Jahre 1951 den § 6 des ehemaligen Reichsautobahngesetzes, der die Möglichkeit einer Festlegung von Autobahngebühren vorsah, durch Gesetz aufgehoben. Die Bundesregierung erhielt wie alljährlich auch in diesem Sommer, ausgelöst durch die Erfahrungen deutscher Urlauber im Ausland, eine Reihe von Schreiben, die die Einführung von Gebühren für Ausländer auf deutschen Autobahnen fordern. Auf Grund der Rechtslage nach Art. 7 des EWG-Vertrages und aus Gründen des unterschiedlichen Straßenbaufinanzierungssystems kann eine solche auf Ausländer beschränkte diskriminierende Gebührenerhebung nicht erfolgen.“ Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 36 gleichzeitigen Einführung eines kompensatorisch wirkenden Steuerentlastungsbetrags im Rahmen der Kfz-Steuer auch unter Berücksichtigung der projektierten Änderungen im InfrAG-E und KraftStG-E eine mittelbare Diskriminierung zulasten der nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Fahrzeughalter und Nutzer der deutscher Bundesfernstraßen aus anderen Mitgliedstaaten bewirkt.150 Indem die Infrastrukturabgabe „von Haltern von im Inland und Ausland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen gleichermaßen für die Nutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen zu entrichten ist“151, würden gebietsansässige und nicht gebietsansässige Halter zwar insoweit gleich behandelt, als beide Gruppen unterschiedslos zur Entrichtung der Infrastrukturabgabe verpflichtet blieben. Durch den wirkungsgleichen Steuerentlastungsbetrag würde die Abgabenlast für im Inland Kfz-Steuerpflichtige im Rahmen der Kfz-Steuer auch nach der projektierten Änderung durch das KfzStG kompensiert, um mindestens eine Gesamtbelastungsneutralität bei der geplanten Umstellung des Infrastrukturfinanzierungssystems zu gewährleisten. Im Gegensatz beispielsweise zur Einführung einer unterschiedslosen Infrastrukturabgabe bei gleichzeitiger pauschalen Senkung der Kfz-Steuersätze resultiert die Ungleichbehandlung aus der kompensatorischen Funktion des Steuerentlastungsbetrags mit der Folge, dass nur ausländische Infrastrukturabgabepflichtige von der effektiven Abgabenlast betroffen wären, ohne dass zugleich Infrastrukturabgabe und Kfz-Steuer wechselseitig substitutionsfähige Instrumente hinsichtlich ihrer fiskalischen Zwecke darstellen. Dementsprechend bewirkt das auf die unmittelbare Kompensation der Infrastrukturabgabenlasten für inländische Kfz-Steuerpflichtige abstellende System von InfrAG und 2. VerkehrStÄndG eine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der an sich gleichermaßen Infrastrukturabgabepflichtigen.152 Diese Ungleichbehandlung erfährt keine abweichende Bewertung im Hinblick auf die projektierten Änderungen durch das KraftStG-E, d.h. einen stärker an Schadstoffemissionsklassen ausgerichteten Steuerentlastungsbetrag und einer dementsprechend intendierten ökologischen Lenkungswirkung. Diese mittelbare Diskriminierung könnte zwar grundsätzlich dadurch relativiert werden, dass in Zukunft eine autonome Änderung der Belastungsentscheidungen im Rahmen des KraftStG oder des InfrAG getroffen wird. Diese Option wird durch den offenen Zusammenhang zwischen den be- und entlastenden Entscheidungen im KraftStG bzw. im InfrAG im Hinblick auf die Möglichkeit eröffnet, den Entlastungsbetrag im Rahmen der Kfz-Steuer unabhängig von der Belastungsentscheidung des InfrAG zu ändern. Diese potenzielle – politisch von Seiten der Koalition und der Bundesregierung explizit ausgeschlossene – tatsächliche Belastung inländischer Kfz-Halter 150 Im Hinblick auf die Behandlung der Kfz-Steuer auf betrieblich genutzte Fahrzeuge als Betriebssteuer und ihre ertragsteuerrechtliche Abziehbarkeit als Betriebsausgaben oder sonstigen Fällen, in denen der Aufwand der (grenzüberschreitenden) Einkommenserzielung dient, stellt sich zudem die – vorliegend außer Betracht bleibende – Frage nach den grundfreiheitlichen Implikationen, die daraus resultieren, dass die im 2. Verkehr- StÄndG vorgesehene Steuerentlastung bei einer im Übrigen wirtschaftlich vergleichbaren Situation nur auf inländische Steuerpflichtige Anwendung findet, vgl. EuGH, Rs. C-234/01 (Gerritse), Rn. 55; EuGH, Rs. C-290/04 (Scorpio), Rn. 44 ff.; EuGH, Rs. C-345/04 (Centro Equestre), Rn. 21 ff. 151 BT-Drs. 18/3990, S. 18. 152 Vgl. ergänzend EuGH, Rs. C-440/08 (Gielen), Rn. 44; EuGH, Rs. C-527/06 (Renneberg), Rn. 60; Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 25. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 37 auch durch die Infrastrukturabgabe lässt jedoch die aus der Verbindung der Be- und Entlastungsentscheidungen im 2. VerkehrStÄndG und im InfrAG resultierende mittelbare Diskriminierung von EU-ausländischen Infrastrukturnutzern nicht entfallen.153 4.2.3. Möglichkeit einer diskriminierenden Wirkung des Vignettenerwerbs Eine mittelbare Diskriminierung von ausländischen Kfz-Haltern, die der Infrastrukturabgabenpflicht unterfallen, könnte zudem aus den Vorgaben für den Vignettenerwerb und für die Höhe der Vignettenpreise resultieren. 4.2.3.1. Maßstäbe Im nationalen Recht folgt aus dem Gleichheitssatz für das Steuer- und Abgabenrecht der Grundsatz der Belastungsgleichheit.154 Mit Blick auf die Einordnung der Infrastrukturabgabe als Straßenbenutzungsgebühr erfordert das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip, dass kein Missverhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Straßennutzung bestehen darf.155 Eine Abgabenerhebung darf auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität Sachverhalte mit denselben abgabenrechtlichen Folgen typisieren und kann von übermäßigen Differenzierungsanforderungen absehen. Die Vorteile der Typisierung müssen jedoch im rechten Verhältnis zu der mit ihr verbundenen wirtschaftlich ungleichen Wirkung auf die Abgabepflichtigen stehen.156 Zwingende unionsrechtliche Vorgaben für eine konkrete Ausgestaltung eines Vignettensystems für Pkw bestehen nicht. Jedoch findet der Grundsatz der steuer- und abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit unionsrechtlichen Rückhalt im Diskriminierungsverbot und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.157 Dementsprechend müssen die Vignettenpreise zur Vermeidung von Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit insbesondere dergestalt verhältnismäßig gestaffelt ausgestaltet sein, dass die Abgabe ihrer Höhe nach proportional zur Dauer der abgabenentsprechenden Verwendung des Fahrzeugs in dem die Abgabe erhebenden Staat ist.158 153 Vgl. Mayer, Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung am 18. März 2015, Ausschuss-Drs. 18(15)193-F, Rn. 17 f. 154 Vgl. BVerfGE 117, 1 (30); 124, 235 (244); BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, Rn. 121. 155 Vgl. BVerfGE 50, 217 (226); 91, 207 (223); Langeloh, DÖV 2014, S. 365, 367. 156 Vgl. BVerfGE 99, 280 (290); 110, 274 (292); 116, 164 (182 f.); 120, 1 (30); 123, 1 (19); 127, 224 (246). 157 Vgl. EuGH, Rs. C-54/99 (Eglise scientologique), Rn. 18; EuGH, Rs. C-9/02 (de Lasteyrie du Saillant), Rn. 49. 158 Vgl. EuGH, Rs. C-451/99 (Cura Anlagen), Rn. 69; für Ausgestaltung von Maut- und Benutzungsgebühren im Kontext der RL 1999/62/EG bzw. der RL 93/89/EG vgl. EuGH, Rs. C-157/02 (Rieser Internationale Transporte), Rn. 51 ff.; EuGH, Rs. C-205/98 (Kommission/Österreich), Rn. 109; im Hinblick auf eine u.a. unverhältnismäßige Ausgestaltung von Maut-Gebühren hatte die Kommission Österreich am 26. September 2014 förmlich im 2015 eingestellten Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2013/2060 mit einer begründeten Stellungnahme aufgefordert, seine Mautregelung für die Nutzung der Felbertauern-Querung in den österreichischen Alpen zu ändern, um sie mit Artikel 18 AEUV in Einklang zu bringen. Nach Ansicht der Kommission stand die betreffende Regelung in Bezug auf Lastwagen außerdem im Widerspruch zu einigen Bestimmungen der RL 1999/62/EG. Nach der damaligen Mautregelung galten je nach Zulassungsort des Fahrzeugs unterschiedliche Tarife. Die Kommission war Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 38 Konkrete Anhaltspunkte zu einer verhältnismäßigen und diskriminierungsfreien Ausgestaltung der Vignettenpreise ergeben sich einerseits aus Art. 7a Abs. 1 RL 1999/62/EG.159 Danach müssen Benutzungsgebühren im Verhältnis zu der Dauer der Benutzung der betreffenden Verkehrswege stehen, wobei die in Anhang II der RL 1999/62/EG angegebenen Werte nicht überschritten werden dürfen, und sie müssen für einen Tag, eine Woche, einen Monat oder ein Jahr gültig sein. Der Monatstarif darf nicht mehr als 10 % des Jahrestarifs, der Wochentarif nicht mehr als 5 % des Jahrestarifs und der Tagestarif nicht mehr als 2 % des Jahrestarifs betragen. Im Rahmen der Ausgestaltung steht es den Mitgliedstaaten frei, auf die in ihrem Hoheitsgebiet zugelassenen Kraftfahrzeuge ausschließlich Jahresgebühren zu erheben. Andererseits ergeben sich Anhaltspunkte zu einer aus Sicht der Kommission verhältnismäßigen und diskriminierungsfreien Ausgestaltung der Vignettenpreise aus ihren diesbezüglichen Vorschlägen .160 Danach kann dies dadurch erfolgen, dass ein Vignettensystem mindestens drei Arten (wöchentliche, monatliche und jährliche Vignetten) umfasst.161 Auch wenn ein gewisser Unterschied zwischen den durchschnittlichen Tagespreisen für Langzeit- und Kurzzeitvignetten nach Ansicht der Kommission gerechtfertigt ist,162 sollte der durchschnittliche Preis pro Tag (Tagesäquivalent ) der Vignette mit der kürzesten Gültigkeitsdauer nicht außer Verhältnis zum durchschnittlichen Preis pro Tag bezogen auf die Vignette mit der längsten Gültigkeitsdauer (d.h. also der Jahresvignette) stehen, da andernfalls Ausländer, die typischerweise nur kurzzeitig das deutsche Straßennetz nutzen, in ungerechtfertigter Weise benachteiligt würden.163 Danach sei es beispielsweise noch verhältnismäßig, wenn der durchschnittliche Tagespreis für einen ausländider Auffassung, dass bei Privatfahrzeugen unverhältnismäßig stark differenziert wurde. Bei gewerblich genutzten Fahrzeugen führte die Differenzierung außerdem zu einer Wettbewerbsverzerrung. Vgl. hierzu die Pressemitteilung der Kommission vom 25. September 2014, abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-release _MEMO-14-537_de.pdf; Nationalrat der Republik Österreich, 1641/AB vom 12. August 2014 zu 1726/J (XXV.GP). abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_01641/imfname_361306.pdf sowie Europäisches Parlament, Petitionsausschuss, Mitteilung an die Mitglieder vom 30. April 2014, PE483.601v03-00, abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/meetdocs /2014_2019/documents/peti/cm/1029/1029355/1029355de.pdf. 159 Vgl. auch Erwägungsgrund 13 und Art. 1 Nr. 2 Richtlinie 2011/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. L 269 vom 14.10.2011, S. 1, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32011L0076&from=DE. 160 Siehe oben 3.1.2.1. 161 KOM(2012) 199 endg, S. 6; zur Einführung einer Pkw-Vignette für Österreich ab 1. Januar 1997 vgl. die Stellungnahme der Kommission, SEC(96)1996. 162 KOM(2012) 199 endg, S. 7. 163 KOM (2012) 199 endg., S. 6 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 39 schen Kfz-Halter nicht um mehr als das 8,2fache von dem Tagespreis einer Jahresvignette für Inländer abweicht, wobei die Kommission stets von Vignettensystemen mit Fixpreisen für alle Vignetten ausgeht.164 4.2.3.2. Ausgestaltung der Vignettenpreise Die Infrastrukturabgabe muss von allen Haltern von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen grundsätzlich jeweils für ein Jahr an das KBA entrichtet werden. Die Kosten für eine Jahresvignette bestimmen sich nach dem Hubraum und den Umwelteigenschaften des Pkw bzw. bei Wohnmobilen nach dem Gewicht. Halter von nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen können zwischen Zehntagesvignetten, Zweimonatsvignetten oder Jahresvignetten wählen, deren Preis sich – ebenso wie bei inländischen Kfz – nach den spezifischen Fahrzeugeigenschaften bemisst . Die im InfrAG-E vorgesehene Änderung der Preise in Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Anlage zu § 8 InfrAG führt zu einer kostenseitigen Belastung der betroffenen Fahrzeughalter, „entlastet aus EU- Rechtsgründen kleinere, umweltschonende Fahrzeuge und führt – auch zur Stärkung der ökologischen Lenkungswirkung – zu einer höheren Belastung von Fahrzeugen mit besonders hohem Schadstoffausstoß.“165 Dabei soll die besonders günstige Infrastrukturabgabe für abgabepflichtige Fahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 sowie die Differenzierung der Vignettenpreise nach der Schadstoffintensität der Fahrzeuge einen Anreiz bieten, möglichst emissionsarme Pkw einzusetzen .166 Vor diesem Hintergrund sieht das InfrAG-E vor, dass die Infrastrukturabgabe für die Zehntagesvignette zwischen EUR 2,50 und EUR 25 (bisher: zwischen EUR 5 und EUR 15), für die Zweimonatsvignette zwischen EUR 7 und EUR 50 (bisher: zwischen EUR 16 und EUR 30) und eine Jahresvignette zwischen EUR 0 bis EUR 130 (bisher: zwischen EUR 0 und EUR 130) betragen soll. Zudem sind für die Zehntagesvignette und die Zweimonatsvignette im InfrAG-E jeweils sechs Stufen (bisher: drei Stufen) vorgesehen. Zur Anpassung der Preisstruktur wird im InfrAG-E ausgeführt : „Mit der Anpassung der Preise liegt der Tagespreisfaktor (d.h. das Verhältnis des Tagespreises der Zehntagesvignette zu dem rechnerischen Tagespreis der Jahresvignette) bei maximal 7,3 und liegt damit unter den im begründeten Mahnschreiben der EU-Kommission exemplarisch gerügten Fällen. Für die Zweimonatsvignette wurden die Preise analog angepasst.“167 Keine Änderungen ergeben sich im Hinblick auf den Modus des Vignettenerwerbs. Dieser soll weiterhin im Internet oder an Einbuchungsstellen, z. B. an Tankstellen, möglich sein.168 164 Kommission, Pressemitteilung vom 14. Mai 2012, IP/12/471, S. 2, abrufbar unter http://europa.eu/rapid/pressrelease _IP-12-471_de.htm. 165 InfrAG-E, S. 3. 166 InfrAG-E, S. 4. 167 InfrAG-E, S. 5. 168 Vgl. BT-Drs. 18/4455, S. 32 f.; BT-Drs. 18/3990, S. 30. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 40 4.2.3.3. Folgerungen Die Höhe der jährlich zu entrichtenden Infrastrukturabgabe soll sich bei inländischen und ausländischen Kfz-Haltern gleichermaßen nach dem Hubraum und nach den Umwelteigenschaften des Pkw richten. Vor diesem Hintergrund bleibt die Frage, ob auch die Preisstaffelung der Kurzzeitvignetten gleichheitsgerecht bzw. insoweit diskriminierungsfrei ausgestaltet ist, da die Kurzzeitvignetten wegen der Vignettenpflicht für Halter von in Deutschland zugelassenen Kfz regelmäßig nur ausländische Kfz-Halter betreffen kann. Ergänzend ist hierbei anzumerken, dass allein eine in der Staffelung der Vignettenpreise liegende Verwaltungsvereinfachung und die Senkung der Verwaltungskosten eine Diskriminierung nicht rechtfertigen kann.169 Die im InfrAG-E vorgesehene sechsteilige Staffelung entspricht den oben genannten Anhaltspunkten für eine verhältnismäßige und diskriminierungsfreie Ausgestaltung der Vignettenpreise. Zudem ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erhebung von Straßengebühren kostendeckend erfolgen muss und insofern die höheren Fixkosten bei Kurzzeitvignetten berücksichtigt werden müssen, nicht ersichtlich, dass die vorgesehene ausdifferenzierte Preisstaffelung der Kurzzeitvignetten gegenüber den ebenfalls ökologisch gestaffelten Preisen für Jahresvignetten evident unverhältnismäßig ist.170 Insofern ergeben sich aus hiesiger Sicht keine unionsrechtlichen Bedenken gegen die durch das InfrAG-E neu auszugestaltenden Kosten für die Kurzzeitvignetten. 4.2.4. Rechtfertigung Gemäß den vorstehenden Darstellungen ist die Infrastrukturabgabe in ihrer durch das InfrAG-E zu reformierenden Fassung isoliert betrachtet mit dem Unionsrecht vereinbar. Dies betrifft auch die projektierte Ausgestaltung der Preise für Kurzzeitvignetten. In einer Gesamtbetrachtung des InfrAG und der diesbezüglichen Regelungen des 2. VerkehrStÄndG unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen im InfrAG-E und KraftStG-E bewirkt die Infrastrukturabgabe zusammen mit dem kompensatorisch wirkenden Steuerentlastungsbetrag im Rahmen der Kfz- Steuer zur Vermeidung einer Doppelbelastung von im Inland Kfz-Steuerpflichtigen dem Grunde nach eine mittelbare Diskriminierung. Diese könnte jedoch mit dem Unionsrecht vereinbar sein, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses objektiv gerechtfertigt ist und sich 169 Vgl. EuGH, Rs. C-279/93 (Schumacker), Rn. 43 ff.; EuGH, Rs. 87/99 (Zurstrassen), Rn. 24 f.; EuGH, Rs. C-514/12 (Salzburger Landeskliniken), Rn. 43. 170 Vgl. eingehend hierzu Hillgruber, Gutachten, S. 62 ff. m.w.N. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 41 als verhältnismäßig erweist.171 Dies setzt voraus, dass mit der Maßnahmenkombination ein objektiver , zwingender Grund des Allgemeininteresses verfolgt wird und sie in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimer Weise verfolgten Zweck steht.172 4.2.4.1. Rechtfertigung durch den Schutz der Kohärenz des nationalen Steuersystems Die mittelbare Diskriminierung, die aus der Kompensation der Infrastrukturabgabe durch einen Steuerentlastungsbetrag im Rahmen der Kfz-Steuer folgt, könnte durch den für den Bereich des Steuerrechts durch den EuGH anerkannten Rechtfertigungsgrund des Schutzes der Kohärenz des Steuersystems als zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein – sofern sich die für das Steuerrecht entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen lassen . 4.2.4.1.1. Die Grundsätze von Kohärenz und Lastenausgleich als Rechtsfertigungsgrund Der Rechtfertigungsgrund der Kohärenz zielt im Grundsatz auf die Bewahrung von Lastengleichheit und Systemgerechtigkeit in den nationalen Regelungssystemen ab.173 Dies umfasst den Rechtfertigungsgedanken des Lastenausgleichs im Sinne einer finanziellen Privilegierung von Personen zum Ausgleich von korrespondierenden steuerlichen Belastungen, um die Kohärenz des Steuersystems aufrechterhalten zu können.174 Dementsprechend rechtfertigt die Kohärenz des Steuersystems die Versagung von bestimmten Steuervorteilen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten , wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Belastung und der lastenausgleichenden Bevorteilung besteht.175 Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang liegt insbesondere 171 Zur Rechtfertigungsfähigkeit einer mittelbaren Diskriminierung vgl. von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der EU, 60. EL 2016, Art. 18 AEUV, Rn. 20 ff.; Streinz, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 18 AEUv, Rn. 57 ff. 172 St. Rspr., vgl. EuGH, verb. Rs. C-60/84 und 61/84 (Cinéthéque), Rn. 19 ff.; EuGH, Rs. C-55/94 (Gebhard), Rn. 37; EuGH, Rs. C-224/98 (D’Hoop), Rn. 36; EuGH, Rs. C-388/01 (Kommission/Italien), Rn. 26; EuGH, Rs. C-431/01 (Mertens), Rn. 32 ff.; EuGH, Rs. C-148/02 (Garcia Avello), Rn. 31; EuGH, Rs. C-319/02 (Manninen), Rn. 28 f.; EuGH, Rs. C-209/03 (Bidar), Rn. 54; EuGH, Rs. C-265/04 (Bouanich), Rn. 26 ff.; EuGH, Rs. C-174/08 (NCC Construction Danmark), Rn. 44; EuGH, Rs. C-25/10 (Missionswerk), Rn. 29; EuGH, verb. Rs. C-338/11-C-347/11 (Santander Asset Management), Rn. 23 ff. 173 EuGH, Rs. C-204/90 (Bachmann), Rn. 21; EuGH, Rs. C-80/94 (Wielockx), Rn. 24; Rn. 56; EuGH, Rs. C-35/98 (Verkooijen ), Rn. 57; EuGH, Rs. C-157/07 (Krankenheim Ruhesitz am Wannsee), Rn. 42, vgl. Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, S. 980. 174 EuGH, Rs. C-107/94 (Asscher), Rn. 58; EuGH, Rs. C-264/96 (ICI), Rn. 29; EuGH, Rs. C-55/98 (Vestergaard), Rn. 24; EuGH, Rs. C-388/01 (Kommission/Italien), Rn. 23 ff. 175 EuGH, Rs. C-204/90 (Bachmann), Rn. 17 ff.; EuGH, Rs. C-300/90 (Kommission/Belgien), Rn. 10 ff.; EuGH, Rs. C- 107/94 (Asscher), Rn. 56; EuGH, Rs. C-251/98 (Baars), Rn. 37; EuGH, Rs. C-315/02 (Lenz), Rn. 36; EuGH, Rs. C- 157/07 (Krankenheim Ruhesitz am Wannsee), Rn. 42; EuGH, Rs. C-418/07 (Papillon), Rn. 51; Vgl. Sedemund, Die Bedeutung des Prinzips der steuerlichen Kohärenz als Rechtfertigungsaspekt für Eingriffe in die Grundfreiheiten des EG-Vertrages, IStR 2001, 190 (192); vgl. auch Kokott/Ost, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, EuZW 2011, S. 496 (500 ff.). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 42 dann vor, wenn zwischen der be- und entlastenden Regelung eine strenge Wechselbeziehung besteht und die Wirkungen ein und denselben Steuerpflichtigen treffen.176 Der aus der Sicht eines Steuerpflichtigen bestehende Vor- und Nachteil sowie die Kompensation des Nachteils müssen innerhalb derselben Steuerart erfolgen.177 4.2.4.1.2. Kohärenz zwischen Kfz-Steuer und Infrastrukturabgabe Vor diesem Hintergrund müsste eine Infrastrukturabgabe, die faktisch nur ausländische Kfz-Halter betrifft, dem Ausgleich einer von in- und ausländischen Kfz-Haltern getragenen Straßenfinanzierungslast dienen. Das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Kombination von verschiedenen Arten der Infrastrukturfinanzierung in einer Gesamtbetrachtung als zusammenhängendes Regelungssystem angesehen würde.178 Aus Gründen der Kohärenz könnte die Privilegierung der inländischen Kfz-Halter hinsichtlich der Infrastrukturabgabe jedoch nur gerechtfertigt werden, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem mit der Abgabe verfolgten Finanzierungszweck und der Zahlung der inländischen Kfz-Steuer bestünde.179 Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn inländische Kfz-Halter bereits mit ihrer Kfz-Steuer einen ausgleichbaren Beitrag für die Infrastrukturfinanzierung leisteten und damit die besondere Belastung der ausländischen Kfz-Halter mit einer von inländischen Kfz-Haltern zu tragenden, spezifisch auf die Straßennutzung bezogene Last korrespondierte. Die geplante Infrastrukturabgabe entspricht einer Gebühr im Sinne einer nichtsteuerlichen Abgabe mit Gegenleistungscharakter zum Ausgleich eines spezifischen Sondervorteils.180 Die Infrastrukturabgabe soll nicht zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben, sondern speziell zur Finanzierung des Straßenausbaus, also für einen besonderen Finanzbedarf erhoben werden.181 Dementsprechend zielt die geplante Infrastrukturabgabe auf eine Infrastrukturteilfinanzierung durch die Nutzer ab. Die Einnahmen aus dem Vignettenverkauf müssen entsprechend allgemeinen Gebührengrundsätzen der Infrastrukturerhaltung zugutekommen. Die Kompensation der Belastungen für inländische Kfz-Halter soll hingegen durch einen Steuerentlastungsbetrag im Rahmen der Kfz-Steuer erfolgen. Steuern sind öffentliche Abgaben, die als Gemeinlast ohne individuelle Gegenleistung („voraussetzungslos“) zur Deckung des allgemeinen 176 EuGH, Rs. C-80/94 (Wielockx), Rn. 24; EuGH, Rs. C-35/98 (Verkooijen), Rn. 57. 177 EuGH, Rs. C-315/02 (Lenz), Rn. 36; EuGH, Rs. C-80/94 (Wielockx), Rn. 25; EuGH, Rs. C-242/03 (Weidert/Paulus ), Rn. 25; Schlussanträge GA Kokott zu EuGH, Rs. C-319/02 (Manninen), Rn. 49 ff.; vgl. Englisch, Fiscal Cohesion in the Taxation of Cross-Border Dividends, ET 2004, 355 (356 ff.). 178 Vgl. hierzu KOM(2012) 199 endg., S. 4. sowie EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 23. 179 Vgl. EuGH, Rs. C-303/07 (Fininvest Alpha), Rn. 71 f. 180 Siehe oben 4.2.2.3.3. 181 Vgl. BVerfGE 110, 370 (384); 124, 348 (364); Birk/Eckhoff, in: Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 54 (57); Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V, 3. Aufl. 2007, § 119, Rn. 64. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 43 Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden.182 Das jährliche Aufkommen der Kfz-Steuer fällt gem. Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG in die Ertragshoheit des Bundes, fließt dem Haushalt zweckungebunden zu und trägt damit nicht zwangsläufig zur Finanzierung der Infrastruktur bei.183 Im Bundeshaushalt besteht keine haushaltsgesetzliche Verbindung zwischen den Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer und den Ausgaben für die Straßeninfrastruktur, sodass zwischen beiden Posten kein unmittelbarer Zusammenhang angenommen werden kann. Dem entspricht die gegenwärtige Steuerbemessung, welche keinen Bezug zur Straßenbenutzung durch das Fahrzeuggewicht aufweist, sondern die Steuer nach den Umweltauswirkungen des Fahrzeugbetriebes in Form der Hubraumgröße und des Kohlendioxidausstoßes bemisst.184 Zudem berechtigt nicht erst die Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer, sondern die Zulassung des Kraftfahrzeugs zur Fahrzeug- und Straßenbenutzung.185 4.2.4.1.3. Ergebnis In der Gesamtschau lässt sich somit keine strenge Wechselbeziehung zwischen beiden Finanzierungsarten im Sinne steuerlicher Kohärenz feststellen. Die Erträge der Infrastrukturabgabe flössen zweckgebunden in die Finanzierung der Infrastruktur, während es bei der Kfz-Steuer de lege lata an einer solchen Zweckbindung fehlt und es sich mithin um rechtlich zweckungebundene Einnahmen handelt.186 Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Kfz-Steuer und der Infrastrukturfinanzierung ließe sich beispielsweise dann annehmen, wenn der Gesetzgeber das Kfz-Steueraufkommen mit einer derartigen Zweckbindung versehen oder eine Kfz-Sonderabgabe einführte. In einem solchen Regelungssystem der staatlichen Infrastrukturfinanzierung könnten inländische Kfz-Halter von der Infrastrukturabgabe befreit werden, da sie schon mit der zweckgebundenen Kfz-Steuer oder entsprechenden Sonderabgaben an der Infrastrukturfinanzierung beteiligt wären, sodass auch im Hinblick auf die Kohärenz ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der gebührenfreien Autobahnbenutzung und der zweckgebundenen Kfz-Steuer bestünde.187 Ohne das Bestehen einer konkreten haushaltsgesetzlichen Zweckbindung188 der Einnahmen aus der Kfz-Steuer 182 Vgl. BVerfGE 49, 343 (353); 110, 274 (294); 124, 235 (243); 124, 348 (364). 183 Hartman, Die Mindestkraftfahrzeug-Besteuerung nach der Eurovignetten-Richtlinie, EuZW 2012, S. 413 (414 ff.); Gawel, CO 2-basierte Kfz-Steuer – eine Klimaschutzsteuer?, ZUR 2010, S. 3 (4 ff.). 184 Gawel, CO 2-basierte Kfz-Steuer – eine Klimaschutzsteuer?, ZUR 2010, S. 3 (4 ff.). 185 Hof, Straßenverkehrsabgaben und Europarecht, 1998, S. 146. 186 Reiß, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, 21. Aufl., 2013, § 15, Rn. 48. 187 Langeloh, DÖV 2014, S. 365, 372. 188 Zur Herstellung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Kfz-Steuer und Infrastrukturfinanzierung und den verfassungsrechtlichen Grenzen einer Zweckbindung von Steuern vgl. BVerfGE 7, 244 (254); 49, 343 (353); 81, 156 (186 f.); 82, 159 (179 ff.); 93, 319 (348); 110, 274 (294 f.) sowie Schmehl, Das Äquivalenzprinzip im Recht der Staatsfinanzierung, 2004, S. 227 ff.; Waldhoff, Die Zwecksteuer: Verfassungsrechtliche Grenzen der rechtlichen Bindung des Aufkommens von Abgaben, StuW 2002, S. 285 ff.; Reimer, Infrastruktur zwischen ÖPP und Nutzerprinzip, DVBl. 2015, S. 1405 (1406 f.). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 44 im Sinne von § 7 S. 2 HGrG189 bzw. § 8 S. 2 BHO190 und damit der Herstellung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Kfz-Steuer und der Infrastrukturfinanzierung besteht auch keine unionsrechtliche Kohärenz als unionsrechtliche Voraussetzung für eine Rechtfertigung der mittelbaren Diskriminierung. 4.2.4.2. Rechtfertigung durch den Systemwechsel von einer steuerfinanzierten zu einer vorwiegend nutzerfinanzierten Infrastruktur Ein möglicher Rechtfertigungsgrund für die Kompensation der Infrastrukturabgabe durch einen Steuerentlastungsbetrag im Rahmen des KraftStG für im Inland Kfz-Steuerpflichtige könnte darin bestehen, dass die hieraus folgende mittelbare Diskriminierung ausländischer Fahrzeughalter anlässlich eines Systemwechsels, d.h. des Übergangs von der steuerfinanzierten zur nutzerfinanzierten Infrastruktur im Bereich der Bundesfernstraßen erfolgt.191 Hierzu müsste dieser Systemwechsel einen Rechtfertigungsgrund im Sinne eines zwingenden Allgemeininteresses darstellen, der eine mittelbare Diskriminierung zu rechtfertigen vermag. 4.2.4.2.1. Systemwechsel als Rechtfertigungsgrund Die Nutzerfinanzierung, die der Infrastrukturabgabe auch im Rahmen der projektierten Änderungen zugrunde liegt, ist für sich genommen ein legitimes Ziel der mitgliedstaatlichen Verkehrsund Haushaltspolitik.192 Ungeachtet der fehlenden Bindungswirkung für die Ausgestaltung von nationalen Infrastrukturfinanzierungssystemen betreffend Kfz unter 3,5 t193 lässt sich aus Art. 7k RL 1999/62/EG für die Einführung von nationalen Maut- bzw. Straßenbenutzungsgebühren das legitime Ziel entnehmen, dass Mitgliedstaaten, die ein System von Maut und/oder Benutzungsgebühren für Verkehrswege einführen, einen angemessenen Ausgleich für diese Gebühren vorsehen können.194 Vor diesem Hintergrund steht es den Mitgliedstaaten somit frei, ihre Verkehrsinfrastrukturfinanzierung verstärkt an den von der Kommission zum Ausdruck gebrachten Zielen auszurichten . Nehmen die Mitgliedstaaten jedoch einen solchen Systemwechsel vor, so bleiben sie im Übrigen ihren unionsrechtlichen Bindungen verpflichtet, zu denen insbesondere die Grundsätze der 189 Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz - HGrG) vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2398). 190 Bundeshaushaltsordnung (BHO) vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), zuletzt geändert durch Artikel 8 Absatz 10 des Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2178). 191 Vgl. dementsprechend die Begründung zum Gesetzentwurf des 2. VerkehrStÄndG, BT-Drs. 18/3991, S. 10, zum InfrAG, BT-Drs. 18/3990, S. 18 ff. sowie InfrAG-E, S. 3 f. 192 Vgl. Kainer/Ponterlitschek, ZRP 2013, S. 198 (201); Langeloh, DÖV 2014, S. 365, (370). 193 Siehe oben 4.2.2.3.3. 194 Langeloh, DÖV 2014, S. 365 (371 f.). Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 45 Nichtdiskriminierung zählen.195 Diesbezüglich stellt ein Systemwechsel der nationalen Infrastrukturfinanzierung jedoch weder einen ausdrücklich im Primärrecht genannten, noch von der Rechtsprechung anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, auf dessen Grundlage die von den Mitgliedstaaten vorgenommenen Beschränkungen oder Diskriminierungen der im Primärrecht garantierten Rechte und Freiheiten gerechtfertigt werden könnten.196 Folgt ein Mitgliedstaat dem von der Kommission präferierten Systemwechsel in der Infrastrukturfinanzierung , so kann er sich zur Rechtfertigung von hierbei erfolgenden (mittelbaren) Diskriminierungen nicht auf die Notwendigkeit eines Systemwechsels berufen. 4.2.4.2.2. Verhältnismäßigkeit der Maßnahme Abgesehen vom Bestehen eines legitimen Ziels, das zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entspricht, setzte eine Rechtfertigung zudem voraus, dass die fragliche Maßnahme geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten und nicht über das hinausgeht , was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.197 Eine nationale Regelung ist dabei nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen .198 Dementsprechend muss eine Neugestaltung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung mit dem Ziel einer zumindest teilweisen Nutzerfinanzierung systemkonform199 und insbesondere diskriminierungsfrei erfolgen. Stellt das (künftige) System auch auf eine Nutzerfinanzierung ab, so müssen diesbezügliche Abgabenpflichten unterschiedslos an den Tatbestand der Infrastrukturnutzung anknüpfen. Dementsprechend ist die gleichmäßige Belastung sowohl inländischer als auch ausländischer Kfz-Halter mit einer Infrastrukturabgabe mit Blick auf die Nutzung des öffentlichen Straßennetzes in Deutschland als der die Abgabenpflicht rechtfertigende Sondervorteil dem Grunde nach durch den steuer- und abgabenrechtlichen Äquivalenzgrundsatz rechtfertigungsfähig , da mit der Belastung die relativ äquivalente Gegenleistung in Form der Bereitstellung 195 Vor dem Hintergrund der fundamentalen Bedeutung des Diskriminierungsverbots aus Gründen der Staatsangehörigkeit in der Unionsrechtsordnung erscheint es fernliegend, aus der Pflicht zur Wahrung dieses Grundsatzes auf ein Veränderungsverbot zu Lasten von Ausländern zu schließen und dem Diskriminierungsverbot so die Wirkung eines wettbewerbsverzerrenden Stillhaltegebots beizumessen, vgl. Hillgruber, Gutachten, S. 46 mit Verweis auf Kainer/Ponterlitschek, ZRP 2013, S. 198 (201). 196 Vgl. hierzu Müller-Graff, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 49 AEUV, Rn. 85 ff. 197 St. Rspr., vgl. EuGH, Rs. C-76/90 (Säger), Rn. 15; EuGH, Rs. C-341/05 (Laval), Rn. 101; EuGH, Rs. C-222/07 (UTECA), Rn. 25. 198 EuGH, Rs. C-169/07 (Hartlauer), Rn. 55; EuGH, Rs. C-475/11 (Konstantinides), Rn. 52; EuGH, Rs. C-390/12 (Pfleger ), Rn. 43. 199 Vgl. insoweit BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 2008, 2 BvL 1/07 u.a.: „Die dem Steuergesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst zwar von Verfassung wegen auch die Befugnis, neue Regeln ohne Bindung durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen einzuführen. Einen zulässigen Systemwechsel kann es ohne ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht geben. Insbesondere dann, wenn bei im Übrigen unveränderten Grundentscheidungen eine von diesen abweichende Belastungsentscheidung lediglich in einem schmalen Teilbereich mit der Behauptung eines Systemwechsels begründet wird, bedarf es greifbarer Anhaltspunkte - etwa die Einbettung in ein nach und nach zu verwirklichendes Grundkonzept -, die die resultierende Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen können.“ Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 46 von Infrastruktur korrespondiert.200 Soweit darüber hinaus eine (zusätzliche) Steuerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur primär inländische Kfz-Halter betrifft, so liegt es im Ermessen der Mitgliedstaaten , diese auszugestalten und beispielsweise durch eine Senkung des Steuersatzes anzupassen . Die an dem Nutzerprinzip orientierte Regel kann jedoch nicht faktisch darauf beschränkt werden, zwar die Abgabenpflicht unterschiedslos für alle Nutzer zu etablieren, diese jedoch effektiv nur auf Gebietsfremde anzuwenden. Soweit die Notwendigkeit einer nutzerfinanzierten Infrastruktur auf die konkrete (zeitbezogene) Nutzungsmöglichkeit abstellt, so erfolgt eine Nutzung unabhängig von der Herkunft der Fahrzeuge und steht für sich genommen in keinem Zusammenhang zum Ort der Kfz-Steuerpflicht. Dementsprechend würde das verkehrs- und haushaltspolitische Ziel des Übergangs zu einer zumindest teilweise nutzerbasierten Infrastrukturfinanzierung durch die unmittelbare Kompensationswirkung des Steuerentlastungsbetrags, der diese Funktion durch seine im KraftStG-E vorgesehene ökologische Ausgestaltung nicht verliert, nicht in einer kohärenten und systematischen Weise umgesetzt, die die mittelbare Diskriminierung zu rechtfertigen vermag. 4.2.4.3. Rechtfertigung aus Gründen des Umweltschutzes Die Infrastrukturabgabe und der hierauf bezogene Steuerentlastungsbetrag enthalten ökologische Komponenten, die durch die projektierte Änderung des KraftStG-E201 insoweit verstärkt werden, dass die Steuerentlastungsbeträge für Pkw der Euro-6-Emissionsklasse mit besonders geminderten Schadstoffemissionen erhöht werden, um hierdurch eine ökologische Anreizwirkung zu erzielen .202 Vor diesem Hintergrund könnte die Maßnahmenkombination aus Infrastrukturabgabe und den hierauf bezogenen Steuerentlastungsbetrag aus Gründen des Umweltschutzes als wesentliches Ziel der EU gerechtfertigt sein. Als zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses sind Umweltschutzaspekte beispielsweise mit Blick auf Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt, sofern diese Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen.203 Ausgehend von der Begründung des KraftStG-E erhöht die Anhebung der Steuerentlastungsbeträge für Pkw der Euro-6-Emissionsklasse die Anreizwirkung zum schnellen Umstieg auf emissionsarme Neufahrzeuge, so dass der Steuerentlastungsbetrag als Element des Infrastrukturabgabensystems insoweit geeignet erscheint, das Ziel des Umweltschutzes zu erreichen. Fraglich ist jedoch, ob sie darüber hinaus als geeignet angesehen werden kann, die Erreichung des angestreb- 200 Hufeld, Steuerstaat als Staatsform in Europa, in: Depenheuer u.a. (Hrsg.), Staat im Wort: Festschrift für Isensee, 2007, 857 (862); Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, 59. 201 § 6 Abs. 6 Nr. 1 lit. a) und b) der projektierten Fassung des KraftStG 202 KraftStG-E, S. 3 f. 203 EuGH, Rs. C-379/98 (PreussenElektra), Rn. 73; EuGH, Rs. C-28/09 (Kommission/Österreich), Rn. 119 ff.; EuGH, Rs. C-573/12 (Ålands Vindkraft), Rn. 77 ff.; EuGH, Rs. C-492/14 (Essent Belgium), Rn. 101. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 47 ten Ziels zu gewährleisten, indem sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.204 Dies erscheint insoweit fraglich, als von dieser Anreizwirkung nicht alle Kfz erfasst werden, die dem Steuerentlastungsbetrag unterliegen, und sie daher mit inneren Widersprüchen behaftet ist, so dass seine Eignung im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht zwingend erscheint. Das KraftStG-E lässt mit Blick auf die Begrenzung des Steuerentlastungsbetrags auf die Jahressteuer darauf schließen, dass die Kompensationswirkung eine vollständige Entlastung sowohl von der Infrastrukturabgabe als auch von der Kfz-Steuer zur Folge haben kann. Insoweit liegt die Annahme nahe, dass in diesen Fällen eine Überkompensation zugunsten von inländischen Infrastrukturabgabepflichtigen vorliegt und in der Vergleichsgruppe der Pkw der Euro-6-Emissionsklasse nur ausländische Kfz-Halter über ihre Infrastrukturabgabenpflicht an den Infrastrukturkosten beteiligt werden.205 4.2.4.4. Rechtfertigung durch die Vermeidung einer sog. Inländerdiskriminierung Die Zielsetzung, auch ausländische Autofahrer an den Infrastrukturkosten zu beteiligen und so eine potenziell bestehende Inländerdiskriminierung zu beseitigen, kann eine mittelbare Diskriminierung nicht rechtfertigen. Zwar ließe sich insoweit anführen, dass deutsche Kfz-Halter sowohl über ihre allgemeine Steuerpflichtigkeit als auch über die Infrastrukturabgabe zur Infrastrukturfinanzierung beitrügen. Nichtsteuerliche Abgaben, die den Einzelnen über seine steuerliche Inanspruchnahme hinaus zu einer weiteren Finanzleistung heranziehen, bedürfen zur Wahrung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung.206 Als sachliche Gründe, die die Bemessung einer Gebühr oder eines Beitrags rechtfertigen können, sind neben dem Zweck der Kostendeckung auch Zwecke des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie soziale Zwecke anerkannt .207 Das mögliche Bestehen einer Inländerdiskriminierung betrifft nur die Frage der Eröffnung des Anwendungsbereichs der Grundfreiheiten bzw. ihres Schutzumfangs und die Anforderung eines grenzüberschreitenden Bezugs einer nationalen Maßnahme. Sie betreffen nicht den Gesichtspunkt der Rechtfertigung einer potenziell diskriminierenden Maßnahme. Jedenfalls eignet sich das Argument der Notwendigkeit der Herbeiführung eines Lastenausgleichs zwischen bereits belasteten Inländern und bislang nicht belasteten EU-Ausländern nicht als Rechtfertigungsgrund für eine künftige (mittelbare) Diskriminierung von EU-Ausländern.208 204 Vgl. dementsprechend zu grundfreiheitsbeschränkenden Maßnahmen EuGH, Rs. C-169/07 (Hartlauer), Rn. 55; EuGH, verb. Rs. C-171/07 und C-172/07 (Apothekerkammer des Saarlandes u. a.), Rn. 42; EuGH, Rs. C-137/09 (Josemans), Rn. 70. 205 Vgl. Kainer/Ponterlitschek, ZRP 2013, S. 198 (201). 206 Vgl. BVerfGE 75, 108 (158); 93, 319 (343);108, 1 (16 f.); 124, 235 (244); 132, 334 (349). 207 BVerfGE 132, 334 (349). 208 A.A. Hillgruber, Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung am 18. März 2015, Ausschuss-Drs. 18(15)193-A, S. 11. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 48 4.2.5. Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzustellen, dass aus hiesiger Sicht keine Gründe ersichtlich sind, welche die aus dem kompensatorischen Gesamtkonzept resultierende mittelbare Diskriminierung zu rechtfertigen vermögen. 4.3. Stillhalteverpflichtung, Art. 92 AEUV Art. 92 AEUV enthält eine Stillhalteverpflichtung zugunsten von Verkehrsunternehmern, d.h. Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, die spezifisch auf die Nutzung der Straße als Transportweg bezogen ist.209 Für die Eigenschaft als Verkehrsunternehmer ist auf die generelle Zweckbestimmung des Fahrzeugs unabhängig vom Verwendungszweck im Einzelfall abzustellen.210 Eine Verkehrsunternehmereigenschaft besteht dabei insbesondere dann, wenn sich die wirtschaftliche Tätigkeit spezifisch auf die Nutzung der Straße als Transportweg bezieht und der entgeltliche Transport von Waren oder Personen der eigentliche Geschäftszweck der Tätigkeit ist.211 Zudem findet Art. 92 AEUV nur Anwendung, soweit der konkrete Verkehrsunternehmer nicht vom Anwendungsbereich der oben beschriebenen Sekundärrechtsakte erfasst wird, welche insoweit abschließend sind.212 Dementsprechend sind von Art. 92 AEUV insbesondere gewerbliche Bustransporte oder Warentransporte mit Kfz unter 3,5 t erfasst.213 4.3.1. Tatbestand des Art. 92 AEUV Auf Grundlage von Art. 91 AEUV kann der Unionsgesetzgeber Regelungen für eine gemeinsame Verkehrspolitik treffen.214 Die Kompetenz im Verkehrsbereich bleibt dabei eine zwischen der EU und den Mitgliedstaaten geteilte, so dass die Mitgliedstaaten eigene Regelungen erlassen können, solange und soweit die Union ihre Zuständigkeiten nicht ausgeübt hat (Art. 2 Abs. 2 S. 2 AEUV). Damit die Mitgliedstaaten von ihrer dementsprechenden Zuständigkeit in unionsrechtskonformer Weise Gebrauch machen, sieht Art. 92 AEUV bestimmte Grenzen vor. Danach dürfen die Mitgliedstaaten im Sinne eines Verschlechterungsverbots ihre zum Beitrittszeitpunkt geltenden Vorschriften bis zum Erlass der in Art. 91 Abs. 1 AEUV genannten Vorschriften nicht dahingehend 209 Vgl. Kainer/Ponterlitschek, ZRP 2013, S. 198 (200). 210 Vgl. EuGH, Rs. C-193/98 (Pfennigmann), Rn. 38. 211 EuGH, Rs. C-193/98 (Pfennigmann), Rn. 28 f. 212 Hof, Straßenverkehrsabgaben und Europarecht, 1998, S. 200; Knauff, in: Ruffert (Hrsg.), EnzEuR Band 5, 2014, § 6, Rn. 62 ff. 213 Für die Reichweite des Schlechterstellungsverbots nach Art. 92 AEUV für im Personenkraftverkehr tätige Verkehrsunternehmen vgl. Verordnung (EG) Nr. 12/98 des Rates vom 11. Dezember 1997 über die Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Personenkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie ansässig sind, ABl. L 4/10, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=OJ:L:1998:004:0010:0014:DE:PDF. 214 Für Bestimmungen über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege beispielsweise gemäß der RL 1999/62/EG vgl. oben 3.1.1. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 49 ändern, dass sie die wettbewerbliche Stellung von Verkehrsunternehmern aus anderen Mitgliedstaaten im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmern verschlechtern.215 Die Mitgliedstaaten dürfen ihre nationalen Regeln in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmer anderer Mitgliedstaaten im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmern nicht ungünstiger gestalten, sofern der Rat nicht einstimmig eine Ausnahmeregelung hiervon bewilligt. Verboten ist demnach nicht nur die schlechtere Behandlung ausländischer gegenüber inländischen Verkehrsunternehmern, sondern schon der Abbau bestehender Vorteile für ausländische Verkehrsunternehmern.216 Verboten sind solche Maßnahmen, die alleine oder in Kombination miteinander bewirken, dass sich die Situation für Verkehrsunternehmer aus anderen Mitgliedstaaten im Vergleich zu inländischen Verkehrsunternehmern im Sinne einer Besserbehandlung der Inländer verändert.217 4.3.2. Gebotene weite Auslegung des Art. 92 AEUV Mit Blick auf die unveränderte Rechtsprechung des EuGH und seine Befugnis zur verbindlichen Auslegung des Unionsrechts ist – vorbehaltlich einer ausdrücklichen Änderung der EuGH-Rechtsprechung – auch weiterhin von einer weiten Auslegung des Tatbestandes des Art. 92 AEUV und nicht lediglich von einem bloßen Verbot der Diskriminierung von Verkehrsunternehmern anderer Mitgliedstaaten auszugehen.218 Auch die in der rechtswissenschaftlichen Literatur geäußerten Bedenken219 gegen einen weiten Anwendungsbereich lassen keine andere, restriktivere Auslegung des Art. 92 AEUV durch den EuGH erwarten. Hierfür sind insbesondere mit Blick auf den unveränderten Normzweck des Art. 92 AEUV keine rechtlichen Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr gebietet der Normzweck des Art. 92 AEUV auch angesichts eines fortentwickelten Integrationsstandes im Bereich der Verkehrspolitik eine weite Auslegung des Schutzbereichs.220 Die Stillhalteklausel des Art. 92 AEUV soll verhindern, „dass die Einführung der gemeinsamen Verkehrspolitik durch den Rat dadurch erschwert oder behindert wird, dass ohne Billigung des Rates nationale Maßnahmen erlassen werden, die unmittelbar oder mittelbar bewirken würden, dass die Lage, in der sich in einem Mitgliedstaat die Verkehrsunternehmern der anderen Mit- 215 EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 30; Basedow, Zum Verstoß des StrBG gegen EWGVtr Art. 76, JZ 1992, 870 (872). 216 EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 12 ff. 217 EuGH, Rs C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 23 ff.; vgl. hierzu Korte/Gurrek, EuR 2014, S. 420 (429) sowie Zabel, NVwZ 2015, S. 186 (188). Zur Kritik an der Rechtsprechung vgl. Jung, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., 2011, Art. 92, Rn. 5 f. m.w.N. 218 Vgl. Reimer, DVBl. 2015, S. 1405 (1411). 219 Vgl. für eine Überholung der Auslegung des Art. 92 AEUV durch den EuGH aufgrund der Fortentwicklung des Unionsrechts vgl. Kainer/Ponterlitschek, ZRP 2013, S. 198 (199) sowie Hillgruber, Gutachten, S. 12 ff. 220 Vgl. hierzu Korte/Gurrek, EuR 2014, S. 420 (429 ff.) sowie Zabel, NVwZ 2015, S. 186 (188 f.) Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 50 gliedstaaten befinden, im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmern in einem für erstere ungünstigeren Sinne verändert wird“.221 Dabei genügt nach Ansicht des EuGH für den Verstoß gegen Art. 92 AEUV, dass eine nationale Vorschrift die ausländischen Verkehrsunternehmer schwerer trifft als die inländischen.222 Den Mitgliedstaaten bleibt jedoch der Erlass solcher Maßnahmen unbenommen, die sich für die inländischen Verkehrsunternehmer und die Verkehrsunternehmer der anderen Mitgliedstaaten gleich ungünstig auswirken – mithin nicht nur der bloße Abbau einer bestehenden Begünstigung, sondern auch die Einführung einer für in- und ausländische Verkehrsunternehmer gleichermaßen geltenden Belastung.223 4.3.3. Benachteiligung von Verkehrsunternehmern Die Kompensation der Infrastrukturabgabe durch einen entsprechenden Steuerentlastungsbetrag für in Deutschland Kfz-steuerpflichtige Fahrzeughalter bzw. Fahrzeugnutzer könnte als verbotene Schlechterstellung von Verkehrsunternehmern anderer Mitgliedstaaten im Rahmen von Regelungen zu Straßenbenutzungsgebühren gem. Art. 92 AEUV zu werten sein. Art. 92 AEUV untersagt jede Verschlechterung im Verhältnis zwischen inländischen und ausländischen Verkehrsunternehmern 224 durch eine nationale Regelung, die mit einer von allen Verkehrsunternehmern zu entrichtenden Straßenbenutzungsgebühr eine neue Belastung auferlegt, die in erheblichem Umfang durch eine nur den inländischen Verkehrsunternehmern zugutekommende Senkung der Kraftfahrzeugsteuer kompensiert wird. Im Rahmen der Prüfung der Einführung einer Schwerlastabgabe in Deutschland hat der EuGH entschieden, dass die Einführung einer solchen Abgabe bei gleichzeitiger, nur den inländischen Verkehrsunternehmern zugutekommenden Entlastung durch Senkung der Kraftfahrzeugsteuer in der Zusammenschau eine dem Art. 76 EWG-Vertrag (nunmehr: Art. 92 AEUV) zuwiderlaufende Diskriminierung darstelle und daher mit dem Europarecht unvereinbar sei. Hierdurch würde die wettbewerbliche Lage der ausländischen Verkehrsunternehmer verschlechtert.225 Es gefährde das Ziel des Art. 92 AEUV, die Einführung einer gemeinsamen Verkehrspolitik zu erleichtern, wenn ein Mitgliedstaat den Verkehrsunternehmern anderer Mitgliedstaaten bestehende Vorteile entziehen könne.226 221 EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 20. 222 EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 20. 223 EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 21; vgl. hierzu Korte/Gurrek, EuR 2014, S. 420 (429 f.) sowie Zabel, NVwZ 2015, S. 186 (188 f.). 224 Schäfer, in Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Auflage, 2012, Art. 92 AEUV, Rn. 14; Stadler, in: Schwarze (Hrsg.), EUV/AEUV, 3. Aufl. 2012, Art. 92 AEUV, Rn. 3. 225 EuGH, Rs C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 23. 226 EuGH, Rs C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 23 ff.; zur Kritik an der Rechtsprechung vgl. Jung, in: Callies /Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 92 Rn. 5 f. m.w.N.; Fehling, in: von der Groeben /Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 92 AEUV, Rn. 11 ff. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 51 § 1 InfrAG beschränkt zwar die Infrastrukturabgabenpflichtigkeit auf Kraftfahrzeuge der Klassen M1 oder M1G ohne besondere Zweckbestimmung im Sinne des Anhangs II Teil A der Richtlinie 2007/46/EG227 sowie auf Kraftfahrzeuge der Klasse M im Sinne des Anhangs II der Richtlinie 2007/46/EG mit der besonderen Zweckbestimmung als Wohnmobil. Mit dieser Begrenzung der Infrastrukturabgabe auf Kraftfahrzeuge der Klasse M1 und M1G sowie auf Wohnmobile der Klasse M soll „der gewerbliche Verkehr weitgehend von der Abgabepflicht ausgenommen und damit generell nicht zusätzlich belastet“228 werden. Dies alleine führt jedoch nicht ohne weiteres zu dem Ergebnis einer Konformität des geplanten Maßnahmenpakets mit Art. 92 AEUV. Die Einführung einer Infrastrukturabgabe zusammen mit einem Steuerentlastungsbetrag für im Inland Kfz-steuerpflichtige Fahrzeughalter würde bei ausländischen Verkehrsunternehmern zu finanziellen Mehrbelastungen führen, während das Belastungsniveau bei den inländischen Verkehrsunternehmern infolge der Kompensation konstant bliebe. In Anbetracht der strengen Auslegung der Stillhalteverpflichtung durch den EuGH dürfte daher die Anwendung der geplanten Infrastrukturabgabe auf Verkehrsunternehmer bei gleichzeitiger Einführung eines Steuerentlastungsbetrags für im Inland Kfz-steuerpflichtige Fahrzeughalter zu einer Verletzung des Art. 92 AEUV führen.229 4.4. Rechtfertigung Eine Rechtfertigung diskriminierender Regelungen ist auf Grundlage des Art. 92 AEUV ausgeschlossen .230 Art. 92 AEUV eröffnet dem Rat vielmehr die Möglichkeit, einen Mitgliedstaat mit einstimmigem Beschluss von dem Diskriminierungs- und Veränderungsverbot dieser Vorschrift zu befreien.231 5. Zusammenfassung Die Einführung einer Infrastrukturabgabe gemäß § 1 Abs. 1 InfrAG bei gleichzeitiger Vermeidung einer Doppelbelastung für in Deutschland Kfz-Steuerpflichtige durch Einführung eines Steuerentlastungsbetrags im Rahmen der Kfz-Steuer bewirkt ein komplexes Zusammenspiel von verschiedenen Be- und Entlastungsentscheidungen mit divergierenden rechtlichen Prämissen, das das unionsrechtliche Verbot der mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit wahren muss. In diesem rechtlich komplexen Systemzusammenhang spricht die objektiv gebotene Gesamtbetrachtung der im InfrAG und im 2. VerkehrStÄndG vorgesehenen Maßnahmen auch unter Berücksichtigung der projektierten Änderungen im InfrAG-E und KraftStG-E dafür, dass die Maßnahmenkombination in ihrem Gesamtkonzept aufgrund der kompensatorischen 227 Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, ABl. L 263 vom 9.10.2007, S. 1. 228 Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des InfrAG, BT-Drs. 18/3990, S. 24. 229 Vgl. auch Zabel, NVwZ 2015, S. 186 (188 f.); Korte/Gurrek, EuR 2014, S. 420 (434 ff.). 230 Für die Diskussion über die Rechtfertigungsfähigkeit eines Verstoßes gegen die Stillhalteklausel gem. Art. 92 AEUV vgl. Zabel, NVwZ 2015, S. 186 (188 f.); Korte/Gurrek, EuR 2014, S. 420 (434 ff.); Epiney/Heuck/Schleiss, in: Dauses (Hrsg.), 33. EL, Abschnitt L, Rn. 169. 231 Vgl. dazu Jung, in: Callies/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Auflage 2011, Art. 92 AEUV, Rn. 5, 8. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 5/17 Seite 52 Wirkung des Steuerentlastungsbetrags zugunsten von im Inland Kfz-Steuerpflichtigen eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zulasten der nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Fahrzeughalter und Nutzer der deutschen Bundesfernstraßen aus anderen Mitgliedstaaten bewirkt, die sich nicht auf unionsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe stützen lässt. Ausgehend von den Feststellungen des EuGH in der Rs. C-195/90 (Kommission /Deutschland) führt die Einführung einer Infrastrukturabgabe zudem zu einer potenziellen Beeinträchtigung von Verkehrsunternehmern im Sinne von Art. 92 AEUV. - Fachbereich Europa -